KURTRIERISCHES JAHRBUCH

Herausgegeben von der Stadtbibliothek Trier und dem Verein Kurtrierisches Jahrbuch e. V.

49. Jahrgang2009

Trier 2009 Verein Kurtrierisches Jahrbuch Satz & Layout: Dr. Udo Fleck, Rosenstraße22,54295 Trier Offsetdruck: Druckerei Ensch GmbH, Paulinstraße 84,54295 Trier Claustrum" und Eisenerz. Zur Montanarchäologie im Um- feld des Zisterzienserklosters Himmerod, VG Manderscheid, Lkr. Bernkastel-

Von Hans-Peter KUHNEN

transtulinzos illos (sc. Fratres) in vastiorein solitudinem atitadam silve que Kilewalt depossessionebeati dicitur superfluvium Salntana, arita partem que Petri fttit, de nanu laica emancipatam libere atnt omni integritate perpetuo il- lis concessinua..." (aus dem Gründungsstatut des Klosters Himmerod, 1'38)'

Ein der Eifel be- spannendes Kapitel mittelalterlicher Wirtschaftsgeschichte ginnt mit diesem Satz aus der Gründungsurkunde des Zisterzienserklosters Him- merod im bei Grosslittgen: 1134zogen auf Einladung des Trierer Erzbi- schofs Albero von Montreuil (1132-1152)Zisterzienser aus Clairvaux unter Abt Randolf bei an die Kyll, um an einem Vorposten des Trierer Erzstiftes Kordel ein Tochterkloster der Standort ihres neuen Ordens zu gründen. Da ursprüngliche jedoch (sc. bald nicht mehr ausreichte, hatte der Trierer Erzbischof die... Brüder) der , der umgesetztin eine ausgedehntereEinöde einesgewissen Waldes über Kill- heißt, Teil davon walt und ihnen auf ewig,frei und mit jeglicher Unversehrtheitjenen .zugestanden, der dem Heiligen Petrta gehörte und von Laienhand abgetretenworden war`. Dort bauten die Mönche ab 1138ihr in das Salmtal nördlich Großlittgen claustrum" an einen Ort, der später Hymmenrode genannt wurde.

Warum in die Eifel?

die der Viele ihrer Klöster gründeten die Zisterzienser an Orten, sie in eige- nen Überlieferung bezeichneten, die Forschung als oder Wildnis" worin heute Einöde" die konkrete weithin einen literarischen Topos sieht, der nicht unbedingt

I Aus der Stiftungsurkunde der Abtei Himmerod aus dem Jahr 1139, vgl. C. WAMPACH: Urkunden- Territorien bis burgundi- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen zur bei LOZAR:Zisterzienserabtei schen Zeit. Bd. I. Luxemburg 1935, S. 572-575. Abgedruckt Angelika Himmerod Liebe Frau Himmerod auf der Grundlage der Stiftungsurkunde von 1138. Unsere von 73. Sonderausgabe S. zur Handschriftenausstellung 2003, 20-3 5- 2 Zur Gründung Himmerods Wilkes 1924, S. 17-46. Zur Regierungszeit Alberos von Mon- treuil Marianne Pundt, in: Hans Hubert ANTON/Alfred HAvER1:A.. ir (Hrsg. ), Trier im Mittelalter. 2000 Jahre Trier. Bd. 2. Trier 1996, S. 243-252.

99 Kurtrierisches Jb. 49,2009, S. 99-i2o Iý'-Zý^Ii tiý itilt+ mmoo )]ITM ý fuw ,l! - ý X" p...

Abb.i: DasSalmtaizwischen undHimmerod aus derLuft

I00 Realität vor Ort wiedergibt. Fakt ist, dassder neue Orden des Bernhard von Clair- vaux fur seine Klöster wirtschaftlich attraktive Standorte suchte und sich gerne an Verkehrsknotenpunkten oder in der Nähe wichtiger Rohstoffzentren nieder- ließ 3 Ganz in diesem Sinn besetzten Abt Randoff und sein Gründungskonvent im Salmtal Einöde" mit seinem neuen claustrum" nicht nur eine ausgedehntere entsprechend dem geläufigen zisterziensischen Topos, sondern auch und vor allem der interessantesten Eisenreviere der Eifel. Als (Sperre) in dop- eines claustrum" peltem Sinn lag das neue Kloster an einer Stelle, an der die Buntsandsteinberge des Kyllwaldes das Tal des Salmbachs beiderseits in die Zange nahmen, so dass nur ein schmaler Durchlass für den Bach blieb. Nördlich des Klosters schloss der Salmbach die Schichten des Oberen und des Mittleren Buntsandstein (ca. 250 Mio Jahre alt) auf, die sich über dem Devon (ca. 400 Mio Jahre vor heute) abgelagert hatten. ' Be- sonders die Basissedimente des Mittleren Bundsandstein (sm) enthalten Eisenerz als Brauneisenstein oder Limonit in linsen- und schwartenförmigen Konkretionen von bis zu io cm Mäduigkeit. 5 Eisenerze diesesTyps zogen zwischen Luxemburg und dem Rhein seit der Römerzeit Hüttenleute in ihren Bann und wurden ver- mutlich bereits in vorrömischer Zeit verhüttet. 6 Über den Buntsandsteinaufschlüs- sen der Südeifel entwickelten sich vor allem Eisenschmitt, Weilerbach, Quint und Jünkerath seit dem späten Mittelalter zu bedeutenden Hütten- und Gießereizen- tren, bis um die Mine des i9. Jahrhunderts Holzkohlemangel und das Aufblühen der Schwerindustrie in England, Belgien, dem Ruhrgebiet und dem Saarland dem jahrhundertealten Eisengewerbe der Eifel das Aus brachte. '

Inwieweit Abt Randolf und seine Mitbrüder bei der Suche nach einem Stand- ort für ihr neues Claustrum bereits diese Erzvorkommen an der Salm im Auge hat- ten, geht aus den erhaltenen Schriftquellen nicht hervor. Nach den Erfahrungen anderer Zisterzienserklöster wäre esjedoch kein Einzelfall, wenn die Neugründung in Himmerod ihr rasches wirtschaftliches Wachstum der ersten Jahrzehnte nicht

3 Leo J. LE1:A1: The Cistercians - Ideal and Reality Kent 1977-S. 282-322- 4 MEYER 1994, S. z15-219. Siehe auch Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland- Pfalz (Hrsg. ). 2005.295-3o6; Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Hrsg. ): Geo- Übersichtskarte logische 1: 2oo ooo Blatt CC 6302 Trier. Hannover 1987; Reichsamt für Landes- aufnahme/Preußische Landesaufnahme (Hrsg. ): Geologische Karte r: z5 000, bearbeitet von Hans Grebe 1890 (berichtigt 1920); \\'erner SPIEL%t.&i* : Geologische Streifzüge durch die Eifel. Alf 27005, S. 75-95" Siehe auch «tisw mineralienatlas. de sy. Braunciscnstein. 5 Jörg F. \C! NEGE.,;DxNr;: Trier und Umgebung. Sammlung geologischerFührer, Bd. 6o. Bcrlin/Stuttgart 1983-S. 54 f. 6 Rose 1ERGER1979, S. IOS-1 10- Zur Eisengewinnung der Römerzeit Neu 1988, S. 21- z5; Brigitte B1.YER-Romtor/Marin Luii:: \Virtschaft in römischer Zeit. Gesch. Atlas d. Rheinlande Beiheft 111/3-4. Bonn 2007, S. 17-19 u. 61 f.; zur Verhüttung in keltischer Zeit Andreas KRONz/ Tanja EGGERS:Arehäometallurgische Untersuchungen eisenzeitlicher Funde aus dem Hügelgräber- fcld Hillcsheim, Kreis Daun. In: Trierer Zeitschrift 64 (loot), S. 74 f. u. 97. RosENBERGER 7 1979,S. 121 f.

I0I der Eisengewinnung nur der Wald- und Weidewirtschaft, sondern auch zu ver- danken hätte, die neben der Landwirtschaft zu einer Haupteinnahmequelle vieler Zisterzienserklöster wurde. "

Zwischen Wirtschaftsblüte und Strukturkrise: Die Eisengeschichte des Salmtals in den Schriftquellen

Dass die Zisterzienser von Himmerod wirtschaftlich von der Eisenproduktion der Gründung des profitierten, wird urkundlich erst über 20o Jahre nach Klosters fassbar: Aus Gerichtsakten des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit geht hervor, dass die Hüttenwerker des Salmtals um Eisenschmitt Erz und Holzkohle bezogen, aus den Besitzungen der Himmeroder Mönche auch wenn nach Urkun- denlage der Betrieb der Bergwerke und Eisenhütten nicht unmittelbar in der Hand lag. die frühe Eisenverhüttung des Klosters Was über und -verarbeitung im Salmtal Überlieferung bekannt ist, ' beruht ebenso wie die historische zu Himmerod10 fast ausschließlich auf Archivalien und ist zumindest irr das späte Mittelalter durch die Arbeiten von Peter Neu, ", Sigrid Theisen12und die von Erich Gerten versammel- ten Autoren der Ortschronik Eisenschmitt13weitgehend aufgearbeitet.

Als ältester Hinweis auf Eisenproduktion im Salmtal gilt ein Pachtvertrag vom 29.8.1372. Die Grafen von Manderscheid und die Herren von Malberg-Kyll ver- darin jährlich Zentner Eisen der Salmen" pachteten gegen 50 eine Ysensmytt uff an Frederych von Runderode, offenbar einen Hüttenfachmann aus dem XWester- wald, begrenzten die Zahl der Köhler in dem zugehörigen Waldbezirk Hoynscheyt diesen auf maximal fünf und gewährten Holz aus einem 'Windbruch des Vorjahres. Obwohl der Vertrag weder die Gründung des Betriebs noch dessen Lage expli- zit erwähnt, nimmt man an, dass in diesem Jahr die Eisenverhüttung in Eisen- schmitt begann. 1388verpfändeten die Herren von Malberg ihren Anteil an der der Salm" den Waldbezirken Horst und Hoinscheid den Isensmelzenan mit an

8 Hans Josef RoTH in Ambrosius SCHNEIDERu. a. (Hrsg. ): Die Cistercicnser. Geschichte, Geist, Kunst. Köln 31986, S. 529-S44 u. 558 f. (Altzclla); 571 f. (Grünhain); 6o5 If. (Walkenried). ): Siehe auch Klaus Ei/Peter JOEtuSSEN/HansJosef Rom (Hrsg. Die Zisterzienser. Ordensleben Ausstellungskatalog. Köln S. ff. zwischen Ideal und Wirklichkeit. 1981, 230 S. f. (die "). 9 ROSENBERGER 1979, io6 dunklen Jahrhunderteder Geschichte... S. SCHNEIDER S. f.; Die Cistercicnser- IO WACKENRODER 1934, 957-962; 1986, 540 DERS.: Speyer S. Die Cistcrcicnserabtei Him- abteil Himmerod im Spätmittelalter. 1954, 187-234; DERS: der bis Sot. Köln S. \\'u. merod von Renaissance zurAufklärung 1511-1 1976. 197-280; siehe auch - KES1924, S. 18 ff S. 11 LIEU 1988, 103-114. S. f. 12 THEISEN 1973, 16 S. Siehe Chronik Manderschcid S. 13 GERTEN 2006, zi--6o u. 163-210. auch 1999, 215-232.

102 Trierer Erzbischof 1392wird dieser auch Besitzer des Manderscheidschen Anteils an der Eisenschmitter Hütte. " 1394 traten die Hüttenmeister Ewerhard von Bre- denich und Gerart aus dem Salmtal als Bürgen für einen Vertrag im benachbarten auf 1398verpachtete Graf Dietrich von Manderscheid dem Ham- merschmiedemeister Bertrem ein neues Hüttenwerk und die Hälfte des zugehöri- gen Eisenhammers. '5

Dass die Grund- und Landesherren ausweislich ihrer Vertragstätigkeit schon im späten 14. Jahrhundert der Eisengewinnung im Salmtal hohe Aufmerksam- keit widmeten, lässt ahnen, welche wirtschaftliche Bedeutung das Gewerbe hier bereits zur Zeit der ersten schriftlichen Nachrichten hatte, auch wenn die Jahres- pacht von 0,25 t Eisen vergleichsweise gering erscheint und die Hüttenbetriebe selbst im Gelände nicht fassbar sind. Ergiebiger fließen die schriftlichen Quellen für die folgenden 5oo Jahre Eisengeschichte des Salmtals: Unter anderem teilen sie mit, dass 1469 an einem nicht näher bezeichneten Standort im Salmtal eine Smytten" Eisenwerk neue errichtet wurde und 1503 ein weiteres neues entstand, das mit Unterbrechungen bis etwa 167o Eisen erzeugte und unter der heutigen Kirche von Eisenschmitt vermutet wird. Ein weiteres Hammerwerk unbestimmter Entstehungszeit für den Eisenschmitter Ortsteil Überscheid" der Salm wird  rechts angenommen und war dort bis etwa 1730 in Betrieb. Weiter gab es neben dem äl- testen, noch nicht lokalisierten Eisenhammer in Eisenschmitt selbst weitere Ham- mer- und Hüttenwerke am Nordrand des heutigen Dorfes (Oberhammer), auf dem Gelände der Wüstung Metzenhausen unweit von Schloss Bergfried sowie spä- ter in Eichelhütte und in Cornelshütte nördlich bzw. südlich von Eisenschmitt. '6 Bis zur Gründung dieser beiden Hütten 1701102berichten die Archivalien immer wieder über Rechtsstreitigkeiten zwischen den Grundherrschaften Manderscheid und Malberg, dem Kloster Himmerod und den Hüttenbetreibern, wobei es um Grund- und Holzrechte sowie die Abgaben aus Eisenerzeugung geht, was quasi im Umkehrschluss darauf hindeutet, dass der Hüttenbetrieb in dieser Zeit wirtschaft- lich florierte. '?

Wirtschaftsgeschichtlich besonders interessant sind die knappen Angaben zur Rohstoffversorgung der Eisenhütten des Salmrals, die für ihren Betrieb einer- seits Eisenerz, andererseits Holzkohle benötigten: Pachtverträge nennen in Eisen- den Henckin", dessen Kollegen Abraham schmitt 13S9 Steingräber 1S98 und 1579 den Theiss ". 's Dieser dem Maurer aus errichtete ein Bergwerk" auf

NEU f.; GERTE. 14 1988, S. S. 83 \ 2oo6, S. 14-16- GERrEI, 15 2oo6, S. 16. \\'ACIDr. tiRODER 1934, S. 92.9-933" 16 GERTEN2oo6, S. 29 f. Chronik hSanderscheid,Abb. S. Zz6. 17 NEU 1988,S. 85 f. Genen 2006, S. 29-37- is GERTE2z2oo6, S. 163 f.

103 Berg zwischen Bettenfeld und , etwa 5-7 Kilometer von den Hütten des Salmtals entfernt. Noch weiter entfernt lagen die Gruben vom Liessemer Berg bei Pickliessem, heute Lkr. Bitburg-Prüm, die ab etwa 157o bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts die Hütten des Salmtals mit Erz versorgten.19 Die 1701gegründete Eichelhütte bezog ihr Erz aus der Umgebung von Zemmer und Quint, heute Lkr_ Trier-Saarburg, und aus dem Prümer Land' Für die Erzfulrnverkc bedeutete dies Wegstrecken zwischen 15 und 4o km bei einer Nutzlast von o, s bis 1,o t. Für die Jahresproduktion der Eichelhütte von rund zoo t Eisen im Jahr 1764=' mussten die Fuhrleute demnach jährlich rund 60o t Erz über Land herbeischaffen, was hin und zurück ca. zooo bis 4000 Gespanntage bedeutete und entsprechend hohe Fuhrwerkskapazitäten voraussetzt. \k'enn aber die Hütten des Salmtals schon im i8. Jahrhundert trotz der Erzgruben vor ihrer Haustür auf beschwerliche und kost- spielige Erzlieferungen aus weiter entfernten Abbaustätten zurückgriffen, müssen zu dieser Zeit die örtlichen Vorkommen um Eisensdtmitt und Himmerod ent- weder bereits erschöpft oder nur noch schwer zugänglich gewesen sein, womit der Beginn Strukturkrise" sich offenbar einer bergmännischen abzeichnet, wie sie Andreas Hauptmann beim darunter liegen- nach Übergang vom reicheren zum den ärmeren Erzkörper" regelmäßig vorkommen?;

Die Versorgung mit Holzkohle oblag den Köhlern, die in Schwarzenborn Eisenschmitt dem Jahr die der Sal- oberhalb von ab 126o, um Ysensclimytt uff men" ab 1372urkundlich bezeugt sind. Obwohl die Grundherren seit dem späten Mittelalter die Köhlerei auf dem Verordnungsweg zu regeln suchten, 2; litten die Wälder um Eisenschmitt bereits im 16. Jahrhundert unter starker Erschöpfung durch hohen Holzeinschlag. zoo Jahre später hatten sie sich davon aber so weit erholt, dassdas Salmtal selbst weiter entfernte Hütten in Malberg und Kronenburg in der Westeifel mit Holzkohle belieferte. 2SAuch wenn die Eichelhütte im frühen 19. Jahrhundert für ihre Frischfeuer Steinkohle aus dem Saarland bezog, blieb die Holzkohle aus den Wäldern der näheren Umgebung bis in das 19. Jahrhundert die ausschließliche Energiequelle des Hochofens im Salmtal. Erst als um die Mitte des 19. Jahrhunderts der Hüttenbetrieb in Eisenschmitt durch die Konkurrenz des Ruhrgebietes und des Saarlandes nicht mehr rentabel war, verloren Köhler und

19 Neu 1988, S. Ioo-io3. f 20 GERTEN 2006, S. 32

21 GERTEN 2006, S. 35. zz Zu Transportleistungen und Wegstrecken des vorindustriellen Erztransports siehe Cornel DOSWALD: Eisentransport in der Schweiz. In: JocKENIIÖ%EL (Hrsg. ), Erzwege" - vorindustriellen 1996, S. 151-172- 23 Andreas HAUPTMANN: Die Entschlüsselung berg- und hüttenmännischer Techniken. in: Gerd WAGNER(Hrsg. ): Einführung in dieArchäometrie. Heidelberg 2007, S. 121 f. 2-4 SieheAnm. 13. 25 GERTEN 2006, S. 15 f. u. 164-168.

104 Abb.z: Takenplattedes i6. Jahrhunderts ausder Gießerei von Eisenschmitt

Hüttenleute gemeinsam ihre Arbeitsplätze, und wanderten teilweise in die neuen Indus- trieregionen an und Saar ab. Was dieser Struk- turwandel für Eisenschmitt und seine Bewohner bedeu- tete, hat Clara Viebig in ih- berühmten Roman rem Das Weiberdorf` literarisch ver- arbeitet, freilich nicht ohne die Realität künstlerisch zu überzeichnen und mit zeitge- nössischen Stereotypen anzu- reichern 26

Was nicht in die Archive kam

Der gedrängte Abriss der frühen Eisengeschichte des Salmtals zeigt, dass die Eisengewinnung als Haupteinnahmequelle des Salmtals in vorindustrieller Zeit nur so weit fassbar wird, als es Hütten- und Grubenbesitzer, Schmiede, Fuhr- leute, und die Vertreter der Obrigkeit in Gerichtsurteilen, Verträgen, Urkunden und Rechnungsbüchern niedergeschrieben haben. Wer zwischen den mehr oder weniger zufällig überlieferten Betriebsgründungen, Rechtsstreitigkeiten und den immer wieder penibel festgehaltenen Abgabenverpflichtungen aus Spätmittelalter und früher Neuzeit quantifizierbare wirtschaftsgeschichtliche Daten wie Hütten- standorte oder Betriebsgrößen sucht, stößt rasch ins Leere. Was nicht aufgezeich- net wurde, ist aus dem Gedächtnis verschwunden und entzieht sich den Histo- rikern. Wo die frühesten Bergwerke, Schmelzöfen. Schmieden und Köhlerplätze des Salmtals standen, welche Rohstoffquellen die frühen Hüttenleute mit welchen Verfahren ausschöpften und wie viel Eisen sie erzeugten, kann daher bestenfalls

z6 Maria-Regina NF Fr. Clara Viebigs Eifelwerke (r897-1914). Imagination und Wahrheit bei der Darstellung einer Landschaftund ihrer Bewohner.Münster 1998, S. 3-7 U. 41-45.

I05 gemutmaßt werden; lediglich der frühe Eisenkunstguss des Salmtals wird dank des der verzierten Takenplatten i6. -i8. Jahrhunderts in ausgewählten Produkten greifbar.27

Dass Kohlenmeiler, Erzwäschen und wasserberriebene Poch- und Hammer- werke Auswirkungen auf die Umwelt hatten, ist nach einzelnen Hinweisen etwa über Holz- oder Wassermangel in den Archivalien und nach modernen montanar- chäologischen Forschungen in vergleichbaren Verhüttungszentren zu vermuten, 2S für das Salmtal dagegen weder zeitlich noch räumlich konkret zu benennen. Erst recht liegt im Dunklen, wann genau zum ersten Mal Prospektoren die Erzvor- des Salmtals entdeckten und Bergleute diese abbauten, spricht doch der Pachtvertrag des Jahres 1372 lediglich davon, dass eine Hütte gegründet wurde, diese die des sagt aber nicht, ob erste Salmtals war. Auch hier weiß man aus ar- chäologisch besser erforschten Vergleichsgebieten wie etwa dem Harz, Siegerland dass oder dem Schwarzwald, Eisenerzbergbau lange vor den ältesten schriftlichen Aufzeichnungen begann? 9

Die Kulturlandschaft als Archiv des frühen Bergbaus

In den besser erforschten Montanregionen der deutschen Mittelgebirge hat die interdisziplinäre Montanarchäologie seit den i98oer Jahren vielfältige Spuren früher Verhüttungstätigkeit im Gelände aufgedeckt, was die Bergbaugeschichte dieser Regionen zum Teil um gut ein Jahrtausend weiter in die Vergangenheit ver- längert. 30Rheinland-Pfalz sucht seit kurzem den Anschluss an diesen Forschungs- zweig und koordiniert durch das Institut fürArchäologie und Naturwissenschaften (IAN) der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) entspre- chende Aktivitäten verschiedener Träger? ' In diesem Zusammenhang findet das

S. f. Peter SE 27 THEISEN 1973, 16 u. 67-87. - WALDT: Katalog der Hcrdgussplattcn des des Rheinischen LandesmuseumsTrier. (Schriftenreihe Rheinischen Landamuseunu 1). Trier 1988. 28 Heiko STEUERin DERS./Ulrich ZIntMEIUtAN1 (Hrsg. ): Montanarchäologie in Europa. Be- Internationalen Kolloquium Erzgewinnung Verhüttung in Europa" richte zum Frühe und in Frei- burg i. Br. vom 4.7.10.1990. Sigmaringen 1993, S. 11-27; DIES. (Hrsg), 1993, S. 70-75- 29 Cristoph BARTELs/Michael FEssNER/Lothar KLA'PAUF/Friedrich A. LINKE: Metallhütten und Verhüttungsverfahren des Goslarer Montanwesens. Entwicklung und Veränderungen des Hüt- der tenwesens vom Mittelalter bis zur Schwelle Industrialisierung nach Schriftquellen und archäo- logischen Befunden. In: Hans Jürgen GERHARD/Karl-Heinrich KAUFHOLD/Ekkchard WESTERMANN Harz. Bochum S. Siehe (Hrsg. ): Europäische Montanregion zoo1, 265-278. auch Albrecht JocKI: N- HÖVELin DERS.(Hrsg. ) 1996, S. 8-1I. S. 30 Vgl. STEUER/ZIMMERMANN (Hrsg.) 1993, 12-15. KNIEPS/WEGENER2008- S. 4-11. S. Gerd WEISGERBER,RGA2, Bd. 20. Berlin/Nc%vork zooz, ISo-199; sieheauch Anm. 27. Rheinland-Pfalz:Terra 31 Hans-PeterKÜHNEN: Montanarchäologie in Incognita? Fischba- des Hüttenwesens (2008), S. cher Hefte. Zeitschrift zur Geschichte Berg- und 14 4-26.

io6 Umland von Himmerod und Eisenschmitt besondere Aufmerksamkeit, einerseits weil das Kloster spirituell und wirtschaftlich weit über die Region hinaus aus- strahlte, andererseits weil schriftliche Aufzeichnungen zur Eisengeschichte hier früher einsetzen als in den benachbarten Eisenzentren der Eifel. Erste Gelände- studien im Umfeld der Abtei zeigen, dassAbbau und Verhüttung von Eisenerzen die Kulturlandschaft um das Kloster stark geprägt haben, und rechtfertigen die Annahme, dass das Salmtal um das Kloster herum ein bedeutendes montanar- chäologisches Potential birgt.

Anzeichen von Urbarmachung oder Köhlerei? Die Buchenkurve des vegetationsgeschichtlichen Pollenprofils vom Meerfelder Maar

Während die Schriftquellen von absichtlicher Selektion aus praktischen, künst- lerischen, religiösen oder politischen Motiven beeinträchtigt sein können, bewahrt der Boden Spuren vergangener Rohstoffgewinnung unabhängig von bewusster Se- lektion, und eignet sich dadurch gut als Korrektiv zur literarischen Überlieferung. Wie bei umweltgeschichtlichen Studien zum frühen Bergbau im Siegerland, im nordhessischen Bergland und auf der Schwäbischen Alb zu lernen war, hatte die vor- und frühgeschichtliche Eisenverhüttung trotz ihres scheinbar bescheidenen Ertrags von Anfang an beträchtliche Auswirkungen auf die Umwelt, die sich ana- lytisch sowohl in dert'egetation als auch im Geländerelief, der Bodenbildung und der Kontamination bis heute nachweisen lassen3' Ebenso zeigte sich in diesen Räumen, dass hier Eisenschmelzen längst rauchten, bevor jemand das erste Mal etwas darüber niederschrieb, dassalso die Eisengeschichte zum Teil schon Jahrhun- derte älter war als die ältesten urkundlichen Quellen.

Dass dies auch Curdas Salmtal um Eisenschmitt gilt, ist nach den vegetations- geschichtlichen Pollenprofilen aus dem ca. 8 km entfernten Meerfelder Maar und dem rund 20 km östlich gelegenen Holzmaar bei Gillenfeld, heute Lkr. Vulkanei- fel, Die in den Maarkratern Pollen-Sedimente anzunehmen. gefangenen" geben in ihrer zeitlichen Schichtung Auskunft über die Zusammensetzung der Vegeta- tion und deren \VVandelund lassen entsprechend dem Artenspektrum des Pollens auf Eingriffe des Menschen in die Umwelt schließen. Entsprechende Studien aus den Jahren 1995 bis zooo ergaben, dass der Mensch zu Beginn der Eisenzeit die Umwelt im Einzugsbereich vor allem des Meerfelder Maars gravierend veränderte: Innerhalb einer allgemeinen Tendenz zum Rück-gang des Waldes seit der Eisenzeit ging zwischen dem B. und dem 6. Jahrhundert v. Chr. besonders der Anteil der

3x STEUWZ_IMAtER.MN2i\ (Hrsg. ) 1993, S. 107-113. Gen Goldenberg in JOCKENHÖVEL (Hrsg. ) 1996, S. 23o-2.46.

I07 Buche am Waldbild von ca. 42,6 % auf etwa io-is % zurück:, um bis in spätrö- mische Zeit auf diesem vergleichsweise niedrigen Niveau zu bleiben. Gegenläufig dazu nimmt während dieser Zeit unter den Baumpollen der Anteil von Birken das zu, wodurch sich auf den verbliebenen Flächen Waldbild änderte. 33Demnach schlugen die Siedler hier ebenso wie in Vergleichsregionen aus Hessen, \\Vestfalen und der Schwäbischen Alb seit der beginnenden Eisenzeit gezielt die Buche aus, da sie hohen Brennwert besaß und für frühe Verhüttungsöfen besonders gesucht war. Auf den gerodeten Buchenstandorten breitete sich die lichtliebende Birke aus, die als Pioniergehölz schattenarme offene Flächen bevorzugte und sich schneller regenerierte als die Buche? '

Unter der Voraussetzung, dassVerzerrungen durch Pollenfernflug auszuschlie- ßen sind, bietet das Pollenprofil vom Meerfelder Maar ein erstes Indiz dafür, dass seit Beginn der Eisenzeit zwischen B. und 6. Jahrhundert v Chr.. Köhler in den Wäldern beiderseits der Salm die Buchenbestände radikal lichteten, um daraus Holzkohle für frühe Eisenhütten zu gewinnen, was die Zusammensetzung des Waldes nachhaltig veränderte. Siedlungsgeschichtlich entspricht den skizzierten Veränderungen der Waldvegetation der 'Westeifel eine Zunahme der Besiedlung von der Eisenzeit bis in die römische Kaiserzeit,35 was angesichts der mäßigen Bo- dengüte schwerlich allein mit der Erschließung neuer landwirtschaftlicher Nutzflä- chen erklärt werden kann36

EvANs/Oliver NAKoiNz/Hanmut 33 Walter DöRFiER/Andrew USINGER/Achim \Vot. e: Wandel der Kulturlandschaft als Ausdruck kulturellen Wandels? Pollenanalytische und siedlungs- archäologische Untersuchungen zur Romanisierung in der Vulkaneifel. In: Alfed HAFFNER/Sicgmar VON SCHNURHEIM(Hrsg. ): Kelten, Germanen, Römer im Mittelgebirgsraum zwischen Luxemburg Thüringen. Akten Int. Kolloquium DFG Schwerpunktprogramm Trier und zum Romanisierung, S. Beate KUBrrz Die holozine Vegetations- 28. -30.9.1998, 129-146. und Siedlungsgeschichte in der Westeifel am Beispiel eines hochauflösenden Pollendiagramms aus dem Meerfelder Maar. Diss. Botanicae 339. Berlin 2000, S. 55 f. u. 64 ff. 34 Landesdenkmalamr Baden Württemberg (Hrsg. ), Forschungen zur keltischen Eisenerzver- hüttung in Südwestdeutschland. Mit Beiträgen von Guntram GASSMANN,Andreas HAUPTMANN, Christian HÜBNER u. a. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Baden W ürttemberg 92. Stuttgart Zoos, frühgeschichtlichen S. 11-13. Martin KEMPA: Die Erforschung der vor- und Eisenverhüttung. In: Landesdenkmalamt Baden-Württemberg (Hrsg. ): Beiträge zur Eisenverhüttung auf der Schwä- Berichte Vor- Frühgeschichte bischen Alb. Forschungen und zur und in Baden \Vürttemberg 55. Stuttgart 1995, S. 9-14; siehe auch Guntram GASSrrtAN-N/ManfredRöscn/Günter \VIEIAND: Das Nordschwarzwald Wirtschaftsraum Neuenbürger Erzrevier im als htihrend der Späthallstatt- und Frühlatenezeit. Germania 84 (2006), S. 273-306. 35 Oliver NAKOINZ:Die Siedlungsgeschichteder südlichenVulkaneifel. In: Trierer Zeitschrift 64 (2001), S. 9-48. Sieheauch Dirk KRAussE:Eisenzeitlicher Kulturwandel und Romanisierungins Mosel-Eifel-Raum.Die keltisch-römischeSiedlung von Wallendorf und ihr archäologischesUmfeld. Mainz S. Röm.-Germ. Forsch.63. 20o6, 271-295. Bundesanstaltfur Geowissenschaften 36 Zu den Böden des Gebietesvgl. und Rohstoffe (Hrsg.): Bodenübersichtskarte1: 200 ooo: Trier CC 6302. Hannover 2001.

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Zwei weitere Gesichtspunkte sprechen dafür, mit einem frühen, in jedem Fall vorneuzeitlichen Beginn des Erzbergbaus im Salmtal zu rechnen: erstens die Beob- achtung, dass nach den erhaltenen Archivalien die Hütte von Eisenschmitt schon seit dem späten i6. Jahrhundert ihr Erz vom Rand der ca. is km entfernten Bitbur- ger Kalkmulde und aus anderen, weiter entfernten Gruben bezog,37 und zweitens die Tatsache, dass nach den Unterlagen des Bergamts Koblenz (heute: Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz, Mainz) die Obrigkeit für Eisenschmitt und Umgebung in historischer Zeit keine Mutungsrechte dokumentierte, während die benachbarten Lagerstätten westlich der Linie Meisburg--Pickließem nahezu flächendeckend mit Mutungsrechten auf Eisen überzogen sind? ' Dem- nach müssten in der frühen Neuzeit, als die Bergbehörden begannen, Mutungs-

37 SieheAnm. 19. 38 Vgl. LGB Intranet Mapserver Geobasisdatcn, Ausdruck vom 17.2.2009. Für freundliche Auskünfte danke ich Herrn Geologicdirck--tor Dr. Jost Haneke, Herrn Geologierat Dr. Roger Lang und Frau Gabriele Hiinninger vom Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz, Mainz. Siehe auch Ros BERGER1979, S. 383-402-

io9 Abb.4: Der TagebauAuf demZimmerkopf " nord westlich der Eichelhütte imUrkataster.

rechte aufzuzeichnen, die örtlichen Erzlagerstätten beiderseits der Salm bereits erschöpft und wirtschaftlich uninteressant gewesen sein. Beide Beobachtungen dass der machen es wahrscheinlich, Erzbergbau im Salmtal nördlich Himmerod im wesentlichen vor der Neuzeit stattfand, und wohl schon ab dem i6. Jahrhun- dert wirtschaftlich uninteressant geworden war.

Früher Bergbau: Was in der Landschaft noch zu sehen ist

Wann die Erzvorkommen des und wo genau Salmtals erstmalig abgebaut wur- den und wie sich das Gewerbe bis zur Neuzeit entwickelte, ist aus den Akten des Landeshauptarchivs Koblenz, des Landesamts für Geologie und Bergbau Rhein- der Gräflich-von Croy'schen Verwaltung land-Pfalz und zu Düren nicht genau zu da in den Akten bis in die Neuzeit nur vage Ortsbezeichnungen erfahren, wie bei Bettenfeld" die Hütte " Wer oder um ... angegeben werden. mehr wissen will, muss ins Gelände gehen und dort nach Spuren suchen.

Erste Fingerzeigefür eine gezielteNachsuche geben die Namen der Seitentäler des Salmbachs.Auffällig kommen Wortbildungen dem Begriff oft mit ...seifen" Eisense vor, etwa Conventsseifen"nördlich von mitt, oder Zimmerseifen", im Umfeld der Eichelhütte. \Vlie der Ortsna- Kuhseifen"und Mastseifen" aus menforschung und der Erkundung anderer vorneuzeidicher Bergbauarealebe-

IIO kannt isr, der Namensteil für das Sieben" Gesteins steht ... seifen" erzhaltigen mit Hilfe der 'Wasserkraft und weist auf frühen Tagebau zur Erzgewinnung hin. 39

Ausgeprägte Spuren dieser Tätigkeit besonders beim sind Zimmerseifen" zu erkennen, an dessen Schuttkegel beim Eintritt in das Salmtal die Eichelhüt- te steht. "0 Am Ausgang des Tals, unmittelbar nordöstlich der Eichelhütte, liegt im Mittelhang dem Zimmerkopf' Abbaufeld Auf ein aufgelassenes von etwa a ha Ausdehnung, das durch einen steilen, unbefestigten Bedienungspfad von der am Hangfuß entlang führenden Straße Eichelhütte-Eisenschmitt erschlossen wird. Das heute im Nadelwald liegende Gelände umfasst mehrere hintereinan- der hangaufwärts gestaffelte, horizontale Arbeitsterrassen, die aus jeweils drei bis vier pingenähnlichen Schürfstellen (Gangvortrieben) bestehen. Zwischen diesen sind Bruchsteinquader und anderer Abraum quer zum Hang in länglichen Ab- raumhalden aufgeschichtet, sodass der Eindruck mehrerer nebeneinander liegen- der Werkplätze entsteht. Im Unterhang werden die Ausläufer des Tagebaus durch die von einer Sandstein-Quadermauer befestigte Straße Himmerod-Eisenschmitt gekappt und erstreckten sich von dieser hangaufwärts fast über den gesamten Mittelhang bis zur Forststraße unterhalb der Eisenschmitter Grillhütte. Die Tran- chot-Karte von 1811verzeichnet das Gelände als gerodete Fläche mit gangartig in Hangrichtung vorgetriebenen Eingrabungen. Für den Unterhang verzeichnet Quelle Nutzung für den Mittelhang sie eine und gibt als Heide" an, Weide". Hinweise auf eine bergmännische Nutzung fehlen, sodass diese zur Zeit der Kar- tenaufnahme offenbar bereits abgeschlossenwar. " Im Urkataster von 182,8ist die starke Zersplitterung der Besitzverhältnisse dieses Areals zu erkennen, die sich von der heutigen, flurbereinigten Parzellierung deutlich unterscheidet. Auch wenn das Urkataster keine Hinweise auf die Nutzung zur Zeit der Aufnahme ent- hält, lässt die Kleinteiligkeit der Besitzverhältnisse des ackerbaulich untauglichen Geländes auf kleingewerbliche Betriebsstrukturen des Abbaus schließen, wie sie für den mittelalterlichen Bergbaubetrieb typisch sind. f2

39 Vgl. Gerd \\'EIsGERzER in Albrecht JocKE.NHIöVEL (Hrsg. ) 1996, S. 130 E; siehe auch KNIEPSIWEGENER2008, S. 49-54. Heinrich ScuuRrz Der Seifenbergbau im Erzgebirge und die Walensage. Forschungen zur dt. Landes- und Volkskunde 5. Stuttgart 1891. 40 Zur Lageder betreffendenFlurnamen siehe Vermessungs- und KatasterverwaltungRhein- land-Pfalz:Auszug aus den Geobasisinformationcn.Gemarkung Eisenschmitt Karte 55.5344A. Für freundlicheUnterstützung danke ich Herrn Günther Greis, KatasteramtDaun. 41 'Iranchor Karte Blatt 179 Eiscnschmitt (Nachdruck 1979 durch die Gesellschaft für Rhei- nische Geschichte). Entstehung und Bedeutung der Karte vgl. Heinz Müt. t.ER-MINY: Die Tranchot- s MüRiing'sche Kartenaufnahme der Rheinlande 1801-1828. Schriften des Militärgeographischen Dienstes der Bundes+wehr.Bonn 1980, S. 3-25- 4z Claus DMtst/UwwweLo88EDEY/Gerd WIEtSGERBER:Der Alteberg. Bergwerk und Siedlung dem aus 13. Jahrhundert im Siegcrland, Bd. I: Die Befunde. Denkmalpflege und Forschung in West- falen, Bd. 34, Bonn 1998, S. 184-198.

III Der Tagebau Eichelhütte-Zimmerseifen schließt den eisenoxidltaltigen mitt- leren Buntsandstein (sm) auf. Dieser hat sich unter fluviatilen Bedingungen in der Westeifel unmittelbar auf dem Devon abgelagert.43 Er ist poröser und weni- ger homogen als der aufliegende Obere Buntsandstein, und enthält krusten- oder schwartenartige Anreicherungen von Brauneisenstein, der durch Ausspülung als sekundäre Vererzung in Kugel- oder Knollenform überwiegend in senkrechten Kluftspalten, seltener in horizontaler Bänderung entstand. 44

Nach oben hin bildet die Violette Grenzzone mit dolomithaltigen Gerölllagen den Übergang zu den jüngeren Schichten des Oberen Buntsandsteins (so). Dieser enthält in geringen Mengen Azurit und andere Kupfererze, die unter anderem in Kordel und Wallerfangen abgebaut wurden. Im Vergleich zum Mittleren Bunt- sandstein ist er vor allem in den höheren Lagen als sog. Voltzien-Sandstein fein- körniger und homogener und wird deshalb seit der Römerzeit als Werkstein für Bauwerke und Skulpturen genutzt. Demgegenüber eignet sich der Mittlere Bunt- höheren sandstein aufgrund seiner Porosität und geringeren Homogenität weniger für als Werkstein Bildhauer, wird aber aufgrund seines hohen Eiscncrzgehaltes von Berg- und Hüttenleuten besonders geschätzt.4'

Dementsprechend finden sich in vergleichbaren topografischen Lagen benach- des barter Hänge Mittleren Buntsandstein weitere Abbaustätten: Zu nennen sind den Anspruch Vollständigkeit bogenförmige, - ohne auf - eine gestreckt weit- gehend verfüllte Abbaukante direkt unterhalb der Quellmulde von Zimmersei- fen, eine langgezogene Tagebaukante in Mastseifen zwischen Zimmerseifen und dem Backenbachtal sowie mehrere offene Stollenvortriebe im Tagebau beiderseits des Ortskerns von Eisenschmitt und an den westlichen Hängen des Salmbach- tals unterhalb des Hühnerkopfs. Weitere Verdachtsflächen mit stark veränderten Oberflächenstrukturen finden sich am Hangfuß westlich von Molitors Mühle und am Nordhang von Zimmerseifen, wo infolge von Vegetation und rezentem Hangrutsch eine Verifizierung ohne Bohrung nicht möglich ist.

Charakteristisch für diese Abbaustätten ist " die Lage im Mittelhang, wo der mittlere Buntsandsteinaufgeschlossen ist; " die Begrenzung nach oben durch die Schichten des oberen Buntsandstein, in denen Vererzungen seltener und weniger ergiebig sind;

43 Landesamtfür Geologieund BergbauRheinland-Pfalz (Hrsg. ) 2oo5, S. 144-149 u. 306 f.; MEYER1994, S. 218 f U. 529-534" Sieheauch oben Anm. 7-8 und Jürgen Kuxow/Hans-Helmut WEGNER(Hrsg. ): Urgeschichteim Rheinland. Köln 2oo6, S. 63-65- S. 44 MEYER 1994, 294-797- Rheinland-Pfalz(Hrsg. ) 45 Landesamtfür Geologieund Bergbau 2oo5, S. 157-160 u. 301; MEYER1994, S. 223-2.28.

112 die " Technik des extensiven Tagebaus, bei dem die Deckschichten des obe- ren Buntsandstein steinbruchrnäßig und möglicherweise mit Unterstützung durch Fließgewässer abgetragen wurden, um an den mittleren Buntsand- stein zu kommen; die " Bildung von Abraumhalden aus taubem Gestein mit sehr vereinzelten Resten von Erz unterhalb der jeweiligen Arbeitsplattformen, sodassim End- effekt eine getreppte Geländestruktur entsteht.

Damit zeichnen sich die Konturen eines extensiven, großflächigenTagebaus ab, der große Hangpartien vermutlich mit Hilfe von fließenden Gewässern umgrub, die um an Vererzungen zu kommen. Der ausgedehntesteTagebau im Umfeld von liegt Himmerod auf dem Sporn des Klosterbergs zwischen Himmerod und dem Altenhof. Auf einer Fläche von ca. Zoo x iso m ist hier der Obere Buntstandstein der entlang Grenze zum Mittleren Buntsandstein ca. 5-7 m tief ausgebrochen. Größere Erzbrocken auf der obersten Arbeitsterrasse lassen erkennen, dasshier erz- Fiihrende Schichten des Mittleren Buntsandstein aufgeschlossenwurden. Abraum- halden bis von zu io m Höhe säumen talseitig das Steinbruchareal und schütten in die Seitentäler des Salmbachtals nördlich und südlich des Klosterberg-Sporns. der Etwa in Mitte des Sporns türmt sich auf der obersten Abraumhalde eine weite- re Schutthalde in Form eines Kegelstumpfes von ca. 15m Durchmesser. Sie besteht dicht aus gepackten Lagen von Sandsteinschutt, zwischen dem nur wenig humoses Material ansteht. Die Lage oberhalb der Steinbruchkante, die Kompaktheit des Steinschutts, kleinere zahlreiche Erzbruchstücke etwa in Daumennagelgröße und einzelne größere Vererzungen an der Oberfläche lassen an einen frühen Pochplatz denken, dem das auf Erz vor dem Transport zu den Hüttenöfen manuell zerklei- nert wurde. Ein aus dem Salmtal in Richtung Südwest ansteigender Hohlweg en- det unmittelbar benachbart zu dieser Halde und scheint gezielt zum Abtransport des zerkleinerten Erzes angelegt worden zu sein. Am Nordrand des Abbauareals durchschneidet wiederum ein tief eingeschnittenes dreifaches Hohlwegbündel aus dem Salmtal den der Fuß nördlichsten Abraumhalden, ist also jünger als diese. Dasselbe relativchronologische Verhältnis kehrt wieder am Westrand des Abbau- geländes. Hier zieht ein doppeltes Hohiwegbündel aus südöstlicher Richtung über die Abraumhalten des hinweg, Steinbruchs wird aber seinerseits vom dem tief ein- geschnittenen dreifachen Hohiwegbündel geschnitten.

\Wann fing der Bergbau an?

Wann die Erzgräber diesen an Stätten die Hacke ansetzten und wie lange sie hier den Abbau fortsetzten, lässt sich ohne großflächige Bodenuntersuchungen nur mit Vorbehalt angeben. Da Ausgrabungskontexte und datierbare Sediment-

113 fehlt erkundungen aus den Abbauflächen und Halden noch nicht vorliegen, eine ar- chäologische ebenso wie eine naturwissenschaftliche Datierung des Erzabbaus. Ar- des Salmtals dem chivalien besagen,dass die Eisenhütten ab späten i6. Jahrhundert der beziehen Erz von außerhalb, vor allem vom Rand Bitburger Kalktnulde, muss- ac ten, weil die Vorkommen in Standortnähe erschöpft waren Ebenfalls in die Zeit vor dem 16./17. Jahrhundert führt das völlige Fehlen von Mutungsreduen in den Unterlagen des Bergamts, während die benachbarten Erzlager um Pickließem und Seinsfeld, heute Lkr. Bitburg-Prüm, dicht von solchen Claims überzogen sind. "

Für ein vorneuzeitliches Alter des Erzabbaus im Salmtal spricht auch die Hori- Klosterberg des zontalstratigrafie der Fundstellen am unterhalb Altcnhof-Plateaus. Hier zieht über die Halden des Steinbruchs (und möglicherweise der Erzgewin- nung) ein stark verflachtes Hohlwegpaar, dieseswiederum wird unmittelbar nord- westlich des Steinbruchs geschnitten von einem Bündel dreifacher Hohlwege, die von Himmerod bergauf ziehen und bis zu 6m tief in den Südwesthang des Hüli- nerkopf-Berges einschneiden.

Damit ergibt sich folgende relative Chronologie: i. Abbau des oberen Buntsandsteins der Deckkuppe des Klosterberg-Sporns bis auf die Höhe der Vererzungen des Mittleren Buntsandsteins; z. Entstehung eines älteren Hohlwegpaares, das von Südosten nach Nordwes- ten über die Abbauflächen und Halden des Steinbruchs zieht und somit jünger ist als diese; 3. Entstehung eines dreifachen Hohlwegbündels, das von Nordosten aus Richtung des Klosters nach Südwesten in Richtung Altenhof den Fuß der Steinbruchhalden sowie das ältere Hohlwegpaar durchschneidet und somit jünger ist als diese. 4. Anlage einer Köhlerplatte, die in das dreifache Hohlwegbündel hinein streut und durch einen eigenen Hohlweg erschlossenwird.

Absolute Daten stehen für diese Stratigrafie einstweilen noch aus. Wenn die Hütten des Salmtals ab dem späten i6. Jahrhundert aufgrund der Erschöpfung der standortnahen Abbaustätten ihr Erz von der Bitburger Kalkmulde bezogen, müss- ten die Tagebaue in Zimmerseifen und am Klosterberg älter sein. Insbesondere der die beiden Tagebau Klosterberg muss auch älter sein als flachen Hohlwege aus süd- östlicher Richtung und älter als der tief eingegrabene Hohlwegsdrilling, der von Himmerod aus das ältere Hohhvegbündel schneidet. Die Tatsache, dass der ältere Hohlwegzwilling mit seiner von Südost nach Nordwest verlaufenden Trasse noch

46 SieheS. 104- 47 Siehe S. tog, Anm. 38.

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il%SA 3339130 sn" 3=M unsca Abb.5: Steinbruchhalden undHohlwege am Kiosterberg nach der topographischen Karte. keinen Bezug auf Himmerod, wohl aber auf den Altenhof als Vorgängersiedlung des Klosters nimmt, könnte darauf hindeuten, dass der Steinbruch und der diesen durchziehende Zwillingshohlweg in eine Zeit gehören, als der Altenhof den Grün- dungskonvent Himmerods beherbergte das im Tal und claustrum" noch nicht gegründet war oder noch nicht genügend wirtschaftliche Macht besaß, um wie in spätern Zeiten alle Hohlwegtrassen auf sich zu ziehen. Wir hätten hier also ein Abbauareal, das möglicherweise schon im 12. Jahrhundert aufgegeben wurde, und müssten, wenn diese Thesen zutreffen, unter den Halden noch früh- oder hoch- mittelalterliche Landoberfäclien finden.

Holzkohle, \X'asserund Schlacken: \Vie der Bergbau die Kulturlandschaft veränderte

Weitere chronologische Ansatzpunkte aus der Frühzeit der Erzgewinnung im Salmtal ergeben sich aus der Einbettung des Tagebaus in die umgebende Kultur- landschaft. Durch das Entfernen der Vegetation und der oberen Bodenschichten, durch das Zerkleinern der gebrochenen Erze und durch das Aufschütten von Hal- den tauben Gesteins setzten die Erzsucher größere Hangareale der Erosion durch Wasser und Verwitterung aus, was zur Abspülung von Boden und Gesteinsschutt

IIS und zur Bildung alluvialer Schwemmfächer am Hangfuß führte. Erste geomor- phologische Erkundungen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Umweltwis- senschaften der Universität Landau bestätigen entsprechende Phänomene sowohl 4 am Klosterberg als auch in Zimmerseifen. Hier zeigte der Vf irmig eingekerbte Mittelabschnitt des Tals zwei postglaziale Haupterosionspltasen, die durch eine Sedimentationsphase mit Anlage eines Fahrweges stratigraphisch voneinander ge- trennt waren und im Mündungsbereich desTals einen mächtigen Schwemmf scher in die Talaue vorgeschoben hatten; dort hatten sich an der Mündung der Seiten- bäche sowohl nördlich als auch südlich des Abbauareals Schwemmfächer gebildet, die über dem Boden der Talaue eine Mächtigkeit von bis zu 4m Höhe erreichten.

Neben dem extensiven Seifenbergbau ftrhne aber insbesondere die Gewin- die die nung von Holzkohle, Hüttenleute fur die Erzschmelze anfangs in Rennfeu- ern, später in Hochöfen benötigten, zu schweren Eingriffen in die Umwelt. Bis in die frühe Neuzeit sprechen die Schriftquellen immer wieder von örtlichen Ener- giekrisen infolge von Trockenheit oder dem Mangel an Holzkohle, was den Hüt- tenbetrieb gefährdete und meist Interventionen der Obrigkeit notwendig machte. Erst im Absolutismus gelang es den Landesherrn durch entsprechende Forstord- Köhlerei Forstwirtschaft nungen, und miteinander zu harmonisieren und für eine Regeneration der 'älder systematische zu sorgen, sodass in den Archivalien ab dem Jahrhundert Holzkohlemangel i8. nicht mehr vorkommt. Spuren dieser gere- gelten Waldbewirtschaftung sind die Köhlerplatten, auf denen Köhler ihre Meiler Sie haben die Form kreisförmiger Podien, die anlegten. entweder als Ringmeiler" Waldboden oder Podestmeiler" auf ebenem oder schwach geneigtem aufgeschüt- Hängen Hangmeiler Hälfte den tet oder auf als zur in Hang eingeschnitten, zur Hälfte aufgeschüttet sind. Im Salmtal zwischen Eisenschmitt und Himmerod las- den beiderseits sen sich auf Hängen des Saimtals und seiner Seitentäler zahlreiche Köhlerplatten hauptsächlich des Hangmeiler-Typs beobachten. Besonders dicht liegen sie im Quellmuldenbereich von Zimmerseifen. Nach Dendro- und C14- Daten aus benachbarten Vergleichsräumen entstanden solche Anlagen zwischen dem 17. und dem i9. Jahrhundert, als der hohe Energiebedarf von Eisenhütten eine systematische Bewirtschaftung der Waldbestände unumgänglich machte. 4

48 Für freundlichesEntgegenkommen und vielfältige Unterstützung beim Studcntcnprakti- kum der Universität Koblenz/Landauvom 13. bis zum 17.7.09 danke ich Prof. (jun. ) Dr. Markus Dotterweich, Universität Landau. 49 Typologie und Chronologie von Köhlerplatten Helmut HILDEBRANDT/Birgit HEUSER- HILDEBRANDT/Steffen WOLTERS: Kulturlandschaftsgcnetische und bestandsgeschichtliche Unter- Kohlholzspektren historischen Mcilerpl3tzen, Pollendiagrammen suchungen anhand von aus und Pfälzer Wald, Forstamt Johanniskrcuz. archivalischen Quellen im Naturpark Mainzer geographische Studien, Sonderband 3. Mainz 2007, S. 1-34, Abb. 3; Helmut HtLDEBRANoT/Birgit HEUSER-HIL- kulturlandsctiaftsgenetische DEBRANDT:Bestandsgeschichtliche und Untersuchungen im Naturwald- reservat Stelzenbach, Forstamt Nassau, Revier \Ylinden. Mainzer Naturwissenschaftliches Archiv,

IIG Da sie in keinem Fall durch Abbautätigkeit oder Erosion gestört sind, werden die erhaltenen und obertägig sichtbaren Köhlerplatten insgesamt in die späteren Ab- schnitte der Eisengeschichte des Salmtals gehören, als die örtlichen Hütten ihr Erz aus weiter entfernten Gruben bezogen5° Ältere Köhlertätigkeit wird einstweilen nur in punktuellen Holzkohleeinschlüssen fassbar, die bei geomorphologischen Bohrungen zum Vorschein kamen.

Neben Holzkohle benötigten die frühen Hüttenleute auch Wasser zum Be- trieb ihrer Werke. Brauchten sie in der Anfangszeit der Eisenverhüttung Wasser vor allem zum Schmieden und zum Bau des Lehmmantels der Rennfeueröfen, so lernten sie im Rheinland ab dem hohen Mittelalter, Wasserkraft auch für die Gebläse der Schmelzöfen und Nurdas Zerkleinern des Erzes einzusetzen, sodassseit dieser Zeit die Hünen von den Höhen und Hängen in die Täler wanderten. 5' Der Grundrissplan der Eichelhütte von 1701 zeigt das Kanalsystem mit Mühlenwerk, das das Pochwerk und die Gebläse von Hochofen und Frischfeuer antrieb. 52Auch für die älteren Hammerwerke von Eisenschmitt wird die Nutzung der Wasserkraft angenommen, wenngleich entsprechende Spuren im Gelände hier nicht fassbar sind. Die Nutzung der Wasserenergiedurch Mühlenwerke entzog jedoch dem flie- ßenden Gewässerdes Salmbachs Energie, die dieser bei ungestörtem Abfluss zum Abtransport der Sedimentfracht benötigt hätte. So konnte der Bach die Ablage- rungen, die die Erosion vom Hangbereich in das Tal schob, nicht in gleichem Um- fang abspülen, was dazu führte, dassdas Bachbett versandete und allmählich in die Höhe wuchs. Welchen Umfang diese Aufschotterung im Lauf der Jahre erreichte, zeigt ein Aufschluss im Salmbach südlich von Eichelhütte.

Hier schneidet der Bach auf einer Länge von mindestens 50 m knapp einen Meter tief in neuzeitliche Schlackenhalden der Eichelhütte ein, die zwischen 1701 und ca. i85o hier abgelagert wurden. Da auch nach der Darstellung des Urkatasters vom i8z8 davon auszugehen ist, dass die Hüttenwerker ihre Schlacken nicht in der Talaue vergruben, sondern sie einfach auf diese aufschütteten, muss der Talgrund zur Ablagerungszeit mindestens zwischen m tiefer gelegen haben als heute. Erst als die Hammer- und Mühlenwerke des Salmtals ihren Betrieb im späten ig. Jahrhundert einstellten, gewann der Bach wieder die Energie zurück, so dass

Beiheft 25. Mainz zooi, S. i i-14. Zum ökologischen Kontext der frühneuzeitlichen Köhlerei Gerd WEISGERBERin Joct. "E2,Iiöva. t (Hrsg., 1996), S. 136-139- Siehe den des 50 oben S. 104. - In Analogie zu montanarchäologischen Untersuchungen Dietzhölztal-Projekts ist auch fir das Salmbachral zu überlegen, inwieweit Köhlerplatten in den Qucllmuldcnbercichcn ältere Abbau- und Verhüttungsfächen aus der Rennfeuerzeit überdecken oder zerstören. Vgl. Albrecht Joclor. Ntiöval. in DERS.(Hrsg. ), 1996, S. 18 f., Abb. 4. 51 KNIEPs/\VVEGE.`: ER Zoos, S. 16 t STEUERIZIrI; IER. w.. N (Hrsg. ), 1993, S. 83-87. Albrecht JocKENiiövat in DERB. (Hrsg. )1996, S. zo-zz. GERTEN S. 52 zoo6, 172.-ISo.

I17 er nun seineSchuttfracht abtransportierenund sich wieder in die aufgeschotterr Halde einschneidenkonnte.

Ebenso wie die Schlacken gibt ein Bauholz aus dem Bachbett beim Abtsvehr einen Hinweis auf die jüngere Sedimentationsgcschicluc des Talgrundes. Das bei Baggerarbeiten aus dem Bachbett gerissene,ehemals bearbeitete Bauholz erbradite ein Dendrodatum des 17. Jahrhunderts. " Da es im Bachbett einsedimentiert war, können die umgebenden Ablagerungen nicht vor diesem Jahrhundert abgelagert worden sein, was an dieser Stelle sogar mir einer Ablagerung von ca. zmh, läcluig- keit verbunden war.

Zusammenfassung

Wer die Montangeschichte des Eisenreviers zwischen dem Kloster Himmerod dessen Eisenschmitt dem Studi- und Industrievorort" verstehen will, muss nach um der Archivalien den Lesesaalverlassen, um mit den Methoden der Geoarchäo- logie die Spuren des Bergbaus in der Kulturlandschaft zu erkunden. \Venn er nach den Ortsakten der archäologischen Denkmalpflege zunächst die vor- und frühge- schichtlichen Fundstellen der Region kartiert, wird er sehen, dass die Zisterzienser das den der 1138in ein Gebiet kamen, auf Höhen seit Jungsteinzeit, im Salmtal seit des Jahrhunderts Siedlungsstellen der Römerzeit 2.-4. aufweist, eine davon unmit- telbar unter der romanischen Abtei. Die Pollenanalytiker werden diesen Befund nach ihren Bohrkernen aus dem Meerfelder Maar und dem Holzmaar bestätigen und den Verdacht äußern, dassschon der auffällige Rückgang der Buche, verbun- den mit einem Anstieg der Birke, die Folge von Eisenverhüttung seit der Eisenzeit des Jahrhunderts Chr. Wer Blick für Geländeformen 6.-4. v. ist. einen früher Ei- hat, in den Zimmerseifen, Mastseifen sengewinnung wird Verdachtsflächen" von und dem Klosterberg Hinweise auf extensiven Tagebau finden, der bezeichnender- weise stets dem erzhaltigen Mittleren, nie dem erzarmen Obcrercn Buntsandstein galt. Unmittelbar nach den Quellmulden der Seifen" wird er mächtige \' förmige feststellen, denen Erosionsrinnen in der Talaue meterdicke Schwemmfächer von abgespültem Material vorgelagert sind. Bohrkerne aus diesen Ablagerungen zeigen geschichtete Sedimente unterschiedlicher Konsistenz, die auf Phasen von stärkerer und schwächerer Erosion schließen lassen und in jedem Fall anthropogen bedingt sind, sei es durch Rodung oder durch Bergbau. \\feiter talaufwärts bezeichnen die dicht nebeneinander liegenden Köhlerplanen diejenigen Zonen, die von der Forst- verwaltung seit dem Absolutismus der Köhlerei vorbehalten blieben und deshalb dem für Erzabbau tabu waren. Hier nach ältesten, noch vorrömischen Erzabbau zu

53 Für freundliche Unterstützungdanke ich Frau Dr. Sibylle Bauer,DendrolaborTrier.

I18 suchen, wäre reizvoll, würde aber großflächige stratigrafische Sondagen und Aus- grabungen erfordern. Deutlich wird bereits jetzt, dassAbbau und Verhüttung der Eisenerze des Mittleren Buntsandstein die Kulturlandschaft um das Kloster nach- haltig Rodungsflächen in veränderten, und zeitweise zu großen und Löchern" der Landschaft flihrten. Nach dem Ende der Eisengewinnung im i9. Jahrhundert haben jedoch Forstwirtschaft und natürliche Vegetation der Landschaft rasch ihr grünes Kleid zurückgegeben. So erscheint es heute, als liege das Kloster Himmerod wie zur Gründungszeit in einer urwüchsigen und einsamen Wald- und Sumpfland- der des Gründungsstatuts diese schaft - vastiorsolitudo" von 1138-, obwohl sich vielleicht schon damals nicht als undurchdringlicher Urwald, sondern als eine von Abholzung, Erosion und Halden geprägte frühe Industriebrache darstellte. Mit ihrem Projekt Klosterlandschaft Himmerod"54 die heutige Abtei Lebendige gibt das Stichwort, diesen Fragen näher befassen: bewahren". sich mit zu Schöpfung

Abgekürzt zitierte Literatur:

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54 B. FRoNt1IEU. a., Masterplan: Lebendige Klosterlandschaft. Ereignisse und Impulse. Un- sere Liebe Frau von Himmerod 78 (zooS), S. 30-34. Für freundliche Unterstützung bei der Arbeit im Umfeld des Klosters danke ich Vater Abt Bruno Fromme OCist und seinen Mitbrüdern von der Abtei Himmerod sowie Elisabeth Heckmann, Nesvcl.

ii9 Sigrid THEISEN:Der Eifcler Eiscnkunstgussim ts. und 16.Jahrhundert. Köln-Bonn 21973_ Ernst WACKENRODER:Die Kunstdenkmälerdes KreisesWittlich. Die Kunstdenkmäler dir Rheinprovinz 12,4.Düsseldorf 1934. Carl WILKES:Die ZistcrzienserabtciHimmerod im tr. und 13.Jahrhundert. Bcitr. Gesch. d. Alten Mönchtums, H. 1z. Münster 1924.

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