Fan-Szene Fan-Szene

Celtic FC – Aberdeen FC 2005/06 Foto: Stadionwelt Friedliche Belagerung: Celtic-Fans in Mailand Foto: „blödes volk“

Dieser Prozess verlief in lang- wie das Brazen Head sind neben den der Anteile am Club sogar in der Hand samer, wodurch sich die Identität Celtics CSCs die Fixpunkte der Fanszene. Zwar von Iren liegt, ist die Behauptung, Celtic Politik und Party noch intensiver herausbildete. Noch bis gibt es die Celtic Supporters Associati- sei ein irischer Verein in einem falschen Dass die Fanszene von Celtic Glasgow seit jeher stark in politische Belange Mitte des 20. Jahrhunderts waren die Gor- on, doch ist deren Bedeutung geringer, Landesverband, nicht unbedingt un- bals, ein heute weitgehend saniertes Innen- als man annehmen möchte. In den Pubs wahr. Mehr als 5.000 Dauerkarteninhaber verwickelt ist, hat seine Ursachen in den Gründungsjahren des Vereins stadtviertel, allein von der katholischen  ndet das Fanleben statt, hier werden die kommen aus Irland. An Spieltagen macht Unterschicht bewohnt. Celtic-Legenden Rituale gelebt. Wenn zur Sperrstunde alle sich der lange Treck aus grün-weißen ine in Deutschland nicht unpopu- Auswanderungswelle, die von 1840 an Nachfahren der Auswanderer bot er eine wie Tommy Burns stammen von hier. aufstehen und den Abend mit dem Ab- „Hoops“ (dt. Querstreifen) vom Fährha- läre Meinung besagt, dass Politik in den folgenden zwei Jahrzehnten die nationale und kulturelle Identität. Celtic Nicht weit weg beginnen die Bezirke der singen der irischen Hymne beschließen, fen Stanraer auf den zweistündigen Weg Eim Fußball nichts zu suchen habe. Population Irlands von zwanzig auf vier ist eine Art Kulturverein für „Irishness“ Rangers-Fans. Bis heute verlaufen so durch mag das dem Außenstehenden seltsam nach Glasgow. Dort wird bei den Toren Schon seit Jahren lässt sich über diesen Millionen reduzierte. Rund 100.000 Iren – und so wird die Religion zum elemen- den Großraum Glasgow viele unsichtbare vorkommen, doch nur ein paar Lieder „Fiesta“ von den Pogues eingespielt – iri- Punkt herrlich streiten, auch deshalb,  üchteten in dieser Zeit nach Schottland, taren Bestandteil des Fußballs. Grenzen. Rangers-Pubs gibt es auch in der zuvor wurden sogar die Opfer der IRA- scher geht’s kaum – und die irische Fah- weil es keine absolute, objektiv festlegba- acht Prozent der schottischen Bevölke- Eine weitere Prägung haben die An- Nähe des . Der östliche Vorort Hungerstreiks von 1980 besungen. ne weht auf dem Stadiondach. Diese ist re Antwort geben kann. rung waren fortan irischer Herkunft. hänger von Celtic durch die Rivalität zum Coatbridge ist wiederum Grün eingefärbt, seit jeher ein Streitpunkt. Nachdem es bei Ralf Müller vom „Black Forest CSC“, In Glasgow, aber auch in allen anderen zweiten schottischen Großverein, den und hier gibt es einen Celtic-Fanshop. Der 5.000 kommen aus Irland einem 1952 wieder einmal zu dem Celtic Supporters Club aus dem Teilen der britischen Inseln gründeten sie Glasgow Rangers, erfahren: Hier die un- Rangers-Fanshop ist einen Ort weiter im Randale kam, forderte der Verband gar, Schwarzwald, hat diese Perspektive ein- in der Blütezeit des Fußballs ihre Clubs, bis terprivilegierte irische Bevölkerung, dort, „blauen“ Airdrie zu  nden. Immer noch Irisch sein ist und bleibt bei vielen die Fahne einzuholen. Sogar der Aus- genommen: „Normalerweise sollte man heute leicht an der irischen Symbolik mit bei den Rangers, die etablierte protestan- treffen die Jugendlichen aus beiden Orten Fans die Hauptsache. Weil die Mehrheit schluss Celtics aus dem Verband stand Fußball und Politik trennen, aber bei „Harp“ (dt. Harfe), „Shamrock“ (dt. Klee- tische Bürgerschaft. Ähnliche Situationen nach einem „Old Firm“ – so heißt das Der- im Raum. Celtic geht das nicht“, so seine Meinung. blatt), „Hibernian“ (lat. Irland), oder eben gibt es auf den britischen Inseln noch by zwischen beiden Clubs – aufeinander, Celtic zu zelebrieren ist jedoch keine Und einhellig meint George Mirashvili, Celtic (dt. keltisch) zu erkennen. 1888 ent- andernorts, beispielsweise in Belfast zwi- um es auf ihre Art auszutragen. exklusiv katholische Veranstaltung. Eine der vor sieben Jahren des Celtic FC we- stand die Glasgower Variante Celtic F.C. schen dem royalistischen Lin eld FC und Mitten in den Gorbals liegt das Bra- Umfrage von 1990 ergab, dass sich neben gen von Wien nach Schottland gezogen auf Initiative des Geistlichen Bruder Wal- dem Cliftonville FC, der wiederum aus zen Head. Neben der Bairds Bar, deren den 93 Prozent Katholiken auch vier Pro- ist: „Wenn man versucht, sich dem zu fried. Der hatte erkannt, dass sich durch einem irisch-republikanisch geprägten Ausstattung eher einem Celtic-Museum zent Protestanten (Tendenz steigend) zu entziehen, kann man Celtic und seine den Club auch Erträge zur Linderung der Viertel kommt. In vielen anderen Städten gleicht, ist es der wohl bekannteste Celtic- Celtic bekennen. 85 Prozent der „Tims“, Fans nicht begreifen.“ Not der diskriminierten irisch-katholi- hat sich die ursprüngliche Fanschar aber Pub. Hier hängen die Trikots vieler ita- so eine andere Erhebung, machen bei Der Blick geht zunächst zurück. Zu- schen Minderheit erwirtschaften ließen. weitaus mehr mit der einheimischen Be- lienischer Vereine an den Wänden, denn Wahlen ihr Kreuz bei der Labour-Partei. rück in das Irland Mitte des 19. Jahr- So wuchs der Club über die Jahrzehnte völkerung assimiliert. In Edinburgh erin- die irischstämmige und die italienisch- Jock Stein war Protestant – und die hunderts, in die Epoche der „Gorta zu einem Verein der Massen heran, denn nern nur noch die grün-weißen Vereins- stämmige Bevölkerung stehen sich sehr meistverehrte Legende, die Celtic jemals Mor“, der großen Hungersnot mitsamt auch für die in Schottland geborenen farben der Hibs an die Wurzeln. nahe – Katholizismus verbindet. Pubs Ratze-Fans in Hoops Foto: Stadionwelt hervorbrachte. 1985 verstarb der �

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Celtic FC – Aberdeen FC 2005/06 Foto: Stadionwelt Friedliche Belagerung: Celtic-Fans in Mailand Foto: „blödes volk“

Dieser Prozess verlief in Glasgow lang- wie das Brazen Head sind neben den der Anteile am Club sogar in der Hand samer, wodurch sich die Identität Celtics CSCs die Fixpunkte der Fanszene. Zwar von Iren liegt, ist die Behauptung, Celtic Politik und Party noch intensiver herausbildete. Noch bis gibt es die Celtic Supporters Associati- sei ein irischer Verein in einem falschen Dass die Fanszene von Celtic Glasgow seit jeher stark in politische Belange Mitte des 20. Jahrhunderts waren die Gor- on, doch ist deren Bedeutung geringer, Landesverband, nicht unbedingt un- bals, ein heute weitgehend saniertes Innen- als man annehmen möchte. In den Pubs wahr. Mehr als 5.000 Dauerkarteninhaber verwickelt ist, hat seine Ursachen in den Gründungsjahren des Vereins stadtviertel, allein von der katholischen  ndet das Fanleben statt, hier werden die kommen aus Irland. An Spieltagen macht Unterschicht bewohnt. Celtic-Legenden Rituale gelebt. Wenn zur Sperrstunde alle sich der lange Treck aus grün-weißen ine in Deutschland nicht unpopu- Auswanderungswelle, die von 1840 an Nachfahren der Auswanderer bot er eine wie Tommy Burns stammen von hier. aufstehen und den Abend mit dem Ab- „Hoops“ (dt. Querstreifen) vom Fährha- läre Meinung besagt, dass Politik in den folgenden zwei Jahrzehnten die nationale und kulturelle Identität. Celtic Nicht weit weg beginnen die Bezirke der singen der irischen Hymne beschließen, fen Stanraer auf den zweistündigen Weg Eim Fußball nichts zu suchen habe. Population Irlands von zwanzig auf vier ist eine Art Kulturverein für „Irishness“ Rangers-Fans. Bis heute verlaufen so durch mag das dem Außenstehenden seltsam nach Glasgow. Dort wird bei den Toren Schon seit Jahren lässt sich über diesen Millionen reduzierte. Rund 100.000 Iren – und so wird die Religion zum elemen- den Großraum Glasgow viele unsichtbare vorkommen, doch nur ein paar Lieder „Fiesta“ von den Pogues eingespielt – iri- Punkt herrlich streiten, auch deshalb,  üchteten in dieser Zeit nach Schottland, taren Bestandteil des Fußballs. Grenzen. Rangers-Pubs gibt es auch in der zuvor wurden sogar die Opfer der IRA- scher geht’s kaum – und die irische Fah- weil es keine absolute, objektiv festlegba- acht Prozent der schottischen Bevölke- Eine weitere Prägung haben die An- Nähe des Celtic Park. Der östliche Vorort Hungerstreiks von 1980 besungen. ne weht auf dem Stadiondach. Diese ist re Antwort geben kann. rung waren fortan irischer Herkunft. hänger von Celtic durch die Rivalität zum Coatbridge ist wiederum Grün eingefärbt, seit jeher ein Streitpunkt. Nachdem es bei Ralf Müller vom „Black Forest CSC“, In Glasgow, aber auch in allen anderen zweiten schottischen Großverein, den und hier gibt es einen Celtic-Fanshop. Der 5.000 kommen aus Irland einem Old Firm 1952 wieder einmal zu dem Celtic Supporters Club aus dem Teilen der britischen Inseln gründeten sie Glasgow Rangers, erfahren: Hier die un- Rangers-Fanshop ist einen Ort weiter im Randale kam, forderte der Verband gar, Schwarzwald, hat diese Perspektive ein- in der Blütezeit des Fußballs ihre Clubs, bis terprivilegierte irische Bevölkerung, dort, „blauen“ Airdrie zu  nden. Immer noch Irisch sein ist und bleibt bei vielen die Fahne einzuholen. Sogar der Aus- genommen: „Normalerweise sollte man heute leicht an der irischen Symbolik mit bei den Rangers, die etablierte protestan- treffen die Jugendlichen aus beiden Orten Fans die Hauptsache. Weil die Mehrheit schluss Celtics aus dem Verband stand Fußball und Politik trennen, aber bei „Harp“ (dt. Harfe), „Shamrock“ (dt. Klee- tische Bürgerschaft. Ähnliche Situationen nach einem „Old Firm“ – so heißt das Der- im Raum. Celtic geht das nicht“, so seine Meinung. blatt), „Hibernian“ (lat. Irland), oder eben gibt es auf den britischen Inseln noch by zwischen beiden Clubs – aufeinander, Celtic zu zelebrieren ist jedoch keine Und einhellig meint George Mirashvili, Celtic (dt. keltisch) zu erkennen. 1888 ent- andernorts, beispielsweise in Belfast zwi- um es auf ihre Art auszutragen. exklusiv katholische Veranstaltung. Eine der vor sieben Jahren des Celtic FC we- stand die Glasgower Variante Celtic F.C. schen dem royalistischen Lin eld FC und Mitten in den Gorbals liegt das Bra- Umfrage von 1990 ergab, dass sich neben gen von Wien nach Schottland gezogen auf Initiative des Geistlichen Bruder Wal- dem Cliftonville FC, der wiederum aus zen Head. Neben der Bairds Bar, deren den 93 Prozent Katholiken auch vier Pro- ist: „Wenn man versucht, sich dem zu fried. Der hatte erkannt, dass sich durch einem irisch-republikanisch geprägten Ausstattung eher einem Celtic-Museum zent Protestanten (Tendenz steigend) zu entziehen, kann man Celtic und seine den Club auch Erträge zur Linderung der Viertel kommt. In vielen anderen Städten gleicht, ist es der wohl bekannteste Celtic- Celtic bekennen. 85 Prozent der „Tims“, Fans nicht begreifen.“ Not der diskriminierten irisch-katholi- hat sich die ursprüngliche Fanschar aber Pub. Hier hängen die Trikots vieler ita- so eine andere Erhebung, machen bei Der Blick geht zunächst zurück. Zu- schen Minderheit erwirtschaften ließen. weitaus mehr mit der einheimischen Be- lienischer Vereine an den Wänden, denn Wahlen ihr Kreuz bei der Labour-Partei. rück in das Irland Mitte des 19. Jahr- So wuchs der Club über die Jahrzehnte völkerung assimiliert. In Edinburgh erin- die irischstämmige und die italienisch- Jock Stein war Protestant – und die hunderts, in die Epoche der „Gorta zu einem Verein der Massen heran, denn nern nur noch die grün-weißen Vereins- stämmige Bevölkerung stehen sich sehr meistverehrte Legende, die Celtic jemals Mor“, der großen Hungersnot mitsamt auch für die in Schottland geborenen farben der Hibs an die Wurzeln. nahe – Katholizismus verbindet. Pubs Ratze-Fans in Hoops Foto: Stadionwelt hervorbrachte. 1985 verstarb der �

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Trainer der „“, der Truppe, la, das war mir echt zu viel“, beschreibt die 1967 den Europacup gewann. Auch Pringle die Umstände, die dazu geführt Protestant Tommy Gemmell war 1967 haben, dass die Infrastruktur in der Final- in Lissabon am Ball. „Der ganze Katho- stadt des UEFA-Pokals 2003 zusammen- lizismus hat mich nicht beeinträchtigt. gebrochen ist, „man hat ja nicht mal mehr Ich habe mich auch nie ausgeschlossen ein Taxi bekommen“. gefühlt, denn ich war Teil dieser ganz Bis zum Sommer nächsten Jahres bestimmten Umgebung. […] Als Celtic- hat das Spektakel jedoch Pause. Ein 0:5 Spieler habe ich einige soziale und poli- bei Artmedia Bratislava bedeutete das tische Perspektiven gehabt, die ich sonst schlechteste Europacup-Resultat der Ge- nie kennen gelernt hätte“, sagt er. schichte und das vorzeitige Aus. Abseits Fährt man in dem Versuch nach Glas- der internationalen Bühne stehen jetzt gow eine Celtic-Fankultur abseits der Po- wieder Diskussionen im Vordergrund. larisierungen und dem irisch-republika- Solche etwa, die sich um „Sectarianism“ nischen Gedanken zu ergründen, ist dies „Sombrero Day“ beim „Old Firm“ 2002/03 Foto: Tower Überall dabei: der St. Pauli CSC – hier in Inverness Fotos: „blödes volk“ – die Unterteilung von Gesellschaften aus kein leichtes Unterfangen, denn schon religösen Motiven – oder Politik drehen. nach wenigen Minuten drehen sich die Chronik te Stehplatzgegengerade des Celtic-Parks Freunde & Feinde den größten irischstämmigen Gemeinden, „Es gibt ein paar, die an einem von der Gespräche wieder um Politik. Doch es mit Sitzplätzen bestückt. In der Saison auch war Celtic der erste Verein, der dem Politik losgelösten Fußball interessiert gibt die Punkte, die den „Style“ ausma- 1937: Zuschauerrekord, Teil 1. Zum Po- 1994/95 weicht Celtic ins Nationalstadi- Rangers: Wo will man anfangen? Der Ri- FC nach der Katastrophe von Hills- sind“, meint Mirashvili, „und das wer- chen, auch wenn Celtic-Fans es selber nie kalfi nale gegen den Aberdeen FC kommen on aus, da im heimischen Parkhead drei valität zwischen Rangers und Celtic ist die borough ein Benefi zspiel anbot – eine Geste, den auch immer mehr. Wenn einer vor so nennen würden: Beispielsweise gehört 147.365 in den . Niemals Tribünenseiten erneuert werden. „Viele vielleicht intensivste, tiefgründigste und die das Verhältnis bis heute prägt. zehn Jahren diese Einstellung vertreten die Schalparade mit den „Bare scarves“ wohnten einem Spiel zweier europäischer Fans waren damit nicht einverstanden und facettenreichste der Fußballwelt. „Das hätte, hätte man ihn ausgelacht.“ – Schals mit reinem Balkenmuster – zum Clubmannschaften mehr Leute bei. haben für ein Jahr mit den Heimspielen ist nicht einfach nur Katholiken gegen Athletic Club Bilbao: Da sich die Fans aus Das in Irland produzierte Fanzine Repertoire. Und wenn es drauf ankommt, ausgesetzt“, sagt Michael Pringle. Protestanten“, sagt Mirashvili. Infolgedes- Bilbao in erster Linie als Basken sehen und „More than 90 Minutes“ hält sich aus der singt der Celtic Park „You’ll Never Walk 1944: Nach einem Aufruf in der Zeitung sen gibt es kaum einen Aspekt, der nicht in nicht wenigen Fällen anti-spanisch einge- Politik weitestgehend heraus. Auf der Alone“ lauter als die An eld Road. fi nden sich 14 Fans zusam- 2003: „Sombrero Day“ in Ibrox. Mit einem schon beleuchtet wurde und die Presse, stellt sind, ergibt sich eine Lage, die der von anderen Seite hat das Heft „Tiocfaidh ar Bei Durchschnittsspielen allerdings men um die Celtic Supporters Association 1:0 bei Boavista sichert sich Cel- die es angesichts dieses Duells leicht hat, Celtic innerhalb der schottischen Liga nicht la“ (gälisch, „Unser Tag wird kommen“) – also bei praktisch allen, in denen der zu gründen. Nach rund einem Jahr ist die tic den Einzug ins UEFA-Cup-Finale. Unter die Auseinandersetzung in möglichst dra- unähnlich ist. Als Brüder im Geiste betrei- kürzlich den Betrieb eingestellt, ein Teil Gegner nicht Rangers heißt – lässt die Anzahl bereits auf 700 angewachsen. den 1.500 Mitgereisten entsteht noch am matischen Worten zu schildern, muss sich ben Fans beider Clubs deshalb schon seit der Macher produziert nun die radikal- Stimmung durchaus zu wünschen übrig. Flughafen die Idee, dass man 48 Stunden schon einiges überlegen, was sie noch einiger Zeit einen regen Austausch. republikanische Zeitschrift „Iris“. Wei- Vielleicht verständlich, denn die Domi- 1970: Zuschauerrekord, Teil 2. 133.651 später den Rangers während des Old Firm schreiben will. Jüngst kam sie auf die Idee, terhin existieren „Not the view“ und „Al- nanz in einer Liga, in der, wenn es mal sehen das Halbfi nale im Landesmeister- demonstrieren muss, dass eine Reise ins dass der letzte Erfolg der Rangers dem FC St. Pauli: „Seit es möglich ist, mit dem ternative View“ – beide Namen stehen ganz schlecht läuft, schlimmstenfalls ein pokal gegen Leeds United – Bestmarke für sonnige Spanien ansteht. Hierbei wird zwar Platzwart zu verdanken sei, der den Rasen Billigfl ieger von Prestwick nach Lübeck für eine andere Sicht der Dinge als im dritter Platz herausspringt, bringt die Spiele im Europacup. übersehen, dass der Endspielort Sevilla so gemäht habe, dass das Muster eines zu fl iegen, haben wir hier bei jedem Spiel of ziellen Vereinsorgan „Celtic View“. Fans auf andere Gedanken: „98 Prozent nicht am Meer liegt, doch sollte das den protestantischen Oranier-Ordens heraus- Besuch aus Glasgow“, sagt Heiko Schles- Ob in den Fanzines oder in den Lie- der Celtic-Fans würden sich wünschen, 1972: Zuschauerrekord, Teil 3, ist einer, Spaß über hunderte Strandutensilien auf kam – zum Schmunzeln. selmann vom Fan-Laden. Was auf einen dern der unzähligen Celtic-Bands, es geht dass wir uns mit den Clubs in der eng- den sich Celtic mit Rangers teilen muss. dem Platz der Rangers nicht schmälern. Immerhin ist es heute bei Spielen in der Fankongress Anfang der 90er in London immer wieder um die Loslösung Nordir- lischen Liga messen können“, sagt Mi- Zeitgleich schauen innerhalb einer Stadt, Stadt vergleichsweise ruhig. Während frü- begann, ist heute zu der von beiden Seiten lands von Großbritannien, mitunter wird chael Pringle vom Fanzine „More than mit nur zehn Kilometer Entfernung zuein- 2003: Celtic hat die besten Fans – das her ganze Straßenzüge aufeinander losgin- am intensivsten betriebenen Fanfreund- dabei die Schwelle zum Radikalismus 90 Minutes“. Denkanstöße hierzu gibt es ander, 155.000 die Europacup-Spiele Ran- ist jetzt offi ziell bestätigt. Für ihren Auftritt gen, hat sich inzwischen ein System zur schaft geworden. Eine 1996 durchgeführ- überschritten. Der Song „Willie Maley“ immer wieder; doch gehört es zu den tra- gers – FC Bayern München und Celtic – Inter während des UEFA-Cup-Finales in Sevilla Trennung der Fanlager bewährt. Die jewei- te, mehrtägige Doppeldecker-Bus-Tour ist auch und gerade deshalb so beliebt, ditionellen Eigenarten, dass der Fußball Mailand. gibt es den Fair-Play-Award der UEFA. Zwei ligen Gästefans treffen sich dabei an be- nach Glasgow hat heute in der St. Pauli weil sich einige Textpassagen auf „IRA“ im Vereinigten Königreich in vier Ver- Dauerkarteninhaber dürfen den Preis bei stimmten Pubs oder den Niederlassungen Fanszene legendären Status. Aus der reimen, das oft genug mitgesungen wird. bände unterteilt ist. 1994: Bereits im Sommer 1993 wurde einer Gala in Monte Carlo in Empfang neh- der Supporters Clubs und werden von dort „Celtic Brigade St. Pauli“ ist inzwischen Ebenso üblich sind Sympathiebekun- der „Jungle“, die für ihren „Roar“ bekann- men. über vorher festgelegte Wege mit Bussen der „St. Pauli CSC“ geworden – Untertitel: dungen für den IRA-Aktivisten Di- � Party-Tour durch Europa direkt vor den Gästeblock gebracht. So „The rebel’s choice“ – ein Anti-Hornbyis- kommt es, dass die U-Bahn, die unmittel- mus, der allerdings die Sache trifft, denn So wenig prickelnd der Liga-Alltag sein bar am Rangers-Stadion hält, Parkhead die große Schnittmenge in den politischen mag, so sehr laufen die Celtics Fans im allerdings nicht ansteuert, praktisch aus- Ansichten im Fußballverständnis beider Europacup zur Höchstform auf. Wenn die schließlich von Rangers-Fans genutzt wird. Fanszenen ist der Motor einer intakten Be- Celtic-Fans kommen, steht Party auf dem ziehung. Übrigens: Die nächste St. Pauli- Programm. Der Ruf, friedlich, zahlreich Liverpool FC: Nicht nur sind Liverpool und Celtic Party am 4. Februar 2006 wird wie- und angeheitert zu sein, eilt den reisenden Glasgow die beiden britischen Städte mit der ausverkauft sein. 100 Celtic-Fans wer- Massen voraus. Wenn die CSCs aus allen den dafür von der Insel anreisen. Teilen der Welt die Marktplätze Europas einnehmen, reihen sich viele gerne ein. Partick Thistle: Dass es in Glasgow noch Aggression geht von den „Bhoys“ (das einen dritten Profi club in der dritten Liga eingestreute „h“ verleiht dem Wort einen gibt, einen, dem im Durchschnitt sogar gälischen Anstrich) äußerst selten aus. Sie 3.292 Zuschauer sehen, wird bei der Do- sind sozusagen PR-Fachleute der irisch- minanz der beiden Großvereine fast über- republikanischen Sache, und durch nichts sehen. „We hate the boys in royal blue, we überzeugt man mehr als durch Freund- hate the boys in emerald green, so fuck the lichkeit. Manchmal allerdings gerät alles pope and fuck the queen”, singen sie und ein bisschen aus den Fugen: „8.000 oder machen deutlich, dass sie weder mit der re- 10.000 sind bei den Europacup-Spielen publikanischen noch mit der royalistischen keine Seltenheit, aber 80.000 wie in Sevil- Ausnahmsweise mal gering vertreten: Celtic-Fans in Bratislava 2005/06 Auf der letzten St. Pauli-Celtic-Party Glasgower Seite sympathisieren. Der „Huddle“ – ein bei Celtic seit jeher übliches Ritual

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074-079_fanszene glasgow.indd 76 24.10.2005 12:15:40 074-079_fanszene glasgow.indd 77 24.10.2005 12:15:59 Fan-Szene

la, das war mir echt zu viel“, beschreibt Pringle die Umstände, die dazu geführt haben, dass die Infrastruktur in der Final- stadt des UEFA-Pokals 2003 zusammen- gebrochen ist, „man hat ja nicht mal mehr ein Taxi bekommen“. Bis zum Sommer nächsten Jahres hat das Spektakel jedoch Pause. Ein 0:5 bei Artmedia Bratislava bedeutete das schlechteste Europacup-Resultat der Ge- schichte und das vorzeitige Aus. Abseits der internationalen Bühne stehen jetzt wieder Diskussionen im Vordergrund. Solche etwa, die sich um „Sectarianism“ Überall dabei: der St. Pauli CSC – hier in Inverness Fotos: „blödes volk“ – die Unterteilung von Gesellschaften aus religösen Motiven – oder Politik drehen. Freunde & Feinde den größten irischstämmigen Gemeinden, „Es gibt ein paar, die an einem von der auch war Celtic der erste Verein, der dem Politik losgelösten Fußball interessiert Rangers: Wo will man anfangen? Der Ri- Liverpool FC nach der Katastrophe von Hills- sind“, meint Mirashvili, „und das wer- valität zwischen Rangers und Celtic ist die borough ein Benefi zspiel anbot – eine Geste, den auch immer mehr. Wenn einer vor vielleicht intensivste, tiefgründigste und die das Verhältnis bis heute prägt. zehn Jahren diese Einstellung vertreten facettenreichste der Fußballwelt. „Das hätte, hätte man ihn ausgelacht.“ ist nicht einfach nur Katholiken gegen Athletic Club Bilbao: Da sich die Fans aus Das in Irland produzierte Fanzine Protestanten“, sagt Mirashvili. Infolgedes- Bilbao in erster Linie als Basken sehen und „More than 90 Minutes“ hält sich aus der sen gibt es kaum einen Aspekt, der nicht in nicht wenigen Fällen anti-spanisch einge- Politik weitestgehend heraus. Auf der schon beleuchtet wurde und die Presse, stellt sind, ergibt sich eine Lage, die der von anderen Seite hat das Heft „Tiocfaidh ar die es angesichts dieses Duells leicht hat, Celtic innerhalb der schottischen Liga nicht la“ (gälisch, „Unser Tag wird kommen“) die Auseinandersetzung in möglichst dra- unähnlich ist. Als Brüder im Geiste betrei- kürzlich den Betrieb eingestellt, ein Teil matischen Worten zu schildern, muss sich ben Fans beider Clubs deshalb schon seit der Macher produziert nun die radikal- schon einiges überlegen, was sie noch einiger Zeit einen regen Austausch. republikanische Zeitschrift „Iris“. Wei- schreiben will. Jüngst kam sie auf die Idee, terhin existieren „Not the view“ und „Al- dass der letzte Erfolg der Rangers dem FC St. Pauli: „Seit es möglich ist, mit dem ternative View“ – beide Namen stehen Platzwart zu verdanken sei, der den Rasen Billigfl ieger von Prestwick nach Lübeck für eine andere Sicht der Dinge als im so gemäht habe, dass das Muster eines zu fl iegen, haben wir hier bei jedem Spiel of ziellen Vereinsorgan „Celtic View“. protestantischen Oranier-Ordens heraus- Besuch aus Glasgow“, sagt Heiko Schles- Ob in den Fanzines oder in den Lie- kam – zum Schmunzeln. selmann vom Fan-Laden. Was auf einen dern der unzähligen Celtic-Bands, es geht Immerhin ist es heute bei Spielen in der Fankongress Anfang der 90er in London immer wieder um die Loslösung Nordir- Stadt vergleichsweise ruhig. Während frü- begann, ist heute zu der von beiden Seiten lands von Großbritannien, mitunter wird her ganze Straßenzüge aufeinander losgin- am intensivsten betriebenen Fanfreund- dabei die Schwelle zum Radikalismus gen, hat sich inzwischen ein System zur schaft geworden. Eine 1996 durchgeführ- überschritten. Der Song „Willie Maley“ Trennung der Fanlager bewährt. Die jewei- te, mehrtägige Doppeldecker-Bus-Tour ist auch und gerade deshalb so beliebt, ligen Gästefans treffen sich dabei an be- nach Glasgow hat heute in der St. Pauli weil sich einige Textpassagen auf „IRA“ stimmten Pubs oder den Niederlassungen Fanszene legendären Status. Aus der reimen, das oft genug mitgesungen wird. der Supporters Clubs und werden von dort „Celtic Brigade St. Pauli“ ist inzwischen Ebenso üblich sind Sympathiebekun- über vorher festgelegte Wege mit Bussen der „St. Pauli CSC“ geworden – Untertitel: dungen für den IRA-Aktivisten Di- � direkt vor den Gästeblock gebracht. So „The rebel’s choice“ – ein Anti-Hornbyis- kommt es, dass die U-Bahn, die unmittel- mus, der allerdings die Sache trifft, denn bar am Rangers-Stadion hält, Parkhead die große Schnittmenge in den politischen allerdings nicht ansteuert, praktisch aus- Ansichten im Fußballverständnis beider schließlich von Rangers-Fans genutzt wird. Fanszenen ist der Motor einer intakten Be- ziehung. Übrigens: Die nächste St. Pauli- Liverpool FC: Nicht nur sind Liverpool und Celtic Party am 4. Februar 2006 wird wie- Glasgow die beiden britischen Städte mit der ausverkauft sein. 100 Celtic-Fans wer- den dafür von der Insel anreisen.

Partick Thistle: Dass es in Glasgow noch einen dritten Profi club in der dritten Liga gibt, einen, dem im Durchschnitt sogar 3.292 Zuschauer sehen, wird bei der Do- minanz der beiden Großvereine fast über- sehen. „We hate the boys in royal blue, we hate the boys in emerald green, so fuck the pope and fuck the queen”, singen sie und machen deutlich, dass sie weder mit der re- publikanischen noch mit der royalistischen Auf der letzten St. Pauli-Celtic-Party Glasgower Seite sympathisieren. Der „Huddle“ – ein bei Celtic seit jeher übliches Ritual

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xie, der trotz des so genannten Karfrei- tagsabkommens in Haft blieb. In dieser Glori zierung einer Organisation, die lange Zeit das Mittel des Terrors wähl- te, um ihre Ziele zu erreichen, bekommt der Mythos Celtic Kratzer. Beim Verein sind solche Ansichten ebenfalls nicht er- wünscht. „Die Lieder mit den eingebau- ten Pro-IRA-Passagen werden im Celtic Park so gut wie nicht mehr gesungen. Celtic FC hat dafür gesorgt, dass viele re- publikanische Fans aussortiert wurden. Bei Auswärtsspielen und in Europa sieht das aber wieder ganz anders aus“, erklärt Marco Seiffert vom St. Pauli CSC. Wenn man aber diese Sichtweise einen Schritt weiter denkt, kommt unweiger- lich die Frage auf, warum sich gerade die linkspolitisch engagierten Fans des FC St.

Heimweg über Brachland – das Umfeld des Celtic-Parks ist wenig ansehnlich Foto: Stadionwelt Celtic Park

Kapazität: Zuschauerschnitt 60.554 überdachte Sitzplätze in den letzten fünf Jahren: 2000/01: Premier League 59.353 Adresse: 2001/02: Premier League 58.587 18 Kerrydale St 2002/03: Premier League 57.575 Glasgow, G40 3RE 2003/04: Premier League 58.181 Schottland 2004/05: Premier League 57.943

Banner zum 20. Todestag der Trainerlegende Jock Stein Foto: Stadionwelt

Pauli zu einem Club hingezogen fühlen, in deren Fanszene offen nationalistische Gedanken formuliert und deren gewalt- tätige Umsetzung propagiert wird. Sind sie in dem Punkt eventuell dem sprich- wörtlichen Wolf im Schafspelz aufgeses- sen? „Um das zu verstehen, muss man wissen, dass im politischen Spektrum Schottlands die nationalen Tendenzen links angesiedelt sind“, sagt Politologe und Celtic-Fan Mirashvili. Auch Michael Pringle schwächt ab: „Es werden viele Dinge besungen, nach denen die Leute aber nicht leben würden, einfach weil es ihnen zu radikal ist.“ Unter dem Strich ist es auch ein Stück weit die „Folklore“, die jede Fanszene betreibt. Bis heute ist die Gegend rund um den Celtic Park an Spieltagen eine „no- go-area“ für rechte Gruppen, denn das politische Engagement bleibt links. Mi- chael Pringle: „Letztes Jahr kamen 6.000 Asylbewerber nach Glasgow. Leute wie diejenigen, die Celtic gegründet und aufgebaut haben. Wir kennen unse- re Traditionen und handeln danach.“ Für die Fanszene von Celtic sind solche Werte zu einer Maxime geworden – bis heute.���Maik Thesing Von den 80.000 „Bhoys“ beim UEFA-Cup-Finale besaßen nur wenige Glückliche Karten Foto: „blödes volk“

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074-079_fanszene glasgow.indd 78 24.10.2005 12:16:47 Fan-Szene Fan-Szene xie, der trotz des so genannten Karfrei- Daten & Fakten „Alternative View“ Beliebtester Fangesang tagsabkommens in Haft blieb. In dieser fi [email protected] Glori zierung einer Organisation, die Kontaktadressen: „More than 90 minutes“ Hail Hail, The Celts are here, lange Zeit das Mittel des Terrors wähl- Celtic Supporters Association: [email protected] What the hell do we care, te, um ihre Ziele zu erreichen, bekommt [email protected] What the hell do we care, der Mythos Celtic Kratzer. Beim Verein St. Pauli CSC: Hail Hail, The Celts are here, sind solche Ansichten ebenfalls nicht er- [email protected] wünscht. „Die Lieder mit den eingebau- Black Forest CSC: What the hell do we care now... ten Pro-IRA-Passagen werden im Celtic [email protected] For its a Grand Old Team to play for, Park so gut wie nicht mehr gesungen. CSC Switzerland: For its a Grand Old team to see, Celtic FC hat dafür gesorgt, dass viele re- [email protected] And if you know the history, publikanische Fans aussortiert wurden. Its enough to make your heart go, Bei Auswärtsspielen und in Europa sieht Forum (deutschsprachig): das aber wieder ganz anders aus“, erklärt www.celtic.foros.de We don‘t care what the animals say, Marco Seiffert vom St. Pauli CSC. What the hell do we care, Wenn man aber diese Sichtweise einen Fanzines: For its all we know, Schritt weiter denkt, kommt unweiger- „Not the view“ Is that there going to be a show, lich die Frage auf, warum sich gerade die [email protected] And the Glasgow Celtic will be there. linkspolitisch engagierten Fans des FC St.

Heimweg über Brachland – das Umfeld des Celtic-Parks ist wenig ansehnlich Foto: Stadionwelt Celtic Park

Kapazität: Zuschauerschnitt 60.554 überdachte Sitzplätze in den letzten fünf Jahren: 2000/01: Premier League 59.353 Adresse: 2001/02: Premier League 58.587 18 Kerrydale St 2002/03: Premier League 57.575 Glasgow, G40 3RE 2003/04: Premier League 58.181 Schottland 2004/05: Premier League 57.943

Banner zum 20. Todestag der Brazen Head: Die Lisbon Lions über dem Tresen CSCs gibt es überall auf der Welt Foto: „blödes volk“ Bayern München – Celtic 2003/04 Foto: „blödes volk“ Trainerlegende Jock Stein Foto: Stadionwelt

Pauli zu einem Club hingezogen fühlen, Als Celtic-Band um die Welt in deren Fanszene offen nationalistische Interview mit Jim Scanlan, Gründer und Sänger der Celtic-Band „Charlie and the Bhoys“ Gedanken formuliert und deren gewalt- tätige Umsetzung propagiert wird. Sind Band“, so die Band unbescheiden über sich sie in dem Punkt eventuell dem sprich- selbst, im Interview. wörtlichen Wolf im Schafspelz aufgeses- Stadionwelt: Wie kam es zur Gründung von sen? „Um das zu verstehen, muss man „Charlie & the Bhoys“? Wie habt ihr zusam- wissen, dass im politischen Spektrum mengefunden? Schottlands die nationalen Tendenzen Scanlan: Natürlich als Celtic-Fans. Wir ha- links angesiedelt sind“, sagt Politologe ben immer im Pub „The Squirrel” getrunken und Celtic-Fan Mirashvili. Auch Michael und haben uns zu viert zusammengetan, um Pringle schwächt ab: „Es werden viele 1989 die Band zu gründen. Dinge besungen, nach denen die Leute Heute sind zwei der inzwischen drei Mitglie- aber nicht leben würden, einfach weil es der noch aus der Ursprungsbesetzung. Bei ihnen zu radikal ist.“ Unter dem Strich ist Jim Scanlan Fotos: Stadionwelt bis zu vier Auftritten in der Woche ist das Charlie & The Bhoys rocken das Brazen Head es auch ein Stück weit die „Folklore“, die heute eine Vollzeitbeschäftigung. jede Fanszene betreibt. Wenn Celtic spielt, sind „Charlie and the Stadionwelt: Bilden der Celtic FC und seine Kong, den USA und Kanada dazu. Im Bis heute ist die Gegend rund um Bhoys“ nicht weit. Wer sie sehen möchte, Supporter für eine Band, wie ihr es seid, das November spielen wir beim Dubai Hoops den Celtic Park an Spieltagen eine „no- muss nicht lange nach Terminen suchen, ideale Umfeld? CSC. Nächstes Jahr spielen wir dann bei go-area“ für rechte Gruppen, denn das denn schon seit 1994 treten sie vor und Scanlan: Überall auf der Welt gibt es Cel- der Celtic Convention im spanischen Be- politische Engagement bleibt links. Mi- nach nahezu jedem Heimspiel im Celtic tic Supporters, und das gibt uns die Chan- nidorm. chael Pringle: „Letztes Jahr kamen 6.000 Pub Brazen Head auf, singen dort vor ei- ce, in vielen Ländern zu spielen. Holland, Stadionwelt: Ihr seid in euren Texten sehr Asylbewerber nach Glasgow. Leute wie nem ungebrochen begeisterten Publikum Belgien, Deutschland, Frankreich, England politisch. Gab es Situationen, in denen diejenigen, die Celtic gegründet und von Irland und Fußball. „Und wir spielen da – aber auch der Europacup-Spielplan Cel- das zu Problemen geführt hat? aufgebaut haben. Wir kennen unse- jedes Mal vor vollem Haus. Die Heimspiele tics bestimmt unseren Tourplan, denn wir Scanlan: Diejenigen, die uns buchen, wis- re Traditionen und handeln danach.“ sind etwas ganz Spezielles“, sagt Leadsän- organisieren Auftritte in den jeweiligen sen das ja und erwarten es oft auch. Des- Für die Fanszene von Celtic sind solche ger Jim Scanlan. Wie es dazu kam erzählt Städten. Im Laufe der Jahre kamen aber halb hatten wir in der Beziehung noch nie Werte zu einer Maxime geworden – bis der Frontmann, der „World’s No. 1 Celtic auch Gigs in Australien, Singapur, Hong irgendwelche Probleme. heute.���Maik Thesing Von den 80.000 „Bhoys“ beim UEFA-Cup-Finale besaßen nur wenige Glückliche Karten Foto: „blödes volk“

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