Familienbericht für den kreis -wittgenstein 2007 Lebenslage und Zufriedenheit von Familien

Familienbericht für den Kreis Siegen-Wittgenstein 2007 Lebenslage und Zufriedenheit von Familien in Kooperation mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein

Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität , Team Familienberichterstattung

Prof. Dr. Klaus Peter Strohmeier (Projektleitung)

Dipl. Soz.Wiss. Silvia Bader Dipl. Soz.Wiss. Stefanie Klein stud. Soz.Wiss. Benjamin Melzer Dipl. Soz. Annett Schultz Dipl. Soz.Wiss. Holger Wunderlich

Oktober 2007

Kontaktadressen Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum, Team Familienberichterstattung Im Lottental 38 44 780 Bochum Tel.: +49 (0) 234/ 32-28727 www.familienberichterstattung.de

Kreis Siegen-Wittgenstein Der Landrat Zukunftsinitiative 2020 „Familie ist Zukunft“ Gerold Wagener Koblenzer Str. 73 57072 Siegen 0271 / 333 - 1223 www.siegen-wittgenstein.de FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Vorwort 7

1 Familien auf kommunaler Ebene 9 1.1 Familien sind wichtige Leistungsträger 10 1.2 Familienpolitik und Familienfreundlichkeit gibt es nicht „von der Stange“ 12 1.3 Kommunale Familienpolitik: Pflicht oder Kür? 14 1.4 Warum kommunale Familienberichterstattung? 15

2 Konzept und Methode 17 2.1 System kommunaler Familienberichterstattung 18 2.2 Datenbasis des Familienberichtes 19 2.2.1 Daten der Kommunalstatistik 19 2.2.2 Schriftliche Familienbefragung 19 2.3 Grundlegende Definitionen 21

3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose 25 3.1 Die Siegen-Wittgensteiner Bevölkerungsstruktur von 1975 bis 2005 27 3.2 Bevölkerungsentwicklung in den Städten und Gemeinden des Kreises 32 3.3 Ein Blick in die Zukunft: Bevölkerungsprognose 2006 bis 2025 34

4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein 45 4.1 Soziodemografische Basisdaten 47 4.1.1 Bevölkerungsstruktur des Kreises Siegen-Wittgenstein 47 4.1.2 Familienhaushalte im Kreis Siegen-Wittgenstein 53 4.2 Stadt- und Gemeindeporträts 57 4.3 Die Städte und Gemeinden auf einen Blick 78

5 Die wirtschaftliche Lage von Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein 81 5.1 Sozialhilfebetroffenheit in den Städten und Gemeinden 81 5.2 Einkommenssituation und Armut von Familien 83 5.2.1 Die Einkommenssituation von Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein 83 5.2.2 Einkommensarmut und Hintergründe der Armut von Familien 85 5.2.3 Reicht das Geld zum Leben? 89 5.3 Armut und armutsnahe Lebenslagen 92 5.4 Wirtschaftliche Lage und institutionelle Unterstützung 94 5.4.1 Problembereiche des Familienalltags 94 5.4.2 Institutionelle Unterstützungsangebote – Kenntnis und Nutzung 95 5.4.3 Einschätzung des Angebots und der Hilfe 96

6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein 99 6.1 Bewertung der Kinderfreundlichkeit des Kreises Siegen-Wittgenstein und der Freizeitangebote für Kinder 100 6.2 Gemeinsame Freizeitaktivitäten mit Kindern und Freizeitausgaben 101 6.3 Bildung und Familiensituation 104 6.4 Ausgewählte Aspekte der Gesundheit von Kindern 108 6.5 Hilfen zur Erziehung und Jugendgerichtshilfen 112 INHALTSVERZEICHNIS

6.6 Kinderarmut – auch im Kreis Siegen-Wittgenstein ein Problem? 113 6.6.1 Sozialhilfedichten 113 6.6.2 Arme, armutsnahe und nicht arme Kinder und Familien 118

7 Vereinbarkeit von Familie und Beruf 121 7.1 Erwerbskonstellationen und Müttererwerbstätigkeit in den Städten und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein 122 7.2 Familienarbeit 124 7.2.1 Arbeitsteilung im Haushalt und Inanspruchnahme von Dienstleistungen 125 7.2.2 Alltägliche Betreuungs- und Hilfeleistungen zu Hause 127 7.3 Außerhäusliche Kinderbetreuung 128 7.3.1 Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen für Kinder 128 7.3.2 Gründe für die Wahl einer Kindertageseinrichtung 131 7.4 Aus Sicht der Familien: Wie lässt sich Familie und Beruf vereinbaren? 132

8 Lebensräume von Familien im Kreis 135 8.1 So wohnen Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein 136 8.1.1 Größe der Wohnung und Eigentumsstatus 136 8.1.2 Miethöhe und Mietbelastung 137 8.2 Wohnumfeld – Ist das Wohnumfeld kindgerecht und „alltagstauglich“? 138 8.3 Zufriedenheit mit der Wohnsituation und Wohndauer 141 8.3.1 Zufriedenheit mit der Wohnung und dem Wohnumfeld 141 8.3.2 Wohndauer 142 8.4 Umzüge in Siegen-Wittgenstein: Absichten, Wünsche, Motive, Ziele 143 8.4.1 Umzugspläne 143 8.4.2 Umzugsgründe 143 8.4.3 Umzugsziele 145

9 Zusammenfassung 147 9.1 Zusammenführung ausgewählter Ergebnisse 148 9.2 Familienförderung als örtliche Familienpolitik 152

Literatur 153 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser, Siegen-Wittgenstein will eine der familienfreundlichsten Regionen Deutschlands werden! Dieses ehrgeizige Ziel haben sich Kreistag und Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein gesetzt. Damit stellen wir uns selbstbe- wusst der Herausforderung des demographischen Wandels. Wir Deutsche werden in den nächsten Jahren im- mer weniger und immer älter. In Siegen-Wittgenstein kommt ein weiterer Trend hinzu: Es gibt Abwanderung- stendenzen gut ausgebildeter junger Menschen mit ihren Familien in die Ballungsräume an Rhein und Main. Diesen Trend müssen wir soweit wie möglich stoppen!

Siegen-Wittgenstein steht im Wettbewerb mit anderen Regionen in Nordrhein-Westfalen, national wie euro- päisch. Wir konkurrieren um die besten Ideen, die klügsten Köpfe und die begabtesten Fachleute. Unsere Vor- aussetzungen, um in diesem Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können, sind gut: Südwestfalen und damit Siegen-Wittgenstein ist die wirtschaftliche Wachstumsregion und ein industrieller Puls Nordrhein-Westfa- lens. Das kommt auch in einer sehr niedrigen Arbeitslosigkeit zum Ausdruck. Zugleich ist Siegen-Wittgenstein der waldreichste Kreis Deutschlands, also Naturregion. Eine niedrige Kriminalitätsrate, eine starke Bildungs- landschaft sowie eine starke Aus- und Weiterbildung und ein hochkarätiges Kulturangebot tragen neben an- deren Faktoren, wie der Bodenständigkeit, zu einer außerordentlich hohen Lebensqualität bei.

Mit der „Zukunftsinitiative Siegen-Wittgenstein 2020 - Familie ist Zukunft“ haben der Kreis Siegen-Wittgen- stein und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden eine Strategie entwickelt, die besondere Bedürfnisse unserer Familien mit Kindern in den Blickpunkt politischen Handelns rückt. Familien sind der zentrale Pfeiler unseres Gemeinwesens, Dreh- und Angelpunkte der örtlichen sozialen Netze.

Unsere Familien müssen gestärkt werden! Unsere Lebensentwürfe haben sich in den vergangenen Jahrzehn- ten stetig verändert. Familienbilder entwickeln sich, Berufsbiographien verlaufen nicht mehr kontinuierlich, sondern haben Brüche. So ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein zentrales Thema geworden. Neue Anforderungen an die Politik, gerade in einem ländlich orientierten Flächenkreis wie Siegen-Wittgenstein stellen sich. Kulturelle und andere Freizeitangebote sind für die Lebensqualität der Menschen in unseren Dör- fern genauso wichtig wie die Versorgungssicherheit mit medizinischen Dienstleistungen.

Um detaillierte Informationen über die Situation der Familien in Siegen-Wittgenstein zu erhalten, hat der Kreis im Herbst 2006 in Kooperation mit dem „Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung der Ruhr- Universität Bochum“ (ZEFIR) eine groß angelegte Familienbefragung gestartet. Sie dient der Erhebung von Daten zur Lebens-, Wohn-, Arbeits- und Freizeitsituation von Familien. 4000 Fragebögen wurden an Familien in Siegen-Wittgenstein versandt, 1787 kamen beantwortet zurück. Die Rücklaufquote von 44,7 Prozent ist mit die höchste bei Familienbefragungen dieser Art in Nordrhein-Westfalen. Dafür danke ich ausdrücklich. Unsere Bemühungen um eine familienfreundliche Politik haben die befragten Familien mit dem Ausfüllen des Frage- bogens erheblich unterstützt.

Mein Dank gilt auch den Mitarbeitern von ZEFIR, die diese Familienbefragung konzipiert und durchgeführt haben und nun in diesem Band die Ergebnisse vorlegen. Damit verfügen wir über gesicherte Erkenntnisse, wie Familien in Siegen-Wittgenstein ihre Situation einschätzen und welche Bedürfnisse sie haben. Auf dieser Ba- sis wird es den Verantwortlichen im Kreis, den Städten und Gemeinden, den Vereinen und Initiativen möglich, Politik künftig noch passgenauer an den Bedürfnissen unserer Familien auszurichten. Damit leisten wir einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Region.

Ihr

Paul Breuer (Landrat)



KAPITEL 1 FAMILIEN IN DER STADT

1 Familien auf kommunaler Ebene

 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Über alle politischen und gesellschaftlichen Gruppierungen hin- tionen“ (Solidaritätssicherungsfunktion). Mit der Erfüllung die- weg nimmt Familienpolitik in den gesellschaftspolitischen De- ser Leistungen tragen Familien zur Bildung, zum Erhalt und zur batten in Deutschland derzeit einen hohen Stellenwert ein. Da- Pflege des Humanvermögens (eine Art Elementarausstattung bei wird der lokalen Ebene (im Gegensatz zur Vergangenheit) des gesellschaftlichen „Personals“ mit sozialen Motiven und mittlerweile eine große Bedeutung beigemessen. Das ist auch Kompetenzen) bei und gewinnen daraus ihre besondere Bedeu- richtig so, denn Menschen leben und erleben Familie vor Ort, in tung für die Gesellschaft (vgl. BMFSFJ 2001: 103). den Städten, Kreisen und Gemeinden. Hier fallen die Entschei- dungen für oder gegen Familienleben und hier müssen Famili- Familien erbringen die Leistungen aber nicht nur abstrakt für die en die kleinen oder größeren Probleme des Familienalltags be- Gesellschaft insgesamt, sondern diese werden ganz konkret für wältigen. Viele Kreise und kreisfreie Städte haben ebenso wie das örtliche Gemeinwesen wirksam. Aus kommunalpolitischer kreisangehörige Städte und Gemeinden die Bedeutung von Fa- Sicht ist die Entwicklung einer Stadt oder Gemeinde dann erfolg- milie für die Zukunft ihrer Regionen erkannt. Die Schaffung fami- reich, wenn zu gleicher Zeit die ansässige Wirtschaft wächst, die lienfreundlicher Rahmenbedingungen vor Ort gilt als Standort-, öffentliche Infrastruktur und der Städtebau modernen Anforde- Image- und Wirtschaftsfaktor, insbesondere um den (lange igno- rungen genügen, die Bürgerinnen und Bürger gut ausgebildet, rierten) Herausforderungen der demografischen Entwicklung zu leistungsfähig und gemeinschaftsorientiert sind, die demogra- begegnen. Auch im Kreis Siegen-Wittgenstein wurde Ende 2006 fische Entwicklung und die sozialen Strukturen ausgewogen eine Initiative „Familie ist Zukunft“ gestartet, deren Auftakt die sind und die demokratisch verfasste kommunale Selbstverwal- Familienbefragung darstellte, die eine wesentliche Grundlage tung funktioniert sowie die kommunalen Finanzen ausgeglichen des folgenden Familienberichtes darstellt (vgl. Kneppe 2007). sind (vgl. Feith o. A.: 3). Dieses Zielsystem kann aber nur erreicht werden, wenn alle Teilziele gleichzeitig verfolgt und aufeinander 1.1 Familien sind wichtige Leistungsträger abgestimmt werden und keines der Teilziele Vorrang erhält. Dar- aus folgt, dass ausgewogene Sozialstrukturen für die kommuna- In der öffentlichen Berichterstattung und Diskussion der letz- le Entwicklung genauso wichtig sind wie eine konkurrenzfähige ten Jahrzehnte wurden Familien nicht selten ausschließlich als Wirtschaftsstruktur. Die örtlichen Familienstrukturen sind in die- Hilfeempfänger wahrgenommen. Dabei wurde in der Regel ver- sem Zusammenhang eine wesentliche Komponente der Sozial- gessen, dass Familien auch Leistungen erbringen, und zwar nicht strukturen und beeinflussen ihre Entwicklungstrends maßgeb- nur für sich selbst bzw. ihre Mitglieder, sondern auch für die lich. Kommune und die Gesellschaft. Erst sinkende Geburtenzahlen und schrumpfende Städte und Gemeinden haben dafür gesorgt, Familien und ihre gesellschaftlichen Leistungen spielen in die- dass die Leistungen der Familien auch auf örtlicher Ebene eine sem Prozess daher eine wichtige Rolle. So sind Familien mit Kin- größere Aufmerksamkeit erhalten. Erst jetzt entsteht bei kom- dern „die Basis einer leistungsfähigen örtlichen und regionalen munalen Akteuren, langsam zwar, aber unaufhaltsam ein Bild Sozialstruktur, in der gegenseitige Leistungsanforderungen der von Familien als Leistungserbringer und unersetzliche Ressource verschiedenen Generationen in einem tragfähigen Verhältnis zu- kommunaler Entwicklungen. einander stehen“ (vgl. IES 1996: 22). Sozialisationsleistungen der Familien und der Erhalt des Humanvermögens bedeuten auch, Zu den wichtigsten von Familien erbrachten Leistungen gehören dass den nachwachsenden Generationen in Familien die Fähig- – so fasst der Familienforscher Max Wingen (1997: 40) zusam- keiten für ein solidarisches Leben in Gemeinschaft vermittelt men – die „Sicherung der Generationenfolge durch Weitergabe werden. Familien bilden „als soziale Netzwerke zusammen mit des Lebens“ (generative Funktion), das „Auf- und Erziehen der Nachbarschaften, Freundschaften, Initiativen und Vereinsstruk- Kinder“ (Sozialisationsfunktion), die „Sorge um die Befriedigung turen das Grundgerüst für Hilfe, Geselligkeit und Teilhabe“ in der menschlichen Grundbedürfnisse nach Ernährung, Wohnung den Städten und Gemeinden. „Dies wirkt sich positiv aus auf die und Kleidung und sonstiger Grundversorgung“ (hauswirtschaft- Hausgemeinschaft und Nachbarschaft, in örtlichen Vereinen, am liche Funktion), „Basisleistungen zur Erhaltung und Wiederher- Arbeitsplatz, in der Schule usw.“ (ebenda: 22). Zudem entlasten stellung der Gesundheit“ (Regenerationsfunktion), „Leistungen Familien auf örtlicher Ebene das Gemeinwesen von erheblichen des Ausgleichs gegenüber vielfältigen gesellschaftlichen und finanziellen Belastungen, z.B. bei der Pflege kranker oder älterer wirtschaftlichen Organisationsformen“ (Ausgleichsfunktion) und Menschen. Nicht zuletzt sind Familien in den Städten und Ge- „Wirkungen zur Stärkung der Solidarität zwischen den Genera- meinden wichtige wirtschaftliche Akteure: „Sie bilden Vermögen,

10 KAPITEL 1 Familien auf kommunaler Ebene

treffen Konsumentscheidungen, gehen z. T. große wirtschaftli- veränderte Familienleben und die geänderten Bedingungen, un- che Risiken ein und tragen erheblich zum Steueraufkommen bei“ ter denen Familien heute leben, bewusst berücksichtigen. Dabei (ebenda: 22). Familien sind damit, genau wie leistungsfähige Be- kommt der kommunalen Politik eine wichtige Rolle zu, denn nur triebe und öffentliche Infrastrukturen, „Motoren“ kommunaler auf kommunaler Ebene können die alltäglichen „Rücksichtslosig- Entwicklungen (IES 1996: 27). keiten“ abgebaut werden, die die Leistungsfähigkeit der Familien beeinträchtigen können. Möglicherweise sind Instrumente einer Die Leistungen, die Familien für „die Gesellschaft“ bzw. das örtli- auf die Verbesserung der Lebenslage der Familien abzielenden che Gemeinwesen erzielen, erbringen sie aber in erster Linie für kommunalen Familienpolitik auch die „bevölkerungspolitisch“ die einzelnen Familienmitglieder und für sich selbst. Niemand be- wirksamsten, weil zwischen Angebot, Nachfrage und „Wirkung“ kommt Kinder für die Rentenversicherung oder um das Schrump- die kürzesten Wirkungsketten lägen (vgl. Neubauer / Strohmei- fen der Städte aufzuhalten. „Leistungen der Familie“ sind nach er 1998: 13). Mit der Verbesserung der Lebensbedingungen für wie vor der Grund, warum Menschen Partnerschaften eingehen, Familien in den Städten und Gemeinden werden diese nicht nur Kinder bekommen und sich ihren Angehörigen gegenüber liebe- für bereits ansässige Familien attraktiver, sondern auch für Fa- voll und solidarisch verhalten. Leistungen der Familie für „die Ge- milien in anderen Kommunen bzw. prospektive Eltern. Denn die sellschaft“ entstehen demnach nicht direkt, sondern sozusagen äußeren Bedingungen, die Familienleben heute für prospektive als „Nebeneffekt“ des familialen Zusammenlebens. In den letz- Eltern riskant und hinderlich machen, sind vor allem solche auf ten Jahrzehnten hat sich aber die Art und Weise, wie diese Lei- der lokalen Ebene. Familien leben und erleben Familie vor Ort, in stungen in den Familien erbracht werden, nachhaltig verändert, den Städten, Kreisen und Gemeinden. Hier fallen auch die Ent- denn die Anforderungen und Erwartungen der Familienmitglie- scheidungen für oder gegen Familie und genau hier muss Famili- der an das familiale Zusammenleben haben sich gewandelt (vgl. enfreundlichkeit konkret gestaltet werden. Strohmeier / Schultz 2005). Das betrifft besonders die Verände- rung im Geschlechterverhältnis und die daraus erwachsenen An- forderungen an eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Bis heute verlassen sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft aber darauf, dass die Familie die von ihr erwarteten Leistungen in der traditionell verlässlichen Quantität und Qualität erfüllt. Die ge- lebten familialen Realitäten, ihre Wandlungen und die gewan- delten Randbedingungen des Familienlebens wurden so lange nicht zur Kenntnis genommen, wie sich keine spürbaren nega- tiven Auswirkungen auf das örtliche Gemeinwesen ergaben. Das gilt sowohl für die Produktion des „Humanvermögens“, für die „quantitative Nachwuchssicherung“ als auch die Fähigkeit von Familien zur Selbst- bzw. Gemeinschaftshilfe, z.B. bei der Pfle- ge von Familienangehörigen. Erst in den letzten Jahren, vor dem Hintergrund der Bevölkerungsschrumpfung und einer zuneh- menden Alterung der Gesellschaft, „lernen“ politische Akteure zunehmend auf veränderte Lebenswirklichkeiten und -planun- gen von Familien sowie auf die gewandelten Bedürfnisse und Ansprüche einzugehen.

Zwar haben Familien grundsätzlich „ein Interesse am Standort, an dem sie leben und in den sie eingebunden sind, an dem sie arbei- ten, wirtschaften und Eigentum bilden“ (Feith o.A.: 8), dennoch werden die Leistungen der Familien für das örtliche Gemeinwe- sen auch in Zukunft nur „Nebeneffekt“ familialen Lebens bleiben. Die Zielsetzungen kommunaler Entwicklungen sollten daher das

11 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

1.2 Familienpolitik und Familienfreundlichkeit gibt es nicht Ruhrgebietes, in den Großstädten wie Köln und Düsseldorf so- „von der Stange“ wie in den Universitätsstädten sind die Anteile von Kindern und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung am niedrigsten, die Die Familienpolitik und die Familienfreundlichkeit gibt es nicht. höchsten Anteile finden wir in den ländlichen Kreisen, beispiels- Dies wird deutlich, sobald man sich die Variation demografi- weise nördlich des Ruhrgebietes oder in den Umlandkreisen der scher Kennziffern (und der Vorherrschaft bestimmter Lebensfor- großen Städte. Dies ist auch ein Ergebnis der Suburbanisierung, men) anschaut: Fast nirgendwo ist es so wie im Durchschnitt! das heißt des Fortzugs von Familien aus den großen Städten in Wir finden in Deutschland eine Polarisierung der Lebensformen genau diese Regionen. Im Kreis Siegen-Wittgenstein liegt die- im Sinne einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft in einen ser Wert mit 18,8 Prozent nahe dem nordrhein-westfälischen schrumpfenden Familiensektor und einen wachsenden Nicht- Durchschnitt. Der Kreis ist demnach im Landesvergleich keine familiensektor, welche sich regional und kleinräumig abbilden stark familiengeprägte Region. lässt. Als Beispiel sei hier auf den Anteil von Kindern und Jugend- lichen an der Gesamtbevölkerung in Nordrhein-Westfalen ver- Innerhalb des schrumpfenden Familiensektors beobachten wir wiesen. zudem eine Pluralisierung der Lebensformen. Neben der „tra- ditionellen“ Familie (verheiratete Paare mit Kindern) haben Hohe Anteile von Kindern und Jugendlichen sind ein Hinweis auf andere Lebensformen von Eltern mit Kindern (uneheliche Le- einen hohen Anteil (junger) Familien. In den Kernstädten des bensgemeinschaften mit Kindern, Fortsetzungsfamilien, Allein-

Karte 1.1: Bevölkerungsanteil der unter 18-Jährigen in Nordrhein-Westfalen 2005

in % der Bevölkerung 14,97 < 16,51 16,51 < 18,05 18,05 < 19,59 19,59 < 21,13 21,13 und größer

Datenquelle: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes in Nordrhein-Westfalen.

12 KAPITEL 1 Familien auf kommunaler Ebene

Abbildung 1.1: Sozialgeld-Quote der unter 15-Jährigen in Kreisen und kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens

Sozialgeld-Quote unter 15-Jähriger

Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen, ZEFIR Datenpool. Anteil der Leistungsempfänger/innen von Sozialgeld nach SGB II im Alter von unter 15 Jahren an der Bevölkerung im Alter von unter 15 Jahren im Dezember 2005 (revidierte Werte). erziehende) an Bedeutung gewonnen. Auch hier gilt: Die Familie auf fast ein Drittel der unter 15-Jährigen zu. Im Kreis Siegen- gibt es nicht (mehr)! Wittgenstein war im Dezember 2005 ein Anteil von 12,5 Prozent der unter 15-Jährigen auf Sozialgeld nach dem SGB II angewie- Betrachtet man die Lebensverhältnisse von Familien etwas ge- sen, weil ihre Eltern nicht über ein für die gesamte Familie exi- nauer, zeigt sich, dass Familien, die (weiterhin) in den (Groß- stenzsicherndes, eigenständiges Einkommen verfügen. Auch im )Städten wohnen, häufig Alleinerziehende, Familien mit Migra- Kreis Siegen-Wittgenstein ist demnach mehr als jedes zehnte tionshintergrund und insbesondere arme Familien sind. Diese Kind unter 15 Jahren arm und von sozialstaatlichen Transferzah- Familienformen lassen sich viel seltener in ländlichen Regionen lungen abhängig. und in den Kreisen finden. Auffällig ist jedoch insgesamt die hohe Armutsbetroffenheit von Kindern, da aber besonders in Die Tatsache, dass es nirgends so wie im Durchschnitt ist und es den Städten. Schauen wir uns die Sozialgeld-Quoten der unter die Familie nicht (mehr) gibt, muss konsequenterweise zu der 15-Jährigen an, d.h. den Anteil der Kinder, die von sozialstaatli- Schlussfolgerung führen, dass Familienfreundlichkeit viele Aus- chen Transferleistungen leben (vgl. Abbildung 1.1): Dort wo die prägungen hat und es auch die Familienfreundlichkeit nicht ge- wenigsten Kinder (und Familien) wohnen, also beispielsweise ben kann. Familienfreundlichkeit und Familienpolitik muss sich in den Kernstädten des Ruhrgebietes, sind im Vergleich mit den an den Familien orientieren, die sie vor Ort erreichen will. Entspre- Landkreisen mehr Kinder (und Familien) arm und auf existenzsi- chend muss lokale Familienpolitik im Umland und in den Kern- chernde Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Während im städten, im Süden oder im Norden der großen Städte unterschied- Kreis Olpe „nur“ ca. sieben Prozent der unter 15-Jährigen von So- liche Ziele verfolgen und unterschiedliche Schwerpunkte setzen. zialgeld nach SGB II abhängig sind, trifft dies für Gelsenkirchen

13 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

1.3 Kommunale Familienpolitik: Pflicht oder Kür? Sozial- und Familienpolitik zwischen Aufgaben im übertragenen und im eigenen Wirkungsbereich der Städte und Kreise unter- Durch Artikel 6 des Grundgesetzes sind Bund, Länder und Ge- schieden. Der Bereich der Aufgaben im übertragenen Wirkungs- meinden dazu verpflichtet, Ehe und Familie unter den besonde- bereich besteht aus Auftragsangelegenheiten, die Kommunen ren Schutz der staatlichen Ordnung zu stellen. Die grundsätzliche aufgrund staatlicher Weisung erfüllen, und Pflichtaufgaben, die Orientierung von Familienpolitik wird durch gesetzliche Regelun- Kommunen auf der Basis gesetzlicher Regelungen wahrnehmen. gen auf der Bundesebene (Familienrecht, Familienleistungsaus- Die Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich der Kommunen und gleich etc.) vorgegeben. Die Bundesländer haben darüber hinaus Kreise werden differenziert in pflichtige und freiwillige Selbst- die Möglichkeit, diese bundespolitischen Vorgaben durch eigene verwaltungsangelegenheiten. gesetzliche Leistungen zu ergänzen (Landeserziehungsgeld, Fa- miliengründungsdarlehen etc.). Außerdem treffen sie Vorgaben Der Schwerpunkt kommunaler Familienpolitik liegt in der Aus- für die Ausgestaltung von Ausführungsgesetzen (bspw. Kinder- führung von Pflichtaufgaben im übertragenen Wirkungsbereich und Jugendhilfegesetz). (Kinder- und Jugendhilfe, Sozialhilfe, kommunale Leistungen nach dem SGB II) und in der Bereitstellung familienunterstützen- Durch die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung der sowie familienergänzender Angebote im Rahmen der pflich- (Artikel 28 Grundgesetz) und die ebenfalls verfassungsrechtliche tigen Selbstverwaltungsangelegenheiten, welche vornehmlich Auffangkompetenz der Kreise sind neben Bund und Ländern auch Betreuungs- und Beratungsangebote (Kindergartenplätze, Erzie- die Gemeinden, Städte und Kreise originäre Träger von Familien- hungsberatung) sind. Darüber hinaus besteht für die Kommunen politik. Der Rahmen für kommunale Familienpolitik ist durch die und Kreise im Rahmen ihrer Allzuständigkeit die Möglichkeit, Regelungen auf Bundes- und Landesebene allerdings relativ klar aus eigenem Antrieb Aufgaben zu ergreifen und nach eigenem vorgegeben. Allgemein wird bei den Aufgaben der kommunalen Ermessen zu gestalten. Streng genommen kann erst mit der

Übersicht 1.1: Aufgaben der Kommunen mit Familienbezug

Aufgaben im übertragenen Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich Wirkungsbereich der Gemeinden und Kreise

Pflichtige Freiwillige Auftragsangelegenheiten Pflichtaufgaben Selbstverwaltungs- Selbstverwaltungs- angelegenheiten angelegenheiten

z.B. z.B. z.B. z.B.

- Bauaufsicht - Sozialhilfe - Betreuungsangebote - Förderung familien- - Melderecht - Jugendhilfe (Kindergartenplätze) gerechten Wohnens - kommunale Leistungen - Beratungsangebote - familiengerechte nach dem SGB II (Erziehungsberatung) Ausgestaltung der kommunalen Infrastruktur - Kommunale Familienberichterstattung

Eigene Zusammenstellung

14 KAPITEL 1 Familien auf kommunaler Ebene

Wahrnehmung dieser freiwilligen Leistungen von aktiv gestal- tender kommunaler Familienpolitik gesprochen werden. Zu die- sen freiwilligen Aufgaben zählt beispielsweise die Förderung von familienfreundlichem Wohnen oder die familiengerechte Aus- gestaltung der kommunalen Infrastruktur. Eine besondere Her- ausforderung der Kreise im Prozess der Gestaltung familien- und kinderfreundlicher Strukturen besteht zudem darin, “... sowohl die Interessen ihrer Region als auch die der einzelnen kreisange- hörigen Städte und Gemeinden – jede für sich – ein (zu) bezie- hen“ (Kneppe 2007: 1).

1.4 Warum kommunale Familienberichterstattung?

Die Akteure vor Ort in den Kreisen und Städten wissen aber oft- mals wenig über ihre „Zielgruppe“: Welche Familien leben vor Ort? Welche Veränderungen bezüglich der Lebenslage und der Familienstrukturen lassen sich in den letzten Jahren beobach- ten? Welche Alltagsprobleme und Alltagsbedürfnisse haben die Familien(-mitglieder)? Wo sehen Familien(-mitglieder) Defizite? Wie kann die Alltagsorganisation durch familienpolitische Ange- bote unterstützt werden?

Zwischen dem, was Familien für eine bessere Organisierbarkeit des Alltags brauchen und dem, was ihnen durch kommunale Familienpolitik angeboten bzw. zugebilligt wird, gibt es in der Regel bisher nur wenig Abstimmung. Vor diesem Hintergrund er- weist sich die konkrete Ausgestaltung kommunaler Familienpolitik häufig als schwierig. Eine zusätzliche Schwierigkeit besteht dar- in, kommunale Familienpolitik nachhaltig auszurichten. Das gilt insbesondere für die Kreisebene, wo die – unter Umständen auch widerstreitenden – Interessenlagen der Kreisregion und der einzelnen kreisangehörigen Städte und Gemeinden aufein- ander treffen.

Kommunale Familienberichterstattung kann in diesem Prozess ein Instrument sein, um dieses Informationsdefizit aufzuarbei- ten und Entscheidungen vorzubereiten. Die hoch aggregierten Daten und Analysen von Familienforschung und -berichterstat- tung auf Bundes- und Landesebene helfen nämlich nur wenig, die konkrete Situation vor Ort zu beschreiben. Für die Gestaltung einer zielgenauen Familienförderung vor Ort ist die Kenntnis der konkreten Situation vor Ort unerlässlich. Nur dann kann Fami- lienpolitik als Querschnittspolitik gewinnbringend für Familien – und damit gewinnbringend für den Kreis – die kreisangehöri- gen Städte und Gemeinden sein.

Da Familienpolitik nicht nur die Kommune betrifft, richtet sich der vorliegende Familienbericht nicht nur an Politik und Verwal- tung, sondern darüber hinaus auch an die Akteure der sozialen Arbeit sowie die Öffentlichkeit.

15 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

16 2 Konzept und Methoden

17 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Voraussetzung für effektives politisches Handeln für Familien auf bereitung, die Vermittlung von Ergebnissen vor Ort und das Ab- kommunaler Ebene ist die systematische und umfassende Infor- leiten von Handlungsschwerpunkten. Die Vereinheitlichung der mation über die Lebensformen und Lebenslagen von Familien Indikatoren und der standardisierte einheitliche Fragebogen er- und Kindern sowie deren subjektive Bewertung durch Familien. möglichen zum anderen einen Vergleich zwischen den Städten Erst vor diesem Hintergrund ist die Identifikation von Handlungs- und Kreisen sowie innerhalb der Kreise. Zudem ist das Instru- und Gestaltungsbedarfen möglich. Gefragt ist also ein Berichts- ment in der Praxis mehrfach erprobt. format mit gemeindespezifischen und handlungsrelevanten so- wie möglichst aktuellen und aktualisierbaren Informationen. Das System kommunaler Familienberichterstattung besteht aus zwei Teilen: Ein internetgestütztes Familienstatistisches Infor- 2.1 System kommunaler Familienberichterstattung mationssystem (FIS) mit amtlichen und prozessproduzierten Da- ten (vgl. Kapitel 2.2.1) und eine Familienbefragung (vgl. Kapitel Der vorliegende Familienbericht des Kreises Siegen-Wittgenstein 2.2.2). Die “Bausteine“ sind auf die Etablierung einer dauerhaf- basiert auf einem Berichtssystem, welches in einem vom Mini- ten Familienberichterstattung gerichtet, deren erste Erhebungs- sterium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des phase 2006 durchgeführt wurde. Landes Nordrhein-Westfalen geförderten Modellprojekt entwic- kelt wurde. Auf Basis des Familienstatistischen Informationssystems und An dem Modellprojekt waren die Städte Herten, Gelsenkirchen der Familienbefragung wurde ein Familienberichtssystem ent- und Oberhausen sowie der Kreis Unna beteiligt. Mittlerweile ist wickelt. Ein Ergebnis halten Sie in den Händen: den ersten Sie- es interessierten Kommunen möglich, in das Projekt einzustei- gen-Wittgensteiner Familienbericht. Die Grundlage dieses Fami- gen. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Familienberichtes des lienberichtes bilden zwei Basismodule, die soziodemografische Kreises Siegen-Wittgenstein beteiligten sich neben Siegen-Witt- und sozioökonomische Daten beinhalten. Darüber hinaus unter- genstein die Städte Gladbeck, Herne, Mülheim, Neuss, , scheiden wir vier thematische Zusatzmodule, die die Themenfel- Rheine sowie Wesseling. Das einheitliche Berichtssystem bietet der „Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf“, „Verein- wesentliche Vorteile. Zum einem findet Informationsaustausch barkeit von Familie und Beruf“, „Lebensraum Stadt“ und „Kinder und Diskussion zwischen den Kooperationspartnern über den in der Familie“ abdecken. Prozess der Berichterstellung statt: Datenbeschaffung und -auf-

Übersicht 2.1: Themen und Module der kommunalen Familienberichterstattung

Kommunaler Familienbericht

Basismodule (obligatorisch) Zusatzmodule (optional)

Soziodemografische Daten Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Sozioökonomische Daten Lebensraum Stadt

Familien in schwierigen Lebenssituationen

Die Kinder in der Familie

18 KAPITEL 2 KONZEPT UND METHODEN

Die Grundüberlegung dieser modularen Konzeption ist, dass die 2.2.2 Schriftliche Familienbefragung Kooperationspartner bei einer Fortschreibung der Berichterstat- tung in Zukunft die Option haben, nicht (immer) umfassende In Ergänzung zu den erhobenen Verwaltungsdaten wurde zu (und damit arbeits- und kostenintensive) Familienberichte er- ausgewählten familienpolitisch relevanten Themenbereichen stellen zu müssen, sondern „lediglich“ bestimmte Module aus- eine schriftliche Familienbefragung von Haushalten mit Kindern wählen können. Dies ermöglicht eine flexible und „passgenaue“ im Alter von unter 18 Jahren durchgeführt. Gegenstand der Be- Reaktion auf die (Informations-)Bedürfnisse vor Ort. fragungen waren vor allem Aspekte der sozialen und ökonomi- schen Lebenssituation sowie der Zufriedenheit von Familien, die Weitere Informationen zum Projekt und den einzelnen Projekt- mit den Daten der Kommunalstatistik nicht oder nur sehr unzu- bestandteilen finden Sie im Internet unter: reichend abgebildet werden können. www.familienberichterstattung.de. Insgesamt wurden 4.000 Siegen-Wittgensteiner Familien (ohne 2.2 Datenbasis des Familienberichtes Siegen und Kreuztal) und 1.983 Kreuztaler Familien1 mit minde- stens einem im Haushalt lebenden minderjährigen Kind ange- Die vorliegenden Analysen zur Lebenslage und zur Zufriedenheit schrieben. von Familien in Siegen-Wittgenstein basieren auf familienrele- vanten Daten der Kommunalstatistik (vgl. Kapitel 2.2.1) und der Der Fragebogen umfasst auf 20 Seiten insgesamt 71 Einzelfra- Befragung Siegen-Wittgensteiner Familien mit minderjährigen gen zur Lage von Familien, die von jeweils einem Elternteil beant- Kindern (vgl. Kapitel 2.2.2). Eine wichtige Ergänzung zu diesen wortet werden sollten und sich – analog zu den oben genannten Daten bilden Diskussionsergebnisse eines Jugendhilfeausschus- Modulen – zu folgenden Themenbereichen gruppieren lassen: ses am 15. Mai 2007 und eines Fachgesprächs im September 2007, in deren Rahmen ausgewählte Ergebnisse der Familienbe- • „Standarddemografie“ richterstattung präsentiert und diskutiert wurden. • Wirtschaftliche Lage von Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein 2.2.1 Daten der Kommunalstatistik • Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf • Vereinbarkeit von Familie und Beruf Eine Datenbasis des vorliegenden Familienberichtes sind die • Lebensraum Stadt quantitativen Daten der amtlichen bzw. prozessproduzierten • Kinder in der Familie. Kommunalstatistik, die auf Gemeindebene aufbereitet und in das „Familienstatistische Informationssystem (FIS) Siegen- Um die Bevölkerung über die Befragung zu informieren und um Wittgenstein“ eingestellt wurden. „Prozessproduzierte“ Daten ihre Mitarbeit zu bitten, wurde unmittelbar vor dem Versand der sind Daten, die im Verwaltungsvollzug entstehen und sozusa- Fragebögen eine Pressekonferenz durchgeführt und die örtliche gen für Verwaltungszwecke erhoben werden. Dazu zählen die Presse informiert. Zur Erhöhung des Fragebogenrücklaufes wur- verschiedensten Arten der Kommunalstatistik, z.B. die Einwoh- de darüber hinaus nach Ablauf einer ersten Rücksendefrist ein ner-, Sozialhilfe- und Jugendhilfestatistik, aber auch Daten des Erinnerungsschreiben an die gesamte Stichprobe geschickt, in Schul-, Gesundheits- und Wohnungsamtes. Die für den Kreis dem die Familien – sofern noch nicht geschehen – nochmals um Siegen-Wittgenstein erhobenen und verwendeten Daten lassen Beteiligung an der Befragung gebeten wurden. Im Anschreiben sich den folgenden Themenbereichen zuordnen: wurden zusätzlich Ansprechpartner im Kreis Siegen-Wittgen- stein und beim ZEFIR mit Telefonnummer angegeben, an die sich • Bevölkerung / Bevölkerungsstruktur / Demografie die Familien bei Rückfragen konnten. Diese „Telefonhot- • Sozialhilfebezug 2004 line“ fand regen Anklang und insbesondere Fragen zur Anonymi- • Kinderbetreuung und öffentliche Infrastruktur sierung der Daten und Veröffentlichung der Ergebnisse konnten • Intervention und Beratung auf diesem Wege beantwortet werden. Fragebögen, Anschreiben • Schulwesen und Bildung sowie und Rückumschläge wurden im Oktober 2006 versandt; die er- • Gesundheitsversorgung und Gesundheitsvorsorge. ste Rücklauffrist endete am 25. Oktober 2006, mit deren Ablauf wurden Erinnerungsschreiben verschickt und die Rücksendefrist wurde bis zum 15. November verlängert.

1 Die Kreuztaler Familienbefragung wurde bereits im Rahmen des Projektes „Familienbericht Kreuztal“ durchgeführt. Die Daten dieser Befragung sind im vorliegenden Bericht für den Kreis Siegen-Wittgenstein auf der Stadt- bzw. Gemeindeebene integriert. Kleinräumige Ergebnisse zur Lebenslage von Familien innerhalb der Stadt Kreuztal finden sich im Familienbericht Kreuztal 2007 (vgl. Stadt Kreuztal 2007).

19 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 2.1: Rücklauf der Familienbefragung in Siegen-Wittgenstein und Kreuztal

Siegen-Wittgenstein Kreuztal (ohne Kreuztal und Siegen)

versendete Fragebögen 4.000 1.983 Rücklauf (absolut) 1.787 784 darunter 213 Burbach 191 Erndtebrück 191 Freudenberg 197 198 217 176 Neunkrichen 175 227 Rücklauf (in Prozent) 44,7 39,5

Datenbasis: Familienbefragung Siegen-Wittgenstein und Kreuztal (ungewichtet) 2006

Tabelle 2.2: Zusammensetzung der Stichprobe

Befragung Daten der Kommunalstatistik ungewichtet gewichtet

in %

Mutter Bezugsperson 64,6 64,5 mindestens ein Elternteil keine deutsche Staatsangehörigkeit 9,0 8,4 13,5 mindestens ein Elternteil Migrationshintergrund 15,8 14,8 – Alleinerziehende 10,9 10,5 – Kinderreiche Familien (drei und mehr Kinder unter 18 Jahren) 13,6 13,5 12,9

Bad Berleburg 8,3 11,1 11,1 Burbach 7,4 8,3 8,4 Erndtebrück 7,4 4,0 4,0 Freudenberg 7,7 9,8 9,8 Hilchenbach 7,7 8,9 8,9 Bad Laasphe 8,4 7,7 7,7 Netphen 6,9 13,4 13,4 Neunkrichen 6,8 7,8 7,8 Wilnsdorf 8,8 11,5 11,5 Kreuztal 30,5 17,4 17,4

Anmerkung: Die Bezugsperson ist der Elternteil, welcher den Fragebogen ausgefüllt hat. Datenbasis: Familienbefragung Siegen-Wittgenstein und Kreuztal 2006; Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen Wittgenstein

20 KAPITEL 2 KONZEPT UND METHODEN

Tabelle 2.1 gibt einen Überblick über den Rücklauf. Im Kreis Sie- führlich erklären zu müssen und damit den Lesefluss zu behin- gen-Wittgenstein konnte ein Rücklauf von insgesamt 44,7 Pro- dern, wird im Folgenden erläutert, was wir darunter verstehen: zent erzielt werden, das sind 1.787 eingegangene Fragebögen. In der Kreuztaler Familienbefragung im Mai 2006 antworteten Familie knapp 40 Prozent der angeschriebenen Familien, was 784 Frage- Der vorliegende Familienbericht für den Kreis Siegen-Wittgen- bögen entspricht. stein betrachtet das familiale Leben in einem gemeinsamen Haushalt und beschränkt sich auf die Analyse der gemeinsamen Für kleinräumige Analysen beziehen wir uns auf die Ebene der Haushaltsführung von Eltern und minderjährigen Kindern. Es Städte und Gemeinden. Da Kreuztal eine eigene Befragung muss aber angemerkt werden, dass diese Sichtweise „nur“ Fami- durchgeführt hat und deutlich überrepräsentiert ist (siehe Ta- lien im engeren Sinne im Blick hat. Die Familienforschung spricht belle 2.2, Spalte 2), wurden die Daten gewichtet, um Kreuztal daher von „Kernfamilien“, da sich die Betrachtung auf die Betreu- entsprechend seiner Größe im Datensatz zu berücksichtigen. ungs- und Erziehungsphase von Kindern beschränkt. Im Grunde Grundlage für die Gewichtung bilden die Familienanteile in den ist dies aber nur eine Lebensphase des gesamten Familienlebens. Städten und Gemeinden, wie sie durch die Kommunalstatistik Denn Familie konstituiert sich zwar mit der Geburt oder der Ad- ausgewiesen sind. Durch die höhere Zahl der befragten Familien option von Kindern, besteht aber lebenslang (Familie im wei- in Kreuztal haben wir in der Befragung einen Anteil von Kreuz- teren Sinne), auch wenn die Kinder das Haus verlassen und er- taler Familien von 30,5 Prozent. Die amtliche Statistik gibt aber wachsen werden (vgl. Strohmeier / Schultz 2005: 49 ff.). Die enge an, dass nur 17,4 Prozent der Familien des Kreises Siegen-Witt- Definition von Familie für diesen Familienbericht ergab sich zum genstein in Kreuztal wohnen. Daher berücksichtigen wir jeden einen aus den inhaltlichen Fragestellungen und war zum ande- eingegangenen Fragebogen in Kreuztal nur 0,57 mal (17,4/30,5) ren notwendig, um die Befragung durchzuführen und eine valide und erhalten somit einen Familienanteil von 17,4 Prozent für Stichprobe zu ziehen. Kreuztal. Analog zu Kreuztal verfahren wir in allen Städten und Gemeinden, die zum Teil über- und zum Teil unterrepräsentiert Migrationshintergrund in der Befragung vertreten sind. Sinn und Zweck einer Gewich- Als Familien mit Migrationshintergrund können wir auf Basis tung kann man an dem Anteil von Familien mit Migrationshin- der Familienbefragung eine breitere Gruppe von Familien be- tergrund verdeutlichen: In dem ungewichteten Datensatz finden trachten als dies mit Daten der öffentlichen Statistik möglich ist. wir einen Migrantenanteil von 15,8 Prozent, nach der Gewich- Nicht nur Familien mit mindestens einem nichtdeutschen Eltern- tung liegt der Anteil nur noch bei 14,8 Prozent. Da der Anteil von teil werden berücksichtigt, sondern darüber hinaus auch Famili- Familien mit Migrationshintergrund in Kreuztal höher liegt als en mit mindestens einem Elternteil mit Migrationshintergrund. im restlichen Kreisgebiet, würde der Anteil ohne eine Gewich- D.h., mindestens ein Elternteil hat eine nichtdeutsche Staatsan- tung das Ergebnis für den Kreis nach oben verzerren. gehörigkeit, neben der deutschen eine zweite Staatsangehörig- keit oder aber mindestens ein Elternteil ist außerhalb Deutsch- Bei der Bewertung der Analyseergebnisse der Familienbefragung lands geboren. Dadurch werden z.B. russlanddeutsche Familien sind die Fallzahlen für Detailauswertungen zu beachten.2 In der ebenfalls als Migrantenfamilien erfasst. empirischen Sozialforschung wird bei Fallzahlen über 30 von hinreichend validen Ergebnissen für Verteilungen ausgegangen. Äquivalenzeinkommen und Armutsgrenzen auf Basis Diesem Grundsatz folgend präsentieren wir ausschließlich Ana- bedarfsgewichteter Einkommensdaten lyseergebnisse für Gruppen über 30 Fälle. Sind einzelne Ergebnis- Man kann die Einkommen von Haushalten und Familien unter- se wegen zu geringer Fallzahlen nicht ausgewiesen, werden die- schiedlicher Größe und Zusammensetzung nicht direkt mitein- se Tabellenzellen mit (-) gekennzeichnet. Eine 0 hingegen steht ander vergleichen und nicht an einem für alle Haushalte einheit- tatsächlich für den Wert Null. lichen Einkommensbetrag als Armutsschwelle messen. Für einen Ein-Personen-Haushalt sind 2.000 Euro Haushaltsnettoeinkom- 2.3 Grundlegende Definitionen men etwas anderes als für einen Acht-Personen-Haushalt. Um diese beiden Haushalte hinsichtlich ihres Einkommens verglei- Familie, Migrationshintergrund, Äquivalenzeinkommen sowie chen zu können, muss man die Haushaltsgröße berücksichti- Bildungs- und Erwerbsstatus sind Begriffe, die in den weiteren gen. Die einfachste Möglichkeit wäre, das Haushaltseinkommen Kapiteln häufiger vorkommen. Um diese nicht jedes Mal aus- durch die Anzahl der Haushaltsmitglieder zu teilen. Dabei ent-

2 Grundsätzlich muss man berücksichtigen, dass Stichprobenergebnisse nicht den gleichen Genauigkeitsgrad wie Totalerhebungen oder amtliche Statistiken erreichen können.

21 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

stehen Pro-Kopf-Einkommen. Der hier genannte Ein-Personen- eine theoretische „bedarfsgewichtete Familiengröße“ ermittelt, Haushalt mit 2.000 Euro Haushaltsnettoeinkommen hätte da- die bei größeren Haushalten immer unter der tatsächlichen Grö- nach auch ein „tatsächliches“ Pro-Kopf-Einkommen von 2.000 ße des Haushaltes liegt und durch diese theoretische Haushalts- Euro, der Acht-Personen-Haushalt lediglich von 250 Euro. größe wird dann das tatsächliche monatliche Haushaltsnettoein- kommen geteilt. Diese bedarfsgewichteten Einkommen werden Nun kann man aber davon ausgehen, dass größere Haushalte als „Äquivalenzeinkommen“ bezeichnet. Wir greifen auf die alte durch gemeinsames Wirtschaften Einsparungen realisieren kön- OECD-Skala zurück, die auch in der Sozialberichterstattung des nen, die kleineren Haushalten nicht möglich sind. Darüber hin- Landes Nordrhein-Westfalen Anwendung findet. aus haben Kinder noch einen geringeren Unterhaltsbedarf als Erwachsene. Konkret heißt das: Der Haushalt mit acht Famili- Nach der alten OECD-Skala wird der ersten erwachsenen Person enmitgliedern benötigt nicht eine achtmal so große Wohnung im Haushalt das Gewicht 1 zugewiesen. Jede weitere Person im wie der Ein-Personen-Haushalt und er benötigt nicht acht Autos. Haushalt im Alter von 14 Jahren und älter erhält das Gewicht Auch Stromkosten für das Fernsehgerät, das Radio, die Beleuch- 0,7; jüngeren Haushaltsmitgliedern unter 14 Jahren wird ein Ge- tung steigen nicht auf das Achtfache der Kosten des Ein-Perso- wicht von 0,5 zugewiesen. nen-Haushaltes usw. Das heißt also, der Bedarf an Einkommen in größeren Familien steigt zwar mit der Zahl der Familienmitglieder, Somit ergibt sich für einen Ein-Personen-Haushalt ein Gewicht aber keinesfalls proportional. Dies würden wir aber voraussetzen, von 1. Um das gleiche Wohlstandniveau wie ein Single zu haben, wenn wir eine Armutsgrenze auf Basis von tatsächlichen Pro- benötigt also ein Paar ohne Kinder ein Haushaltseinkommen, Kopf-Einkommen betrachten würden. Deshalb werden in der Ar- welches 1,7 mal so hoch ist (1+0,7); für ein Ehepaar mit zwei Kin- mutsforschung so genannte bedarfs- bzw. äquivalenzgewichtete dern unter 14 Jahren wird ein 2,7 (1+0,7+0,5+0,5) mal so großes Pro-Kopf-Einkommen betrachtet, die zum einen die unterschied- Haushaltseinkommen benötigt, um den gleichen Lebensstan- lichen Haushaltsgrößen vergleichbar machen und gleichzeitig die dard zu erhalten. Einsparungen in größeren Familien berücksichtigen. Hierfür wird

Tabelle 2.3: Äquivalenzeinkommen und Einkommensarmut

Die Haushaltsmitglieder gelten als Faktor der Bedarfsgewichtung 50% des durchschnittlichen einkommensarm, wenn das Haushaltstyp nach alter OECD-Skala Nettoäquivalenzeinkommens Haushaltseinkommen niedriger ist als…

Ein-Personen-Haushalt 1 x615 € = 615 € Paare ohne Kinder 1,7 x615 € = 1.046 €

Paare mit einem Kind unter 14 Jahren 2,2 x615 € = 1.353 € unter 14 Jahre und einem Kind im Alter von 14 Jahren und älter 2,9 x615 € = 1.784 €

Alleinerziehende mit einem Kind unter 14 Jahren 1,5 x615 € = 923 € mit einem Kind im Alter von 14 Jahren und älter 1,7 x615 € = 1.046 €

Datenquelle: Zusammengestellt nach LDS 2007: 19.

22 KAPITEL 2 KONZEPT UND METHODEN

Einkommensarmut von Familien definieren wir in Abhängig- liche Ausbildung angegeben haben. Ist eine Zuordnung über die keit vom aktuellen Durchschnittseinkommen. Analog zum So- oben genannten Kriterien nicht möglich, wird zusätzlich die Wo- zialbericht Nordrhein-Westfalen 2007 (LDS 2007) legen wir das chenarbeitszeit berücksichtigt: Eltern, die über 30 Stunden wö- durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen, welches über den chentlich arbeiten, gelten als voll erwerbstätig. Mikrozensus erhoben wird, zu Grunde und errechnen das be- darfsgewichtete Pro-Kopf-Einkommen (Äquivalenzeinkommen). Als arm gelten Personen in Haushalten, deren Äquivalenzein- kommen weniger als 50% des durchschnittlichen Äquivalenzein- kommens in Nordrhein-Westfalen beträgt.

2005 lag das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen bei 1.229 Euro. Als einkommensarm gelten demnach Haushalte, de- ren Äquivalenzeinkommen weniger als 615 Euro beträgt. Die Familienmitglieder einer Familie mit zwei Erwachsenen und ei- nem Kind unter 14 Jahren gelten als einkommensarm, wenn das Haushaltseinkommen niedriger ist als 1.353 Euro oder ein Al- leinerziehendenhaushalt mit einem unter 14-jährigen Kind wird als einkommensarm bezeichnet, wenn das Einkommen weniger als 923 Euro beträgt (vgl. Tabelle 2.1).

Bildungsstatus der Eltern Für den Bildungsstatus der Mütter und Väter wurde ein Indi- kator gebildet, der eine Kombination aus dem höchsten Schul- abschluss und Ausbildungsniveau darstellt. Die vier Bildungs- gruppen reichen von „niedriger Qualifikation“, über „mittlere“ und „höhere“ bis zur „höchsten Qualifikation“. So zählt z.B. ein Vater, der einen Hauptschulabschluss besitzt und eine Lehre ab- geschlossen hat zur „niedrigsten Qualifikation“. Hat er neben dem Hauptschulabschluss auch eine Ausbildung an einer Fach-, Meister-, Technikerschule, Berufs- oder Bildungsakademie abge- schlossen, wird er in die Kategorie „mittlere Qualifikation“ einge- ordnet. Zur „höchsten Qualifikation“ gehören nur die Personen, die entweder einen Fachhochschul- oder einen Hochschulab- schluss besitzen. Der Bildungsstatus des Familienhaushalts er- gibt sich aus dem höchsten Abschluss der Elternteile. Wenn wir also der Mutter die „höchste Qualifikation“ zuordnen und dem Vater die „höhere Qualifikation“, zählt der Haushalt insgesamt zur „höchsten Qualifikation“.

Erwerbsstatus der Eltern Erwerbstätig ist, wer einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung nach- geht, sich im Wehr- oder Zivildienst oder einer beruflichen Ausbil- dung befindet. Geringfügig Beschäftigte, Arbeitslose, Schüler/- innen, Student/-innen, Rentner/-innen und Väter und Mütter in Mutterschafts-, Erziehungsurlaub oder Elternzeit zählen somit zu den Nichterwerbstätigen. Vollzeit erwerbstätig sind Perso- nen, die Vollzeit erwerbstätig, Wehr- oder Zivildienst oder beruf-

23 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 2.4: Schulabschluss und Ausbildungsniveau

Bildungsgruppe Schulabschluss Ausbildungsniveau

kein Abschluss Lehre/ (noch) kein Abschluss/ Niedrige Qualifikation Volks-/ Hauptschulabschluss keine Angabe Realschule/ POS (noch) kein Abschluss/ keine Angabe

Mittlere Qualifikation Volks-/ Hauptschulabschluss Fach-, Meister,- oder Technikerschule Realschule/ POS Lehre/ anderer Abschluss

Keine Angabe/ anderer Abschluss Lehre/ Fach-, Meister- oder Technikerschule Höhere Qualifikation Realschule/ POS Fach-, Meister,- oder Technikerschule (Fach-)Hochschulreife Lehre/ Fach-, Meister-oder Technikerschule noch in der Ausbildung

Höchste Qualifikation Fachhochschul- oder Hochschulabschluss

Nicht berücksichtigt (Fach-) Hochschulreife Keine Lehre/ Anlernzeit mit Zeugnis/ keine Angabe

24 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 3.1: Bevölkerung in Siegen-Wittgenstein am 31.12.2005

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

Am 31.12.2005 lebten im Kreis Siegen-Wittgenstein3 291.372 Ein- „Wir werden weniger. Wir werden älter. Wir werden bunter.“ wohner.4 Einen ersten Eindruck über den Bevölkerungsstand zum So oder ähnlich werden die Hauptmerkmale des demografischen 31.12.2005 nach Altersjahren und Geschlecht bietet die folgende Wandels häufig zusammengefasst. Im vorliegenden Kapitel Bevölkerungspyramide: sollen diese (und andere) Merkmale anhand der Bevölkerungs- entwicklung in Siegen-Wittgenstein von 1975 bis 2005 nach- Der Altersaufbau zeigt deutlich den für Deutschland insgesamt gezeichnet werden (Kapitel 3.1). Anknüpfend daran wagen wir zu beobachtenden Geburtenanstieg bis Mitte der 1960er Jahre einen Blick in die Zukunft und betrachten die voraussichtliche und den 1965 einsetzenden nachhaltigen Geburtenrückgang Entwicklung der Siegen-Wittgensteiner Bevölkerung bis 2025 (bei den heute etwa Vierzigjährigen). Wie aber haben sich die (Kapitel 3.2). Bevölkerung und ihre Struktur in den vergangenen Jahrzehnten im Kreis entwickelt? Wie hoch ist der Anteil von nichtdeutschen Einwohnern und wie wird sich die Bevölkerungsstruktur voraus- sichtlich entwickeln?

3 In diesem Kapitel beziehen wir uns auf die Bevölkerungsdaten des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung des Landes Nordrhein-Westfalen (LDS), die etwas von den Bevölkerungsdaten des Kreises abweichen, da sowohl für die Bevölkerungsentwicklung ab 1975 als auch für die Prognose nur Daten des LDS zur Verfügung standen. Darüber hinaus werden in diesem Kapitel im Unterschied zu den folgenden Kapiteln Daten und Analysen präsentiert, die die Stadt Siegen einschließen.

4 Bevölkerung am Ort des Hauptwohnsitzes.

26 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.2: Bevölkerungsentwicklung von 1975 bis 2005

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

3.1 Die Siegen-Wittgensteiner Bevölkerungsstruktur von völkerung dann deutlich und erreicht 1995 mit 299.336 Einwoh- 1975 bis 2005 nern einen Höhepunkt. Seitdem sinken die Bevölkerungszahlen aber erneut (vgl. Abbildung 3.2). „Weniger. Älter. Bunter.“ Gilt das auch für den Kreis Siegen-Witt- genstein? Dahinter stehen verschiedene Fragen, die im Folgen- Die Bevölkerungsentwicklung des Kreises Siegen-Wittgenstein den beantwortet werden sollen: Wie hat sich die Bevölkerung verlief in den letzten Jahrzehnten bis zum Beginn der 1990er Jah- des Kreises entwickelt? Stagniert sie, ist sie gewachsen oder ist re ähnlich wie die des Landes Nordrhein-Westfalen insgesamt sie, wie die Überschrift nahe legt, geschrumpft? Und wie haben (vgl. Abbildung 3.3). Die Bevölkerungsverluste bis Mitte der acht- sich die Altersstruktur und ihre Zusammensetzung nach Staats- ziger Jahre und den anschließenden Bevölkerungsgewinn finden zugehörigkeit entwickelt? wir auch in Nordrhein-Westfalen, allerdings sind die Bevölke- rungsverluste seit Mitte der neunziger Jahre in Nordrhein-West- Schrumpfung, Stagnation oder Wachstum? falen nicht zu finden, sondern es waren weiter leichte Gewinne Betrachtet wir den Gesamtzeitraum von 1975 bis 2005 trifft die zu verzeichnen. Hohe Bevölkerungsverluste finden sich sonst vor Aussage „Wir werden weniger“ für den Kreis Siegen-Wittgen- allem in den großen Städten in Nordrhein-Westfalen. Unter den stein nicht zu. Siegen-Wittgenstein hat zwar bis Mitte der acht- Kreisen hat Siegen-Wittgenstein neben dem Ennepe-Ruhr-Kreis ziger Jahre Bevölkerungsverluste zu verzeichnen, die Einwohner- in den letzten zehn Jahren von 1995 bis 2005 die meisten Ein- zahlen sind von 289.062 im Jahr 1975 bis auf 278.884 Einwohner wohner verloren. im Jahr 1986 gesunken. Im Anschluss allerdings wächst die Be-

27 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 3.3: Bevölkerungsentwicklung in Siegen-Wittgenstein und in Nordrhein-Westfalen von 1975-2005 (Index: 1975=100)

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

„Demografische Herausforderungen“, wie sie aktuell in vielen zahler und zu viele Leistungsempfänger.“). Die lokalen Auswir- Presseveröffentlichungen und gesellschaftspolitischen Diskus- kungen in den Städten und Gemeinden dagegen werden in sionen diagnostiziert werden, ergeben sich allerdings nicht al- diesem Zusammenhang häufig übersehen. Unser alltäglicher leine aus sinkenden oder steigenden Bevölkerungszahlen.5 Von Handlungs- und Erfahrungsraum ist aber zu einem erheblichen Bedeutung sind vielmehr möglicherweise mit der Veränderung Teil die örtlichen sozialen Verhältnisse in den Städten und Ge- der Bevölkerungszahl einhergehende Verschiebungen in der Al- meinden, unsere sozialen Bindungen und Beziehungen sind zu tersstruktur. einem großen (für viele zum größten) Teil Beziehungen inner- halb der Stadtgesellschaft. Wichtig für die lokale Ebene ist nicht Jenseits von Beitragszahlern und Leistungsempfängern – die Arithmetik von Beitragszahlern und Leistungsempfängern, wie hat sich die Altersstruktur der Siegen-Wittgensteiner Bevöl- sondern – mit Blick auf z.B. informelle Solidarpotenziale in Fami- kerung entwickelt? lie und Nachbarschaft oder infrastrukturelle Erfordernisse – die Wie auch die anderen Merkmale des demografischen Wandels Stärke der einzelnen Altersgruppen bzw. ihr Verhältnis zueinan- wird auch die Alterung der Gesellschaft in der Regel ausschließ- der in konkreten Stadt- und Gemeindegebieten. lich mit Blick auf gesamtgesellschaftliche und gesamtstaatliche Probleme, also auf einem hohen Aggregationsniveau geführt Schon die Differenzierung nach drei Altersgruppen, den 18- bis (Stichwort Rentenversicherung: „Wir haben zu wenige Beitrags- unter 65-Jährigen sowie den von dieser „mittleren“ Schicht wirt-

5 Die Diskussion, ob Bevölkerungsrückgang grundsätzlich negativ zu bewerten ist, soll hier bewusst nicht aufgegriffen werden.

28 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.4: Bevölkerungsentwicklung nach Altersgruppen von 1975 bis 2005

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS) schaftlich und sozial abhängigen Bevölkerungsgruppen der un- ders als 1975, als der Anteil der Kinder und Jugendlichen ca. 15 ter 18-jährigen Kinder und Jugendlichen und der über 64-jäh- Prozentpunkte größer als der Anteil der über 64-Jährigen war, ist rigen Älteren und Alten macht deutlich, dass sich von 1975 bis heute (2005) umgekehrt der Anteil der Älteren und Alten etwas heute (2005) in Siegen-Wittgenstein ein Wandel vollzogen hat größer als der der Kinder und Jugendlichen. (vgl. Abbildung 3.4). Von 1975 bis 1989 ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren an der Gesamtbevölkerung In Abgrenzung zur gegenwärtigen einseitigen Diskussion um von ca. 29 Prozent auf unter 20 Prozent gesunken und pendelt die Rentenversicherung und damit über potenzielle Beitrags- seitdem um diesen Wert, die Tendenz ist seit Mitte der neunziger zahler (18- bis unter 65-Jährige) und Leistungsempfänger (über Jahre wieder leicht fallend. Im Gegensatz dazu steigt der Anteil 64-Jährige), lassen sich, setzt man die Anteilswerte für diese Al- der über 64-Jährigen von 13 Prozent im Jahr 1975 auf fast 20 Pro- tersgruppen in Beziehung zueinander, auch Aussagen über So- zent im Jahr 2005 leicht, aber kontinuierlich an. Der Anteil der lidarpotenziale vor Ort (!) treffen. Wie viele wirtschaftlich und Kinder und Jugendlichen liegt damit heute (2005) um 9,2 Pro- sozial abhängige Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) und zentpunkte unter dem Wert von 1975, die Bevölkerung im Alter wie viele Ältere und Alte (65 Jahre und älter) stehen der potenzi- von 65 und älter hat um 6,4 Prozentpunkte zugenommen. An- ell wirtschaftlich aktiven Altersgruppe der 18- bis unter 65-Jäh-

29 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 3.5: Altersstrukturquotienten von 1975 bis 2005

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS) rigen gegenüber? Indikatoren, die etwas über die Altersstruktur hier gehen wir davon aus, dass die Älteren und Alten in einem und die Familienprägung von Städten und Gemeinden (vgl. auch gewissen „Abhängigkeitsverhältnis“ (Unterstützung im Alltag, Kapitel 4) aussagen und zudem Auskunft über informelle Soli- Hilfe in bestimmten Lebensbereichen, Pflege) zur „mittleren Ge- darpotenziale geben, sind der Jugend-, der Alten- sowie der Un- neration“ stehen. terstützungsquotient. Die Indikatoren erlauben darüber hinaus Aussagen über die Verteilung relevanter Zielgruppen der kom- Häufig werden die Altersgruppen der unter 18-Jährigen und der munalen Familien- und Sozialpolitik innerhalb der Städte. über 64-Jährigen direkt zueinander in Beziehung gesetzt und der so genannte „Alt-Jung-Quotient“ gebildet. Hier ist allerdings Vorsicht Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich geboten! Zwar kann dieser Indikator als Hinweis auf die Überalte- und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Er- rung des betreffenden Gebietes benutzt werden, allerdings stehen wachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. Häufig wird die entsprechenden Werte in keinem Verhältnis zur mittleren Be- dieser Quotient als Indikator für die Familienprägung der ent- völkerungsgruppe und sagen daher nichts über Solidarpotenziale sprechenden Gebiete verwendet. aus. Hierzu eignet sich der „Unterstützungsquotient“:

Der Altenquotient (über 64-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jäh- Der Unterstützungsquotient addiert den Jugend- und den Alten- rige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. Auch quotienten, setzt also beide von der mittleren Altersgruppe „ab-

30 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.6: Bevölkerungsentwicklung von 1975 bis 2005 nach Staatsangehörigkeit

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS) hängigen“ Bevölkerungsgruppen – die Kinder und Jugendlichen struktureinrichtungen bereitzustellen bzw. die vorhandenen Ein- sowie die Älteren und Alten – in Beziehung zu den 18- bis unter richtungen anzupassen (Stichwort: weniger Kindergärten, mehr 65-Jährigen. Hilfsangebote und Einrichtungen für Ältere).

Hohe Jugend- und Altenquotienten – beides kann gemein- Siegen-Wittgenstein heute – „bunter“ als 1975? sam auftreten – bzw. hohe Unterstützungsquotienten deuten Insbesondere Zuzüge Nichtdeutscher in den 1980er und 1990er auf eine besondere Belastung der informellen Solidarpotenzi- Jahren haben für einen deutlichen Anstieg des Anteils der nicht- ale in Familien und Nachbarschaften hin, die besonderen sozi- deutschen Bevölkerung geführt. Waren 1975 nur fünf Prozent al- und familienpolitischen Handlungsbedarf signalisieren (vgl. der Einwohner im Kreis Siegen-Wittgenstein ohne deutschen dazu auch Kapitel 4). Nicht mehr Kinder und Jugendliche bilden Pass, galt dies 2005 bereits für fast neun Prozent.6 die größte zu unterstützende Gruppe, sondern die Älteren und Hochbetagten sind dies. Auch kommunale Sozial- und Familien- Ohne diesen Zuwachs wären die Bevölkerungszahlen Siegen- politik, die eingreifen muss, falls die informellen Solidarpotenzi- Wittgensteins sogar leicht gesunken; es ist also nur auf den Zu- ale diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden können, zug Nichtdeutscher zurückzuführen, dass die Bevölkerungszah- muss sich auf diese Herausforderungen einstellen. Gefragt sind len im Vergleich zu 1975 sogar leicht gestiegen sind. beispielsweise innovative Strategien, um entsprechende Infra-

6 Zu den Konsequenzen des neuen Staatsbürgerschaftsrechts für die Bevölkerungsstatistik und die Erfassung der Bevölkerungsgruppe mit Migrationsgeschichte vgl. Kapitel 4.1.1.

31 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

3.2 Bevölkerungsentwicklung in den Städten und Gemeinden des auf der Ebene der Städte und Gemeinden – lassen sich aufgrund Kreises solcher unterschiedlichen Rahmenbedingungen recht unterschied- liche Bevölkerungsentwicklungen verzeichnen. Daher soll im Fol- Ergebnisse der Familien- und Regionalforschung der letzten Jahr- genden noch einmal etwas detaillierter auf die Entwicklungen für zehnte haben gezeigt, dass die Bevölkerungsentwicklungen in ver- die einzelnen Gemeinden und Städte eingegangen werden. schiedenen Siedlungstypen auch ein Ausdruck der Wandlungen der Familien in den letzten Jahrzehnten in Deutschland insgesamt Als wesentliche Trends werden die Bevölkerungsentwicklung ins- ist. Dabei spielen auch Wanderungsbewegungen von Familien, bei- gesamt und die Entwicklung der nichtdeutschen Bevölkerung an- spielsweise Suburbanisierungsprozesse, d.h. die Abwanderungen hand von Indizes für den Zeitraum 1975 bis 2005 betrachtet. In von Familien aus größeren Städten in ländliche Stadtrandgebiete Abbildung 3.7 ist erkennbar, dass nicht alle Städte und Gemein- und soziale bzw. demografische Segregationsprozesse eine we- den vom Bevölkerungsverlust in den 1970er und 1980er Jahren sentliche Rolle. Auch innerhalb des Kreises Siegen-Wittgenstein – betroffen waren. Wilnsdorf, Freudenberg und Netphen konnten

Abbildung 3.7: Bevölkerungsentwicklung in den Städten und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein von 1975-2005 (Index: 1975=100)

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

32 Korrektur Familienbericht Kreis Siegen-Wittgenstein, S. 33

Abbildung 3.8: Bevölkerungsentwicklung der nicht deutschen Bevölkerung in den Städten und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein von 1975 bis 2005 (Index: 1975=100)

400 Bad Berleburg Burbach Erndtebrück 350 Freudenberg Hilchenbach

300 Kreuztal Bad Laasphe Netphen

250 Siegen Wilnsdorf

200 Index (1975=100) Index

150

100

50

1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Datenbasis: Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung Nordrhein-Westfalen (LDS) (Fortschreibung des Bevölkerungsstandes)

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich das Bevölkerungswachstum im Kreis Siegen- Wittgenstein in den 1990er Jahren offenbar besonders aus einem hohen Anteil von nichtdeutschen Zuwanderern erklärt. Auch diese Entwicklung stellt sich in den Städten und Gemeinden des Kreises aber differenziert dar. Einen besonders hohen Zuwachs an nichtdeutscher Bevölkerung findet sich in Freudenberg, Bad Laasphe und Wilnsdorf (vgl. Abbildung 3.8). Diese Zuwächse zu Beginn der 1990er Jahren setzten sich deutlich von der Entwicklung in den anderen Städten und Gemeinden ab. Zu beachten ist aber die sehr unterschiedliche Größe der Städte und Gemeinden. Betrachtet man die absoluten Bevölkerungszahlen nach Staatsangehörigkeit, wohnen in der Stadt Siegen – trotz eines vergleichsweise geringeren Zuwachses der nichtdeutschen Bevölkerung im Zeitraum von 1975 bis 2005 – im Jahr 2005 etwa die Hälfte der nichtdeutschen Bevölkerung des gesamten Kreises Siegen- Wittgenstein (etwa 12.500 nichtdeutsche Einwohner). In Freudenberg, der Stadt mit dem größten Gewinn an nichtdeutscher Bevölkerung, wohnten im Jahr 2005 insgesamt deutlich unter 1.000 nichtdeutsche Einwohner. Im Vergleich der Städte und Gemeinden innerhalb des Kreises zeigt sich für die Stadt Hilchenbach die größte Kontinuität hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung der nichtdeutschen Bevölkerung, obgleich auch hier in den 1990er Jahren ein Zuwachs zu verzeichnen war. FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

3.3 Ein Blick in die Zukunft: Bevölkerungsprognose 2006 bis 2025 Eckdaten und Parameter zur Bevölkerungsprognose Siegen-Wittgenstein Nachdem in Kapitel 3.1 deutlich wurde, dass die Siegen-Wittgen- Für den vorliegenden Familienbericht des Kreises Siegen-Witt- steiner Bevölkerung älter und bunter geworden ist, wird im vor- genstein greifen wir auf eine Bevölkerungsprognose zurück, wel- liegenden Kapitel eine Prognose gewagt, wie sich diese Merkma- che der Kreis Siegen-Wittgenstein beim Landesamt für Daten- le in der näheren Zukunft (bis 2025) entwickeln könnten. verarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS) in Auftrag gegeben hat. Gerechnet wurden drei Varianten: eine Basisvarian- Keiner von uns kann in die Zukunft sehen te und zwei Wanderungsvarianten. Wissenschaftliche Aussagen über die Zukunft sind (lediglich) An- nahmen über die Folgen der Fortdauer vergangener Entwicklun- Die Basisvariante beschreibt die voraussichtliche Bevölkerungs- gen über den gegenwärtigen Zeitpunkt hinaus. Wissenschaftli- entwicklung ausschließlich auf Basis der natürlichen Bevölke- che Bevölkerungsprognosen sind also nichts anderes als „in die rungsentwicklung. Wanderungsannahmen werden nicht be- Zukunft gerechnete Annahmen“ bzw. numerisch exakte „Wenn- rücksichtigt bzw. es wird davon ausgegangen, dass der Saldo von dann-Vermutungen“. Prognosen sollten daher grundsätzlich kri- Fort- und Zuzügen gleich Null ist. Bei der ersten Wanderungsva- tisch betrachtet werden! riante wurde auf der Grundlage des Durchschnittes der vergan- genen fünf Bestandsjahre (2001-2005) ein stagnierendes Wan- Der entscheidende Teil einer Prognose ist immer der „Wenn“- derungssaldo angenommen. Für den Kreis Siegen-Wittgenstein Teil. Die prognostizierten Daten, in diesem Falle die zukünftige bedeutet das ein Wanderungssaldo von -490. In der zweiten Bevölkerungsentwicklung, können sich tatsächlich drastisch von Wanderungsvariante wurde ein negatives, stagnierendes Wan- der faktischen Entwicklung unterscheiden, falls der „Wenn“-Teil derungssaldo von -600 angenommen. Die voraussichtliche na- (in diesem Zusammenhang die Geburtenentwicklung7 und die türliche Bevölkerungsentwicklung, also die Anzahl der Lebend- Wanderungsannahmen) sich nur geringfügig anders entwickelt geborenen und die Anzahl der Gestorbenen (sowie der daraus als angenommen. resultierende Saldo) wurde auf Basis des Bevölkerungsstandes 2005 und der natürlichen Bevölkerungsbewegungen 2003 bis Warum Prognosen? 2005 ermittelt. Wenn Prognosen Zukunftsentwürfe in Verlängerung der Vergan- genheit sind, was ist dann ihr Zweck? Sie sollen zur Bewertung Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die erste der so entworfenen Zukünfte und zum politischen Handeln auf- Wanderungsvariante. fordern. Wollen wir die erwartbare Entwicklung? Können wir die Bedingungen, unter denen sie eintreten (die „Wenn-Komponen- te“), ändern? Können wir Randbedingungen ändern? Wenn ja, welche und wie? Kann man prognostizierte Entwicklungen nicht mehr beeinflussen, so hat man immer noch die Möglichkeit, sich auf sie einzustellen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

Übersicht 3.1: Basisdaten der Bevölkerungsprognose für den Kreis Siegen-Wittgenstein

ø Bevölkerung natürlicher Wanderungs- Jahr Geburten Sterbefälle Zugezogene Fortgezogene Wanderungs- zum 31.12. Saldo saldo saldo

2005 291.372 2.366 3.026 - 660 7.109 7.946 - 837 2004 292.869 2.382 2.864 - 482 7.193 8.261 - 1.068 2003 294.420 2.561 3.077 - 516 7.389 7.858 - 469 - 490 2002 7.876 7.836 40 2001 7.781 7.900 -119

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

34 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.9: Natürliche Bevölkerungsentwicklung von 2006 bis 2025 (Parameter der Bevölkerungsprognose)

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

Als Komponenten der Bevölkerungsveränderung auf Basis der jahre entspricht. Es wird also prognostiziert, dass jedes Jahr 490 durchschnittlichen natürlichen Bevölkerungsentwicklung der Personen mehr wegziehen als zuziehen. Jahre 2003 bis 2005 wird in der Bevölkerungsprognose zu Grun- de gelegt, dass die Zahl der jährlichen Geburten von 2.427 Ge- Führen wir alle Komponenten der Bevölkerungsentwicklung zu- burten pro Jahr in 2006 bis auf 1.987 Geburten pro Jahr in 2025 sammen, addieren also die natürliche Bevölkerungsentwicklung abnimmt. Es wird prognostiziert, dass sich die jährliche Abnahme und das Wanderungssaldo, ist im ersten Prognosejahr von einem der Geburten von etwa fünf bis fünfzehn Geburten auf mehr als Bevölkerungsrückgang von über 1.000 Personen auszugehen. In 50 am Ende des Prognosezeitraums erhöht. Die Zahl der Sterbe- den letzten Jahren der Bevölkerungsprognose steigt dieser Wert fälle wird laut Prognose leicht zunehmen. bis auf 1.856 Personen jährlich an, um die die Siegen-Wittgenstei- ner Gesamtbevölkerung pro Jahr schrumpfen wird. Beides zusammen, also Geburten- und Sterbefälle gemeinsam be- trachtet, wird dementsprechend dazu führen, dass die natürliche Entwicklung der Gesamtbevölkerung Bevölkerungsentwicklung mit jedem Prognosejahr „negativer“ Entsprechend der formulierten Parameter ist davon auszugehen, ausfällt. dass die Gesamtbevölkerung Siegen-Wittgensteins bis 2025 kon- tinuierlich schrumpfen wird: von knapp 291.372 Einwohnern im In die Prognose geht aber nicht nur die natürliche Bevölkerungs- Jahr 2006 auf 264.697 Einwohner im Jahr 2025. Dies entspricht bewegung ein, sondern darüber hinaus auch die auf Basis der einer Abnahme der Bevölkerung um insgesamt mehr als 25.000 Jahre 2001 bis 2005 formulierte Wanderungsannahme. Es wird Einwohnern (-9,2 Prozent) innerhalb von 19 Jahren – also in etwa von einem stagnierenden Wanderungssaldo ausgegangen, wel- der gesamten Bevölkerung Netphens. ches mit -490 angegeben wird, was dem Durchschnitt der Basis-

35 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 3.10: Bevölkerungsentwicklung von 2006 bis 2025 (Prognose)

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

Altersaufbau reits durch die Größe der heutigen Kindergenerationen angelegt. Vergleichen wir die Altersypyramide der Prognose (2025) mit Der Anteil der Kinder und Jugendlichen wird bis 2025 um knapp dem Altersaufbau des Jahres 2005 (vgl. Abbildung 3.11): Es zeigt 4 Prozentpunkte von 18,8 auf 15 Prozent sinken. Selbst drastisch sich, dass im Jahr 2025 nicht mehr die 35- bis 50-Jährigen (also steigende Geburtenzahlen in den nächsten Jahren – unabhängig die heutigen Eltern von minderjährigen Kindern) die stärkste davon, ob eine solche Steigerung überhaupt erwartbar ist – wür- Altersgruppe stellen werden, sondern dass im Jahr 2025 genau den erst sehr langsam wieder zu einem Anstieg der (jungen) Be- diese geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre, also die dann völkerung führen. 55- bis 70-Jährigen, die stärkste Gruppe sind. Deutlich zunehmen wird auch die Gruppe der Hochbetagten (vgl. dazu auch Abbil- Abbildung 3.12 stellt für jedes Altersjahr die absoluten Zahlen dung 3.12). von 2006 den für das Jahr 2025 prognostizierten Werten direkt Die deutlich schwächer besetzte Elterngeneration der nach 1975 gegenüber. Anhand dieser Darstellung wird auf einen Blick deut- Geborenen wird zusammen mit den voraussichtlich anhaltend lich, dass die unter 55-Jährigen zahlenmäßig schwächer und die niedrigen Geburtenraten dazu führen, dass die Kindergeneration anderen Altersgruppen, insbesondere die 55- bis 65-Jährigen so- der potenziellen Elterngeneration des Jahres 2025 noch einmal wie die über 85-Jährigen, stärker vertreten sein werden. schwächer besetzt sein wird. Diese „Abwärtsspirale“ ist also be-

36 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.11: Bevölkerung nach Altersjahren 2006 und 2025 im Vergleich

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

Die „Verschiebung“ der Altersstrukturen wirkt sich auch auf die bis unter 65-Jährige und über 64-Jährige) in Zukunft entwickeln in Kapitel 3.1 angesprochenen Solidarpotenziale aus. Der Ju- werden, um Informationen zu potenziellen Bedarfsentwicklun- gendquotient sinkt deutlich, von 30,4 im Jahr 2006 auf 24,8 im gen für soziale Institutionen und Infrastruktureinrichtungen zu Jahr 2025. Der Altenquotient hingegen steigt an: Erst leicht, aber erhalten. Um abschätzen zu können, wie sich die unterschiedli- etwa ab 2015 stärker. Das bedeutet, dass der Unterstützungs- chen Bevölkerungsgruppen entwickeln, und gegebenenfalls ent- quotient – also die Summe aus Alten- und Jugendquotient – in sprechende Infrastrukturangebote anzupassen (vgl. dazu bei- den nächsten Jahren leicht sinkt, dann aber immer deutlicher an- spielsweise Kapitel 7.3), verwenden wir dabei keine Anteilswerte steigt. Es wird eine deutliche Verschiebung der zu unterstützen- (wie bei den Aussagen über informelle Solidarpotenziale), son- den Gruppe hin zu den über 64-Jährigen geben. dern wir betrachten die Entwicklung anhand der absoluten Zah- len. Wir setzen dazu den Wert für das Jahr 2006 gleich 100 und Entwicklung der Altersgliederung als Planungsvoraussetzung für führen diesen Index entsprechend der Bevölkerungsprognose für soziale Institutionen die Jahre bis 2025 fort. Abschließend soll die Frage beantwortet werden, wie sich für (soziale) Institutionen relevante Altersgruppen innerhalb der Betrachten wir diese drei Gruppen genauer: Zuerst die Gruppe drei bisher betachteten Altersgruppen (unter 18-Jährige, 18- der Kinder und Jugendlichen: Hier unterscheiden wir nicht nur

37 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 3.12: Zu-/Abnahme der Bevölkerung nach Altersjahren: 2006 und 2025 im Vergleich

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren insgesamt, sondern diffe- In der Gruppe der Volljährigen unterscheiden wir die Erwerbsfä- renzieren nach Säuglingen (unter einem Jahr), nicht schulpflich- higen (vgl. Abbildung 3.16) und die sich im Rentenalter befinden- tigen Kindern (unter sechs Jahren), Kindern im Kindergartenalter den Bevölkerungsgruppen (vgl. Abbildung 3.17). (drei bis unter sechs Jahren), Kindern im Grundschulalter (sechs bis unter 10 Jahren), schulpflichtigen Kindern insgesamt (sechs Insgesamt sinkt die Gruppe der Erwerbsfähigen bis 2015 leicht, bis unter 15 Jahren) sowie die Gruppe der Schulpflichtigen und für die Jahre danach, bis 2025, wird ein stärkerer Rückgang pro- Lehrlinge im Alter von 15 bis unter 18 Jahren. gnostiziert. Die Entwicklung der einzelnen Altersgruppen ist allerdings auch hier recht unterschiedlich. Während sich die Insgesamt wird die Gruppe der Kinder und Jugendlichen bis 2025 Gruppe der „jungen“ Erwerbsfähigen bis 2025 kontinuierlich ver- um mehr als ein Viertel abnehmen. Je älter die Kinder und Ju- ringern wird, nimmt die Gruppe der 45- bis unter 60-Jährigen bis gendlichen in der entsprechenden Altersgruppe sind, desto stär- 2018 zu, um dann im Anschluss wieder kleiner zu werden und ker wird der Rückgang ausfallen. Der Indexwert der 15- bis unter im Jahr 2023 unter den Wert von heute (2006) zu sinken. Ganz 18-jährigen Jugendlichen sinkt im Jahr 2025 auf 62. Die Gruppe anders wird sich die Gruppe der 60- bis unter 65-Jährigen ent- der Säuglinge unter einem Jahr bleibt bis etwa 2014 konstant wickeln. Nachdem diese Gruppe in den nächsten Jahren bis 2011 bzw. steigt sogar leicht, danach nimmt diese Altersgruppe aber erst einmal kleiner wird, steigt ihre Größe danach kontinuierlich auch ab. an und ist im Jahr 2025 um ein Drittel größer als heute (2006).

38 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.13: Altersstrukturquotienten von 2006 bis 2025

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

Für die Gruppe der Älteren und Hochbetagten wird bis 2025 ein Kontinuierlich und deutlich am stärksten steigt die Gruppe der deutlicher Anstieg prognostiziert. Aber auch hier gibt es deutli- über 80-Jährigen, 2025 wird der Anteil der Menschen im Alter che Unterschiede innerhalb dieser Gruppe. Für die Gruppe der von 80 Jahren und älter in Siegen-Wittgenstein um zwei Drittel 65- bis unter 70-Jährigen wird in den nächsten Jahren ein Bevöl- höher sein als heute (2006). Auch wenn nicht davon ausgegan- kerungsverlust prognostiziert, ab 2013 steigt die Anzahl dieser gen werden kann, dass der Pflegebedarf kontinuierlich mit dem Altersgruppe leicht, aber kontinuierlich an. Anteil der Hochbetagten steigt, ergeben sich aus diesen Entwick- Die Altersgruppe der 70- bis unter 75-Jährigen steigt bis 2012 an, lungen dennoch wachsende Anforderungen an eine altersge- sinkt anschließend unter das heutige Niveau und steigt dann ab rechte Infrastruktur. 2019 wieder deutlich an. Ähnlich schwankend, nur etwas zeit- versetzt, wird die Entwicklung der Bevölkerung der 75- bis unter 80-Jährigen prognostiziert. Am Ende des Prognosezeitraums ist diese Gruppe genauso stark vertreten wie heute (2005).

39 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 3.14: Entwicklung der Bevölkerung nach Altersgruppen von 2006 bis 2025

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

40 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.15: Entwicklung der Bevölkerung im Alter von unter 18 Jahren nach Altersgruppen von 2006 bis 2025

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

41 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 3.16: Entwicklung der Bevölkerung im Alter zwischen 15 und unter 65 Jahren nach Altersgruppen von 2006 bis 2025

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

42 KAPITEL 3 Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose

Abbildung 3.17: Entwicklung der Bevölkerung im Alter von über 64 Jahren nach Altersgruppen von 2006 bis 2025

Datenbasis: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS)

43 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

44 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Karte 4.1: Kleinräumige Gliederung des Kreises Siegen-Wittgenstein

46 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Nachdem im vorhergehenden Kapitel die Bevölkerungsentwick- phe mit 30,6 den niedrigsten und Burbach mit 33,4 den höch- lung des Kreises Siegen-Wittgenstein von 1975 bis heute skiz- sten Wert auf (vgl. Abbildung 4.1). Die Werte in den einzelnen ziert und der weitere Verlauf bis 2025 prognostiziert wurde, Städten und Gemeinden weichen also nur sehr geringfügig vom werden im vorliegenden Kapitel die aktuellen Bevölkerungs- kreisweiten Durchschnitt (31,8) ab. Erwartungsgemäß ist der Ju- und Familienstrukturen etwas ausführlicher und darüber hinaus gendquotient dort, wo anteilig auch die meisten Kinder und Ju- auch kleinräumig dargestellt. Kleinräumig bedeutet im Falle die- gendlichen unter sieben Jahren und / oder unter 18 Jahren leben, ses Familienberichtes, dass wir uns bei den meisten Betrachtun- am höchsten, also in Burbach, Neunkirchen und Hilchenbach. gen auf die Ebene der zehn Städte und Gemeinden im Kreis Sie- gen-Wittgenstein (ohne die Stadt Siegen) beziehen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung des Altenquo- tienten, also dem Verhältnis der über 64-Jährigen zu den 18- bis Ganz konkret interessieren uns folgende Fragen: Wie viele Sie- unter 65-Jährigen. Den höchsten Wert für den Altenquotienten gen-Wittgensteiner gibt es und wie alt sind sie? Wie viele von ih- finden wir mit 37,4 in Bad Laasphe, den niedrigsten Wert in Net- nen haben einen deutschen Pass? Wie viele Familien mit wie vie- phen mit 28,0. Gemessen an den Ergebnissen für andere Kom- len Kindern gibt es im Kreis Siegen-Wittgenstein? Diese Fragen munen (insbesondere größere Städte) ist auch dies nur eine ge- werden in Kapitel 4.1 beantwortet. In Kapitel 4.2 werden anhand ringe Variation. Bad Laasphe weist somit sowohl den höchsten zentraler Kennzahlen Stadt- und Gemeindeporträts der einzel- Altenquotienten als auch den niedrigsten Jugendquotienten auf, nen Städte und Gemeinden dargestellt, welche zusammenfas- was eine insgesamt eher ältere Bevölkerung bedeutet. In Bur- send in Kapitel 4.3 noch einmal vergleichend für den Kreis insge- bach, der Gemeinde mit dem höchsten Jugendquotienten, ist samt beschrieben werden. der Altenquotient relativ niedrig, die Bevölkerung demnach ver- gleichsweise jung. 4.1 Soziodemografische Basisdaten Addieren wir den Jugend- und den Altenquotienten, so erhalten Die zehn Städte und Gemeinden im Kreis Siegen-Wittgenstein sind wir den Unterstützungsquotienten, also die Gruppe der häufig – gemessen an der absoluten Bevölkerungszahl – unterschied- wirtschaftlich von der mittleren Generation „abhängigen“ Be- lich groß. Die Bevölkerungszahl lag zum 31.12.2005 zwischen völkerungsteile (vgl. auch Kapitel 3). Erwartungsgemäß fallen 7.669 Einwohnern in der Gemeinde Erndtebrück (hier wohnen 4,1 die Unterschiede beim Unterstützungsquotienten zwischen den Prozent aller Einwohner des Kreises) und 32.084 Einwohnern in Städten und Gemeinden ebenfalls vergleichsweise gering aus, da Kreuztal (hier wohnen 17,2 Prozent aller Einwohner des Kreises auch die Alten- und Jugendquotienten nur wenig Variation zeig- Siegen-Wittgenstein). Insgesamt lebten in den Städten und Ge- ten. Die Spannweite reicht von 58,9 in Netphen bis 68,0 in Bad meinden (ohne Siegen) etwas mehr als 186.000 Einwohner. Laasphe (vgl. Abbildung 4.1). Die niedrigsten Unterstützungs- quotienten weisen Netphen, Erndtebrück und Wilnsdorf auf, 4.1.1 Bevölkerungsstruktur des Kreises Siegen-Wittgenstein was auf eine zahlenmäßig stärker besetzte Altersgruppe der Er- werbsfähigen hinweist. Die starke Ausprägung der mittleren Ge- Knapp 20 Prozent der am 31.12.2005 im Kreis lebenden Einwoh- neration ist zumindest für Netphen und Wilnsdorf teilweise mit ner8 sind Kinder und Jugendliche im Alter von unter 18 Jahren. den hohen Bevölkerungszuwachsraten ab Mitte der 1980er Jahre Ebenfalls fast 20 Prozent der Bevölkerung sind im Rentenalter bis Mitte der 1990er Jahre in diesen Kommunen zu erklären (vgl. (65 Jahre und älter), darunter 4,2 Prozent Hochbetagte im Alter auch Kapitel 3). von 80 Jahren und älter. Der Anteil der Bevölkerung im Alter von unter 18 Jahren an der Bevölkerung insgesamt variiert zwischen den Städten und Gemeinden nur wenig und liegt zwischen 18,2 und 20,4 Prozent. Ein ähnliches Bild bietet der Anteil der unter 7- jährigen Kinder. Auch hier variieren die Werte nur zwischen 5,8 und 6,9 Prozent.

Das Verhältnis der Gruppe der unter 18-Jährigen zur Bevölkerung im Alter von 18 bis unter 65 Jahren wird durch den Jugendquo- tienten angegeben (vgl. auch Kapitel 3). Hier weist Bad Laas-

8 Bevölkerung am Ort des Hauptwohnsitzes.

47 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 4.1: Bevölkerungsstruktur im Kreis Siegen-Wittgenstein nach sozial-institutioneller Altersgliederung (Lebensabschnitte) am 31.12.2005 (ohne Stadt Siegen)

davon Kreis Siegen- Wittgenstein Alter von…bis Bevölkerungsgruppe insgesamt männlich weiblich unter…Jahren

absolut in % absolut in % absolut in %

Kleinkinder unter 3 4.659 2,5 2.409 2,6 2.250 2,4 darunter unter 1 1.447 0,8 758 0,8 689 0,7 darunter 1–unter 3 3.212 1,7 1.651 1,8 1.561 1,7 Kindergartenalter 3–6 5.214 2,8 2.640 2,9 2.574 2,7 noch nicht Schulpflichtige unter 6 9.873 5,3 5.049 5,5 4.824 5,1 Grundschulalter 6–10 8.109 4,4 4.177 4,5 3.932 4,2 Schulpflichtige 6–15 19.199 10,3 9.855 10,7 9.344 9,9 Schulpflichtige und Lehrlinge 15–18 7.250 3,9 3.802 4,1 3.448 3,7 Kinder und Jugendliche unter 18 36.322 19,5 18.706 20,4 17.616 18,7 Volljährige 18 und mehr 149.870 80,5 73.103 79,6 76.767 81,3 Erbwerbsfähige 15–65 121.386 65,2 61.894 67,4 59.492 63,0 darunter 15–45 73.346 39,4 37.783 41,2 35.563 37,7 darunter 45–60 38.323 20,6 19.303 21,0 19.020 20,2 darunter 60–65 9.717 5,2 4.808 5,2 4.909 5,2 im Rentenalter 65 und mehr 35.734 19,2 15.011 16,4 20.723 22,0 Hochbetagte 80 und mehr 7.818 4,2 2.122 2,3 5.696 6,0

Einwohner insgesamt 186.192 100,0 91.809 100,0 94.383 100,0

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

48 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 4.1: Jugend- und Altenquotienten in den Gemeinden (Unterstützungsquotient) 2005

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Abbildung 4.2: Jugend- und Altenquotienten in den Städten und Gemeinden 2005

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

49 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 4.3: Wanderungssaldo und Geburtenrate 2005

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

50 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Betrachtet man den Zusammenhang von Alten- und Jugendquo- Unterschiede: Während unter den Deutschen weniger als zwei tient für die Städte und Gemeinden im Kreis Siegen-Wittgenstein Drittel der Altersgruppe der Erwerbsfähigen angehören, sind dies im Überblick, lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang erken- unter den Nichtdeutschen mehr als drei Viertel. Grund dafür ist nen (vgl. Abbildung 4.2). Sieht man jedoch von den drei bereits die unter den Nichtdeutschen deutlich größere Gruppe der 15- bis angeführten Kommunen Netphen, Wilnsdorf und Erndtebrück unter 45-Jährigen (54,7 Prozent gegenüber 38,5 Prozent bei den (links unten) ab, erkennt man für die sieben verbleibenden Städte Deutschen). Die Anteilswerte für die Gruppe der Kinder und Ju- und Gemeinden: Je höher der Altenquotient ausfällt, umso ge- gendlichen unter 18 Jahren unterscheiden sich dagegen weniger. ringere Werte erreicht der Jugendquotient. Das ist ein deutliches Ihr gehören bei den Nichtdeutschen 21,7 Prozent, bei den Deut- Zeichen der zunehmenden Alterung für die Städte links oben in schen 19,4 Prozent an. Die Anteile der über 64-Jährigen hingegen der Abbildung, also insbesondere für Bad Laasphe und mit Abstri- unterscheiden sich wiederum erheblich: Gehört von den Bewoh- chen auch für Bad Berleburg. nern mit deutschem Pass jeder Fünfte dieser Bevölkerungsgrup- pe an, gilt dies unter den Nichtdeutschen für nur knapp fünf Pro- Interessant in diesem Zusammenhang ist die Betrachtung des zent. Die Alterung der Bevölkerung, auf die im vorangegangenen Wanderungssaldos in Kombination mit den Geburtenraten in Absatz hingewiesen wurde, erklärt sich demnach ausschließlich den Städten und Gemeinden, da dadurch etwas deutlicher wird, durch die (Über-)Alterung der deutschen Bevölkerung. wodurch die Unterschiede in den Altersstrukturen und der Bevöl- kerungsentwicklung beeinflusst werden (Abbildung 4.3).

Wie schon in Kapitel 3 erwähnt, ist Freudenberg die einzige Kom- mune, welche noch einen Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen hat. Freudenberg weist zwar eine unterdurchschnittliche Gebur- tenrate auf, verfügt jedoch als einzige Kommune im Kreis Siegen- Wittgenstein über einen deutlich positiven Wanderungssaldo. Der Bevölkerungszuwachs ist also ausschließlich auf Wande- rungsgewinne zurückzuführen. Das gilt in abgeschwächter, aber ähnlicher Weise für Bad Laasphe. In Wilnsdorf vereinen sich zu- dem Wanderungsgewinne mit einer leicht überdurchschnittli- chen Geburtenrate.

Eine hohe Geburtenrate ist zwar auch in Neunkirchen zu ver- zeichnen, aber aufgrund der sehr hohen Wanderungsverluste wirkt sich dies nicht positiv auf die Bevölkerungsentwicklung aus. In Erndtebrück, der Gemeinde mit den größten Bevölkerungsver- lusten, treffen sogar niedrige Geburtenraten und Wanderungs- verluste zusammen. Die demografischen Trends hinter der allge- meinen Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Städten und Gemeinden des Kreises sind demnach sehr unterschiedlich und müssen auch in Zukunft im Detail beobachtet werden, um eine passgenaue Entwicklungsplanung gestalten zu können9.

Wie viele Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein haben kei- nen deutschen Pass und wo wohnen sie? 10.816 Einwohner des Kreises haben keinen deutschen Pass.10 Der Anteil der Nichtdeutschen an der Bevölkerung beträgt damit 5,8 Prozent. Vergleicht man die Gruppe der nichtdeutschen Bevöl- kerung mit der der deutschen, so ergeben sich bezogen auf den gesamten Kreis für einzelne Altersgruppen zum Teil erhebliche

9 Im vorliegenden Familienbericht können diese Zusammenhänge nicht ausführlicher behandelt werden, da demografische Entwicklungen lediglich als Hintergrund der Familienentwicklung dokumentiert werden. Eine vertiefende Analyse demografischer Trends müsste auch wirtschaftliche und Arbeitsmarktentwicklungen in den Städten und Gemeinden berücksichtigen. Das kann im Rahmen des Familienberichtes nicht geleistet werden. 10 Stand: 31.12.2005

51 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 4.2: Bevölkerungsstruktur im Kreis Siegen-Wittgenstein nach sozial-institutioneller Altersgliederung (Lebensabschnitte) am 31.12.2005 nach Staatsangehörigkeit

deutsch

davon Kreis Siegen- Wittgenstein Alter von…bis Bevölkerungsgruppe insgesamt männlich weiblich unter…Jahren

absolut in % absolut in % absolut in %

Kleinkinder unter 3 4.475 2,6 2.311 2,7 2.164 2,4 darunter unter 1 1.394 0,8 728 0,8 666 0,7 darunter 1–unter 3 3.081 1,8 1.583 1,8 1.498 1,7 Kindergartenalter 3–6 4.936 2,8 2.509 2,9 2.427 2,7 noch nicht Schulpflichtige unter 6 9.411 5,4 4.820 5,6 4.591 5,1 Grundschulalter 6–10 7.457 4,3 3.850 4,5 3.607 4,0 Schulpflichtige 6–15 17.772 10,1 9.132 10,6 8.640 9,7 Schulpflichtige und Lehrlinge 15–18 6.787 3,9 3.542 4,1 3.245 3,6 Kinder und Jugendliche unter 18 33.970 19,4 17.494 20,3 16.476 18,4 Volljährige 18 und mehr 141.406 80,6 68.508 79,7 72.898 81,6 Erbwerbsfähige 15–65 112.985 64,4 57.371 66,7 55.614 62,2 darunter 15–45 67.426 38,4 34.680 40,3 32.746 36,6 darunter 45–60 36.307 20,7 18.175 21,1 18.132 20,3 darunter 60–65 9.252 5,3 4.516 5,3 4.736 5,3 im Rentenalter 65 und mehr 35.208 20,1 14.679 17,1 20.529 23,0 Hochbetagte 80 und mehr 7.7777 4,4 2.099 2,4 5.678 6,4

Einwohner insgesamt 175.376 100,0 86.002 100,0 89.374 100,0

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Bei der Interpretation der Anteilswerte für die jüngeren Alters- der tatsächliche Anteil der Bevölkerung mit Migrationshinter- gruppen ist zu beachten, dass es seit dem 1. Januar 2000 in grund u. U. ansteigt. Deutschland ein neues Staatsbürgerschaftsrecht gibt. Neu dar- an ist nicht nur die verkürzte Einbürgerungsfrist für Erwachsene, Anders als bei der Altersstruktur finden wir beim Anteil der sondern auch, dass der Ort der Geburt die Staatsangehörigkeit nichtdeutschen Bevölkerung etwas größere Unterschiede zwi- begründet (und nicht wie in der Vergangenheit das Abstam- schen den Städten und Gemeinden (vgl. Karte 4.2). Der Anteil der mungsprinzip). In Deutschland geborene Kinder von Nichtdeut- nichtdeutschen Bevölkerung insgesamt (Kartenfläche) liegt hier schen bekommen einen Doppelpass und müssen sich bis zum 23. zwischen etwa drei Prozent in Bad Berleburg, Erndtebrück und Lebensjahr für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entschei- Freudenberg und über zehn Prozent in Neunkirchen (vgl. auch den. Diese Gesetzesänderung führt dazu, dass statistisch gese- Gemeindeporträts in Kapitel 4.3). Die Farbgebung der Karte ver- hen der Anteil der Nichtdeutschen von Jahr zu Jahr sinkt, obwohl weist zudem auf eine gewisse Zweiteilung des Kreises hinsicht-

52 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

nichtdeutsch

davon Kreis Siegen- Wittgenstein Alter von…bis Bevölkerungsgruppe insgesamt männlich weiblich unter…Jahren

absolut in % absolut in % absolut in %

Kleinkinder unter 3 184 1,7 98 1,7 86 1,7 darunter unter 1 53 0,5 30 0,5 23 0,5 darunter 1– unter 3 131 1,2 68 1,2 63 1,3 Kindergartenalter 3–6 278 2,6 131 2,3 147 2,9 noch nicht Schulpflichtige unter 6 462 4,3 229 3,9 233 4,7 Grundschulalter 6–10 652 6,0 327 5,6 325 6,5 Schulpflichtige 6–15 1.427 13,2 723 12,5 704 14,1 Schulpflichtige und Lehrlinge 15–18 463 4,3 260 4,5 203 4,1 Kinder und Jugendliche unter 18 2.352 21,7 1.212 20,9 1.140 22,8 Volljährige 18 und mehr 8.464 78,3 4.595 79,1 3.869 77,2 Erbwerbsfähige 15–65 8.401 77,7 4.523 77,9 3.878 77,4 darunter 15–45 5.920 54,7 3.103 53,4 2.817 56,2 darunter 45–60 2.016 18,6 1.128 19,4 888 17,7 darunter 60–65 465 4,3 292 5,0 173 3,5 im Rentenalter 65 und mehr 526 4,9 332 5,7 194 3,9 Hochbetagte 80 und mehr 41 0,4 23 0,4 18 0,4

Einwohner insgesamt 10.816 100,0 5.807 100,0 5.009 100,0

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein. lich der Anteile der Nichtdeutschen: Nordöstlich liegen Städte Nichtdeutsche der älteren Generation leben anteilig etwas häufi- und Gemeinden mit unterdurchschnittlichen Anteilen (insbeson- ger in Kreuztal und Hilchenbach. dere Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück), im Westen und Südwesten Städte und Gemeinden mit eher mittleren bis 4.1.2 Familienhaushalte im Kreis Siegen-Wittgenstein überdurchschnittlichen Anteilen.11 21.452 der Siegen-Wittgensteiner Haushalte (ohne Haushalte in Bei den Nichtdeutschen unter 18 Jahren liegen die Anteilswer- der Stadt Siegen) sind Familienhaushalte, d.h. Haushalte mit min- te zwischen 3,1 Prozent in Freudenberg und 10,6 Prozent in Neun- destens einem Kind unter 18 Jahren. Absolut gesehen wohnen kirchen. Der Anteil der über 65 Jahre alten Nichtdeutschen ist die meisten dieser Familien in Kreuztal (3.730 Familien), gefolgt wie bereits erwähnt insgesamt gering, dennoch zeigen sich auch von Netphen mit 2.870 Familien. In Erndtebrück, der kleinsten Ge- hier schon Unterschiede zwischen den Städten und Gemeinden. meinde, wohnen auch die wenigsten Familien (858).

11 Für die Stadt Siegen sind in dieser Karte keine Angaben enthalten, aber in Kapitel 3 wurde bereits auf den hohen und in den letzten Jahrzehnten deutlich gewachsenen Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung in der Stadt hingewiesen.

53 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Karte 4.2: Nichtdeutsche Bevölkerung im Kreis Siegen-Wittgenstein nach Altersgruppen 2005

(in % der Bevölkerung und in % der jeweiligen Altersgruppe, 31.12.2005) Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

54 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Karte 4.3: Anteil der Familienhaushalte an den Haushalten insgesamt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

55 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 4.4: Familien in den Städten und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein 2005

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Wo leben welche Familien? Wie viele Kinder haben die Siegen-Wittgensteiner Familien? Betrachtet man die relativen Anteile der Familienhaushalte an al- Mit 47 Prozent ist fast jede zweite Siegen-Wittgensteiner Familie len Familien in der jeweiligen Region, ergibt sich für den Kreis ins- eine Ein-Kind-Familie. In 40 Prozent der Familien leben zwei Kin- gesamt ein Anteil von knapp 21 Prozent. D.h. lediglich in jedem der unter 18 Jahren und nur in 13 Prozent der Familien leben drei fünften Haushalt des Kreises leben (noch) Kinder unter 18 Jah- und mehr Kinder (vgl. Abbildung 4.5). ren (vgl. Karte 4.3). Die Werte zwischen den Städten und Gemein- den variieren kaum: Burbach weist mit 21,5 Prozent den höchsten Da im Kreis Siegen-Wittgenstein der weitaus größere Anteil der Wert auf, Bad Laasphe mit 19,0 Prozent den niedrigsten. Familien Paarfamilien sind, finden sich für Paarfamilien nur mar- ginal andere Verteilungen hinsichtlich der Anzahl der Kinder, wie Unterschiede zwischen den zehn Städten und Gemeinden fallen für Familien insgesamt. Erwartungsgemäß ist der Anteil der al- aber bei der Betrachtung der Alleinerziehenden und kinderrei- leinerziehenden Mütter und Väter mit mehr als einem Kind unter chen Haushalte auf. Beides sind Familienformen, die zwar nicht 18 Jahren deutlich kleiner als bei den Paarhaushalten. Während per se benachteiligt sind, die jedoch unbestritten häufiger auf unter den Paaren 43 Prozent zwei Kinder und 14 Prozent drei und Unterstützung angewiesen sind mehr Kinder haben, trifft dies bei den Alleinerziehenden für nur ein Viertel (zwei Kinder) bzw. sechs Prozent (drei und mehr Kin- Die Anteile der Alleinerziehenden liegen kreisweit zwischen 14,3 der) zu (vgl. Abbildung 4.6). Mehr als zwei Drittel der Alleinerzie- Prozent (in Wilnsdorf) und 19,1 Prozent (in Kreuztal), die Antei- henden leben mit „nur“ einem Kind zusammen (gegenüber 43 le der kinderreichen Haushalte variieren zwischen 11,4 Prozent Prozent bei den Paaren). (in Bad Berleburg und Netphen) und 14,9 Prozent (in Neunkir- chen) (vgl. auch Gemeindeporträts in Kapitel 4.3). Obwohl auch diese Abweichungen verglichen mit kleinräumigen Disparitäten in kreisfreien Städten eher geringer sind, sollten familien- und sozialpolitische Angebote vor Ort diese Unterschiede in den Fa- milienstrukturen der Städte und Gemeinden berücksichtigen. In Kreuztal sind demnach mehr Angebote für Alleinerziehende gefragt und in Neunkirchen sollten Kinderreiche stärker als Ziel- gruppe angesprochen werden.

56 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 4.5: Familien nach Anzahl der Kinder unter 18 Jahren und Abbildung 4.6: Paare und Alleinerziehende nach Anzahl der Kinder unter 18 Jahren

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

4.2 Stadt- und Gemeindeporträts oder unterdurchschnittlich) werden zudem durch einen Pfeil ge- kennzeichnet (entspricht der Wert für die jeweilige Stadt bzw. Um eine möglichst kompakte Übersicht über die Städte und Ge- Gemeinde dem Kreisdurchschnitt, wurde ein Strich (-) eingefügt). meinden des Kreises Siegen-Wittgenstein bieten zu können, wer- den im Folgenden zentrale Kennzahlen der einzelnen Städte und Ergänzt werden die bereits angeführten Kennzahlen durch den Ju- Gemeinden in Stadt- und Gemeindeporträts dargestellt. Es han- gend-, den Alten- und den Unterstützungsquotienten12 sowie den delt sich dabei um Kennzahlen, die ein Bild zu Bevölkerungs- und Saldo aus Geburten und Sterbefällen und den Wanderungssaldo. Familienstrukturen vermitteln, und die zudem Relevanz in Bezug auf familienpolitische Entscheidungen besitzen.

Neben allgemeinen soziodemografischen Basisdaten, wie der Ein- wohnerzahl und der Anzahl der nichtdeutschen Bevölkerung in der jeweiligen Gemeinde, wird die Anzahl der Familienhaushalte mit Kindern, der Alleinerziehenden und der kinderreichen Fami- lienhaushalte dargestellt (linke Spalte). Neben diesen absoluten Zahlen sind auch die entsprechenden Anteile angeführt (mittlere Spalte). Außerdem werden die Anteile der Einwohnerzahl insge- samt und der nichtdeutschen Einwohner der Gemeinde an denen des gesamten Kreises (inkl. Siegen) berechnet.

Der Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt stellt dar, wie viel Prozent der Einwohner in der jeweiligen Ge- meinde keinen deutschen Pass besitzen. Um einschätzen zu kön- nen, ob es sich bei diesen Anteilen im Kreisvergleich um hohe oder niedrige Werte handelt, ist schließlich auch der jeweilige kreiswei- te Durchschnitt angegeben (rechte Spalte). Die Relationen (über-

57 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Bad Berleburg

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 20.914 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 7,2

Nichtdeutsche insgesamt 663 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 2,6 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 3,2 i 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 1.370 Anteil der unter 7-Jährigen 6,6 h 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 3.969 Anteil der unter 18-Jährigen 19,0 i 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 153 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 3,9 i 6,5

Familienhaushalte 2.388 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 20,0 i 20,6

kinderreiche Familien 272 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 11,4 i 12,8

Alleinerziehende 419 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 17,5 h 16,7

In Bad Berleburg leben mit knapp 21.000 Einwohnern 7,2 Prozent Der Anteil Nichtdeutscher ist in Bad Berleburg mit 3,2 Prozent nur der Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein. Von den zehn be- etwas mehr als halb so hoch wie im gesamten Kreis Siegen-Witt- trachteten Städten und Gemeinden ist Bad Berleburg damit die genstein. Entsprechend leben nur 2,6 Prozent der nichtdeutschen kleinste der vier Kommunen mit über 20.000 Einwohnern. Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein in Bad Berleburg. Der Anteil der unter 18-jährigen Nichtdeutschen an den unter 18-Jäh- Der Anteil der unter 7-Jährigen liegt in Bad Berleburg geringfügig rigen insgesamt liegt mit 3,9 Prozent ebenfalls deutlich unterhalb über, der der unter 18-Jährigen geringfügig unter dem Kreisdurch- des Kreisdurchschnittes. schnitt, wobei die Variation dieser Werte innerhalb des Kreises ins- gesamt recht gering ist. Der Jugendquotient ist dementsprechend Die Geburtenrate liegt mit 8,6 Lebendgeborenen auf 1.000 Ein- ebenfalls etwas geringer als im Kreisdurchschnitt. Auf 100 18- bis wohner über dem Kreisdurchschnitt von acht Lebendgeborenen. 64-Jährige kommen in Bad Berleburg 31,3 unter 18-Jährige, im Der Saldo aus Geburten- und Sterbefällen betrug für das Jahr 2005 Kreis sind es 31,8. Der Altenquotient liegt mit 33,6 dagegen etwas -74 und ergibt zusammen mit dem negativen Wanderungssaldo über dem Kreisdurchschnitt von 31,3. Ähnliches gilt für den Unter- von -127 einen vergleichsweise hohen Bevölkerungsrückgang für stützungsquotienten. die Stadt Bad Berleburg.

Insgesamt ist Bad Berleburg damit etwas weniger durch Familien ge- prägt als der Kreis insgesamt. Dabei weist die Familienstruktur einen etwas geringeren Anteil kinderreicher Familien (11,4 Prozent gegen- über 12,8 Prozent im Kreis) und einen etwas höheren Anteil Alleiner- ziehender (17,7 Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) auf.

58 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

59 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Gemeindeporträt Burbach

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 15.226 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 5,3

Nichtdeutsche insgesamt 1.159 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 4,6 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 7,6 h 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 1.051 Anteil der unter 7-Jährigen 6,9 h 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 3.112 Anteil der unter 18-Jährigen 20,4 h 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 268 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 8,6 h 6,5

Familienhaushalte 1.792 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 21,5 h 20,6

kinderreiche Familien 259 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 14,5 h 12,8

Alleinerziehende 274 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 15,3 i 16,7

Burbach hat etwa 15.200 Einwohner, was 5,3 Prozent der Einwoh- Kreis) und einen etwas geringeren Anteil Alleinerziehender (15,3 ner des Kreises Siegen-Wittgenstein entspricht. Von den zehn be- Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) auf. trachteten Städten und Gemeinden liegt Burbach in einer Rang- folge der Gemeindegröße an siebter Stelle und gehört zur Gruppe Der Anteil Nichtdeutscher ist in Burbach mit 7,6 Prozent um fast der fünf Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl zwischen 14.300 zwei Prozentpunkte höher als im Kreisdurchschnitt. 4,6 Prozent und 18.300. der nichtdeutschen Einwohner des Kreises leben in Burbach, das sind fast 1.200 Einwohner. Auch der Anteil der unter 18-jährigen Sowohl der Anteil der unter 7-Jährigen als auch der der unter 18- Nichtdeutschen an den unter 18-Jährigen insgesamt erreicht mit Jährigen befindet sich in Burbach etwas über dem Kreisdurch- 8,6 Prozent Werte über dem Kreisdurchschnitt. schnitt. Der Jugendquotient liegt dementsprechend ebenso über dem des Kreises. Auf 100 18- bis 65-Jährige kommen in Burbach Die Geburtenrate ordnet sich mit 8,6 Lebendgeborenen auf 1.000 33,4 unter 18-Jährige, im Kreis Siegen-Wittgenstein sind es 31,8. Einwohner über dem Kreisdurchschnitt von acht Lebendgebore- Der Altenquotient dagegen liegt – wie auch der Unterstützungs- nen ein. Der Saldo aus Geburten- und Sterbefällen beträgt für das quotient – etwas unter dem Kreisdurchschnitt. Jahr 2005 +5, ergab jedoch zusammen mit dem negativen Wande- rungssaldo von -80 einen Bevölkerungsrückgang für die Gemeinde Insgesamt ist Burbach etwas stärker durch Familien geprägt als Burbach. der Kreis insgesamt: 21,5 Prozent aller Haushalte in Burbach sind Familienhaushalte, im Kreisdurchschnitt sind es 20,6 Prozent. Die Familienstruktur in Burbach weist dabei einen höheren Anteil von kinderreichen Familien (14,5 Prozent gegenüber 12,8 Prozent im

60 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

61 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Gemeindeporträt Erndtebrück

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 7.669 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 2,6

Nichtdeutsche insgesamt 241 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 0,9 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 3,1 i 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 450 Anteil der unter 7-Jährigen 5,9 i 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 1.466 Anteil der unter 18-Jährigen 19,1 i 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 47 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 3,2 i 6,5

Familienhaushalte 858 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 19,9 i 20,6

kinderreiche Familien 119 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 13,9 h 12,8

Alleinerziehende 151 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 17,6 h 16,7

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erndtebrück ist mit cirka 7.700 Einwohnern die kleinste der betrach- Der Anteil Nichtdeutscher erreicht in Erndtebrück mit 3,1 Prozent teten Gemeinden im Kreis Siegen-Wittgenstein. Anteilig leben hier nur knapp die Hälfte des Anteils des Kreises Siegen Wittgenstein nur 2,6 Prozent der Einwohner des Kreises. insgesamt. Nur 0,9 Prozent der nichtdeutschen Einwohner des Krei- ses Siegen-Wittgenstein leben in Erndtebrück. Der Anteil der unter Der Anteil der unter 7-Jährigen sowie der Anteil der unter 18-Jäh- 18-jährigen Nichtdeutschen an den unter 18-Jährigen insgesamt rigen liegen in Erndtebrück nur sehr geringfügig unter dem Kreis- ist mit 3,2 Prozent ebenfalls nur halb so hoch wie im Kreisdurch- durchschnitt. Erndtebrück gehört zu den drei Gemeinden, in denen schnitt. sowohl der Jugendquotient (30,7) als auch der Altenquotient (29,8) unter dem Kreisdurchschnitt (31,8 bzw. 31,3) liegen (vgl. auch Ka- Die Geburtenrate liegt in Erndtebrück mit 7 Lebendgeborenen auf pitel 4.1). Dementsprechend weist auch der Unterstützungsquoti- 1.000 Einwohner unter dem Kreisdurchschnitt von acht Lebendge- ent mit 60,5 Prozent einen Wert deutlich unterhalb des Kreisdurch- borenen. Zwar lag der Saldo aus Geburten- und Sterbefällen im Jahr schnittes auf. 2005 bei 0, da jedoch auch die Gemeinde Erndtebrück einen negati- ven Wanderungssaldo zu verzeichnen hatte (-74), ergab sich daraus Insgesamt ist Erndtebrück etwas weniger durch Familien geprägt ein Bevölkerungsrückgang. als der Kreis, obwohl die Anteile der kinderreichen Familien (13,9 Prozent gegenüber 12,8 Prozent im Kreis) und Alleinerziehender (17,6 Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) jeweils über dem Kreisdurchschnitt liegen.

62 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

63 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Freudenberg

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 18.352 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 6,3

Nichtdeutsche insgesamt 578 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 2,3 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 3,1 i 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 1.196 Anteil der unter 7-Jährigen 6,5 h 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 3.649 Anteil der unter 18-Jährigen 19,9 h 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 113 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 3,1 i 6,5

Familienhaushalte 2.105 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 20,5 – 20,6

kinderreiche Familien 285 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 13,5 h 12,8

Alleinerziehende 331 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 15,7 i 16,7

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Freudenberg hat etwa 18.300 Einwohner, das sind 6,3 Prozent der leinerziehender (15,7 Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis). Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein. Von den zehn betrach- teten Städten und Gemeinden ist Freudenberg die größte in der Der Anteil Nichtdeutscher ist in Freudenberg mit 3,1 Prozent nur et- Gruppe mit 14.300 bis 18.300 Einwohnern und liegt kreisweit auf was mehr als halb so hoch wie im gesamten Kreis Siegen Wittgen- dem fünften Platz. stein. Damit leben 2,3 Prozent der nichtdeutschen Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein in Freudenberg, was absolut nur 578 In Freudenberg befindet sich sowohl derAnteil der unter 7-Jährigen Personen entspricht. Erwartungsgemäß fällt damit auch der Anteil als auch der Anteil der unter 18-Jährigen nur sehr geringfügig über der unter 18-jährigen Nichtdeutschen an den unter 18-Jährigen ins- dem Kreisdurchschnitt. Der Jugendquotient liegt dementsprechend gesamt mit 3,1 Prozent unterdurchschnittlich aus. ebenfalls leicht oberhalb des kreisweiten Schnitts: Auf 100 18- bis 65-Jährige kommen in Freudenberg 32,2 unter 18-Jährige, im Kreis Obwohl die Geburtenrate in Freudenberg mit 7,6 Lebendgeborenen sind es 31,8. Dagegen liegen der Altenquotient (29,7) und der Un- auf 1.000 Einwohner unterhalb des Kreisdurchschnittes von acht terstützungsquotient (61,9) etwas deutlicher unter dem Kreisdurch- Lebendgeborenen liegt, ist Freudenberg die einzige Kommune im schnitt (31,3 bzw. 63,1). Kreis, die in den letzten Jahren ein Bevölkerungswachstum zu ver- zeichnen hatte und die aktuell fast keinen Rückgang der Bevölke- Obwohl Freudenberg insgesamt den gleichen Anteil von Familien- rung verzeichnet. Ausschlaggebend ist hierfür, dass Freudenberg haushalten an allen Haushalten aufweist wie im Kreisdurchschnitt, als einzige Kommune im Kreis einen positiven Wanderungssaldo ist die Familienstruktur unterschiedlich ausgeprägt: Freudenberg verzeichnen konnte, der dem Saldo aus Geburten- und Sterbefällen hat einen höheren Anteil von kinderreichen Familien (13,5 Prozent quasi entsprach. gegenüber 12,8 Prozent im Kreis) und einen geringeren Anteil Al-

64 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

65 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Hilchenbach

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 16.391 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 5,7

Nichtdeutsche insgesamt 1.098 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 4,3 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 6,7 h 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 1.003 Anteil der unter 7-Jährigen 6,1 i 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 3.231 Anteil der unter 18-Jährigen 19,7 h 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 248 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 7,7 h 6,5

Familienhaushalte 1.913 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 20,9 h 20,6

kinderreiche Familien 241 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 12,6 i 12,8

Alleinerziehende 332 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 17,4 h 16,7

In Hilchenbach leben 16.400 Personen, was 5,7 Prozent der Einwoh- des Kreises leben hier, das sind 1.100 Einwohner. Der Anteil der un- ner des Kreises Siegen-Wittgenstein ausmacht. Von den betrachte- ter 18-jährigen Nichtdeutschen an den unter 18-Jährigen insgesamt ten zehn Städten und Gemeinden nimmt damit Hilchenbach in ei- liegt mit 7,7 Prozent über dem Kreisdurchschnitt. Absolut sind 248 ner Rangfolge der Bevölkerungszahl eine mittlere Position ein. der 1.100 Einwohner Hilchenbachs ohne deutschen Pass unter 18 Jahre alt. Sowohl der Anteil der unter 7-Jährigen als auch der der unter 18- Jährigen weichen nur geringfügig vom Kreisdurchschnitt ab. Der Die Geburtenrate liegt mit 7,4 Lebendgeborenen auf 1.000 Einwoh- Anteil der unter 7-Jährigen liegt 0,2 Prozentpunkte unter, der der ner unter dem Kreisdurchschnitt von acht Lebendgeborenen, der unter 18-Jährigen 0,2 Prozentpunkte über dem kreisweiten Schnitt. Saldo aus Geburten- und Sterbefällen war für das Jahr 2005 -61 und Dennoch liegt der Jugendquotient mit 32,7 deutlicher oberhalb des ergab zusammen mit dem negativen Wanderungssaldo von -86 ei- Kreisdurchschnittes von 31,8. Auch der Alten- und der Unterstüt- nen Bevölkerungsrückgang für die Stadt Hilchenbach. zungsquotient sowie die Anteile der Familienhaushalte übertreffen in Hilchenbach die kreisweiten Anteile. Dabei weist die Familien- struktur in Hilchenbach einen höheren Anteil von Alleinerziehen- den (17,4 Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) und einen ge- ringeren Anteil kinderreicher Familien (12,6 Prozent gegenüber 12,8 Prozent im Kreis) auf.

Mit 6,7 Prozent ist der Anteil Nichtdeutscher in Hilchenbach höher als im Kreisdurchschnitt. 4,3 Prozent der nichtdeutschen Einwohner

66 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

67 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Kreuztal

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 32.084 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 11,1

Nichtdeutsche insgesamt 2.741 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 10,8 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 8,5 h 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 2.093 Anteil der unter 7-Jährigen 6,5 h 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 6.312 Anteil der unter 18-Jährigen 19,7 h 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 611 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 9,7 h 6,5

Familienhaushalte 3.730 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 20,8 h 20,6

kinderreiche Familien 481 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 12,9 h 12,8

Alleinerziehende 713 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 19,1 h 16,7

Kreuztal ist mit über 32.000 Einwohnern die größte der von uns be- höher als im gesamten Kreis Siegen-Wittgenstein. Damit leben fast trachteten Kommunen. In der Stadt leben 11,1 Prozent der Einwoh- elf Prozent der nichtdeutschen Einwohner des Kreises Siegen-Witt- ner des Kreises Siegen-Wittgenstein. genstein in Kreuztal, das sind fast 2.750 Menschen mit nichtdeut- schem Pass. Nahezu zehn Prozent der unter 18-Jährigen haben kei- Ähnlich wie beispielsweise auch in Freudenberg liegt der Anteil der nen deutschen Pass. Das liegt deutlich über dem Kreisniveau und ist unter 7-Jährigen und der Anteil der unter 18-Jährigen in Kreuztal ge- hinter Neunkirchen der zweithöchste Wert. ringfügig über dem Kreisdurchschnitt. Der Jugendquotient ist dem- entsprechend (ebenso wie der Altenquotient) ebenfalls geringfügig Die Geburtenrate liegt mit 8,4 Lebendgeborenen auf 1.000 Einwoh- höher als im Kreisdurchschnitt: Auf 100 18- bis 65-Jährige kommen ner über dem Kreisdurchschnitt von acht Lebendgeborenen. Der Sal- in Kreuztal 32,3 unter 18-Jährige, im Kreis sind es 31,8. do aus Geburten- und Sterbefällen war für das Jahr 2005 -29 und ergab zusammen mit dem hohen negativen Wanderungssaldo von Insgesamt kann man sagen, dass Kreuztal in etwa die gleiche Fami- -74 einen Bevölkerungsrückgang für die Stadt Kreuztal. lienprägung wie der Kreis insgesamt aufweist. Während im Kreis in 20,6 Prozent der Haushalte Kinder leben, trifft dies in Kreuztal für 20,8 Prozent der Haushalte zu. Dabei weist die Familienstruktur in Kreuztal den gleichen Anteil von kinderreichen Familien (12,9 Pro- zent gegenüber 12,8 Prozent im Kreis) und den höchsten Anteil Al- leinerziehender (19,1 Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) auf.

Der Anteil Nichtdeutscher ist in Kreuztal mit 8,5 Prozent deutlich

68 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

69 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Bad Laasphe

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 15.078 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 5,2

Nichtdeutsche insgesamt 641 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 2,5 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 4,3 i 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 938 Anteil der unter 7-Jährigen 6,2 i 6,3 unter 18-jährige insgesamt 2.747 Anteil der unter 18-Jährigen 18,2 i 19,5

unter 18-Jährige Nichtdeutsche 136 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 5,0 i 6,5

Familienhaushalte 1.652 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 20,8 h 20,6

kinderreiche Familien 203 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 12,3 i 12,8

Alleinerziehende 302 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 18,3 h 16,7

Bad Laasphe gehört mit 15.000 Einwohnern, das sind 5,2 Prozent Der Anteil Nichtdeutscher ist in Bad Laasphe mit 4,3 Prozent niedri- der Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein, zur Gruppe der ger als im Kreisdurchschnitt, dementsprechend liegt der Anteil der fünf Gemeinden mit zwischen 14.300 und 18.300 Einwohnern. unter 18-jährigen Nichtdeutschen an den unter 18-Jährigen insge- samt mit fünf Prozent auch unter dem Kreisdurchschnitt. Die 640 Der Anteil der unter 7-Jährigen entspricht dem Kreisniveau von 6,3 Einwohner Bad Laasphes ohne deutschen Pass machen 2,5 Prozent Prozent. Der Anteil der unter 18-Jährigen liegt mit 18,2 Prozent un- aller im Kreis lebenden Nichtdeutschen aus. ter dem Kreisdurchschnitt von 19,5 Prozent. Entsprechend liegt der Jugendquotient mit 30,6 etwas unter dem Kreisniveau von 31,8. Die Geburtenrate liegt mit 7,1 Lebendgeborenen auf 1.000 Einwoh- Der Altenquotient in Bad Laasphe ist mit 37,4 der höchste im Kreis ner unter dem Kreisdurchschnitt von acht Lebendgeborenen, der Siegen-Wittgenstein und liegt, berücksichtigt man die geringen Va- Saldo aus Geburten- und Sterbefällen war für das Jahr 2005 -97 und riationen der Kennzahlen im Allgemeinen, doch deutlich über dem ergab trotz eines ausgleichenden, leicht positiven Wanderungssal- Kreisdurchschnitt. dos einen Bevölkerungsrückgang für die Stadt Bad Laasphe.

Insgesamt kann man sagen, dass Bad Laasphe in etwa die gleiche Familienprägung wie der Kreis aufweist. Dabei ist die Familien- struktur in Bad Laasphe durch einen geringfügig niedrigeren An- teil kinderreicher Familien (12,3 Prozent gegenüber 12,8 Prozent im Kreis) und einen etwas höheren Anteil Alleinerziehender (18,3 Pro- zent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) gekennzeichnet.

70 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

71 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Netphen

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 24.603 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 8,5

Nichtdeutsche insgesamt 1.392 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 5,5 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 5,7 i 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 1.470 Anteil der unter 7-Jährigen 6,0 i 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 4.777 Anteil der unter 18-Jährigen 19,4 i 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 302 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 6,3 i 6,5

Familienhaushalte 2.870 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 21,0 h 20,6

kinderreiche Familien 327 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 11,4 i 12,8

Alleinerziehende 443 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 15,4 i 16,7

In Netphen leben mit knapp 24.600 Einwohnern 8,5 Prozent der Insgesamt ist Netphen etwas mehr durch Familien geprägt als der Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein. Von den in diesem Kreis insgesamt. Dabei weist die Familienstruktur in Netphen so- Familienbericht betrachteten zehn kreisangehörigen Städten und wohl einen etwas geringeren Anteil von kinderreichen Familien Gemeinden gehört Netphen zur Gruppe der vier Kommunen mit (11,4 Prozent gegenüber 12,8 Prozent im Kreis) als auch einen et- über 20.000 Einwohnern, wobei nur Kreuztal mit 32.000 Einwoh- was geringeren Anteil Alleinerziehender (15,4 Prozent gegenüber nern deutlich größer ist. 16,7 Prozent im Kreis) auf.

Der Anteil der unter 7-Jährigen liegt in Netphen geringfügig un- Der Anteil Nichtdeutscher ist in Netphen mit 5,7 Prozent nahe- ter dem Kreisniveau. Der Anteil der unter 18-Jährigen entspricht zu identisch mit dem Kreisdurchschnitt. Damit leben 5,5 Prozent dem Kreisdurchschnitt, wobei die Variation bei diesen Werten ins- der nichtdeutschen Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein in gesamt recht gering ist, vor allem im Vergleich zu anderen Kreisen. Netphen. Der Anteil der unter 18-jährigen Nichtdeutschen an den Der Jugendquotient ist entsprechend ebenfalls geringfügig niedri- unter 18-Jährigen insgesamt liegt mit sechs Prozent auch nicht ger als der Kreisdurchschnitt. Auf 100 18- bis 65-Jährige kommen wesentlich unter dem Kreisdurchschnitt. in Netphen 30,8 unter 18-Jährige, im Kreis insgesamt sind es 31,8. Auch der Altenquotient liegt mit 28 unter dem Kreisdurchschnitt Die Geburtenrate ist mit 6,9 Lebendgeborenen auf 1.000 Einwoh- von 31,3. Netphen gehört demnach zu den Kommunen, die sowohl ner im Vergleich zu den anderen Gemeinden des Kreises und zum einen unterdurchschnittlichen Jugend- als auch Altenquotienten Durchschnitt sehr gering. Der Saldo aus Geburten- und Sterbefäl- aufweisen. In der Summe ergibt sich ein Unterstützungsquoti- len betrug für das Jahr 2005 -42 und ergibt zusammen mit dem ent von 58,8, das heißt, auf 100 18- bis unter 65-Jährige kommen hohen negativen Wanderungssaldo von -134 einen Bevölkerungs- „nur“ 58,8 Mitglieder aus den von dieser „mittleren“ Schicht, wirt- rückgang für die Stadt Netphen. schaftlich und sozial abhängigen Bevölkerungsgruppen der unter 18-Jährigen und über 65-Jährigen.

72 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

73 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Neunkirchen

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 14.384 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 5,0

Nichtdeutsche insgesamt 1.509 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 5,9 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 10,5 h 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 910 Anteil der unter 7-Jährigen 6,3 – 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 2.875 Anteil der unter 18-Jährigen 20,0 h 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 305 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 10,6 h 6,5

Familienhaushalte 1.676 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 21,1 h 20,6

kinderreiche Familien 250 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 14,9 h 12,8

Alleinerziehende 263 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 15,7 i 16,7

Neunkirchen gehört mit knapp 14.400 Einwohnern, das sind fünf höchste im Kreis. Dementsprechend liegt der Anteil der unter 18- Prozent der Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein, zur Grup- jährigen Nichtdeutschen an den unter 18-Jährigen insgesamt mit pe der fünf Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl zwischen 10,6 Prozent ebenfalls deutlich über dem Kreisdurchschnitt. Die 14.300 und 18.300 Einwohnern. 1.509 Einwohner Neunkirchens ohne deutschen Pass machen also trotz der nur mittleren Größe Neunkirchens 5,9 Prozent aller im Der Anteil der unter 7-Jährigen entspricht dem Kreisniveau von Kreis lebenden Nichtdeutschen aus. 6,3 Prozent. Der Anteil der unter 18-Jährigen liegt mit 20,0 Pro- zent über dem Kreisdurchschnitt von 19,5 Prozent. Entsprechend Die Geburtenrate liegt mit 8,2 Lebendgeborenen auf 1.000 Ein- ordnet sich auch der Jugendquotient mit 32,9 etwas über dem wohner nur geringfügig über dem Kreisdurchschnitt von acht Le- Kreisniveau von 31,8 ein. Auch der Altenquotient weicht in Neun- bendgeborenen, der Saldo aus Geburten- und Sterbefällen war für kirchen mit 31,8 nur geringfügig vom Kreisdurchschnitt ab. das Jahr 2005 -37 und ergab zusammen mit dem ebenfalls nega- tiven Wanderungssaldo von -114 einen Bevölkerungsrückgang für Neunkirchen weist einen nur geringfügig höheren Anteil von Fa- die Gemeinde Neunkirchen. milienhaushalten an allen Haushalten auf. Das heißt, in 21,1 Pro- zent der Neunkirchener Haushalte leben Kinder, im Kreis sind es 20,6 Prozent. Dabei weist die Familienstruktur in Neunkirchen ei- nen etwas höheren Anteil von kinderreichen Familien (14,9 Pro- zent gegenüber 12,8 Prozent im Kreis) und einen geringfügig nied- rigeren Anteil Alleinerziehender (15,7 Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) auf.

Der Anteil Nichtdeutscher ist in Neunkirchen mit 10,5 Prozent der

74 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

75 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Stadtporträt Wilnsdorf

ø Absolut Anteile Kreis

Einwohnerzahl insgesamt 21.491 Anteil an der Einwohnerzahl des Kreises (inkl. Siegen) 7,4

Nichtdeutsche insgesamt 794 Anteil an allen Nichtdeutschen des Kreises (inkl.Siegen) 3,1 Anteil der Nichtdeutschen an der Einwohnerzahl insgesamt 3,7 i 5,8

unter 7-Jährige insgesamt 1.333 Anteil der unter 7-Jährigen 6,2 i 6,3 unter 18-Jährige insgesamt 4.184 Anteil der unter 18-Jährigen 19,5 – 19,5

unter 18-jährige Nichtdeutsche 169 Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jährigen insgesamt 4,0 i 6,5

Familienhaushalte 2.468 Anteil der Familienhaushalte mit Kindern unter 18 Jahren an allen Haushalten 20,8 h 20,6

kinderreiche Familien 313 Anteil kinderreicher Familien an allen Familienhaushalten 12,7 i 12,8

Alleinerziehende 353 Anteil Alleinerziehender an allen Familienhaushalten 14,3 i 16,7

In Wilnsdorf leben mit knapp 21.500 Einwohnern 7,4 Prozent der Der Anteil Nichtdeutscher ist in Wilnsdorf mit 3,7 Prozent etwas Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein. Von den betrachteten niedriger als im Kreisdurchschnitt. Es leben 3,1 Prozent der nicht- kreisangehörigen Städten und Gemeinden gehört Wilnsdorf ne- deutschen Einwohner des Kreises Siegen-Wittgenstein in Wilns- ben Kreuztal, Netphen und Bad Berleburg zur Gruppe der vier grö- dorf. Entsprechend liegt auch der Anteil der unter 18-jährigen ßeren Kommunen mit über 20.000 Einwohnern. Nichtdeutschen unter dem Kreisdurchschnitt.

Sowohl der Anteil der unter 7-Jährigen als auch der Anteil der un- Die Geburtenrate liegt mit 8,2 Lebendgeborenen auf 1.000 Ein- ter 18-Jährigen entspricht in Wilnsdorf dem Kreisdurchschnitt, wohner geringfügig über dem Kreisdurchschnitt von acht Lebend- wobei die Variation bei diesen Werten insgesamt recht gering ist. geborenen, der Saldo aus Geburten- und Sterbefällen lag für das Der Jugendquotient liegt ebenfalls nur geringfügig unter Kreisni- Jahr 2005 bei nur -27 und ergab zusammen mit dem ausgegliche- veau. Auf 100 18- bis 65-Jährige kommen in Wilnsdorf 31,2 unter nen Wanderungssaldo zwar einen Bevölkerungsrückgang für die 18-Jährige, im Kreis sind es 31,8. Der Altenquotient erreicht mit Gemeinde Wilnsdorf, jedoch nicht so ausgeprägt wie in den ande- 29,2 ebenfalls einen Wert unter dem Kreisdurchschnitt von 31,3. ren Gemeinden des Kreises (mit Ausnahme von Freudenberg). Wilnsdorf gehört zu den Gemeinden, bei denen sowohl der Jugend- als auch der Altenquotient unter dem Kreisdurchschnitt liegen.

Insgesamt ist Wilnsdorf in etwa in gleicher Weise wie der gesam- te Kreis durch Familien geprägt. Dabei weist die Familienstruktur in Wilnsdorf einen dem Kreisdurchschnitt gleichen Anteil von kin- derreichen Familien, aber einen etwas niedrigeren Anteil Alleiner- ziehender (14,3 Prozent gegenüber 16,7 Prozent im Kreis) auf.

76 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Kreisdurchschnitt

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

Erläuterung

• Der Altenquotient (über 65-Jährige auf 100 18- bis unter 65-Jährige) zeigt das Ausmaß der demografischen Alterung an. • Der Jugendquotient gibt die Anzahl der (zumeist wirtschaftlich und sozial abhängigen) Kinder und Jugendlichen auf 100 Erwachsene im Alter von 18 bis unter 65 Jahren an. • Der Unterstützungsquotient ist die Summe aus dem Jugend- und dem Altenquotienten. • Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ergibt sich aus den Lebendgeborenen abzüglich der Sterbefälle des Kalenderjahres. • Der Wanderungssaldo ergibt sich aus den Zuzügen abzüglich der Fortzüge des Kalenderjahres.

77 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

4.3 Die Städte und Gemeinden auf einen Blick Familien. Mit einem Anteil von fast 15 Prozent kinderreicher Fa- milien an allen Familien liegt Neunkirchen mehr als zwei Prozent- Im vorliegenden Abschnitt werden die in Kapitel 4.2 in den ein- punkte über dem Kreisdurchschnitt und 3,6 Prozentpunkte über zelnen Gemeindeporträts vorgestellten Ergebnisse noch einmal Bad Berleburg, wo nur 11,4 Prozent der Familien kinderreiche aufgegriffen und auf einen Blick dargestellt. Die Abbildung 4.7 Familien sind. Ähnliches (wenn auch auf einem höheren Niveau weist für jeden Indikator den Wert für den Kreis und zusätzlich und mit einer größeren Spannweite) gilt für den Anteil der Allein- für die zehn betrachteten Gemeinden aus. Dabei ermöglicht die erziehenden. Anteilig (und in diesem Fall auch absolut) leben die Darstellung nicht nur den entsprechenden Wert für den Kreis oder meisten Alleinerziehenden in Kreuztal. Hier ist fast jeder fünf- die einzelnen Gemeinden abzulesen, sondern zeigt zudem die Va- te Familienhaushalt ein Alleinerziehendenhaushalt. In Wilnsdorf rianz, also die „Bandbreite“, zwischen den einzelnen Gemeinden sind dagegen nur 14,3 Prozent Alleinerziehendenhaushalte (Kreis- auf. Je weiter die Markierungen für die Gemeinden mit dem höch- durchschnitt = 16,7 Prozent). sten und dem niedrigsten Wert auseinander liegen, desto größer ist die Varianz bzgl. des betreffenden Indikators und desto größer Wechseln wir die Perspektive und nehmen die einzelnen Gemein- sind die Unterschiede zwischen den Gemeinden. den in den Blick, so erhalten wir relativ schnell eine Charakteri- sierung der einzelnen Gemeinden. Am Beispiel Neunkirchen fällt Betrachten wir zunächst die beiden Kennzahlen links in Abbildung auf, dass Neunkirchen (blaue Markierung) beim Anteil Nichtdeut- 4.7. Sie bilden den Anteil der unter 7-Jährigen (Kinder) und der scher, beim Anteil Nichtdeutscher an den unter 18-Jährigen und unter 18-Jährigen (Jugendliche) in den Gemeinden und im Kreis beim Anteil kinderreicher Familien die höchsten Werte aufweist. insgesamt ab (rote Markierung). Für beide Gruppen kann festge- Beim Anteil der unter 18-Jährigen und dem der Familienhaushal- stellt werden, dass sie in den verschiedenen Gemeinden ungefähr te insgesamt wird für Neunkirchen jeweils der zweithöchste Wert gleich stark vertreten sind, denn die Markierungen für die einzel- ausgewiesen. In Neunkirchen ist also der Anteil der Kinder und Ju- nen Gemeinden liegen bei beiden Gruppen eng beieinander. Der gendlichen hoch, unter diesen ist wiederum der Anteil Nichtdeut- Anteil der Kinder liegt zwischen 5,9 (Erndtebrück) und 6,9 Prozent scher kreisweit am höchsten und der Anteil der Nichtdeutschen (Burbach). Ähnlich gering ist der Unterschied bei den Jugendli- insgesamt weist ebenfalls den höchsten Wert des gesamten Krei- chen, wenn auch auf einem höheren Niveau: Hier liegt der Wert ses auf. Des Weiteren ist Neunkirchen stark familiengeprägt, wo- zwischen 18,2 in Bad Laasphe und 20,4 Prozent in Burbach. bei der Anteil kinderreicher Familien sehr hoch, der Anteil Alleiner- ziehender aber vergleichsweise niedrig ist. Anders sieht es beim Anteil der Nichtdeutschen in den Kommu- nen aus. Auch hier können wir anhand der roten Markierung den Wert für den gesamten Kreis ablesen. Darüber hinaus erkennen wir jedoch, anders als bei den Kennzahlen für die Altersstruktur, dass es recht deutliche Unterschiede zwischen den Gemeinden gibt, denn die Markierungen weichen (nach oben und unten) re- lativ deutlich vom Kreisdurchschnitt (sechs Prozent) ab. Während in Freudenberg nur drei Prozent der Einwohner keinen deutschen Pass haben, trifft dies in Neunkirchen auf jeden zehnten Einwoh- ner zu. Beim Anteil der Nichtdeutschen unter den unter 18-Jähri- gen ergibt sich ein ähnliches Bild. Während in Kreuztal mehr als jeder zehnte unter 18-Jährige keinen deutschen Pass hat, trifft dies in Freudenberg für nur einen von 32 Bewohnern zu.

Beim Anteil der Familienhaushalte an allen Haushalten in den Gemeinden fällt die Variation gering aus, vor allem im Vergleich zu anderen Kreisen. Der Höchstwert liegt hier mit 21,5 Prozent in Burbach, den niedrigsten Anteil findet man in Bad Laasphe mit 19 Prozent. Der Kreisdurchschnitt erreicht einen Wert von 20,6 Pro- zent. Etwas größer ist die Spannweite beim Anteil kinderreicher

78 KAPITEL 4 Kleinräumige Bevölkerungs- und Familienstrukturen im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 4.7: Wichtige soziodemografische Merkmale der Städte und Gemeinden auf einen Blick

Datenbasis: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein.

79 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

80 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

In diesem Kapitel soll die wirtschaftliche Lage der Familien im 5.1 Sozialhilfebetroffenheit in den Städten und Gemeinden Kreis Siegen-Wittgenstein insgesamt und in den einzelnen Städ- ten und Gemeinden des Kreises genauer betrachtet werden. Wir Ein häufig genutzter Indikator zur Charakterisierung des sozio- stützen uns hierzu zum einen auf Daten der Sozialhilfestatistik ökonomischen Status einer Region bzw. zur Kennzeichnung der des Kreises aus dem Jahr 2004 und sehr detailliert auf Analysen sozialen Unterschiede zwischen verschiedenen Städten und Ge- der Familienbefragung. Welche Sozialhilfedichten lassen sich un- meinden ist die Sozialhilfedichte, d.h. der Anteil der Sozialhilfe- ter der Bevölkerung im Kreisvergleich erkennen? Welche Famili- beziehenden auf 100 Personen der Bevölkerung in der jeweiligen enformen sind besonders häufig von Sozialhilfe abhängig? Wie Region. Für den Kreis Siegen-Wittgenstein zeigt sich für diesen hoch ist das Einkommen der Familien? Gibt es Unterschiede im Indikator ein relativ niedriges Niveau der Sozialhilfedichten (vgl. Einkommensniveau zwischen den Städten und Gemeinden des Karte 5.1). Dies gilt sowohl im Vergleich zu anderen Kreisen, Kreises? Welchen Einfluss haben die Familienform oder das Vor- aber besonders im Vergleich zu kreisfreien Städten in Nordrhein- handensein eines Migrationshintergrundes? Darüber hinaus Westfalen. Trotz des insgesamt niedrigen Niveaus der Sozialhilf- analysieren wir anhand von Daten der Familienbefragung Um- eabhängigkeit lassen sich zwischen den Städten und Gemeinden fang und Struktur von Einkommensarmut unter Familien mit des Kreises Unterschiede erkennen. So lag die Sozialhilfedichte Kindern unter 18 Jahren sowie die Ausgabenstruktur der Famili- bezogen auf alle Einwohner der Stadt in Kreuztal mit vier Sozi- en. Die Armutsberechnungen orientieren sich dabei an Armuts- alhilfebeziehenden auf 100 Einwohner am höchsten. In Burbach analysen der Landessozialberichterstattung Nordrhein-West- war im Jahr 2004 lediglich einer von 100 Einwohnern zur Siche- falens (vgl. LDS 2007). Darüber hinaus wird näher betrachtet, rung des Lebensunterhaltes auf Sozialhilfe angewiesen. inwiefern sich die Lebenslagen der Familien hinsichtlich wesent- licher Merkmale unterscheiden und wie die Lebenslage durch die Betrachtet man etwas genauer, welche Familien auf sozialstaat- wirtschaftlichen Verhältnisse der Familien beeinflusst wird. liche Unterstützung in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt an- gewiesen waren, zeigt sich, wie für andere Städte und Gemein- Die Ergebnisse zeigen, dass es bezüglich der wirtschaftlichen Le- den bundesweit, dass insbesondere der Anteil von Familien mit bens- und Einkommenssituation erhebliche Unterschiede zwi- Kindern – und da besonders von Alleinerziehenden – unter den schen den Familien, aber auch zwischen den Städten und Ge- Sozialhilfe beziehenden Bedarfsgemeinschaften recht hoch ist meinden gibt und sich dies auch in der subjektiven Bewertung (vgl. Abbildung 5.1). So waren 2004 in Burbach mehr als die der wirtschaftlichen Situation der Familien niederschlägt. Hälfte der Bedarfsgemeinschaften alleinerziehende Elternteile

Abbildung 5.1: Sozialhilfe-Bedarfsgemeinschaften von Alleinerziehenden und Paaren mit Kindern 2004

(in % aller Bedarfsgemeinschaften; 31.12.2004) Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

82 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

Karte 5.1: Sozialhilfedichte 2004 im Kreis Siegen-Wittgenstein

(in % der Bevölkerung; 31.12.2004) Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

(zumeist Mütter) und noch einmal ein Viertel Paarfamilien mit analysieren, besonders da diese Daten repräsentativ für die Fa- Kindern. Obgleich in Burbach also die Sozialhilfe insgesamt eher milien mit Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein insgesamt sind. gering ist, sind hier anteilig besonders häufig Familien betroffen. Zusätzlich werden mit den Daten der Familienbefragung detail- Eine ähnliche Struktur der Sozialhilfebetroffenheit, bei einer ge- lierte Armutsanalysen für die Familien im Kreis durchgeführt. ringeren Sozialhilfedichte von Paarfamilien, zeigte sich für Freu- denberg. Insgesamt lag der Anteil der Sozialhilfe beziehenden 5.2.1 Die Einkommenssituation von Familien im Kreis Familien mit Kindern an allen Bedarfsgemeinschaften lediglich Siegen-Wittgenstein in Erndtebrück (knapp) unterhalb 50 Prozent. Der Anteil der Al- leinerziehenden überstieg dabei in allen Städten und Gemein- Ein Blick auf die Gesamtverteilung der Haushaltsnettoeinkom- den den Anteil der Paarfamilien mit Kindern deutlich, obgleich men13 der Familien zeigt eine erhebliche Streuung der Familien Alleinerziehende unter den Familienhaushalten insgesamt sehr über die Einkommensgruppen (vgl. Abbildung 5.2): Etwa jede viel seltener anzutreffen sind (vgl. Kapitel 4). zehnte Familie des Kreises verfügt monatlich lediglich über ein Einkommen unter 1.500 Euro. Über ein vergleichsweise hohes 5.2 Einkommenssituation und Armut von Familien monatliches Haushaltsnettoeinkommen über 4.000 Euro verfügt gut jede achte Familie innerhalb des Kreises Siegen-Wittgen- Die wirtschaftliche Situation der Familien lässt sich viel differen- stein. Die größten Anteile der Familien – insgesamt 45 Prozent zierter anhand der Einkommensdaten der Familienbefragung aller Familien im Kreis – finden sich in den mittleren Einkom-

13 Die Familien wurden gebeten, ihr monatliches Haushaltsnettoeinkommen, einschließlich aller Transfereinkommen (Kindergeld, Wohngeld etc.) und abzüglich aller Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern anzugeben.

83 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

mensgruppen von 2.000 bis 3.000 Euro monatlich. Das durch- glieder bezogen werden. Zusätzlich wird eine Bedarfsgewich- schnittliche Haushaltsnettoeinkommen der Familien mit minde- tung der Einkommen nach der alten OECD-Skala vorgenommen, stens einem Kind unter 18 Jahren im Kreis Siegen-Wittgenstein wie sie auch in der Armuts- und Reichtumsberichterstattung des liegt bei 2.669 Euro monatlich. Landes Nordrhein-Westfalen erfolgt (vgl. LDS 2007: 19ff.). Mit dieser so genannten Äquivalenzgewichtung wird eine Gewich- Von diesen Haushaltsnettoeinkommen müssen aber ganz un- tung am faktischen Bedarf vorgenommen, denn ein Vier-Perso- terschiedlich große Familien leben. Auch die Bedarfe der Kinder nen-Haushalt wird (in Abhängigkeit nicht nur von der Zahl, son- in diesen Familien gestalten sich je nach Altersgruppe sehr un- dern auch vom Alter der Familienmitglieder) nicht eine viermal terschiedlich. Zudem lassen sich in größeren Familien und Haus- so große Wohnung wie ein Ein-Personen-Haushalt bewohnen, er halten durch das gemeinsame Zusammenleben Einsparungen wird nicht viermal so viel Geld für Nebenkosten und Lebensmit- erzielen. Daher sagen die bisher berichteten Zahlen noch nicht tel ausgeben usw.14 Zieht man eine solche Bedarfsgewichtung wirklich etwas über die tatsächliche Einkommenssituation bzw. zur Analyse heran, verändert sich die Einkommensverteilung über Armut und Reichtum der Familien aus. Die Haushaltsnet- (vgl. Abbildung 3 im Kommentierten Tabellenband: 26).15 toeinkommen müssen vielmehr auf die Zahl der Haushaltsmit-

Abbildung 5.2: Monatliches Haushaltsnettoeinkommen von Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein 2006

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

14 Die genaue Vorgehensweise zur Äquivalenzgewichtung der Einkommen wird in Kapitel 2 erklärt. 15 Zu den Ergebnissen der Familienbefragung sind ergänzend zu den im Familienbericht dokumentierten Analysen weitere detaillierte Auswertungen in einem Kommentierten Tabellenband für den Kreis sowie die Städte und Gemeinden zusammengefasst worden. An einigen Stellen im Familienbericht wird auf diese weiterführenden Auswertungen verwiesen.

84 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 5.1: Durchschnittliche Haushaltsnetto- und durchschnittliche Äquivalenzeinkommen von Familien in den Städten und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein 2006

durchschnittliches durchschnittliches Äquivalenzeinkommen Haushaltsnettoeinkommen (alte OECD-Skala)

Angaben in Euro

Netphen 2.836 1.040 Wilnsdorf 2.771 1.034 Freudenberg 2.689 1.023 Hilchenbach 2.671 993 Bad Berleburg 2.688 986 Neunkirchen 2.710 984 Kreuztal 2.563 967 Burbach 2.573 941 Bad Laasphe 2.540 934 Erndtebrück 2.557 925

Kreis Siegen-Wittgenstein (ohne Siegen) 2.669 989

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Nur auf Basis dieser Zahlen ist sowohl ein Vergleich der Einkom- haltseinkommen aller Haushalte in Nordrhein-Westfalen, also menssituation zwischen verschiedenen Familienformen als auch auch auf Haushalte ohne Kinder. Auch im Landessozialbericht zwischen den Städten und Gemeinden des Kreises möglich. In erfolgte die Bedarfsgewichtung der Haushaltsnettoeinkommen Tabelle 5.1 wurden die durchschnittlichen Haushaltsnettoein- auf Basis der alten OECD-Skala. Die folgenden Analysen orientie- kommen und die durchschnittlichen Äquivalenzeinkommen für ren sich an dieser Armutsschwelle.16 Zusätzlich wird im Folgen- die Gemeinden und Städte im Kreis zusammengefasst. Danach den ein weiterer Schwellenwert benutzt, um armutsgefährdete verfügen Familien in Netphen, Wilnsdorf und Freudenberg über bzw. armutsnahe Lebensverhältnisse zu charakterisieren. Diese im Durchschnitt etwas höhere Äquivalenzeinkommen. In Bur- Schwelle liegt (gerundet) bei 750 Euro monatlichem Äquivalen- bach, Bad Laasphe und Erndtebrück hingegen haben Familien zeinkommen. durchschnittlich etwa 100 Euro Äquivalenzeinkommen weni- ger zur Verfügung. Insgesamt sind die Einkommensunterschiede Wir definieren die Armutsgrenze also bei einem Äquivalenzein- zwischen den Städten und Gemeinden aber nicht sehr deutlich kommen von 615 Euro netto im Monat. Einkünfte unter 750 Euro ausgeprägt. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Ergebnis- (Äquivalenzeinkommen) bezeichnen „armutsnahe“ wirtschaftli- sen zur Bevölkerungsentwicklung in Kapitel 3, dann zeigt sich, che Verhältnisse. dass insbesondere in den wachsenden Gemeinden und Städten Familien mit durchschnittlich höheren Einkommen wohnen. Unter den Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein sind nach die- ser Definition 72 Prozent nicht arme Familien, 13 Prozent leben 5.2.2 Einkommensarmut und Hintergründe der Armut in armutsnahen Einkommensverhältnissen und 15 Prozent der von Familien Familien sind arm. Für die Gemeinden und Städte des Kreises zeigen sich hier zwar hinsichtlich der besser gestellten Kommu- Der Sozialbericht des Landes Nordrhein-Westfalen (LDS 2007: nen Parallelen: So sind in Netphen, Wilnsdorf und Freudenberg 19) weist für 2005 die Armutsrisikoschwelle in Nordrhein-West- die Anteile der armen Familien im Vergleich am niedrigsten und falen mit 50 Prozent des bedarfsgewichteten Äquivalenzeinkom- auch der Anteil der nicht armen Familien am höchsten. Die größ- mens bei 615 Euro aus. Diese Schwelle bezieht sich auf die Haus- ten Anteile armer Familien finden sich in Hilchenbach, Burbach,

16 Die auf Basis der Familienbefragung berechneten Armutsanteile unter den Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein sind vergleichbar mit den landesweiten Ergebnissen der Armuts- und Reichtumsberichterstattung.

85 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Kreuztal und Erndtebrück, obgleich insbesondere für Hilchen- zeinkommen, aber auch etwa ein Fünftel der Familien mit einem bach ein eher durchschnittliches Äquivalenzeinkommen nachge- überdurchschnittlichen Äquivalenzeinkommen von 1.250 Euro wiesen wurde. Das ist dadurch zu erklären, dass in Hilchenbach und mehr (vgl. Tabelle 9 im Kommentierten Tabellenband: 27). In hinsichtlich der Familieneinkommen größere innerstädtische Un- Burbach hingegen erreicht sowohl der Anteil der armen als auch terschiede zu finden sind. So lebt in Hilchenbach etwa ein Drittel der Anteil armutsnaher Familien überdurchschnittliche Werte. der Familien mit weniger als 750 Euro monatlichem Äquivalen-

Abbildung 5.3: Arme, armutsnahe und nicht arme Familien in den Städten und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Das Armutsrisiko ist auch hinsichtlich der verschiedenen Famili- durchschnitt festzustellen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass enformen sehr unterschiedlich, dies wurde bereits durch die Un- Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein eher unterdurchschnitt- terschiede in der Sozialhilfebetroffenheit der Familienformen lich von Einkommensarmut betroffen sind. Höhere Quoten wei- deutlich: Während unter Paarhaushalten mit Kindern lediglich sen insbesondere kreisfreie Städte in Nordrhein-Westfalen auf etwas mehr als jeder zehnte Haushalt ein Äquivalenzeinkommen (vgl. ZEFIR/ Oberhausen 2006; ZEFIR/ Gelsenkirchen 2006; ZEFIR/ unter 615 Euro hat, also arm ist, sind unter Alleinerziehenden Herten 2006). mit 37 Prozent deutlich mehr als ein Drittel von Einkommens- armut betroffen. Vergleicht man diese Zahlen mit den Armuts- Besonders das Armutsrisiko von Migrantenfamilien18 im Kreis ist quoten17 für das Land Nordrhein-Westfalen aus dem Landes- deutlich höher als das von Familien ohne Migrationsgeschichte. sozialbericht, so zeigt sich für Alleinerziehende ein etwa gleich Mehr als die Hälfte der Migrantenfamilien des Kreises lebt im Sin- hohes Armutsrisiko. Paarfamilien mit Kindern hingegen sind im ne unserer Definition in Armut bzw. Armutsnähe. Lediglich jede Kreis Siegen-Wittgenstein sehr viel seltener von Einkommensar- zehnte Familie ohne Migrationshintergrund hat ein Äquivalen- mut betroffen als im Landesdurchschnitt. Das Armutsrisiko von zeinkommen unterhalb der Armutsgrenze, während dies unter Kinderreichen, d.h. von Familien mit drei und mehr Kindern, liegt Familien mit Migrationshintergrund deutlich mehr als ein Drit- mit einem Viertel der Familien zwar über der durchschnittlichen tel der Familien ist. Der Anteil der Migrantenfamilien mit einem Armutsquote von Familien im Kreis (14 Prozent), aber auch hier Äquivalenzeinkommen zwischen 615 und 750 Euro (armutsnah) ist eine unterdurchschnittliche Quote im Vergleich zum Landes- ist ebenfalls überdurchschnittlich.

17 Im Landessozialbericht werden diese Quoten in Anlehnung an die Bundes- und europäische Armutsberichterstattung als Armutsrisikoquoten bezeichnet. 18 Wir betrachten hier nicht nur Familien nichtdeutscher Personen, sondern Familien mit Migrationshintergrund. Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde bzw. aktuell eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit hat.

86 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 5.4: Armutsrisiko nach Familienform in Nordrhein-Westfalen und im Kreis Siegen-Wittgenstein

* Ergebnisse des „Sozialbericht NRW 2007“. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 und Daten des Mikrozensus 2005 (LDS 2007: 125).

Abbildung 5.5: Armutsrisiko nach Migrationshintergrund im Kreis Siegen-Wittgenstein

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Armut und Reichtum der Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein Euro Äquivalenzeinkommen auskommen muss, trifft dies in der sind zudem in hohem Maße bildungsabhängig. Der Anteil armer obersten Bildungsgruppe für nur jede siebte bis achte Familie zu. bzw. armutsnaher Familien sinkt mit höheren Qualifikationsab- In dieser Bildungsgruppe ist fast die Hälfte der Familien wohlha- schlüssen sehr deutlich. Das Bildungsniveau der Familien wur- bend mit einem Äquivalenzeinkommen von 1.250 Euro und mehr. de hier über den jeweils höheren höchsten Schul- und Berufsbil- Die Einkommensverteilung der Familien mit höchster Qualifika- dungsabschluss der Eltern bzw. des alleinerziehenden Elternteils tion unterscheidet sich damit sehr stark von allen anderen Bil- bestimmt.19 Während in der untersten Bildungsgruppe deutlich dungsgruppen. Vertiefende Analysen zeigen, dass es besonders mehr als die Hälfte der Familien monatlich mit weniger als 750 Alleinerziehende und Familien mit Migrationshintergrund sind,

19 Zur Operationalisierung des Bildungsstatus vgl. Kapitel 2.

87 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

die häufiger nur über einen niedrigeren Bildungsabschluss verfü- Äquivalenzeinkommen oberhalb der hier definierten Armuts- gen (vgl. Tabelle 12 im Kommentierten Tabellenband: 35). gefährdungsgrenze von 750 Euro. Dies betrifft jeweils lediglich 17 Prozent. Die überwiegende Mehrheit dieser Familien – mehr Neben der Bildung ist insbesondere die Erwerbseinbindung als zwei Drittel – lebt unterhalb der Armutsgrenze von 615 Euro der Eltern von entscheidender Bedeutung für das Armutsrisiko Äquivalenzeinkommen. Sind Alleinerziehende erwerbslos oder beide Elternteile nicht erwerbstätig, verfügt nur ein kleiner Teil der Familien über ein

Abbildung 5.6: Bildungsniveau und Einkommensverteilung

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Abbildung 5.7: Armutsrisiko und Erwerbsbeteiligung der Eltern

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

88 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 5.2: Ausgabenstruktur armer und nicht armer Familien 2006

durchschnittl. monatl. Ausgaben durchschnittl. Anteil am je Familie in € Haushaltseinkommen in %

Familien insg. arme Familien Familien insg. arme Familien

Lebensmittel/ alltäglicher Bedarf 516 362 20,7 27,3 Miete für Wohnung/ Haus * 459 413 25,9 36,4 Versicherung/ private Vorsorge 243 101 8,7 7,5 Nebenkosten (inkl. Heizung, Strom)** 232 182 9,4 14,9 Auto (ohne Versicherung) 163 91 6,3 6,5 Kleidung 134 92 5,2 7,1 Freizeit/ Bildung/ Kultur 89 38 3,2 2,9 Telefon/ Handy/ Internet 74 60 3,1 4,8 Dienstleistungen durch Dritte 16 3 0,4 0,2 Öffentliche Verkehrsmittel 10 15 0,5 1,2

* Anteil bezogen auf 29 Prozent der Familien, die zur Miete wohnen. ** Auch für Familien mit Wohneigentum. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Aber auch ein Teil der Familien mit erwerbstätigen Eltern sind Lebensmittel oder Kleidung, monatlich kosten oder wie viel Geld einem solchen Armutsrisiko ausgesetzt. Wir bezeichnen solche für Zinsen und Kreditabzahlungen aufgewendet wird. Darüber- Familien, die trotz Erwerbstätigkeit mindestens eines Erwachse- hinaus war von Interesse, wie die Familien ihre finanzielle Situati- nen in armutsnahen Verhältnissen leben, als die „arbeitenden Ar- on subjektiv einschätzen. men“ oder „working poor“. Im Kreis Siegen-Wittgenstein betrifft dies etwa jede fünfte Familie. Bei den erwerbstätigen Alleinerzie- Ausgabenstrukturen der Familien henden finden wir einen deutlich höheren Anteil von armen bzw. Für die wichtigsten Ausgabenbereiche haben wir Durchschnitts- armutsnahen Familien. Aber auch unter Familien mit nur einem beträge der monatlichen Ausgaben errechnet. Um die Angaben Erwerbstätigen – zumeist dem Vater – haben etwas mehr als ein der Familien besser vergleichen zu können, wurden die jeweili- Viertel lediglich ein Äquivalenzeinkommen bis 750 Euro. Dabei gen Ausgaben zusätzlich auf das Haushaltsnettoeinkommen be- handelt es sich um die von der bundesdeutschen Familienpolitik zogen. Aufwendungen für Lebensmittel und den täglichen Be- lange Zeit faktisch unterstützte Normalfamilienform. Ausschlag- darf sind mit durchschnittlich mehr als 500 Euro monatlich der gebend für die Armutslagen dürften hier vor allem niedrige Er- größte Ausgabenposten der Familien. Für Familien, die zur Miete werbseinkommen sein, bei Alleinerziehenden verbunden mit ei- wohnen20, folgen gleich danach die Mietkosten. Gemessen an den nem größeren Anteil der Teilzeitbeschäftigung. Absolutbeträgen der Ausgaben schlagen alle weiteren Ausgaben deutlich geringer im Haushaltsbudget zu Buche. Bezieht man 5.2.3 Reicht das Geld zum Leben? diese beiden großen Ausgabenbereiche auf die Haushaltsnetto- einkommen, so steht für Familien in Mietwohnungen die Mie- Wir haben die Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein gefragt, te sogar an der Spitze der Ausgaben. Für Nebenkosten fallen für wofür sie ihr Geld ausgeben: Wie viel sie zum Beispiel im Monat die Familien durchschnittlich etwa 230 Euro monatlich an. Diese für ihre Wohnung bezahlen und wie hoch der Betrag ist, den sie Kosten sind nicht nur für Familien in Mietwohnungen, sondern für Versicherung und Vorsorge verwenden. Wir haben aber auch auch für Familien mit Wohneigentum zu tragen. Es handelt sich danach gefragt, was die Familien wichtige Dinge des Alltags, z.B. dabei um Kosten, die für Familien mit Wohneigentum zusätzlich

20 Im Kreis Siegen-Wittgenstein sind dies nur 29 Prozent aller Familien. 21 Hier ist zu beachten, dass für 4,5 Prozent aller Familien die Wohnkosten vollständig oder teilweise vom Sozialamt oder der ARGE übernommen werden.

89 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 5.8: Monatliche Zahlungsbelastungen in Familien mit Krediten und Schulden

Anmerkung: Der Anteil der Zinsen- und Tilgungsraten am Haushaltseinkommen wird bezogen auf die Gruppenmitte der jeweiligen Einkommensgruppe. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

zu eventuellen Kreditabzahlungen und Zinsen anfallen, auf die nes Autos wird absolut gesehen viel weniger ausgegeben als in weiter unten noch einmal gesondert eingegangen wird. den Familien insgesamt. Zum Teil wird dies durch eine etwas brei- Je weniger Geld die Familien zur Verfügung haben, desto höher tere Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs kompensiert. ist der Anteil der Miete bzw. der Aufwendungen für die Wohnung am Haushaltseinkommen: Im Durchschnitt aller Familien mit Kredit- und Schuldenbelastungen Mietwohnungen geht für die Miete etwas mehr als ein Viertel des Im Folgenden möchten wir die Kredit- und Schuldenbelastung der Nettoeinkommens „drauf“. Für arme Familien erhöht sich dieser Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein noch etwas genauer ana- Anteil deutlich auf mehr als ein Drittel des Haushaltsnettoein- lysieren. Wir haben die Familien danach gefragt, ob sie Kredite kommens, obgleich die Miete dieser armen Familien absolut ge- und Zahlungsverpflichtungen haben und wie hoch die monatli- sehen etwas niedriger ausfällt.21 Ganz ähnliche Zusammenhänge che Belastung für Zinsen und Tilgungsraten sind. Im Kreis Siegen- zeigen sich für die unbedingt notwendigen Ausgabenbereiche Le- Wittgenstein haben drei von vier Familien Kredit- oder Schulden- bensmittel / alltäglicher Bedarf, Nebenkosten oder Kleidung: Ob- verpflichtungen, die monatlich abgezahlt werden müssen. Im gleich in armen Familien absolut deutlich weniger Geld für diese Durchschnitt sind dies 685 Euro monatliche Belastungen. Beson- Dinge ausgegeben wird, steigt der relative Anteil am Haushalts- ders hoch ist der Anteil von Familien mit Zahlungsbelastungen nettoeinkommen. mit 83 Prozent unter Familien mit Wohneigentum (durchschnitt- lich 768 Euro monatlich). Etwas höher ist der Anteil von Familien Eine Ausnahme zeigt sich für arme Familien mit Wohneigentum: mit monatlichen Zahlungsbelastungen auch unter kinderreichen Da sich für diesen Bereich nur schwer Kosten einsparen lassen, Familien mit 3 und mehr Kindern unter 18 Jahren im Haushalt. 80 liegt der monatlich zu zahlende durchschnittliche Absolutbetrag Prozent dieser Familien zahlen ebenfalls regelmäßige Zinsen und sowohl in armen Familien und als auch in nicht armen Familien bei Tilgungsraten ab. Sie sind absolut gesehen am stärksten bela- 232 Euro. Die relative Belastung der armen Haushalte steigt damit stet, da sie durchschnittlich 798 Euro monatliche Ratenzahlungen deutlich auf 16 Prozent des Haushaltseinkommens an. Da auch die- zu leisten haben. Arme Familien hingegen haben im Kreis Siegen- se Familien meist zusätzliche Kreditbelastungen haben, sind damit Wittgenstein seltener und niedrigere Zahlungsverpflichtungen (73 nicht selten größere wirtschaftliche Probleme verbunden. Prozent, 432 Euro) als Familien im Allgemeinen.

Gespart wird in armen Familien insbesondere in den Bereichen Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass eine vergleichsweise kleine Versicherung und Vorsorge, Freizeit/ Bildung/ Kultur sowie bei Schuldenlast für eine Familie mit einem höheren Einkommen eine Dienstleistungen durch Dritte. Aber auch für die Unterhaltung ei- relativ einfach zu handhabende Aufgabe sein kann, für eine arme

90 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 5.9: Beurteilung der finanziellen Situation des Haushalts

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Familie unter Umständen aber bereits ein extrem schwieriges Sehr hohe Zahlungsverpflichtungen von mehr als der Hälfte des Wirtschaften im Alltagsleben bedeutet. Das gilt auch dann, wenn Einkommens finden sich, wenig überraschend, besonders unter Familien Kredite für den Hausbau oder den Kauf von Wohneigen- den armen Familien, obwohl deren Zahlungsbelastungen eher tum aufnehmen. Entscheidend für die Schuldenbelastung der Fa- niedrig sind. Aber auch für kinderreiche Familien zeigt sich mit milien ist nicht das Vorhandensein von Schulden oder Krediten, 6,2 Prozent ein überdurchschnittlicher Anteil von Familien mit sondern das Verhältnis der Zahlungsverpflichtungen zum Ein- (zu) hohen Zahlungsbelastungen. Unter den kinderreichen Fa- kommen. In Abbildung 5.8 werden deshalb die jeweiligen Zah- milien ist darüber hinaus auch der Anteil der Familien mit Zah- lungsbeträge auf das Haushaltseinkommen der Familien bezogen. lungen zwischen einem Drittel und der Hälfte des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens recht hoch, was insbesondere durch Eine Zahlungsbelastung von mehr als einem Drittel des monat- die Verpflichtungen aus Krediten für das eigene Haus resultiert. lichen Haushaltseinkommens kann unserer Ansicht nach be- reits als Hinweis für eine hohe Schuldenlast angesehen werden. Unvorhergesehene zusätzliche Ausgaben, wie etwa eine höhere Subjektive Bewertung der finanziellen Situation Nachzahlung bei den Wohnungsnebenkosten, kostenintensive Werden die Familien gebeten, ihre aktuelle finanzielle Situati- notwendige Haushaltsreparaturen oder Einkommenseinbußen, on bezogen auf verschiedene Ausgabenbereiche einzuschätzen, z.B. durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit, können dann schnell zeigt sich ein sehr differenziertes Bild. Vergleichen wir die Ex- zur Überschuldung der Familien führen. Mit Zahlungsverpflich- treme links und rechts sowie unten und oben in der Abbildung tungen, die mehr als die Hälfte des monatlichen Geldbudgets 5.8: Eine Mehrheit erklärt, das Geld „reiche voll und ganz“ beim “auffressen“, sind bereits massive Geldprobleme und z. T. Über- Thema Lebensmittel. Hier sagen nur drei Prozent, es reiche über- schuldungssituationen anzunehmen. haupt nicht. Zwei von fünf Familien dagegen sagen auf der an- deren Seite, dass ihr Einkommen nicht für einen Urlaub ausreicht

91 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 5.2: Beurteilung der finanziellen Situation in den Gemeinden und Städten

Wir können uns (fast) alles leisten Wir können uns (fast) nichts leisten

in %

Erndtebrück 9,3 36,1 Kreuztal 15,7 33,4 Burbach 16,1 30,8 Hilchenbach 16,7 30,3 Bad Berleburg 19,7 30,3 Freudenberg 15,2 29,9 Wilnsdorf 18,2 27,4 Bad Laasphe 11,3 27,3 Neunkirchen 17,3 25,1 Netphen 25,0 23,8

Kreis Siegen Wittgenstein (ohne Siegen) 17,3 29,2

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 und nur jede sechste bis siebte Familie hat hier keine Probleme. benderen Städten und Gemeinden Netphen, Bad Berleburg und Finanzielle Engpässe werden offensichtlich vor allem beim Urlaub, Wilnsdorf hingegen sind die Anteile der Familien, die sich (fast) aber auch im kulturellen Bereich wahrgenommen. alles leisten können, überdurchschnittlich.

Man kann diese Angaben zusammenfassen und zählen, wie oft 5.3 Armut und armutsnahe Lebenslagen die Familien „reicht voll und ganz“ bzw. „reicht überhaupt nicht“ und „könnte etwas mehr sein“ angeben. Wir haben auf diese Wei- Mehr als ein Viertel der Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein se zwei Typen gebildet: hat weniger als 750 Euro bedarfsgewichtetes Nettoeinkommen im Monat zur Verfügung, etwas mehr als die Hälfte dieser Grup- • Typ 1: „Wir können uns (fast) alles leisten“. Das sind Familien, pe ist arm im Sinne des strengeren Kriteriums mit weniger als die mindestens zehnmal gesagt haben: „Das Geld reicht voll 615 Euro Äquivalenzeinkommen monatlich. Diese Unterschei- und ganz“. Im Kreis Siegen-Wittgenstein gehören 17,2 Pro- dung ist jedoch ohne große Bedeutung, wenn wir charakteristi- zent der Familien zu diesem Typ. sche Aspekte der Lebenslage armer und armutsnaher Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein mit der Lebenslage nicht armer • Typ 2: „Wir können uns (fast) nichts leisten“. Es wurde minde- Familien im Kreis vergleichen. Um unterschiedliche Merkmale stens zehnmal angegeben: „Geld reicht überhaupt nicht“ oder vergleichbar zu machen, haben wir jedes Merkmal so transfor- „Es könnte etwas mehr sein“. Im Kreis Siegen-Wittgenstein miert, dass der Durchschnitt über alle Merkmale hinweg gleich gehören 29,2 Prozent der Familien in diese Kategorie, die wir Null gesetzt wird und die mittlere Abweichung der Einzelwer- mit „empfundener Armut“ bezeichnen können. te gleich 1 ist (vgl. Abbildung 5.9). So entstehen für die drei be- trachteten Gruppen Lebenslageprofile. Betrachtet man die Verteilung dieser Typen nach Gemeinden und Städten innerhalb des Kreises, zeigen sich vergleichbare Unter- Mit Ausnahme des Sparanteils am Haushaltsnettoeinkommen schiede wie hinsichtlich der Einkommensarmut: In Erndtebrück, unterscheiden sich die nicht armen Familien von den armen und Kreuztal, Burbach und Hilchenbach ist die empfundene Armut un- armutsnahen Familien hinsichtlich aller hier berücksichtigten ter den Familien am weitesten verbreitet. In den etwas wohlha- Merkmale, zumindest was die Einordnung „überdurchschnittlich“

92 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 5.10: Lebenslageprofil armer, armutsnaher und nicht armer Familien im Kreis

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 und „unterdurchschnittlich“ angeht: Im Gegensatz zu den nicht Der Abstand zwischen den nach dem Maßstab der Landessozi- armen Familien wohnen arme und armutsnahe Familien kürzer alberichterstattung „armen“ Lebensverhältnissen und den ar- im Kreis, sie bewohnen kleinere Wohnungen und haben häufi- mutsnahen Lebensverhältnissen, der mit (bedarfsgewichteten) ger kein Wohneigentum, sondern wohnen zur Miete. Arme und 615 bis unter 750 Euro im Monat etwas besser gestellten Gruppe, armutsnahe Familien haben im Unterschied zu nicht armen Fa- ist nur sehr gering. milien häufiger einen Migrationshintergrund sowie einen gerin- geren Bildungsstatus. Zudem ist die durchschnittliche Kinder- Armutspräventive Unterstützungsangebote der Familien- und zahl in armen und armutsnahen Familien höher als bei den nicht Sozialpolitik des Kreises sollten sich daher nicht ausschließlich an armen Familien. Wie zu erwarten, gehören beide Gruppen auch die Familien unterhalb der Armutsgrenze wenden. Vielmehr geht häufiger zu den Familien, die sich (fast) nichts leisten können es darum, auch Maßnahmen für diese armutsgefährdete Gruppe und sind häufiger arm, obwohl mindestens ein Elternteil einer von Familien in prekären Lebenslagen anzubieten, bei denen jede Erwerbstätigkeit nachgeht. Wobei die letzten beiden Merkma- weitere finanzielle Belastung bzw. Veränderung der Einnahmes- le im Unterschied zu den vorangegangenen anteilig häufiger für eite (z.B. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit) und der Aufwendungsseite armutsnahe Familien charakteristisch sind. „Working poor“ und (ein weiteres Kind, Umzug in eine teurere Wohnung) eine akute Kinderreiche sind häufiger armutsgefährdet als arm. Veränderung der Lebenslage bedeuten würde.

93 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

5.4 Wirtschaftliche Lage und institutionelle Unterstützung 5.4.1 Problembereiche des Familienalltags

Wirtschaftliche Probleme und Armutslagen sind häufig mit be- Das Zusammenleben mit Kindern verläuft in der Regel nicht völ- sonderen Belastungssituationen für die Familien verbunden. lig problemlos und führt im Alltag für alle Familien häufig zu Si- Darüber hinaus kann das Zusammenleben mit Kindern und Be- tuationen, die nur mit Unterstützung anderer Familienmitglie- sonderheiten der Familiensituation, z.B. bei Alleinerziehenden der, von Freunden oder Bekannten oder unter Umständen auch oder kinderreichen Familien, verschiedenste Probleme aufwer- durch die Hilfe entsprechender Fachkräfte gelöst werden können. fen. Daher sollen im Folgenden Problembereiche des Familien- Wir haben die Familien in Siegen-Wittgenstein deshalb anhand alltags und die Inanspruchnahme institutioneller Unterstützung einer Auswahl vorgegebener Probleme gefragt, welche davon sie etwas näher beleuchtet werden. bereits im Alltag bewältigen mussten. Dabei wurde eine sehr of- fene Fragestellung verwendet, die davon ausgeht, dass solche Probleme selbstverständlich für das Familienleben sind. Abbildung 5.11: Welche Probleme gab es?

Angaben in Prozent der Nennungen. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

94 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

In Abbildung 5.11 lässt sich erkennen, welche Familien wie häu- heute noch die wichtigste Basis für Unterstützungsleistungen fig die angeführten Probleme bereits zu bewältigen hatten. Es im Alltagsleben (vgl. Tabelle 18; im Kommentierten Tabellen- zeigt sich übergreifend, dass alle Familien relativ unabhängig band: 38). Hilfe durch Fachkräfte wurde wesentlich seltener in von der Familienform Erziehungsfragen und -probleme am häu- Anspruch genommen. Dennoch spielen besonders bei der Lö- figsten nennen, danach folgen Geldsorgen und krankheitsbe- sung schulischer Probleme der Kinder Lehrer, Erzieher und andere dingte Probleme. Alleinerziehende und arme Familien nennen Fachkräfte offensichtlich eine wesentliche Rolle. besonders häufig Geldprobleme, wohingegen für kinderreiche Familien schulische Probleme der Kinder eine größere Bedeu- 5.4.2 Institutionelle Unterstützungsangebote – Kenntnis tung haben. Familien mit Migrationshintergrund lassen oft die und Nutzung niedrigsten Anteilswerte erkennen. Geldsorgen, Wohnungspro- bleme und berufliche Probleme werden durch Migrantenfamili- Nachdem wir betrachtet haben, mit welchen Alltagsproblemen en häufiger genannt als von allen Familien. die Familien konfrontiert sind, möchten wir nun darauf schauen, welche institutionellen Unterstützungsangebote vor Ort bisher Bei der Lösung der Alltagsprobleme wurde mehr oder weni- wahrgenommen wurden und ob diese den Familien, die sie errei- ger unabhängig von der Art der aufgetretenen Probleme in der chen sollen, überhaupt bekannt sind. Mehrzahl auf private Hilfe von Partner oder Partnerin, Verwand- ten oder Freunden zurückgegriffen, d.h. die Familie selbst ist auch

Tabelle 5.3: Nutzung städtischer Einrichtungen und allgemeiner Beratungsangebote in den letzten zwei Jahren

Familien mit kinderreiche Familien insgesamt Alleinerziehende Migrationshintergrund Familien

in % kenne ich kenne ich kenne ich kenne ich ja ja ja ja nicht nicht nicht nicht

Kirchengemeinde/ Pfarramt 34 1 27 1 37 1 26 1 Arbeitsamt 31 1 47 2 25 0 49 0 Jugendamt 12 1 14 3 13 1 43 0 Kindertherapeut 8 2 6 4 16 2 10 1 Sozialamt 7 1 18 2 9 1 32 1 Familienbildungsstätte 7 3 5 6 8 2 6 5 Erziehungsberatung 6 2 5 5 8 2 15 1 Wohnungsamt 6 2 14 4 8 2 25 1 Sozialpädagogische Familienhilfe 4 3 4 6 67 2 13 3 Schulpsychologe 4 2 3 5 2 2 8 2 Selbsthilfegruppen 3 2 1 5 2 2 6 2 Schuldnerberatung 2 2 4 6 4 2 5 3 Erziehungsbeistand 2 3 2 7 2 3 3 4 Mietrechtsberatung 1 3 3 7 2 4 3 5 Schwangerschaftskonfliktberatung 1 2 2 5 1 1 4 2 Bewährungshilfe/ Jugendgerichtshilfe 1 2 1 7 2 3 5 1 Sucht- und Drogenberatung 1 2 1 5 1 2 2 1

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

95 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Wir haben gefragt, welche städtischen Einrichtungen und Be- en stimmen dieser Aussage eher nicht bzw. überhaupt nicht zu, ratungsangebote die Familien in den letzten zwei Jahren genutzt noch einmal ein Drittel ist in seiner Einschätzung unentschieden. haben oder ob diese ihnen gar nicht bekannt sind. Unterstützung Besonders Familien in Bad Laasphe, Kreuztal und Erndtebrück und Hilfe in Alltagsdingen können die Familien im Kreis insbeson- fühlen sich anteilig schlechter informiert. Am positivsten fallen dere durch die Kirchengemeinde und das Pfarramt erhalten. Diese die Bewertungen in Burbach und Wilnsdorf aus. werden über die Familienformen hinweg als Anlaufstelle sehr häu- fig genannt, wobei hier der Anteil unter den Familien mit Migrati- Fragt man danach, ob auf den Ämtern bei Familienangelegenhei- onshintergrund etwas niedriger ausfällt. Darüber hinaus wurde das ten unbürokratisch geholfen wird, sind die Familien ähnlich un- Arbeitsamt in den letzten zwei Jahren von den Familien besonders entschieden (vgl. Abbildung 8 im Kommentierten Tabellenband: häufig in Anspruch genommen. Bei Alleinerziehenden spielt dane- 45). Ein Viertel der Siegen-Wittgensteiner Familien geben hier- ben das Jugend- und das Sozialamt eine wichtige Rolle. Die anderen zu eine positive Einschätzung, fast ebenso viele stimmen dieser Beratungsangebote wurden in den letzten beiden Jahren sehr viel Aussage aber nicht zu. seltener aufgesucht.

Besonders unter Alleinerziehenden und mit einigen Abstrichen un- ter Familien mit Migrationshintergrund sind die Anteile derer, die auf institutionelle Unterstützung verschiedenster Art zurückgegrif- fen haben bzw. darauf angewiesen waren, recht hoch. Diese hohen Nutzungsraten der Unterstützungsangebote verweisen auf eine häufig anzutreffende Kumulation sozialer Benachteiligungen, die von den genannten Familien zu bewältigen sind und sind Ausdruck der besonderen Alltagsbelastung der hier betrachteten Gruppen.22

Betrachtet man den Bekanntheitsgrad der verschiedenen Ein- richtungen, zeigt sich, dass die übergroße Mehrheit der Familien die genannten Einrichtungen und Beratungsstellen kennt. Ledig- lich kleine Prozentanteile bis höchstens sieben Prozent geben an, dass ihnen bestimmte Einrichtungen nicht bekannt seien. Hö- here Anteile werden hier nur für Familien mit Migrationshinter- grund sichtbar. Unter diesen Familien sind speziellere Angebote, wie Erziehungsbeistand, Mietrechtsberatung oder auch die Ju- gendgerichtshilfe weniger bekannt.

5.4.3 Einschätzung des Angebots und der Hilfe

Abschließend möchten wir kurz betrachten, wie die subjektive Einschätzung der Familien zu den familienspezifischen Angebo- ten und Unterstützungsleistungen im Kreis und in den einzelnen Städten und Gemeinden ausfallen. Um eine Einschätzung zu die- sen Aspekten durch die Familien zu erhalten, haben wir die Fami- lien gefragt, ob sie sich über die familienspezifischen Angebote gut informiert fühlen. Die Familien bewerteten die Aussagen auf einer Fünferskala von 1 „stimme voll und ganz zu“ bis 5 „stim- me überhaupt nicht zu“. Insgesamt sind die Antworten auf die- se Frage über alle Gemeinden und Städte hinweg recht ambiva- lent (vgl. Abbildung 5.12): Etwas mehr als ein Viertel der Familien im Kreis fühlen sich gut informiert, aber 37 Prozent der Famili-

22 Im Kommentierten Tabellenband S. 33 bis 45 sind weiterführende Analysen zur Lebenssituation und den Alltagsbelastungen von Familien mit besonderen Unterstützungsbedarfen (Alleinerziehende, Kinderreiche und Familien mit Migrationshintergrund) zu finden.

96 KAPITEL 5 Die wirtschaftliche Lage von Familien in SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 5.12: Information über familienspezifische Angebote

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

97 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

98

6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Die folgenden Analysen nehmen verschiedene Aspekte der Le- 28 Prozent der Familien stimmten dabei der Aussage, dass der benslage von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein noch ein- Kreis Siegen-Wittgenstein ein kinderfreundlicher Kreis sei, zu. mal etwas genauer in den Blick, d.h. es erfolgt eine Verknüpfung Die Hälfte von ihnen war unentschieden und 22 Prozent stimm- der familienzentrierten Perspektive mit der Kinderperspektive – ten der Aussage eher bzw. überhaupt nicht zu (vgl. Abbildung nicht mehr Familien mit Kindern, sondern die Kinder in der Fami- 16 im Kommentierten Tabellenband). Bezogen auf die Kinder- lie sind von Interesse. Dabei muss dieser Perspektivwechsel auf freundlichkeit der eigenen Stadt bzw. Gemeinde bessern sich Aspekte der Lebenslage von Kindern beschränkt bleiben, da nicht diese Werte: Hier stimmen fast die Hälfte aller Familien der Aus- die Kinder selbst zu ihrer Lebenssituation befragt wurden. Zuerst sage voll und ganz bzw. eher zu, während der Anteil derer, die der soll dabei die Einschätzung der Familien zur Kinderfreundlichkeit Aussage eher bzw. überhaupt nicht zustimmen auf 19 Prozent des Kreises und der Städte und Gemeinden sowie der vorhande- sinkt. Der auch hier sehr hohe Anteil an unentschiedenen Famili- nen Freizeitangebote für Kinder dargestellt werden. Anschlie- en kann als Hinweis darauf gesehen werden, dass diese sich kein ßend werden Freizeitaktivitäten, die Kinder gemeinsam mit ih- Urteil zutrauen. ren Eltern unternehmen und monatliche Freizeitausgaben der Familien, Bildungsübergänge, Bildungsbeteiligung und Schulab- Die Bewertung der Freizeitangebote für Kinder im Kreis Siegen- schlüsse von Kindern und Jugendlichen in unterschiedlichen Fa- Wittgenstein zeigt, dass das Angebot durchaus verbesserungs- milientypen sowie ausgewählte Aspekte zur Kindergesundheit würdig ist (vgl. Abbildung 6.1). Die Einschätzungen sind jedoch dargestellt. Abschließend wird dem Thema Kinderarmut noch eher ambivalent. Mehr als ein Drittel der Familien stimmt der einmal besondere Aufmerksamkeit geschenkt. negativen Einschätzung zum Freizeitangebot voll und ganz bzw. eher zu. Ein weiteres gutes Drittel der Familien lehnt die Aussage 6.1  Bewertung der Kinderfreundlichkeit des Kreises ab und knapp 30 Prozent sind in der Einschätzung unentschie- Siegen-Wittgenstein und der Freizeitangebote für Kinder den. Besonders kritisch äußern sich, wie in vielen anderen Städ- ten, Alleinerziehende: Mehr als 40 Prozent der Alleinerziehenden Wie schätzen Familien in Siegen-Wittgenstein die Kinderfreund- kritisiert das Freizeitangebot für Kinder als unzureichend und lichkeit ihres Kreises und ihrer Stadt bzw. Gemeinde subjektiv noch einmal fast ein Drittel ist unentschieden. Die Bewertungen ein? Sind die vorhandenen Freizeitangebote für Kinder ihrer Mei- der kinderreichen Familien und der Familien mit Migrationshin- nung nach ausreichend oder besteht Verbesserungsbedarf? Las- tergrund fallen dahingegen sogar etwas besser als die Bewertun- sen sich Unterschiede zwischen den Familienformen erkennen? gen der Familien insgesamt aus. Die Familien wurden darum gebeten, verschiedene Aussagen zu diesem Thema mit einer Fünferskala von 1 „stimme voll und ganz zu“ bis 5 „stimme überhaupt nicht zu“ zu bewerten.

Abbildung 6.1: Bewertung des Freizeitangebots für Kinder in Siegen-Wittgenstein

In Siegen-Wittgenstein gibt es zu wenig geeignete Freizeitangebote für Kinder:

Die Kategorien „stimme voll und ganz zu“ bzw. „stimme eher zu“ sowie die Kategorien „stimme eher nicht zu“ und „stimme überhaupt nicht zu“ wurden zusammengefasst. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz).

100 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

6.2 Gemeinsame Freizeitaktivitäten mit Kindern und In diesem Abschnitt soll ein Überblick darüber gegeben werden, Freizeitausgaben welche Freizeitaktivitäten Familien des Kreises Siegen-Wittgenstein gemeinsam mit ihren Kindern unternehmen. Gibt es überhaupt Das Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen hat sich in gemeinsame Freizeitunternehmungen und welche Familien unter- den letzten Jahrzehnten vor dem Hintergrund einer rasanten Wei- nehmen welche Aktivitäten? Zuletzt soll auch die Frage beantwor- terentwicklung der Computer- und Medientechnik grundlegend tet werden, wie viel des monatlichen Haushaltsbudgets Familien im geändert. In der Öffentlichkeit werden die veränderten Freizeitak- Kreis Siegen-Wittgenstein für Freizeitaktivitäten ausgeben. tivitäten von Kindern aber häufig sehr kontrovers diskutiert. Be- sonders kritisch wird die zunehmende Mediatisierung der Freizeit, Im Fragebogen wurde zu diesem Themenbereich u.a. erhoben, z.B. durch Fernsehen, Computer oder andere interaktive Medien, wie häufig die Eltern mit ihrem jüngsten Kind etwas unterneh- betrachtet. Dabei wird argumentiert, dass die medialen Freizeit- men und welche Freizeitaktivitäten eine Rolle spielen. Da diese aktivitäten gemeinsame außerhäusliche Freizeitbeschäftigungen Aktivitäten in den Altersgruppen sehr verschieden sein können in vielen Familien verdrängt hätten. Freizeit fände nur noch vor und darüber hinaus erst für Kinder ab dem Alter von drei Jahren dem Bildschirm statt und reale Erfahrungen außerhalb der Woh- von größerem Interesse sind, betrachten wir drei unterschiedliche nung würden immer seltener, was zu einer kulturellen Verarmung Altersgruppen: Die Drei- bis Fünfjährigen, die Sechs- bis Elfjähri- und zu Bildungsdefiziten bei den Kindern führen würde. Daher gen und die 12- bis 17-Jährigen. Die Angaben beziehen sich dabei sind für einen Familienbericht auch die Freizeitaktivitäten von jeweils auf die jüngsten Kinder in den befragten Familien, da be- Kindern und besonders gemeinsame Freizeitaktivitäten mit den sonders bei jüngeren Kindern häufiger von gemeinsamen Freizeit- Eltern von Interesse. aktiv-itäten mit den Eltern ausgegangen werden kann. Es werden

Abbildung 6.2: Gemeinsame Freizeitaktivitäten mit dem jüngsten Kind

Anmerkung: Prozentanteil der Nennungen: mehrmals oder mindestens einmal pro Woche. Mehrfachnennungen waren möglich. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

101 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

also nicht alle Kinder in der Familie betrachtet. In Abbildung 6.2 den für die Kinder der Altersgruppe von drei bis fünf Jahren bis auf wurden die Aktivitäten nach der Häufigkeit ihrer Nennung für die Video- und Computerspiele alle Aktivitäten anteilig am häufigsten Altersgruppe der Drei- bis Fünfjährigen geordnet (vgl. ausführli- genannt. Darüber hinaus ist die Anzahl der durchschnittlich aus- cher auch Tabelle 39 im Kommentierten Tabellenband: 88). geführten Aktivitäten, für die angegeben wird, dass diese mehr- mals oder mindestens einmal pro Woche stattfinden, für diese Al- In der Rangfolge ganz oben steht für diese Altersgruppe das ge- tersgruppe mit 5,9 am höchsten (vgl. Abbildung 6.3). meinsame Lesen oder Vorlesen und das gemeinsame Fernsehen. Für mehr als drei Viertel der Kinder in dieser Altersgruppe geben Mit dem Alter verändert sich die Bedeutung der genannten Frei- die Eltern an, dass mehrmals oder mindestens einmal pro Wo- zeitaktivitäten. So ist für die zweite Altersgruppe von sechs bis che gemeinsam ferngesehen oder mit den Kindern gelesen wird, elf Jahren das Fernsehen mit 75 Prozent Spitzenreiter bei den ge- wobei das gemeinsame Lesen oder Vorlesen mit 86 Prozent noch meinsamen Freizeitaktivitäten (vgl. Abbildung 6.2). Doch auch einmal deutlich vor dem gemeinsamen Fernsehen liegt. Ebenfalls das gemeinsame Lesen oder Vorlesen spielt für diese Altersgrup- sehr häufig (71 und 65 Prozent) sind das gemeinsame Spazieren pe noch eine größere Rolle. Immerhin zwei Drittel der Kinder lesen gehen und Karten- oder Brettspiele. Diese vier Freizeitaktivitäten noch mindestens einmal pro Woche gemeinsam mit ihren Eltern. gehören für den Großteil der Kinder der jüngsten Altersgruppe Fast jedes zweite Kind spielt noch regelmäßig mit seinen Eltern also zum normalen Familienalltag. Karten- oder Brettspiele oder geht mit ihnen spazieren, was be- deutet, dass diese Aktivitäten für viele Kinder der mittleren Al- Für etwa jedes zweite Kind zwischen drei und fünf Jahren gehö- tersgruppe zu den wöchentlichen Freizeitbeschäftigungen gehö- ren auch der Besuch von Freunden und Verwandten, Malen oder ren. Fast alle übrigen Aktivitäten werden für diese Altersgruppe Basteln und Fahrrad fahren mindestens einmal in der Woche zur deutlich seltener genannt als für die Altersgruppe der Drei- bis gemeinsamen Freizeitbeschäftigung mit den Eltern. Alle anderen Fünfjährigen. Einzige Ausnahme bilden gemeinsame Video- oder Freizeitaktivitäten werden seltener genannt bzw. nicht regelmäßig Computerspiele. Im Vergleich zu anderen Aktivitäten spielt diese durchgeführt. Verglichen mit Kindern anderer Altersgruppen wer- Freizeitbeschäftigung mit 17 Prozent aber keine große Rolle.

Abbildung 6.3: Häufigkeit gemeinsamer Freizeitaktivitäten mit dem jüngsten Kind

Von 14 möglichen Aktivitäten wurden durchschnittlich … Aktivitäten genannt, die mehrmals oder einmal pro Woche gemeinsam mit den Kindern unternommen werden:

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

102 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Tabelle 6.1: Sozioökonomischer Status und Freizeitaktivitäten mit dem jüngsten Kind

Lesen/Vorlesen Ausflüge/ ins Grüne fahren Fernsehen Video-/Computerspiele

in %

Migrationshintergrund mit Migrationshintergrund 71 18 78 24 ohne Migrationshintergrund 88 27 78 9 Erwerbsstatus Vater alleine erwerbstätig 82 23 81 13 Eltern beide erwerbstätig 90 25 79 7 Bildungsstatus niedrige Qualifikation 74 22 85 15 höchste Qualifikation 90 34 74 10 Äquivalenzeinkommen unter 750 € 81 18 78 16 über 1.250 € 89 40 70 6

(Altersgruppe 3 bis 5 Jahre, Freizeitaktivität wird mehrmals oder einmal pro Woche gemeinsam mit dem Kind unternommen.) Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

Insgesamt sinkt die durchschnittliche Zahl der genannten Ak- diglich vier ausgewählte Freizeitaktivitäten genauer untersucht. tivitäten, die mehrmals oder mindestens einmal pro Woche un- Zum einen betrachten wir das Lesen / Vorlesen sowie gemeinsa- ternommen werden, mit dem Alter (vgl. Abbildung 6.3). Für die me Ausflüge ins Grüne. Diese beiden Freizeitaktivitäten stehen mittlere Altersgruppe geben die Eltern nur noch durchschnittlich exemplarisch für Aktivitäten von und mit Kindern, die in der Regel 4,1 und für die älteste Gruppe durchschnittlich 1,9 von 14 mögli- als förderlich für die kindliche Entwicklung und als pädagogisch chen Aktivitäten an. Das liegt aber auch daran, dass mit steigen- wertvoll eingeordnet werden. Zum anderen wird das gemeinsa- dem Alter die Freizeit zunehmend mit Gleichaltrigen und seltener me Fernsehen und das gemeinsame Video- bzw. Computerspiel mit den eigenen Eltern verbracht wird. Dies trifft besonders für als Ausdruck einer eher mediatisierten und oft kritisierten Frei- die älteste Gruppe der 12- bis 17-Jährigen zu. In dieser Altersgrup- zeitbeschäftigung im oben beschriebenen Sinne betrachtet. pe werden die gemeinsamen Freizeitaktivitäten mit den Eltern zur Ausnahme. Lediglich das gemeinsame Fernsehen ist für zwei Wie zu erwarten, werden für alle vier Aktivitäten deutliche Un- Drittel der Jugendlichen weiterhin Normalität. Die Freizeitaktivi- terschiede in der Freizeitnutzung zwischen den betrachteten täten der Familien in Siegen-Wittgenstein sind also recht vielfältig Bevölkerungsgruppen sichtbar. So zeigt sich in den unteren Bil- und keinesfalls nur auf passiven Medienkonsum und Fernsehen dungs- und Einkommensschichten ein niedrigeres Niveau der mit beschränkt. Auch außerhäusliche Aktivitäten werden gegenüber Lesen/ Vorlesen und Ausflügen verbrachten gemeinsamen Frei- den Aktivitäten zu Hause nicht viel seltener genannt. zeit. Das Fernsehen bleibt zwar über alle Gruppen hinweg eine häufige Freizeitaktivität, dennoch sind in den Gruppen mit nied- Bezieht man jedoch die soziale Herkunft der Kinder mit ein, so riger Qualifikation und geringen Einkommen höhere Prozentan- lassen sich zum Teil deutliche Unterschiede hinsichtlich der Frei- teile zu erkennen. Auch beim gemeinsamen Video- und Compu- zeitaktivitäten beobachten (vgl. Tabelle 6.1). Hierzu betrachten terspielen ist der Anteil in diesen Bevölkerungsgruppen deutlich wir nur die Altersgruppe der Drei- bis Fünfjährigen, da in diesem höher. Überraschenderweise gilt dies auch, wenn nur der Vater Alter gemeinsame Aktivitäten mit den Eltern eine besondere Be- erwerbstätig ist, also die Mutter die Kinder zu Hause versorgt. deutung für die Entwicklung der Kinder haben. Zudem werden le- Hier werden Lesen oder Vorlesen und Ausflüge ins Grüne seltener

23 Besonders ein Anstieg des prozentualen Anteils verweist darauf, dass für die betreffenden Familien Freizeit, Bildung und Kultur insgesamt einen höheren Stellenwert im Familienalltag einnehmen.

103 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

genannt, während gemeinsames Fernsehen und Video- und Com- 6.3 Bildung und Familiensituation puterspiele häufiger zum Alltag gehören, als dies bei Familien, in denen beide Eltern erwerbstätig sind, der Fall ist. Daraus lässt sich Neben der Familie sind Bildungseinrichtungen – insbesondere schließen, dass gemeinsame Freizeitaktivitäten offenbar stärker Schulen – wichtige Sozialisationsinstanzen im Leben von Kindern. durch soziale Unterschiede und weniger durch die vorhandenen Der Bildungsverlauf und -erfolg werden aber wesentlich durch oder nicht vorhandenen Zeitressourcen der Eltern geprägt wer- die Familiensituation mitbestimmt. Nicht zuletzt die Ergebnis- den. Auch bei Familien mit und ohne Migrationshintergrund las- se der PISA-Studien und ganz aktuell eine OECD-Studie zur Bil- sen sich solche Unterschiede nachweisen. So wird in Familien mit dungssituation (vgl. OECD 2007) haben gezeigt, dass in Deutsch- Migrationshintergrund anteilig seltener gemeinsam mit den Kin- land der Bildungserfolg sehr stark durch die soziale Herkunft und dern gelesen und weniger Ausflüge unternommen. Gemeinsam die Staatsangehörigkeit der Kinder bestimmt wird. Eine heraus- ferngesehen wird ebenso häufig wie in Familien ohne Migrations- ragende Rolle spielt dabei der Übergang von der Grundschule auf hintergrund. Video- und Computerspiele werden jedoch sehr viel weiterführende Schulen. Die Bildungschancen und späteren Le- häufiger gemeinsam gespielt. benschancen der Kinder werden durch diesen Bildungsübergang maßgeblich beeinflusst. Welche weiterführende Schule angera- In den Kapiteln 5.2 und 5.3 wurde deutlich, dass die Einkommens- ten bzw. gewählt wird, ist aber nicht nur von den Wünschen und situation der unterschiedlichen Familientypen in Siegen-Wittgen- Bestrebungen der Eltern abhängig. Die Schulform richtet sich stein ungleich ausfällt (vgl. Tabelle 10 im Kommentierten Tabel- auch nach den schulischen Leistungen der Kinder und darauf fu- lenband). Entsprechend differenziert sind auch die finanziellen ßenden Empfehlungen der Grundschule. Soziale Selektivität im Ressourcen, die in den Familien für Freizeit-, Bildungs- und kul- Zugang zu unterschiedlichen Schulformen ist also nicht nur das turelle Aktivitäten ausgegeben werden (können). Auf alle Fami- Ergebnis familialer Bildungsentscheidungen und Bildungspräfe- lien gesehen belaufen sich die durchschnittlichen monatlichen renzen, sondern wird zugleich durch die jeweilige Grundschule Ausgaben für Freizeit, Bildung und Kultur auf 89 Euro pro Fami- und die Kriterien der Schulempfehlungen mitbestimmt. lie, was einem Anteil von 3,2 Prozent des Haushaltseinkommens entspricht. Auf das jeweilige Haushaltseinkommen der Familie In Abbildung 6.4 sind die Übergangsquoten der Siegen-Witt- bezogen, zeigt sich, dass mit höherem Einkommen und höherem gensteiner Schüler/-innen auf weiterführende Schulen nach Bildungsstatus sowohl der absolute Betrag als auch der relative Schulart und Staatsangehörigkeit für den gesamten Kreis darge- Anteil dieser Ausgaben am Haushaltseinkommen steigt, obwohl stellt.24 Die Übergangsquoten der Kinder in Siegen-Wittgenstein die relativen Unterschiede eher geringer ausfallen. Dies spricht sind, wie in vielen Städten Nordrhein-Westfalens, sehr stark von insgesamt für eine vergleichbare Gewichtung dieses Ausgaben- ihrer Staatsangehörigkeit beeinflusst. Übergreifend ist eine Be- bereiches für alle Familien (vgl. Tabelle 40 im Kommentierten Ta- nachteiligung von Kindern aus nichtdeutschen Familien beim bellenband).23 Wohlhabenden Familien steht mit 144 Euro ein fast Zugang zu höheren Schulabschlüssen nachzuweisen, was sich dreimal so großer Betrag zur Verfügung als armen und armutsna- besonders deutlich beim Übergang auf die Hauptschule und das hen Familien. zeigt. Während von den deutschen Schülern 16 Pro- zent auf eine Hauptschule und 39 Prozent auf ein Gymnasium Betrachtet man aber die absoluten Beträge, werden die Einkom- wechselten, dreht sich diese Zahl bei den nichtdeutschen Schü- mensunterschiede zwischen den Familienformen wieder sehr lern sozusagen um: Von ihnen wechselten 38 Prozent auf eine deutlich. So sind die absoluten Ausgaben für diesen Bereich bei Hauptschule und lediglich 13 Prozent auf ein Gymnasium. Familien mit Migrationshintergrund trotz vergleichbar hohen re- lativen Anteils mit durchschnittlich 69 Euro sehr viel niedriger als Auf eine Gesamtschule wechselten nichtdeutsche Schüler/-in- für Familien ohne Migrationshintergrund, die hierfür monatlich nen mit 16 Prozent etwas mehr als deutsche mit 11 Prozent. 93 Euro ausgeben. Betrachtet man Unterschiede nach der Kinder- Dennoch bleibt insgesamt gesehen die deutliche Schlechter- zahl, so geben Familien mit einem Kind absolut gesehen monat- stellung nichtdeutscher Schüler/-innen beim Übergang zu Schu- lich etwa den gleichen Betrag für Freizeit, Bildung und Kultur aus len mit höheren Bildungsabschlüssen bestehen: 50 Prozent der wie Familien mit drei und mehr Kindern. deutschen Schüler/-innen und 29 Prozent der nichtdeutschen Schüler/-innen besuchten nach der Grundschule eine Schule mit der Möglichkeit zum Abschluss mit Allgemeiner Hochschulreife, was sich letztlich auch auf die am Ende der Schulzeit realisierten Schulabschlüsse auswirkt (vgl. Abbildung 6.5).

23 Besonders ein Anstieg des prozentualen Anteils verweist darauf, dass für die betreffenden Familien Freizeit, Bildung und Kultur insgesamt einen höheren Stellenwert im Familienalltag einnehmen. 24 Da es sich hier um Angaben der Schulstatistik handelt, werden deutsche und nichtdeutsche Schüler/-innen betrachtet, nicht Schüler/-innen mit Migrationshintergrund.

104 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Während ein Drittel aller deutschen Schüler/-innen das Schul- Sehr drastisch sind auch die Unterschiede zwischen deutschen jahr 2005/2006 mit einer Fachhochschul- oder allgemeinen und nichtdeutschen Schüler/-innen, die die Schule ohne Ab- Hochschulreife beendete, war dies bei den nichtdeutschen Schü- schluss bzw. lediglich mit einem Hauptschulabschluss verlassen: ler/-innen nur etwa jede/r siebte. Auch der Anteil derer, die die Während dies bei den deutschen Schüler/-innen nur gut jede/r Schule mit einer Fachoberschulreife verlassen, liegt bei den deut- fünfte ist, sind es bei den nichtdeutschen mit 51 Prozent gut die schen Schüler/-innen deutlich über dem der nichtdeutschen. Hälfte der Schüler/-innen!

Abbildung 6.4: Übergangsquoten auf weiterführende Schulen nach Staatsangehörigkeit in Siegen-Wittgenstein 2005/2006

deutsche Jugendliche nichtdeutsche Jugendliche

Abbildung 6.5: Bildungsabschlüsse an weiterführenden Schulen nach Staatsangehörigkeit in Siegen-Wittgenstein 2005/2006

deutsche Jugendliche nichtdeutsche Jugendliche

Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

105 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Betrachtet man die Übergangsquoten aller Siegen-Wittgenstei- zwischen acht Prozent (Kreuztal) und 27 Prozent (Freudenberg) ner Schüler/-innen zu den weiterführenden Schulformen in Be- der Schüler/-innen. In Kreuztal fällt dabei der im Vergleich zu den zug auf kleinräumige Unterschiede, sind zwischen den Städten übrigen Städten und Gemeinden sehr hohe Anteil von 26 Pro- und Gemeinden einige Abweichungen feststellbar (vgl. Karte zent an Schüler/-innen auf, die an eine Gesamtschule wechsel- 6.1).25 Die niedrigsten Übergangsquoten auf ein Gymnasium gab ten, was u.U. den sehr niedrigen Anteil an Übergängen zu den es in Erndtebrück (26 Prozent); die höchsten in Hilchenbach und Hauptschulen erklären könnte. Bad Laasphe (je 43 Prozent). Auf eine Hauptschule wechselten

Karte 6.1: Bevölkerung von unter 14 Jahren und Übergangsquoten von Schüler/-innen zu weiterführenden Schulen nach Städten und Gemeinden 2005 (Schuljahr 2005/2006)

25 Leider können wir diese Übergänge lediglich nach dem Ort der Grundschule und nicht nach dem Wohnort der Schüler/-innen differenzieren, was die Aussagekraft der Ergebnisse etwas einschränkt. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die jeweilige Grundschule für die meisten Schüler/-innen wohnortnah und damit zumeist in der Stadt bzw. Gemeinde liegt, in der die Schüler/-innen wohnen.

106 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Neben der Staatsangehörigkeit bzw. dem Migrationshintergrund denen Einkommensgruppen miteinander, so werden zum Teil der Schüler/-innen sind weitere soziale Einflussfaktoren und Ein- gravierende Unterschiede hinsichtlich der Schulform deutlich. flüsse der Familiensituation für die Bildungsbeteiligung wirk- Der Anteil der Kinder aus Familien mit geringem Einkommen ist sam. Eine ganze Reihe sozialwissenschaftlicher Untersuchungen in den Klassenstufen der gymnasialen Oberstufe unterdurch- hat bereits gezeigt, dass sich Armut, aber auch der längerfristi- schnittlich, was gleichzeitig bedeutet, dass ein unterdurch- ge Bezug von sozialstaatlichen Transferleistungen oder länge- schnittlicher Anteil dieser Kinder später ein Studium aufnehmen re Arbeitslosigkeitsphasen der Eltern negativ auf die Bildungs- wird. Kinder aus Familien mit höherem Einkommen besuchen beteiligung und den Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen mehr als doppelt so häufig das Gymnasium. In der Einkommens- auswirken können. Auch in Siegen-Wittgenstein zeigen sich Zu- gruppe der Familien mit einem bedarfsgewichteten Einkommen sammenhänge der Bildungsbeteiligung mit der Einkommenssi- von 1.250 Euro und mehr gehen fast zwei Drittel der betreffen- tuation und der Lebenslage der Familien. den Kinder auf das Gymnasium, während dies in den armen und armutsnahen Familien nur knapp ein Drittel der Kinder ist (vgl. Bezogen auf sämtliche Familien beträgt der Anteil der Schülerin- Abbildung 6.6). Eine Hauptschule besuchen hingegen nur sieben nen und Schüler, die eine Hauptschule besuchen, 16 Prozent. 30 Prozent der Kinder aus wohlhabenden Familien, aber 26 Prozent Prozent gehen auf eine Realschule, weitere 42 auf ein Gymnasi- der Kinder aus ärmeren Haushalten. um. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler auf einer Gesamt- schule beträgt neun Prozent. Vergleicht man jedoch die verschie-

Abbildung 6.6: Schulform der Kinder auf weiterführenden Schulen nach Äquivalenzeinkommen der Familien

Anmerkung: Nur Kinder, die eine weiterführende Schule besuchen. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

107 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Noch etwas deutlicher sind diese Unterschiede, wenn der höch- Eine Vielzahl von sozialwissenschaftlichen und epidemiologi- ste Qualifikationsabschluss der Eltern betrachtet wird (vgl. Tabelle schen Studien belegen einen Zusammenhang von Armut und 42 im Kommentierten Tabellenband): In der Gruppe der Kinder gesundheitlichen Beeinträchtigungen (vgl. u.a. Mielck 2000, aus Familienhaushalten mit höchster Qualifikation besuchen Strohmeier / Scherdin 2005, Robert Koch-Institut 2007). Als Ein- fast zwei Drittel (65 Prozent) das Gymnasium und nur noch vier flussfaktoren auf das Zusammenwirken zwischen sozialer Un- Prozent die Hauptschule. Von den Kindern aus Familienhaushal- gleichheit und Kindergesundheit werden besonders die Lebens- ten mit niedriger Qualifikation ist dagegen nur noch jedes fünfte stile der Familien, so z.B. das Gesundheitsverhalten im Alltag, die Kind auf einem Gymnasium zu finden, während jedes dritte Kind Ernährungsweise und das Vorsorgeverhalten, aber auch soziale eine Hauptschule besucht. Aber auch Kinder Alleinerziehender Belastungen durch Familienprobleme und durch das soziale Um- und Kinder aus Migrantenhaushalten besuchen anteilig sehr viel feld angeführt. In der Konsequenz führt dies oft dazu, dass sich seltener ein Gymnasium und deutlich häufiger eine Hauptschule. bei Kindern mit niedrigem sozioökonomischen Status Lücken in Weniger als die Qualifikation und die Familienform wirkt sich da- der Gesundheitsvorsorge zeigen und sich gesundheitliche Pro- gegen der Erwerbsstatus der Eltern aus. bleme häufen. Lassen sich solche Zusammenhänge auch in Sie- gen-Wittgenstein nachweisen? Gibt es Unterschiede zwischen Die späteren Arbeitsmarkt- und Berufschancen von Schülerinnen den einzelnen Städten und Gemeinden, d.h. ist Kindergesund- und Schülern mit Hauptschulabschluss sind wesentlich einge- heit eine Frage der Adresse? Wo treten gesundheitliche Proble- schränkter als von Jugendlichen mit höheren Bildungsabschlüs- me bei Kindern gehäuft auf? sen, da die „Verwertbarkeit“ eines Hauptschulabschlusses am Arbeitsmarkt in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken ist. Wir betrachten im Folgenden lediglich sozialräumliche Unter- Das betrifft sowohl die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu er- schiede zwischen den Städten und Gemeinden im Kreis Siegen- halten, eine dauerhafte Beschäftigung zu finden oder beruflich Wittgenstein hinsichtlich der Diagnosearten Sprachstörungen,26 aufzusteigen, als auch die zu realisierenden Einkommenshöhen. Bewegungsstörungen27 und Übergewicht28 bei Kindern der Schu- In Siegen-Wittgenstein sind besonders für nichtdeutsche Kinder leingangskohorte 2006/2007 mit Aggregatdaten. Bei der Vertei- bzw. Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, für Kinder lung dieser Merkmale im Kreis zeigen sich zwar räumliche Unter- von Alleinerziehenden sowie für Kinder aus Familienhaushalten schiede, diese lassen sich aber nicht mit dem sozialräumlichen mit niedriger Qualifikation und aus einkommensarmen Famili- Status der Städte oder Gemeinden in Verbindung bringen. Au- enhaushalten die Startbedingungen für das spätere Leben im ßerdem lässt sich keine Häufung aller drei Diagnosearten in be- Durchschnitt schlechter als für andere Kinder. stimmten Städten oder Gemeinden erkennen29 (vgl. Abbildung 6.7). Sprach- und Bewegungsstörungen sind insgesamt in der be- 6.4 Ausgewählte Aspekte der Gesundheit von Kindern trachteten Schuleingangskohorte weiter verbreitet als krankhaft übergewichtige Kinder. In Netphen und Bad Berleburg finden Um ausgewählte Aspekte der Gesundheit von Kindern in Siegen- sich der höchste Anteil an Kindern mit Bewegungsstörungen, Wittgenstein zu betrachten, stützen wir uns auf Ergebnisse der d.h. mit Auffälligkeiten bezüglich der Motorik und Koordination: Schuleingangsuntersuchung für das Schuljahr 2006/2007. Die Für fast ein Viertel der Kinder wurde eine solche Störung diagno- Schuleingangsuntersuchung ist eine Pflichtuntersuchung, bei der stiziert. Sprachstörungen hingegen finden sich deutlich häufiger flächendeckend alle Kinder im Schuleintrittsalter individuell nach bei Kindern aus Bad Laasphe. Dort sind anteilig auch die meisten schulrelevanten Gesundheitsaspekten untersucht werden. Die Kinder mit krankhaftem Übergewicht zu finden. Untersuchung wird vom kinder- und jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes durchgeführt. Ziel dieser Untersuchung ist es, Hinweise auf das Vorsorgeverhalten der Eltern kann man insbe- eine medizinische Einschätzung zur Einschulung der Kinder zu ge- sondere aus der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersu- ben. Zudem sollen mögliche Beeinträchtigungen für den Schulbe- chungen (hier betrachten wir die Teilnahme an der U9) ableiten. such und für die Entwicklung der Kinder früh erkannt werden, mit Neben diesem Indikator kann zur Analyse des Vorsorgestatus dem Ziel, diese durch fördernde und kompensatorische Maßnah- auch der Durchimpfungsgrad gegen verschiedene Krankheiten men auszugleichen. Es wird eine Vielzahl von Diagnosegruppen herangezogen werden (vgl. Abbildung 6.8). mit insgesamt etwa 40 Merkmalen bei der Untersuchung berück- sichtigt, die neben medizinischen Merkmalen auch psychische und entwicklungspsychologische Aspekte berücksichtigen.

26 Als Sprachstörungen werden erfasst: Stammelfehler, Dysgrammatismus, Redeflussstörung, Stimmstörung. 27 Als Bewegungsstörungen werden erfasst: Auffälligkeiten der Motorik und Koordination hinsichtlich mindestens eines der folgenden Bereiche: Gleichgewicht, Grob- und Feinmotorik, Auge-Hand-Koordination. 28 Gewicht über der 97. Perzentile. 29 Da es sich hier nur um Angaben für einen Jahrgang und damit um relativ kleine Fallzahlen handelt, dürfen diese kleinräumigen Unterschiede nicht überbewertet werden. Erst mit der Berechnung von Jahresdurchschnitten über mindestens drei Jahre können kleinräumige Unterschiede besser abgebildet werden.

108 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 6.7: Ausgewählte Diagnosearten der Schuleingangsuntersuchung nach Stadtbezirken

* Gewicht über der 97. Perzentile. (in % der untersuchten Kinder; Schuljahr 2006/2007) Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

Aufgrund eines insgesamt hohen Durchimpfungsniveaus wur- ab. Innerhalb des Kreises schwankt diese Einschätzung der Famili- den lediglich die Impfungen gegen Polio und Tetanus ausgewählt. en jedoch stark. Während in Bad Laasphe und Kreuztal weniger als Übergreifend lässt sich erkennen, dass für Siegen-Wittgensteiner 60 Prozent der Familien voll und ganz bzw. eher zustimmen, sind Familien insgesamt ein vergleichsweise gutes Vorsorgeverhal- es in Netphen 77 Prozent. Eine (eher) negative Einschätzung der ten erkennbar ist. Dies zeigt sich besonders in einem sehr hohen Gesundheitsvorsorge in Siegen-Wittgenstein haben insbesonde- Durchimpfungsgrad der untersuchten Kinder, unabhängig davon, re Familien in Bad Laasphe (20 Prozent), in Hilchenbach und Net- in welcher Stadt oder Gemeinde die Kinder wohnen. Obgleich phen ist dies nur selten der Fall (je fünf Prozent). auch die Früherkennungsuntersuchung U9 von der großen Mehr- zahl der Eltern wahrgenommen wird, zeigen sich hier Unterschie- de zwischen den Städten und Gemeinden. So liegen die Teilnah- mequoten in Bad Laasphe, Netphen und Burbach nur knapp über 80 Prozent.

Die gesundheitspräventiven Interventionen und Maßnahmen für Kinder erreichen offensichtlich die Familien in Siegen-Wittgen- stein. Das spiegelt sich auch in der Bewertung der Gesundheits- vorsorge wider. Danach befragt, ob die Gesundheitsvorsorge für ihre Kinder gut organisiert ist, zeigt sich bei den Siegen-Wittgen- steiner Familien ein sehr positives Bild (vgl. Abbildung 6.9). Gut zwei Drittel der Familien stimmt der Aussage voll und ganz bzw. eher zu und lediglich 10 Prozent der Familien lehnen diese Aussage

109 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 6.8: Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchung U9 und Durchimpfungsgrad von Kindern gegen Polio und gegen Tetanus

(in % der untersuchten Kinder mit vorgelegtem U-Heft und in % der untersuchten Kinder mit vorgelegtem Impfausweis; Schuljahr 2006/2007) Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

110 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 6.9 Einschätzung der Gesundheitsvorsorge in Siegen-Wittgenstein

Die Kategorien „stimme voll und ganz zu“ bzw. „stimme eher zu“ sowie die Kategorien „stimme eher nicht zu“ und „stimme überhaupt nicht zu“ wurden zusammengefasst. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

111 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 6.10: Ambulante und stationäre Hilfen zur Erziehung in Siegen-Wittgenstein 2005

(je 1.000 der Bevölkerung unter 21 Jahren; basierend auf Jahressumme) Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

6.5 Hilfen zur Erziehung und Jugendgerichtshilfen Hinsichtlich der Jugendgerichtshilfequote, also dem Anteil der Jugendgerichtsfälle je 1.000 der Bevölkerung im Alter von 14 bis In Kapitel 5.4. wurde die wirtschaftliche Lage von Familien und die unter 21 Jahren, zeigen sich zwischen den meisten Städten und Arten institutioneller Unterstützung, auf die sie zurückgegriffen Gemeinden im Kreis Siegen-Wittgenstein nur wenig Unterschie- haben, dargestellt. Daran anknüpfend soll im Folgenden die Inan- de (vgl. Abbildung 6.11). Insgesamt liegt die Quote ausgespro- spruchnahme ambulanter und stationärer Hilfen zur Erziehung chen niedrig und sogar in der Stadt Kreuztal, wo 2005 die mit im Kreis Siegen-Wittgenstein im Jahr 2005 abgebildet werden. Abstand meisten Jugendgerichtsfälle zu beobachten waren, sind Diese Angebote der kommunalen Jugendhilfe sind neben allge- nur eher mittlere Werte feststellbar. Bei der Interpretation des meinen Angeboten zur Bewältigung des Alltagslebens für die Un- Indikators ist aber zu beachten, dass nicht die Jugendlichen mit terstützung von Familien mit Kindern und Jugendlichen von be- entsprechenden Problemen gezählt werden, sondern die in An- sonderer Bedeutung. Betrachtet man die Hilfen zur Erziehung, die zeige gebrachten Fälle. Um die Zahlen auf regionaler Ebene ver- je 1.000 der Bevölkerung unter 21 Jahren im Jahr 2005 im Kreis gleichen zu können und Interventionsbedarfe abzuleiten, werden Siegen-Wittgenstein in Anspruch genommen wurden, zeigt sich die Fälle auf die Jugendlichen der entsprechenden Altersgruppe in den meisten Städten und Gemeinden ein Übergewicht der am- bezogen. Ein/e Jugendliche/r etwa, der/die im Jahr 2005 bei zwei bulanten Hilfen (vgl. Abbildung 6.10). Zwischen 5,9 und 20,6 Pro- Ladendiebstählen erwischt wurde, wird demnach zweimal ge- mille der Kinder dieser Altersgruppe erhielten im Jahr 2005 Hilfen zählt. Der Anteil der delinquenten Jugendlichen ist also niedriger dieser Art. Stationäre Hilfen zur Erziehung nahmen zwischen 4,7 als die Jugendgerichtshilfequote. und 10,4 Promille der Kinder und Jugendlichen in Anspruch.30

30 Auch hier dürfen diese kleinräumigen Unterschiede nicht überbewertet werden, da es sich nur um Angaben für einen Jahrgang und damit um relativ kleine Fallzahlen handelt. Erst mit der Berechnung von Jahresdurchschnitten über mindestens drei Jahre können kleinräumige Unterschiede besser abgebildet werden.

112 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 6.11: Jugendgerichtshilfequoten in Siegen-Wittgenstein 2005

(Jugendgerichtsfälle je 1.000 der Bevölkerung im Alter von 14 bis 21 Jahren; basierend auf Jahressumme) Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

6.6 Kinderarmut – auch im Kreis Siegen-Wittgenstein landt/ Nollmann 2006:24f.). Kinder sind damit nach wie vor die ein Problem? am häufigsten von Armut betroffene Altersgruppe.

„Arme Kinder leiden in Deutschland […] in der Regel weder Hun- 6.6.1 Sozialhilfedichten ger noch Durst, sie haben ein eigenes Bett und sie gehen zur Schu- le“ (vgl. Belwe 2006:2). Dennoch ist Kinderarmut in Deutschland Doch wie sieht es diesbezüglich im Kreis Siegen-Wittgenstein existent. Sie äußert sich in einer eingeschränkten materiellen aus? Muss auch hier Kinderarmut als ein Thema angesehen Grundversorgung, verminderten Bildungschancen, einer schlech- werden, dem die Politik vor Ort begegnen muss oder belegen teren Gesundheit und geringerer sozialer Teilhabe. Armut stellt amtliche Daten und Ergebnisse aus der Familienbefragung das somit den größten Risikofaktor für kindliche Lebenschancen dar, Gegenteil? Betrachtet man anhand amtlicher Daten aus dem was letztendlich zu einem immer stärkeren Auseinanderdriften Familienstatistischen Informationssystem die Sozialhilfedichte unserer Gesellschaft führt (vgl. ebd.). Ende 2004 waren amtli- der Bevölkerung im Kreis Siegen-Wittgenstein insgesamt, so lag chen Statistiken zufolge 1,1 Millionen der Sozialhilfeempfänger diese am Stichtag 31.12.2004 (also unmittelbar vor der Umge- Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, was 7,5 Prozent sämt- staltung der sozialen Sicherungssysteme und der Einführung des licher Minderjährigen in Deutschland entspricht. Aufgrund der Arbeitslosengeldes II) zwischen 1,0 Prozent in Burbach bis 4,0 Umgestaltung der sozialen Sicherungssysteme sowie der Einfüh- Prozent in Kreuztal (blaue Balken in Karte 6.2, vgl. auch Kapitel rung des Arbeitslosengeldes II Anfang 2005 erhöhte sich nach 5.1), wobei nur in Hilchenbach und Kreuztal Werte über zwei Pro- Einschätzung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes die Zahl zent erreicht wurden. Der Kreis Siegen-Wittgenstein lag damit der Kinder und Jugendlichen, die auf Sozialhilfeniveau leben, auf unterhalb des landesweiten Sozialhilfeniveaus von 4,0 Prozent. 1,7 Millionen oder 14,2 Prozent aller Minderjährigen (vgl. Reiß-

113 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Allerdings lagen die Sozialhilfedichten der unter 7-Jährigen (sie- tebrück erreicht; für die unter 18-Jährigen in Hilchenbach, Ernd- he Kartenflächen) und unter 18-Jährigen (rote Balken) auch im tebrück und Neunkirchen. Auch wenn die Sozialhilfedichten der Kreis Siegen-Wittgenstein deutlich über denen der Bevölkerung unter 7- und unter 18-Jährigen in den meisten Städten und Ge- insgesamt – ohne dass sich die Rangfolge zwischen den Städ- meinden im Kreis Siegen-Wittgenstein damit deutlich unterhalb ten und Gemeinden wesentlich verändert. Wie auch bei den So- des Landesdurchschnittes liegen, sind sie dennoch zwei bis drei zialhilfedichten insgesamt sind in Burbach die niedrigsten (3,3 Mal höher als die der Bevölkerung insgesamt. Die Aussage, dass Prozent bei den unter 7-Jährigen und 2,9 Prozent bei den unter Kinder (und Jugendliche) die am häufigsten von Armut betroffe- 18-Jährigen) und in Kreuztal die höchsten Werte (8,9 und 11,9 ne Altersgruppe sind, trifft demnach auch auf den Kreis Siegen- Prozent) zu finden. Werte über fünf Prozent werden für die unter Wittgenstein zu. 7-Jährigen außer in Kreuztal nur noch in Hilchenbach und Ernd-

Karte 6.2: Sozialhilfedichten der Bevölkerung 2004

(in % der altersgleichen Bevölkerung; 31.12.2004) Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstei

114 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 6.12: Arme, armutsnahe und nicht arme Familien und Kinder in Siegen-Wittgenstein insgesamt

Familien Kinder

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Haushalts- und Kinderdatensatz)

Bereits die Unterteilung in arme, armutsnahe und nicht arme Fa- links). Unter diesen alleinerziehenden Familien finden sich antei- milien und Kinder im Kreis Siegen-Wittgenstein zeigt, dass trotz lig besonders häufig arme und armutsnahe Familien: 50,4 Pro- der vergleichsweise niedrigen Sozialhilfedichten dennoch mehr zent der Alleinerziehenden (das sind 5,2 Prozent aller Familien als jede vierte Familie bzw. fast jedes dritte Kind in Siegen-Witt- in Siegen-Wittgenstein) leben mit weniger als 750 Euro monat- genstein von Armut bedroht oder betroffen ist (vgl. Abbildung. lichem Äquivalenzeinkommen und sind damit als arm oder ar- 6.12). Kleinräumig betrachtet, können zwischen den Städten und mutsnah einzustufen. 37,2 Prozent der Alleinerziehenden leben Gemeinden im Kreis wie für Familien insgesamt auch deutliche sogar unterhalb der Armutsgrenze von 615 Euro. Von den Kin- Unterschiede in Bezug auf die Armutsbetroffenheit von Kindern dern unter 18 Jahren in Siegen-Wittgenstein leben 8,7 Prozent in festgestellt werden (vgl. Abbildung. 6.13). Hier liegen Netphen Familien Alleinerziehender. 53,6 Prozent von ihnen (also 4,7 Pro- und Wilnsdorf mit einem nur geringen Anteil von jeweils 23 Pro- zent aller Siegen-Wittgensteiner Kinder und Jugendlichen unter zent armer und armutsnaher Kinder und 77 Prozent nicht ar- 18 Jahren) müssen als arm oder armutsnah betrachtet werden. mer Kinder an erster und zweiter Stelle. Auch Freudenberg und D.h. Alleinerziehende haben, obwohl sie unter Umständen Un- Erndtebrück stehen mit lediglich 28 bzw. 31 Prozent armer und terhaltszahlungen erhalten, besonders häufig nur ein geringes armutsnaher Kinder noch besser da als der Durchschnitt bzw. Einkommen zur Verfügung. Ein besonders hohes Armutsrisiko liegen genau im Durchschnitt. Die übrigen Städte und Gemein- von Alleinerziehenden lässt sich auch in anderen Städten nach- den liegen demgegenüber hinsichtlich der Armutsbetroffenheit weisen. Besonders in kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens oberhalb des kreisweiten Durchschnittes. Besonders prekär stellt ist das Armutsrisiko alleinerziehender Mütter und Väter aber sich die Situation in Burbach dar, wo mit 41 Prozent im Jahr 2006 häufig deutlich höher (vgl. ZEFIR/ Gelsenkirchen 2006; ZEFIR/ weit mehr als jedes dritte Kind von Armut bedroht oder betrof- Oberhausen 2006). fen ist, obgleich die Sozialhilfedichten der Gesamtbevölkerung im Jahr 2004 eher gering ausfielen. 13,6 Prozent aller befragten Familien in Siegen-Wittgenstein sind kinderreiche Familien mit 3 oder mehr Kindern. In den kin- In Abbildung 6.14 werden Siegen-Wittgensteiner Familien unter- derreichen Familien lebt aber gut ein Viertel der Siegen-Wittgen- schiedlicher Familienformen (sowie die Kinder unter 18 Jahren in steiner Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren. Die Armutsbe- diesen Familien) in Relation zu allen Familien (sowie zu allen Kin- troffenheit ist unter Kinderreichen ähnlich stark ausgeprägt wie dern und Jugendlichen unter 18 Jahren) in Siegen-Wittgenstein unter Alleinerziehenden. Jeweils gut die Hälfte von ihnen (52,6 gesetzt: 10,6 Prozent der Familien in Siegen-Wittgenstein sind Prozent der Familien und 52,4 Prozent der Kinder) lebt in armen Familien von alleinerziehenden Müttern oder Vätern (Säule ganz oder armutsnahen Verhältnissen. Unterscheidet man allerdings

115 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 6.13: Arme, armutsnahe und nicht arme Kinder in Siegen-Wittgenstein nach Städten und Gemeinden

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

Abbildung 6.14: Kinderarmut nach Familienformen in Siegen-Wittgenstein

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Haushalts- und Kinderdatensatz)

116 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

zwischen arm und armutsnah, finden sich die kinderreichen Fa- sen mit 53,6 und 52,4 Prozent mehr als die Hälfte aller Kinder milien zu etwa gleichen Teilen in Armut und Armutsnähe, wäh- aus Familien Alleinerziehender sowie aus kinderreichen Familien rend Alleinerziehende häufiger arm im Sinne der Armutsgrenze als arm bzw. armutsnah eingestuft werden. Kinder aus Migran- unterhalb von 50 Prozent des Nettoäquivalenzeinkommens sind tenfamilien sind sogar noch einmal stärker von Armut betroffen. (vgl. Kapitel 5.3.3). Fast zwei Drittel dieser Kinder leben in armen oder armutsnahen Familien! In Siegen-Wittgenstein haben, nach der hier verwendeten erwei- terten Definition, 15 Prozent der Familien und 15,5 Prozent der Ein nicht ausreichendes Einkommen bedeutet auch, dass mög- Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren einen Migrationshinter- licherweise für Lebensbereiche, die speziell die Kinder in den Fa- grund. Verglichen mit den beiden anderen Familienformen zäh- milien betreffen, kein oder nicht genügend Geld zur Verfügung len Familien mit Migrationshintergrund in Siegen-Wittgenstein steht, bzw. dies zumindest subjektiv so empfunden wird. Danach mit 55,5 Prozent am häufigsten zur untersten Einkommensgrup- befragt, ob das Geld in der Familie für Spielzeug und Bekleidung pe mit weniger als 750 Euro Äquivalenzeinkommen (das sind 8,3 der Kinder ausreicht, zeigen sich zwischen den Familien deutliche Prozent der Familien insgesamt). Kinder aus diesen Familien sind Unterschiede (vgl. Abbildung 6.15). So geben Familien, die auf- mit 63,1 Prozent noch einmal deutlich häufiger von Armut be- grund ihres Einkommens als nicht arm eingestuft werden, etwa troffen. Was die Unterscheidung zwischen Armut und Armuts- doppelt so häufig wie armutsnahe und etwa dreimal so häufig nähe anbelangt, sind Familien mit Migrationshintergrund in Sie- wie arme Familien an, dass ihr Geld für Spielzeug und Bekleidung gen-Wittgenstein mit 36,6 Prozent, die in Armut leben, ähnlich der Kinder voll und ganz ausreicht. Die Aussage, dass ihr Geld für schlecht gestellt wie Familien Alleinerziehender. diese Dinge etwas mehr sein könnte, wird dagegen deutlich sel- tener gemacht. Dass das Geld überhaupt nicht ausreicht, kommt Zusammenfassend kann gesagt werden, dass kreisweit fast je- in nicht armen Familien kaum vor. Arme und armutsnahe Famili- des dritte Kind in armen oder armutsnahen Familien lebt, wobei en empfinden ihr Einkommen demgegenüber deutlich häufiger dieser Anteil zwischen den Städten und Gemeinden zwischen 23 unzureichend. Mit jeweils 19 Prozent gibt fast jede fünfte arme Prozent (in Netphen und Wilnsdorf) und 41 Prozent (in Burbach) Familie an, für Spielzeug und Bekleidung der Kinder keine ausrei- schwankt. Kinder aus Familien mit besonderem Unterstützungs- chenden Geldmittel zur Verfügung zu haben. bedarf sind demgegenüber deutlich schlechter gestellt: So müs-

Abbildung 6.15: Beurteilung der finanziellen Situation des Haushalts

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

117 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

6.6.2 Folgen von Kinderarmut klassen festgestellt werden. Vergleicht man die Freizeitaktivitä- ten mit dem jüngsten Kind noch einmal zwischen Kindern aus Doch nicht nur finanziell sind Kinder aus armen und armutsna- armen und Kindern aus nicht armen Familien, so sind auch hier hen Familien gegenüber anderen Kindern benachteiligt. „In der Unterschiede festzustellen (vgl. Abbildung 6.16). Wie bei den ver- Armutsforschung hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass be- schiedenen Einkommensklassen wird auch hier in den Familien, sonders Kinderarmut viel mehr heißt, als wenig Geld zu haben. die weniger Geld zur Verfügung haben, seltener gemeinsam mit […] Sie manifestiert sich in verschiedenen Lebensbereichen und dem jüngsten Kind gelesen bzw. vorgelesen und Ausflüge unter- führt zu vielfältigen Benachteiligungen, Belastungen oder Be- nommen. Gemeinsam verbrachte Zeit vor dem Fernseher oder einträchtigungen, etwa im Wohn-, Bildungs-, Ausbildungs-, Ge- dem PC kommt hingegen häufiger vor, unter Umständen auch, sundheits- und Freizeitbereich“ (Butterwegge 2006: 33). Bereits weil das Geld für andere Dinge nicht ausreicht. Im Vergleich zu in Kapitel 5.3 wurde verdeutlicht, welche weiteren Auswirkun- den anderen Familientypen fällt bei armen Familien insbesonde- gen Armut und Armutsnähe auf das Leben von Familien haben. re das häufige gemeinsame Video- und Computerspielen auf. Dort zeigte der Vergleich, dass arme und armutsnahe Familien im Gegensatz zu nicht armen Familien unter anderem kleinere Der Vergleich zwischen Kindern aus armen, armutsnahen und Wohnungen bewohnen und über einen geringeren Bildungssta- nicht armen Familien in Bezug auf die von ihnen besuchte Schul- tus verfügen. Darüber hinaus gehören beide Gruppen häufiger form macht die prekäre Situation von Kindern aus armen Fami- zu den Familien, die angaben, sich (fast) nichts leisten zu können. lien noch einmal besonders deutlich (vgl. Abbildung 6.17). Nur Aus der Perspektive der Kinder bedeuten diese Ergebnisse eine noch knapp jedes dritte dieser Kinder besucht eine Schule, an zusätzliche Verschärfung der Probleme, da in armen und armuts- der die Möglichkeit eines Abschlusses der Allgemeinen Hoch- nahen Haushalten durchschnittlich mehr Kinder als in armuts- schulreife besteht, während fast jedes dritte Kind lediglich eine fernen Haushalten leben. Hauptschule besucht. Dies unterscheidet sich deutlich von nicht armen, aber auch armutsnahen Kindern: Von diesen besuchen Auch bei den weiter oben im Kapitel beschriebenen Bereichen 44 bzw. 55 Prozent, also etwa jedes zweite Kind, eine Schule mit Freizeitaktivitäten und Schulbeteiligung konnten bereits deut- der Möglichkeit zum Abschluss der Schule mit Allgemeiner Hoch- liche Unterschiede zwischen den verschiedenen Einkommens- schulreife und nur 13 bzw. 19 Prozent eine Hauptschule.

Abbildung 6.16: Äquivalenzeinkommen und Freizeitaktivitäten mit dem jüngsten Kind

(Altersgruppe 3 bis 5 Jahre, Freizeitaktivität wird ein- oder mehrmals pro Woche gemeinsam mit dem Kind unternommen.) Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

118 KAPITEL 6 Lebenssituation von Kindern im Kreis Siegen-Wittgenstein

Abbildung 6.17: Schulform der Kinder auf weiterführenden Schulen nach Äquivalenzeinkommen der Familien

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 (Kinderdatensatz)

119 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

120 7 vereinbarkeit von Familie und beruf FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Die Frage nach einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie land lange Zeit typische Ernährermodell mit dem vollerwerbstä- und Beruf steht aktuell im Mittelpunkt der kommunalpolitischen tigen Mann und einer nicht oder nur Teilzeit erwerbstätigen Frau Diskussionen und Bestrebungen für mehr Familienfreundlichkeit. weiterhin Normalität? Welche Rolle spielen Bildungsniveau, Kin- Mit Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbs- derzahl und Alter der Kinder für die Müttererwerbstätigkeit? tätigkeit für Eltern und besonders für Mütter erleichtern sollen, ist auf kommunaler Ebene die Hoffnung verbunden, die Gebur- In Siegen-Wittgenstein ist das klassische Modell mit dem Vollzeit tenrate (wieder) zu steigern, junge Familien in den Städten und erwerbstätigen Vater und der Hausfrau, die die Familienarbeit lei- Gemeinden zu halten oder neue Familien anzusiedeln. Die im stet und höchstens Teilzeit erwerbstätig ist, die am weitesten ver- europäischen Vergleich geringe Einbindung von Müttern in die breitete Erwerbskonstellation32 unter den Paarfamilien. In mehr Erwerbstätigkeit in Deutschland wird im Allgemeinen durch die als der Hälfte der Paarfamilien des Kreises mit Kindern unter 18 ungünstigen institutionellen Rahmenbedingungen für eine Ver- Jahren ist der Vater alleine Vollzeit erwerbstätig und die Mutter einbarkeit von Elternschaft und Erwerbstätigkeit erklärt: Fehlende betreut die Kinder, in einem weiteren Drittel der Familien arbeitet Kinderbetreuungseinrichtungen, Unflexibilität auf Arbeitgebersei- die Mutter zusätzlich zur Vollzeiterwerbstätigkeit des Vaters Teil- te, negative Wirkungen des Steuersystems auf die Erwerbseinbin- zeit (Abbildung 7.1). dung von Müttern und andere „strukturelle Rücksichtslosigkeiten“ (Kaufmann) der Gesellschaft gegenüber Familien mit Kindern. In Beide Eltern gehen in sieben Prozent der Familienhaushalte einer Deutschland geht die Entscheidung von Frauen für Kinder daher in Vollzeitbeschäftigung nach. Auch eine Umkehrung der klassischen der Regel (immer noch) mit dem Verzicht oder der Einschränkung Arbeitsteilung gibt es sehr selten, nur bei drei Prozent der Paare der Erwerbstätigkeit einher und Kinderlosigkeit ist in diesem Kon- ist der Erwerbsumfang der Mutter größer als der des Vaters. Eben- text häufig Ausdruck von fehlenden Möglichkeiten, Beruf und Fa- so selten findet sich die Nichterwerbstätigkeit beider Elternteile, milie zu kombinieren: „Frauen [in Deutschland] sind im internatio- was mehrheitlich durch eine aktuelle Arbeitslosigkeit des Vaters nalen Vergleich seltener erwerbstätig, seltener Mütter und noch begründet ist. seltener beides zusammen.“ (vgl. Scheuer/ Dittmann 2007: 1) Die- se Feststellung gilt insbesondere für Westdeutschland. Zwischen den Städten und Gemeinden des Kreises sind aber eini- ge kleinräumige Unterschiede hinsichtlich der Erwerbseinbindung Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse zur Erwerbseinbindung der Eltern erkennbar. So findet sich mit 11 Prozent in Bad Berle- von Frauen und Müttern sowie zu Problemen bezüglich der Verein- burg der größte Anteil der Paare in Vollzeitbeschäftigung und barkeit von Familie und Beruf spiegeln insofern bestehende bun- auch der Anteil der Elternpaare mit einem Vollzeit erwerbstätigen desweite Trends und Problemlagen wider. Im Kreis Siegen-Wittgen- Vater und einer Teilzeit erwerbstätigen Mutter ist deutlich höher stein finden sich dennoch spezifische Ausprägungen, die ebenfalls als in den anderen Städten und Gemeinden. Die traditionelle Er- dokumentiert werden. Themen des Kapitels sind der Umfang und nährerfamilie, d.h. ein vollerwerbstätiger Vater und eine nicht er- die Art der Erwerbseinbindung von Eltern, die Arbeitsteilung im werbstätige Mutter, findet man besonders häufig in Neunkirchen Haushalt bezüglich Betreuungs-, Pflege- und Hilfeleistungen im (64 Prozent) und Bad Laasphe (58 Prozent). Die niedrigsten Anteile Alltag sowie die subjektiven Einschätzungen der Eltern dazu, wie Vollzeit erwerbstätiger Elternpaare gibt es mit jeweils nur vier Pro- sie persönlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bewerten. zent in Burbach und Erndtebrück. Da besonders der Ausbau und die Verbesserung der Kinderbetreu- ung eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Alleinerziehende – es handelt sich zumeist um alleinerziehende verspricht, werden die Kinderbetreuungsarrangements in den Ge- Mütter – haben aufgrund der alleinigen Verantwortung für die meinden und Städten des Kreises Siegen-Wittgenstein etwas ge- Familienarbeiten oft besondere Schwierigkeiten, die Familien- nauer betrachtet. Im Vordergrund steht dabei die Betreuung von arbeit mit einer Berufstätigkeit zu verbinden. Gleichzeitig ist die Kindern in Kindertagesstätten. Erwerbstätigkeit für Alleinerziehende häufig eine ökonomische Notwendigkeit, um den eigenen Lebensunterhalt und den Lebens- 7.1 Erwerbskonstellationen und Müttererwerbstätigkeit in den unterhalt der Kinder zu sichern. Diese ambivalente Situation spie- Städten und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein gelt sich in der Erwerbseinbindung der Alleinerziehenden wider: Je etwa ein Drittel der Alleinerziehenden im Kreis Siegen-Wittgen- Mit Ergebnissen der Familienbefragung werden wir aufzeigen, stein sind Vollzeit, Teilzeit oder nicht erwerbstätig. Der Anteil der welche Familienmitglieder erwerbstätig sind: Ist das für Deutsch- Nichterwerbstätigen erreicht aber mit 35 Prozent den höchsten

32 Erwerbstätig ist, wer einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung nachgeht, sich im Wehr- oder Zivildienst oder einer beruflichen Ausbildung befindet. Geringfügig Beschäftigte, Arbeitslose, Schüler/-innen, Student/-innen, Rentner/-innen und Personen in Mutterschafts-, Erziehungsurlaub und Elternzeit zählen somit zu den Nichterwerbstätigen.

122 KAPITEL 7 VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF

Abbildung 7.1: Erwerbsaufteilung von Paaren mit minderjährigen Kindern in den Gemeinden und Städten des Kreises Siegen-Wittgenstein

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

Anteil. Besonders diese Familien sind auf private Unterhaltszah- gen-Wittgenstein, zugleich findet sich unter den Müttern aus lungen bzw. sozialstaatliche Transfers zur Sicherung des Lebens- Familien mit Migrationshintergrund aber auch ein überdurch- unterhaltes angewiesen. schnittlicher Anteil von nicht erwerbstätigen Müttern. Nur in ei- nem Viertel der Familien mit Migrationshintergrund arbeiten Die Erwerbsaufteilung von Paaren zeigt, dass Mütter häufig nicht Mütter Teilzeit. Dieses Modell ist demnach bei Migrantenfamilien oder nur eingeschränkt erwerbstätig sind, für Väter hingegen stellt eher weniger verbreitet. sich die Frage nach einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu- gunsten der Familie zumeist nicht. Daher betrachten wir im Weite- Sehr deutlich ist der Einfluss des Alters der jüngsten Kinder auf ren die Müttererwerbstätigkeit etwas intensiver und überprüfen, die Müttererwerbstätigkeit ausgeprägt. Drei von vier Müttern, de- inwiefern diese durch die Familiensituation beeinflusst wird. Der ren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, gehen keiner Erwerbstä- Umfang der Erwerbseinbindung der Mütter steht im engen Zu- tigkeit nach und lediglich vier Prozent dieser Mütter sind Vollzeit sammenhang mit dem Migrationshintergrund, der Familienphase erwerbstätig. Wenn das jüngste Kind älter ist, nehmen die Anteile bzw. dem Alter des jüngsten Kindes sowie dem Bildungsstatus der der nicht erwerbstätigen Mütter ab und die Anteile der Teilzeit er- Mütter (vgl. Tabelle 7.1). werbstätigen Mütter zu. Eine Einbindung der Mutter in eine Voller- werbstätigkeit bleibt aber selten. Bei Kindern im Grundschulalter Mütter aus Familien mit Migrationshintergrund sind zwar etwas lässt sich sogar ein niedrigerer Anteil der Vollzeit erwerbstätigen häufiger voll erwerbstätig als der Durchschnitt der Mütter in Sie- Mütter erkennen als bei Kindern im Kindergartenalter. Dies könnte

123 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 7.1: Müttererwerbstätigkeit nach Migrationshintergrund, Alter des jüngsten Kindes und Bildungsstatus der Mütter

Mutter voll erwerbstätig Mutter Teilzeit erwerbstätig Mutter nicht erwerbstätig

in %

Familienhaushalte ohne Migrationshintergrund 10 37 53 mit Migrationshintergrund 12 25 63 Familien, deren jüngstes Kind … alt ist unter 3 Jahre 4 20 76 3 bis unter 6 Jahre 10 34 56 6 bis unter 10 Jahre 7 37 55 10 bis unter 14 Jahre 12 42 46 14 bis unter 18 Jahre 18 44 38 Mütter mit … niedriger Qualifikation 6 24 70 mittlerer Qualifikation 5 31 65 höherer Qualifikation 12 28 59 höchster Qualifikation 22 43 35

Familienhaushalte insgesamt 10 35 55

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

auch ein Hinweis auf fehlende institutionelle Ganztagsangebote lich in Burbach sind die Familien am kritischsten: Etwas mehr als der Grundschulen sein (vgl. Kapitel 7.3.2). ein Drittel stimmt der Aussage nicht zu, dass im Betrieb Rücksicht auf Familien genommen wird. Besonders deutlich ist auch der Einfluss des Bildungsstatus der Mutter auf ihre Erwerbseinbindung. Je höher die Bildung der Mut- 7.2 Familienarbeit ter, umso wahrscheinlicher ist ihre Erwerbstätigkeit. Nur etwas mehr als jede dritte Mutter mit höchster Qualifikation – Fachhoch- Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft neben der Erwerbstä- schul- oder Hochschulabschluss – ist nicht erwerbstätig und 22 tigkeit auch die Familienarbeit, also die im Haushalt anfallenden Prozent arbeiten in einer Vollzeitbeschäftigung. Bei Müttern mit Arbeiten wie Putzen, Kochen und Einkaufen, die Betreuung und Er- niedriger Qualifikation gehen dagegen 70 Prozent keiner Erwerbs- ziehung der Kinder oder die Betreuung pflegebedürftiger Famili- tätigkeit nach. enmitglieder. Diese eher private Seite der Vereinbarkeitsprobleme wird in der öffentlichen Diskussion nur sehr selten aufgegriffen. Bittet man die Familien, in denen mindestens ein Elternteil er- Da sie aber ein untrennbarer Teil des Alltagslebens von Familien werbstätig ist, um eine Einschätzung des Statements „Im Betrieb sind und die Alltagsbelastungen und -probleme von Müttern und nimmt man auf die Bedürfnisse der Familien Rücksicht“, erkennt Vätern maßgeblich beeinflussen, werden folgende Fragen etwas man zwischen den Städten und Gemeinden zum Teil deutliche Un- genauer betrachtet: Wie teilen sich Paare diese Arbeiten auf und terschiede, wodurch das Bild der Bewertungen für den Kreis Sie- gibt es einen Zusammenhang zur Erwerbsbeteiligung der Mütter? gen-Wittgenstein insgesamt eher unentschieden erscheint (vgl. In welchem Umfang und für welche Bereiche greifen die Familien Abbildung 7.2). Die größten Zustimmungsraten werden in Bad auf Dienstleistungen zur Bewältigung der Hausarbeiten zurück? Laasphe mit mehr als der Hälfte der Familien erreicht. In Netphen Wie wird die Kinderbetreuung im häuslichen Umfeld organisiert stimmt dem Statement dagegen noch nicht einmal ein Drittel der und wie viele Familien sind für pflegebedürftige Angehörige ver- Familien mit Erwerbstätigen zu. Ebenfalls in Netphen und zusätz- antwortlich? All diese Fragen sind wesentliche Komponenten der

124 KAPITEL 7 VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF

Abbildung 7.2: Nimmt man im Betrieb Rücksicht auf Familien

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

individuellen Arrangements von Familien zur Vereinbarkeit von Fa- Reparaturen hingegen werden in der Mehrzahl der Familien vorwie- milie und Erwerbstätigkeit. gend von den Vätern ausgeführt. Die Bewältigung von „Papierkram“ zeigt im Unterschied zu den anderen Tätigkeiten keine geschlechts- 7.2.1 Arbeitsteilung im Haushalt und Inanspruchnahme von spezifischen Differenzen. Spielen mit den Kindern ist in den Familien Dienstleistungen Siegen-Wittgensteins mehrheitlich eine Sache beider Elternteile.

Abbildung 7.3 zeigt verschiedene Tätigkeiten im Haushalt und ihre Bei einer Teilzeiterwerbstätigkeit der Mutter ergeben sich kaum Aufteilung zwischen den Eltern. Wir haben die Familien im Kreis Verschiebungen in der Aufteilung der Hausarbeit, so dass eine danach gefragt, ob diese überwiegend durch die Mutter oder den Müttererwerbstätigkeit für die Mutter immer auch eine Doppel- Vater ausgeführt werden oder es eine gleichberechtigte Aufga- belastung bedeutet. Lediglich, wenn die Mutter einer Vollzeitbe- benteilung zwischen beiden Elternteilen gibt?33 Die Ergebnisse der schäftigung nachgeht, gewinnt eine gleichberechtigte Aufteilung Familienbefragung zeigen hierzu eine noch deutlich geschlechts- der Haushaltstätigkeiten etwas an Bedeutung. Die Arbeitsteilung spezifisch und traditionell geprägte Arbeitsteilung im Haushalt im Haushalt ist im Unterschied zur Erwerbseinbindung relativ un- zwischen Vätern und Müttern, die mit der eingangs aufgezeigten abhängig von der Bildungsqualifikation und dem Migrationsstatus traditionellen Erwerbsbeteiligung korrespondiert. Insbesondere (vgl. auch Tabelle 19 im Kommentierten Tabellenband: 50). Eben- Hausarbeiten wie Wäsche waschen, Putzen, Einkaufen und pfle- falls sehr gering ausgeprägt sind Unterschiede hinsichtlich der Ar- gerische Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es um die Pflege von beitsteilung im Haushalt zwischen den Städten und Gemeinden Kindern oder von Angehörigen geht, werden mehrheitlich über- im Kreis Siegen-Wittgenstein. Die angesprochenen geschlechts- wiegend von der Mutter durchgeführt. Bei den pflegerischen Tä- spezifischen Unterschiede lassen sich übergreifend nachweisen. tigkeiten und dem Einkaufen sind bzw. sehen sich in einem guten Drittel der Familien auch Väter in der Verantwortung. Aber sie sind Diese bestehenden geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der äußerst selten überwiegend verantwortlich für diese Tätigkeiten. Übernahme von Familienarbeit sollte ebenfalls in die öffentliche

33 Diese Frage wurde nur Müttern oder Vätern gestellt, die mit ihrem (Ehe-)Partner in einem Haushalt leben.

125 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 7.3: Arbeitsteilung im Haushalt

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

Diskussion getragen werden, da gerade die Doppelbelastungen Insbesondere die Steuererklärung lassen Familien im Kreis durch durch Familienarbeit und Erwerbsarbeit Vereinbarkeitsprobleme eine externe Steuerberatung bearbeiten, besonders häufig in Paar- im Alltag aufwerfen. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und familien. Wenn beide Eltern erwerbstätig sind, wird von fast der Beruf kann in Zukunft nur gelingen, wenn auch Väter stärker in die Hälfte der Familien ein Steuerberater in Anspruch genommen. Für Familienarbeit einbezogen werden und permanente Doppelbela- Reparaturen im Haushalt bzw. am Haus werden ebenfalls häufiger stungen für erwerbstätige Mütter abgebaut werden können. externe Fachkräfte beauftragt. Auch diese Möglichkeit nutzen er- werbstätige Paare, aber auch erwerbstätige Alleinerziehende am Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, sich von der Familienarbeit häufigsten regelmäßig. Eine regelmäßige Haushaltshilfe haben zu entlasten, z.B. indem haushaltsnahe Dienstleistungen in An- nur vier Prozent der Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein. In der spruch genommen werden (vgl. hierzu etwas ausführlicher Tabelle Mehrzahl der Familien bleiben demnach insbesondere die Hausar- 20 im Kommentierten Tabellenband: 51). Diese Möglichkeiten der beiten Aufgabe der Mütter. Unter Vollzeit erwerbstätigen Paaren Arbeitsentlastung werden von den Familien insgesamt eher selten mit Kindern greift aber etwa jede fünfte Familie auf die Unterstüt- in Anspruch genommen, daher betrachten wir nur ausgewählte, zung durch eine Haushaltshilfe zurück. von den Familien häufiger genutzte Dienstleistungen. Dabei han- Insgesamt zeigt sich eine deutliche Abhängigkeit der Inanspruch- delt es sich um: „Haushaltshilfen in Anspruch nehmen“, „Steuer- nahme von Dienstleistungen vom Erwerbsstatus der Eltern. Ins- erklärung vom Steuerberater anfertigen lassen“ und „Reparaturen besondere von Zweiverdienerhaushalten werden haushaltsnahe ausführen lassen“. Da man nur dann von einer Entlastung hinsicht- Dienstleistungen häufiger regelmäßig genutzt, was auch auf eine lich der zu leistenden Familienarbeit sprechen kann, wenn diese starke Einkommensabhängigkeit verweist. Die Möglichkeiten über Möglichkeiten nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig genutzt diese Wege die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern werden, betrachten wir nur die regelmäßige Inanspruchnahme und eine Arbeitsentlastung hinsichtlich der Familienarbeit zu er- durch die Familien in Siegen-Wittgenstein (vgl. Abbildung 7.4). reichen, sind für Familien mit mittleren und niedrigen Einkommen sehr viel eingeschränkter.

126 KAPITEL 7 VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF

Abbildung 7.4: Inanspruchnahme von Dienstleistungen

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

7.2.2 Alltägliche Betreuungs- und Hilfeleistungen zu Hause Sie wird in Zukunft mit der Alterung der Bevölkerung weiter an Be- deutung gewinnen und die erwerbstätige Bevölkerung vor neue Nach der Darstellung der Erwerbseinbindung von Müttern in Ka- Anforderungen stellen (vgl. Kapitel 3). pitel 7.1 überrascht es nicht, dass für die Betreuung der Kinder au- Von 17 Prozent der Siegen-Wittgensteiner Familien mit Kindern ßerhalb von Schule und Kindergarten die Mutter die wichtigste unter 18 Jahren werden Aufgaben zur Betreuung von Pflegebe- Rolle spielt. 85 Prozent der Kinder unter zehn Jahren werden au- dürftigen übernommen (vgl. Tabelle 7.3). In der Mehrzahl sind dies ßerhalb der Schule bzw. des Kindergartens von der Mutter betreut. pflegebedürftige Familienangehörige, die nicht mit im Familien- Mit größerem Abstand folgen dann Großeltern und der Vater der haushalt wohnen. Zwei Prozent der Familien betreuen aber auch Kinder. Väter und Großeltern sind bei Kindern unter 6 Jahren noch ein eigenes pflegebedürftiges Kind und in noch einmal drei Pro- etwas stärker in die Betreuung eingebunden. In späteren Lebens- zent der Familien gehören andere pflegebedürftige Familienange- phasen der Kinder verlieren sie etwas an Bedeutung. Alle anderen hörige zum Haushalt. Personen, wie Geschwister, andere verwandte und nicht verwand- te Personen sind sehr viel seltener für die Betreuung der Kinder ver- Eltern mit Kindern unter 18 Jahren sind aber ganz offensichtlich antwortlich. Auch eine Betreuung durch eine Tagesmutter oder in nicht die Altersgruppe der Bevölkerung mit umfassenderen Pfle- einer Tagespflegestelle kommt nur ausnahmsweise und da beson- geaufgaben in den Familien. Dies betrifft eher eine ältere Alters- ders bei Kindern unter drei Jahren vor. gruppe in deren Haushalte keine Kinder mehr leben. Eine Doppel- belastung von Kinderbetreuung und Pflegeaufgaben für ältere Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können sich auch Familienangehörige kommt (noch) selten vor. bei der Pflege von (zumeist älteren) Familienangehörigen stellen.

127 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Tabelle 7.2: Betreuung der Kinder außerhalb von Schule und Kindergarten

Alter der Kinder

unter 3 Jahren 3 bis unter 6 Jahre 6 bis unter 10 Jahre 10 bis unter 14 Jahre

in %

Mutter 87 87 85 72 Vater 44 45 38 28 Partner/ Partnerin 3 2 3 2 (Ältere) Geschwister 4 3 7 5 Großmutter/ Großvater 45 48 40 27 Sonstige verwandte Person 8 9 9 4 Andere nicht verwandte Personen 8 11 11 5 Tagesmutter/ Tagespflegestelle 4 2 2 1 Kind ist ohne Betreuung 1 1 3 5

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

Tabelle 7.3: Verantwortung für Pflegebedürftige

Wer wird gepflegt? Ja, im eigenen Haushalt Ja, außerhalb meines Haushalts Nein

in %

Eigenes Kind 2 0 97 Partner/in 1 0 99 Familienangehörige/r 2 10 88 Sonstige Personen 0 2 97

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

7.3 Außerhäusliche Kinderbetreuung Prozent der jungen Eltern kritisieren, dass es zu wenige Betreu- ungsmöglichkeiten für unter Dreijährige gibt. 70 Prozent der be- Die dargestellten individuellen Betreuungsleistungen durch rufstätigen Alleinerziehenden wünschen sich flexiblere und län- Haushaltsmitglieder spielen für die Vereinbarkeit von Familie und gere Öffnungszeiten und mehr Ganztagsangebote (Forsa 2005). Beruf eine entscheidende Rolle, die in der Debatte um eine besse- Auch die häusliche Fremdbetreuung und die Selbstbetreuung soll- re Vereinbarkeit keineswegs zu vernachlässigen sind. Dennoch ist ten unterstützt werden, um Eltern ein breites Spektrum von Ent- die institutionelle Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten, scheidungsmöglichkeiten zu eröffnen. aber auch in Grundschulen, eine der wichtigsten Voraussetzung für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit. 7.3.1 Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen für Kinder Die Betreuungseinrichtungen müssen flexibel, wohnort- bzw. ar- beitsplatznah sein und alle Altersklassen berücksichtigen. Eine Der Bestand an Kindergartenplätzen für Kinder im Alter von Umfrage von Forsa aus dem Jahr 2005 unter 1.000 jungen Eltern drei bis unter sechs im Kreis Siegen-Wittgenstein betrug zum in Deutschland unterstreicht diese Forderung. Ingesamt über 53 31.12.2005 ohne die Stadt Siegen 5.730 Plätze. Das entspricht zu

128 KAPITEL 7 VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF

diesem Zeitpunkt einer Betreuungsquote von 110 Prozent in den Kinderbetreuungseinrichtungen des Kreises (ohne Siegen) gab es betrachteten Städten und Gemeinden insgesamt. Dem bestehen- zum 31.12.2005 für alle Familien mit Kindern unter drei Jahren den Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz für Kinder lediglich 239 Betreuungsplätze. Bezogen auf die Kinder der Al- in dieser Altersklasse kann mit diesem Angebot entsprochen wer- tersgruppe ist das eine Betreuungsquote von fünf Prozent. Diese den. Die Quoten variieren aber zwischen den Städten und Ge- Betreuungsplätze werden aber zumeist als Ganztagsplätze einge- meinden: In Erndtebrück gibt es deutlich mehr Plätze als Kinder, richtet, so dass auch die Ganztagsversorgungsquote bei fünf Pro- während in Bad Laasphe etwas zu wenige Plätze im Verhältnis zu zent liegt. Die höchsten Versorgungsquoten für diese Altersgrup- den Kindern dieser Altersgruppe vorhanden sind. In den anderen pe wurden in Netphen erreicht, aber auch in Hilchenbach stehen, Städten und Gemeinden sind leichte Überhänge an Kindergarten- bezogen auf die Zahl der Kinder dieser Altersgruppe, schon mehr plätzen zu erkennen. Ganztagsplätze für Kinder dieser Altersgrup- Plätze zur Verfügung als im Kreisdurchschnitt. pe sind in allen Städten und Gemeinden des Kreises recht selten. Hier werden lediglich Versorgungsquoten bis 11 Prozent erreicht. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass für alle Kinder unter In Wilnsdorf gibt es gar keinen Ganztagsbetreuungsplatz für Kin- drei Jahren ein solcher Betreuungsplatz benötigt wird. Daher ha- der zwischen drei und sechs Jahren. Etwas günstiger sieht die Si- ben wir die Familien mit unter dreijährigen Kindern gefragt, ob tuation in Erndtebrück, Freudenberg und Kreuztal aus. sie für ihre Kinder einen Betreuungsplatz benötigen (vgl. Tabelle 7.4). Zwar wird für mehr als die Hälfte der Kinder unter drei Jahren In der bundesweit geführten Diskussion um eine bessere außer- kein Bedarf an Betreuungsplätzen angemeldet, dennoch besteht häusliche Kinderbetreuung wird besonders ein Ausbau der Be- in allen Städten und Gemeinden noch ein Bedarf an zusätzlicher treuungsangebote für unter Dreijährige gefordert. Auch im Kreis Betreuung, der sich insbesondere an dem Anteil der Kinder auf Siegen-Wittgenstein wurde das Angebot an diesen Betreuungs- der „Warteliste“ erkennen lässt. Darüber hinaus gibt es noch ein- plätzen erweitert. Dennoch sind diesbezügliche Angebote, wie in mal einen ähnlich hohen Anteil der Kinder, für die ein Bedarf noch vielen anderen westdeutschen Städten, (noch) eher selten. In den nicht angemeldet wurde.

Abbildung 7.5: Betreuung von Drei- bis unter Sechsjährigen in Kindertageseinrichtungen

Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

129 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 7.6: Versorgungsquoten für unter Dreijährige mit Krippenplätzen 2005

Datenquelle: Familienstatistisches Informationssystem (FIS) Siegen-Wittgenstein

Tabelle 7.3: Bedarf an Betreuung unter dreijähriger Kinder

Nein, Ja, ich habe Ja, ich stehe Ja, ich habe mich Kann ich benötige ich bereits eine bereits auf der aber noch nicht (noch) nicht nicht Zusage Warteliste angemeldet abschätzen

in %

Kreis-Siegen Wittgenstein (ohne Siegen) 55 6 12 11 16 Bad Berleburg 52 8 7 7 27 Burbach 44 5 16 26 9 Erndtebrück 52 0 9 17 22 Freudenberg 63 0 15 8 13 Hilchenbach 62 4 11 7 16 Bad Laasphe 48 4 10 16 22 Netphen 56 0 17 10 17 Neunkirchen 70 0 11 14 5 Wilnsdorf 48 12 12 6 22 Kreutzal 55 13 11 10 11

Die Angaben in der Tabelle werden nicht auf den Anteil der Familien sondern auf den Anteil der Kinder in der jeweiligen Altersgruppe bezogen. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

130 KAPITEL 7 VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF

7.3.2 Gründe für die Wahl einer Kindertageseinrichtung Gründe, die sich direkt auf das Kind und dessen Förderung bezie- hen. Fast ebenso wichtig sind die Nähe der Wohnung und eigene Gerade vor dem Hintergrund des Ausbaus der Ganztagsbetreu- gute Erfahrungen, zum Beispiel hinsichtlich der Betreuung von äl- ung und der institutionellen Betreuung unter Dreijähriger spielt teren Geschwisterkindern in der gewählten Einrichtung. Die Flexi- neben der quantitativen Ausgestaltung von Kindertageseinrich- bilität der Öffnungszeiten – eine wichtige Voraussetzung für die tungen die Qualität der Einrichtungen eine wichtige Rolle. Doch Vereinbarkeit von Familie und Beruf – wird von 72 Prozent der El- was ist Eltern wichtig? Warum wählen Familien bestimmte Kin- tern angegeben. Dieser Grund ist aber für vollerwerbstätige Paare dertagesstätten für ihre Kinder aus? und Alleinerziehende deutlich wichtiger als für den Durchschnitt der Familien (vgl. Tabelle 23 im Kommentierten Tabellenband: 54). Jeweils über 90 Prozent der Eltern geben als ausschlaggeben- Etwas weniger wichtig sind den Eltern ein besonderes pädagogi- den Grund an, dass die Kinder besonders gut gefördert werden, sches Konzept oder altersgemischte Gruppen. Aber auch diese die Kinder gut draußen spielen können und die Einrichtung einen Gründe stufen Eltern noch mehrheitlich als wichtig ein. Deutlich guten Ruf hat. Diese Gründe wurden auch in anderen Städten unwichtiger hingegen für die Wahl der Einrichtung ist die Tatsa- besonders häufig als Grund für die Wahl der Kinderbetreuungs- che, ob es sich um eine integrative Einrichtung handelt sowie die einrichtung angegeben. Besonders wichtig sind den Eltern also Nähe zur Arbeitsstelle oder die Trägerschaft der Einrichtung.

Abbildung 7.7: Gründe für die Wahl einer Kindertagesstätte

(nur Familien mit unter sechsjährigen Kindern) Anmerkungen: Da Mehrfachnennungen zulässig waren, ergeben sich mehr als 100 Prozent. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet).

131 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

7.4 Aus Sicht der Familien: Wie lässt sich Familie und Beruf ter den Anteilen für alle Familien. In die Bewertungen der Familien vereinbaren? fließen hier offenbar auch Überstunden, zu lange Arbeitszei- ten oder Flexibilitätsanforderungen, denen erwerbstätige Väter Zum Ende dieses Kapitels soll auf Basis subjektiver Einschätzun- nachkommen müssen und die hierdurch eingeschränkten „Fami- gen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Bilanz zu den lienzeiten“ der Väter, ein. Beiträge der Arbeitgeberseite zur Ver- angesprochenen Aspekten der Vereinbarkeitsproblematik über besserung von Familie und Beruf sollten sich demnach nicht aus- alle Familienformen hinweg gezogen werden. Wie empfinden schließlich an erwerbstätige Frauen und Mütter wenden. Wichtig die Familien im Kreis die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für diesen Bereich ist auch, dass Väter mehr Zeit und Möglichkei- und mit welchen Schwierigkeiten haben sie zu kämpfen? Welche ten haben, sich in die Familienarbeit einzubringen. Familien sehen besonders häufig Probleme und welche Gründe werden angeführt, wenn es Vereinbarkeitsprobleme gibt? Im Verhältnis zu den genannten erwerbsbezogenen Problemen beanstandet nur etwa ein Viertel der befragten Familien die ex- Insgesamt zeigt sich trotz unterschiedlichster Einschränkungen terne Kinderbetreuung. Die externe Kinderbetreuung ist tatsäch- die übergreifende Meinung, dass sich zumindest mit viel Energie lich nur für Familien mit jüngeren Kindern besonders bedeutsam und Geschick Beruf und Familie miteinander vereinbaren lassen. für die Organisation des Familienalltags: 37 Prozent der Eltern Zwei Fünftel der Familien im Kreis geben sogar an, dass sich Fa- mit Kindern unter drei Jahren geben die unzureichende Kinder- milie und Beruf „gut vereinbaren“ lassen. Etwas weniger als die betreuung als Grund für eine schwierige Vereinbarkeit an (vgl. Hälfte koordiniert mit „viel Energie und Geschick“ ihre Arbeit mit Tabelle 28 im Kommentierten Tabellenband: 62). dem Familienleben und nur dreizehn Prozent der Familien sagen, dass Familie und Erwerbstätigkeit kaum oder gar nicht zu ver- einbaren sind.

Es überrascht wenig, dass diese Einschätzungen stark durch die jeweiligen Lebenssituationen, also die Familienform, das Alter und die Anzahl der Kinder sowie den Umfang der Erwerbsein- bindung der Eltern bestimmt sind. Besonders Familien mit Kin- dern unter drei sowie kinderreiche Familien mit drei und mehr Kindern sind stärker von Vereinbarkeitsproblemen betroffen. In Einkindfamilie wirft die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu- meist weniger Probleme auf und Alleinerziehende bewältigen die Probleme nach eigener Aussage besonders häufig (nur) mit viel Energie und Geschick. Betrachtet man nur Familien, die an- geben, Beruf und Familie seien nur mit viel Energie und Geschick bzw. kaum oder gar nicht vereinbar und fragt etwas genauer nach den Gründen für diese Einschätzungen, werden von den Fa- milien am häufigsten die längeren Abwesenheitszeiten von zu Hause sowie wechselnde Arbeitszeiten und die damit verbunde- nen kurzfristigen Flexibilitätsanforderungen genannt. Auch re- gelmäßige Überstunden sind für ein Drittel der Familien ein Ver- einbarkeitsproblem. Mangelnde Flexibilität der Arbeitgeberseite wird nur von einem Viertel der Familien angeführt.

Übergreifend zeigt sich aber, dass die bewerteten Vereinbarkeits- probleme nicht ausschließlich durch die Erwerbseinbindung der Mütter hervorgerufen werden. Betrachtet man nur Familien mit Vollzeit bzw. Teilzeit erwerbstätigen Müttern, liegt das Niveau hinsichtlich der angegebenen Vereinbarkeitsprobleme meist un-

132 KAPITEL 7 VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF

Abbildung 7.8: Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

Abbildung 7.9: Gründe für eine schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf*

* Nur Familien, die angaben Familie und Beruf sind gar nicht oder nur mit viel Energie und Geschick vereinbar. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal 2006 (gewichtet)

133 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

134 8 Lebensräume von Familien im Kreis FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Wohnung und Wohnumfeld haben gerade für Familien eine her- (in der Gemeinde Erndtebrück) und 36 qm (in den Städten Freu- ausragende Bedeutung, denn dort wo Familien wohnen, spielt denberg und Netphen sowie der Gemeinde Wilnsdorf) (vgl. Tabel- sich ihr Alltag ab. Eine ausreichend große und gut ausgestatte- le 29 im Kommentierten Tabellenband). te Wohnung, ein familienfreundliches Wohnumfeld mit kurzen Wegen zum Supermarkt, zur Kita oder zur Schule sowie sichere Wie zu erwarten, steigt die Größe der Wohnung mit dem Ein- und attraktive Spielmöglichkeiten für Kinder bilden grundlegen- kommen des Haushalts. So verfügen Haushalte mit einem Äqui- de Rahmenbedingungen für ein sorgenfreies Familienleben. Fa- valenzeinkommen unter 750 Euro „nur“ über 111 qm Wohnflä- milienfreundlichkeit von Kommunen wird nicht selten fast aus- che, während besser verdienende Familien mit über 1.250 Euro schließlich an solchen Qualitätsmerkmalen von Wohnungen und Äquivalenzeinkommen auf durchschnittlich 152 qm leben (vgl. Wohnumfeld festgemacht. Abbildung 8.1). Auch das Alter und die Anzahl der Kinder spielen bezüglich der Wohnungsgröße im Kreis Siegen-Wittgenstein eine Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit diesen Fragen rund um Rolle. Während Familien, deren jüngstes Kind unter 3 Jahre alt ist, den Lebensraum Stadt und seine Attraktivität bzw. Mängel für Fa- auf durchschnittlich 120 qm (32 qm pro Person) leben, verfügen milien im Kreis Siegen-Wittgenstein. Wir beginnen mit Angaben Familien, deren jüngstes Kind 14 bis unter 18 Jahre alt ist, über zur Wohnsituation. Anschließend betrachten wir das Wohnum- durchschnittlich 136 qm (39 qm pro Person). In Bezug auf die An- feld in den Städten und Gemeinden. Wie ist die Erreichbarkeit von zahl der Kinder kann festgestellt werden, dass die durchschnittli- Infrastruktureinrichtungen und von Einrichtungen zur Deckung che Wohnfläche von 126 qm (bei nur einem Kind) auf 153 qm (bei des täglichen Bedarfs? Ist das Wohnumfeld kindgerecht gestaltet drei und mehr Kinder) zunimmt. Hier sinkt allerdings gleichzei- und welche Mängel sehen Siegen-Wittgensteiner Familien in ih- tig die Quadratmeterzahl pro Kopf, da auch deutlich mehr Wohn- rem Wohnumfeld? Sind die Städte und Gemeinden im Kreis Sie- raum benötigt wird. Während Paarhaushalten mit einem Kind 38 gen-Wittgenstein kinderfreundlich? Danach betrachten wir die qm pro Haushaltsmitglied zur Verfügung stehen, sind es in Paar- Wohndauer der Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein und die haushalten mit drei und mehr Kindern nur 29 qm. Es ist aber da- Zufriedenheit mit der Wohnsituation. Am Ende des Kapitels wer- von auszugehen, dass der Quadratmeterbedarf nicht proportio- den Umzugswünsche der Familien, die Gründe für einen eventu- nal mit der Anzahl der Haushaltsmitglieder steigt (vgl. Tabelle 30 ell geplanten Umzug und die Umzugsziele dieser Familien näher im Kommentierten Tabellenband). analysiert. Auch Migrantenfamilien leben in deutlich kleineren Wohnungen 8.1 So wohnen Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein auf durchschnittlich „nur“ 109 qm. Allerdings sind Haushalte von Migranten im Durchschnitt etwas größer als Familienhaushalte Eine gut ausgestattete und ausreichend große Wohnung ist si- ohne Migrationshintergrund, so dass sich die Disparitäten noch cherlich eine Grundvoraussetzung für ein zufriedenes Familienle- zusätzlich verstärken. Gut 29 Prozent der Migrantenhaushalte ben. Im Folgenden schauen wir uns an, wie Siegen-Wittgenstei- und lediglich knapp acht Prozent der Familien ohne Migrations- ner Familien wohnen: Wie groß sind die Wohnungen? Wer wohnt hintergrund leben mit weniger als einem Raum pro Person, was zur Miete? Wer hat sich ein Haus gekauft? Wie hoch sind die Mie- als Indikator für beengte Wohnverhältnisse gilt. Schließlich leben te und die Mietbelastungen für die Familien? Migrantenfamilien auch in Bezug auf das Alter und die Anzahl der Kinder in kleineren Wohnungen als Familien ohne Migrationshin- 8.1.1 Größe der Wohnung und Eigentumsstatus tergrund. So stehen Migrantenhaushalten durchschnittlich 103 qm zur Verfügung, wenn das jüngste Kind unter 3 Jahre alt ist, Durchschnittlich bewohnen Familien im Kreis Siegen-Wittgen- und 117 qm, wenn es 14 bis unter 18 Jahre ist. Paarhaushalte mit stein 130 qm Wohnfläche in 5,1 Zimmern, was für jede Person Migrationshintergrund und einem Kind verfügen im Schnitt über durchschnittlich 34 qm bedeutet. Damit sind die Wohnungen knapp 107 qm; mit drei und mehr Kindern über 116 qm. der Siegen-Wittgensteiner Familien im Vergleich mit anderen Städten in Nordrhein-Westfalen sehr großzügig. Bezogen auf die Die Wohneigentumsquote liegt mit 71 Prozent im Kreis Siegen- durchschnittliche Wohnfläche unterscheiden sich die Städte und Wittgenstein sehr deutlich über dem deutschen Durchschnitt Gemeinden im Kreis Siegen-Wittgenstein nur gering voneinan- von 51 Prozent (vgl. Braun / Pfeiffer 2004). In den Gemeinden Bur- der. In Kreuztal werden mit 121 qm durchschnittlich die kleinsten bach und Wilnsdorf werden mit 75 und 76 Prozent die höchsten Wohnungen bewohnt, in Netphen mit 136 qm die größten. Die Werte erreicht, während die Stadt Kreuztal mit „nur“ 62 Prozent durchschnittliche Wohnfläche pro Person liegt zwischen 32 qm deutlich hinter dem übrigen Kreis liegt. Wie die durchschnittliche

136 KAPITEL 8 Lebensräume von Familien im Kreis

Abbildung 8.1: Durchschnittliche Wohnungsgröße von Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein 2006

durchschnittliche Wohnfläche in qm

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Wohnungsgröße steigt auch die Wohneigentumsquote mit Alter mehr als ein Viertel ihres Haushaltseinkommens für Miete exkl. und Anzahl der Kinder. Auch vom sozialen Status der Familien ist Nebenkosten aus. Obgleich die durchschnittliche Miethöhe zwi- die Eigentümerquote stark bestimmt: Unter Familien mit hohem schen den Familien nur eine relativ geringe Varianz aufweist, sind Einkommen, hohem Bildungsstatus und ohne Migrationshinter- hinsichtlich der Mietbelastungsquoten größere Unterschiede zu grund ist die Wohneigentumsquote überdurchschnittlich hoch. erkennen (vgl. Tabelle 31 im Kommentierten Tabellenband).

Zusammenfassend zeigt sich, dass auch im Kreis Siegen-Wittgen- Alleinerziehende haben, bezogen auf ihr monatliches Haushalts- stein – trotz durchschnittlich guter Wohnbedingungen – deutli- einkommen, mit 34 Prozent die höchste Mietbelastung, gefolgt che Unterschiede zwischen besser gestellten und benachteiligten von Familienhaushalten mit niedrigem Bildungsstatus mit 31 Familienhaushalten existieren. Familien mit wenig finanziellem Prozent. Die Mietbelastung ist besonders in den Familien hoch, Kapital und geringer Bildung sowie Migranten wohnen anteilig die bereits auf kleinem Wohnraum leben. Haushalte Alleinerzie- häufiger in beengten Wohnverhältnissen und in Mietwohnun- hender sowie Familienhaushalte mit niedriger beruflicher Qua- gen. Auch andere Faktoren, wie die Kinderanzahl und das Alter lifikation sind besonders häufig betroffen. Unter ihnen ist der der Kinder, sind – wenn auch etwas weniger – bedeutend für die Anteil der Haushalte, die monatlich mindestens 30 Prozent des Wohnsituation. monatlichen Nettoeinkommens für Miete ausgeben, mit 46 Pro- zent (Alleinerziehende) bzw. 36 Prozent (niedrige Qualifikation) 8.1.2 Miethöhe und Mietbelastung ausgesprochen hoch. Die geringste Mietbelastung (20 Prozent) haben trotz höherer durchschnittlicher Miete Familienhaushal- Siegen-Wittgensteiner Familien, die zur Miete wohnen, zahlen te mit höchstem Bildungsstatus (mindestens ein Elternteil mit im Durchschnitt eine monatliche Nettomiete (ohne Nebenko- Fachhochschul- oder Hochschulabschluss). sten) von 459 Euro. Mieter geben danach durchschnittlich etwas

137 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Da aber das Wohnumfeld sicherlich eine mindestens ebenso große Darüber hinaus ist es für Familien wichtig, dass die Infrastruktur Rolle spielt, ob sich Familien im „Lebensraum Siegen-Wittgenstein“ der Wohngegend ihren Alltagsbedürfnissen entspricht. Hierzu wohl fühlen, werden wir dieses im Folgenden näher beleuchten. zählen neben einer guten Anbindung an den Nahverkehr beson- ders die Einkaufsmöglichkeiten, aber auch die Freizeitangebote 8.2 Wohnumfeld – Ist das Wohnumfeld kindgerecht und für Erwachsene oder das Image der Wohngegend insgesamt. Hier „alltagstauglich“? werden im Kreis Siegen-Wittgenstein vor allem die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die Freizeitangebote für Wohnumfeldqualitäten wie Spielmöglichkeiten für Kinder, die öf- Erwachsene kritisiert (vgl. Abbildung 8.3). Fast die Hälfte aller fentliche Nahverkehrsanbindung oder der Ruf der Gegend sind Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein sieht hier Mängel, wobei entscheidend dafür, wo Familien hinziehen und dauerhaft woh- die negative Einschätzung der Verkehrsanbindung innerhalb des nen bleiben. Wir betrachten, welche Mängel im Wohnumfeld Kreises sehr stark variiert und von 20 Prozent in Kreuztal bis 73 wahrgenommen werden, ob die Infrastruktur im Wohnumfeld Prozent in Bad Berleburg und Bad Laasphe reicht. Auch die Ein- „stimmt“ und wie die verschiedenen Freizeit- und Bildungsein- schätzung zu den vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten fällt zwi- richtungen in den einzelnen Städten und Gemeinden durch die schen den Städten und Gemeinden im Kreis recht unterschiedlich Familienmitglieder fußläufig erreichbar sind. aus. Während in Freudenberg (51 Prozent) und Bad Laasphe (47 Prozent) etwa die Hälfte der Familien die Situation als unzurei- Besonders wichtig für Familien mit Kindern ist ein kindgerechtes chend bewertet, ist diese Zahl in Neunkirchen (24 Prozent) und Wohnumfeld. Dazu zählen z.B. Grünflächen und Spielplätze, aus- Kreuztal (30 Prozent) deutlich geringer. Fast durchweg als sehr reichende Freizeitangebote und Möglichkeiten, wo ältere Kinder positiv wird der Ruf der Gegend eingeschätzt. Kreisweit bemän- und Jugendliche sich treffen können, aber auch wenig Verkehr, geln dies lediglich sechs Prozent der Familien, wobei die Stadt damit Kinder auch alleine die Wohnung oder das Haus verlassen Kreuztal hier mit 14 Prozent eine Ausnahme darstellt. können. Mängel hinsichtlich dieser Wohnumfeldmerkmale ha- ben für Eltern bei der Einschätzung der Wohnsituation und der Bedeutsam in diesem Zusammenhang ist aber nicht nur das Vor- Bewertung des Wohnumfeldes häufig eine größere Bedeutung handensein von Infrastruktureinrichtungen, sondern auch ihre als Merkmale der Wohnung selbst. einfache Erreichbarkeit. Um die Erreichbarkeit von wichtigen In- frastruktureinrichtungen, von Freizeitangeboten und von Schu- Betrachtet man die diesbezüglichen Einschätzungen der Siegen- len sowie Kindereinrichtungen einschätzen zu können, haben wir Wittgensteiner Familien, zeigt sich über alle Städte und Gemeinden die Familien für verschiedene Einrichtungen gefragt, ob sie die- im Kreis hinweg insbesondere hinsichtlich der Freizeitangebote und se in weniger als 15 Minuten zu Fuß erreichen können. Wir ge- -einrichtungen für Kinder und der Aufenthaltsmöglichkeiten für äl- hen dabei nicht davon aus, dass es für ein familienfreundliches tere Kinder und Jugendliche ein größeres Kritikpotenzial (vgl. Abbil- und kindgerechtes Wohnumfeld unbedingt notwendig ist, dass dung 8.2). Mehr als jede zweite Familie im Kreis Siegen-Wittgenstein die Einrichtungen in kurzer Zeit auch zu Fuß erreichbar sind. Ins- kritisiert hier ein Fehlen entsprechender Angebote. Fehlende Plätze besondere, da es sich bei Siegen-Wittgenstein um einen eher für ältere Kinder und Jugendliche werden insbesondere in Freuden- ländlichen Kreis handelt, bei dem absehbar ist, dass manche Ein- berg (70 Prozent), Wilnsdorf (68 Prozent) und Burbach (66 Prozent) richtungen (wie beispielsweise die Gemeinde-/Stadtverwaltung, bemängelt, während dies in Netphen deutlich weniger Familien kri- weiterführende Schulen oder ein Kinderarzt) nicht in allen Orten tisieren (47 Prozent). Fehlende Freizeitangebote und -einrichtungen vorhanden sein können. Die Frage zielt vielmehr darauf ab, über- für Kinder werden am häufigsten in Erndtebrück (67 Prozent) und haupt einzuschätzen, welche Einrichtungen den Familien im All- am seltensten in Neunkirchen (42 Prozent) beanstandet. Fehlende tagsleben zur Verfügung stehen. Die fußläufige Erreichbarkeit Spielplätze für kleine Kinder und zu viel Verkehr werden kreisweit von Einrichtungen wie Tageseinrichtungen für Kinder, Grund- von etwa jeder vierten Familie kritisch angeführt. Insbesondere in schulen, Spielplätze und Grünanlagen sowie Einkaufsmöglichkei- Burbach und Hilchenbach wird mit jeweils 44 Prozent auffallend ten für den täglichen Bedarf ist in diesem Zusammenhang sicher häufig auf einen Mangel an Spielplätzen hingewiesen. Zu viel Ver- auch in ländlicheren Regionen ein Hinweis auf ein gut ausgestat- kehr bemängeln die Familien vor allem in Neunkirchen (28 Prozent), tetes Wohnumfeld, das das Alltagsleben mit Kindern erleichtern Burbach und Kreuztal (je 27 Prozent). Sehr positiv werden hingegen kann. (Vergleiche hierzu auch im Kommentierten Tabellenband die vorhandenen Grünflächen eingeschätzt. Kreisweit sehen dies- Tab. 33) bezüglich lediglich sieben Prozent der Familien einen Mangel.

138 KAPITEL 8 Lebensräume von Familien im Kreis

Abbildung 8.2: Mängel hinsichtlich eines kindgerechten Wohnumfeldes

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Insgesamt zeigt sich auf diese Einrichtungen bezogen im Kreis und Gemeinden große Unterschiede feststellbar: Während in Siegen-Wittgenstein ein durchaus positives Bild, das zwischen Kreuztal vier von fünf Familien in der Nähe einer Tageseinrichtung den einzelnen Städten und Gemeinden erwartungsgemäß (zum wohnen, sind dies in Bad Berleburg und Netphen nur gut die Hälf- Teil stark) variiert. So können Spielplätze und Parks/Grünanlagen te. Die Wohnnähe zu einer Grundschule reicht von 42 bzw. 46 Pro- kreisweit von jeweils 79 Prozent der Familien zu Fuß in weniger zent in Erndtebrück und Bad Berleburg bis 70 bzw. 72 Prozent in als 15 Minuten erreicht werden, wobei Netphen mit jeweils 88 Neunkirchen und Wilnsdorf. Einkaufsmöglichkeiten für den tägli- Prozent an erster Stelle liegt. Die fußläufige Erreichbarkeit von chen Bedarf können kreisweit von 56 Prozent aller Familien inner- Tageseinrichtungen für Kinder und Grundschulen liegt kreisweit halb von 15 Minuten zu Fuß erreicht werden. bei 66 bzw. 57 Prozent. Hier sind jedoch zwischen den Städten

139 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 8.3: Weitere Mängel des Wohnumfeldes

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

140 KAPITEL 8 Lebensräume von Familien im Kreis

8.3 Zufriedenheit mit der Wohnsituation und Wohndauer 8.3.1 Zufriedenheit mit der Wohnung und dem Wohnumfeld

Wie in Kapitel 3 gezeigt wurde, hat Siegen-Wittgenstein unter Zur subjektiven Einschätzung der Wohnsituation wurde ganz den Kreisen in Nordrhein-Westfalen neben dem Ennepe-Ruhr- allgemein nach der Zufriedenheit mit der Wohnung und dem Kreis in den letzten zehn Jahren von 1995 bis 2005 die meisten Wohnumfeld gefragt (vgl. Abbildungen 8.4 und 8.5). Mit ih- Einwohner verloren. Auch für die nächsten Jahre bis 2025 haben rer Wohnung ist die überwiegende Mehrheit (74,2 Prozent) der wir eine kontinuierliche Abnahme der Bevölkerung im Kreis um Familien zufrieden, ein Drittel sogar sehr zufrieden. Unzufrie- insgesamt -9,2 Prozent prognostiziert. Für die Kreisentwicklung denheit mit der eigenen Wohnung ist eher selten (lediglich 4,4 ist es deshalb wichtig, Unzufriedenheitspotenziale in den Städ- Prozent sind mit ihrer Wohnung unzufrieden; 1,8 Prozent sehr ten und Gemeinden zu beobachten, um rechtzeitig vor Ort auf unzufrieden). Während die Zufriedenheit mit der eigenen Woh- Mängel des Wohnumfeldes und des Wohnungsbestandes rea- nung nicht davon abhängt, in welcher Stadt oder Gemeinde im gieren zu können. Auch die Wohndauer ist in diesem Zusammen- Kreis Siegen-Wittgenstein eine Familie wohnt, wird sie vom sozi- hang ein guter Indikator, um die Wohnzufriedenheit der Bevölke- alen Status der Familien deutlich beeinflusst: Unter Familien mit rung zu beobachten. hohem Einkommen, hohem Bildungsstatus und ohne Migrati- onshintergrund ist die Wohnzufriedenheit überdurchschnittlich hoch. Insgesamt deckt sich die subjektive Einschätzung auch mit der oben dargestellten „objektiven“ Wohnsituation: Familien, die beengt leben und zudem viel für Miete ausgeben, sind etwas häufiger unzufrieden mit ihrer Wohnsituation.

Abbildung 8.4: Zufriedenheit mit der Wohnung

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

141 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Auch die Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld insgesamt ist im zwar ebenfalls eher gering, dennoch kann auch hier festgestellt Kreis Siegen-Wittgenstein hoch: Fast drei Viertel der Familien werden, dass Alleinerziehende, Familienhaushalte mit drei und sind damit „zufrieden“ oder sogar „sehr zufrieden“, wobei die mehr Kindern und Migrantenhaushalte sowie Familienhaushalte Städte und Gemeinden insgesamt recht nah beieinander liegen. mit einem Äquivalenzeinkommen von unter 750 Euro tendenzi- Familien, die mit ihrem Wohnumfeld unzufrieden oder sehr un- ell weniger zufrieden mit ihrem Wohnumfeld sind. Auch Mieter zufrieden sind, sind im Kreis Siegen-Wittgenstein kaum zu fin- sind mit 9 Prozent gegenüber Wohnungseigentümern mit 4 Pro- den (5 Prozent). Bezüglich der Familienform und des sozialen Sta- zent deutlich unzufriedener (vgl. Tabelle 32 im Kommentierten tus sind die Unterschiede in der Beurteilung des Wohnumfeldes Tabellenband).

Abbildung 8.5: Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

8.3.2 Wohndauer

Als Ausdruck von lokaler Integration der Bewohner und Identifika- Mit 64 Prozent lebt die große Mehrheit der befragten Mütter und tion mit dem Wohnort kann häufig eine lange Wohndauer in einer Väter bereits seit ihrer Geburt im Kreis Siegen-Wittgenstein. Zwi- Stadt oder Gemeinde gesehen werden. Intakte soziale Netzwerke schen den einzelnen Städten und Gemeinden schwankt diese Zahl mit beispielsweise nachbarschaftlicher Hilfe und Solidarität finden zwischen 59 Prozent in Freudenberg und 69 Prozent in Erndte- sich häufiger in Wohngegenden, in denen viele der Bewohner seit brück. Seit ihrer Geburt in der gleichen Stadt bzw. Gemeinde le- langem wohnen. Im Gegensatz dazu kann eine hohe Fluktuation ben immerhin knapp 38 Prozent, wobei auch hier die Werte stark der Bewohner als Indiz für instabile soziale Verhältnisse gewertet schwanken: Während in Freudenberg, Hilchenbach, Wilnsdorf und werden (Strohmeier / Bader 2004: 62 ff.). Im Folgenden betrachten Kreuztal die Werte nur zwischen 30 und 33 Prozent liegen, lebt in wir daher, wie lange Familien schon im Kreis Siegen-Wittgenstein, Bad Berleburg genau die Hälfte der Mütter und Väter bereits seit in ihrer Stadt oder Gemeinde und in ihrer Wohnung wohnen.

142 KAPITEL 8 Lebensräume von Familien im Kreis

ihrer Geburt in der Stadt. Im Schnitt leben die Familien seit 32 Jah- feld (sehr) zufrieden sind. Unter den Familien, die mit ihrem Wohn- ren im Kreis Siegen-Wittgenstein. Viele Familien bzw. Väter und umfeld sehr zufrieden sind, denkt nur knapp jede zehnte Familie Mütter sind aber dennoch schon ein- oder mehrmals innerhalb über einen Umzug nach oder hat bereits konkrete Pläne, während des Landkreises umgezogen. In ihrer Stadt bzw. Gemeinde woh- dies unter Familien, die mit ihrem Wohnumfeld sehr unzufrieden nen die Familien durchschnittlich 24 Jahre, in der aktuellen Woh- sind, zwei Drittel aller Familien sind. Familien, die in Wohneigen- nung durchschnittlich „nur“ 11 Jahre. Besonders die Werte für die tum wohnen (und einen Großteil der Siegen-Wittgensteiner Fami- durchschnittliche Wohndauer in der Stadt bzw. Gemeinde sind ein lien ausmachen), denken nur sehr selten über einen Umzug nach (5 Indikator für die Attraktivität des Wohnumfeldes sowie die Stabi- Prozent) und haben fast nie konkrete Pläne (1 Prozent). Dagegen hat lität der Bewohnerschaft und damit der Nachbarschaftsbeziehun- fast die Hälfte der Familien, die zur Miete wohnen, zumindest schon gen. Auch für diese Indikatoren findet man die höchsten Werte für einmal über einen Umzug nachgedacht (vgl. Tabelle 35 im Kommen- Bad Berleburger Familien, die durchschnittlich bereits mehr als 27 tierten Tabellenband). Jahre in ihrer Stadt wohnen (vgl. Tabelle 34 im Kommentierten Ta- bellenband). In den Umzugswünschen spiegelt sich auf der einen Seite die kon- krete aktuelle Wohnsituation, auf der anderen Seite aber auch die Migranten sind – nicht zuletzt aufgrund ihrer Migrationsgeschich- aktuelle Lebenslage der Familien wider. Betrachtet man die Famili- te – sehr viel seltener im Kreis Siegen-Wittgenstein geboren. Nur en, die in den nächsten zwei Jahren einen Umzug konkret oder un- 24 Prozent der befragten Mütter und Väter mit Migrationshinter- ter Umständen planen, etwas genauer, sind es anteilig häufiger Al- grund sind bereits im Kreis Siegen-Wittgenstein geboren. Entspre- leinerziehende, Familien mit Migrationshintergrund und arme bzw. chend kürzer ist auch die Wohndauer in der Stadt bzw. Gemeinde armutsnahe Familien mit einem Äquivalenzeinkommen von weni- und der aktuellen Wohnung. Für die aktuelle Stadt/Gemeinde be- ger als 750 Euro im Monat sowie Haushalte mit niedriger Qualifika- trägt sie 16 Jahre und für die aktuelle Wohnung 8 Jahre. Deutlich tion, die umziehen möchten. Umzugspläne erwähnen zwischen 24 kürzer als der Durchschnitt leben auch Alleinerziehende mit einem und 38 Prozent der betreffenden Familien. Weiter oben wurde be- Kind und Familien, die zur Miete wohnen in der aktuellen Stadt/ reits darauf verwiesen, dass gerade diese Familien besonders häu- Gemeinde und Wohnung. fig in engen Wohnungen und schlechter bewertetem Wohnumfeld wohnen. Zudem sind unter Familien mit jüngeren Kindern unter sechs Jahren anteilig mehr Familien bereit umzuziehen. Auch diese 8.4 Umzüge in Siegen-Wittgenstein: Absichten, Wünsche, Familien wohnen anteilig besonders häufig in kleineren (teilweise Motive, Ziele auch zu kleinen) Wohnungen.

Nachdem wir die Wohndauer und die Stabilität der Bewohnerschaft 8.4.2 Umzugsgründe betrachtet haben, soll im Folgenden etwas näher betrachtet wer- den, welche Familien einen Umzug planen. Ein Umzugswunsch Eine zu kleine Wohnung ist auch der am häufigsten genannte kann viele Gründe haben, deshalb fragen wir auch nach den Grün- Grund für eine Umzugsplanung. Mehr als ein Drittel der Umzugs- den für Siegen-Wittgensteiner Familien, einen Umzug in Erwägung willigen nennt dies als Umzugsgrund. Der Erwerb von Wohnei- zu ziehen. Welche Rolle spielen dabei die Wohnung und das Wohn- gentum, eine zu hohe Miete und zu weite Wege zur Arbeit und umfeld? Was sind die Umzugsziele dieser Familien? zum Einkaufen folgen an zweiter, dritter und vierter Stelle.34 Zwischen 11 und 16 Prozent der Familien geben weitere Män- 8.4.1 Umzugspläne gel an der aktuellen Wohnung und dem Wohnumfeld, wie eine schlechte bzw. nicht bedarfsgerechte Ausstattung der Wohnung, Der Großteil der Familien in Siegen-Wittgenstein (82 Prozent) hat ein nicht kindgerechtes Wohnumfeld, zu hohe Lärmbelastung für die nächsten beiden Jahre keine Umzugspläne (vgl. Abbildung von außen, zu laute Nachbarn und ein unattraktives Wohnum- 8.6). Von den verbleibenden Familien haben sechs Prozent schon feld als Gründe für einen Umzugswunsch an. Ebenfalls mit 11 konkrete Umzugspläne und die übrigen 12 Prozent haben „schon Prozent wird eine neue Arbeitsstelle in einem anderen Stadtteil einmal darüber nachgedacht“ umzuziehen. Nach den bisherigen bzw. einer anderen Stadt genannt. Eine weit geringere Rolle spie- Ergebnissen zur Charakterisierung der Wohnsituation und des len ein schlechter Ruf der Gegend (4 Prozent) und eine zu gro- Wohnumfeldes überrascht dies wenig, da ein Großteil der Famili- ße Wohnung (4 Prozent). Eine Kündigung durch den Vermieter en in Siegen-Wittgenstein mit ihrer Wohnung und ihrem Wohnum- kommt mit einem Prozent so gut wie nicht vor.

143 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 8.6: Umzugspläne in den nächsten zwei Jahren nach Familienform

* Äquivalenzeinkommen Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

Zu hohe finanzielle Belastung durch Wohneigentum als zu hohe finanzielle Belastung mit 19 Prozent an zweiter Stelle Umzugsgrund der Gründe für einen Umzug.35 Eine zu hohe finanzielle Belastung durch Wohneigentum wurde von sechs Prozent der Familien als Grund für mehr oder weniger Zugleich lassen sich aber für die unterschiedlichen Familientypen konkrete Umzugspläne genannt (vgl. Tabelle 7.1). Unterteilt nach besondere Gewichtungen hinsichtlich der Gründe für die Um- ihrem Äquivalenzeinkommen, wird vor allem in den mittleren Ein- zugswünsche erkennen, wobei für alle Gruppen vor allem eine kommensschichten (750 bis unter 1.000 Euro und 1.000 bis unter beengte Wohnsituation der Auslöser für einen Umzugswunsch 1.250 Euro) mit acht bzw. zehn Prozent eine zu hohe finanzielle ist. Bei Familien mit jüngeren Kindern ist dieser Umzugsgrund Belastung häufig genannt. Bei Familien mit einem Äquivalenzein- mit 44 Prozent noch einmal etwas höher als bei anderen Famili- kommen von weniger als 750 Euro nennen fünf Prozent eine zu entypen. Auch der Erwerb von Wohneigentum als Grund für ei- hohe finanzielle Belastung als Umzugsgrund. Bei wohlhabenden nen Umzug und ein nicht kindgerechtes Wohnumfeld sind un- Familien mit einem Äquivalenzeinkommen über 1.250 Euro spielt ter diesen Familien anteilig besonders häufig zu finden. Letzteres dieser Grund mit knapp zwei Prozent kaum eine Rolle. spielt auch bei kinderreichen Familien eine Rolle, obwohl hier zu weite Wege zur Arbeit oder zum Einkaufen häufiger genannt Betrachtet man nur diejenigen Familien, die angaben, ihre Woh- werden. Bei Alleinerziehenden wird neben einer zu kleinen Woh- nung bzw. ihr Haus als Eigentümer zu bewohnen, steigt die Zahl nung aber gleichzeitig überdurchschnittlich häufig auch eine zu derjenigen, die eine zu hohe finanzielle Belastung als Grund für hohe Miete als Umzugsgrund genannt. Eine schlechte oder nicht den Umzugswunsch nannten, von sechs auf 19 Prozent. Dies be- bedarfsgerechte Ausstattung der Wohnung ist ein weiterer, häu- deutet jedoch nicht, dass fast jede fünfte Familie, die eine eige- fig genannter Grund für einen Umzug. Für arme und armutsnahe ne Wohnung bzw. ein eigenes Haus bewohnt, aufgrund zu hoher Familien sind es neben den zu engen Wohnungen, sowohl zu wei- finanzieller Belastung einen Auszug in Erwägung zieht! Wie be- te Wege zur Arbeit oder zum Einkaufen, eine schlechte oder nicht reits in Kapitel 8.4.1 beschrieben wurde, haben nur fünf Prozent bedarfsgerechte Ausstattung der Wohnung und ein nicht kind- aller Wohneigentümer im Kreis Siegen-Wittgenstein überhaupt gerechtes Wohnumfeld, die einen Umzug begründen. Zu hohe schon einmal darüber nachgedacht, in den nächsten zwei Jahren Mieten werden mit 20 Prozent zwar leicht überdurchschnittlich umzuziehen; konkrete Pläne haben sogar nur ein Prozent. Bezo- häufig genannt, sie stehen aber dennoch erst an fünfter Stelle. gen auf sämtliche Wohneigentümer im Kreis (also auch auf die, Auffallend selten ist der Erwerb von Wohneigentum bei Allein- die keinerlei Umzugspläne haben), erwägen nur knapp über ein erziehenden, kinderreichen Familien und armen und armutsna- Prozent der Familien einen Umzug aufgrund einer zu hohen fi- hen Familien ein Umzugsgrund, was offenbar mit den zum Teil nanziellen Belastung durch Wohneigentum. Dennoch steht bei sehr eingeschränkten finanziellen Verhältnissen dieser Familien Wohneigentümern, die einen Umzug in Erwägung ziehen, eine zusammenhängt. Bei Familien mit einem Äquivalenzeinkommen

35 Zu weite Wege zur Arbeit und zum Einkaufen werden mit 20 Prozent am häufigsten genannt. Ebenfalls auf 19 Prozent kommen zu hohe Lärmbelästigung von außen und ein unattraktives Wohnumfeld.

144 KAPITEL 8 Lebensräume von Familien im Kreis

Tabelle 8.1: Umzugsgründe Siegen-Wittgensteiner Familien

Familien Allein- mit unter mit einem Kinderreiche erziehende insgesamt sechsjährigen Einkommen Familien Kindern unter 750 €

in %

Wohnung zu klein 36 44 34 42 41 Erwerb von Wohneigentum 22 29 11 10 4 Zu hohe Miete 19 16 16 20 26 Weg zur Arbeit/ zum Einkaufen etc. zu weit 19 19 23 25 15 Schlechte/ nicht bedarfgerechte Ausstattung der Wohnung 16 17 16 22 23 Wohnumfeld nicht kindgerecht 16 23 18 22 15 Zu hohe Lärmbelästigung von außen 15 13 16 18 16 Zu laute Nachbarn 12 11 11 16 19 Wohnumfeld ist unattraktiv 11 10 13 13 9 Neue Arbeitsstelle in einem anderen Stadtteil bzw. einer anderen Stadt 11 11 14 10 12 Zu hohe finanzielle Belastung durch Wohneigentum 6 3 4 5 4 Schlechter Ruf der Gegend 4 4 5 6 6 Wohnung zu groß 4 1 2 2 4 Kündigung des Vermieters 1 0 0 1 1 Andere Gründe 26 20 25 28 27 Andere private oder familiäre Gründe 23 21 30 25 34

Anmerkung: Nur Familien, die umziehen wollen (28 Prozent aller Familien). Da Mehrfachantworten möglich waren, ergeben sich mehr als 100%. Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006 von über 1.250 Euro nennt die Hälfte der Befragten den Erwerb Familien mit 31 Prozent nach ihrem Umzug sehr häufig weiter von Wohneigentum als Grund für einen Umzug! entfernt wohnen möchten. Familien mit einem Einkommen un- ter 750 Euro und Familien mit Migrationshintergrund planen hin- 8.4.3 Umzugsziele gegen deutlich häufiger einen Umzug innerhalb ihrer Stadt bzw. Gemeinde und seltener einen weiter entfernten Umzug. Insgesamt will fast die Hälfte der Familien mit Umzugswunsch in derselben Stadt bzw. Gemeinde bleiben, ein weiteres Viertel möchte innerhalb des Kreises Siegen-Wittgenstein umziehen (vgl. Abbildung 8.7).

Wollen Familien das Kreisgebiet verlassen, soll der Wohnungs- wechsel häufiger in eine weiter entfernte Region und nicht in die nähere Umgebung des Kreises erfolgen. Besonders Alleinerzie- hende und kinderreiche Familien wollen nach einem Umzug nicht in derselben Stadt oder Gemeinde wohnen, wobei kinderreiche

145 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Abbildung 8.7: Umzugsziele nach Familienform

Datenbasis: Familienbefragung Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Kreuztal (gewichtet) 2006

146 9 ZUsammenfassung FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Voraussetzung für effektives politisches Handeln für Familien Entwicklungen in den Städten und Gemeinden, die Bekämp- auf kommunaler Ebene ist die systematische und umfassende fung von Familien- und Kinderarmut, ebenfalls mit Blick auf ihre Information über demografische Entwicklungen, über die Le- kleinräumig differenzierte Ausprägung, die Verbesserung der Bil- bensformen und Lebenslagen von Familien sowie deren subjekti- dungschancen für Kinder und die Ausgestaltung des Wohnum- ve Bewertung durch Familien vor Ort. Erst mit diesem Wissen ist feldes sowie die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und die Identifizierung von familienpolitischen und sozialpolitischen Beruf, z.B. durch einen weiteren Ausbau der öffentlichen Kinder- Handlungs- und Gestaltungsbedarfen im konkreten Lebensum- betreuung. feld der Familien möglich. Der vorliegende Familienbericht für den Kreis Siegen-Wittgenstein hat die Lebenssituation von Fami- Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognose lien und Kindern sowie die Bedingungen, unter denen die Famili- Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist im Landesvergleich – besonders en in den Städten und Gemeinden des Kreises leben und Kinder im Vergleich mit anderen Kreisen im Land Nordrhein-Westfalen aufwachsen, daher in einer umfassenden sozialräumlichen Per- – keine stark familiengeprägte Region. Der Anteil der Familien- spektive in den Blick genommen. Dabei erfolgt eine Konzentra- haushalte an allen Haushalten betrug im Jahr 2005 knapp 21 Pro- tion auf die so genannte „Kernfamilie“, d.h. es wird lediglich das zent, d.h. lediglich in jedem fünften Haushalt des Kreises leben familiale Leben in einem gemeinsamen Haushalt von Eltern mit (noch) Kinder unter 18 Jahren. Die Familienanteile variieren zwi- minderjährigen Kindern betrachtet. schen den Städten und Gemeinden des Kreises kaum: In Burbach erreicht dieser Anteil den höchsten Wert von 21,5 Prozent der Der Familienbericht für den Kreis Siegen-Wittgenstein ist ein Haushalte und in Bad Laasphe mit 19,0 Prozent den niedrigsten. wichtiger Baustein eines umfassend angelegten Familienbe- richtssystems, das Ergebnisse einer Familienbefragung und des Diese für einen Kreis vergleichsweise niedrige Familienprägung Familienstatistischen Informationssystems (FIS) mit verwal- ist u.a. ein Resultat der Bevölkerungsentwicklung der letzten tungsinternen Daten des Kreises Siegen-Wittgenstein detailliert Jahrzehnte. Unter den Kreisen des Landes Nordrhein-Westfa- analysiert und für familienpolitische Akteure und die Verwal- len hat Siegen-Wittgenstein neben dem Ennepe-Ruhr-Kreis in tung bereitstellt. Der Schwerpunkt des Familienberichtes liegt den letzten zehn Jahren von 1995 bis 2005 die meisten Einwoh- dabei auf der Darstellung der „Ist-Situation“ und beschränkt sich ner verloren. Bevölkerungsverluste im Zeitraum 1975 bis etwa auf die Skizzierung von ersten Handlungsanregungen als Ergeb- Mitte der 1980er Jahre konnten zwar durch einen deutlichen nis der Analysen. Bevölkerungszuwachs bis zur Mitte der 1990er Jahre ausgegli- chen werden. 1995 erreichte die Bevölkerungszahl mit 299.336 Die Aufgabe des Kreises bzw. der Verwaltung wird es sein, die Einwohnern sogar einen Höhepunkt. Seitdem sinken die Bevöl- hoffentlich mit diesem Bericht angestoßenen Diskussionen zu kerungszahlen aber erneut kontinuierlich, was besonders die moderieren, zu bündeln und in die Strategie für mehr Familien- Gruppe der Kinder und Jugendlichen betrifft. Von 1975 bis 1989 freundlichkeit und Kinderfreundlichkeit im Kreis Siegen-Witt- ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren an genstein einzubinden. der Gesamtbevölkerung von ca. 29 Prozent auf unter 20 Prozent gesunken und pendelt seitdem um diesen Wert. Im Gegensatz 9.1 Zusammenführung ausgewählter Ergebnisse dazu stieg der Anteil der über 64-Jährigen von 13 Prozent im Jahr 1975 auf fast 20 Prozent im Jahr 2005 kontinuierlich an. Anders Wir haben bereits einleitend darauf hingewiesen, dass sich Fami- als 1975, als der Anteil der Kinder und Jugendlichen ca. 15 Pro- lienfreundlichkeit und Familienpolitik an den Familien orientie- zentpunkte größer als der Anteil der über 64-Jährigen war, ist ren muss, die sie vor Ort erreichen will. Familienpolitik soll dazu heute (2005) umgekehrt der Anteil der Älteren und Alten etwas beitragen, dass die Lebensbedingungen und die Lebensqualität größer als der der Kinder und Jugendlichen. Besonders für Bad der Familien, die heute im Kreis Siegen-Wittgenstein leben, ver- Laasphe ist ein deutlich überdurchschnittlicher Altenquotient bessert werden. Dabei sollten die Unterschiede in den Lebensbe- als auch der niedrigste Jugendquotient zu beobachten, was eine dingungen von Familien in den verschiedenen kreisangehörigen insgesamt ältere Bevölkerung als im Kreis insgesamt bedeutet. Städten und Gemeinden aufgegriffen werden und in der Ent- wicklungsplanung des Kreises Berücksichtigung finden. Innerhalb des Kreises gab es in den letzten Jahrzehnten recht unterschiedliche Bevölkerungsentwicklungen: Wilnsdorf, Freu- Zu den wichtigsten Bereichen zählen hier sicherlich die differen- denberg und Netphen konnten bis zum Ende der 1990er Jahre zierte Beachtung der sehr unterschiedlichen demografischen Bevölkerungszuwächse verzeichnen, Freudenberg sogar darüber

148 KAPITEL 9 Zusammenfassung

hinaus. Bevölkerungsverluste zeigten sich in den 1970er und Erndtebrück hingegen haben Familien durchschnittlich etwa 100 1980er Jahren besonders für die Stadt Siegen und für Erndte- Euro Äquivalenzeinkommen weniger zur Verfügung. Die ande- brück. Hier konnten die Bevölkerungsverluste auch in den 1990er ren Städte und Gemeinden erreichen im Kreisvergleich ein etwa Jahren trotz eines erneuten Bevölkerungswachstums nicht aus- durchschnittliches Äquivalenzeinkommen. Insgesamt sind die geglichen werden. In den anderen Städten und Gemeinden ist Einkommensunterschiede zwischen den Städten und Gemein- dies gelungen. Vom Bevölkerungsverlust zu Beginn dieses Jahr- den aber nicht sehr deutlich ausgeprägt. Vergleicht man diese zehnts hingegen sind die Städte und Gemeinden des Kreises ins- Ergebnisse mit den Ergebnissen zur Bevölkerungsentwicklung, gesamt betroffen. zeigt sich, dass insbesondere in den wachsenden Gemeinden und Städten Familien mit durchschnittlich höheren Einkommen woh- Der zwischenzeitliche Bevölkerungszuwachs erklärt sich insbe- nen. Größere Einkommensunterschiede gibt es aber zwischen sondere aus Zuzügen Nichtdeutscher in den 1980er und 1990er verschiedenen Familienformen, was sich besonders durch ein er- Jahren. Waren 1975 nur fünf Prozent der Einwohner im Kreis Sie- höhtes Armutsrisiko bestimmter Familienformen zeigt. gen-Wittgenstein ohne deutschen Pass, galt dies 2005 bereits für fast neun Prozent. Ohne diesen Zuwachs wären die Bevölke- Familien- und Kinderarmut rungszahlen Siegen-Wittgensteins sogar leicht gesunken. Auch Als arm gelten Personen in Haushalten, deren Äquivalenzein- diese Entwicklung stellt sich in den Städten und Gemeinden des kommen weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Äquiva- Kreises aber differenziert dar. Ein besonders hoher Zuwachs an lenzeinkommens in Nordrhein-Westfalen beträgt. Im Jahr 2005 nichtdeutscher Bevölkerung findet sich in Hilchenbach, Burbach gelten demnach Haushalte als einkommensarm, deren Äquiva- und Netphen. Die Alterung der Bevölkerung, auf die hingewie- lenzeinkommen weniger als 615 Euro erreicht. Unter den Fami- sen wurde, erklärt sich ausschließlich durch die (Über-)Alterung lien im Kreis Siegen-Wittgenstein sind nach dieser Definition 72 der deutschen Bevölkerung. Prozent nicht arme Familien, 13 Prozent leben in armutsnahen Einkommensverhältnissen und 15 Prozent der Familien müssen Prognostisch ist davon auszugehen, dass die Gesamtbevölkerung als arm eingestuft werden. Familien im Kreis Siegen-Wittgen- Siegen-Wittgensteins bis 2025 kontinuierlich schrumpfen wird, stein sind damit eher unterdurchschnittlich von Einkommens- von knapp 291.372 Einwohnern im Jahr 2006 auf 264.697 Ein- armut betroffen. Höhere Quoten weisen insbesondere kreisfreie wohner im Jahr 2025, um -9,2 Prozent innerhalb von 19 Jahren. Städte in Nordrhein-Westfalen auf. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen wird bis 2025 um knapp 4 Prozentpunkte von 18,8 auf 15 Prozent sinken. Die demogra- Innerhalb des Kreises sind in Netphen, Wilnsdorf und Freuden- fischen Trends hinter der allgemeinen Bevölkerungsentwicklung berg die Anteile der armen Familien im Vergleich am niedrigsten in den einzelnen Städten und Gemeinden des Kreises sind dem- und auch der Anteil der nicht armen Familien am höchsten. Die nach sehr unterschiedlich und müssen auch in Zukunft im Detail größten Anteile armer Familien finden sich in Hilchenbach, Bur- beobachtet werden, um eine passgenaue Entwicklungsplanung bach, Kreuztal und Erndtebrück, wobei in Hilchenbach hinsicht- gestalten zu können. lich der Familieneinkommen größere innerstädtische Unterschie- de zu finden sind. Wirtschaftliche Lage der Familien Der Familienbericht hat aufgezeigt, dass es bezüglich der wirt- Das Armutsrisiko ist hinsichtlich der verschiedenen Familien- schaftlichen Lebens- und Einkommenssituation erhebliche Un- formen aber sehr unterschiedlich ausgeprägt: Während unter terschiede zwischen den Familien, aber auch einige Unterschiede Paarhaushalten mit Kindern lediglich etwas mehr als jeder zehn- zwischen den Städten und Gemeinden gibt und sich dies auch in te Haushalt arm ist, ist unter Alleinerziehenden mit 37 Prozent der subjektiven Bewertung der wirtschaftlichen Situation der Fa- deutlich mehr als ein Drittel von Einkommensarmut betroffen. milien niederschlägt. Das durchschnittliche Haushaltsnettoein- Paarfamilien mit Kindern hingegen sind im Kreis Siegen-Witt- kommen der Familien mit mindestens einem Kind unter 18 Jah- genstein sehr viel seltener von Einkommensarmut betroffen als ren im Kreis Siegen-Wittgenstein liegt bei 2.669 Euro monatlich, im Landesdurchschnitt. Auch das Armutsrisiko von Kinderreichen das monatliche Äquivalenzeinkommen bei 989 Euro. Die Einkom- liegt mit einem Viertel der Familien über der durchschnittlichen mensverteilung zeigt aber eine erhebliche Streuung der Famili- Armutsquote von Familien im Kreis, ist aber im Vergleich zum en über die Einkommensgruppen hinweg. Familien in Netphen, Landesdurchschnitt unterdurchschnittlich. Wilnsdorf und Freudenberg verfügen über im Durchschnitt et- was höhere Äquivalenzeinkommen. In Burbach, Bad Laasphe und

149 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Armutslagen bedeuten nicht nur eine Einschränkung in finan- Verbesserung von Bildungschancen zieller Hinsicht, sondern sie betreffen auch andere Aspekte der Die Übergangsquoten und der Schulerfolg der Kinder in Sie- Lebenslage. Im Gegensatz zu den nicht armen Familien wohnen gen-Wittgenstein sind, wie in vielen Städten Nordrhein-West- arme und armutsnahe Familien kürzer im Kreis, sie bewohnen falens, sehr stark durch die Lebenslage und die Staatsangehö- kleinere Wohnungen und haben häufiger kein Wohneigentum, rigkeit beeinflusst. Übergreifend ist eine Benachteiligung von sondern wohnen zur Miete. Arme und armutsnahe Familien Kindern aus nichtdeutschen Familien beim Zugang zu höheren haben im Unterschied zu nicht armen Familien häufiger einen Schulabschlüssen nachzuweisen, was sich besonders deutlich Migrationshintergrund sowie einen geringeren Bildungsstatus. beim Übergang auf die Hauptschule und das Gymnasium zeigt. Zudem ist die durchschnittliche Kinderzahl in armen und ar- Es lässt sich aber auch eine deutliche Abhängigkeit von der Bil- mutsnahen Familien höher als in nicht armen Familien. Wie zu dung der Eltern und der Familienform erkennen. In der Gruppe erwarten, gehören beide Gruppen auch häufiger zu den Fami- der Kinder aus Familienhaushalten mit höchster Qualifikation lien, die sich (fast) nichts leisten können und sind häufiger arm, besuchen fast zwei Drittel das Gymnasium und nur noch vier obwohl mindestens ein Elternteil einer Erwerbstätigkeit nach- Prozent die Hauptschule. Von den Kindern aus Familienhaushal- geht. Wobei die letzten beiden Merkmale, im Unterschied zu ten mit niedriger Qualifikation ist dagegen nur noch jedes fünfte den vorangegangenen, anteilig häufiger für armutsnahe Famili- Kind auf einem Gymnasium zu finden, während jedes dritte Kind en charakteristisch sind. Kinderreiche und so genannte „working eine Hauptschule besucht. Aber auch Kinder Alleinerziehender poor“ sind im Kreis Siegen-Wittgenstein häufiger armutsgefähr- und Kinder aus Migrantenhaushalten besuchen anteilig sehr viel det als arm. seltener ein Gymnasium und deutlich häufiger eine Hauptschu- le. Ganz ähnlich stellt sich die Situation hinsichtlich des Schul- Die höheren Armutsrisiken von Alleinerziehenden und Kinderrei- erfolgs dar: Während ein Drittel aller deutschen Schüler/-innen chen führen letztlich zu einem höheren Armutsrisiko von Kindern das Schuljahr 2005/2006 mit einer Fachhoch- oder allgemeinen im Kreis Siegen-Wittgenstein. Die Aussage, dass Kinder (und Ju- Hochschulreife beendete, war dies bei den nichtdeutschen Schü- gendliche) die am häufigsten von Armut betroffene Altersgrup- ler/-innen nur etwa jede/r siebte. Sehr drastisch sind auch die pe sind, trifft deshalb auch auf den Kreis Siegen-Wittgenstein Unterschiede zwischen deutschen und nichtdeutschen Schüler/- zu. So ist im Kreis mehr als jedes zehnte Kind unter 15 Jahren innen, die die Schule ohne Abschluss bzw. lediglich mit einem auf Sozialgeld nach dem SGB II angewiesen. Auch hinsichtlich Hauptschulabschluss verlassen: Während dies bei den deutschen der Einkommensarmut gibt es eine höhere Armutsbetroffenheit Schüler/-innen nur gut jede/r fünfte ist, ist es bei den nichtdeut- von Kindern. Kreisweit lebt fast jedes dritte Kind in armen oder schen mit 51 Prozent gut die Hälfte der Schüler/-innen! armutsnahen Familien, wobei dieser Anteil zwischen den Städ- ten und Gemeinden zwischen 23 Prozent (in Netphen und Wilns- Um diesen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft dorf) und 41 Prozent (in Burbach) schwankt. und Bildungszugang aufzubrechen, sollte der gleichberechtig- te Zugang zu höheren Schulabschlüssen von nichtdeutschen Kinder aus Familien Alleinerziehender, aus kinderreichen Fami- Kindern und Kindern aus bildungsferneren Familien geziel- lien und aus Familien mit Migrationshintergrund sind deutlich ter gefördert werden. Hier gilt es insbesondere den Anteil der schlechter gestellt: So müssen mehr als die Hälfte aller Kinder Schüler/-innen, die die Schule ohne Abschluss oder mit einem aus Familien Alleinerziehender sowie aus kinderreichen Familien Hauptschulabschluss verlassen, zu verringern, um Bildungspo- als arm bzw. armutsnah eingestuft werden. Kinder aus Migran- tenziale besser auszuschöpfen. tenfamilien sind sogar noch einmal stärker von Armut betroffen. Fast zwei Drittel dieser Kinder leben in armen oder armutsnahen Vereinbarkeit von Familie und Beruf Familien! In Siegen-Wittgenstein ist das klassische Modell mit dem Voll- zeit erwerbstätigen Vater und der Hausfrau, die die Familienar- Für die kommunale Familienpolitik sind die Möglichkeiten dem beit leistet und höchstens Teilzeit erwerbstätig ist, die am wei- strukturellen Armutsrisiko, dem Familien in Deutschland un- testen verbreitete Erwerbskonstellation. Zwischen den Städten terliegen, entgegenzuwirken und Familienarmut zu vermeiden, und Gemeinden des Kreises sind aber einige kleinräumige Un- eher begrenzt. Hier geht es besonders um die Bearbeitung von terschiede hinsichtlich der Erwerbseinbindung der Eltern er- sozialen Folgen dieser Entwicklungen, so durch eine intensivier- kennbar: In Bad Berleburg findet sich der größte Anteil der Paare te Beratung von Familien in armutsnahen Milieus und familien- in Vollzeitbeschäftigung. Die traditionelle Ernährerfamilie, d.h. unterstützende Leistungen, z.B. im Freizeitbereich. ein vollerwerbstätiger Vater und eine nicht erwerbstätige Mut-

150 KAPITEL 9 Zusammenfassung

ter, findet man besonders häufig in Neunkirchen und Bad Laas- Darüber hinaus gibt es noch einmal einen Anteil von elf Prozent phe. Die niedrigsten Anteile Vollzeit erwerbstätiger Elternpaare der Kinder, für die nach Angaben der Eltern ein Bedarf besteht, gibt es mit jeweils nur vier Prozent in Burbach und Erndtebrück. der aber noch nicht angemeldet wurde. Einfluss auf die Erwerbseinbindung der Eltern – besonders den Erwerbsumfang der Mütter – haben vor allem das Alter der jüng- Wohnsituation und Ausgestaltung des Wohnumfeldes sten Kinder und der Bildungsstatus der Mutter. Mit ihrer Wohnung ist die überwiegende Mehrheit der Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein zufrieden, ein Drittel sogar sehr zu- Die Ergebnisse der Familienbefragung zeigen im Kreis Siegen- frieden. Unzufriedenheit mit der eigenen Wohnung ist eher sel- Wittgenstein zudem eine noch deutlich geschlechtsspezifisch ten. Auch die Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld insgesamt ist und traditionell geprägte Arbeitsteilung im Haushalt zwischen im Kreis Siegen-Wittgenstein hoch: Fast drei Viertel der Famili- Vätern und Müttern, die mit der traditionellen Erwerbsbeteili- en sind damit „zufrieden“ oder sogar „sehr zufrieden“, wobei die gung korrespondiert. Eine in Zukunft zu erwartende breitere Er- Städte und Gemeinden insgesamt recht nah beieinander liegen. werbsbeteiligung von Müttern sollte nicht nur vor dem Hinter- grund der Verbesserung der Kinderbetreuung diskutiert werden. Besonders wichtig für Familien mit Kindern ist aber ein kindge- Zudem sollten auch Aspekte der innerfamilialen Arbeitsteilung rechtes Wohnumfeld. Dazu zählen z.B. Grünflächen und Spiel- in die öffentliche Diskussion getragen werden, da gerade die plätze, ausreichende Freizeitangebote und Möglichkeiten, wo Doppelbelastung durch Familienarbeit und Erwerbsarbeit Ver- ältere Kinder und Jugendliche sich treffen können, aber auch einbarkeitsprobleme im Alltag aufwirft. Eine bessere Vereinbar- wenig Verkehr, damit Kinder auch alleine die Wohnung oder das keit von Familie und Beruf kann in Zukunft nur gelingen, wenn Haus verlassen können. Betrachtet man die diesbezüglichen Ein- auch Väter stärker in die Familienarbeit einbezogen und perma- schätzungen der Siegen-Wittgensteiner Familien, zeigt sich über nente Doppelbelastungen für erwerbstätige Mütter abgebaut alle Städte und Gemeinden im Kreis hinweg hinsichtlich der werden können. Freizeitangebote und -einrichtungen für Kinder und der Aufent- haltsmöglichkeiten für ältere Kinder und Jugendliche ein größe- Institutionelle Kinderbetreuung und zusätzliche Bedarfe res Kritikpotenzial als für andere Merkmale des Wohnumfeldes. Der Bestand an Kindergartenplätzen für Kinder im Alter von drei Auch eine bilanzierende subjektive Bewertung der Freizeitange- bis unter sechs Jahren im Kreis Siegen-Wittgenstein betrug zum bote für Kinder im Kreis Siegen-Wittgenstein zeigt, dass das An- 31.12.2005 ohne die Stadt Siegen 5.730 Plätze. Das entspricht gebot durchaus verbesserungswürdig ist. Fehlende Spielplätze zu diesem Zeitpunkt einer Betreuungsquote von 110 Prozent in für kleine Kinder und zu viel Verkehr werden kreisweit ebenfalls den betrachteten Städten und Gemeinden insgesamt. Dem be- von etwa jeder vierten Familie kritisch angeführt. Sehr positiv stehenden Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz werden hingegen die vorhandenen Grünflächen eingeschätzt. für Kinder in dieser Altersklasse kann mit diesem Angebot ent- Besonders kritisch äußern sich, wie in vielen anderen Städten, sprochen werden. Ganztagsplätze für Kinder dieser Altersgruppe Alleinerziehende. sind in allen Städten und Gemeinden des Kreises recht selten. Hier werden lediglich Versorgungsquoten bis 11 Prozent erreicht. Gesundheitsvorsorge für Kinder In den Kinderbetreuungseinrichtungen des Kreises (ohne Siegen) Für Siegen-Wittgensteiner Familien ist insgesamt ein vergleichs- gab es zum 31.12.2005 darüber hinaus für alle Familien mit Kin- weise gutes Vorsorgeverhalten erkennbar. Dies zeigt sich be- dern unter drei Jahren 239 Betreuungsplätze. Bezogen auf die sonders in einem sehr hohen Durchimpfungsgrad der Kinder, Kinder dieser Altersgruppe ist das eine Betreuungsquote von fünf unabhängig davon, in welcher Stadt oder Gemeinde die Kinder Prozent. wohnen. Obgleich auch die Früherkennungsuntersuchung U9 von der großen Mehrzahl der Eltern wahrgenommen wird, zei- In der Familienbefragung wurde der zusätzliche Bedarf an Be- gen sich hier Unterschiede zwischen den Städten und Gemein- treuungsplätzen für Kinder dieser Altersgruppe erfragt. Für mehr den. So liegen die Teilnahmequoten in Bad Laasphe, Netphen und als die Hälfte der Kinder unter drei Jahren wird aktuell kein Be- Burbach nur knapp über 80 Prozent. Die gesundheitspräventiven darf an Betreuungsplätzen angemeldet, dennoch besteht in al- Interventionen und Maßnahmen für Kinder erreichen offensicht- len Städten und Gemeinden noch ein Bedarf an zusätzlicher Be- lich die Familien in Siegen-Wittgenstein. Das spiegelt sich auch treuung, der sich an einem Anteil von zwölf Prozent der Kinder in der Bewertung der Gesundheitsvorsorge wider, die insgesamt auf der „Warteliste“ für einen Betreuungsplatz erkennen lässt. ein positives Bild ergibt. Innerhalb des Kreises schwankt diese

151 FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

Einschätzung der Familien jedoch stark. Eine (eher) negative Ein- befragung teilgenommen haben. Zum anderen stellt dies sicher, schätzung der Gesundheitsvorsorge in Siegen-Wittgenstein ge- dass die vorgelegten Analysen und Interpretationen von denje- ben insbesondere Familien in Bad Laasphe, in Hilchenbach und nigen, die sie betreffen, beurteilt werden können. Netphen. Übergreifendes Ziel sollte sein, die Familien durch öffentliche Einschätzung der Unterstützung für Familien Leistungen und Angebote zu unterstützen, damit sie auch in Zu- Die Informationen zu familienspezifischen Angeboten bewerten kunft „Leistungen“ für das örtliche Gemeinwohl erbringen kön- die Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein über alle Gemeinden nen. Dabei ist wichtig, dass es Unterstützung für Familien vor und Städte hinweg recht ambivalent: Etwas mehr als ein Viertel Ort gibt. Zweitrangig dabei ist, wer diese Leistungen anbietet. der Familien im Kreis fühlt sich gut informiert, aber 37 Prozent Für Familien selbst ist es in der Regel weitestgehend unwichtig, der Familien stimmen dieser Aussage eher nicht bzw. überhaupt ob Familienförderung vom Kreis, von kreisangehörigen Gemein- nicht zu, noch einmal ein Drittel ist in seiner Einschätzung un- den oder von anderen Trägern und Akteuren ausgeht. Famili- entschieden. Besonders Familien in Bad Laasphe, Kreuztal und enförderung ist und kann auch nicht ausschließlich Sache der Erndtebrück fühlen sich anteilig schlechter informiert. Am posi- Kommune sein. tivsten fallen die Bewertungen in Burbach und Wilnsdorf aus. Familienpolitik muss vielmehr als „örtliche“ oder „lokale“ Fa- Betrachtet man den Bekanntheitsgrad von institutionellen Un- milienpolitik verstanden werden, bei der nicht nur die Kommu- terstützungsangeboten für Familien, sind der übergroßen Mehr- nalverwaltung eine Rolle spielt, sondern alle freien Träger und heit der Familien einschlägige Einrichtungen und Beratungsstel- familienpolitisch relevanten Akteure eingebunden werden. Kom- len bekannt. Der Bekanntheitsgrad erreicht lediglich für Familien munale Familienpolitik ist also nichts anderes als Familienpoli- mit Migrationshintergrund etwas geringere Werte. Unter die- tik in der Kompetenz der Kommune. Um alle auf kommunaler sen Familien sind speziellere Angebote, wie Erziehungsbeistand, Ebene vorhandenen Potenziale erschließen zu können, müssen Mietrechtsberatung oder auch die Jugendgerichtshilfe weniger sich die Kommunen als Moderatoren kommunaler Familienför- bekannt. derung verstehen. Ein wichtiges Element örtlicher Familienpo- litik – und hier ist ganz klar die Kommune gefragt – ist die Ver- 9.2 Familienförderung als örtliche Familienpolitik netzung und Koordination der freien Träger und aller anderen familienpolitisch bedeutsamen Akteure. Die konkrete Maßnahmenentwicklung und -planung auf Basis der vorgestellten Ergebnisse kann nur vor Ort und in einem breit Zu einer wirksamen örtlichen Familienpolitik gehört aber auch, angelegten Diskussionsprozess erfolgen. Neben der Einbezie- dafür zu sorgen, dass Familien und ihren Leistungen in der Öf- hung der zuständigen Verwaltungseinheiten sowie der entspre- fentlichkeit, in der Politik und in der Wirtschaft auch symbolisch chenden politischen Gremien gilt es hier Wege zu finden, um die ein größerer Stellenwert zukommt. Die Präsenz der Familien in Ergebnisse des Familienberichtes allen relevanten Akteuren zu- allen gesellschaftlichen Bereichen kann durch eine breite öf- gänglich zu machen. Hierzu zählen selbstverständlich in erster fentliche Diskussion verbessert werden, um strukturellen Rück- Linie Akteure in der Kommunalverwaltung und der Familien-, Ju- sichtslosigkeiten entgegenzuwirken. gend- und Sozialpolitik auf der Kreisebene, aber auch auf Ebe- ne der kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Darüber hinaus sollten Akteure außerhalb von Politik und Verwaltung einbezo- gen werden, um eine breite Öffentlichkeit für die familienpoliti- sche Diskussion zu erreichen. Hier geht es um Akteure, die in ih- rer alltäglichen Arbeit mit Familien zu tun haben, beispielsweise in den Kindertagesstätten, Schulen und bei freien Trägern. Nicht zuletzt geht es aber auch darum, die Familien in den Städten und Gemeinden selbst in die Diskussion einzubeziehen. Denn Fami- lien sind die „echten“ Experten für Familienfragen! Zum einen haben viele Familien im Kreis Siegen-Wittgenstein an der Ent- stehung dieses Berichtes mitgewirkt, indem sie an der Familien-

152 Literatur FAMILIENBERICHT KREIS SIEGEN-WITTGENSTEIN

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