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P. h. h. Erscheinungsort Wien. Verlagspostamt Wien 40

Stenographisches59. Sitzung des Nationalrates der Republik Protokoll Österreich X. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 25. November 1964

Tagesordnung Berioht des Bundesministeriums für Finanzen über die Veräußerung von unbeweglichem Bundeseigentum im ersten Vierteljahr 1964 1. Änderung des Gebührenanspruchsgesetzes - Finanz- und Budgetausschuß (S. 3076) 2. Abänderung des Bundesgetzes, betreffend die Bericht des Bundesministers für soziale Ver­ definitive Anstellung der Bezirksschulinspek­ waltung über die Amtstätigkeit der Arbeits­ toren inspektorate im Jahre 1963 - Ausschuß für 3. Verlängerung der Geltungsdauer des Anti­ soziale Verwaltung (S. 3076) dumpinggesetzes Schriftliche Anfragebeantwortungen 177 und 178 4. Neuerliche Abänderung des Verfassungs­ (S. 3075) geriohtshofgesetzes 1953 5. Anpassung der Anlagen E und F des Umsatz­ steuergesetzes 1959 an die 3. Zolltarifgesetz­ Dringliche Anfragen novelle Anfrage 180/J der Abgeordneten Suohanek 6. Hypothekarische Belastung einer bundes­ und Genossen an den Bundesminister für eigenen Liegenschaft wegen Aufnahme eines Inneres, betreffend Aussohreitungen anläß­ Darlehens bei der Gemeinde Wien lioh einer geplanten Schiffstaufe in 7. Jahresbericht und Jahresabschluß 1963/64 (S. 3076) des ERP-Fonds Begründung: Suchanek (S. 3077) 8. Berioht des Bundesministeriums für Finanzen Mündliohe Beantwortung durch Bundesmini­ betreffend Verfügungen über bewegliches Bun­ ster für Inneres Cz ettel (S. 3080) desvermögen im Zeitabschnitt vom 1. Oktober Entsohließungsantrag der Abgeordneten 1963 bis 31. Dezember 1963 Dr. Kos und Genossen, betreffend Rüok­ 9. Bericht des Bundesministeriums für Finanzen gängigmachung der Dienstenthebung des über die Veräußerung von unbeweglichem Präsidenten der Bundesbahndirektion Inns­ Bundeseigentum im vierten Vierteljahr 1963 bruok (S. 3093) 10. Neuerliche Abänderung des Wasserbauten­ Debatte: Dipl.-Ing. Fink (S. 3084), Cz ernetz förderungsgesetzes (S. 3088), Dr. Kos (S. 3092), Dipl.-Ing. Häm­ 11. Ersuchen um Aufhebung der Immunität des merle (S. 3094), Dr. Hurdes (S. 3096) und Abgeordneten Zeillinger Ing. Hä user (S . 3097) Anfrage 181/J der Abgeordneten Stohs, Dipl.-Ing. Hämmerle, Dipl.-Ing. Fink und Genossen an den Bundesminister für Justiz, betreffend Delegierung der Strafverfahren Inhalt im Zusammenhang mit den Demonstrationen in Fußaoh und am 21. November Tagesordnung 1964 an das Landesgericht für Strafsachen Wien (S. 3100) Umstellung der Tagesordnung: Vorziehung des Punktes 10 (S. 3076) Begründung: Stohs (S. 3101) Mündliche Beantwortung duroh Bundesmini­ Personalien ster für Justiz Dr. Broda (S. 3102 und Entschuldigungen (S. 3067) S. 3122) Ordnungsrufe (S. 3079, S. 3110 und S. 3123) Entsohließungsantrag der Abgeordneten Zeillinger und Genossen, betreffend Zurüok­ Fragestunde ziehung der Weisungen auf Einleitung von Strafverfahren sowie auf Delegierung der Beantwortung der miindlichen Anfragen 744, Strafverfahren nach Wien (S. 3115) 774, 765, 757, 775, 766, 767, 768, 782, 769, 747, 779, 783, 784, 760, 770, 771 und Debatte: Dr. Haselwanter (S. 3105), 772 (S. 3067) Dr. Bassetti (S. 3109), Zeillinger (S. 3112), Dr. Winter (S. 3116) und Glaser (S. 3118) Bundesregierung Bericht des Bundesministeriums für Finanzen, Ausschüsse betreffend Verfügungen über bewegliohes Zuweisung der Anträge 124 und 125 (S. 3075) Bundesvermögen im Zeitabsohnitt vom 1. April 1964 bis 30. Juni 1964 (2. Viertel Beriohtigtes Verzeiohnis der Mitglieder und 1964) Finanz- und Budgetaussohuß Ersatzmitglieder des Aussohusses zur Vor­ (S. 3076) beratung des Volksbegehrens (S. 3141)

Bericht des Bundesministeriums für Finanzen, Regierungsvorlagen betreffend Verfügungen über bewegliohes Bundesvermögen im Zeitabsohnitt vom 1. Juli 559: Energieanleihegesetz 1964 - Finanz- und 1964 bis 30. September 1964 (3. Viertel Budgetaussohuß (S. 3076) 1964) Finanz- und Budgetaussohuß 538: Überweisung an den Verfassungsausschuß (S. 3076) (S. 3137) 229

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Immunitätsangelegenheiten Bericht des Finanz- und Budgetausschusses Bericht des Immunitätsausschusses über das über den von der Bundesregierung vorgelegten Auslieferungsbegehren gegen den Abgeordne­ Jahresbericht und Jahresabschluß 1963/64 ten Zeillinger (547 d. B.) des ERP-Fonds (554 d. B.) Berichterstatter: Dr. Nemecz (S. 3141) Berichterstatter: Dipl.-Ing. Fink (S. 3138) Annahme des Ausschußantrages (S. 3141) Redner: Dr. Bro�sigke (S. 3138) Kenntnisnahme (S. 3139) Verhandlungen Bericht des Finanz- und Budgetausschusses Bericht des Justizausschusses über die Re­ über den Bericht des Bundesministeriums für gierungsvorlage (539 d. B.): Änderung des Finanzen, betreffendVerfügungen über beweg­ Gebührenanspruchsgesetzes (548 d. B.) liches Bundesvermögen im Zeitabschnitt vom Berichterstatterin: Dr. Hertha Firnberg l. Oktober 1963 bis 31. Dezember 1963 (S. 3125) (555 d. B.) Ausschußentschließung, betreffend Wieder­ Berichterstatter: Machunze (S. 3039) verlautbarung des Gebührenanspruchsge­ Redner: Dr. Broesigke (S. 3140) und Bun­ setzes (S. 3126) - Annahme (S. 3127) desminister für Finanzen Dr. Schmitz Annahme des Gesetzentwurfes (S. 3126) (S. 3140) Kenntnisnahme (S. 3140) Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (546 d. B.): Abänderung Bericht des Finanz- und Budgetausschusses, des Bundesgesetzes, betreffend die definitive betreffend den Bericht desBundesministeriums Anstellung der Bezirksschulinspektoren (550 für Finanzen über die Veräußerung von unbe­ d. B.) weglichem Bundeseigentum im vierten Vier­ Berichterstatter: Harwalik (S. 3127) teljahr 1963 (556 d. B.) Ausschußentschließung, betreffend Regelung Berichterstatter: Machunze (S. 3040) der Stellung der Fachinspektoren und Fach­ Kenntnisnahme (S. 3141) berater in einem Schulaufsichtsbeamtengesetz (S. 3127) - Annahme (S. 3130) Redner: Zankl. (S. 3127) und Ga briele (S. 3129) Annahme des Gesetzentwurfes (S. 3130) Eingebracht wurden

Bericht des Handelsausschusses über die Regie- Anfragen der Abgeordneten rungsvorlage (540 d. B.): Verlängerung der Geltungsdauer des Antidumpinggesetzes Suchanek und Genossen an den Bundes­ (549 d. B.) minister für Inneres, betreffend Ausschrei­ tungen anläßlich einer geplanten Schiffstaufe Berichterstatter: Dr. Weißmann (S. 3130) in Vorarlberg (180/J) Redner: Dipl.-Ing. Hämmerle (S. 3130) Stohs, DipI.-Ing. Hämmerle, Dipl.-Ing. Annahme des Gesetzentwurfes (S. 3131) Fink und Genossen an den Bundesminister Bericht des Handelsausschusses über den An­ für Justiz, betreffend Delegierung der Straf­ trag (121/A) der Abgeordneten Dr. Kotzina., verfahren im Zusammenhang mit den De­ Weikhart und Genossen: Neuerliche Ab­ monstrationen in Fußach und Bregenz am änderung des Wasserbautenförderungsgesetzes 21. November 1964 an das Landesgericht für (551 d. B.) Strafsachen Wien (181/J) Berichterstatter: Prinke (S. 3131) Scherrer, Theodor Cerny, Kern, Mitterer und, Genossen an den Bundesminister für Redner: Zingler (S. 3132) und Marwan­ soziale Verwaltung, betreffend Verweigerung Schlosser (S. 3134) von Wohnbauförderungskrediten an selbstän­ Annahme des Gesetzentwurfes (S. 3136) dig Erwerbstätige aus Mi tteln des Bundes­ Bericht des Finanz- und Budgetausschusses Wohn- und Siedlungsfonds (182/J) über die Regierungsvorlage (538 d. B.): Neuer­ Herta Winkler, Dipl.-Ing. Dr. Oskar Weihs liche Abänderung des Verfassungsgerichtshof­ Und Genossen an den Bundesminister für gesetzes 1953 (557 d. B.) Finanzen, betreffend Ablehnung eines An­ Berichterstatter: Gabriele (S. 3136) suchens auf Entschädigung von Vermögens­ verlusten in Jugoslawien (183jJ) Zuweisung der Regierungsvorlage an den Verfassungsausschuß (S. 3137) Dr. Migsch, Mo ser, Ing. Scheibengraf und Genossen an den Bundesminister für Bericht des Finanz- und Budgetausschusses Finanzen, betreffend Besteuerung der Ent­ über die Regierungsvorlage (545 d. B.): An­ schädigungen auf Grund des 11. Staatsver­ passung der Anlagen E und F des Umsatz­ tragsdurchführungsgesetzes (184/J) steuergesetzes 1959 an die 3. Zolltarifgesetz­ novelle (553 d. B.) Berichterstatter: DDr. N euner (S. 3137) �agebean�orbwngen Annahme des Geset�entwurfes (S. 3137) Eingelangt sind· die Antworten Bericht des Finanz- und Budgetauschusses über die Regierungsvorlage (542 d. B.) : des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abge­ Hypothekarische Belastung einer bundes­ ordneten Mahnert und Genossen (177/A. B. eigenen Liegenschaft wegen Aufnahme eines zu 83/J) Darlehens bei der Gemeinde Wien (552 d.B.) des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abge­ Berichterstatter: Gabriele (S. 3137) ordneten Dr. Neugebauer und Genossen Annahme des Gesetzentwurfes (S. 3137) (178/A. B. zu 78/J)

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Beginn der Sitzung: 11 Uhr

Vorsitzend e: Präsident Dr. Maleta, Zweiter beurteilen können, ob der krasse Unterschied, Prä.sident Dipl.-Ing. Waldbrunner. der darin seinen Ausdruck findet, daß zum Beispiel bis· zum Studienjahr 1962/196356 Pro­ Präsident: Die Sitzung ist eröffnet. motionen von Angehörigen der Philosophischen Fakultäten stattgefunden haben, das sind Das amtliche Protokoll der 58. Sitzung viermal soviel als von Angehörigen aller vom 18. November 1964 ist in der Kanzlei anderen Fakultäten aller österreichischenHoch­ aufgelegen, unbeanständet geblieben und gilt schulen zusammen, beseitigt wird 1 daher als genehmigt. Präsident : Bitte, Herr Minister. Entschuldigt haben sich die Abgeordneten Graf, Dr. Withalm, Mayr, Mittendorfer, Schla­ Bundesminister für Unterricht Dr. Pü1l­ ger, Weidinger, Dr. Schwer, Dr. Dipl.-Ing. Per�evic: Genau die Beseitigung dieses krassen Figl, Benya und Preußler. Unterschiedes, der eben auch dem Herrn Bundespräsidenten aufgefallen ist, bezweckt Fragestunde die Vorlage. Ich bitte, die Textierung von mir zurzeit nicht zu erbitten. Ich habe sie Präsident : Wir gelangen jetzt - um 11 Uhr nicht mit, und außerdem möchte ich zunächst 3 Minuten - zur Fragestunde. die Wohlmeinung des Herrn Bundespräsiden­ Anfrage 744/M des Herrn Abgeordneten ten hören, ob der Versuch gelungen ist, seinen Dr. van Tongel (F p(j) an ..den Herrn Unter­ Intentionen gerecht zu werden. richtsminister , betreffend Anderung der Be­ Präsident: Anfrage 774/M des Herrn Ab­ stimmungen über die Promotion sub auspiciis geordneten Harwalik ((jV P) an den Herrn praesidentis: Unterrichts minister , betreffend Verbundlichung Sind Sie bereit, eine Regierungsvorlage aus­ höherer Lehranstalten: arbeiten zu la8sen, durch die § 2 des Bundes­ gesetzes vom 5. März 1952, BGBI. Nr. 58, Welche Hindernissestehen der Verbundlichung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. einer Reihe von höheren Lehranstalten ent­ Nr. 219/1960 im Sinne einer Abänderung gegen, die derzeit von den Gemeinden geführt der Voraussetzungen für eine Promotion sub werden? auspiciis proosidentis entsprechend den Aus­ führungen des Herrn Bundespräsidenten no· Präsident: Bitte, Herr Minister. velliert wird, die dieser am 18. März 1964 Bundesminister für Unterricht Dr. Pif1l- über die Zahl und Art der für eine solche Promotion anrechenbaren Prüfungen gemacht Per�evic : Bei der Verbundlichung höherer hat? Lehranstalten bestehen Schwierigkeiten aus staatsfinanziellenÜ berlegungen, die das Finanz­ Präsident : Ich bitte, Herr Minister. ministerium bewogen haben, die Frage einer Bundesminister für Unterricht Dr. Pifll- neuen Generaldurchsicht zu unterziehen, und Per�evic : Sehr geehrter Herr Abgeordneter! zwar im Zusammenhang mit der Erstellung Mit dieser Frage hat sich das Unterrichts­ eines Generalplanes für höhere Schulen ins­ ministerium sofort beschäftigt, als es von gesamt, wo neue zu errichten seien und wo den Intentionen des Herrn Bundespräsidenten daher auch schon bestehende in den Bundes­ erfuhr. Außerdem hat sich die Rektoren­ rahmen mit hineingenommen werden sollten. konferenz des Falles angenommen und dem Unterrichtsministerium gegenüber den Wunsch Präsident : Eine Zusatzfrage. ausgesprochen, eine entsprechende Gesetzes­ Abgeordneter Harwalik : Herr Minister I Es vorlage vorzubereiten. Die Gesetzesvorlage ist also richtig, wenn ich dieser Antwort ist bereits ausgearbeitet. Sie wird zunächst entnehme, daß die Gemeinden auf Grund zur Einholung der Wohlmeinung des Herrn eines zu erstellenden Investitionsprogramms, Bundesprä.sidenten der Präsidentschaftskanzlei wie es der Herr Finanzminister ja auch in vorgelegt werden. Nach Einlangen dieser seiner Rede verkündet hat, sich zeitlich auf Wohlmeinung wird sie das Begutachten­ die Übernahme der Lasten einstellen können, verfahren passieren und kann dann im Wege die sie stellvertretend für den Bund auf sich über die Bundesregierung, sobald deren Zu­ genommen haben 1 stimmung vorliegt, dem Parlament zur Be­ schlußfassung zugeleitet werden. Präsident: Bitte, Herr Minister. Bundesminister für Unterricht Dr. Piffi­ Präsident: Eine Zusatzfrage. Per�evic: Ob dies schon so zeitig sinnvoll Abgeordneter Dr. van Tongel: Können Sie geschehen kann, daß jede einzelne Gemeinde uns, Herr Minister, die wesentlichen Grundsätze das im Haushaltsplan des kommenden Jahres dieses Gesetzentwurfes mitteilen, damit wir oder einer überschaubaren Zeit einsetzen kann,

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Bundesminister Dr. Pifft-Percevic möchte ich im gegenwärtigen Augenblick nominell vorgesehen, die übrigen Beiträge noch nicht sagen. Das Gespräch mit dem werden aus der Post "Förderung der privaten Finanzministerium über den Generalplan der Theater" beziehungsweise der Post "Kunst­ örtlichen Situierung der Schulen ist im An­ förderungsbeitrag" flüssiggemacht. laufen, und daraus wird sich ergeben, wo Präsident: Eine Zusatzfrage. mit einer schon sehr präzisen Hoffnung damit gerechnet werden kann. Mein persönliches Abgeordneter Zankl: Herr Minister! Ist Bestreben ist, vor Gründung neuer Schulen dieser Aufteilungsschlüssel - ich nehme es jene Schulen zu verbundlichen, die sich bereits nicht an - starr oder wird er von Fall zu als lebenskräftig erwiesen haben, und damit Fall geändert 1 auch den Dank des Bundes dafür abzustatten, Präsident: Bitte, Herr Minister. daß dieses Experiment, als welches sich die Bundesminister für Unterricht Dr. Pif1l� Errichtung einer Schule zunächst darstellt, Percevic: Mit Ausnahme der gesetzlich ge­ von anderen übernommen wurde. Mein Be­ regelten Beiträge, die natürlich auch Änderun­ streben ist also, vor Errichtung neuer Schulen gen erfahren können, je nach dem, wie das schon bestehende funktionierende Schulen der zuständige Kuratorium den Haushaltsplan Gemeinden oder privater Körperschaften, wie des Fonds festsetzt, sind das natürlich variable Schulverein und so weiter, durch den Bund Beträge, die nach den Umständen des Jahres, zu übernehmen und die Errichtung dadurch der konkreten Spielpläne, der konkreten zu belohnen. Kostenvoranschläge der einzelnen Festspiel­ Abgeordneter Harwa1ik: Ich danke. veranstaltungen festgelegt werden.

Präsident: Anfrage 765jM des Herrn Ab­ Präsident: Zweite Zusatzfrage. geordneten Zankl (8PO) an den Herrn Unter­ Abgeordneter Zanld: Herr Minister! Gibt es richtsminister, betreffend Subventionierung bestimmte künstlerische Gesichtspunkte, nach von Festspielen: denen diese Subventionen aufgeteilt werden, Wie wurden die ins Budget des laufenden beziehungsweise, was mich besonders interes­ Jahres eingesetzten 16 Millionen Schilling zur Subventionierung von Festspielen auf die sieren würde - ich habe die Friesacher Burg­ einzelnen Festspiele verteilt? hofspiele im Auge -, werden Laienspiele in be­ sonderer Art dotiert oder, sagen wir, schwächer Präsident: Bitte, Herr Minister. dotiert als jene Festspiele, die von Berufs­ Bundesminister für Unterricht Dr. Pifll- schauspielern ausgeführt werden 1 Percevic : Herr Abgeordneter! Ein gewisser Präsident: Bitte, Herr Minister. Teil Ihrer Frage ist durch das Bundesfinanz­ gesetz beantwortet, weil dort für bestimmte Bundesminister für Unterricht Dr. Piftl­ Veranstaltungen feste Ansätze vorgesehen sind. Percevic: Grundsätzlich ist Voraussetzung für Ich werde mir erlauben, Ihnen jetzt die eine Förderung, daß es sich um künstlerisch Zahlen vorzulesen. Ich bitte um Geduld, wertvolle Festspiele und Einzelveranstaltungen es sind mehrere, weil es in Österreich mehrere handelt. Eine Abwägung in der Richtung, ob Festspiele gibt. bei den Festspielen Berufsschauspieler oder Laienspieler mitwirken, erfolgt nicht. Es wird Insgesamt wurden 17,127.300 S verteilt. von Fall zu Fall entschieden, wieviel hier und Davon erhielten die Salzburger Festspiele wieviel dort gebraucht wird, um künstlerisch - das ist der Bundesbeitrag zum Festspiel­ wertvolle Veranstaltungen tatsächlich durch­ fonds - 10,240.000 S, die Bregenzer Fest­ führen zu können. spiele - diesmal noch mit einer besonderen Subvention versehen - 2,300.000 S, die Abgeordneter Zankl: Danke. Wiener Festwochen 2,500.000 S, die Wiener Präsident: Anfrage 757 IM des Herrn Abge­ Sommerveranstaltungen 500.000 S, die Tiroler ordneten Mahnert (F PÖ) an den Herrn Sommerveranstaltungen 100.000 S, die Grazer Unterrichtsminister, betreffend Kosten der Festwochen 400.000 S, die Seespiele Mörbisch Schulgesetzgebung 1962; 510.000 S, die Burgspiele Forchtenstein 240.000 S, die Spiele in Spittal an der Drau Liegen genaue Berechnungenüber die Kosten (Schloß Porcia) 30.000 S, die Melker Sommer­ der Schulgesetzgebung 1962 vor? spiele 100.000 S, die Klosterneuburger Kultur­ Präsident : Bitte, Herr Minister. tage 40.000 S, die Operettenspiele Bad Ischl Bundesminister für Unterricht Dr. PiftI- 50.000 S und als Nachtrag für eine Ver­ Pereevic: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! anstaltung im vorausgegangenen Jahr, wo Die erste -Berechnung dieser Kosten erfolgte in sie nicht ganz zurechtkamen, 117.300 S. den Erläuternden Bemerkungen der Beilagen Einige dieser Budgetansätze - ich erwähnte zu den stenographischen Protokollen des Na­ sie schon - sind im Bundeshaushaltsplan tionalrates anläßlich der Schulgesetzgebung

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Bundesminister Dr. Piffl-Percevic selbst, also in 730 bis 736 der Beilagen zu den Wir konnten nur feststellen, daß die Mel­ stenographischen Protokollen der IX. Gesetz­ dungen darüber äußerst stark differieren. Sie gebungsperiode. Dort sind erste Schätzungen nannten soeben eine Summe von 9 Milliarden, enthalten, entsprechend dem Grundsatz, daß mir sind verschiedene Meldungen über 3, 6 im Entwurf zu jedem Gesetzeswerk auch die und 7 Milliarden bekannt. Ich warte also die mit dem betreffenden Gesetz verbundenen Unterlagen des Gemeindebundes ab, um dann Kosten angeführt sein sollen. Eine Über­ mit diesem gemeinsam zu Rate zu sitzen, wie prüfung dieser Zahlen in letzter Zeit unter das Problem zu meistern sein wird. (Abg. Z e il­ Berücksichtigung der entsprechenden Erfah­ linger: Nichts Geno/ues weiß man nicht !) rungen und der Entwicklung der Preise auf Präsident: Anfrage 775/M des Herrn Abge­ dem Bausektor und auf verschiedenen anderen ordneten Dr. Dipl.-Ing. Ludwig Weiß (ÖVP) Gebieten ergab zum Teil eine Übereinstim­ an den Herrn Unterrichtsminister, betreffend mung mit den dort genannten Vorausschät­ Honorare der Vortragenden in der Erwach­ zungen, zum Teil Abweichungen von diesen senenbildung: Zahlen. Ist das Bundesministerium für Unterricht Abweichend von den Schätzungen bezüglich bereit, im Jahre 1965 budgetmäßig dafür des Schulorganisationsgesetzes ergibt sich für vorzusorgen, daß die Honorare der V9rtragen­ den Bund als einmaliger Mehraufwand in den den in der Erwachsenenbildung erhöht. werden, um gerade damit unter Beweis zu stellen, daß Jahren 1964 bis 1971 - das ist der Durch­ die geistige Arbeit gebührend anerkannt wird T führungszeitraum - für den Bau und die Ein­ richtung von Bundesschulen aus dem Titel Präsident: Bitte, Herr Minister. der einjährigen Schulzeitverlängerung ein Be­ Bundesminister für Unterricht Dr. Pifß- trag von rund 500 Millionen Schilling. In die­ Percevic: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! sem Betrag ist nicht das eingerechnet, was auch Ihre Frage ist dahin zu beantworten, daß im unabhängig von der Schulgesetzgebung zu­ Budget für das kommende Jahr, sofern es vom folge des Ansteigens der Schülerzahlen not­ Parlament in der vorliegenden Form beschlos­ wendig gewesen wäre, sondern nur das, was sen wird, ein um 2 Millionen Schilling höherer durch die Verlängerung der Schulzeit um ein Betrag für die Erwachsenenbildung vorgesehen Jahr erforderlich ist. Das bezog sich auf die ist als bisher. Das Bundesministerium hat die Bundesschulen, also auf mittlere und höhere Absicht, an die Zuteilung an die Spitzenkörper­ Lehranstalten. schaften der Volksbildungsunternehmen und Was die PHichtschulen anlangt, so ist der Volksbildungseinrichtungen die Empfehlung Bauaufwand hiefür Sache der Länder und Ge­ zu knüpfen, diese Erhöhungen vor allem für meinden, und es ist in deren Bereich gelegen, eine bessere Entlohnung der geistigen Leistung wie aufwendig sie sein wollen und welche zu verwenden. Summe sich dann daraus ergibt. Aber wir Präsident : Danke, Herr Minister. haben Schätzungen vorgenommen, und nach diesen Schätzungen des Ministeriums werden Anfrage 766/M des Herrn Abgeordneten für den polytechnischen Lehrgang bis zum Eberhard (SPÖ) an den Herrn Landwirt­ Herbst 1966 etwa 2000 zusätzliche Klassen­ schaftsminister , betreffend Verpfändungen von räume und aus dem Titel der Klassenschüler­ Rindvieh für Mästungskredite : höchstzahl 40 ebenfalls rund 2000 zusätz­ Werden seitens des Bundesministeriums für liche Klassenräume im ganzen Bundesgebiet Land- und Forstwirtschaft die Verpfändungen von Rindvieh für Mästungskredite kontrolliert? erforderlich sein, was bei einem bundesdurch­ schnittlichen Ansatz von 500.000 S je Klasse, Präsident: Bitte, Herr Minister. der aber sehr schwankt, einen Betrag von etwa Bundesminister für Land- und Forstwirt- 2 Milliarden Schilling erfordern würde. schaft Dipl.-Ing. Dr. Schleinzer: Herr Abge­ Präsident: Eine Zusatzfrage. ordneter! Die Rindermastförderungsaktion des Abgeordneter Mahnert: Herr Minister! Der Bundesministeriums für Land- und Forst­ Österreichische Gemeindebund hat in einer wirtschaft wird seit Jahren durchgeführt und Feststellung einen Betrag von etwa 9 Milliarden wird auch laufend überprüft. Diese Über­ Schilling genannt, der an Kosten auf Grund der prüfung erfolgt in zweifacher Form: Erstens Schulgesetzgebung erwachsen werde. Ist Ihnen kontrolliert das Viehpfandbuch im Auftrag bekannt, worauf diese Annahme beruht und des Ministeriums alle einlangenden Kredit­ welche Berechnungen ihr zugrunde liegen? anträge an Hand der Tierpässe, Frachtbriefe, Ankaufsfakturen und Verpfändungsprotokolle Präsident: Bitte, Herr Minister. der Gemeinden, und zweitens werden die Ein­ Bundesminister für Unterricht Dr. Pifß­ stellungen bei den Mastbetrieben selbst - Percevic: Die Kalkulationsunterlagen, die zu allerdings nur stichprobenweise - durch eine dieser Annahme führten, liegen uns nicht vor. Kommission, bestehend aus je einem Be-

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Bundesminister Dipl.-Ing. Dr. Schleinzer amten des Ministeriums und des Viehpfand­ Präsident: Die Anfrage wird durch Herrn buches, überprüft. Staatssekretär Dr. Kotzina beantwortet. Bitte, Herr Staatssekretär. Präsident: Eine Zusatzfrage. Staatssekretär Dr. Kotzina : Herr Abge­ Abgeordneter Eberhard: Herr Bundes­ ordneter! Die Paß Gschütt Bundesstraße minister! Sind Ihnen in letzter Zeit Fälle be­ zwischen Golling und Gosau ist 50 km lang. kanntgeworden, wonach es bei der Einstellung Von diesen 50 km sind insgesamt auf ober­ von Mastvieh zu gröblichen Verletzungen der österreichischer und auf Salzburger Seite Vorschriften gekommen ist? 18 km zufriedenstellend ausgebaut, es sind Präsident: Bitte, Herr Minister. also noch 32 km voll auszubauen. Für die bisherigen Ausbauarbeiten wurden,rund 15 Mil­ Bundesminister für Land- und Forstwirt­ lionen Schilling aufgewendet. schaft Dipl.-Ing. Dr. Schleinzer: Ja, solche Für die nächsten Ausbaustufen ist vorge­ Fälle sind mir bekanntgeworden, und zwar sehen, daß auf der Salzburger Seite drei hat das Ministerium bei der Überprüfung in Brücken mit einem Kostenaufwand von 10 Mil­ der Zeit vom April bis Oktober dieses Jahres lionen Schilling neu gebaut werden sollen. Beanstandungen festgestellt, wonach Einstel­ Auf oberösterreichischer Seite ist beabsichtigt, lungen nicht richtig vorgenommen worden das Baulos Paßhöhe - damit würde auch die sind, sodaß sie den Richtlinien nicht voll Staubfreimachung vollkommen durchgeführt entsprechen. In diesen Fällen wurden die sein und darüber hinaus auch verpfändeten Rinder aus der Aktion ausge­ die "Umlegung Tannengraben" mit der Tal­ schieden und die für diese Zwecke vorgesehenen brücke in Angriff zu nehmen. Diese Arbeiten Kredite sofort gesperrt beziehungsweise es sollen bereits im nächsten Jahr begonnen mußten diese Kredite zurückgezahlt werden. werden. Der Bauaufwand für diese letzten Präsident: Zweite Zusatzfrage. Arbeiten wird auf rund 9 Millionen Schilling Abgeordneter Eberhard: Herr Bundesmini­ geschätzt. ster! Ist Ihnen bekannt, daß solche Mani­ , Präsident: Anfrage 768/M des Herrn Abge­ pulationen Gegenstand einer behördlichen Un­ ordneten Pichler (S PÖ) an den Herrn Handels­ tersuchung im Bezirk Wolfsberg waren 1 Und minister, betreffend Adaptierungen der Heß­ ich darf im besonderen fragen, wer die Be­ Kaserne. teiligten sind und was das Untersuchungs­ Werden die Bauarbeiten für die Adaptierun­ ergebnis besagt. gen der Heß-Kaserne in St. Pölten öffentlioh ausgeschrieben? Präsident: Bitte, Herr Minister. Präsident: Bitte, Herr Staatssekretär. Bundesminister für Land- und Forstwirt­ Staatssekretär Dr. Kotzina: Die im Zuge schaft Dipl.-Ing. Dr. Schleinzer: Dazu darf der Fassadeninstandsetzung der Heß-Kaserne ich folgendes feststellen: Die von Ihnen hier in St. Pölten zur Durchführung gelangenden angedeuteten Überprüfungen liegen nicht im Baumeister- und Anstreicherarbeiten wurden Rahmen der von mir durchgeführten Über­ öffentlich ausgeschrieben. Die Arbeiten stehen prüfungen, sondern dabei handelt es sich vor dem Abschluß. offenbar um Erhebungen, die im Juni dieses Jahres im Auftrage des Herrn Innenministers In der Heß-Kaserne ist weiterhin noch der von der Wirtschaftspolizei durchgeführt wor­ Einbau einer verstärkten Telephonvermitt­ den sind. Über den Umfang und das Ergebnis lungsanlage geplant. Die für diese Arbeiten dieser Erhebungen kann ich Ihnen nichts notwendigen Baumeister- und Professionisten­ berichten, da mir trotz mehrmaliger Urgenzen arbeiten werden wegen ihrer verhältnismäßig von seiten meines Ressorts darüber noch kein geringen Höhe von insgesamt 200.000 S nur Bericht zugemittelt worden ist. beschränkt ausgeschrieben werden.

Präsident: Anfrage 746/M des Herrn Abge­ Präsident: Eine Zusatzfrage. ordneten Meißl (F PÖ) entfällt, da der Herr Abgeordneter Pichler : Nach welchen Ge­ Abgeordnete nicht anwesend ist. Die Anfrage sichtspunkten wird diese beschränkte Aus­ wird schriftlich beantwortet. schreibung vorgenommen, Herr Staatssekre­ Anfrage 767/M des Herrn Abgeordneten täd Spielbüchler (SPÖ) an den Herrn Handels­ Präsident: Bitte, Herr Staatssekretär. minister, betreffend Ausbau der Bundesstraße Staatssekretär Dr. Kotzina: Von der zu­ zwischen Gosau und Golling: ständigen Bauverwaltung werden eine Reihe Wann wird mit dem Ausbau der Paß Gschütt geeigneter Professionisten in Vorschlag ge­ Bundesstraße zwischen Gosau (Oberösterreich) bracht, von denen Offerte eingeholt werden. und Golling (Salzburg) begonnen, der im dringenden Interesse der Wirtschaft, insbe­ Nach den Offertergebnissen wird dann der sondere des Fremdenverkehrs, liegt? Zuschlag erteilt.

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Staatssekretär Dr. Kotzina Ich verweise noch einmal darauf, daß diese Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ Ergänzungsarbeiten, die im Zuge des Ein­ tätswirtschaft Probst (fortsetzend) : Da in baues der Telephonvermittlungsanlage not­ Österreich in einigen Monaten der 20. Jahres­ wendig werden, insgesamt nur 200.000 S kosten. tag der Gründung der Zweiten Republik gefeiert wird, habe ich es für durchaus richtig, Präsident: Danke, Herr Staatssekretär. passend und wünschenswert gehalten, daß zu Anfrage 782/M des Herrn Abgeordneten Ehren des Gründers der Zweiten Republik, Stohs (O VP) an den Herrn Verkehrsminister, Dr. , das neue Schiff benannt betreffend Namensgebung für das neue Boden­ wird, das etwa um diese Zeit eingesetzt werden seeschiff: kann. (Neuerliche Zwischenrufe. - Abg. Gla­ Aus welchem Grund haben Sie, Herr Minister, se r: So etwas nennt sich Demokratie !) den Vorschlag der Vorarlberger Landesregierung, dem neuen Bodenseeschiff den Namen "Vor­ Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Diesen arlberg" zu geben, abgelehnt? Ausdruck muß ich zurückweisen! (Abg. Ki ndl: Wenn im Ministerrat keine Einigung Präsident: Bitte, Herr Minister. erzielt wird, wird der Beamte abgezogen! - Bundesminister für Verkehr und Elektrizi- Weitere lebhafte Zwischenrufe.) Bitte, tätswirtschaft Probst: Ich möchte feststellen, sich etwas zu beruhigen, das Wort hat der daß die von der V orarlberger Landesregierung Herr Minister. aufgestellte Behauptung, ich hätte sie um Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ einen Vorschlag für die Namensgebung des tätswirtschaft Probst (fortsetzend): Ich möchte Schiffes ersucht, den Tatsachen nicht ent­ noch betonen, daß beabsichtigt ist, ein anderes spricht. Wenn somit aus dieser unrichtigen Bodenseeschiff der Österreichischen Bundes­ Behauptung abgeleitet wird, daß ich auf bahnen auf den Namen " Vorarlberg" umtaufen 'diese Weise die V orarlberger Landesregierung zu lassen, was auch geschehen wird. brüskieren wollte, so ist dies falsch. Im übrigen ist die Benennung von Schiffen Die Vorarlberger Landesregierung hat von nach bedeutenden Persönlichkeiten auch in sich aus den Vorschlag gemacht, das neue, im anderen Staaten allgemein üblich. Ich ver­ Eigentum der Österreichischen Bundesbahnen weise darauf, daß in Deutschland eines der stehende Schiff "Vorarlberg" zu benennen, schönsten Rheinschiffe nach dem früheren und ich habe diesen Vorschlag neben anderen deutschen Bundespräsidenten " Theodor Heuss" Vorschlägen als zuständiger Ressortminister benannt wurde. (Abg. Zeillinger: In frühe­ geprüft und habe mein Recht gebraucht, über ren Zeiten hätten sich die Leute geschämt, wenn die erstatteten Vorschläge eine Entscheidung sie sich so verhalten hätten ! - Abg. Glaser: zu treffen. In der Schweiz wäre so ein Minister schon Es ist seit jeher selbstverständlich, daß jene längst zurückgetreten ! - Ruf bei der 0 VP : Körperschaft, die ein Schiff, ein Flugzeug Das ist Demokratie ! - Abg. Dr. Pittermann: oder ein Gebäude anschafft oder errichtet, Und wenn er nicht zurücktritt, bringt man ihn das Recht hat, ihm einen Namen zu geben. um ! Das ist eure Politik ! - Abg. Dr. J. Gru­ ber: Ihr selber bringt sie ja um! - Abg. Flöttl: Eine schriftliche Aufforderung an die Vor­ Wer hat die Fahnen heruntergerissen?) arlberger Landesregierung, einen Namens­ vorschlag zu erstatten, kam nicht von 'mir, Präsident: Eine Zusatzfrage. (Andauernde sondern im Februar 1964 vom Präsidenten erregte Zwischenrufe und Gegenrufe.) Ich bitte der Bundesbahndirektion Innsbruck, und zwar den Herrn Abgeordneten Stahs zum Wort ohne Wissen der Generaldirektion und von kommen zu lassen und sich zu beruhigen! mir. Abgeordneter Stohs: Herr Minister! Glau­ Der Herr Generaldirektor der Österreichi­ ben Sie nicht, daß Sie der österreichischen schen Bundesbahnen und ich haben gestern, Demokratie, dem Ansehen Österreichs und nachdem diese Sachlage klargestellt wurde, dem Föderalismus einen besseren Dienst er­ den Präsidenten der Bundesbahndirektion wiesen hätten, wenn Sie auf die gutgemeinten Innsbruck wegen Überschreitung seiner Be­ Vorschläge der Vorarlberger Landesregierung fugnisse von diesem Posten abgezogen. (Bei­ und der anderen damit befaßten Personen fall bei der SP(). - Heiterkeit und lebhafte Zwi­ gehört hätten? schenrufe bei der ()V P. - Ruf bei der ()V P: Ich möchte darauf verweisen, daß der Toll ! - Abg. Dr. Hurdes: Der einzige Ver­ Vorschlag der Vorarlberger Landesregierung nünftige wird abgezogen ! - Ruf bei der ()V P : einstimmig erfolgt ist, also auch mit den Das ist Terror ! - Abg. Suchanek: Sie Stimmen des sozialistischen Regierungsmit­ brauchen sich nicht aufzuregen !) gliedes und des Regierungsmitgliedes der FPÖ. Präsident: Bitte den Herrn Minister sprechen (Abg. Dr. H urdes: Die waren auch vernünf­ zu lassen! - Bitte, Herr Minister. tiger !)

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3072 Nationalrat X. GP. - 59. Sitzung - 25. November 1964

Präsident: Bitte, Herr Minister. verschublokomotiven. Alle übrigen sind in den letzten Jahren aus wirtschaftlichen Er­ Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ wägungen, aber auch im Interesse der Lärm­ tätswirtschaft Probst: Ich habe schon gesagt, und Rußbekämpfung durch Diesel- und Elek­ daß ich von meinem Recht Gebrauch gemacht trotriebfahrzeuge ersetzt worden. habe, eine Entscheidung zu treffen. Ich glaube, Der Verschiebebahnhof Wien-Matzleinsdorf daß ich der österreichischen Demokratie auch war schon ausschließlich mit Diesel­ mit dieser Namensgebung einen guten Dienst 1959 verschublokomotiven ausgerüstet. In den an erwiesen habe. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Dr. Hurdes: Sie haben Karl Renner der Donauländebahn zwischen Maxing und einen schlechten Dienst erwiesen ! Der war näm­ Klein Schwechat gelegenen Bahnhöfen Inzers­ lich unbestritten ! - Abg. M ark: Ihr habt der dorf Ort und Klein Schwechat sind 2 Diesel­ Demokratie einen schlechten Dienst erwiesen ! - und 2 Dampf lokomotiven in Verwendung. Rut bei der Ö VP : Wir sind eben ein Bundes­ Die Ablösung der im Wiener Raum noch vor­ staat !) handenen Dampfverschublokomotiven durch Dieseltriebfahrzeuge ist vorgesehen und hängt Präsident: Eine zweite Zusatzfrage. lediglich von den den Österreichischen Bundes­ Abgeordneter Stohs: Herr Minister! Hätten bahnen zur Verfügung gestellten Investitions­ Sie es verantworten können, wenn es infolge mitteln ab. Auch im Verschiebebahnhof Bri­ Ihrer unnachgiebigen Haltung, die den Unmut gittenau sind nur mehr Dieselverschubloko­ des überwiegenden Teiles der Vorarlberger motiven in Verwendung. Bevölkerung hervorgerufen hat ( Widerspruch Ich möchte noch betonen: Da die Verschub­ bei der S PÖ), zu ernsthaften Ausschreitungen tätigkeit zum großen Teil in den Nachtstunden und zu schweren Verletzungen von Gästen, erfolgen muß, wirken sich die schon tagsüber Exekutivbeamten und Demonstranten ge­ als lästig empfundenen Rangiergeräusche na­ kommen wäre? türlich umso intensiver aus. Präsident: Bitte, Herr Minister. Präsident : Eine Zusatzfrage. Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ Abgeordneter Kratky: Herr Minister! Wer­ tätswirtschaft Probst : Das zu beurteilen ist den weitere Maßnahmen unternommen, um nicht meine Sache. Ich stehe der Exekutive die Lärmbekämpfung tatsächlich durchzu­ nicht vor, ich habe nur den Stapellauf vor­ führen? nehmen wollen. (Abg. Dr. H urdes: Und das Präsident: Bitte, Herr Minister. ist mißglückt! - Abg. Dr. Pittermann: Das ist nicht mißglückt, das ist verhindert Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ Probst: worden ! - Abg. Dr. Hurdes: Da sind eure tätswirtschaft Ja. Das am Verschub Genossen auch dabei gewesen unter den 20.000 beteiligte Personal ist strenge angewiesen, oder 30.000 ! - Abg. Dr. Pittermann: Den beim Verschub jeden überflüssigen Lärm zu Haselwanter haben sie mit dem Messer bedroht !) vermeiden. Aber gewisse Lärmquellen können trotz bestem Bemühen nie ganz ausgeschaltet Präsident: Anfrage 769JM des Herrn Abge­ werden. Die beim Verschub nötigen almstischen ordneten Kratky (SPÖ) an den Herrn Verkehrs­ Signale und Befehle sind im Interesse der minister, betreffend Lärm- und Rauchent­ Betriebsabwicklung natürlich unerläßlich und wicklung im Bereich von Verschubbahnhöfen: müssen angewendet werden. (Abg. M itterer: Da die Bevölkerung im Bereiche von Ver­ Bestellte Zusatz/rage!) schubbahnhöfen - insbesondere beim Güter­ bahnhof Matzleinsdorf und bei der Donaulände­ Präsident: Anfrage 747 IM des Herrn Abge­ bahn - unter der Lärm- und Rauchent­ ordneten Dr. van Tongel (F PÖ) an den wicklung zu leiden hat, frage ich an, ob es Herrn Verkehrsminister, betreffend Amtliches möglich ist, Maßnahmen zu treffen, durch Telephonbuch der Postverwaltung : die der Verschub ruhiger und rußfreier gestaltet werden kann. Aus welchen Gründen wurde die Gebühr für die Einschaltung in das Branchenver­ Präsident: Bitte, Herr Minister. (Abg. Gla­ zeichnis des Amtlichen Telephonbuches der ser: Ohne Disziplinarverfahren kann man nie österreichischen Postverwaltung innerhalb einen Beamten abberufen !) Wir sind jetzt bei Jahresfrist um 65 Prozent erhöht? der Lärmentwicklung in Verschubbahnhöfen Präsident: Bitte, Herr Minister. und nicht in Vorarlberg! Bundesminister für Verkehr und Elektrizi- Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ tätswirtschaft Probst : Das Inseratenentgelt tätswirtschaft Probst: Auf die Anfrage des für das Branchenverzeichnis des Amtlichen Herrn Abgeordneten Kratky möchte ich fol­ Telephonbuches Wien, Ausgabe 1965, ist für gendes antworten: In Wien sind derzeit in die Millimeterzeile um 50 I'rozent und nur 22 Bahnhöfen 49 Verschublokomotiven ein­ für die sogenannte Fettdruckzeile um 65 Pro­ gesetzt. Hievon sind nur mehr 10 Dampf- zent gestiegen.

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Bundesminister Probst Die letzte Inseratenentgeltregelung beim Präsident: Bitte, Herr Minister. Branchenverzeichnis dieses Buches erfolgte Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ im Jahre 1961, seither stieg die Auflage des tätswirtschaft Probst: Zur Anfrage des Herrn Telephonbuches von 270.000 auf mehr als Abgeordneten Voll mann erlaube ich mir zu 370.000 Exemplare. Die Post bietet mit berichten, daß seitens der Österreichischen dieser Auflagensteigerung zweifelsohne eine Bundesbahnen nicht erwogen wird, den heute stark erhöhte Werbeleistung, für die sie auf überwiegend der Reisendenabfertigung dienen­ Grund der gestiegenen Herstellungskosten auch den Grenzbahnhof Spielfeld-Straß nach Leib­ eine entsprechende Gegenleistung von den nitz zu verlegen. Inserenten verlangen muß. Im gleichen Zeit­ raum stiegen überdies auch die Papier-, Präsident: Danke, Herr Minister. Druck- und Buchbinderkosten. Dadurch er­ Anfrage 783/M des Herrn Abgeordneten scheint die Erhöhung des Inseratenentgeltes Harwalik ((JVP) an den Herrn Verteidigungs­ gerechtfertigt. minister, betreffend Verbindung mit dem Bundesheer nach dem Präsenzdienst : Präsident: Eine Zusatzfrage. WaB wird getan, um die aus dem ordentlichen Abgeordneter Dr. van Tongel: Finden Sie, Präsenzdienst entlassenen und in die Reserve Herr Minister, eine Erhöhung innerhalb von rückversetzten jungen Soldaten auch nach ihrer Präsenzdienstleistung mit dem Bundes­ drei Jahren um 50 Prozent, die von keinem heer zu verbinden? privaten Branchenverzeichnis mitgemacht Präsident: wurde, für gerechtfertigt? Ebenso wurde Bitte, Herr Minister. vor einiger Zeit der Preis des Kursbuches, Bundesminister für Landesverteidigung des Amtlichen Fahrplanes, grotesk erhöht, Dr. Prader: Herr Abgeordneter! Dieses Pro­ ohne daß vorher irgendeine Kommission oder blem ist leider noch lange nicht gelöst. Es sonstige Stelle damit befaßt wurde. Herr ist dies für uns ein sehr wichtiges Anliegen. Minister, halten Sie es für gerechtfertigt, Im Bereich der Grenzschutzeinheiten, deren daß von ministerieller Seite, also von höchster Aufstellung der Ministerrat im Jahre 1961 Staats stelle her, derartige Preisexzesse statt­ beschlossen hat, ist eine ständige Verbindung finden? mit den Reservisten durch die Instruktionen Präsident: Bitte, Herr Minister. und Inspektionen wenigstens innerhalb eines gewissen Ausmaßes gegeben. Darüber hinaus Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ haben sich dankenswerterweise in gewissen tätswirtschaft Probst: Wenn diese Entgelte Gebietsbereichen auf vereinsrechtlicher Basis von der Post nicht verlangt werden würden, Grenzjägervereinigungen gebildet, die auch in so hätte dies ein Defizit in diesem Geschäfts­ der Zwischenzeit die Verbindung und den zweig zur Folge. Es ist unserer Ansicht nach Kontakt der Grenzschutzsoldaten unterein­ nicht zu verantworten, wenn zur Deckung ander und die Verbindung zur aktiven Truppe eines subventionierten Inseratenentgeltes aufrechterhalten. Steuergelder herangezogen werden müßten. Mit dem Bundesgesetz vom 10. Juli 1963, Präsident: Zweite Zusatzfrage. BGBL Nr. 203, wurde die Wehrdienst­ erinnerungsmedaille geschaffen, die ebenfalls Abgeordneter Dr. van Tonget: Könnte man dazu dient, eine Verbindung der Reser­ nicht diesem Dilemma ausweichen, indem visten mit dem aktiven Heer zu erhalten. man die Branchenverzeichnisse einfach auf­ Die freiwilligen Waffenübungen dienen eben­ läßt und sie der privaten Initiative überläßt? falls der Aufrechterhaltung eines ständigen Präsident: Bitte, Herr Minister. Kontaktes. Wie ich schon an anderer Stelle hingewiesen habe, ist die Beteiligung der Bundesminister für Verkehr und Elektrizi­ Reserveoffiziere und der Reserveoffiziersanwär­ tätswirtschaft Probst: Auch das kann man ter an den freiwilligen Waffenübungen absolut überlegen, aber dann wäre die Werbewirkung zufriedenstellend und weist eine steigende für die Inserenten, die aufgenommen werden Tendenz auf. Hingegen befriedigt die Zahl wollen, wahrscheinlich sehr gering. der Reserveunteroffiziere, der Chargen und Wehrmänner, die sich an freiwilligen Waffen­ Präsident: Anfrage 779/M des Herrn Ab­ übungen beteiligen, zurzeit noch nicht. Ich geordneten Vollmann ((JV P) an den Herrn habe vor, gerade in dieser Beziehung eine Bundesminister für Verkehr und Elektrizitäts­ sehr starke Kampagne zu entfalten. wirtschaft, betreffend Grenz bahnhof an der österreichisch-jugoslawischen Grenze: Abgesehen von den gesetzlich gegebenen Möglichkeiten sind einzelne Kommandanten Ist es richtig, daß der Grenzbahnhof an der österreichisch-jugoslawischen Grenze von von Truppen- und Heereskörpern bemüht, Spielfeld nach Leibnitz verlegt werden soll ? durch die Aussendung von Rundschreiben an 230

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Bundesminister Dr. Prader die Wehrpflichtigen der Reserve diese an­ Nach der derzeitigen Praxis können die zusprechen und sie weiterhin auch während zeitverpfiichteten Soldaten frühestens nach ihres Reservestandes für militärische Anliegen Ablauf von vier Jahren der Verpfiichtungszeit zu interessieren. Auch Einladungen zur Ver­ und Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen anstaltung der Stammtruppe bilden ein sehr auf einen Dienstposten einer anderen Besol­ wirksames Mittel, um das Band zwischen den dungsgruppe ernannt werden. Wenn der zeit­ Reservisten und den aktiven Soldaten nicht verpflichtete Soldat die Absicht hat, eine abreißen zu lassen. Stellung in der Privatwirtschaft anzutreten, Ich bin bemüht, Herr Abgeordneter, weitere kann er nach Ablauf einer vierjährigen Ver­ Mittel und Möglichkeiten zu finden, um pflichtungszeit ebenfalls, wenn die militärischen die so wichtige Bindung der Reservisten an Erfordernisse dies nur halbwegs gestatten, das Dienstverhältnis vorzeitig lösen. Darüber ihren Stammtruppenteil aufrechtzuerhalten, hinaus sollen zeitverpfiichtete Soldaten bei zu verstärken und zu intensivieren. Für ge­ Bewerbung um einen Dienstposten einer eignete Vorschläge in dieser Richtung wäre ich außerordentlich dankbar. anderen Besoldungsgruppe bevorzugt behan­ delt werden. Über diese Materie finden derzeit Präsident: Anfrage 784/M des Herrn Ab­ eingehende Besprechungen mit dem Bundes­ geordneten Josef Steiner (Salzburg) (()VP) kanzleramt statt. an den Herrn Verteidigungsminister , betreffend Darüber hinaus ist im Gehaltsüberleitungs­ Lebensexistenz für Soldaten nach Ablauf der gesetz vorgesehen, durch eine Verordnung der Verpfiichtungszeit: Bundesregierung Dienstposten der Bundes­ Welche Maßnahmen wurden getroffen, um verwaltungen zu bestimmen, die zeitverpfiich­ zeitverpflichteten Soldaten nach Ablauf der teten Soldaten vorbehalten bleiben sollen. Verpflichtungszeit eine LebenseXistenz zu Die Durchführungsverordnung hiezu ist aller­ sichern ? dings noch nicht ergangen, und über die Präsident: Bitte, Herr Minister. Schaffung einer derartigen Verordnung wird im Rahmen der Beratungen über die N0-, Bundesminister für Landesverteidigung vellierung des § 45 des Gehaltsüberleitungs­ Dr. Prader : Herr Abgeordneter! Es wurde gesetzes mit dem Bundeskanzleramt ver­ bereits eine Reihe von Vorschriften erlassen, handelt. Ich hoffe, daß wir auch in dieser um zeitverpfiichteten Soldaten naoh Ablauf Frage sehr rasch zu einem befriedigenden der Verpßichtungszeit eine Lebensexistenz Ergebnis kommen. zu sichern. Vor allem sind es folgende Vor­ schriften: Präsident : Ich danke, Herr Minister. Die Wehrgesetz-Novelle 1962 hat generell Anfrage 760/M des Abgeordneten Konir die Möglichkeit geboten, Beamte und Vertrags­ (S p()) an den Herrn Bundeskanzler, be­ bedienstete des Bundesministeriums für Lan­ treffend Zeitschrift "Freiheit für Südtirol": desverteidigung zur Ausübung einer Unter­ Da Sie es I für richtig befunden haben, in offiziersfunktion heranzuziehen. Nach Be­ Ihrer Eigenschaft als Bundeskanzler dem Herausgeber der Zeitschrift "Freiheit für Süd­ endigung dieser Unteroffiziersfunktion bleibt tirol" ein Dankschreiben mit einer Südtirol ihnen ihr ursprünglicher Beamtenposten ge­ betreffenden Erklärung zu übermitteln, frage wahrt; Existenzsorgen bestehen für diese ich an, ob Ihnen der Adressat Ihres Schreibens Kategorie daher nicht. näher bekannt ist. Es standen jedoch, wie die Erfahrung Präsident: Bitte, Herr Kanzler. gezeigt hat, zu wenige Dienstzweige für die Bundeskanzler Dr. Klaus : Der Herausgeber Übernahme der zeitverpfiichteten Soldaten zur beziehungsweise Chefredakteur dieser Zeit­ Verfügung. Außerdem mußten die Bewerber schrift ist mir persönlich nicht bekannt, wohl in jedem Fall neuerlich eine Dienstprüfung aber kenne ich ihn als Chefredakteur dieser ablegen, was gerade im höheren Lebensalter Zeitung und auch als Herausgeber einer zweifellos eine sehr starke Belastung bedeutet. Dok'umentationsreihe über Südtirol. Er hat Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, wur­ mir unaufgefordert - wie wahrscheinlich den mit der 13. Novelle zur Dienstzweige­ anderen Persönlichkeiten auch - diese Doku­ verordnung in der Verwendungsgruppe D ein mentation zugeschickt, und ich habe es für Dienstzweig "Mittlerer Dienst in der Heeres- richtig befunden, weil es ein Gebot der Höflich­ . verwaltung" und zur Ermöglichung des Auf­ keit ist, mich für diese Zusendung zu be­ stieges in die Verwendungsgruppe C der danken. Dienstzweig "Fachdienst in der Heeresver­ Präsident : Eine Zusatzfrage. waltung" geschaffen. Diese Maßnahmen haben sich als sehr wirkungsvoll erwiesen und viele Abgeordneter Konir: Herr Bundeskanzler! Wünsche der Berufssoldaten befriedigen kön­ Ich bin Ihrer Meinung, daß man sich bedanken nen. soll. Aber ist Ihnen bekannt, daß dieser Herr

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Konir vom Kreisgericht Leoben zu fünf Monaten eine Verordnung, sondern um einen Erlaß. strengen Arrest verurteilt worden ist, in Graz Ich möchte Ihnen sagen, daß wir diesen Erlaß zu 48 Stunden, in München zu neun Monaten Mitte Dezember den nachgeordneten Dienst­ Gefängnis, in Graz zu einem Jahr schweren stellen sowie den Zentralstellen des Bundes Kerker, in Wien zu drei Monaten strengen zusenden werden. Vor der endgültigen Fassung Arrest und schließlich vom Strafbezirksgericht werden wir auch den Flüchtlingsbeirat noch Wien zu einer Geldstrafe von 1700 S oder einmal zu Rate ziehen. 44 Tagen Arrest � Präsident : Die Anfrage 761/M wurde zurück­ Präsident : Bitte, Herr Kanzler. gezogen. Bundeskanzler Dr. Klaus : Ich bin vor län­ Anfrage 7721M des Herrn Abgeordneten gerer Zeit vom Herrn Außenminister über die Dr. Kummer (Ö VP) an den Herrn Innen­ persönlichen Verhältnisse des Chefredakteurs minister , betreffend Anbettelung von Passanten dieser Zeitschrift unterrichtet worden. Das durch Kinder : hat mich aber nicht gehindert, eine Zusendung, Ist dem Herrn Minister bekannt, daß noch die mit seiner persönlichen Vergangenheit nicht schulpflichtige Kinder bei hellichtem nichts zu tun hat, zu bestätigen und mich für Tag im Prater Passanten auf der Stra.ße an­ die Zu sendung zu bedanken. betteln? Präsident: Präsident: Anfrage 770jM des Herrn Abge­ Bitte, Herr Minister. ordneten Vollmann (0 V P) an den Herrn Bundesminister für Inneres Czettel : Herr Bundeskanzler, betreffend Karenzurlaubsgeld Abgeordneter ! Dem Ministerium und auch den für öffentlich Bedienstete : Polizeidienststellen ist nicht bekannt, daß im Sind Sie, Herr Kanzler, bereit, das Karenz­ Prater am hellichten Tag schulpflichtigeKinder urlaubsgeld für öffentlich Bedienstete a.us betteln. Anlaß der Mutterschaft durch eine entsprechende Vormgß an die kürzlich stattgefundene Er­ Präsident : Eine Zusatzfrage. höhung für Dienstnehmerinnen aus der Privat­ wirtschaft anzugleichen ? Abgeordneter Dr. Kummer : Herr Minister ! Sind Sie bereit, dieser Sache nachzugehen, da Präsident: Bitte, Herr Bundeskanzler. diese Behauptungen aus zuverlässiger Quelle Bundeskanzler Dr. Klaus : Ich bin der Auf- stammen 1 fassung, daß öffentlich Bedienstete auch in der Präsident : Bitte, Herr Minister. Frage des Karenzurlaubes anläßlich der Mutter­ schaft grundsätzlich gleich behandelt werden Bundesminister für Inneres Czettel : Gerne. sollen wie die in der Privatwirtschaft Tätigen. Abgeordneter Dr. Kummer: Danke schön. Ich habe daher den Auftrag gegeben, die durch eine Änderung des Arbeitslosenversicherungs­ Präsident: Anfrage 762/M des Herrn Abge- gesetzes gegebene Entwicklung des Karenz­ ordneten Chaloupek (SPÖ) an den Herrn urlaubsgeldes zu prüfen und erforderlichenfalls Justizminister, betreffend Erstbestraftenanstalt auch in jener Gesetzesmaterie, die für den be­ in Oberfucha : troffenen Kreis gedacht ist, nämlich im Bundes­ Wie sind die bisherigen Erfahrungen der gesetz für Ersatzleistungen an öffentlich Be­ Justizverwaltung mit der Erstbestraftenanstalt dienstete während des Karenzurlaubes aus in Oberfucha ? Anlaß der Mutterschaft, BGBL Nr. 98j1961, Präsident: Bitte, Herr Minister. eine Prüfung vorzunehmen, ob im Einver­ Bundesminister für Justiz Dr. Broda : Ich nehmen mit den Bundesministern für Finan­ sehe den Herrn Anfragesteller nicht im Haus. zen und für soziale Verwaltung eine Novelle � in der Richtung der Anfrage geschaffen Darf ich trotzdem antworten werden soll. Präsident : Nein, dann wird die Anfrage schriftlich beantwortet. Präsident: Ich danke, Herr Bundeskanzler. Damit ist die Fragestunde beendet. Anfrage 771 jM des Herrn Abgeordneten Machunze (OVP) an den Herrn Innenminister, Die eingelangten Anträge weise ich zu betreffend Verordnung über die Namens­ wie folgt : schreibung : Antrag 124/A der Abgeordneten Rosa Joch­ Wann ist damit zu rechnen, daß die Ver­ mann, Machunze und Genossen, betreffend eine ordnung über die Namensschreibung, die dem Abänderung und Ergänzung des Opferfür­ Flüchtlingsbeirat bereits vor längerer Zeit sorgegesetzes, dem Ausschuß für soziale Ver­ zugesagt wurde, herausgegeben wird ? waltung und Präsident: Bitte, Herr Minister. Antrag 125/A der Abgeordneten Suchanek Bundesminister für Inneres Czettel : Herr und Genossen, betreffend Schaffung eines Abgeordneter ! Es handelt sich hier nicht um Bundesgesetzes über die gewerbsmäßige Be-

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Präsident förderung von Gütern in Rohrleitungen, dem erhoben? - Das ist nicht der Fall. Der Ausschuß für Verkehr und Elektrizitätswirt­ Punkt 10 wird daher nach Punkt 3 verhandelt schaft. werden. Wird gegen diese Zuweisungen ein Einwand Es ist mir der Vorschlag zugekommen, ge­ erhoben ? - Das ist nicht der Fall. mäß § 73 des Geschäftsordnungsgesetzes über Seit der letzten Haussitzung sind zwei zwei in der heutigen Sitzung eingebrachte Anfragebeantwortungen eingelangt, die Anfragen eine Debatte abzuführen. Das be­ den Anfragestellern zugegangen sind. Diese deutet, diese Anfragen als dringlich zu be­ Anfragebeantwortungen wurden auch verviel­ handeln. fältigt und an alle Abgeordneten verteilt. Es sind dies die Anfrage der Abgeordneten Suchanek und Genossen, betreffend Ausschrei­ Ich ersuche den Schriftführer, Herrn Abge­ tungen anläßlich einer geplanten Schiffstaufe ordneten Eibegger, um die Verlesung des in Vorarlberg, an den Bundesminister für Einlaufes. Inneres und Schriftführer Eibegger : Von der Bundes­ die Anfrage der Abgeordneten Stohs und regierung ist fo lgende Vorlage eingelangt: Genossen, betreffend Delegierung der Straf­ Bundesgesetz, betreffend die Übernahme der verfahren im Zusammenhang mit den Demon­ Bundeshaftung für eine von der Verbund­ strationen in Fußach und Bregenz vom gesellschaft gemeinsam mit der Tauernkraft­ 21. November 1964 an das Landesgericht für werke AG. zu begebende Anleihe (Energie­ Strafsachen in Wien, an den Bundes­ anleihegesetz 1964) (559 der Beilagen). minister für Justiz. Ferner sind eingelangt : Da diese beiden dringlichen Anfragen von Bericht des Bundesministeriums für Finan­ 20 Abgeordneten unterstützt sind, ist ihnen zen, betreffend Verfügungen über beweg­ ohne weiteres stattzugeben. Ich werde die liches Bundesvermögen im Zeitabschnitt vom Behandlung dieser dringlichen Anfragen so­ 1. April 1964 bis 30. Juni 1964 (2. Viertel 1964) ; gleich vornehmen, und zwar in der Weise, Bericht des Bundesministeriums für Finan­ daß zunächst über die zuerst eingebrachte zen, betreffend Verfügungen über beweg­ Anfrage der Abgeordneten Suchanek und Ge­ liches Bundesvermögen im Zeitabschnitt vom nossen und sodann über die Anfrage der Abge­ 1. Juli 1964 bis 30. September 1964 (3. Viertel ordneten Stohs und Genossen die Debatte 1964) ; abgeführt wird. Bericht des Bundesministeriums für Finan- zen über die Veräußerung von unbeweg- Dringliche Anfrage der Abgeordneten Suchanek liehem Bundeseigentum im ersten Vierteljahr und Genossen an den Bundesminister für 1964; Inneres, betreffend Ausschreitungen anläßlich Bericht des Bundesministers für soziale Ver- einer geplanten Schiffstaufe in Vorarlberg waltung über die Amtstätigkeit der Arbeits­ Präsident : Wir gelangen somit zur Behand­ inspektorate im Jahre 1963. lung der dringlichen Anfragen, und zwar Es werden zugewiesen: zunächst der Anfrage der Abgeordneten Su­ 559 dem Finanz- und Budgetausschuß ; chanek und Genossen. die drei Berichte des Bundesministeriums für Ich bitte zunächst den Schriftführer, Herrn Finanzen dem Finanz- und Budgetausschuß; Abgeordneten Eibegger, die Anfrage zu ver­ der Bericht des Bundesministers für soziale lesen. Verwaltung über die Amtstätigkeit der Arbeits­ Schriftführer Eibegger : Dringliche An­ inspektorate dem Ausschuß für soziale Ve r­ frage der Abgeordneten Suchanek und waltung. Genossen an den Bundesminister für Inneres, betreffend Ausschreitungen anläßlich einer Präsident: Ich nehme eine Umstellung der geplanten Schiffstaufe in Vorarlberg. heutigen Tagesordnung in der Weise vor, daß ich den Punkt 10 vorziehe und nach Punkt 3 Am 21. November dieses Jahres kam es zur Verhandlung bringe. Punkt 10 betrifft anläßlich des geplanten Stapellaufes eines den Antrag (121/A) der Abgeordneten Dr. Kot­ Bodenseeschiffes der Österreichischen Bun­ zina, Weikhart und Genossen, betreffend desbahnen und der im Zusammenhang ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserbauten­ damit geplanten Taufe dieses Schiffes auf förderungsgesetz, BGBI. Nr. 34/1948, in der den Namen "Karl Renner" in V orarlberg Fassung des Bundesgesetzes Nr. 295/1958 (Fußach am Bodensee ) zu schweren Aus­ neuerlich abgeändert wird. Beide Punkte schreitungen. Dabei wurden die Fahne der fallen in den Ressortbereich des Handels­ Republik Österreich herabgerissen, öffent­ ministeriums. Wird dagegen ein Einspruch liches Gut beschädigt und ein Mitglied der

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Eibegger Bundesregierung sowie öffentliche Manda- tiert, daß man bereits in der Ersten Republik tare, hohe Beamte und in- und ausländische die beiden heute noch in Dienst stehenden Festgäste tätlich bedroht und angegriffen. Schiffe im Hinblick auf die gesamtösterreichi­ Darüber hinaus wurden Gendarmeriebeamte sehe Bedeutung dieser Schiffahrt auf die verletzt. Namen "Österreich" beziehungsweise "" Der Bundesminister für Inneres hat in getauft hat. einer amtlichen Stellungnahme eine einge- Was war also naheliegender, als für das erste hende Prüfung des Sachverhaltes angekün- neuerbaute Schiff nach Wiedererlallgung der digt. österreichischen Freiheit und Unabhängigkeit Die unterzeichneten Abgeordneten richten einen Namen zu wählen, der sowohl mit der daher an den Herrn Bundesminister für Errichtung der Ersten Republik als auch mit Inneres die nachstehende der Wiedererrichtung der Zweiten Republik und damit mit dem gesamtösterreichischen Anfrage: Gedanken in engster Verbindung steht, näm- Welches Ergebnis haben Ihre Erhebungen I li� den Namen des verewigten Bundes- . in dieser Angelegenheit gezeitigt � prasldenten Dr. Karl Renner 1 Man konnte nicht annehmen, daß eine solche Präsident : Danke. Namensgebung den Widerstand der Vorarl­ Ich erteile nunmehr dem Herrn Abgeordne­ berger Landesregierung hervorrufen könnte, da ten Suchanek als erstem Anfragesteller zur einerseits die persönliche Freundschaft zwi­ Begründung der Anfrage gemäß § 73 des Ge­ schen dem großen Vorarlberger Volksmann schäftsordnungsgesetzes das Wort. und Mitbegründer der Ersten Republik Abgeordneter Suchanek (SPÖ) : Hohes Haus! Dr. Jodok Fink und Dr. Karl Renner bekannt Meine Damen und Herren ! Jeder, der mit war und anderseits noch allgemein in Er­ den parlamentarischen Gepflogenheiten in innerung ist, mit welch herzlichen Worten Österreich einigermaßen vertraut ist, weiß, der damalige Präsident des Vorarlberger Land­ daß von der Möglichkeit der Stellung einer tages, Dr. Feuerstein, anläßlich des Ablebens dringlichen Anfrage nur in seltenen und wichti­ des Bundespräsidenten Dr. Renner dessen gen Fällen Gebrauch gemacht wird. Persönlichkeit und Werk gewürdigt hat. Der Klub der sozialistischen Abgeordneten, Ich erlaube mir, aus dieser Rede, die im der heute eine solche dringliche Anfrage einge­ "Vorarlberger Volksblatt" vom 9. Jänner 1951 bracht hat, ist der Meinung, daß die Vorfälle erschienen ist, zu zitieren. Herr Präsident vom 21. November in Bregenz beziehungsweise Dr. Feuerstein sagte damals : in Fußach anläßlich der beabsichtigten Schiffs­ ,,'Vir alle sind uns bewußt, daß mit Dr. Karl taufe eines Bodenseeschiffes der Österreichi­ Renner ein weitblickender Staatsmann, ein schen Bundesbahnen auf den Namen "Karl von leidenschaftlicher Liebe zu seinem Vater­ Renner", die zur Verhinderung des Staatsaktes land durchdrungener Österreicher, ein guter führten, einen begründeten Anlaß zur Einbrin­ Mensch von uns gegangen ist." gung einer solchen dringlichen Anfrage dar­ Präsident Feuerstein zitiert nun Dr. Renner, stellen. der in einem Appell an die neugewählten Voll­ Es war ein langgehegter Wunsch des Landes machtträger sagte : "Ob im engen Kreis eines Vorarlberg, die Bodenseeflotte der Österreichi­ Betriebsrates, einer kleinen oder großen Ge­ schen BundeEbahnen durch den Neubau eines meinde, des Landes oder des Bundes, Sie repräsentativen Schiffes zu erweitern. Die haben ein hohes und verantwortungsvolles Verkehrsminister Dipl.-Ing. Waldbrunner und Amt übernommen, das den tiefsten Ernst Probst haben diesem Wunsche Rechnung ge­ erfordert. Es ist wohl Ihre Pflicht" - er tragen und beachtliche Mittel aus dem Budget meinte damit die Mandatare solcher Körper­ ihres Ressorts für den Bau des gewünschten schaften -, "uneigennützig das Sonderinteresse Schiffes zur Verfügung gestellt. und die Sonder auffassungen Ihrer Auftrag­ Bekanntlich stellt die Bodenseeschiffahrt geber zu Worte und zur Geltung zu bringen, der Österreichischen Bundesbahnen weniger dies ist die eine Seite Ihres Amtes. Aber einen innerösterreichischen und schon gar nicht andererseits haben Sie niemals zu vergessen, einen innervorarlberger Verkehr, sondern einen daß es eben doch nur Sondergruppen des zwischenstaatlichen Verkehr zwischen Öster­ Volkes sind, die Sie vertreten, daß Sie also reich, der deutschen Bundesrepublik und der Partei sind. Das Wort Partei kommt von Schweiz dar. Die Bedeutung der Bodensee­ pars, das ist Teil, und der Teil steht niemals schiffahrt der Österreichischen Bundesbahnen über dem Ganzen. Deshalb sind die Voll­ geht also weit über die Angelegenheit eines machtträger verpflichtet, immer das Ganze einzelnen Bundeslandes hinaus. Dies wurde des Volkes, das Ganze des Landes, der Ge-' in der Vergangenheit schon dadurch dokumen- meinde, das Ganze ihres Berufes nicht aus

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Suehanek dem Auge zu verlieren. Sie haben sich diesem ' der Geschichte zu diesen persönlichen Ver­ Ganzen einzuordnen, nicht wortlos und nicht diensten eines einzigen Menschen um die bedingungslos, sondern nachdem sie alles auf- Geschicke seines Vaterlandes kaum eine Ana­ geboten haben, die übrigen Teile des Ganzen logie zu Dr. Karl Renner, und deshalb bleibt zu überzeugen. Sie mögen darum Ihre hohe sein Name mit der österreichischen Geschichte Berufung und die Ehre Ihres Auftrage

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Suchanek nung, sondern als Brüskierung des L�ndes binden. Nur so kann die bundesstaatliche Vorarlberg auffaßte. ( Ruf bei der (jV P : Ordnung verstanden werden und sinnvoll Ist schon falsch !) Bis dorthin galt zumindest sein. der Grundsatz,daß ein toter Sozialist ein guter Die Haltung der Vorarlberger Landesregie­ Sozialist ist. (Zwi8chenrufe bei der (jV P.) rung in der Frage der Schiffstaufe hat aber Wir Sozialisten bekennen uns zu dem mit der Wahrung der Kompetenzen eines Grundsatz, daß die Bevölkerung oder Bundeslandes und dem Bekenntnis zur gemein­ die Interessengruppen zur Bekräftigung ihrer samen Republik Österreich nichts mehr zu Meinung . .. (Abg. Dr. J. Gruber: Das ist tun. (Abg. Dr. J. Gruber: Sagen Sie da8 eine Geschichtsfälschung, was ihr betreibt !) Ihrem Landesrat !) Sie stellt vielmehr eine be­ Das ist eine unerhörte Anmaßung, die Sie sich wußte, dem Staatsgedanken abträgliche Provo­ hier leisten, Herr Kollege ! ( Lebhafte Zwi­ kation gegenüber der demokratischen Republik schenrufe bei der (jV P. - Der Präsident Österreich dar. (Zustimmung bei der SPÖ.) gibt das Glockenzeichen. - Rufe bei der (jV P : J Das steht hier nicht zur Debatte ! - Sie reden Meine Damen und Herren ! Wir sind der an der Sache vorbei! - Ruf bei der SPÖ : Herr Auffassung, daß diese unverständliche und Präsident !) unentschuldbare Haltung der Vorarlberger Landesregierung (Abg. Gla8er: Des Verkehr8- Präsident (da8 Glockenzeichen gebend) : Ich ministers, wollten Sie 8agen !) zumindest muß den Herrn Abgeordneten zur Ordnung das auslösende Moment für alle weiteren rufen. Das Wort hat der Antragsteller. Ereignisse bildete. ( Zwi8chenrufe bei der Ö Abgeordneter Suchanek (fortsetzend) : Ich VP. - Abg. Hoffmann: Der Tote i8t habe das Recht, den Antrag zu begründen, schuld !) und werde mir von Ihnen nicht vorschreiben Von dieser Haltung der Vorarlberger Lan­ lassen, in welchem Rahmen und womit ich desregierung bis zu dem Tatbestand der Auf­ ihn begründen will. (Lebhafte Zustimmung wiegelung durch die Schreibweise verschie­ bei der Sp(j. - Abg. Kostroun: Ihr solltet dener Vorarlberger Tageszeitungen war es beschämt schweigen ! - Weitere Zwischen­ nur mehr ein kleiner Schritt. Von dieser Hal­ rufe.) tung der Vorarlberger Landesregierung bis zu dem Herabreißen der österreichischen Wir Sozialisten bekennen uns zu dem Fahne (erregte Pfuirufe bei den Sozialisten), Grundsatz, daß die Bevölkerung oder Interes­ jener Fahne, auf die unsere Soldaten schwören sengruppen der Bevölkerung zur Bekräftigung müssen, daß sie bereit sind, dafür ihr Leben ihrer Meinung oder einer Forderung das Recht einzusetzen (Abg. Dr. J. Gruber: Jetzt wird besitzen, dieser Meinung durch Demonstra­ er pathetisch !), war es nur mehr ein kleiner tionen Ausdruck zu geben, 'so lange und so Schritt. (A bg. Uhlir, zur Ö VP gewendet: weit dadurch die innerstaatliche Rechtsord­ Diese Feststellung ist für euch lächerlich !) nung sowie die Sicherheit an Gesundheit und Eigentum von Staatsbürgern nicht gefähr­ Obwohl den verantwortlichen Stellen Vor­ det werden. (Ruf bei der Ö V P: Siehe Olah­ arlbergs, insbesondere dem Herrn Bezirks­ Demonstrationen! - Abg. M a r k : Da war hauptmann von Bregenz sowie dem Herrn niemand gefährdet! - Ironische Heiterkeit Sicherheitsdirektor, Tage vor der geplanten bei der (jV P. - Abg. Prinke: Minister Schiffstaufe bekannt sein mußte, daß Vor­ Broda war also nicht gefährdet? - Abg. Mark: bereitungen zur Vereitelung des Staatsaktes Ich war dabei ! Eine Lausbüberei ! Unerhört !) im Gange waren, wurden keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen. (Abg. Gla­ Präsident: Ich bitte, sich etwas zu mäßigen ! se r: Das war kein Staatsakt ! Nicht einmal Abgeordneter Suchanek (tort.';etzend) : Meine angemeldet war die Veranstaltung ! - Weitere Fraktion, aber auch ich persönlich bekennen Zwischenrufe.) uns grundsätzlich zu dem in der Bundesver­ Präsident: In der Debatte ist für jede fassung verankerten bundesstaatlichen Prin­ Meinungsäußerung Zeit und Platz ! Das Wort zip, das heißt zum föderalistischen Staats­ hat der Redner. (Abg. M a r k : Die Demon­ gedanken. Es ist unbestritten nicht nur das stration war nicht angemeldet !) Recht, sondern sogar die Pflicht jeder Landes­ regierung, über die den Bundesländern durch Abgeordneter Suchanek (fortsetzend) : Man die Bundesverfassung gewährleisteten Kom­ begnügte sich mit dem Bericht an die Wiener petenzen zu wachen. Das gleiche Recht muß Zentralstellen, daß mit Demonstrationen ge­ man aber auch den einzelnen Ressortministern rechnet werden müsse, ohne dabei festzustel­ zubilligen. Über dieses föderalistische Prinzip len, daß man mit den vorhandenen Kräften hinaus muß uns aber alle das Bekenntnis der Exekutive nicht in der Lage sein werde, zur gemeinsamen Republik Österreich ver- die Sicherheit der Festgäste zu garantieren,

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Suchanek Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und digt. Wir sind der Meinung, daß das Hohe Haus damit die Durchführung des Staatsaktes zu und das österreichische Volk ein Recht be­ gewährleisten. sitzen, von dem bisher vorliegenden Ergebnis dieser Untersuchungen aus berufenem Munde Meine Damen und Herren! Mit allem Nach­ Kenntnis zu erhalten. Aus diesem Grunde hat druck möchte ich feststellen, daß diese ernste sich der Klub der sozialistischen Abgeordneten Situation erst entstehen konnte, als drei entschlossen, an den Herrn Bundesminister Faktoren zusammenwirkten : für Inneres die vom Herrn Schriftführer ver­ 1. die unverständliche negative Haltung der lesene dringliche Anfrage zu stellen. Vorarlberger Landesregierung (Abg. Dr. J. Gruber: Des Verkehrsministeriums I) , Ich ersuche daher den Herrn Bundesminister um Stellungnahme zu dieser Anfrage. (Beifall 2. die damit zusammenhängende tagelange bei der SPÖ.) Hetzkampagne in der Vorarlberger Presse und Präsident: Zum Wort gemeldet ist der Herr schließlich die Tatsache, daß die Leitung Bundesminister für Inneres. Ich erteile es ihm. der Ex:ekutive in Vorarlberg weder in der Lage Czettel: noch willens gewesen zu sein scheint, ihre Bundesminister für Inneres Hohes Pflicht zu erfüllen. (Abg. Dr. J. Gruber: Haus! Am 21. November 1964 kam es bei der Unerhört ! Das ist eine Beschuldigung !) Wir geplanten Schiffstaufe in der Fußacher Werft werden sie verantworten und vertreten. Dar­ zu Demonstrationen, die die Durchführung des über brauchen Sie sich gar keine Sorgen zu of fiziellen Festaktes, während dem ein Schiff machen! (Lebhafte Zwischenrufe.) den Namen "Karl Renner" bekommen sollte, unmöglich machten. Präsident: Bitte sich etwas zu mäßigen ! Tausende Demonstranten versammelten sich Herr Abgeordneter Gruber, bitte etwas weniger um das Werftgelände, viele von ihnen drangen Temperament ! unter Gewaltanwendung auf den Festplatz und Abgeordneter Suchanek (fortsetzend) : Hohes belagerten die Festtribüne. Die für die Siche­ Haus! Wohin solche Verhetzungskampagnen rung der Veranstaltung eingesetzten Gendar­ führen, . haben wir vor Jahresfrist an einem meriebeamten wurden dabei überrannt und noch viel tragischeren Fall erleben müssen, waren nicht mehr in der Lage, eine den siche­ der die ganze zivilisierte Welt erschütterte : ren Verlauf der geplanten Veranstaltung Die Goodwill-Reise Präsident Kennedys nach garantierende Ordnung wiederherzustellen. Tex:as und der Besuch der Stadt Dallas endete Während es einem erheblichen Teil der ge­ in einer Katastrophe (lebhafte Zwischenrufe bei der (J VP - der Präsident gibt wiederholt das ladenen Gäste gelang, trotz Bedrohungen und Tätlichkeiten den Festplatz zu erreichen, war Glockenzeichen) und stellt eine erschreckende der Bundesminister für Verkehr und Elek­ Warnung dar, wohin das Zusammentreffen trizitätswirtschaft Otto Probst, der den Tauf­ solcher Faktoren führen kann. akt vornehmen sollte, nicht mehr in der Lage, Der Bundesminister für Inneres . . . (Ruf bei auf dem Landweg zum Festplatz zu kommen. der (JV P : Sie haben nur mit Tomaten geworfen!) Bundesminister Probst wurde empfohlen, sich Es waren auch Steine dabei ! (Weitere Zwischen­ mit einem Boot zur Werft zu begeben. Während rufe bei der Ö V P und Gegenrufe bei der S PÖ. - dieser Fahrt wurde er vom Sicherheitsdirektor Abg. Dr. Kleiner: Es ist eine Schande für für das Bundesland Vorarlberg, Hofrat einen Abgeordneten, dazu zu lachen !) Dr . Stern bach, per Funk von den auf dem Fest­ Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das gelände herrschenden Tumulten in Kenntnis Wort hat der Redner ! Ich bitte, sich auf gesetzt. Dem Minister wurde mitgeteilt, daß beiden Seiten etwas zu beruhigen. Wir sind man unter diesen Umständen für seine Sicher­ jetzt im Parlament und nicht in Bregenz! lieit keine Garantie übernehmen könne, wes­ (Heiterkeit. ) halb die Veranstaltung abgesagt werden möge. Suchanek (fortsetzend) : (Abg. Dr. Broesig ke.'Sindbad, der Seefahrer ! Abgeordneter Diesen - Heiterkeit. - Ruf bei der SP(J : Wenn Sie Demonstranten stand der Haß genauso in den das lustig finden !) Minister Probst hat darauf­ Augen, wie es bei Ihnen, Herr Abgeordneter hin den of fiziellen Festakt abgesagt und sich in Gruber, heute der Fall ist. Und wo dann die das Gebäude des Landesgendarmeriekomman­ Grenze ist, darüber können Sie nicht mehr ent­ dos begeben. (Zwischenrufe.) scheiden! (Abg. Dr. N eugebauer.' Ihm ist alles lächerlich ! Der österreichische Staat ganz Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das besonders! Einem Volksbildner !) Wort hat der Herr Minister!

Der Herr Bundesminister für Inneres hat in Bundesminister für Inneres Czettel (fort­ einer amtlichen Erklärung unmittelbar nach setzend) : Vielleicht darf ich zwischendurch Einlangen der Berichte aus Vorarlberg eine bemerken, daß es mir persönlich sehr ernst ist genaue Untersuchung der Vorfälle angekün- bei diesem Bericht !

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Bundesminister Czettel Während der Demonstrationen beim Werft­ beamte wurden mit Steinen und mit Obst be­ gelände Fußach kam es zu Ausschreitungen, worfen, mehrere von ihnen wurden verletzt. die bedrohliche und auch beschämende Formen Die Fahne der Republik, die sich in Schiffs­ annahmen und in der Öffentlichkeit Erregung nähe beim Rednerpult befand, wurde unter und Proteste hervorriefen . Unter dem Eindruck dem Gejohle der Menge heruntergerissen. Auch dieser Ereignisse wurde gegen die Leitung der andere österreichische Fahnen wurden be­ Exekutive der Vorwurf erhoben, daß sie weder schädigt , eine Fahne der Stadt Bregenz wurde in der Lage noch willens war, ihre Pflicht zu gehißt. erfüllen. Etwa 30 Transparente wurden gezählt, dar­ Um nun über Umfang und Art der Demon­ unter mehrere mit gegen den Verkehrs­ strationen und der Ausschreitungen eine minister und den Abgeordneten Dr. Haseiwantel' möglichst umfassende und objektive Übersicht gerichteten Texten. Mehrere Transparente zu erhalten und um gleichzeitig prüfen zu konnten während der Demonstration bezie­ können, ob der gegen die Leitung der Exeku­ hungsweise nachträglich sichergestellt werden. tive erhobene Vorwurf begründet ist, habe ich Unter den sichergestellten befindet sich eines noch am 21. N ovem ber den Sicherheitsdirektor mit folgendem Text : "Renner hin, Renner her, Hofrat Dr . Sternbach zur Berichterstattung der Name ist doch viel zu schwer. Aller Orten nach Wien beordert. Darüber hinaus habe ich hört man Klagen, der Bodensee kann's nicht Sonntag fr üh unmittelbar nach der Rückkehr ertragen. Politik wird ewig, ewig stinken, des Herrn Verkehrsministers aus Bregenz in Vorarlberg wird lächelnd winken, soll der Nam' Wien Gelegenheit gehabt, die Schilderung der im See versinken." Vorfälle, wie sie Minister Probst erlebte, zu Der Großteil der Transparente dürfte von hören. Von den Herren seiner Begleitung einer Stelle hergestellt worden sein. Dafür wurden mir Niederschriften über die Vorfälle spricht die einheitliche Art der Anfertigung. zur Verfügung gestellt. Ein Funktionär eines J ugeI).dve r bandes und Die Berichterstattung durch den Sicherheits­ eine junge Frau nahmen die Ersatztaufe auf direktor Dr. Sternbach und dessen Begleiter den Namen "Vorarlberg" vor. Ein ent­ Gendarmeriemajor Patsch sowie die Schilde­ sprechendes Texttuch war zu diesem Zweck rungen des Herrn Verkehrsministers und seiner schon vorbereitet. (Abg. Dr. J. Gruber: Begleiter veranlassen mich, dem Hohen Lesen Sie den "Kurier" !) Nationalrat auf Grund der dringlichen Anfrage Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Bitte über die Vorfälle im Hafen Fußach folgendes zu den Herrn Minister nicht zu unterbrechen ! berichten : Die Angaben über die Teilnehmerzahl bei Bundesminister für Inneres Czettel (fort­ dieser Demonstration schwanken zwischen setzend) : Beschimpfungen, Pfuirufe und andere 5000 und 20.000 Menschen. Auf Grund von Mißfallenskundge bungen sowohl im Werft­ Photomontagen wird gegenwärtig versucht, gelände als auch auf dem Bregenzer Bahnhof eine möglichst objektive Zählung der Teil­ vor der Rückfahrt des Zuges, mit dem die nehmer vorzunehmen. Die Feststellung der Gäste nach Wien fuhren, waren charakteristisch Teilnehmerzahl ist für die Beurteilung des für die Stimmung. (Abg. Glaser: Fast wie in Einsatzes der Exekutive von Bedeutung. der Löwelstraße ! - Abg. M a r k: Waren Sie Schon bei der Ankunft des Sonderzuges mit denn dort, weil Sie dauernd davon reden ?) Der den Gästen aus Wien kam es beim Bregenzer Großteil der Demonstranten waren Jugend ­ Bahnhof zu Demonstrationen. Es wurden liehe. Es gibt Anhaltspunkte für die Vermu­ Schmährufe gegen den im Sonderzug ver­ tung, daß sich unter den Demonstranten orga­ muteten Verkehrsminister erhoben, Trans­ nisierte Gruppen befanden. Sie dürften unter parente mit provozierenden und teilweise der Anleitung einer kleinen Gruppe von beleidigenden Texten entrollt . Organisatoren eingesetzt worden sein. Die Autobusse mit den geladenen Gästen Die wesentlichsten Detailergebnisse wurden fuhren vom Bahnhof zum Werftgelände und von den eingesetzten Beamten photographisch mußten zeitweise stehenbleiben. Demonstran­ fe stgehalten. Diese Photos sowie Wahrneh­ ten beschimpften die Insassen und schlugen mungen anderer Art ermöglichen eine relativ mit den Fäusten gegen die Seitenwände der erfolgversprechende Ermittlung von Rädels­ Busse. In der Nähe des Festgeländes ver­ führern und Akteuren dieser Aktion. stärkte sich der Druck der Demonstranten, die Obwohl die Exekutivbeamten die Weisung Gäste wurden beschimpft und tätlich ange- hatten, gegen Ausschreitungen der geschil­ . griffen . An einzelnen Fahrzeugen entstand derten Art einzuschreiten, wurde dies in vielen Sachschaden. Fällen unterlassen. Als Begründung für dieses Die Demonstranten brachen das Eisentor Verhalten wird angegeben, daß dies praktisch zum Werftgelände gewaltsam auf und drangen unmöglich und taktisch nicht vertretbar ge­ auf den Festplatz . Gäste und Gendarmerie- wesen wäre. (Abg. Hartl: Es ist ja vom 231

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Bundesminister Czettel Innenministerium so praktiziert worden ! - in zwei Fernschreiben an das Bundesmini­ Abg. Populorum: Im 34er Jahr habt ihr euch sterium für Inneres unter Berufung auf ganz anders benommen !) Eine noch gefähr­ Artikel in der Zeitung "Vorarlberger Nach­ lichere Stimmung wurde befürchtet. richten" der Befürchtung Ausdruck ver­ Für die Sicherung der Veranstaltung waren liehen, daß Demonstrationen stattfinden 128 Gendarmeriebeamte aus Bregenz , Feld­ würden. kirch und aus der Gendarmerieschule heran­ Auf Grund dieser Meldungen wurde in einer gezogen worden. Davon wurden 65 im Fest­ Dienstbesprechung im Bundesministerium für gelände eingesetzt. Sicherheitsdirektor Hofrat Inneres unter meinem Vorsitz folgendes fest­ Dr. Sternbach teilte mit, daß er zur Ver­ gelegt : Der Herr Sicherheitsdirektor soll in stärkung der konzentrierten Gendarmerie­ der ihm zukommenden Verantwortung auf gruppe 50 Soldaten des Bundesheeres ange­ Grund der Stimmung unter der Bevölkerung fordert habe. Dies sei ohne Weisung irgend­ sowie auf Grund von Wahrnehmungen über einer übergeordneten Dienststelle und aus­ eventuelle Vorbereitungen von Aktionen als schließlich auf seine persönliche Verantwortung auch unter Berücksichtigung des Veranstal­ geschehen. Die Soldaten wurden jedoch nicht tungsgeländes das vorbereiten, was . ihm zur eingesetzt. Sicherung der Veranstaltung erforderlich und Der Herr Sicherheitsdirektor hat, als er am zweckmäßig erscheint. Wenn eine Hilfe oder 16. November 1964 die Einladung zur Teil­ Unterstützung durch das Ministerium oder nahme am Staatsakt erhielt, vorbereitende eine andere Dienststelle erforderlich scheint, Besprechungen über Sicherheitsrnaßnahmen soll man dies bekanntgegeben. eingeleitet. Die unmittelbare Verantwortlich­ Eine derartige Unterstützung wurde nicht keit dafür hatte der Herr Bezirkshauptmann angefordert. von Bregenz als Sicherheitsbehörde I. Instanz. Für das Verhalten der eingesetzten Beamten Auf Grund von Berichten der Zeitung "Vor­ habe ich folgende grundsätzliche Weisungen arlberger Nachrichten ", die eine Demonstra­ erteilen lassen : tion vermuten ließen, wurde beschlossen, einen 1. Bei akustischen oder optischen Mißfallens­ Gendarmerieoffizier mit der taktischen Vor be­ kundgebungen, soweit sie keinen beleidigenden reitung und Leitung des Einsatzes zu betrauen. Charakter annehmen, ist auf die Demon­ Diese Aufgabe erhielt der stellvertretende stranten beruhigend und beschwichtigend ein­ Landesgendarmeriekommandant Gendarmerie­ zuwirken. major Patsch. Von diesem Auftrag 2. Gegen Gesetzesbrecher, vor allem bei erhielt Gendarmeriemajor Patsch am 19. No­ Tätlichkeiten gegen Personen oder Sachgüter, vember 1964 um 18 Uhr Kenntnis . Noch in ist einzuschreiten. den Nachtstunden traf er die ersten konkreten Vorbereitungsmaßnahmen. 3. Von der Waffe ist kein Gebrauch zu Am 20. November 1964 fand am Veranstal­ machen. Meine Damen und Herren ! Die Be­ tungsort eine taktische Lagebesprechung statt, urteilung der Gesamter�ignisse (Abg. an der auch der Herr Bezirkshauptmann teil­ H artl: Das genügt schon, .solch eine Haltung !­ nahm. Bei dieser Besprechung schlug Gen­ Abg. M a r k: Hartl will Blut sehen ! - Gegen­ O darmeriemajor Patsch angesichts der Lage rufe bei der VP. - Abg. Mark: Der Hartl des Veranstaltungsgeländes vor, die Straße zum verlangt das ! Das ist unerhört ! Daß man nicht Festplatz etwa 1400 m vom Festplatz entfernt schießt, das ist ein Vorwurf !) abzusperren und die erwarteten Zuschauer Präsident : Das Wort hat der Herr Minister ! jenseits des Kanals beim Werftgelände zu Die Debatte erfolgt später. Bitte sich mit weisen. Im Werftgelände selbst sollten nur den Beschuldigungen etwas zurückzuhalten. die geladenen Gäste, maximal 700 Teilnehmer, Platz nehmen. Dieser Vorschlag wurde vom Bundesminister für Inneres Czettel (fort­ Herrn Bezirkshauptmann nicht akzeptiert. setzend) : Ich verheimliche dem Hohen Haus Man war der Auffassung, daß die Teilnehmer­ keine Weisungen : Ich habe die Weisung- ge­ zahl nicht so groß sein werde, wie dies dann geben, daß von der Waffe kein Gebrauch ge­ tatsächlich der Fall war. macht werden soll. Der Herr Sicherheitsdirektor, der durch eine In der Beurteilung der Gesamtereignisse andere wichtige staatspolizeiliche Aufgabe dar­ muß man nun aber feststellen : an gehindert wurde, selbst vor dem 21. No­ 1. Die Sicherheitsdirektion des Landes V or­ vember 1964 das Veranstaltungsgelände zu be­ arlberg war nicht in der Lage, konkrete Hin­ sichtigen, war ebenfalls der Meinung, daß für weise auf Vorbereitungen der Demonstrationen die zu erwartende Zuschauerzahl der Einsatz zu ermitteln, weshalb noch am 17. November von 128 Gendarmeriebeamten genügen würde. die Auffassung herrschte, es werde zu keiner Er hat jedoch in der Woche vor dem 21. 11. größeren Aktion kommen.

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Bundesminister Czettel 2. Die Tatsache, daß Gendarmeriemajor Die Gruppe bekommt diesen Auftrag und den Patsch erst am 20. November, also einen Tag zusätzlichen Auftrag, mir schnellstens über das vor dem geplanten Staatsakt, in die Lage ver­ Ergebnis zu berichten. setzt wurde, den konkreten Einsatzplan zu 2. Ich darf dem Hohen Haus berichten, erstellen, sowie der Umstand, daß ihm kein daß Herr Ministerialsekretär Dr. Hermann brauchbarer Hinweis auf die eventuell zu er­ vom Innenministerium ab sofort zum Stell­ wartenden Ausmaße der Demonstration ge­ vertretenden Sicherheitsdirektor für das Land geben werden konnte, haben eine der Bedeu­ Vorarlberg und gleichzeitig zum Leiter der tung des Ereignisses entsprechende gründliche staatspolizeilichen Abteilung ernannt wurde. Planung des Sicherheitseinsatzes erschwert. Er wird seinen Dienst sofort antreten. 3. Die Tatsache, daß der Herr Bezirks­ hauptmann den Vorschlag, die zu erwar­ 3. Der Herr Generaldirektor für die öffent­ tenden Demonstranten nicht in die Nähe des liche Sicherheit, Sektionschef Dr. Seidler, Veranstaltungsgeländes kommen zu lassen, wurde beauftragt, nach Vorarlberg zu fahren abgelehnt hat, dürfte einer der entscheidenden und einvernehmlich dafür zu sorgen, daß die taktischen Fehler gewesen sein. Weisung, Rädelsführer und Akteure bei Gericht anzuzeigen, Im Interesse des Ressorts durch­ 4. Die eingesetzten Gendarmeriebeamten geführt wird. hatten unter den gegebenen Umständen eine schwere Aufgabe zu erfüllen. Unter ihnen Darüber hinaus ist es mir vollkommen klar, waren 30 Schüler der Gendarmerieschule, daß nun auch grundsätzliche Beratungen die noch in keinem derartigen oder ähnlichen in unserem Ressort darüber geführt werden Einsatz erprobt werden konnten. Drei Gen­ müssen, wie in Zukunft das Verhalten von darmeriebeamte befinden sich unter den Ver­ Exekutivorganen bei echten antidemokra­ letzten. tischen Aktionen ausschauen soll. (Abg. Hartl: 5. Die Frage, ob die Leitung der Exekutive Dann müssen einige Erlässe abgeändert in der Lage war, die Durchführung der Ver­ werden !) Herr Major Hartl (Abg. Glaser: anstaltung zu gewährleisten, muß daher ange­ Oberstleutnant!), gestatten Sie mir, daß ich sichts der tatsächlichen Umstände und Er­ den Bericht, den ich möglichst objektiv eignisse verneint werden. Ob sie willens war, bringen und nicht persönlich färben wollte , dies zu tun, muß angesichts der Schwere des mit der Feststellung abschließe : Was in erhobenen Vorwurfes noch näher geprüft Fußach nach den Berichten des Herrn Sicher­ werden. heitsdirektors und des Herrn Majors Patsch geschehen ist, läßt darauf schließen, daß Meine Damen und Herren ! Ich habe ver­ organisierte Gruppen eingesetzt waren. Die sucht, Ihnen auf Grund der Berichte, die uns - Art der Ausschreitungen, die Art der Be­ nämlich dem Herrn Staatssekretär Soronics schimpfungen berechtigt zu der Annahme, und mir - gestern der Herr Sicherheitsdirektor daß hier tatsächlich Kräfte am Werk waren, von Vorarlberg und der Herr Gendarmerie­ die bewußt antidemokratischen Charakter major Patsch erstattet haben, nun eine möglichst haben. Symptomatisch für diese Bewegung objektive Darstellung des Verlaufes der Er­ muß sein, daß die österreichische Fahne her­ eignisse zu geben. Ich gebe zu, daß es hier untergerissen worden ist. Allein dieser Um­ noch viele interessante Details zu berichten stand hat in der öffentlichen Meinung provo­ geben würde. In der Öffentlichkeit herrscht zierenden Charakter . Persönlich distanziere über das, was geschehen ist, Erregung, und ich mich von derartigen Erscheinungen. Sie wir alle bekommen ja Protesttelegramme. sind eine Schande für Österreich. Was in Wenn man nun feststellt, daß die Sicherung unserem Ressort zu geschehen hat, um in des Veranstaltungsablaufes nicht möglich ge­ Zukunft derartige Aktionen zu verhindern, wesen ist, also der Sicherheitseinsatz versagt das wird geschehen ! hat, dann muß man selbstverständlich auch daran denken, was man unternimmt, um zu­ Ich bitte diesen sachlichen Bericht über die mindest in Zukunft derartige Ausartungen Vorgänge am vergangenen Samstag zur Kennt­ zu verhindern, beziehungsweise zu prüfen, nis nehmen zu wollen. (Anhaltender Beifall warum dies alles geschehen ist. bei der SPÖ.j

1. Ich habe daher über Verlangen des Präsident: Wir gehen in die Debatte ein. Herrn Sicherheitsdirektors, der noch heute Bevor ich das Wort erteile, habe ich die Bitte fr üh bei mir war, den Auftrag gegeben, eine an das Hohe Haus, sich in der nachfolgenden kleine Untersuchungsgruppe zusammenzu­ Debatte trotz der verständlichen Erregung zu stellen, die überprüfen und feststellen wird, mäßigen und möglichst sachlich zu diskutieren, was sich um diesen 21. November an Unzu­ damit nicht wenige Monate vor dem 20. Jahres­ länglichkeiten und Fehlern bei den vorbe­ tag der Zweiten Republik noch mehr Geschirr reitenden Sicherheitsvorkehrungen ereignet hat. zerschlagen wird. (Demonstrativer Bei/all bei

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Präsident der SPD, Beilali bei der DvP und bei Abge­ seinen abgeklärten alten Tagen kennenlernen ordneten der F PD.) durfte, ob er - entschuldigen Sie bitte, Herr Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Abgeordneter Suchanek, ich will nicht gern Dipl.-Ing. Pius Fink zum Wort . persönlich sein - an diesen temperament­ vollen Ausführungen - ich möchte es sehr ge­ Abgeordneter Dipl.-Ing. Fink (ÖVP) : Hohes linde umschreiben - wirklich Freude gehabt Haus ! Ich freue mich außerordentlich, und es hätte. (Abg. Suchanek: Glauben Sie, daß er beruhigt mich sehr, daß Sie den Worten des an den Demonstrationen Freude gehabt hätte ?) Herrn Präsidenten so viel Beifall gezollt Nein ! Ein J odok Fink zumindest - ich ge­ haben. Ich glaube, wir müssen uns in Zukunft traue mir, dafür die Hand ins Feuer zu wieder mehr finden. legen - hätte an Ihren Ausführungen keine Unlängst kam ich mit einem älteren Bauern Freude gehabt ! (Abg. Mark: Er hätte es auch ins Gespräch. Vor ein paar Monaten war ihm verhindert, was der jetzige Debatteredner nicht die Frau gestorben, mit der er Jahrzehnte gut tut ! - Ruf bei der D V P .' Hätte es Probst ver­ und recht zusammengelebt und ein Schüppel hindert ! - Der Präsident gibt das Glocken­ Kinder großgezogen hatte. "Weißt, Pius" - zeichen.) Nein, meine sehr verehrten Zwischen­ sagte er, ein Unterton der Vereinsamung rufer ! Der Herr Abgeordnete Suchanek hat schwang in seiner Stimme -, "das Schlimmste nicht zur Sache geredet, er hat an der Sache ist daß ich mit niemandem mehr reden kann. " � vorbeigeredet ! (Zustimmung bei der D V P. - Li gt nicht in diesem "Mit niemandem mehr Abg. Suchanek.' Wieso denn? Begründen Sie reden können" eine große hausbackene das I) Das habe ich Ihnen schon vorhin gesagt, Wahrheit, ich getraue mir sogar zu sagen, ich will Sie nur nicht aufhalten ; entschuldigen Weisheit � Miteinander reden, das fördert das Sie die Wiederholung : Es geht primär - ich Zusammenleben, es fördert das Wissen, daß werde in meinen Ausführungen versuchen, das nicht nur im gemeinsamen Verstehen, sondern noch etwas näher zu erläutern - gar nicht um mitunter auch im klugen, abgewogenen Nach­ das Andenken eines Dr. Karl Renner, sondern geben oder im Suchen nach einer Mittellinie es geht darum, daß wir uns in Zukunft be­ das Zusammenleben gedeiht. mühen müssen, einander besser zu verstehen ! Auch die Demokratie verlangt das Mit­ (Abg. Mark: Das Verschmieren des Namens !) einander-Reden, das Bemühen um das gegen­ Warten Sie noch ein bißehen, ich werde mich seitige Verstehen, nicht das Nebeneinander, bemühen, Ihnen einige Anhaltspunkte zu sondern das Miteinander. Persönlich habe ich die geben, wobei ich es Ihnen überlasse, dann in Meinung , daß wir uns jetzt nicht über die Vor­ Ruhe darüber nachzudenken. kommnisse vor dem Arlberg auseinandersetzen müßten, wenn wir uns rechtzeitig genug alle Ich muß vorerst aber doch noch auf einige miteinander bemüht hätten, auch in unserem Einwände des Herrn Kollegen Suchanek ein­ staatlichen Zusammenleben genügend stark gehen. Ich möchte den zeitlichen Ablauf dar­ und aufrichtig das Menschliche zu sehen und legen, aus dem auch sichtbar wird, daß es sich einander zu verstehen. Es sei jetzt ein Versuch nicht etwa gegen die Person des Präsidenten gemacht, wobei ich freilicp- mehr die Gesichts­ Dr. Karl Renner gehandelt hat. Ich hatte punkte der einen Seite hervorheben werde ; das nicht vor, aber Sie zwingen mich dazu. das hat nichts mit politischen, sondernmehr mit 1955 : Beschlüsse der V orarlberger Landes­ geographischen Gruppierungen zu tun. regierung - ich betone : diese Beschlüsse Der Herr Abgeordnete Suchanek hat im waren immer einstimmig, es hat auch der wesentlichen sein Thema auf den sehr ver­ sozialistische Landesrat mitgestimmt - wegen ehrten verstorbenen Altbundespräsidenten Umbenennung des BodenseeschifIes "Austria" Karl Renner abgestellt. Ich glaube, Sie em­ in "Vorarlberg". Mitteilung an die Bundes­ pfinden es in diesem Zusammenhang nicht als bahndirektion Innsbruck. Sodann Ergänzung eine Anmaßung, wenn ich sage : Ich bin ein in dem Sinne, daß der Vorschlag auf Benennung Fink ! Ich weiß, daß mein verstorbener Onkel, "Vorarlberg" auch für das neue Bodenssee­ wie das auch ein Herr Vorredner mit einem schiff aufrechterhalten wird. Beharrungs­ Kalender festgehalten hat, sehr intensiv, beschluß der Landesregierung und Mitteilung sehr konstruktiv zum Wohle der österreichi­ an die Bundesbahndirektion Innsbruck. Ich schen Gemeinschaft mit Herrn Dr. Renner flechte betont auch diese Beschlüsse der zusammengearbeitet hat. Das Andenken - Landesregierung ein, weil ich aus den Vor­ darüber ist man in Vorarlberg einheitlich einer würfen des Herrn Abgeordneten Suchanek Meinung - des verewigten Herrn Bundes­ herausgehört habe, daß er besonders gegen die präsidenten Dr. Karl Renner also hoch in Vorarlberger Landesregierung Stellung nimmt, Ehren ! die - es sei noch einmal wiederholt - einen Ich zweifle aber, zumindest wie ich den einstimmigen Beschluß, auch mit der Stimme Herrn Bundespräsidenten Dr. Karl Renner in des sozialistischen Landesrates, gefaßt hat.

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Dipl.-Ing. Fink 1959 : Fahrplanbesprechung bei den lehnt. Beachten Sie das bitte wohl : Daraus Österreichischen Bundesbahnen. Der Vorarl­ ist am besten ersichtlich, daß es nicht gegen berger Vertreter wies darauf hin, daß die den Namen des verewigten Bundespräsidenten Vorarlberger Landesregierung zu ihrem Vor­ Karl Renner ging. (Beifall bei der Ö V P.) schlag von 1955 stehe. Nur geographische Namensbezeichnungen Bregenzer Festspiele 1963 : Landeshaupt­ bei Bodenseeschiffen ! , übrigens am ganzen mann Ilg wirft gegenüber dem Herrn Minister Bodenseeufer üblich, Politiker den Tages­ Probst die Frage der Benennung des neuen streitigkeiten noch zuwenig entrückt, es wurde Schiffes mündlich auf. Minister Probst er­ der Name "Vorarlberg" verlangt. Übrigens klärt, daß er auf einen Vorschlag des Landes habe ich alle Unterlagen zur Verfügung, wenn Vorarlberg warte (Hört l Hört l-Rufe bei der Sie wollen, bin ich auch bereit, darauf zurück­ Ö V P) , jedoch auch einen finanziellen Beitrag zukommen. des Landes für die Innenausstattung als 10. 10. 1964 : Antwort des Herrn Verkehrs­ selbstverständlich erachte. Ich bin übrigens ministers Probst : Mitteilung : "Karl Renner" ! sehr glücklich, daß der Herr Verkehrsminister zustimmt. (Abg. Probst: Nein, der stimmt 20. 10. 1964 : Nochmalige Bitte an Verkehrs­ nicht zu ! Das ist eine einseitige Behauptung minister Probst im Namen aller, die mit der der Landesregierung I) österreichischen Bodenseeschiffahrt verbunden sind : Politische Belastungen sollen nicht ein­ 20. 2. 1964 : Unter Bezugnahme auf diese treten. Aussprache ersucht der Präsident der Bundes­ bahndirektion Innsbruck mit Schreiben an den Dann 2. 11. 1964 : Brief an Herrn Bundes­ Landeshauptmann Ilg die Vorarlberger präsidenten Dr. Schärf: Nur geographische Landesregierung, nunmehr einen Vorschlag Namen ! Landesregierung trägt sogar Kosten­ hinsichtlich der Namensgebung zu machen. beitrag. "Kar! Renner" unklug, weil bei der Wahl zwischen "Vorarlberg" und "Karl Renner " im 7. 4. 1964 : Neuerlicher einstimmiger Be­ Land sicher zum Vorteil Vorarlbergs geant­ schluß der Vorarlberger Landesregierung, das wortet würde und das somit keine gesunde und neue Schiff "Vorarlberg" zu benennen, wird staatspolitisch kluge Fragestellung sei. unterbreitet. (Zwischenrufe bei der SPO.) Gleichzeitig wird angeboten, für die Innen­ Gegenvorschlag : Bisherige "Austria" soll ausstattung des Schiffes ein Gemälde im Wert "Wien" heißen - Sie sehen daraus, daß es von 20.000 S zu schenken. bei den Vorarlberger Vorkommnissen auch nicht etwa gegen Wien ging - und das neue Schiff 27. 4. 1964 : Schreiben des Herrn Ministers "Vorarlberg" . Probst an den Landeshauptmann, daß auf die Frage der Benennung des Schiffes zum ge­ 10. 11. 1964 : Antwort des Herrn Kabinetts­ gebenen Zeitpunkt zurückgekommen wird. direktors : Frage bisher amtlich nicht an den Herrn Bundespräsidenten herangetragen, Und dann 10. 10. 1964 - beachten Sie den Einflußnahme nicht möglich. Abstand ! -: Schreiben des Herrn Verkehrs­ ministers, daß das neue Schiff den Namen Und nun kommt etwas für mich Unerfreu­ "Karl Renner" tragen wird. liches : 19. 11. 1964 : Entstellte Wiedergabe des Briefes an den Herrn Bundespräsidenten 16. 10. 1964 : Schreiben des Herrn Landes­ Dr. Schärf in der Vorarlberger Ausgabe der hauptmannes Ilg an den Herrn Minister Probst "Arbeiter-Zeitung", auszugsweise nur Zitate, auf Grund eines neuerlichen Regierungs­ Angriffe auf Dr. Tizian. beschlusses vom 16. 10. 1964, in dem das Be­ fr emden über diesen Vorgang zum Ausdruck 21. 11. 1964 - die Dinge müssen so kommen, gebracht wird. wenn man nicht miteinander redet, das möchte ich dazwischen wieder einmal gesagt haben - : Soll ich Ihnen auch noch die ergänzenden Antwort des Herrn Präsidenten Tizian im Schritte des Bürgermeisters Tizian respektive "Vorarlberger Volksblatt" und in den "Vor­ des jetzigen Landtagspl'äsidenten bekannt­ arlberger Nachrichten": "Wer hat dem An­ geben ? (Zwischenrufe.) Ich weiß nicht. (Abg. Suchanek: Es wäre interessant, den Beschluß denken Dr. Karl Renners geschadet ? " (Abg. Suchanek: Und der Beschluß der Landes­ zu hören l) Bitte, ja oder nein ? (Rufe : Ja l) regierung, sich zu absentieren, der war nicht 28. 9. 1964 : Brief an den Herrn Verkehrs­ einstimmig I - Abg. Mark: Du weißt doch minister Probst von dem jetzigen Landtags­ nicht, was in der Landesregierung geschehen präsidenten Bürgermeister von Bregenz ist ! - Weitere Zwischenrufe.) Dr. Karl Tizian : Weder Julius Raab noch Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das Karl Renner, kein Personenkult ! Ich muß hier Wort hat der Redner ! nämlich einfügen : Es ging auch einmal die Rede, man könnte das Schiff "Julius Raab" Abgeordneter Dipl.-Ing. Fink (fortsetzend) : nennen, auch das hat man in Vorarlberg abge- Herr Abgeordneter, ich bin für Ihren Einwurf

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Dipl.-Ing. Fink sehr dankbar, und ich fr eue mich, daß wir der Veranstaltung, schrieb, die Taufe des nun wirklich miteinander reden wollen ..Sie neuen Bodenseeschiffes, das den Namen "Karl haben recht, der letzte Beschluß - ich habe Re nner" erhalten sollte, werde trotz der ihn hier aber nicht aufgezählt und auch nicht Boykottdrohung der Vorarlberger Landes­ erwähnt - der Vorarlberger Landesregierung, regierung wie geplant Samstag um 11 Uhr daß man an der Schiffstaufe nicht teilnehmen stattfinden. Sie werde zu einer Blamage will, war nicht einstimmig. (Abg. Suchanek: der Brunnenvergifter werden, weil Verkehrs­ Das war aber das Fanal ! - Weitere Zwischen­ minister Probst bei dieser Gelegenheit den rufe.) Hingegen der andere Beschluß, mein Beschluß mitteilen werde, das Bodenseeschiff sehr verehrter Herr Zwischenrufer , man möge "Österreich" auf den Namen "Vorarlberg" das Schiff "Vorarlberg" taufen, das war umzubenennen. ganz von Anfang an ein einstimmiger Beschluß, Trotzdem verfügte der Sicherheitsdirektor auch die Beharrungsbeschlüsse der Vorarl­ im Einvernehmen mit dem Landesgendar­ berger Landesregierung waren einstimmig. meriekommandanten und dem zuständigen (Abg. Mark: Durch die sind die Unruhen Bezirkshauptmann die Bildung eines Einsatz­ nicht hervorgerufen worden ! Nur durch den kommandos, das unter Führung des Landes­ letzten Beschluß I) Sehen Sie, Herr Kollege gendarmeriekommandanten-Stellvertreters Ma­ Mark, gerade dadurch wird nun der letzte jor Patsch stand. Es wurde auch jede von Beschluß der Vorarlberger Landesregierung ihm angeforderte Verstärkung der Exekutive verständlich, der zugegebenermaßen nicht ein­ bewilligt. stimmig war, daß man an der Schiffstaufe Selbst am Samstag, dem Tag der Ver­ nicht teilnimmt (lebhafte Zwi8chenrufe - der anstaltung, deutete um halb zehn Uhr vor­ Präsident gibt das Glockenzeichen) , weil man mittag nach Angaben der Sicherheitsbehörden tatsächlich ein anderes Verhalten von seiten nichts darauf hin, daß es zu größeren Demon­ des Ministeriums erwartet hätte. Das heißt : strationen kommen wird. Meiner Meinung nicht miteinander reden ! nach hat sich die Exekutive taktisch richtig Ich muß nun auch auf eine zweite, gelinde verhalten. Wenn auch die Meinungen über gesagt, Frage des Herrn Abgeordneten Suchanek die Anzahl der Demonstranten nicht ganz eingehen, auf die Frage, ob sich die Exekutive korrespondieren, so waren jedenfalls in kür­ richtig verhalten hat. Nach meinem Dafür­ zester Zeit so viele Menschen zusammen­ halten : ja! geströmt, daß es für die Exekutive unmöglich Bei der Beurteilung der Ausschreitungen gewesen ist, verschiedene Vorkommnisse zu in Bregenz-Fußach spielt es auch eine große verhindern. Es wäre daher ungerechtfertigt, Rolle, ob von den Sicherheitsbehörden auch der Exekutive den Vorwurf machen zu wollen, alles für einen störungsfreien Ablauf der sie sei nicht gewillt gewesen, die Ruhe und Feier veranlaßt wurde. Dazu muß fe stgestellt Ordnung aufrechtzuerhalten. Selbst in werden, daß, soweit meine Informationen einer sozialistischen Vertrauensmännerkonfe­ reichen, die Sicherheitsbehörden von der ge­ renz in Bregenz wurde fe stgestellt, daß die planten Veranstaltung nicht verständigt wur­ Exekutive ihre Aufgabe pflichtgemäß erfüllt den, wobei man sich hier in keine juridischen habe. (Hört ! Hört !-Rufe.) Diskussionen einlassen soll, ob diese Veranstal­ Meiner Ansicht nach soll man nicht den tung unter freiem Himmel, die auf einem Sicherheitsbehörden ein Versagen in die Schuhe werfteigenen Grundstück stattfand, nach dem schieben, sondern vielmehr in Betracht ziehen, Versammlungsgesetz hätte angemeldet werden daß man bei den gegebenen Verhältnissen müssen. die Dinge weder voraussehen noch verhindern Als am Montag, den 16. dieses Monats, konnte. Ich glaube daher, daß den Exekutiv­ zum erstenmal in den "Vorarlberger Nach­ beamten sogar der Dank für ihre besonnene richten" von der Feier geschrieben wurde Haltung auszusprechen ist. (Beifall bei der und zwischen den Zeilen zu lesen war, daß OvP. - Ruf bei der SpO: Für das Zuschauen man gegen die Schiffstaufe eingestellt sei, beim Fahnenherunterreißen ? - Ruf bei der haben die Sicherheitsbehörden die Sachlage o V P: Der Kollege Suchanek hat Beispiele überprüft . Es konnten jedoch im ganzen genug dafür geliefert, wie die Worte verdreht Lande keinerlei Vorarbeiten, etwa Zusammen­ werden ! - Weitere Zwischenrufe.) künfte und dergleichen, für eine geplante Hohes Haus ! Ich weiß, seit 1945 bin ich Demonstration festgestellt werden. durch meine wiederholten Hinweise auf den notwendigen föderalistischen Staatsaufbau ... gaben wieder einige Erst am Donnerstag ( Anhaltende Zwischenrufe.) Zeitungsnachrichten Anlaß zur Besorgnis. Daß aber diese Besorgnis nicht überall geteilt Präsident (da8 Glockenzeichen gebend) : Das wurde, beweist , daß selbst die "Arbeiter­ Wort hat der Redner ! (Lebhafte Zwischenrufe.) Zeitung" am Freitag, also einen Tag vor Weil so viele Zwischenrufe sind, wird der

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Präsident Redner die Redezeit von 20 Minuten nicht Beim genauen Zusehen ist bei jedem Sonne einhalten können ; sie sind bald abgelaufen. und Schatten zu finden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Fink (fortsetzend) : Präsident : Die 20 Minuten sind abgelaufen, Ich muß darum auch bitten, da ich infolge bitte noch eine Minute. (Abg. Uhlir: 30 Minu­ dieser Zwischenrufe die Zeit nicht einteilen ten !) kann, wenn ich mich auch bemühen will, Abgeordneter Dipl.-Ing. Fink (fortsetzend) : jetzt in Kürze noch einiges darzulegen, was Auf die Dauer wäre der absolut vollkommene nach meinem Dafürhalten mit Grund dieser Mensch unerträglich. Wenn auch durch eine Vorkommnisse war. starke Modernisierungswelle überdeckt, in der Sie wissen ja alle, daß ich seit 1945 durch Grundhaltung nicht so sichtbar, so will es meine wiederholten Hinweise auf den not­ mir doch scheinen, daß der Vorarlberger wendigen föderalistischen Staatsaufbau man­ noch immer ein Stamm der Hirten und der chen Damen und Herren des Hohen Hauses Fischer ist. lästig, ja sogar vielleicht überlästig- geworden Im weiteren überlasse ich es jedem selbst, bin. Das tut mir an sich leid. Ich darf aber zu überlegen, welche Eigenschaften, auch in dieser Stunde fragen: Haben wir auch wieder im Positiven oder Negativen, solche darüber genügend miteinander geredet 1 Leute haben und wie man sie behandeln Niemand gibt, sofern er sich nicht auf einem soll, so man mit ihnen gut zurechtkommen Ruhepfuhl ausstrecken will, gerne Kompe­ und sie in Treue erhalten will. Der ehrliche tenzen ab. So gesehen ist sogar ein maßvolles Sucher möge sich selbst den Reim dazu machen. Bemühen der Beamten in den einzelnen (Beifall bei der (JVP.) Gebietskörperschaften verständlich, ja sogar Und nun noch einmal zurück zum Schiff. anerkennenswert. Nicht zuletzt aber lastet Die Zeit ist der See, der Staat ist das Schiff, - und ich gebrauche absichtlich das Wort die Regierung ist das Segel und das Volk "lastet" - auf uns die Verantwortung, den ist der Wind. Verfassungsmäßig, das gebe richtigen Ausgleich zu finden. Zugegeben, ich zu, kann die Regierung, in diesem Fall seit 1929 hat sich manches geändert. Durch der Herr Verkehrsminister , die Segel stellen. die Entwicklung der Verkehrsmittel, sowohl Aber wenn er weiterkommen will, ja bei an Schnelligkeit wie auch an Bringungsver­ stürmischer See nicht kentern will, wird er mögen, sind die Räume kleiner geworden. wohl oder übel die Windrichtung beachten Auch bringt die Form der sozialen Sicherheit müssen, und daß der Wind nicht künstlich und der sozialen Marktwirtschaft gegenüber von Brunnenvergiftern gemacht wurde, zeigt einseitigem liberalistischem Denken einige not­ die Tatsache der Schiffsnamensgebung in den wendige Regelungen für den gesamtösterrei­ anderen Uferstaaten. Die Treue zum eigenen chischen Raum. Staate wird nämlich nicht geschmälert, wenn Haben wir uns aber, meine sehr Verehrten, man auch auf die Gewohnheiten des ... überlegt, ob es nicht notwendig wäre , den Katalog der Bundesverfassung durchzusehen, Präsident : Ich bitte, zum Ende zu kommen, ob nicht manches an die untergeordneten die Zeit ist überschritten. Gebietskörperschaften abgetreten werden Abgeordneter Dipl.-Ing. Fink (fortsetzend) : könnte 1 (Ruf bei der SPÖ: Da schauat ma Überbewerten und überspitzen wir nicht die schön aus ! - Ruf bei der Ö V P: Das wollen Vorkommnisse, das Schiff ist im Bodensee­ wir festhalten, was der jetzt gesagt hat !) Was wasser, es kann an seinem Ausbau weiter­ ein kleinerer Kreis ohne Schädigung des gearbeitet werden. Lassen wir inzwischen Gemeinwohles besorgen kann, soll nicht ein viel Wasser durch unsere Bergbäche und Übergeordneter behalten oder gar an sich Flüsse in den Bodensee rinnen, ... ziehen. Hiefür konkrete Beispiele aufzu­ Präsident : Jetzt ist Windstille . (Heiterkeit.) zählen wäre ich notfalls gerne in der Lage. Bitte zum Ende zu kommen. Österreich ist ein Bergland. Die Berge teilen den Staat in verschiedene Kammern, Abgeordneter Dipl.-Ing. Fink (fortsetzend) : die Länder, und auch in verschiedene Stämme . . . reden wir miteinander, dann wird das ein. Verschiedenen Blutes und verschieden schnellste und das schönste Schiff auf dem gewachsen sind daher auch in der Grund­ Bodensee eine gute Fahrt haben. (Beifall bei haltung Stammesunterschiede sichtbar. Hiebei der ÖVP.j dem Problem aus dem Wege zu gehen, wäre Präsident : Ich bitte die Debatteredner, gedankenlos oder fau l, den einen oder den sich an die Bestimmungen der Geschäfts­ anderen Stamm als besser hinzustellen, an­ ordnung zu halten, die von 20 Minuten spricht. maßend oder dumm. Ich habe es ein bißchen elastisch gehandhabt Auch bei den Stämmen eines Volkes verhält in Anbetracht der Zwischenrufe, ich bitte aber, es sich wie bei den einzelnen Menschen. die Redezeit nicht zu sehr zu überschreiten.

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Präsident (Abg. M a r k: Das gilt aber auch für drüben !) Landtagspräsidenten Tizian ausdrücklieh Hier gilt das gleiche. Ich bin bekanntlich sehr findet, daß man ein Schiff nicht mit diesem objektiv, Herr Kollege I (Abg. Prinke: Der Namen benennen lassen will, dann ist das Kollege Mark macht die meisten Zwischenrufe ! politisch motiviert, eine politische Demon­ - Abg. Glaser: Nur versteht man sie bei stration gegen Karl Renner gewesen. (Beifall uns nicht !) bei der SPÖ. - Widerspruch bei der ÖVP. - Zum Wort gelangt der Herr Abgeordnete Der Präsident gibt das Glockenzeichen.) Czernetz . Wenn der Kollege Fink sagte (Abg. Dr. J. Gruber : Mit der Stimme Ih.res Landesrates !), Abgeordneter Czernetz (SPÖ) : Hohes Haus ! es handle sich darum, daß man . . . ( Leb­ Wenn man die Ereignisse der letzten Tage be­ hafte Zwischenrufe bei ÖVP und SPO.) trachtet und die heutige Debatte anhört - auch die Bemerkungen meines Vorredners, des Präsident: Das Wort hat der Redner ! Herrn Abgeordneten Fink -, dann fällt einem, Abgeordneter Czernetz (fortsetzend) : . .., das möchte ich ganz offen sagen, ein Wiener, wenn man ein Schiff auf den Bodensee bringt, vielleicht ein österreichisches Sprichwort ein - auch auf die Windrichtung achten muß, dann na, wie soll ich sagen -: Wenn's dem Zebra muß man sehr wohl bemerken, wie man zu gut geht, dann geht's aufs Eis tanzen ! hineingeblasen hat. Das war nicht der spon­ (Abg. Glaser: "Esel" heißt das !) Schauen tane Volkszorn, sondern das war die syste­ Sie, ich hab nicht ein Wort verwenden wollen, matische Brunnenvergiftung in Österreich ! bei dem sich jemand betroffen fühlt. Ich habe (Beifall bei der SPÖ. - Zwischenrufe bei der "Zebra" gesagt. (Heiterkeit bei der SPO. - Ö V P.) Das war die organisierte Aktion ! Abg. Dr. Pittermann: Es haben sich aber (Abg. Altenburger : Sie sind ein Spezialist in welche betroffen gefühlt ! - Beifall bei der der Vergiftung ! - Weitere Zwischenrufe.) BPÖ.j Es taucht die Frage auf : Wie kommt man Präsident : Bitte einen Zebrastreifen denn zur Festsetzung eines Namens für ein zwischen den Streitteilen ! Schiff 1 Wie kommt man überhaupt zur Namens­ Abgeordneter Czernetz (fortsetzend) : Hohes gebung für Schiffe oder Häuser oder ähnliche Haus ! Der Herr Abgeordnete Fink hat jetzt Dinge in unserem Staat 1· Das ist kompetenz­ ausdrücklich betont : Bei dieser sehr uner­ mäßig geregelt, und es hat jetzt auch der Kollege freulichen Angelegenheit, bei diesen zweifels­ Fink zugegeben, daß das in der Kompetenz des ohne beschämenden Vorfällen am 21. Novem­ Verkehrsministers liegt. Wenn die Vorarlberger ber, hat es sich doch - er sagte - nur um die Landesregierung nicht genug damit hat, daß Wünsche der Vorarlberger gehandelt, nicht aber von sechs Schiffen der Österreichischen Bundes­ etwa um ein Herabsetzen des Andenkens des bahnen auf dem Bodensee vier bereits Vorarl­ verstorbenen Bundespräsidenten Karl Renner. berger Namen haben und ein fünftes Schiff Er hat deshalb auch meinem Parteifreund auf den Namen "Vorarlberg" umgetauft wird, Suchanek gesagt, er habe deshalb an der Sache wie der Verkehrsminister angekündigt hat, dann vorbeigeredet. ist es ja der Vorarlberger Landesregierung keineswegs untersagt oder unmöglich, eine Ich fr eue mich sehr über die Äußerungen des eigene Schiffahrtslinie zu beantragen und alle Kollegen Fink, aber ich bin etwas erstaunt. Schiffe so zu benennen, wie sie es will - nämlich Ich finde nämlich in seiner Parteizeitung, im ihre Schiffe ! (Beifall bei der SPÖ. - Zwischen· "Vorarlberger Volksblatt", vom 21. November rufe bei der ÖVP.) auf Seite 2 den Satz : "Hat der Herr Minister überhört, daß wir keine ,Karl Renner ' auf Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das dem Bodensee haben wollen 1" (Ruf bei der Wort hat der Redner ! SPÖ : Aha ! - Weitere Zwischenrufe.) Es han­ Abgeordneter Czernetz (fortsetzend) : Wir delt sich hier nicht bloß um den Wunsch, daß haben in der Stadt Wien Häuser, die mit man auch eine ... (Abg. Machunze: Lassen Mitteln des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds Sie diese Rabulistik ! Das hat mit dem Bundes­ gebaut worden sind und die Namen Jodok präsidenten nichts zu tun !) Ich bedaure sehr : Fink, Kunschak und so weiter tragen. Wir Karl Renner war nämlich Bundespräsident. ehren und würdigen diese Namen und halten Es hat nichts mit ihm zu tun 1 (Abg. Dr. es für selbstverständlich, daß die Bauherren, Kummer: Versuchen Sie nicht, mehr heraus­ die betreffenden Vereine, auch wenn mit zulesen, als drinnen steht ! - Weitere Zwischen­ öffentlichen Mitteln gebaut wurde, die Namens­ rufe bei der Ö V P�) gebung vornehmen. (Abg. Mark: Jodok Mein Freund Suchanek hat früher eine Reihe Fink-Hof in Wien !) Niemand mischt sich ein. von Äußerungen aus der Vergangenheit aus der Keine Bezirksvertretung eines Wiener Arbei­ Vorarlberger Presse über Karl Renner ge­ terbezirkes hat erklärt : Wir wollen diese bracht. Wenn man dann in dem Brief des Namen nicht ! Das gibt es bei uns nicht.

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Czernetz (Abg. Hartl: Aber ihr habt angefangen, Höfen I meine Parteifreunde gegen diese Form. Das sozialistische Namen zu geben ! - Weitere ist so ihr Recht, wie umgekehrt Ihre Auf­ Zwischenrufe bei der () V P.) fa ssung, daß etwas anderes nicht in Ordnung ist. (Abg. K ulhanek: Nein, das ist nicht das Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das gleiche !) Dennoch aber : Es ist eine Institution Wort hat der Redner ! des Bundes. (Abg. Dr. Prader: Seid froh, daß Abgeordneter Czernetz (fortsetzend) : Ich ihr mich habt, daß ihr über wen reden könnt !) möchte sagen . . , (Abg. Glaser: Warum die Daher hat meine Partei an die der Sozialisti­ Vorarlberger Landesregierung gefragt wurde, schen Partei angehörenden Bürgermeister die wollen Sie sagen !) Die Vorarlberger Landes­ strikte Aufforderung gerichtet, alle Demon­ regierung ist von einem Beamten eigenmächtig, strationen gegen diese Werbeaktion des ohne daß sein Minister es gewußt hat, gefragt Bundesheeres unter allen Umständen zu unter­ worden. (Abg. A ltenb urger: Das ist ein binden und dem Heer der Republik mit Loyali­ Schmäh ! - Abg. Dr. J. Gruber: Vom Mini­ tät entgegenzukommen. (Beifall bei der SP(J. ster ! Er hat es zugegeben !) Das ist nicht wahr. - Abg. Fachleutner: Das ist doch selblJtver­ Präsident (neuerlich das Glockenzeichen ständlich !) gebend) : Bitte sich etwas zu mäßigen ! Herr Wenn Sie gegen die Absicht des Bundes­ Abgeordneter Gruber, bitte etwas ruhiger ! ministers Probst so eingestellt waren wie wir (Abg. Dr. J. Gruber: Wenn es der Minister gegen die Form der Aktion des Bundesmi­ zugegeben hat, kann er nicht etwas anderes nisters Prader (Abg. Dr. Kummer: Das kann sagen !) Das Wort hat der Redner ! (Abg. Dr. man doch nicht vergleichen !), dann hätten Sie Pittermann: Der Abgeordnete Gruber ist ja in dem Augenblick, in dem von einem Mini­ Volksbildner !) sterium eine Handlung unternommen wird, in Abgeordneter Czernetz (fortsetzend) : Der der gleichen Weise die Verpflichtung zur Herr Minister hat, wie er jetzt auf neuerliches Loyalität gehabt. Das hat Ihre Partei in Befragen erklärt hat - Sie können ihm die Vorarlberg gebrochen ! (Lebhafte Zustimmung Frage wieder vorlegen -, ausdrücklich fest­ bei der S PO.) gestellt ... (Andauernde Zwischenrufe bei der Ich habe die Begründung gehört. (Abg. OVP. - Abg. Uhlir: Gebt schon einmal Ruhe Dr. Prader: Haben Sie aber auch gelesen, was da drüben ! - Abg. Altenburger: Er soll die "Arbeiter-Zeitung" geschrieben hat ? Haben sachlich sprechen ! Es war ein Beschluß der Sie das auch gelesen ?) Herr Minister ! Sie Landesregierung !) Kollege Altenburger, der haben so viele Möglichkeiten, als Minister oberste Richter in der Sachlichkeit sind Sie Fragen zu beantworten, Sie müssen nicht auch gerade nicht. (Heiterkeit bei der SPÖ. - Abg. noch das Instrument der Zwischenrufe miß­ Altenburger : Trotzdem !) brauchen. (Abg. Dr. Kummer: Zwischenrufe Ich möchte feststellen : Auf Befragen hat der sind sein gutes Recht ! - Abg. Dr. Prader: Verkehrsminister ausdrücklich erklärt, daß er Das verschweigt ihr !) keine solche Preisgabe von Kompetenzen Es wurde unter anderem gesagt, daß diese vorgenommen hat. Er hat im Rahmen seiner "harmlosen" Gewaltakte, wie die tätliche Be­ rechtlichen Vollmachten gehandelt. (Abg. drohung eines Ministers und hoher Beamter der Altenburger : Das bestreitet ja niemand ! Republik, in- und ausländischer Festgäste und Leider hat er das getan !) Einzelne untergeord­ eines Mitgliedes dieses Hauses (Abg. nete Beamte mögen das eigenmächtig getan Dr. Fiedler: Wie war es am 28. Oktober in der haben. Stellen Sie eine entsprechende Frage an Löwelstraße ?) Das werde ich Ihnen gleich den Herrn Bundesminister, er wird Ihnen die sagen. (Abg. Dr. Fiedler: Da bin ich neu­ Antwort aktenmäßig ganz genau belegen. (Abg. gierig !) Aber Sie müssen etwas Geduld haben, Dr. J. Gruber: Er hat es ja schon zugegeben !) lieber Kollege. Man kann nämlich nicht gleich­ zeitig über zwei Dinge reden. (Abg. Dr. Meine Damen und Herren ! Ich möchte Sie Fiedler: Wir warten schon vier Wochen aber noch auf etwas anderes aufmerksam darauf !) Ja, sofort. Sind Sie bereit, vorläufig machen: Ich billige Ihnen zu, daß Sie eine zuzuhören ? (Abg. Dr. Fiedler: Ja!) Dafür andere Auffassung haben, die ich nicht für bin ich Ihnen sehr dankbar. richtig halte. (Abg. Dr. J. Gruber: Danke ! - Abg. Machunze: Das ist Demokratie !) Sie Zunächst einmal die Feststellung : Die tät­ sehen meine Toleranz. (Ironische Heiterkeit lichen Angriffe auf Mitglieder der Bundes­ bei der ()VP.) Ich erwarte Sie auch von Ihnen. regierung, die Gefährdung . .. (Abg. M arwan­ (Abg. Machunze: Reden muß man miteinan­ Schlosser: Von Broda !) Wenn Sie schlecht der !) hören, nehmen Sie ein Hörgerät ! Ich werde darauf sofort eingehen. Als heuer im Sommer der Herr Bundes­ minister für Landesverteidigung eine eigene Die tätliche Bedrohung von Mitgliedern der Werbeaktion in seinem Sinne organisierte, waren Bundesregierung, von Mitgliedern dieses 232

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Czernetz Hauses und von hohen Beamten ist öffent­ von allen verurteilt, sondern im Gegenteil von liche Gewalttätigkeit ! (Abg. Dr. J. Gruber: manchen bejubelt worden sind. Auch in der Läwelstraße !) Wenn Sie jetzt von den Gewaltakten vor dem Wenn man jetzt dazu sagt, das Vorgehen in Parteihaus der Sozialisten reden, von den Vorarlberg sei aber ein föderalistischer Not­ Gewaltakten gegen meinen Parteifreund Broda, stand gewesen, dann darf ich Sie darauf auf­ dann kann ich dazu nur sagen : Das ist in mei­ merksam machen, daß eEi in einem Land, das ner Partei verurteilt worden, obwohl auch den Föderalismus wahrlich kennt, nämlich in Parteigänger dabei waren. Aber es ist in unserem Nachbarland Schweiz, heuer einen manchen Ihrer Zeitungen bejubelt worden : solchen Präzedenzfall gegeben hat. Während "Geschieht ihm recht !" - Das ist der Skandal. der Schweizerischen Landesausstellung ist in (Abg. Altenburger : Der Schuldige jür die Lausanne (Abg. Altenburger : Die Stromabschaltung ist Gemeinderatskandidat ge­ Löwelstraße läge näher !) Von Ihnen wußte worden !) ich nicht, daß Sie schlecht hören, ich wußte nur, . Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das daß Sie gut schreien können. (Abg. Alten­ Wort hat der Redner ! bU'l'ger: Aber die Läwelstraße ist doch viel Abgeordneter Czernetz (fortsetzend) : Es ist näher !) Können Sie sich nicht zurückhalten ? (Abg. Dr. Pittermann: Nein, das kann er eine Tatsache, daß wir, seitdem es von einzel­ nen in meiner Partei solche Bestrebungen ge­ nicht !) Das ist sehr bedauerlich. (Abg. Altenbu'l'ger: Tun Sie es ! - Abg. Dr. geben hat, dagegen angekämpft haben. Sie Pittermann: Weder er noch ein anderer !) wissen sehr wohl, daß ich zu denen gehört habe, Ich bin jetzt am Wort ! (Abg. Altenburger: die zuerst öffentlich auf diese Gefahr aufmerk­ sam gemacht haben. Wir haben sie bei uns Von der Schweiz erzählt er uns !) Ich lasse mir beseitigt. Sie haben uns dabei nicht geholfen, nicht vorschreiben, wann ich etwas sagen soll. sondern Sie haben uns gestört. Sie haben Öl Sie lassen sich von mir auch nichts vorschrei­ I ben. (Ankaltende Unruke.) ins Feuer geschüttet (Zustimmung bei der SP(j. - Abg. Weikhart: Sehr richtig !) Wie humorvoll es ist, daß man Minister der Aber es handelt sich nicht nur um Gewalt­ Republik angreift, darüber können Sie heute akte, sondern es handelt sich außerdem um einen lachen. Uns allen wird das Lachen aber ver­ symbolischen Akt, nämlich den Akt, daß die gehen, wenn das so weiter fortgeht. (Leb­ hajte Zustimmung bei der SP(j. - Abg. Dr. Fahne der Republik heruntergerissen und zu J. Gruber: Wer hat damit angefangen, Minister Boden getreten worden ist. Sehen Sie sich die zu bedrohen ? - Abg Suchanek: Schämen Sie große Zahl der dokumentarischen Aufnahmen Sich, Herr Abgeordneter Dr. Gruber! - Abg. an und hüten Sie sich, das irgendwie zu be­ Dr. Pittermann: Er ist ja Volksbildner ! - schönigen. Das ist ein symbolischer Akt, den es Abg. Dr. N eugebauer: Ein trauriger Volks­ seit Hitler in diesem Land nicht gegeben hat ! bildner !) (Lebhafte Zustimmung bei der SP(j.) Distan­ zieren Sie sich davon ! (Abg. Dr. N eugebauer: Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich Das ist Neojaschismus ! - Abg. M ark : Da bitte, den Redner nicht zu unterbrechen, sonst lacht der Herr Dr. Gruber ! - Abg. Altenburger: wird auch er Überzeit machen ! Das verteidigt niemand ! - Weitere Zwischen­ Abgeordneter Czemetz (fortsetzend) : Ich rufe.) rechne mit Ihrer Loyalität, Herr Präsident, Präsident : Das Wort hat der Redner ! daß ich das eingerechnet bekomme ! Abgeordneter Czemetz (fortsetzend) : Das Präsident : Fünf Minuten ist für alle die Problem, vor dem wir hier stehen, ist sehr äußerste Grenze. ernst. Ich habe vorhin gesagt, daß die Schwei­ Abgeordneter Czernetz (fortsetzend) : In der zer Bundesregierung einmütig diesen Gewalt­ föderalistischen Schweiz ist während der akt eines Separatisten verurteilt hat. Ich war Landesausstellung in Lausanne ein Regie­ daher erschüttert über eine Nachricht der rungsrnitglied von einem jurassischen Separa­ heutigen amtlichen "Wiener Zeitung". Es tisten tätlich angegriffen worden. Und die handelt sich dabei um eine Erklärung, die aus Reaktion ? Die ganze Schweizerische Bundes­ zwei Absätzen besteht, in der wahrlich auch regierung, der Bundesrat, alle Zeitungen, die auf andere Vorgänge, die Sie erwähnt haben, ganze Presse, alle Kantone, die ganze Öffent­ Bezug genommen wird und worin eine allge­ lichkeit haben diesen Gewaltakt verurteilt ! meine Warnung ausgesprochen wird, die die ( Ruf bei der (j VP: So wie wir ! - Widerspruch Bundesregierung zu beschließen nicht im­ bei der SP(j.) stande war. Es ist mindestens so beschämend Lesen Sie das heutige Protokoll nach, dann wie die Tatsache der Schändung der Flagge der werden Sie sehen, wie Sie das verurteilt haben. Republik Österreich, daß die Bundesregierung Vielleicht wissen Sie es nicht. Worauf es näm­ nicht imstande war, diese beiden Absätze zu lich ankommt, ist, daß diese Gewaltakte nicht beschließen, nämlich :

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Czemetz " Die Bundesregierung verurteilt aufs schärfste Ich bitte gerade den Kollegen Fink aus das Herabreißen von österreichischen Fahnen Vorarlberg, den ich als aufrechten Demokraten in Bregenz und die weiteren, anläßlich eines schätze, in seinem Land danach zu sehen, daß Staatsaktes verübten antidemokratischen Aus­ so etwas ein Ende nimmt, denn das ist eine schreitungen, durch die Personenschaden und Gefahr für uns alle. Sachschaden an öffentlichem Gut verübt und Meine Damen und Herren ! Man weiß von ein Mitglied der Bundesregierung in seiner mir sehr genau, daß ich in den innenpolitischen Sicherheit bedroht wurde. und - ich darf das fr eimütig sagen - auch Die Bundesregierung stellt fest, daß diese in den Parteidiskussionen ein Anhänger der Vorfälle, wie auch andere Demonstrationen großen Koalition bin. Die große Koalition in diesem Jahr, unserer demokratischen und hat sicherlich ihre Mängel. Aber mit dieser rechtsstaatlichen Ordnung Schaden zugefügt großen Koalition ist es jetzt in Österreich so haben, und ist entschlossen, derartigen Ent­ wie mit der Demokratie, über die Churchill wicklungen mit Entschiedenheit entgegenzu­ einmal sagte, sie sei das schlechteste System - treten." mit Ausnahme aller anderen Systeme. Ich Hohes Haus ' Ich bin besorgt darüber, daß kenne jedenfalls die Alternative dazu nicht. die Bundesregierung nicht imstande war, Kollege Fink sagte : Wir müssen miteinander diesen Beschluß zu fassen ; denn das ist nicht reden ! Lieber Kollege Fink I Es geht jetzt einseitig, das wendet sich gegen alle Seiten, da nicht um die Frage von Kompetenzpreisgaben, und dort. Es ist tief bedauerlich, daß ein sondern es geht um die Frage, ob wir überhaupt solcher Beschluß nicht möglich war. noch zusammenbleiben können. Einer meiner Parteifreunde sagte vor kurzem, er habe nur Meine Sorge dehnt sich auch auf manches eine Erklärung : Es sei so wie beim Material andere aus, bei aller Würdigung der Vor­ in einem Flugzeug, das müde wird. Man ist arlberger Eigenart, zu deren Verständnis ich hüben und drüben der Koalition müde ge­ einen Beitrag liefern kann, den der verblichene worden. (Zwi8chenrufe bei der 0 VP.) Bundespräsident Dr. Karl Renner in einer Meine Damen und Herren ! Darf ich Sie Rede in Bregenz im Jahre 1947 geleistet hat. ganz ernsthaft an die Worte zweier ehemaliger Renner sagte damals : "Die Vorarlberger sind für unser Österreich eine Notwendigkeit. Sie amerikanischer Präsidenten erinnern. Eisen­ hower sagte : Es gibt nur eine Alternative tragen in ihrem ganzen Wesen ein Stück zur "Coexistence": die "No-existence", näm­ . schweizerischen Charakter und sind so unsere lich daß die Existenz aufhört. Ich glaube, Verbindung zur Schweiz, sie repräsentieren das gilt auch weitgehend für diesen Staat, alte demokratische Tradition. Ganz Österreich diese Republik und unsere Innenpolitik. - weiß die Tugend des Vorarlbergers zu sohätzen". Der ermordete Präsident Kennedy sagte : Ich solidarisiere mich mit diesen Worten Koexistenz genügt nicht, wir brauchen Koope­ des verstorbenen Bundespräsidenten Renner. ration. (Rufe bei der 0 V P :Sehr gut !) Beachtet Aber ich lese mit gleicher Erschütterung in man das Versagen unserer Koalition im Rah­ den "Vorarlberger Nachrichten" vom 30. Sep­ men der Regierung bei dem notwendigen tember 1963 einen Bericht über die "Jung­ staatspolitischen Prozeß einer Verdammung bürgerfeier in der Landeshauptstadt" . Ich aller Gewaltakte, dann bekommt man Sorge. lese in diesem Bericht, daß der Festredner, (Anhaltende lebhafte Zwischenrufe .) Seine Magnifizenz Rektor Universitätsprofessor DDr. Ferdinand IDmer, unter anderem - wie Man kann doch nicht noch mehr nach beiden dem Bericht zu entnehmen ist - "eher eine Seiten reden, als ich es getan habe. Schreien düstere als realistische Abrechnung mit der Sie doch dabei nicht ! Was wollen Sie denn 1 Gegenwart" gehalten hat, "gleichsam als (Abg. Weikhart: Seid doch ein bißehen ernst sollte die Jugend vor allem, was Politik heißt, bei die8er Sache ! - Abg. Altenburger, zur gewarnt werden". Es wird dann weiter zitiert : S pO zeigend: Die drüben haben geschrien !) " . .. seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte Wenn Kollege Altenburger von anderen be­ beherrsche der Starke den Schwachen, sei hauptet, daß sie geschrien haben, dann lachen Betrug an allem am Werk und das Böse im alle. Umlauf. Das Mitwirken an diesem Prozeß Meine Damen und Herren I Wir haben in nenne man dann Politik. Es sei kein Wunder, dieser Koalition immer Streit gehabt, und es daß sich die Jugend für politisches Geschehen wird so bleiben. Aber wir wollen uns zu­ kaum interessiere. " Wenn ich das lese - sammenstreiten ! Gebieten wir den Demon­ das ereignete sich bei der Jungbürgerfeier, so strationen und Gegendemonstrationen Ein­ wird Erziehung betrieben I -, dann erschauere halt - nicht einem friedlichen Demonstrieren, ich. (Abg. Dr. Pittermann: Volksbildner das ist in einer Demokratie möglich -, bereiten Gruber ! - Weitere Zwischenrufe. - Der wir den Gewalttaten rasch ein Ende ! Die Präsident gibt das Glockenzeichen.) Gewalttaten, die von einzelnen - von ein-

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Czemetz zeInen t - mit unerlaubten Mitteln in meiner landes zu fällen, wie sie leider gefällt worden Partei organisiert worden sind, haben wir ist. Es ist bedauerlich, daß der Sprecher der abgestellt. Das ist erledigt. (Abg. Lola Solar: Sozialistischen Partei dem toten Staatsmann Das ist ia nicht in unserer Partei ! Das hat Dr. Kar! Renner, dieser unumstrittenen Per­ doch mit unserer Partei nichts zu tun !) Unter­ sönlichkeit, diesen schlechten Dienst erwiesen stützen Sie uns dabei im Interesse unserer hat und ihn in diese politische Diskussion gemeinsamen Sache, fallen Sie uns aber nicht hineingezogen hat. in den Rücken t Meine Damen und Herren' des Hohen Ich möchte ein zweites dazu sagen. Man soll Hauses ! Nicht nur die freiheitliche Fraktion daran denken, daß Gewaltakte und Gegen­ in diesem Hohen Haus, sondern auch unsere gewaltakte eine eigene Gesetzmäßigkeit auf· Parteifreunde in Vorarlberg distanzieren sich weisen, die wir erlebt haben. Man hat uns ganz entschieden von den Gewalttaten, die in diesem Hause gelegentlich gesagt, die von den Demonstranten gewählt wurden, um jungen Leute · interessieren sich nicht für die ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen, einem Vergangenheit, für ... Unmut, der den Geboten widersprochen hat, Präsident : Herr Abgeordneter t Ihre Zeit die in einer Demokratie bei der Austragung ist jetzt um fast 5 Minuten überschritten. Sie von Meinungsverschiedenheiten eingehalten haben noch eine lVI inute. werden müssen. Aber, meine Damen und Herren, es ist auch das Verhalten des Herrn Abgeordneter Czemetz (absch ließend) : Eine Verkehrsministers Probst nicht gutzuheißen, Minute vom Kollegen Altenburger nehme ich weil er seinen Standpunkt entgegen dem mir noch dazu. (Allgemeine Heiterkeit.) Die Willen der Bevölkerung des Bundeslandes Gefahr des Aufeinanderprallens ist gegeben, Vorarlberg hartnäckig durchsetzen wollte. und ich sage nur eines : Wir betteln nicht um Die ständigen Übergriffe des Staatszentralis­ die Zusammenarbeit, mißverstehen Sie uns mus - mit aller Deutlichkeit muß ausge­ nicht. Aber ich erlaube mir zu mahnen, zu sprochen werden : von beiden Seiten - haben mahnen, bevor es zu spät ist. Mein Appell am Samstag die Empörung der Vorarlberger geht an die Vernunft hüben und drüben. hervorgerufen. Gerade von einem sozialisti­ ( Bravorufe bei den Sozialisten und Zustim­ schen Minister - das muß ich sagen, das kann mung bei Abgeordneten der (jV P.) Es ist eine ich Ihnen nicht ersparen - hätte man mehr Mahnung an das Verantwortungsbewußtsein Verständnis für den Willen des Volkes erwartet. hüben und drüben. Ich versichere Ihnen : Wenn ich dies sage, so halte ich mich an einen Wir haben getan, was möglich ist, um Ge­ Pressedienst, den unsere freiheitlichen Kame­ walttaten zu unterbinden, und wir werden es raden in Vorarlberg aus diesem Anlaß heraus­ weiter tun. Tun Sie das Ihre t Es geht um gegeben haben. die friedliche Entwicklung unseres Landes, Das Verhältnis der Vorarlberger zu den das in der Vergangenheit so schwer geprüft Wiener Zentralstellen ist ja schon aus der war. Es geht um kein parteipolitisches Ge­ Zeit vorbelastet, als die alliierten Besatzungs­ zänk mehr, es geht um mehr. Es geht um mächte die Rundfunkstation in Vorarlberg diese Demokratie und um unsere Republik ! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.j wieder an Österreich zurückgegeben haben. Damals hat Dipl..Ing. Waldbrunner als Ver­ Präsident: Als nächster Redner ist der kehrsminister den Rechtsanspruch der Vor­ Herr Abgeordnete Dr. Kos zum Wort gemeldet. arlberger auf Errichtung eines autonomen Ich erteile es ihm. Landessenders ignoriert . (Abg. Dr. PUter· Abgeordneter Dr. Kos (FPÖ) : Hohes Haus ! rrtann: Der Verfa8sungsgerichtshof hat ihm Meine Damen und Herren ! Es ist selbst­ später recht gegeben !) Ein später zugunsten verständlich, daß die freiheitliche Fraktion zu Vorarlbergs erfiossenes höchstgerichtliches Er­ dem aufgeworfenen Thema Stellung nimmt. kenntnis des Verwaltungsgerichtshofes konnte Es ist selbstverständlich für mich, daß ich die Gewaltmaßnahme des Herrn Verkehrs­ dies in einer sachlichen Form tun werde. Ich ministers, mit der das Studio Dornbirn dem glaube, es wird nicht notwendig sein, mich Staatsrundfunk unterstellt wurde, nicht mehr darauf hinzuweisen, daß die Redezeit über­ rückgängig machen. schritten wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren t Vor allem meinen Kollegen, den Damen und Das, was sich in Vorarlberg abgespielt hat, Herren von der Sozialistischen Partei möchte ist der Ausdruck eines föderalistischen Landes ich eingangs folgendes sagen : Wir, die wir gewesen, das von seinem föderalistischen den verewigten Staatspräsidenten Dr. Karl Charakter zutiefst überzeugt ist, gegen den Renner kennengelernt haben und seiner mit Wiener Zentralismus. Der Herr Kollege Czer= Achtung gedenken, bezweifeln, ob es in seinem netz hat hier sehr richtig gesagt : Wenn es so Sinne gelegen war, eine Entscheidung gegen weitergeht, wird uns allen das Lachen ver­ die Mehrheit der Bevölkerung eines Bundes- gehen! Das kann ich nur unterstreichen.

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Dr. Kos Aber schauen wir doch etwas zurück ! das, was sich in Innsbruck beziehungsweise Worauf sind denn alle diese Dinge zurückzu­ in Wien ereignet hat, der Umstand, daß der führen � Weil den Anfängen dazu in diesem Herr Präsident den zuständigen Herrn Minister Staate nicht gewehrt wurde : damit hat es angeblich nicht von seinem Einverständnis begonnen, in Berndorf beispielsweise. Niemand unterrichtet hat, daß dieses Schiff den Namen ist dort eingeschritten, niemand war imstande, "Vorarlberg" tragen soll, kann doch nicht der diese von der Vereinsbehörde gebilligte Kund­ Grund für die Abberufung des Herrn Präsi­ gebung, die von der Exekutive zu schützen denten der Bundesbahndirektion Innsbruck war, so ablaufen zu lassen, wie das Pflicht sein. Es ist doch völlig undenkbar, daß eine der dazu berufenen Organe und des zuständi­ solche Handlungsweise eines Beamten zu gen Ministers gewesen wäre. Das sind Dinge, diesen Maßnahmen führt! Ich bin neugierig, die man deswegen sagen muß, weil man sich wie das weitergehen soll und ob in allen anderen heute nicht darüber wundern darf, daß es Fällen auch so konsequent durchgegriffen jetzt so weit gekommen ist. wird, wie man es in diesem Falle praktiziert Der Umstand - und auch das hat der hat. Herr Kollege Czernetz angeprangert -, daß Hohes Haus ! Meine Damen und Herren ! eine Einigung der Bundesregierung nicht zu Wir Freiheitlichen haben Ihnen im Hinblick erzielen war, ist kein Vertrauensbeweis für auf die Abberufung des Präsidenten der diese Republik. Wenn man vom Herrn Innen­ Bundesbahndirektion Innsbruck einen Antrag minister hört, welche Vorsichtsmaßnahmen zu unterbreiten. Der Antrag lautet : ergriffen werden mußten und welche Vor­ Der Nationalrat wolle beschließen : bereitungen getroffen wurden, um den Ablauf dieses Festaktes - nicht eines Staatsaktes - Der Nationalrat hält die von Bundes­ zu gewährleisten, dann kann man bald den minister für Verkehr und Elektrizitätswirt­ Eindruck gewinnen, daß man glaubt, sich schaft, Otto Probst, in der heutigen Frage­ von Wien aus in Feindesland zu begeben. stunde des Nationalrates bekanntgegebene Dienstenthebung des Präsidenten der Bun­ Wenn diese Dinge aufgeklärt werden sollen, desbahndirektion Innsbruck wegen dessen wenn ihnen nachgegangen wird, so können Verhalten in der Frage der Namensgebung wir alle das nur gutheißen. Es wäre nur gut des neuen Bodenseeschiffes für zu weit­ gewesen , wenn man mit denselben Anstren­ gehend und unberechtigt. gungen auch jenem verurteilungswerten, ver­ dammungswerten Bombenanschlag nachgegan­ Er fordert den Bundesminister für Verkehr gen wäre. Seinerzeit ist auch in Vorarlberg und Elektrizitätswirtschaft auf, diese Dienst­ auf einen freigewählten Bürgermeister ein enthebung unverzüglich rückgängig zu ma­ Bombenanschlag verübt worden. (Abg. Dr. van machen und - falls erforderlich - eine Tongel.' Das war ja nur ein Freiheitlicher !) ordentliche Diziplinaruntersuchung durch­ führen zu lassen. Meine Damen und Herren ! Wir begrüßen es, daß nun die entsprechenden Schritte, die das Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Gesetz erlaubt, getan werden. Aber wir hoffen, Ich fordere Sie auf, diesem unserem Antrag daß auch in allen jenen Fällen, in denen Ihre Zustimmung zu geben ; denn warum soll Demonstrationen ohne Genehmigung erfolgen, ein Unschuldiger der Lückenbüßer für etwas womit Ruhe und Ordnung gestört werden, die sein, was ganz andere zu verantworten haben ! Beamten der Exekutive mit Photoapparaten Meine Damen und Herren von der Österrei­ ausgestattet werden, um der Justiz die Ver-­ chischen Volkspartei ! Ich muß Sie auffordern, folgung zu ermöglichen, umsomehr, wenn diesem Antrag zuzustimmen. (Abg. Dr. H ur­ behördlich genehmigte Veranstaltungen statt­ des .' Wir haben euch ja auch nicht aufgefordert, finden und daher der Behörde die Aufgabe in der anderen Frage mit den Sozi zu stimmen !) obliegt, den ungestörten Ablauf von solchen Das wäre die Herstellung eines gewissen Veranstaltungen sicherzustellen. Gleichgewichtes bei Abstimmungsmodalitäten. (Abg. Dr. Hurdes.' Eine Unrechtskompen­ Aus der Antwort des Herrn Verkehrs­ sation gibt es nicht!) Wir fordern Sie deshalb ministers mußten wir entnehmen, daß gegen auf, diesem Antrag zuzustimmen, weil sonst den H�rrn Präsidenten der Bundesbahndirek­ der Eindruck entstehen könnte, daß Sie sich tion Innsbruck disziplinäre Maßnahmen er­ mit den Sozialisten auf dem Rücken der griffen worden sind. Es ist selbstverständlich ­ Beamtenschaft einigen. (Beifall bei der F p(j.­ und es wird sich in den nächsten Tagen wieder Abg. Dr. H urdes: Sie wollen ein Alibi haben ereignen -, daß Sie der Beamtenschaft wohl­ für die Millionen ! - Weitere Zwischenrufe.) verdientes Lob spenden. Es ist selbstver­ ständlich, daß Sie sich bei jeder sich bietenden Präsident : Moment, jetzt bin ich am Wort ! Gelegenheit und dann, wenn es notwendig Es handelt sich um einen Entschließungs­ ist, vor diese Beamtenschaft stellen. Aber antrag nach § 73 Abs. 4 der Geschäftsordnung,

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Präsident der genügend unterstützt ist und daher zur helfen ! (Abg. Uhlir."Die Ph otographien werden Diskussion steht. Ich mache von meinem es beweisen ! - Abg. M arTc." Ich kenne den Recht Gebrauch und werde ihn erst morgen Namen !) Wenn Sie ihn kennen, ist es recht ; zur Abstimmung bringen. (Abg. Dr. Hurdes." ich kenne ihn nicht, ich war nicht dort. (Wei­ Er steht aber noch zur Debatte, weil ich mich tere Zwischenrufe .) Ich verbiete mir diese dazu zum Wort melden möchte !) Er steht Anschuldigung. selbstverständlich zur Diskussion, ich werde Präsident (neuerlich das Glockenzeichen ge­ aber erst morgen darüber abstimmen lassen. bend) : Das Wort hat der Redner ! Der nächste Redner ist der Herr A bgo­ ordnete Dipl.-Ing. Hämmerle. Ich erteile ihm Abgeordneter Dipl.-Ing. Hämmerle (fort­ setzend) : Dem Sicherheitsdirektor hat man das Wort. vorgeworfen, er habe sich nicht richtig einge­ Abgeordneter Dipl.-Ing. Hämmerle (ÖVP) : setzt. Ich möchte die Herren in Wien aber Hohes Haus ! Als Vorarlberger Abgeordneten fr agen : Wenn sich 10 Prozent der Bevölkerung wird wohl von mir erwartet, daß ich heute im - und das waren es wenigstens - zu einer Hohen Haus das Wort ergreife . Sie werden Demonstration entschließen, sind es in Wien mir konzedieren müssen, daß ich nicht ein 160.000. Und die soll ein alleinstehender Mann bin, der sich dafür einsetzt, daß sich Sicherheitsdirektor wie der in Vorarlberg, politische Auseinandersetzungen auf der Straße ohne ein Heer aufstellen zu können, zurück­ abspielen, und daß ich wie wohl jedes Mitglied halten � Was machen Sie in Wien, wenn dieses Hauses Übertreibungen und Ausschrei­ 165.000 Menschen aus dem Boden heraus­ tungen zurückweise. Das Bedauern über der­ wachsen 1 (Abg. Uhlir: So plötzlich ist es nicht artige von unkontrollierbaren Einzelpersonen geschehen? Nein ! Nein ! Auch nicht richtig !) vollbrachte Vorfälle hat ja auch die Vorarlberger Es ist sehr plötzlich geschehen, kein Mensch Landesregierung bereits ausgesprochen, gestern hat da von gewußt! (Ruf bei der S p() : Die auch einmütig der Klub der ÖVP. Über die Transparente sind Tage vorher geschrieben Anprangerung solcher Vorfälle war heute worden !) schon genügend zu hören. Nun zu der andern Frage, die auch ange­ Ich möchte zuerst auf einige Ausführungen schnitten wurde, die Mißachtung der Demo­ der Vorredner zu sprechen kommen. Es ist kratie. Damit haben Sie, meine Herren von mir unklar, warum soviel vom Andenken der Sozialistischen Partei, hier im Hause be­ Renners gesprochen wurde, das wir genauso gonnen, als Sie die Urteile von Höchst�erichten ehren wie jeder der Redner, der gesprochen hat. frustriert haben ! (Beifall bei der ()V P. - Wir sehen auch ein, daß es keine besondere Abg. U h l i r ." Auch eine unrichtige Behauptung !) Ehrung gewesen ist, einem Donauschlepper Lassen Sie mich nach diesen Klarstellungen diesen Namen zu geben, wie es, wie ich gehört als Anwalt auftreten und schildern, was Zehn­ habe, geschehen ist. Das wäre keine besondere tausende von Vorarlbergern veranlaßt hat, Ehrung. ohne von langer Hand vorbereitete Propa­ Es ist unglaublich, die Fahne des Bundes zu ganda an dieser Demonstration teilzunehmen. schänden. Ich möchte dazu folgendes sagen : ( Abg. M a r k."Es gibt Berichte, daß vorbereitet Man kann sich ausdrücken, wie man will, aber wurde !) Ich weiß, es gibt Leute, denen der nach dem, was mir erzählt wurde, wurden bei Hut hochgeht, wenn sie das Wort "Alemannen" der sogenannten Nottaufe, die stattfand, die hören. Diesmal ist aber der alemannische Fahnen - das waren die Bregenzer , die V or­ Geßler-Hut auf die Stange gegangen. (Abg. arlberger und die Bundesfahne - auf halbmast Dipl.-Ing. Dr. O. Weihs." ... und hat die Fahne gesetzt - man kann das auch "herunter­ heruntergerissen ! - Weitere Zwischenrufe. - reißen" nennen - und dann wieder aufge­ Der Präsident gibt erneut das Glocken­ zogen. Das ist dort geschehen. (Zwischenrufe zeichen.) bei der SP(). - Abg. Uhlir: Nein, leider Ich glaube, es ist kein Zufall, daß man die nicht! Es ist mehr geschehen ! - Ruf bei der Figur des Wilhelm Tell in einem alemannischen SP() : Rechtfertigen Sie das ?) Land spielen läßt. Die Parallele drängt sich geradezu auf. Die Empörung über die Zurück. Präsident (das . Glockenzeichen gebend) : Das setzung, Bevormundung und zuletzt sogar Wort hat der Redner ! Lächerlichmachung hat sich aufgespeichert. Abgeordneter Dipl.-Ing. Hämmerle (fort­ Es ist nämlich eine Lächerlichmachung, wenn setzend) : Wenn mehr geschehen ist, so weiß ich man vorschlägt, einem in nächster Zeit abzu­ nichts davon. Ich habe gehört, daß es so ge­ wrackenden Schinakel den Namen "Vorar!­ schehen ist, wie ich es gerade geschildert habe. berg" zu geben. Das ist eine Brüskierung und Ich schütze niemanden, der eine Fahne eine Lächerlichmachung. (Abg. Uhlir: Das schändet. Wenn Sie mir den Mann nennen, ist auch nicht richtig ! Sagen Sie das, was richtig werde ich mich nicht vor ihn stellen oder ihm ist ! Es . ist kein abgetakeltes Schinakel !) Es

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Dipl.-Ing. Hämmerle ist ein abgetakeltes Schinakel, das in nächster führer namens Marxgut sei Jugendführer und Zeit aus dem Verkehr gezogen werden soll. AAB-Obmann von Dornbirn, iat völlig aus der (Abg. Probst: Es wurde überholt l - Abg. Luft gegriffen. Es ist mir nicht einmal be­ Buchanek: Aber "Osterreich" darf das Bchiff kannt, ob derselbe ÖVP-Parteimitglied ist.

heißen 1 - Weitere Zwischenrufe.) Wir haben Obmann ist nämlich unser Abgeordneter Stohs, es nicht "Österreich" getauft, das waren wieder falls Ihnen das nicht bekannt sein sollte. Sie. Jetzt können Sie es aus dem Dienst ziehen, Die Vorwürfe des Herrn Verkehrsministers, aber nicht mit dem Namen "Vorarlberg", daß die Exekutive "weder willens noch im­ den Sie ihm dazu geben wollen. Das ist die stande war" , sich zu betätigen, hat bereits Brüskierung ! (Abg. Buchanek: Das Sehiff die Sozialistische Partei Vorarlbergs mit aller ist renoviert worden l - Abg. Probst: Das Deutlichkeit dankenswerterweise zurückge­ BchiD ist 1962 mit 2 % Millionen Schilling wiesen. Man kann nicht auf der einen Seite renoviert worden; das wissen Bie sehr genau 1 von "im Einsatz verletzten Gendarmen" schrei­ Aber Sie sagen etwas anderes I) ben und auf der anderen Seite ihren mangeln­ Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das den Einsatz rügen ! (Abg. Suchanek: Es war Wort hat der Redner ! die Rede von der Leitung !) Der Herr Sicher­ heitsdirektor Dr. Sternbach, der ebensowenig Abgeordneter Dipl.-Ing. Hämmerle (fort­ wie irgend jemand anderer den Umfang der setzend) : "Denn allzu straff gespannt, zer­ Demonstrationen ahnen konnte, hat oft genug springt der Bogen", heißt es bei "Wilhelm allen Ernstes gewarnt und dadurch Gott sei Tell". Dank geholfen, größeres Unheil zu vermeiden. Die Vorarlberger Landesregierung hat bei Dasselbe gilt vom Bezirkshauptmann in Bre­ diversen vorangehenden Gelegenheiten ihrem genz. (Anhaltende Unruhe.) Namensgebungswunsch Ausdruck gegeben und : mußte zum Schluß zur Taufe ein kurzes, in Präsident Ich bitte, den Redner nicht zu ­ brüsken Worten ohne jegliche Begründung unterbrechen ! (Abg. Mark: Er hat doch be gehaltenes Diktat entgegennehmen, was man richtet I) nur als Ungehörigkeit bezeichnen kann. Ihr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hämmerle (fort­ Fernbleiben kann daher als verständlich ange- setzend): Wann hat er berichtet 1 Er hat genau­ sehen werden. Ich zumindest konnte es per- so wenig wie ich an dem Tag, wo die Geschichte sönlich nachfühlen , nachdem ich im Finanz- losgebrochen ist, gewußt, wie viele Leute ausschuß, in dem ich dieses Thema ange- kommen. (Abg. Suchanek: Das ist ein guter schnitten habe, in ungehörig brüsker Weise Sicherheitsdirektor, der ahnungslos ist !) Ja­ vom Herrn Minister abgefertigt wurde, als ich wohl, ahnungslos ! Woher wissen Sie es, wenn in allem Anstand und mit ernster Höflichkeit nach einer Zeitungsmeldung, die einen Tag sagte, daß es keineswegs eine ablehnende Hal- vorher gekommen ist, 160.000 Leute in Wien tung oder eine Mißachtung Dr. Renners be- irgendwo stehen sollen ? (Abg. Suchanek: deute, wenn Vorarlberg auf den langgehegten Dazu ist er Sicherheitsdirektor !) Wenn nun Wunsch dieser Namensgebung poche. nach den Tätern und Rädelsführern geforscht Ich machte auf den tiefen Unmut der Be- wird und das Strafgericht aufgerufen ist, so völkerung aufmerksam, wurde aber mit meiner ist es nicht meine Sache, mich dazu zu äußern . Warnung nicht ernst genommen. Der Wunsch (Abg. Probst: 40.000 Leute ? Halten auch hatte ja seine Gründe. Wenn ein Fremder Sie das Märchen aufrecht ?) Ich spreche von in Konstanz ein Bodenseeschiff betritt, 10 Prozent, und Vorarlberg hat über 200.000 das "Vorarlberg" heißt, wird er fr agen, was Einwohner, also sind es 20.000. Sie haben das ist. Darauf wird man ihm das schöne behauptet, es waren nur 3000, aber dazu kann Panorama im Süden des Sees zeigen, und er man nur lachen, Herr Minister. Schauen Sie wird dann gerne dieses Land besuchen. Hat doch die Photographien an ! (Abg. Probst: das Schiff den Namen eines Politikers oder Der Prozentsatz ist ja falsch, nicht die Rech­ auch eines verstorbenen Staatsoberhauptes, nung ! - Weitere Zwischenrufe. - Der Prä­ so wird ihm das wahrscheinlich weniger sagen . sident gibt das Glockenzeichen.) Ich wüßte zum Beispiel auch nicht, wie die Ich habe gesagt : Wenn man jetzt nach Präsidenten von Baden-Württemberg oder Tätern und Rädelsführern forscht und das der Schweiz vo� 20 Jahren geheißen haben. I Strafgericht angerufen hat, so ist es nicht (Ruf bei der SP() : Geh hör auf I) Geh hör auP meine Sache, mich dazu zu äußern. Es drängt Wissen Sie es vielleicht ? (Beifall und H eiter- mich nur, eine Parallele aufzuzeigen. Ich keit bei der (JV P.) gehe aber nicht bis zu Kennedy oder vielleicht Lassen Sie mich noch einige kurze Be- nach Kongo. Wer hat bei den Unruhen, die merkungen zur Beurteilung der Vorfälle in kürzlich in Wien waren, wo sogar Minister Bregenz machen. Dj e Behauptung in der insultiert und tätlich angegriffen wurden, nach "Arbeiter-Zeitung" vom 24. 11., ein Rädels- Tätern gesucht 1 Wer und bei wem hat man

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Dipl.-Ing. Hämmerle sich in Wien entschuldigt, daß der Strom ab­ Meiner Auffassung nach ist das unerhört . geschaltet wurde und die Str�ßenbahn nicht (Zwischenrufe.) Unerhört ist das, und wir fuhr 1 (Zustimmung bei der O VP.) werden uns, wo es um die Freiheit auch der Lassen Sie mich zum Schluß aus diesen Beamten geht, immer zu wehren wissen. O beiden Vorkommnissen eine Lehre ziehen ­ (Beifall bei der VP. - Abg. Dr. van Tongel: ich schließe mich hier meinem Vorredner, Nur nicht bei der Abstimmung I) Herrn Czernetz , an -: Sie sind ein weithin, Wir haben uns schon einmal bei einem leider auch ins Ausland sichtbares Fanal, Regierungsmitglied der Sozialistischen Partei . wieweit Österreich gekommen ist in der Miß­ hier im Haus sehr deutlich zu Wort gemeldet, achtung seiner politischen Führung. Sind es und die weitere Entwicklung hat der Öster­ denn nicht wir gewählte Volksvertreter des reichischen Volkspartei recht gegeben. Recht Hohen Hauses, die hier für ein Halt und für muß eben Recht bleiben, auch für den Beam­ eine Umkehr zu sorgen haben 1 Brüskieren ten. (Erneuter Beifall bei der ()V P.) wir also nicht unbedacht und unnötig die Ich glaube, der Appell, der von uns aus als föderalistischen Gefühle unserer Bundes­ dem Koalitionspartner an den Herrn Minister länder und versuchen wir, auch in anderen gerichtet wurde, daß er nach den gesetzlichen Fragen Gerechtigkeit und Einigkeit zum Wohle Vorschriften vorgehen soll, wird genügen. des gesamten Volkes walten zu lassen. Es gibt für solche Dinge ein Disziplinarver­ Ich schließe, indem ich nochmals "Wilhelm fahren, und wir sind keine Freunde von der Tell" zitiere : "Wir wollen sein ein einig Volk Methode, daß ein Minister, ob es ein jetziger von Brüdern, in keiner Not uns trennen und ist oder ein früherer, den starken Mann spielt Gefahr !" (Beifall bei der O VP. - Abg. Uhlir: und die bestehenden Vorschriften einfach Ein guter Vorsatz !) übergeht ! (Zustimmung bei der Ö V P.)

Präsident : Als nächster zum Wort gemeldet Zur Debatte möchte ich nur einige kurze ist der Herr Abgeordnete Dr� Hurdes. Ich Sätze sagen. Ich bin nämlich durchaus der erteile es ihm. Auffassung, die unser Abgeordneter Fink hier dargelegt hat : Wir dürfen es, auch wenn sich Abgeordneter Dr. Hurdes (ÖVP) : Hohes solche Vorfälle ereignet haben, nicht so weit Haus ! Ich hatte nicht die Absicht, hier in kommen lassen, daß man zum Schluß nicht dieser Debatte das Wort zu ergreifen. Ich vernünftig weiterreden kann ; denn das Leben habe mich aber auf Grund des Appells des geht weiter, und unsere österreichische Be­ Herrn Abgeordneten Dr. Kos an die Abge­ völkerung hat kein Verständnis dafür, wenn ordneten der Volkspartei zum Wort gemeldet. die Abgeordneten nur miteinander streiten Ich habe schon in einem Zwischenruf zum und Abgeordnete und Regierung sich nicht Ausdruck gebracht, daß wir solche Appelle bemühen, eine einvernehmliche Lösung zu von der FPÖ nicht benötigen. Wir haben finden. (Abg. Probst: Für Sie wäre es ein uns immer an Vereinbarungen gehalten und bißchen schwer gewesen, zu sagen, das Leben sind nicht - ich möchte jetzt nicht auf die geht weiter !) näheren Umstände eingehen - aus diesem Verehrter Herr Abgeordneter Czernetz ! Ich oder jenem Grund zu verschiedenen anderen schätze Ihre Ausführungen, aber Sie haben Erwägungen gekommen. An und für sich ist heute sehr versucht, an der Sache herumzu­ das, was in diesem Antrag steht, sehr ver­ reden und den anderen die Schuld in die ständlich. (Abg. Dr. K os: Wir lassen Ihnen Schuhe zu schieben. Wenn Sie sagten, daß man den Vortritt !) Das ist sehr lieb. Wir brauchen die Vorfälle in der Löwelstraße entsprechend keinen Vortritt, denn so gut sind wir nicht geahndet habe, so frage ich Sie eines : Warum miteinander, wir haben auch keine Geschäfte legen Sie jetzt in Vorarlberg einen so strengen miteinander gemacht. (Beifall bei der O v P. - Maßstab an ? Sie wissen, daß derjenige, der - Abg. Uhlir: Wirklich nicht ?) Wir haben damals den elektrischen Strom abgedreht hat, keine Geschäfte miteinander gemacht, und Ihr Parteimitglied Hirsch war, der Betriebsrat die, die in diesem Fall Geschäfte gemacht im Simmeringer Werk war, und Sie haben haben, werden auch sagen, sie müßten sich sich nicht einmal in der Weise davon distan­ erst überlegen, ob das Geld gut angelegt war. ziert, daß Sie ihn aus der Gemeinderatsliste Im übrigen ist mir die Formulierung zu für Wien herausgenommen haben ! Das ist schwach, wenn es hier heißt, daß das Vorgehen meines Erachtens unverständlich! Man kann des Herrn Ministers Probst, indem er uns hier nicht von Recht und von Demokratie reden mitgeteilt hat, daß er die Dienstenthebung des und sie den anderen predigen, sich selber aber Präsidenten derBundesbahndirektionlnnsbruck nicht daran halten ! (Beifall bei der Ov P. - verfügt hat, "zu weitgehend und unberech­ Abg. Gzernetz: Vize kanzler Dr. Pittermann tigt" ist. (Abg. Dr. K 0 s: Das bleibt Ihnen hat als Parteiobmann öffentlich dagegen Stellung unbenommen !) Ich muß Ihnen mehr sagen. genommen !) '

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Dr. Hurdes Eines möchte ich Ihnen sehr deutlich sagen, Obst und mit Steinen untermauern muß meine Herren ! Man darf auch nicht so weit (Ruf bei der 0 V P,' Das versteht niemand !) , gehen, daß man sich von solchen unerfreuli­ dann, so muß ich sagen, distanzieren wir uns chen Vorgängen nur for mell distanziert. (Abg. von dieser Freiheit ! Dr. Pittermann,' Leider nicht, Hurdes I) Es ist ganz interessant, daß während der Ich glaube, das ist von allen Berufenen schon eigentlich sehr ruhigen und sachlichen Aus­ gesagt worden, auch im Ministerrat ! Man ist führungen, die von Herrn Abgeordneten Su­ dort nicht zu einer einheitlichen Resolution chanek (ironische Heiterkeit bei der Ov P) zur gekommen - die Österreichische Volkspartei Begründung unseres Antrages vorgebracht hat auch eine sehr vernünftige Resolution vor­ wurden, einige Herren der Österreichischen gelegt -, weil, wie ich den Eindruck habe, Volkspartei gleichsam getobt und ihrem Miß­ das Miteinanderreden leider manchmal auch fallen Ausdruck gegeben haben, wenn etwa in der Regierung nicht mehr funktioniert. Abgeordnete und verdiente Männer, wie Jodok Eines aber muß im Interesse der Demokratie Fink, genannt wurden, die lobende Worte sehr deutlich gesagt werden : Solche Aus­ über den verblichenen Bundespräsidenten wüchse, die da oder dort vorkommen, dürfen Renner sprachen. (Abg. H urdes: Das ist nicht bedeuten, daß man zum Schluß nicht unrichtig !) Das ist nicht unrichtig, sondern das mehr demonstrieren darf, daß man zum ist untergegangen (Widerspruch bei der 0 V P - Schluß nicht mehr seine Meinung sagen darf ! Abg. Dr. Hurdes,' Das ist nicht geschehen !) (Zwischenrufe.) Das ist sehr bedeutungsvoll. in Ihrem Schreien und Johlen ! (Abg. Dok­ Wenn die Vorarlberger ihre Meinung durch tor H urdes: Sie können uns nicht etwas er­ Demonstrationen unterstreichen wollen, dann zählen, wo wir selbst Zeugen waren I) Und dann haben sie, soweit es sich nicht um Übergriffe kommen die Sprecher der Österreichischen handelt, das Recht dazu. Gerade wir hier im Volkspartei (Abg. Glaser: ... und sagen, Parlament, die wir die Freiheit zu vertreten daß der Suchanek am Thema vorbeiredet!) haben (Abg. Suchanek: Das machen wir und beginnen mit allem Möglichen, erklären, besser !), müssen die Freiheit in allen Dingen daß man eigentlich über die Dinge hinweg­ vertreten. gehen müßte, daß man doch miteinander Daher noch einmal mein Appell gegenüber reden sollte, daß man irgendeinen Weg zu ge­ anderen Appellen, die auch sehr vernünftig meinsamer Arbeit finden sollte und so weiter. waren, und vor allem auch ein Appell an den (Abg. Dr. H urdes,' Paßt Ihnen das nicht ?) Herrn Minister Broda : Sorgen wir weiterhin Meine Herren ! So leicht kann man über eine dafür, daß es nicht nach Gewalt ausschaut, derartige Angelegenheit nicht hinwegkommen. auch bei solchen Verfügungen nicht, die ein Man kann nicht mit schönen Reden die Dinge Minister trifft, sondern daß es beim Recht ganz einfach nullifizieren, wie Sie es getan bleibt ! Es muß weiterhin unser Grundsatz haben, und man kann nicht so tun, als sei die sein : Gegen Gewalt - für das Recht ! (Beifall Angelegenheit wirklich der impulsive Ausdruck bei der 0 V P.) einer Volksseele gewesen, wenn nachgewiesen ist, daß diese ganze Angelegenheit bewußt Präsident : Zum Wort gemeldet ist der Herr vorbereitet wurde. (Widerspruch bei der OvP. Abgeordnete Ing. Häuser. Ich erteile es ihm. - Ruf bei der (J VP: Das ist eine Frechheit ! - Abgeordneter Ing. Häuser (SPÖ): Sehr ver­ Abg. Dr. Hurdes,'Der Minister war viel vor­ ehrte Damen und Herren ! Ich darf vielleicht sichtiger I) im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Ich werde Ihnen nur zwei Dinge sagen, die Abgeordneten Hurdes auch der Meinung Aus­ feststehen. (Abg. Konir: Bleibt doch bei der druck geben, daß wir als die oberste gesetz­ Wahrheit !) gebende Körperschaft, als die Vertreter des österreichischen Volkes berufen sind, die Frei­ Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich heit der Staatsbürger und das Recht auf Mei­ bitte, sich zurückzuhalten ! (Abg. Dr. H urdes: nungsfreiheit immer wieder zu vertreten. Aber Der Minister Czettel war vorsichtiger, viel vor­ mit so schönen Worten allein, Herr Abge­ sichtiger und vernünftiger! - Gegenrufe bei ordneter, kommt man der Sache nicht näher. der SPO.) (Abg. Dr. H urdes,'Beim Fall Hirsch waren es Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetzend) : Am nur schöne Worte und keine Taten I) Ich glaube, 20. November hat bei einer Tagung der Schiff­ gerade wir sind es immer wieder gewesen, die fahrtsreferenten der Herr Bezirkshauptmann der Meinung Ausdruck gegeben haben und sich Dr. Allgeuer folgendes erklärt : Es wäre z.weck­ auch dafür eingesetzt haben, daß die Freiheit mäßig, und man sollte es dem Herrn Bundes­ der Staatsbürger, insbesondere was die Mei­ minister vorschlagen, die Veranstaltung abzu­ nungsfreiheit betrifft, gewahrt werden muß. sagen, da es zu so starken Demonstrationen Wenn man aber diese Meinungsfreiheit etwa kommen werde, daß der Herr Minister nicht in der Form versteht, daß man sie mit faulem in der Lage sein wird, außer mit einem Hub- 233

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lag. Häuser schrauber, auf den Festplatz zu kommen. Präsident gibt das Glockenzeichen. - Abg. (Zwischenruf des Abg. Dr. H urdes.) Das war Dr. Hurdes.'Das ist unerhört l Was erlauben also vorher. Tut doch jetzt nicht so, als hättet Sie sich denn ? - Gegenruje bei der SPO.) ihr gar nicht gewußt, daß diese Dinge ein Die Äußerungen, die Ihre Funktionäre abge­ solches Ausmaß annehmen werden (Abg. Dok­ geben haben (Abg. Pri,nke ." Sie sind ein tor H urdes.' Ich bin nicht der Sicherheits­ Lügner ! - Abg. M ar k."Die Wahrheit wird sich direktor I) , um dann zu sagen, es sei die Volks­ herausstellenI), beweisen die Demonstration ! seele gewesen, die da gekocht hat ! Das ist der (Abg. Altenburger: Herr Ing. Häuser! Wind, auf den ich noch zu sprechen kommen Sie haben es 'TWtwendig1 - Abg. Dr. H urdes." werde. (Anhaltende Zwischenrufe.) Das ist unerhört, was Sie sich hier erlauben 1 - Abg. Altenburger: Das ist eine Frechheit !) Präsident : Ich sehe mich veranlaßt, wieder an meinen eingangs ausgesprochenen Appell Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Bitte zu erinnern ! (Abg. Konir: Ist das ein Skandal sich wieder etwas zu mäßigen ! Redner und oder nicht ? - Ruf bei der 0 V P.'Er soll nicht Zwischenrufer ! (Abg. Altenburger." Vor der so sprechen !) Papierjabrik der Herr Bürgermeister in Neu­ Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetzend) : So stadt ! - Der Präsident gibt neuerlich das ist es, wenn etwa der Herr Dr. Tizian erklärt, Glockenzeichen. - Abg. J onas." Wahrheit daß man, wenn das Schiff "Karl Renner" tut weh !) heißen sollte, die ganze Veranstaltung als Abgeordneter lng. Häuser (fortsetzend) : Kol­ reine SPÖ-Feier betrachten werde. lege Altenburger ! Wenn du dich wieder abge­ Meine Herren ! Es ist so viel davon geredet regt hast, werde ich weitersprechen ! worden, daß es doch gar nicht darum gehe, Präsident : Herr Abgeordneter Altenburger ! daß es keine Brüskierung etwa unseres Staats­ Ich bitte, die vielen Appelle auf sachliche mannes Renner darstelle, sondern daß die Diskussion wörtlich zu nehmen ! Das Wort hat Demonstrationen nur den verschiedenen lokalen der Redner, der sich wohl auch der Sachlich­ und patriotischen Wünschen des Vorarlberger keit befleißigen wird. (Abg. Altenburger : Volkes entsprungen seien. Die · Tatsachen Auch Ing. Häuser I) sprechen doch dafür, daß man bewußt gegen den Namen "Renner" aufgetreten ist. Auch die Abgeordneter lng. Häuser (fortsetzend) : Ich Inschrift, die der Herr Innenminister vorge­ glau be, es ist doch einigermaßen zum Aus­ lesen hat, hat ja doch nicht irgend jemand druck gekommen, daß man wohl hier öffentlich auf der Straße gemacht, sondern das ist be­ sagt : Wir identifizieren uns nicht, wir rücken wußt vorbereitet gewesen. Das haben die sogar einigermaßen davon ab, aber zu einer Verantwortlichen (Zwischenrufe des Abg. Al­ ausgesprochenen Verurteilung der nachge­ tenburger) zu decken und auch durchzuführen wiesenen (Abg. Prinke,' Wie es euch passen gehabt. . würde !) Tat bestände, das klar und deutlich Meine Damen und Herren ! Ich bin sehr auszusprechen, hat noch niemand von Ihnen der Meinung gewesen, daß man über diese den Mut gefunden ! (Abg. Dr. J. Gruber : sehr, sehr ernste Frage sehr ruhig und sachlich Schon gestern ! - Abg. Altenburger: Sowenig zu sprechen hat (Zwischenrufe bei der GV P), wie Sie !) Nein ! denn wir sind nicht nur die Vertreter des Vol­ Aber vielleicht darf ich jetzt auf die Vor­ kes, sondern wir haben auch einen Eid auf die würfe gegen uns, die Sie im Zusammenhang Demokratie abgelegt und haben die Ver­ mit den Demonstrationen in der Löwelstraße pflichtung, diese Demokratie mit allen uns zu und in der Hohenstaufengasse immer wieder Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen. vorbringen, zurückkommen. Darin liegt Es wäre zweifellos leichter gewesen, wenn eben die große Differenz zwischen Ihnen und diese Exzesse nicht von Angehörigen von uns, daß wir am selben Tag, als das passiert Gruppen ausgelöst worden wären, die hier ist, uns sofort öffentlich distanziert und diese Vertreter sitzen haben ; ich glaube, jeder von Handlungen verurteilt haben ! (Lebhafter Bei­ Ihnen hätte dann mit derselben Leidenschaft fall bei der SPÖ. - Abg. Dr. Hurdes: Der und mit der inneren Überzeugung, der Demo­ Hirsch ist Gemeinderatsmandatar geblieben !) kratie zu nützen, seinen Stab über die Verant­ Ich fr age Sie : Wer von Ihren Funktionären wortlichen gebrochen. Leider - das beweisen hat das bis jetzt getan � Niemand ! In der Ihre Zwischenrufe - stehen die Rädelsführer Bundesregierung ist es nicht einmal möglich nicht außerhalb der Parteien, sondern inner­ gewesen, eine derartige gemeinsame Grund­ halb. (Abg. Dr. Hurdes: Das ist aber uner­ lage, mit der wir generell alle derartigen über­ hört 1 Da müssen Sie erst die Beweise er­ griffe verurteilen, gemeinsam zu beschließen. bringen ! - Abg. Uhlir: Aber Hurdes ! - (Abg. Dr. J. Gruber: Warum nicht ? Weil Abg. Dr. Hurdes: Der Minister Ozettel hat Sie die Ursachen nicht nennen wollen !) Das wurde solche Beweise noch nicht erbracht! - Der abgelehnt. (Abg. Dr. J. Gruber: Verurteilen,

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Ing. Häuser ohne auf die Ursachen einzugehen, das würde schämend waren. Aber noch viel beschämender Ihnen passen !) waren all die Fälle, die sich nachher ereignet Einige der Herren versuchen auch, die haben, bis zu dem gestrigen Versuch, gemein­ Dinge zu verniedlichen oder auf eine andere sam (Abg. Glaser: Die Ursachen nicht ver­ Ebene zu schieben. Am leichtesten ist, daß gessen, dort - auf die Bänke der S pO weisend - man denjenigen wegen allem, was geschehen sitzen die Ursachen !) Maßnahmen durchzu­ ist, von den Pressekampagnen angefangen bis führen. (Weitere Zwischenrufe. - Abg. Mark: über alle Handlungen, Tätlichkeiten und so Die Anklage !) weiter, verurteilt, der im Rahmen seiner Kom­ Präsident : Bitte den Redner nicht zu unter­ petenz - und das ist gar nicht bestritten brechen ! worden, der Herr Abgeordnete Fink hat das Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetzend) : Ur­ ja klar und deutlich gesagt - das gemacht sache und Wirkung, meine Herren, kenne ich hat, was ihm zusteht. Ja, meine Herren, wo sehr genau, ich bin Techniker. (Abg. Dr. Pit­ kommen wir denn hin, wenn irgend jemand termann: Entschuldigen Sie die Fahnen­ berufen ist, Entscheidungen zu treffen und schändung, Herr Glaser ? - Abg. Glaser: man es 3000 oder 20.000 - mir ist die Zahl Kein Mensch macht das ! - Stürmische anhal­ ganz egal - überläßt, darüber zu bestimmen, tende Zwischenrufe.) ob der Betreffende seine Kompetenz zu er­ Präsident : Ich bitte um Ruhe I Bitte sich füllen hat oder nicht. (Widerspruch und etwas zu mäßigen ! Es ist dies, wenigstens vor­ Heiterkeit bei der OVP.) Lachen Sie nicht, läufig, der letzte Redner. Ich bitte darauf meine Herren ! Wir sind die Stärkeren auf Rücksicht zu nehmen. (Abg. Glaser: E8 diesem Gebiet, und wir könnten Ihnen da wird gleich noch einer kommen !) manches zeigen. Ich möchte dann Ihre Reak­ tion sehen ! (Abg. Dr. Hurde8: Was heißt Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetzend) : Ich das ? Soll das eine Drohung sein ?) darf Ihnen sagen, daß diese beschämenden Ereignisse zweifellos in breitesten Kreisen Präsident : Ich richte jetzt noch einmal an des österreichischen Volkes und vor allem in alle Seiten den Appell, die Leidenschaften breitesten Kreisen der Arbeiter und Ange­ nicht zu überhitzen. Ich bitte auch den Herrn stellten - das gleich zur Beruhigung meines Redner, meinem Appell Folge zu leisten. Kollegen Altenburger : nicht nur in den (Abg. Probst: Einen Minister bedrohen, das Kreisen der Sozialisten, sondern auch in den verteidigt ihr ! - Abg. Dr. H u r des: War diese Kreisen des Kollegen Altenburger - schwerste Rede nötig ? - Abg. Probst: Mich ins Wasser Beunruhigung und Bestürzung ausgelöst haben schmeißen zu lassen und kein Wort dagegen zu (Abg. Altenburger : Ja, solche Reden !) , weil sagen ! - Anhaltende Zwischenrufe.) die Arbeiter und Angestellten die Träger der Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetzend) : Es Demokratie sind, nicht nur kraft der Be­ wird also von Ihnen diese so sehr . . . (Abg. Dok­ schlüsse, die im Rahmen des Gewerkschafts­ tor Hurdes: War das notwendig ? - Weitere bundes gefaßt wurden, sondern aus ihrer Zwischenrufe.) innersten Einstellung, aus ihrer innersten . Begeisterung für die Demokratie und vor Präsident : Ich bitte um Ruhe ! (Weitere allem auch aus der Erkenntnis, daß ihre Le­ Rufe und Gegenrufe.) Ich bitte, sich etwas zu bensexistenz und ihr Lebensziel nur durch beruhigen ! die Demokratie und in der Demokratie gesi­ Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetZend) : Der chert bleiben können. Deshalb werden wir uns Herr Abgeordnete Hämmerle hat gemeint, mit diesen Dingen sehr stark beschäftigen daß es nur ein "Auf-Halbmast-Ziehen" war. und alles unternehmen, um derartige Er­ Ich habe hier Bilder von diesem "Auf-Halb­ eignisse in Zukunft nicht mehr möglich zu mast-Ziehen". Auf einem Bild werden Sie machen. (Abg. Dr. H urdes: Im Fall Hirsch sehen, daß ein Gendarmeriebeamter den Mann nicht ! - Abg. Dr. J. Gruber: Die Ursachen !) sogar am Fuß hält (Abg. Probst: Herunter­ Ich möchte daher auch gar nicht so gerne geholfen hat er ihm, damit er sich nicht weh tut !) , den Vergleich, den der Herr Abgeordnete und trotzdem ist dieser Mann nicht verhaftet Fink hier vorgebracht hat, als Richtschnur worden ! So schauen die Dinge aus. (Abg. für unser weiteres Handeln nehmen, daß näm­ U h l i r: Die Beweise werden euch noch weh tun !) lich das Volk der Wind ist und daß sich das Bekennen Sie sich jetzt zur österreichischen Schiff nur in der Richtung zu drehen hat, Fahne und verurteilen Sie das mit aller Ent­ nach der der Wind des Volkes weht. (Abg. schiedenheit ! (Abg. Ha r tl : Wir sind früher Hoffmann: 1950 hat es einen Wind gegeben !) als Sie für die rot-weiß-rote Fahne eingetreten !) Meine Herren I Den Wind da draußen haben Meine sehr verehrten Damen und Herren ! ein paar tausend Menschen erzeugt . Glauben Ich darf hier sagen, daß die Vorbereitung Sie nicht, daß es in Österreich viele Tausende und die Abwicklung dieses Ereignisses be- gibt, die unter Umständen in manchen Be-

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Ing. Häuser reichen einen Wind erzeugen könnten, der ziert ? Abg. Dr. Pittermann: Ihnen sehr, sehr unangenehm wäre ? (Abg. Dazu habt ihr Bravo gesagt, die Zeitungen Prinke: Wir warnen Sie ! Seien Sie vor- liegen vor ! - Abg. Probst: Der Haselwanter 8ichtig ! - Abg. Dr. Hurdes: Wenn es darauf soll erzählen, wie es ihm bei der Feier gega·ngen ankommt, werden wir daran erinnern ! - ist !) Abg. Prinke: D as haben wir schon mitge - Präsident : Zum Wort ist niemand mehr macht ! So eine Rede das ist eine Schande ) , ! gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Ich weiß, man sprioht immer wieder von Drohungen, aber wenn man es selber macht, Dringliche Anfrage der Abgeordneten Stohs, dann ist es entschuldbar und vertretbar. Dipl.-Ing. Hämmerle, Dipl.-Ing. Fink und (Abg. Glaser: Sprechen Sie von den Ursachen!) 'Genossen an den Bundesminister für Justiz, betreffend Delegierung der Strafverfahren im Präsident : Ich bitte doch um eine sachliche Zusammenhang mit den Demonstrationen in Diskussion. Ich bitte Sie, sich nicht so zu Fußach und Bregenz am 21. November 1964 erregen ! an das Landesgericht für Strafsachen Wien Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetzend) : Ich Präsident : Wir gelangen nunmehr zur Be- bitte Sie doch, sich zu bemühen, zu diesen handlung der dringlichen Anfrage der Abge­ Ereignissen klar und deutlich Stellung zu ordneten Stohs und Genossen an den Herrn nehmen, nicht mit einer Wischiwaschi-Politik, Bundesminister für Justiz. nicht mit einer Verschleierungspolitik, mit einer Entschuldigung für all das, was gesche- Ich bitte zunächst den Herrn Sohriftführer, hen ist. (Abg. Glaser: Und zu den Ursachen Herrn Abgeordneten Eibegger, die Anfrage auch !) Wir sollten klar und deutlich das aus- zu verlesen. sprechen, was man gestern im Rahmen der Schriftführer Eibegger: Bundesregierung zu erreichen versuchte : alle Dringliche Anfrage der Abgeordneten solche Ereignisse (Abg. Dr. J. Gruber: Samt Stohs, Dipl.-Ing. Hämmerle, Dipl.-Ing. Fink sonders zu ver- ihren Ursachen I) samt und und Genossen an den Bundesminister für urteilen. (Ruf bei der (} VP: Samt den Vor- Justiz, betreffend Delegierung der Strafver- bereitungen !) Die Vorbereitungen schenken fahren im Zusammenhang mit den Demon- Sie sich, das ist ja die billige Ausrede, die Sie strationen in Fußach und Bregenz am 21. immer wieder gebrauchen. (Abg. Dr. J. Gru- November 1964 an das Landesgericht für ber: Das ist Ihre billige Ausrede I) Sie wollen Strafsachen Wien. nämlich in diesem Fall jemanden veru teilen, r Den gefertigten Abgeordneten ist aus kraft des Gesetzes das Recht gehabt hat, der Pressemitteilungen bekanntgeworden, daß Handlung zu setzen. Sie .. eine bestimmte d er H B err d un esmlIDster für Justiz Weisung sich dann immer so sehr auf den beziehen auf Einleitung von Strafverfahren gegen Rechtsstaat. Abg. Dr. N eugebauer: Um das ( Franz Ortner und Chefredakteur DDr. Anton Ungesetzliche zu rechtfertigen!) Wenn aber ein Ruß in der Richtung eines Verdachtes anderer im Rechtsstaat sein Recht in An- der Aufwiegelung nach § 300 StG. und spruch nimmt, dann wollen Sie dieses Recht gegen unbekannte Täter nach den §§ 68, ganz einfach nicht anerkennen. (Abg. Glaser: 81, 312 und 468 StG. erteilt hat. Der politisch so unklug gehandelt hat I So Die unterfertigten Abgeordneten richten hat seit 1945 noch kein Regierungs- unklug daher an den Herrn Bundesminis�r für mitglied gehandelt!) Justiz die Präsident : Ich bitte, den Redner doch dringliche Anfrage: nicht zu unterbrechen ! 1. Ist der Herr Minister bereit, bekannt­ Abgeordneter Ing. Häuser (fortsetzend) : Das zugeben, was ihn dazu bewogen hat, eine österreichische Volk erwartet von den ge­ solche Weisung zu erteilen, obwohl die wählten verantwortlichen Mandataren, vom zuständigen staatsanwaltschaftlichen Organe ganzen Parlament, daß im Interesse der kraft Gesetzes (§§ 34, 87 StPO.) dazu ver­ Sicherung der österreichischen Demokratie, pflichtet sind, ihnen bekanntwerdende straf­ im Interesse des Ansehens unseres Landes im bare Handlungen von Amts wegen zu ver­ Ausland hier klare Fronten bezogen werden. folgen � In ähnlichen Fällen wurde bis zum Wir erwarten daher von Ihnen eine sehr klare heutigen Tage nicht einmal ein Verfahren und deutliche Absage gegenüber allen Ex­ eingeleitet. zessen, die da draußen erfolgt sind. An Ihnen 2. Was war die Ursache, daß sich der liegt es, diese Erklärung abzugeben. (Leb­ Herr Justizminister veranlaßt gesehen hat, hafter Beifall bei der SP(}. - Abg. Prinke: über diese Weisung hinaus auf Einleitung Aber auch an Ihnen ! Haben Sie sich auch eines Strafverfahrens auch noch die Weisung von den Vorgängen in der Löwelstraße distan- an die Staatsanwaltschaft zu erteilen, einen

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Schriftführer Antrag auf Delegierung allfälliger Straf­ Vertreter aller Parteien und der gesamten verfahren an das Straflandesgericht Wien Bevölkerung an dieser Demonstration teil­ zu veranlassen 1 genommen haben. Auch Sozialisten haben mit Genugtuung an dieser Demonstration teil­ Präsident : Ich erteile nunmehr dem Herrn genommen, weil auch ihnen das, was uns auf­ Abgeordneten Stohs als erstem Anfragesteller diktiert wurde, zuviel war ! (Hört ! Hört !­ zur Begründung der Anfrage gemäß § 73 Rufe bei der lJ VP. - Abg. Altenburger: Geschäftsordnungsgesetz das Wort. Es gibt auch noch freie Sozialisten !) Abgeordneter Stohs (ÖVP) : Hohes Haus ! Ich möchte feststellen, daß bei dieser De­ Ein ernster Anlaß hat uns heute ver anlaßt, monstration laut Zeitungsberichten auch ganz die dringliche Anfrage, die soeben verlesen würdige Momente dazu beigetragen haben, wurde, an den Herrn Justizminister Dr. Broda eine wahrhaft tlemokratische Demonstration zu stellen. zu zeigen, indem in äußerst korrekter Weise Wir haben aus der bereits abgewickelten die Vorarlberger Landeshymne abgesungen Debatte gehört, was sich in Vorarlberg ereignet wurde, als die Nottaufe des Schiffes vollzogen hat. Ich glaube als Vorarlberger Abgeord­ wurde . (Abg. Uhlir: Ob das korrekt war, neter mit Genugtuung feststellen zu dürfen, ist eine andere Frage ! - Abg. Mark: Die daß wir durch diese Vorkommnisse am 21. No­ "Nottaufe" ist ja nicht gültig !) vember einen sehr fruchtbaren Beitrag zur Ich möchte feststellen, daß niemand dem Zusammenarbeit der Parteien innerhalb unseres �sehen des verewigten Bundespräsidenten Parlamentes geleistet haben. (Ironische Hei­ Dr. Renner schaden wollte. Ich verweise in terkeit bei der 8PO.) Wenn Sie daran zweifeln, diesem Zusammenhang auf Ausführungen im dann möchte ich sagen : wenigstens einen "Vorarlberger Volksblatt" vom 21. November, Beitrag zum Zusammenstreiten. (Abg. M oser: die vom Landtagspräsidenten Dr. Tizian stam­ Sie haben "Genugtuung" über die VortäUe ?) men. Ich möchte darauf verweisen, daß wohl Ich möchte eingangs meiner Ausführungen eine Organisation für diese Demonstration feststellen, daß ich es so wie alle meine Kol­ bestanden hat, aber erst im allerletzten Augen­ legen außerordentlich bedaure, daß es bei blick, indem eben am selben Morgen in der dieser Demonstration dazu gekommen ist, Zeitung, in den "Vorarlberger Nachrichten", daß die österreichische Fahne herabgerissen ein diesbezüglicher Aufruf stand. Ich betone : wurde. Ich war nicht Augenzeuge dieses in der Zeitung "Vorarlberger Nachrichten", Vorfalles. Keiner von uns war Augenzeuge, der sogenannten überparteilichen Presse in weil wir an der Demonstration nicht beteiligt unserem Lande, und nicht in der ÖVP-Tages­ waren. Wenn wir diejenigen gewesen wären, zeitung, im "Vorarlberger Volks blatt" ! die die Demonstration in die Wege geleitet (Abg. Mark: Das Wort "sogenannt" haben haben, dann wären wir wahrscheinlich bei Sie verwendet, weil es nur eine sogenannte dieser Demonstration auch dabei gewesen. unabhängige Zeitung ist !) Jawohl ! Das kann Aber wenn es sich tatsächlich ereignet hat, man halten, wie man will. (Abg. Prinke: daß die Fahne heruntergerissen wurde, dann Wir haben hier die Drohun(J mit dem Wind bedauern wir dies außerordentlich. auch verstanden !) Ich möchte aber feststellen, daß ein Vor­ Die "Vorarlberger Nachrichten" haben am redner dem Herrn :Bezirkshauptmann Doktor 21. November folgendes geschrieben : Allgeuer die Schuld an diesem bedauerlichen "Die ,Vorarlberger Nachrichten' als die Vorfall gegeben hat, indem er sagte : Der größte Zeitung des Landes rufen deshalb Bezirkshauptmann hatte gewußt, daß es zu heute die Bevölkerung zu einer Demonstration Demonstrationen kommen werde. Ich glaube anläßlich des Taufaktes um 11 Uhr in Fußach wohl, daß er es gewußt hat, und er wäre ein auf. Das Land Vorarlberg kann rechtlich schlechter Bezirkshauptmann seines Bezirkes, nichts unternehmen, um die Namensgebung, wenn er die Stimmung in seinem Bezirk nicht die sich Minister Probst und einige Hinter­ kennen würde. Nicht nur der Bezirkshaupt­ männer in den Kopf gesetzt haben, zu ver­ mann, sondern auch der Landesgendarmerie­ hindern. Wir werden es also heute in Kauf kommandant und die maßgeblichen Beamten nehmen müssen, daß das neue Schiff, das wohl sowie der Sicherheitsdirektor haben gewußt, das schönste am Bodensec werden wird, mit daß es zu Demonstrationen kommen werde, dem Namen ,Kar! Renner' ins Wasser gleitet. weil sie die Mentalität der Vorarlberger Be­ Wir bitten aber alt und jung, den Protest völkerung gut kennen und wußten, daß es durch eine möglichst starke Beteiligung laut einmal zuviel sein kann. und deutlich kundzugeben, aber den Weisun­ Ich möchte feststellen, daß die Demonstra­ gen der Exekutive Achtung entgegenzubrin­ tion nicht, wie hier von Rednern behauptet gen. Der Protest würde seine Wirkung ver­ wurde, antidemokratisch war, sondern daß lieren, wenn Streitereien, Handgreiflichkeiten,

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Stohs Widersetzlichkeiten gegenüber der Exekutive Nun müssen wir der Presse entnehmen, und ihren' Maßnahmen irgendwo eintreten." daß dem, was sich in Bregenz ereignet hat, (Abg. Ozernetz : Das heißt : Der Protest 'hat nun ein weiteres Unrecht hinzugesetzt wird. seine Wirkung verloren ! Gerade das ist gesche­ Ich stelle fe st, daß nach dem Legalitätsprinzip

hen !) " Gerade die diensttuenden Gendarmerie­ die staatsanwaltschaftlichen Behörden ver­ und Polizeibeamten sind ja auch Vorarlberger pflichtet sind, die ihnen bekanntwerdenden und stehen auf unserem Vorarlberger Stand­ gerichtlich strafbaren Handlungen von Amts punkt, müssen aber ihre dienstlichen Obliegen­ wegen zu verfolgen. Die Einleitung eines heiten erfüllen." Strafverfahrens bedarf daher keiner Weisung des Herrn Bundesministers für Justiz . Die Ich glaube also, daß diese Zeitung, die auf­ Erteilung einer Weisung auf Einleitung eines gerufen hat, an der Schiffstaufe teilzunehmen, Strafverfahrens aus Anlaß der Demonstration auch gleichzeitig einen Aufruf ergehen ließ, in Bregenz und Fußach ist umso ungewöhn­ daß man sich keine Ungesetzlichkeiten zu­ licher, als bei ähnlichen Vorfällen, wie bei­ schulden kommen lassen dürfe. (Abg. Mark: Also der Protest ist wertlos, er hat seine Wir­ spielsweise im September und Oktober dieses kung verloren !) Jahres in der Löwelstraße, meines Wissens nicht einmal eine Anzeige erstattet worden ist. Ferner wurde hier festgestellt, daß sich Als ein Mißtrauensvotum gegenüber dem niemand gegen diese Demonstration geäußert zuständigen Gericht in Vorarlberg wird in habe. Ich möchte aus dem "Vorarlberger der Öffentlichkeit die Tatsache gewertet, daß Volksblatt" vom Montag, dem 23. Novem?er der Herr Justizminister angeblich die Weisung eine Überschrift verlesen, die lautet : "Die erteilt hat, die Staatsanwaltschaft Feldkirch Ursachen liegen nicht in Vorarlberg". Es habe einen Antrag auf Delegierung allfälliger heißt da : Strafverfahren an das Landesgericht für Straf­ "In Abwesenheit von Landeshauptmann sachen in Wien zu stellen. Auch diese Ein­ Dr. Herbert Keßler, der am Samstag flußnahme des Herrn Justizministers halten zur Angelobung durch den Bundespräsidenten wir für ganz ungewöhnlich. in Wien weilte und noch nicht zurückgekehrt Ich habe schon gestern im Klub gesagt, war, gab der Landesstatthalter Dr. Gerold daß mich diese Maßnahme an die Gescheh­ Ratz zu den Vorfällen in Fußach eine Er­ nisse erinnert, die wir in der letzten Zeit klärung ab. leider Gottes öfters in einem anderen Staats­ Der Landesstatthalter distanzierte sich aus­ gebiet, nämlich in Italien, bezüglich Südtirol drücklich von allen gesetzwidrigen Handlun­ sehen mußten. Es schaut hier auch so aus, gen, die zur Absage der Schiffstaufe und des als ob wir Vorarlberger nicht imstande wären, Stapellaufes geführt haben. Dr. Ratz erklärte, selbst Ordnung zu halten, sodaß so etwas die Demokratie biete viele Möglichkeiten, um notwendig ist. auf gesetzlich erlaubtem Wege die Meinung Aus diesem Grunde haben sich die Abge­ der Bevölkerung, gegebenenfalls sogar ihr ordneten Stohs, Dipl.-Ing. Hämmerle, Dipl.­ Mißfallen, zum Ausdruck zu bringen. Der Ing. Fink und Genossen erlaubt, diese dring­ Vorarlberger Landesstatthalter müsse jedoch liche Anfrage einzubringen, die ich jetzt nicht auch namens der Landesregierung mit gleicher wiederholen möchte, da sie soeben verlesen Entschiedenheit jede Verantwortung für die wurde. Vorkommnisse ablehnen. Die Ursachen für Ich bitte, über diese dringliche Anfrage sofort die Stimmung der Bevölkerung seien nicht in die Debatte abzuführen. ( Beifall bei der Vorarlberg gelegen ." ÖVP.j

Ich glaube, daß das auch unsere Kollegen Präsident : Zur Anfragebeantwortung hat ' bekennen müssen, die nicht der Österreichi­ sich der Herr Bundesminister für Justiz schen Volkspartei angehören, wenn sie auf­ Dr. Broda zum Wort gemeldet. Ich erteile richtig und ehrlich sind. (Abg. M ar k .' Wer es ihm. nicht Ihrer Meinung ist, ist also unehrlich ?) Bundesminister für Justiz Dr. Broda : Hohes Ein Sprichwort sagt : Kleine Ursachen, Haus ! Sehr geehrter Herr Präsident ! Sehr große Wirkungen. Ich glaube, daß die ganze geehrte Damen und Herren ! Ich beehre mich, Affäre, die hier leider Gottes in Szene ging, die dringliche Anfrage der Herren Abge­ eine kleine Ursache, aber eine äußerst große ordneten Stohs, Dipl.-Ing. Hämmerle, Dipl.­ Wirkung hatte. Es ging in diesem Fall nicht lng. Fink und Genossen, betreffend die Dele­ nur um die Namensgebung, sondern es ging gierung der Strafverfahren im Zusammenhang um eine Brüskierung der Vorarlberger Landes­ mit den Demonstrationen in Fußach und regierung und des Landes Vorarlberg. Ich Bregenz am 21. November 1964 an das Landes­ glaube, das dürfen wir behaupten und das gericht für Strafsachen Wien, wie folgt zu dürfen wir feststellen. beantworten :

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Bundesminister Dr. Broda Zu Punkt 1: Meine Weisung an die Staats­ Bundesminister für Justiz Dr. Broda (fort­ anwaltschaft Feldkirch, die Einleitung des setzend) : Meine sehr geehrten Damen und Strafverfahrens gegen Franz Ortner und Chef­ Herren ! Die Unterstellung, daß in ähnlichen redakteur DDr. Anton Ruß von der Tages­ Fällen nicht einmal ein Verfahren eingeleitet zeitung "Vorarlberger Nachrichten" wegen wurde, entbehrt jeder Grundlage, und ich Verdachtes der Aufwiegelung nach § 300 StG. weise diese Unterstellung mit allem Nachdruck und gegen die Rädelsführer und die Gewalt­ zurück. (Abg. Marwan-Schlosser: Das geht täter bei den Ausschreitungen in Fußach zu sehr leicht !) Dieses Hohe Haus konnte in vier­ beantragen, stützt sich auf das im § 32 StPO. einhalb Jahren meiner Amtstätigkeit als Ju­ enthaltene Aufsichtsrecht in Verbindung mit stizminister von allen parlamentarischen Mög­ der im § 42 der Geschäftsordnung für die lichkeiten Gebrauch machen und mich in jedem Oberstaatsanwaltschaften und Staatsanwalt­ einzelnen Fall nach dem Verfahren fr agen. Ich schaften angeordneten Berichtspfiicht, insbe­ bitte Sie und lade Sie ein, unter Vorlage kon­ sondere in wichtigen Straffällen. kreter Unterlagen das auch weiterhin zu tun. (Abg. Marwan-Schlosser: Wird geschehen !) Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Wie oft nimmt mit Recht dieses Hohe Haus Meine sehr geehrten Damen und Herren ! in der parlamentarischen Fragestunde die Vorfälle, Demonstrationen solchen Ausmaßes, Verantwortlichkeit des Bundesministers für wie sie in Fußach stattgefunden haben, und Justiz für das Tätigwerden und die Art und zwar gegen Repräsentanten der Republik Weise der Ausübung der Tätigkeit der An­ Österreich in dienstlicher Tätigkeit und gegen klagebehörden in Anspruch ! Was hätte dieses Symbole der Republik, hat es während meiner in der Verfassung fe stgelegte Recht des Parla­ Amtszeit bisher nicht gegeben. ments und die Verantwortlichkeit des Bundes­ Zu Punkt 2: Nach den §§ 62 und 63 der ministers für Justiz für einen Sinn, wenn es Strafprozeßordnung sind aus Rücksicht auf die nicht auch tatsächlich pflichtmäßig ausgeübt öffentliche Sicherheit oder aus anderen wich­ würde 1 Diese Befugnisse, meine sehr geehrten tigen Gründen Strafsachen dem zuständigen Damen und Herren, sehr geehrte Herren An­ Gericht abzunehmen und an ein anderes Ge­ fr agesteller, obliegen dem Bundesministerium richt zu delegieren. Diese Voraussetzungen für Justiz unbeschadet der den staatsanwalt­ sind nach Ansicht des Bundesministeriums für schaftlichen Behörden obliegenden Amts­ Justiz im vorliegenden Fall im Hinblick darauf pflichten. eindeutig gegeben, daß die Gefahr besteht, In der Sache selbst - Anzeige, Antrag auf daß die Hintermänner der Ausschreitungen Einleitung der Voruntersuchung gegen die vom 21. November 1964 die Durchführung Herren Franz Ortner und Chefredakteur Dok­ eines Verfahrens vor Vorarlberger Gerichts­ tor Anton Ruß - hat inzwischen das zu­ behörden zu neuerlichen Demonstrationen, ständige Gericht dem Antrag im vollen Umfang die die Unabhängigkeit des Gerichtes beein­ stattgegeben. Das Verfahren vor dem Gericht trächtigen würden, mißbrauchen könnten. ist anhängig (Abg. M arwan-Schlosser: . Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Da geht es aber sehr schnell ! In W iener Ne1.t8tadt Hohes Haus ! Ich bitte jetzt um wirkliche geht es langsamer ! - Abg. Dr. H urdes: Und Aufmerksamkeit. (Abg. Dr. H u r des: Waren in der Läwelstraße passiert gar nichts !) wir immer ! - Abg. Uhlir: Das ist nicht wahr, Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Kollege Hurdes ! - Abg. Dr. N eugebauer: Ich glaube, wir haben es nicht notwendig, 3050 Zwischenrufe !) Ich bitte Sie, Herr Prä­ hier nach dem Grundsatz vorzugegehen : Reden sident Hurdes, Ihren Diskussionsbeitrag an­ wir von etwas anderem! Ich bin interpelliert schließend zu leisten. worden wegen Vorarlberg , und ich antworte Die heutige Aussendung der "Austria Presse in der Sache Vorarlberg. (Abg. Probst: Agentur" mit dem Datum 25. November - Ihr habt ihn gefragt, das ist die Antwort ! Jetzt nicht 21. November, sondern 25. November - wollt ihr eine andere Antwort ? - Abg. Dr. H ur­ enthält nachstehende Meldung : des: Dann werden wir eine separate Anfrage "Die Vereinigung Vorarlberger Akademiker, einhringen ! - Abg. Pro b s t : Bitte sehr ! an deren Spitze der Präsident des Landes­ Das müßt ihr wissen ! - Abg. Dr. Hurdes: gerichtes Feldkirch, Dr. Armin Wechner, steht" Dann werden wir eine separate Anfrage wegen (Hört ! Härt l-Rufe bei der SP()) , "hat den des negativen Kompetenzkonfliktes an den Mi­ bedrohten Demonstranten kostenlos Rat und nister richten ! - Abg. U h li r: Sie als ehe­ Hilfe zugesagt. In einer Aussendung weist die maliger Präsident müssen das doch wissen ! - überparteilich organisierte Vereinigung auf Abg. Dr. Hurdes: Ich habe geglaubt, er ist so ihren Vereinszweck, nämlich die Wahrung der loyal und antwortet darauf !) Persönlichkeit gegenüber den kollektivistischen Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Bitte, Bestrebungen der heutigen Zeit, hin. Die Ver­ das Wort hat der Herr Minister ! einigung sieht auf Grund der Schilderung der

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Bundesminister Dr. Broda Vorgänge, die zur Demonstration bei der als Präsident der Vereinigung bereits nieder­ Schiffswerft Fußach geführt haben, in deren gelegt. Dr. Wechner." (Beifall bei der SPD.) Ablauf" - ich wiederhole : in deren Ablauf - "Präsident des Landesgerichtes Feldkireh. " "einen verständlichen Ausdruck persönlicher (Lebhafte Zwischenrufe. - Abg. Dr. Pitter­ Meinungsäußerung. Die Vereinigung Vorarl­ mann: Der hat sich distanziert ! - Abg. berger Akademiker ist deshalb bereit, alle Konir: Ihr habt die Menschen mißbraucht !) Fälle, in denen jemandem aus der Teilnahme Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Das an der Demonstration ein Schaden droht oder Wort hat der Herr Minister ! entstanden ist, durch eine Expertenkommis­ sion, bestehend aus Mitgliedern der Vereini­ Bundesminister für Justiz Dr. Broda (fort­ gung, kostenlos prüfen zu lassen und alles zu setzend) : Meine sehr geehrten Damen und tun, um Nachteile für einzelne Personen abzu­ Herren ! Hohes Haus ! Ich stehe nicht an, wenden. Die Bevölkerung wurde von der Ver­ nochmals meiner Freude darüber Ausdruck einigung aufgerufen, alle bekanntwerdenden zu verleihen, daß der höchste Richter Vor­ Fälle dieser Art zu melden." arlbergs, der Präsident des Landesgerichtes Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Feldkireh, so gehandelt hat, wie ein korrekter Das waren Vorfälle, die immerhin - der österreichischer Richter und Beamter handelt. Herr Vorredner hat es dargelegt - von Er hat in wenigen Stunden die Konsequenzen Herrn Landesstatthalter Dr . Ratz mit Recht gezogen. (Beifall bei der SPD.) als gesetzwidrig bezeichnet wurden. Und Jetzt sage ich Ihnen weiter, meine sehr dafür ruft jetzt im Lande Vorarlberg eine geehrten Damen und Herren Anfragesteller : solche Vereinigung unter dem Präsidium des Das Justizministerium hat den Delegierungs­ Landesgerichtspräsidenten Dr. Wechner zum antrag gestellt, weil wir diesen Richter und Rechtsschutz gegenüber den vor den ordent­ seine Kollegen und allenfalls die Geschwornen lichen Gerichten eingeleiteten Strafverfahren im Verfahren wegen § 300 Strafgesetz nicht auf! (Abg. Dr. H urdes: Sie schützen das der Belastungsprobe aussetzen wollen, in Recht, aber nicht die Übergriffe ! - Abg. einer solchen Atmosphäre, in der heute das Uhlir: Das Unrecht schützen sie, nicht das Parlament den ganzen Tag diskutiert und Recht !) Ich habe aus gutem Grund um Auf­ wie sie aus dieser Erklärung, diesem Aufruf merksamkeit gebeten. (Unruhe. - Abg. K onir: des Vereines Vorarlberger Akademiker, der Da lachen Sie ? Da ist der Rechtsstaat zu Ende 1 - seinen eigenen Präsidenten zur Resignation Gegenrufe bei der 0 V P. - Abg. M a r k: Der gezwungen hat, spricht, zu verhandeln. Wir Landesgerichtspräsident ist kein Rechtsanwalt ! werden nach dem Willen des Bundesministe­ - Abg. K onir: Das ist das Ende des Rechts­ riums für Justiz die Vorarlberger Gerichte staates ! - Abg. Doktor van Tongel: Des dieser Belastungsprobe nicht aussetzen. Proporzes, nickt des Rechtsstaates ! Das ist die Der Delegierungsantrag erfolgt daher, meine Ursache !) sehr geehrten Anfragesteller , zum Schutz Präsident : Das Wort hat der Herr Minister ! der Unabhängigkeit der Rechtsprechung und Ich bitte, sich an diese Spielregel zu halten. der Gerichte, die vollständig unbeeinflußt (Ruf bei der OVP: Warum nach Wien ?) Bundesminister für Justiz Dr. Broda (fort­ die zur Anzeige gebrachten Tatbestände be­ setzend) : Ich habe mich unmittelbar nach urteilen und prüfen ... (Abg. K onir: Nach Kenntnis von diesem Aufruf der Vereinigung Zürich ! - Zwischenruf des Abg. Glaser. - Vorarlberger Akademiker zum Rechtsschutz Abg. Dr. Pittermann: Die Wiener sind gegenüber vor Vorarlberger Gerichten einge­ Verbrecher, Het·,.,. Glaser, was ? Sagen Sie das leiteten Strafverfahren in Wahrung meiner nur laut, Herr Glaser !) Pflichten als Leiter des Justizressorts an den hier zitierten Herrn Präsidenten des Landes­ Präsident: Herr Abgeordneter Pittermann ! gerichtes Feldkirch um Aufklärung gewendet. Das hat Glaser jetzt nicht gesagt ! (Abg. Ich kann dem Hohen Hause befriedigt be­ Glaser: Von Ihnen lasse ich mir noch lange richten, daß um 12 Uhr 35 im Justizministerium nichts verdrehen ! Es wurde der Zwischenruf das nachstehende Fernschreiben des Herrn "Zürich" gemacht, und er war saublöd ! - Landesgerichtspräsidenten von Feldkirch ein­ Abg. Mark: Ihrer war genauso blöd und gegangen ist : außerdem noch niederträchtig, die Wiener so zu verdächtigen ! - Ruf bei der SP(j: Ich "An das Präsidium des Bundesministeriums verlange den Ordnungsruf 1) Das Wort hat der für Justiz. Ich habe von der Einschaltung Herr Minister ! Ich bitte, sich daran zu halten. der Vereinigung ,Vorarlberger Akademiker' in den heutigen ,Vorarlberger Nachrichten' Bundesminister für Justiz Dr. Broda (fort­ während Verhandlungen durch Anruf des setzend) : Meine sehr geehrten Damen und Herrn Ministerialrates Dr. Unger Kenntnis Herren ! Wem die Achtung des Gerichtes erlangt. Ohne mein Wissen erfolgt, Funktion und wem ein unbeeinfiußtes leidenschafts-

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Bundesminister Dr. Broda loses Verfahren wegen gesetzwidriger Hand­ Als erster Redner ist der Herr Abgeordnete lungen - wie der Herr Landesstatthalter Dr. Haselwanter zum Wort gemeldet. Ich erklärt, und nur deshalb wird ein solches erteile es ihm. Verfahren eingeleitet - am Herzen liegt, Abgeordneter Dr. Haselwanter (SPÖ) : Meine wird überlegen, ob die Stellung des Delegie­ sehr geehrten Damen und Herren ! Ich werde rungsantrages durch die zuständigen Anklage­ mich bemühen, so wie der Herr Justizminister behörden nicht sehr verantwortungsbewußt gesagt hat, . .. (Abg. Glase r: Kleine Ursachen, gewesen ist. große Wirkungen ! - Abg. Dr. Pittermann: Über den Delegierungsantrag selbst wird Nein, den haben Sie nicht hineinschmeißen der Oberste Gerichtshof entscheiden, auch können ! - Weitere Zwischenrufe.) über den Ort, an dem das Gerichtsverfahren Präsident : Ich bitte, den Redner wenigstens stattfinden wird ; das liegt in der Zuständig­ beginnen zu lassen ! Ich bitte das auf allen keit des Obersten Gerichtshofes. Seiten ! Das Bundesministerium für Justiz steht Abgeordneter Dr. Haselwanter (fortsetzend) : bezüglich der eingeleiteten Strafverfahren auf . . . ruhig und leidenschaftslos zu diesem Thema dem Standpunkt, daß sich die Strafverfolgung zu sprechen. Ich möchte damit dieser Affäre gegen die Rädelsführer oder gegen jene zu einen guten Dienst leisten, und es soll auch richten hat, die selbst Gewalttaten begangen dazu fü hren, daß der Herr Präsident dieses haben. Wir machen keine Strafexpedition, Hohen Hauses es nicht so schwer hat, die wir senden nicht einen Staatsanwalt hinter Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Seien jeden Demonstranten oder hinter jeden, der Sie sich, meine Damen und Herren, darüber sich zur Demonstration bereit gefunden oder im klaren : Wenn hier in diesem Hause nicht sich an der Demonstration beteiligt hat. Ruhe und Ordnung herrschen - das wird einem Was Herr Abgeordneter Präsident Dr. Hurdes als Abgeordneten in Vorarlberg hin und wieder hier ausgeführt hat, unterschreibe ich voll­ vorgeworfen -, dann sieht mancher Vorarl­ ständig. Wir machen keine Hasenjagd gegen berger unter Umständen darin auch die Be­ Jugendliche und Verführte, aber Gewalttäter rechtigung, auch einmal nicht Ruhe und Ord­ gehören, meine sehr geehrten Damen und nung zu halten. (Abg. Dr. Hurde8: Wer ist Herren, vor das ordentliche Gericht. (Zu ­ schuld ? Das Parlament !) stimmung bei der SPO. - Abg. M arwan­ Schlosser: Das haben wir schon gehört !) Zuerst möchte ich Ihnen auf Grund eines Protokolls einen Situationsbericht geben , eines So haben wir in anderen Fällen gehandelt, Protokolls, das nicht nach Wien durfte. und so werden wir auch hier handeln. "Die Menge stellte sich, wie es den Eindruck Hohes Haus ! Die österreichische Justiz machte, geschlossen gegen die Gendarmerie. wird sich bei der Erfüllung der ihr anver­ Meine Ermahnung, Ruhe und Vernunft zu trauten Aufgaben, den Respekt vor den bewahren, wurde mit Pfuirufen und anderen Gesetzen der Republik zu gewährleisten, nicht feindseligen Äußerungen beantwortet. Es beirren lassen. Es wird jetzt Aufgabe eines wurden Knallkörper verschiedener Stärke zur unbeeinflußten gerichtlichen Verfahrens sein, Explosion gebracht, und gleich darauf begann in aller Ruhe leidenschaft slos zu prüfen, ein ohrenbetäubendes Geschrei, und die Volks­ ob und welche strafbaren Tatbestände gesetzt menge begann buchstäblich zu toben. Es worden sind und geahndet werden sollen. wurden eine Unmenge Tomaten, aber auch Meine Bitte an alle Seiten des Hohen Hauses Steine, Sand, Dreck aller Art und · harte Gegen­ ist : Lassen Sie jetzt die Gerichte in Ruhe stände, wie Holzstücke und anderes mehr, ge­ arbeiten und ein Urteil finden ! worfen. Der Eingang zur Schiffswerft wurde Sehr geehrte Herren Anfragesteller ! Das wie auf ein Signal von einigen tausend buch­ ist meine Antwort auf Ihre dringliche Anfrage. stäblich wild gewordener Menschen gestürmt. (Beifall bei der SPO.) Es war mir mit meinen Leuten möglich, den Ansturm mit körperlicher Gewalt vorerst auf­ Präsident : Bezüglich des verlangten Ord­ zuhalten bzw. die Menschenmenge unter An­ nungsrufes werde ich mir die Protokoll­ wendung von Körpergewalt zurückzudrängen. abschrift zeigen lassen. Ich habe den Zwischen­ Bei dieser Gelegenheit wurde gegen die Be­ ruf hier in dem allgemeinen Lärm nicht amten mit Gewalt vorgegangen, wobei auch gehört. die Beamten mit verschiedenem Zeug, darunter Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Steinen, beworfen und auch getroffen und mit Ich bitte nochmals, sich an die Bestimmung beleidigenden Schmährufen bedacht wurden. der Geschäftsordnung bezüglich der 20 Minuten Der Druck der Menge gegen das Eingangstor zu halten, die ich diesmal auf Grund der wurde immer stärker und bedrohlicher. Die Erfahrungen bei der vorigen dringlichen An­ beiden Gittertore gingen schließlich aus den frage streng einhalten werde. Angeln, und der zügellose Volkshaufen stürmte"

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Dr. Haselwanter (Hört! Hört !-Rufe bei der SPIJ) "gegen den der Universität getan habe. (Abg. H arwalilc: Gendarmeriekordon. Es war mit einer be­ Massenpsychose ist nie organisiert!) Ich komme trächtlichen Anzahl von Beamten möglich, noch darauf zurück. dem Druck trotz Gewalttätigkeit standzuhalten. Präsident : Ich bitte, nicht auch einer Psy­ Als dann aber die Menge auf der Südwest­ chose zu unterliegen. seite des Einganges den ziemlich massiven Drahtzaun in einer Länge von zirka 50 m nieder­ Abgeordneter Dr. Haselwanter (fortsetzend) : riß und in das Werftgelände eindrang, mußte Auf diese Einrede, Herr Abgeordneter, komme ich mich mit meinen Leuten zurückziehen in ich noch zurück. Es gibt verschiedene Arten die Richtung gegen das Schiff, um zu ver­ von Massen. (Abg. Pro b s t : Nach dieser hindern, daß die Demonstranten das Schiff Theorie hätte es ja keine Nazi gegeben !) Es war selbst beschädigen. Bei diesem Eindringen beschämend für mich, zu sehen, wie man selbst wurden auch Steine gegen das Schiff geworfen. nicht davor zurückschreckte, Frauen von Fest­ Die Werfer von den verschiedensten Gegen­ gästen in dieser Art zu belästigen. ständen waren mehr rückwärts in der Menge. Nun noch ein Fall, der mich selbst betraf. Ich hatte mit meinen Leuten alle Mühe, zu Die "Arbeiter-Zeitung Vorarlberg" brachte am verhindern, daß die Demonstranten nicht auf Donnerstag vor dem 21. November einen das Schiff selbst gelangten. Es war zu diesem Artikel, den ich nicht selbst geschrieben habe, Zeitpunkt ein regelrechter Tumult, die Fahnen in dem aber ich als Berichterstatter genannt auf der Rednertribüne wurden herunter­ war. In diesem Artikel wurde hart Stellung gerissen, und es gab solche Ausschreitungen am genommen wegen des Briefes, den der Herr laufenden Band." Landtagspräsident und Bürgermeister Doktor Meine Damen und Herren ! Bei dieser Ge­ Tizian an Herrn Bundespräsidenten Dr. Schärf legenheit (Abg. Kulhanek: Wer hat richtete. Man kann hier nicht von Entstellung diesen Bericht verlaßt ? ) Ein Gendarmerie­ sprechen, wenn einige Sätze - ich glaube, es beamter. Ein höherer Beamter im Land hat war Herr Minister Czettel, der sie bereits die Weitergabe nicht zugelassen. Ich nenne zitiert hat - aus diesem Brief in dieser den Namen nicht, weil ich Ihnen sagte, ich Zeitung standen. Die wenigen Sätze aus möchte nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen . diesem Brief können nicht mehr aus dem Zu­ Aber ich sage Ihnen noch mehr, damit Sie sammenhang gerissen werden, sie stehen da : von einem Augenzeugen, von einem, der es er­ "Am Morgen des 3. 10. hat die Vorarlberger lebt hat, der selbst betroffen war, hören, wie Bevölkerung aus dem Rundfunk erfahren, daß das war : Die Wiener Festgäste, die teilweise der Herr Bundesminister für Verkehr und mit dem Auto zur Rednertribüne vorzukommen Elektrizitätswirtschaft dem neuen Schiff den versuchten, wie auch Herr Generaldirektor Namen ,Karl Renner' geben werde. Der Schantl, wurden nicht nur mit Tomaten und sicher für unser Vaterland hochverdiente Steinen beworfen, ihr Auto wurde hochge­ Bundespräsident Dr. Karl Renner hatte für hoben, der Chauffeur gab Gas, und die Räder Vorarlberg nie allzuviel übrig, woran sicher auch gingen in der Luft weiter. (Heiterkeit bei der die Differenzen aus der unmittelbaren N ach­ GVP.) Die Dame, die mit dem Herrn General­ kriegszeit, die Schweizer Anschlußbewegung direktor war - das ist nicht zum Lachen !-, und die Differenzen mit Dr. Otto Ender schuld fühlte sich an ihrem Leben bedroht. ( An­ gewesen sein mögen. Es wäre daher sicher haltende Zwischenrufe bei der Gv P.) unklug, gerade diesen Namen besonders zu Präsident : (das Glockenzeichen gebend) : Das propagieren. Man tut ihm und dem Staats- Wort hat der Redner ! gefühl dabei keinen besonders guten Dienst. Die Vorarlberger fassen es als in B leidigung Abgeordneter Dr . Haselwanter (fortsetzend) : � � � . auf, daß der Name ,Vorarlberg fur em Boden- D as gmg. nIC ht me h r gegen d en S ch'a lllsnamen - .. seesc � mcht gut ge ug war, umaI' Nam n WIe "Karl Renner", es handelte sich nicht mehr um �l � � � . . ,Allgau , ,Schwaben , ,Baden , ,Thurgau und d as S ch'ffI. A usru� e von lungen, h aIb WU.. C h slgen so weiter auf dem Bodensee vertreten sind. Bursc h en und auc h von Erwac hsenen be- . . . Natur .. lic h WIrd das ganze aueh a I' s em par t 81- WIesen, d a ß es gegen d'le Obng' k' 81t gIn ' g: " D'18 . . poI" ItlSC h er G e ßler h u t emp fun d en, d en d er G end armene hat h eu t e niC ht s meh r zu meld en, Z e� tra I s�kr t" r d er SPÖ u "b er Vorar lb erg au. f- heute reden wir, heute regieren wir !" Meine . � rlC ten . , Damen und Herren ! Es war eine Art Massen- � psychose vorhanden : Der einzelne, der in Diesen Br ef an den Herrn Bundesp�äsiden. � � : l.-I . dieser Masse steht, ist gar nicht mehr verant- te� konn e Ich des alb .. (Abg: D'tp "!'g wortlich, das ist klar. Ich habe hier das Buch F'tn k: B'ttte den Br'tel we'tterlesen, wh habe 'thn von Le Bon "Psychologie der Massen", und auch !) Ja, ich kann weiterlesen : habe es jetzt mit größerem Interesse gelesen, "Sie, hochverehrter Herr Bundespräsident, als ich das zur Zeit meiner Studienjahre auf kennen unser Land, haben Verständnis für

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Dr. Haselwanter seine Eigenart und haben wiederholt Ihre posi­ geben. Bleiben wir also bei der Wahrheit . tive Einstellung zu seinen Problemen bewiesen." Keine Entstellungen!

Was wollen Sie, Herr Abgeordneter Fink, Ich habe mich wohlweislich mit dem Herrn was soll ich noch lesen ? Wird durch das, was Verkehrsminister wegen des Namens "Vorarl­ jetzt kommt, gutgemacht, was Dr. Tizian vor­ berg", wegen der immer mehr steigenden Er­ her sagte : daß Renner für Vorarlberg nie regung in unserem Bundesland in Verbindung allzuviel übrig gehabt habe � Er hat viel für gesetzt. Das versuchte aber Herr Dr. Tizian zu Vorarlberg übrig gehabt, das ist heute schon oft entstellen, und er log, als er behauptete, ich gesagt worden. Es ist ja ein Widerspruch des hätte das nicht getan. (Zwischenrufe bei der Dr. Tizian, wenn er sagt, für Österreich hat er (jyP.) viel übrig gehabt, aber für Vorarlberg nicht Nun, meine Damen und Herren, kehren wir allzuviel. Vorarlberg ist doch ein Bestandteil zum 21. zurück : Ich fuhr um 10 Uhr in Bregenz Österreichs. Wenn er für Österreich viel getan weg. Ich stand um %1 1 Uhr in Fußach, ich hat, hat er auch für Vorarlberg viel getan ! brauchte also für diesen Weg, weil so viele (Beifall bei. der SP(j.) Und was heißt : die Autos und auch Fußgänger nach Fußach unter­ Schweizer Anschlußbewegung 1 Nicht die wegs waren, statt 15 Minuten 45 bis 50 Minuten. Schweiz hat sich einmal an Vorarlberg an­ Ich stand im Werftgelände innerhalb dieser schließen wollen, sondern in Vorarlberg gab Masse, es waren einige Bekannte um mich es Leute, die sich an die Schweiz anschließen herum, und wir mußten das Trauerspiel dieser wollten. Wenn solche Vorwürfe gegenüber den entfesselten Menge miterleben. Das Herunter­ Vorarlbergern immer wieder von jenseits des reißen der Fahne geschah sehr wohl, Herr Arlbergs erhoben werden, sind sie betroffen, das Abgeordneter Hämmerle. Sie waren nicht wir. wissen darunter, Sie konnten das nicht sehen. Es Wir müssen in diesem Zusammenhang daran wurden sehr wohl Knallkörper und Tomaten erinnern, daß es nach dem ersten Weltkrieg auch gegen Männer und auch Frauen unter den andere Bewegungen gab, die man als Anschluß­ Gästen geworfen, ja sogar Chauffeure wollte bewegungen bezeichnen kann. Es hat gar man ohrfeigen, die überhaupt nichts dafür keinen Zweck, diesen Brief weiterzulesen, es konnten, daß sie in dieses Gelände fahren ändert nichts an diesen Beleidigungen, daß das mußten. Wort "Renner" ein Geßlerhut des Zentral­ Auf einmal ertönte zwischen 12 Uhr und sekretärs Otto Probst über Vorarlberg sein 12 Uhr 15 der Ruf : Schaut, da ist der National­ soll, es ändert nichts an den Beleidigungen, die rat Haselwanter ! Das riefen zwei, drei. Dr. Tizian gegen Renner ausgesprochen hat. (Heiterkeit bei der (jVP. - Abg. Uhlir: Deshalb hat er die gebührende Antwort in der Zum Lachen ist das nicht ! - Abg. Dr. Pitter­ "Arbeiter-Zeitung" bekommen. mann : Man hat ihm mit dem Umbringen Was machte aber Dr . Tizian ? Er schrieb gedroht, aber ihr findet das lustig ! - Abg. W e i k­ einen Artikel für die "Vorarlberger Nach­ hart: Das ist wirklich provokant vom Dr. Gru­ richten", der am Samstag, dem 21 ., erschien. ber!) Er behauptete darin, ich hätte für Vorarlberg Präsident : Das Wort hat der Redner ! nichts übrig. Ich hätte in Wien immer wieder so viele Interventionen durchgeführt, aber für Abgeordneter Dr. Haselwanter (fortsetzend) : den Namen "Vorarlberg" hätten wir bei Probst Meine Damen und Herren ! Ich sage das nicht, nie interveniert. Das schrieb er wider besseres damit sich meine Seite ärgert und Sie sich freuen, Wissen und Gewissen. Diese Verdächtigungen sondern deshalb, damit Sie endlich einmal unlauterer Art, nicht stimmend, waren die erkennen, daß es wirklich ernst war. In Fuß­ Ursache, daß die Volksmenge in Fuß ach gegen ach ist etwas geschehen, was mit Demokratie mich natürlich aufgehetzt war. und Recht nicht vereinbar ist ! Ich darf noch vorausschicken, daß mein Ich würde kein Wort sagen, wenn das in Freund Katzengruber und ich bei Probst inter­ Fußach eine ordentlich verlaufende Demon­ veniert haben (Ruf bei der (jY P : Für die stration gewesen wäre. Aber gegen diese Ex­ Partei, oder weswegen ?) , daß ich mehrmals mit zesse müssen wir uns doch wenden ! Ich will Probst im Oktober gesprochen habe, daß in Ihnen sagen, warum. Aber Sie wissen es ohne­ Vorarlberg Erregung ist. (Abg. Dr. J. Gruber: hin selbst. Man muß sich das ausmalen : Gehören Sie auch zu den Unzufriedenen ?) Ich Die Menge setzte sich sofort zu mir in Be­ komme darauf zurück. Ich muß aber noch wegung, und es ertönten Rufe wie : Bringt ihn sagen, daß Landesrat Schoder zu dem Zeit­ um ! Haut ihn zusammen ! Werft ihn ins punkt, als der Regierungsbeschluß gefaßt Wasser ! (Abg. Dr. Pittermann: Lachen wurde, nicht wußte, daß das Schiff "Renner" Sie, Herr Grober !) Herr Abgeordneter Gruber, heißen wird. Weil heute so oft davon ge­ wenn Sie jetzt noch lachen, dann wundere sprochen wurde, muß man dem auch die Ehre ich mich! (Abg. Dr. J. Gruber.' Herr Vize-

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Dr. Haselwanter kanzler, wenn der Ruf ertönt: "Hier ist der Abgeordnete nicht dulden ! (Abg. Dr. Pitter­ Abgeordnete Haselwanter I" , ist das keine Affäre I) mann: Aber die lachen ja dazu !) Darum geht es, meine sehr verehrten Damen und Herren, Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich bitte, die Leidenschaft nicht noch mehr aufzu­ und darum sage ich es. Mir persönlich ist es hetzen und sich auf allen Seiten mit Zwischen­ ganz egal, was mir passiert wäre, weil ich weiß, daß ich mich für etwas Gutes eingesetzt habe : rufen und auch mit Gelächter zurückzuhalten. zuerst für den Namen "Vorarlberg" , aber als Ich möchte feststellen, daß es sich hier um eine ernste Angelegenheit handelt ! (Abg. ich die parteipolitischen Machinationen sah, Dr. Pittermann: Es i8t gesagt worden : war mir der Name "Renner" gut genug. Bringt ihn um !) (Beifall bei der SPÖ.) Präsident : Herr Redner, Ihre Redezeit ist Abgeordneter Dr. Haselwanter (fort8etzend) : in einer Minute abgelaufen ! Ich bitte Sie, halten Sie doch Ruhe. Ich sage das nicht deshalb, um politisches Kapital daraus zu Abgeordneter Dr. Haselwanter (fort8etzend) : schlagen, sondern deshalb, damit Sie verstehen, Wie soll das weitergehen � daß sich dort Exzesse abgespielt haben, die wir Eines wollte ich den Vorarlbergern noch alle in diesem Hause niemals dulden dürfen. sagen, die meine Frau anonym angerufen Deshalb sage ich das, meine Damen und und sie bedroht haben : Meine Frau und meine Herren I Die Menge kam auf zwei Meter an drei Kinder können nichts dafür, daß ich diese mich heran, und es ertönten diese Rufe ! Stellung einnehme ! Warum ruft man meine Am Abend besuchte mich zu Hause ein Frau am laufenden Band anonym an und läßt Bekannter, ein kleiner Beamter bei der Öster­ sie nicht schlafen, wenn ich nicht zu Hause reichischen Bundesländerversicherung. Er bin 1 Diese anonymen Anrufer sind Feiglinge ! sagte mir, er habe flüchten müssen, er wäre Meine Frau kann wirklich nichts dafür. sonst erschlagen worden. Er werde aber etwas Meine Damen und Herren I Darf ich Ihnen niemals vergessen und könne deshalb die noch eine Stelle aus dem Buch "Die Psycho­ ganze Nacht nicht schlafen : die Augen dieser logie der Massen" von Le Bon zitieren : "Man Menschen. Was dieser Mann zum Ausdruck muß ... beim Studium einer sozialen Erschei­ bringen wollte, war nichts anderes als das, nung dieselbe Sache nacheinander von zwei was wir unter Massenpsychose · verstehen. ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus be­ Ich gebe keinem, der dort dabei war, per­ trachten. Wir sehen demnach, daß die Lehren sönlich eine Schuld, keinem, der diese Augen der reinen Vernunft sehr oft denen der prak­ gehabt hat, die den Mann so entsetzten. Ich tischen entgegengesetzt sind. Es gibt keine entschuldige alle, die dort gewesen sind, weil Tatsachen, auch nicht auf physischem Gebiet, sie falsch informiert waren, weil sie das ge­ auf die sich diese Unterscheidung nicht an­ glaubt haben, was in der Zeitung gestanden ist, wenden ließe. Vom Gesichtspunkt der unbe­ weil sie aufgeputscht und aufgehetzt waren. dingten Wahrheit aus sind ein Würfel, ein Kreis unveränderliche geometrische Figuren, Es standen in dieser Masse Fabrikanten, die mittels feststehender Formen genau zu be­ Geschäftsleute, Angestellte aller Grade, öffent­ stimmen sind. Für den Gesichtssinn können lich Bedienstete, Professoren, Lehrer und diese geometrischen Figuren sehr mannigfache Arbeiter. Es standen dort angestammte Vorarl­ Formen annehmen. In der Wirklichkeit kann berger und "Zuagraste " , wie das so heißt. die Perspektive den Würfel in eine Pyramide Es war eine Massenpsychose, von der diese oder in ein Quadrat, den Kreis in eine Ellipse Menschen erfaßt waren. Ich sage das deshalb oder Gerade verwandeln. Und diese ange­ so eindringlich, damit es Ihnen leichter fällt, nommenen Formen sind von viel größerer Be­ das entschieden zu verurteilen. deutung als die wirklichen ; denn sie sind die Am Abend waren noch zwei Freunde bei einzigen, die wir sehen und die sich photo­ mir und sagten : Wir sind bereit, in eine Re­ graphisch oder zeichnerisch wiedergeben daktion oder unter eine Rotationsmaschine lassen. " Dynamit zu legen ! So groß ist dieser Haß ge­ Jetzt sind wir da : Verkehrsminister Otto worden, so groß ist dieser Haß heute noch in Probst hat den Entschluß gefaßt, das Schiff unserem Lande ! auf dem Bodensee soll "Kar! Renner" heißen, Wir müssen etwas tun, was diesen Haß ab­ das Schiffauf der Donau soll "Theodor Körner" baut. Es ist unsere Verpflichtung, zu ver­ heißen. Hofrat Miegl, der sich für die Vor­ hindern, daß wieder ein solcher Haß auf­ arlberger Belange immer bestens eingesetzt kommt, denn wo kommen wir sonst hin in hat, hat seinen Brief ohne Rückfrage ge­ unserem Staat ! Heute machen die einen De­ schrieben. Er tat es meiner Meinung nach im monstrationen, morgen machen sie die anderen, guten Glauben. Er konnte nicht wissen, daß und jeweils mit unlauteren Mitteln und Ex­ diese Exzesse, diese Schwierigkeiten und Kom­ zessen. Das dürfen wir als verantwortliche plikationen entstehen werden, so wie wir

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Dr. Haselwanter selbst nicht ahnten, daß es am Samstag, dem Abgeordneter Dr. ßassetti (ÖVP) : Hohes 21., zu solchen Exzessen kommen wird. Haus ! Wir unterhalten uns nunmehr schon über drei Stunden über die Vorfälle in Vorarl­ Meine Damen und Herren ! Sehr viele Vorarl­ berg. (Abg. Gabriele: Dabei haben sie gar berger sehen das Wort "Vorarlberg " als den nicht so lange gedauert !) Diese Vorfälle finden Ausdruck ihres nationalen Stolzes an, als etwas hier einen überraschend breiten Raum. Man ganz Besonderes. In der Schule werden die muß sich wirklich fragen, was hier so Beson­ Jugendlichen darauf hingewiesen : zuerst Bre­ deres an den Demonstrationen in Vorarlberg genz oder Dornbirn oder Feldkireh, dann Vor­ gewesen ist, daß man ihnen im Hohen Hause arlberg und dann Österreich. Das ist im übrigen so viel Gewicht und so viel Bedeutung zumißt. Österreich anders, aber Sie können an dieser Sind sie denn so wesentlich anders (Abg. Ing. Realität nicht vorbeigehen. (Ruf bei der 0 V P : Häuser: Sehr wesentlich !) als die Demon­ Das ist es ja !) Das ist die Eigenart, das ist strationen, die wir in der letzten Zeit und in der nationale Stolz ! den letzten Jahren erlebt haben und über die Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Herr man eigentlich in diesem Hause gar kein Redner, die Redezeit ist abgelaufen ! Wort verloren hat ? Ich höre, sie sind wesent­ lich anders. (Abg. K atzengruber: Haben Sie Abgeordneter Dr. Haselwanter (fortsetzend) : es miterlebt ?) Sie haben es ja auch nicht mit­ Durch Hintermänner und durch politische erlebt ! - Sie scheinen deshalb anders zu sein, Machinationen ist dann auf einmal der Bezeich ­ weil hier anscheinend erstmalig gegen einen nung "Vorarlberg" der Name "Renner" sehr sozialistischen Minister demonstriert wurde. bewußt gegenübergestellt worden. Sie dürfen (Ruf bei der 8P() : Nein, aber weil die Demon­ nicht vergessen, es war Anfang Oktober, stranten gesagt haben, 8ie bringen ihn um!) mitten im Wahlkampf, denn am 18. Oktober Zumindest fassen Sie es in fälschlicher Weise fanden in Vorarlberg Landtagswahlen statt. auf als ein .. _ (Anhaltende Zwischenrufe.) Das hat eine Rolle gespielt, es wurde ausge­ nützt, daß das Schiff nicht "Vorarlberg" , Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich sondern "Renner" heißen soll. bitte, den Redner nicht zu unterbrechen ! Bassetti Präsident: Herr Redner, die Zeit ist über­ Abgeordneter Dr. (fortsetzend) : Hier schritten ! Ich bitte, die Rede zu beenden ! handelt es sich nur um die Demonstration gegen das Diktat eines Ministers, der ver­ Abgeordneter Dr. Haselwanter (fortsetzend) : gessen hat, daß er Bundesminister und nicht Meine Damen und Herren ! Ich glaube, daß es Zentralminister ist ! (Beifall bei der ()V P.) notwendig ist, ein erlösendes Wort zu sprechen. Wir reden hier von Vorarlberg. Wir sollten Diese Exzesse gehören entschieden verurteilt, von etwas anderem reden. Es sollte uns viel­ aber man muß unterscheiden zwischen den mehr zu denken geben, daß man hier so viele Anstiftern und den Mitläufern, auch wenn Worte über eine Demonstration redet, die sich in diese Steine und Tomaten geworfen haben, nichts von den Demonstrationen unterscheidet, auch wenn sie "Bringt ihn um !" und "Schleift über die Sie kein Wort verloren haben. (Abg. Dr. die langen Messer !" geschrieen haben. (Heiter­ Pittermann: Eine Fahne ist sonst nirgends keit bei der OvP. - Abg. Dr. Pittermann: heruntergerissen 'Worden !) Es ist etwas anderes, Das sind bekannte Laute!) Herr Vizekanzler , worüber wir uns unter­ Meine Damen und · Herren ! Das gehört halten sollten, was hier langsam unterschwellig unterschieden, und es ist notwendig, ... sichtbar wird : die doppelte Moral, mit der Sie Demonstrationen betrachten und behan­ Präsident (neuerlich das Glockenzeichen ge­ deln. So können wir nicht arbeiten ! (Zu­ bend) : Die Zeit ist abgelaufen. Ich entziehe stimmung bei der 0 V P.) Sie reden von dieser dem Redner das Wort. Demonstration, als ob der Staat zusammen­ bräche und in Gefahr wäre, über Ihre Demon­ Abgeordneter Dr. Haselwanter : . .. neben strationen aber breiten Sie den Mantel des dieser Verurteilung zu sagen ... Schweigens. So können wir nicht reden. Präsident : Herr Abgeordneter, ich habe Etwas Zweites ist es, worüber wir hier Ihnen das Wort entzogen ! reden sollten, meine Damen und Herren : Die Antwort, die uns heute der Herr Minister Abgeordneter Dr. Haselwanter : einen Probst hier auf die Anfrage gegeben hat, war Strich unter das alles zu machen ! (Beifall bei der SPO.) genauso provozierend wie sein Verhalten gegen­ über Vorarlberg. Denn wenn man es nur ver­ Präsident: Nächster Redner ist der Herr Ab­ steht, einen wehrlosen Beamten zu versetzen geordnete Dr. Bassetti. Ich bitte, die 20 Mi­ und als Sündenbock zu behandeln, statt in nuten Redezeit einzuhalten. Ein Problem wird der ganzen Angelegenheit lieber seine eigene nicht durch zwei Minuten Verlängerung gelöst. Schuld einzugestehen, so ist das ein Armuts-

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Dr. Bassetti zeugnis auch für einen Minister ! (Beifall bei minister plötzlich eine derartig ungewöhnliche der GvP.) Er hat dann gesagt, er habe mit Aktivität entwickelt , seinen gesamten Apparat dem Namen des verewigten Bundespräsidenten in Bewegung setzt. Wir sind auch vom Faktum Renner der Demokratie einen Dienst erweisen erschüttert, daß die Sozialistische Partei aus­ wollen. Meine sehr verehrten Damen und gerechnet bei diesen Demonstrationen derart Herren ! In aller Ruhe : In diesem Stadium lautstarke Prosteste von sich gibt. (Abg. K a t­ und in dieser Form, nämlich in der Form eines zengruber: Auf die ist man ja losgegangen !) Diktates, hat er der Demokratie keinen Dienst Die Frage, liebe Freunde, ob sich in Österreich erwiesen !. Vor allen Dingen hat er auch dem eine Entwicklung zur Parteijustiz abzeichnet, Namen und dem Andenken eines verehrungs­ ist nicht mehr von der Hand zu weisen. würdigen Bundespräsidenten keinen Dienst (Widerspruch bei der 8P(J. -Abg. Holoubelc: erwiesen, wenn er seinen Namen in diesen Das müssen Sie beweisen !) Das Vertrauen in Streit hineinträgt , um sich durchzusetzen die Rechtspflege und das Vertrauen in den und seine persönliche Macht zu zeigen. Er hat Rechtsstaat - ich möchte sogar dazusetzen : aber vor allen Dingen dem Bundesstaat keinen bei dieser Art des Verhaltens auch das Ver­ guten Dienst erwiesen, denn er hätte sich als trauen in die Person des Herrn Justizministers Bundesminister erweisen müssen, er hätte - ist erschüttert. die Rechte der Länder achten müssen, auf die Nun, meine sehr verehrten Damen und Her­ Bundesländer hören müssen. Er hat jedenfalls ren, wissen wir aus den Vorarlberger Vorfällen den Geist des Bundesstaates Österreich nicht nichts anderes herauszulesen, als in Verdre­ erfaßt. hung und Verkennung der Situation nach Auch die Antwort des Herrn Ministers irgendeinem Schuldigen zu suchen und ihn Dr. Broda hat leider nicht voll befriedigt. nur dort nicht zu suchen, wo er wirklich ist. Er spricht von einer notwendigen Delegierung (Abg. K atzengruber: Wir brauchen ihn nicht nach Wien. Ja glauben Sie, daß damit der zu suchen, wir wissen, wo er ist !) Objektivität Rechnung getragen ist ? Glauben Wogegen wurde denn in Vorarlberg de­ Sie nicht, daß derselbe Fehler auf der anderen monstriert 1 Haben Sie sich darüber schon Seite passieren könnte, nämlich die Sorge, daß einmal Gedanken gemacht, wenn Sie schon es nicht objektiv zugehen könnte 1 Wenn er das Recht zu Demonstrationen als solches schon delegiert, dann kann er den Wunsch nicht leugnen wollen ? Wogegen wurde denn nach Delegierung aussprechen. Warum sagt demonstriert 1 Es wurde gegen die Präpotenz er sofort dazu : nach Wien! ? Wir rechnen es eines Ministers demonstriert, gegen das Diktat er ihm · hoch an, daß die Angelegenheit des . .. (Die Abgeordneten der SP(j klopfen auf Landesgerichtspräsidenten Dr. Wechner richtig­ die Pulte. - Lebhafte Zwischenrufe.) gestellt hat. Präsident : Herr Abgeordneter ! Ich muß Es geht hier ' nicht mehr um Vorarlberg, diesen Ausdruck zurückweisen ! Ich erteile sonst wäre diese Breite der Debatte nicht Ihnen wegen des Wortes "Präpotenz" den gerechtfertigt. Es geht hier vielmehr um die Ordnungsruf. (Lebhafter Beifall bei der SP(J.) berechtigte Sorge um die Entwicklung der Ich bitte jetzt wirklich das Hohe Haus, Strafrechtspflege in Österreich, die nicht nur sowohl den Redner wie die Zwischenrufer , wir, sondern jeder ordentlich und rechtlich sich etwas zu beruhigen. denkende Bürger dieses Staates empfindet. Abgeordneter Dr. Bassetti (fortsetzend) : Es Es wurde kein Strafverfahren gegen Demon- wurde gegen die Mißachtung eines Bundes­ 13tranten oder wegen Tätlichkeiten bei den landes demonstriert. jüngsten Demonstrationen in Wien eingeleitet, Meine Damen und Herren, auch das mögen , auch nicht wegen tätlicher Angriffe auf einen Sie bedenken : Vorarlberg ist ein Land, das Minister ; es war nicht bloß Bedrohung, es sehr fleißig und sparsam ist. (Rufe bei der waren effektiv tätliche Angriffe . Es wurde 8 P(J : Nur ihr ? - Weitere Zwischenrufe.) kein Strafverfahren gegen jenen eingeleitet, Es wurde nicht zuletzt ... der den Strom in Wien abgeschaltet hat, was Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich Schäden durch Arbeitsausfall verursacht hat, bitte um Ruhe ! Ich bitte, den Redner nicht die Bevölkerung beunruhigt und den ganzen zu unterbrechen ! Verkehr in ein Chaos gestürzt hat. Es wurde kein Strafverfahren gegen die Demonstranten Abgeordneter Dr. Bassetti (fortsetzend) : Es im Ärztestreik eingeleitet, auch nicht gegen wurde nicht zuletzt gegen die leichtfertige jene beim sogenannten Schleinzer-Wall und aufwendige Art demonstriert, wie hier in auch nicht gegen die Demonstranten im Zu­ Österreich öffentliche Stellen Steuergelder ver­ sammenhang mit den Berndorfer Vorfällen. wenden. In kürzester Zeit ist ein zweiter Wohl aber wird in Sache Vorarlberg überlaut Sonderzug aus Wien nach Vorarlberg gefahren, nach dem Kadi gerufen. Darin liegt das und was die Leute besonders in Aufregung Bedenken, das wir haben, wenn ein Justiz- gebracht hat - darum auch die Vorfälle

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Dr. Bassetti mit dem Auto -, war, daß man daneben dazu qualifiziert?) Sie sehen, wie weit wir noch den Dienstwagen hinausfahren läßt, noch davon entfernt sind, die wahren Ursachen weil vielleicht der Weg von der Bahn zu zu erkennen. (Zwischenrufe bei der (JVP.) Fuß zu weit wäre. Das Volk hat ein Gespür, Was wir hier fordern (Abg. Konir: Sie das Ihnen anscheinend verlorengegangen ist. haben überhaupt nichts zu fordern !) , und zwar (Abg. Katzengruber: Sind Ihre Leute noch nicht als Partei, sondern ohne Rücksicht auf nie mit dem Dienstwagen draußen gewesen ?) Parteizugehörigkeit als Abgeordnete fordern · Präsident : Ich bitte um Ruhe I Das Wort müssen (anhaltende Zwischenrufe - der Präsi­ hat der Redner ! (Weitere Zwischenrufe.) den t gibt erneut das Glockenzeichen), im Dienst des Rechtsstaates, was wir alle zu fordern Abgeordneter Dr. Bassetti (fortsetzend) : Es haben (Abg. Konir: Sie verwechseln Rechts­ würde Ihnen viel besser tun, statt sich so staat mit rechtem Staat !) , das ist eine offene zu erregen, in ruhiger Einsicht die Schuld und klare Direktive an die Exekutive bezüg­ zu suchen. Das würde uns allen viel besser lich des Verhaltens bei Demonstrationen, und tun. (Abg. Dr. Pittermann: Die Republik­ zwar bei Demonstrationen auf allen Seiten. Fahne herrunterreißen ? Sind Sie abgerüclct Auch hier, bitte, keine Geheimerlässe, WIe davon ?) Sehr bedauerlich ! Herr Vizekanzler ! wir sie schon erlebt haben ! Wollen Sie, bitte, nicht den Fehler begehen, Was wir des weiteren fordern müssen, wir daß Sie ... alle zusammen, nicht eine Partei, sondern jeder Abgeordnete, das ist ein gleichartiges Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich bitte nochmals um eine sachliche Diskussion und objektives Verfahren der Justizbehörden, und Tonart ! und zwar in allen Fällen. Es geht nicht an, daß man hier plötdich, weil sich ein Herr Abgeordneter Dr. Bassetti (fortsetzend) : Minister bedroht gefühlt hat, ein Theater . " sich mit sehr bedauerlichen Übergriffen aufzieht (heftige Zwischenrufe bei der SP(J identifizieren, die wir alle gemeinsam ver­ - Abg. M ar k: Das ist eine Gemeinheit 1 Pfui urteilen, denn es ist nicht nur Ihre, sondern Teufel I) , und in einem anderen Falle, wo

es ist auch meine Fahne, die heruntergerissen ein Minister tätlich angegriffen wurde ... wurde ! (Lebhafte Rufe und Gegenrufe. - (Ruf bei der SP(J: Er nennt so etwas " Theater" ! Abg. M a r k: Wir verwenden sie nicht im - Abg. Mark: Eine Schande ist das für das Wahlkampf I) Wenn wir den Mut hätten, Parlament ! - Abg. Dr. N eugebauer: Das und zwar wir alle, egal, ob das Sie sind oder ist ein Skandal ! - Anhaltende Zwischenrufe.) ob wir es sind, ehrlich den Ursachen auf Präsident : Herr Abgeordneter ! Ich kann den Grund zu gehen, dann wäre diese ganze kein Wort da heroben verstehen ! (Zwischen­ Debatte heute viel schneller erledigt worden. rufe.) Ich habe dem Herrn Redner schon Nur soll man die Dinge hier nicht verdrehen einmal den Ordnungsruf erteilt ! Bei einem und soll nicht Schuldige suchen, die nicht derartigen Lärm kann man hier nichts ver­ schuldig sind, sondern man soll ehrlich ein­ stehen ! gestehen, woran es liegt. Mit zwei oder Ich bitte auch den Herrn Redner, jetzt mit drei Worten wäre die ganze Angelegenheit sehr mäßig zu sprechen und sachlich zu beseitigt gewesen, und statt uns auseinander­ argumentieren ! zureden (Zwischenrufe bei der SPÖ), hätten wir uns zusammengesprochen. Abgeordneter Dr. Bassetti (fortsetzend) : Der Innenminister hat heute sehr verantwortungs­ Manches geht natürlich nicht. Jeder Minister bewußte und sehr ernste Worte gefunden muß wissen, daß er Träger eines Staatsamtes in echter Sorge um den Rechtsstaat. (Neuer­ ist. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) liche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Präsident : Hier heroben versteht man kein Präsident : Ich bitte, den Redner nicht Wort ! Ich bitte, sich etwas zu beruhigen ! ständig zu unterbrechen, sonst machen Sie Das Wort hat der Redner. die Vorsitzführung allzu schwer ! Abgeordneter Dr. Bassetti (fortsetzend) : Die Abgeordneter Dr. Bassetti (fortsetzend) : Ich Regierungsparteien müssen die notwendige möchte den Worten des Herrn Ministers Verantwortung aufbringen und qualifizierte hinzufügen : Es geht nicht nur um das Ver­ Leute in die Regierung schicken, von denen halten der Exekutive bei Streiks oder Demon­ man erwarten kann, daß sie der Bedeutung strationen, es geht um viel mehr, es geht ihres Amtes gerecht werden. (Heftige Zwischen­ um die Tatsache, daß die österreichische rufe und Getrommel bei der SPÖ. - Beifall Demokratie, wenn wir die Dinge so behandeln, bei der ()VP. - Abg. Konir: Sie werden wie wir sie heute behandelt haben (Ruf bei uns das vorschreiben 1 Das ist eine Frechheit ! der S PÖ: Wie Sie sie behandelt haben I) , auf Was erlauben Sie sich eigentlich .� Sind Sie der Via mala ist ! (Zwischenrufe bei der ()VP.)

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Dr. Bassetti Es muß nur dann, wenn eine Verzerrung mäßig für die Behandlung einer Strafsache nach links vorhanden ist, mit entsprechender zuständig ist, dieses Verfahren zu entziehen. Energie auch ein Geradebiegen erfolgen. (Abg. Es geht jetzt vielmehr um die Diskussion - Katzengruber: Wir haben es erlebt!) Ich und nur um diese Diskussion geht es bei habe das als junger Mensch erlebt. Wir sollten diesem Punkt der Tagesordnung -, ob der alle vielmehr an die mahnenden Worte im Herr Bundesminister für Justiz eingegriffen Testament des verewigten Bundeskanzlers hat und ob dies nach Ansicht der Abgeord­ Raab denken, der sagte : Wenn wir diese neten notwendig war und zu Recht geschah. Freiheit wieder verlieren, dann durch unsere Herr Minister ! Ich darf daher an den eigene Schuld ! (Abg. Dr. Neugebauer: Durch Beginn meiner Ausführungen Ihre Worte Ihre Schuld !) Ich nehme niemanden aus ! stellen, nur lassen Sie mich diese Worte um­ Wir alle sollten nachdenken. (Abg. Doktor gekehrt zu Ihnen sagen : Herr Bundesminister ! M igsch: Merken Sie sich das ! - Abg. Sucha­ Lassen Sie die Gerichte in Ruhe arbeiten ! ne k: Er hat euch richtig erkannt gehabt !) (Beifall bei F p(j und (j V p.) Wenn man nur die Splitter im Auge des Bei der Behandlung dieses Tagesordnungs­ Nächsten, den Balken im eigenen Auge aber punktes geht es nicht um die Demonstrationen nicht sehen will, dann kann man nicht zu­ an und für sich, wenngleich sich auch die Dis­ sammenkommen. (Beifall bei der (jVP.) Wir kussionsredner bisher im wesentlichen mehr sollten, statt uns zu zerreden, lieber im Sach­ damit befaßt haben. Wir wissen, daß wir lichen bleiben ( ironische Heiterkeit bei der S p(j) , darüber kaum eine Übereinstimmung erzielen nur darf die Sachlichkeit nicht einseitig sein. So­ können. Für die eine Seite waren diese De­ lange Sie selbst so reden, werden Sie keine Reso­ monstrationen Ausdruck des empörten Volks­ nanz finden. Wie man in den Wald ruft, so hallt willens, für die andere Seite waren es Laus­ es aus dem Wald zurück. (Zwischenruf des bübereien. Das alles aber werden unabhängige Abg. Mark.) Herr Abgeordneter ! Ich möchte Richter klären können, soweit es strafbare Ihnen sagen : Jede Medaille hat zwei Seiten ! Tatbestände sind. Auch die Vorarlberger Vorfälle können eine gute Folge zeitigen - von der schlechten Jetzt geht es bei dieser Diskussion um Seite haben wir schon gesprochen -, wenn Fragen der Justiz, des Rechtes und des wir nur imstande sind, die gute Seite zu Rechtsstaates. In diesen Fragen - Herr sehen und aus ihr Nutzen zu ziehen. Minister, das gilt auch für Sie als Abgeord­ neter - waren die Abgeordneten dieses Hauses Wenn wir willens sind, das als Anlaß zur eigentlich immer einer Meinung. Es ist heute Besinnung zu nehmen, und zwar wir alle wohl das erste Mal, daß in einer rechtsstaatlieh (Zwischenrufe bei der S P(J) , wenn wir willens wichtigen Frage ein Teil der Abgeordneten sind zur Bereitschaft , aufgezeigte Fehler ein­ dieses Hauses eine andere Meinung als das zusehen - ich will gar nicht sagen einzu­ Ministerium bezieht. Ich halte, so bedauerlich gestehen -, und wenn wir willens sind, dieser Umstand ist, diese Stunde für eine zusammenzuarbeiten, dann kann dieses Ge­ sehr denkwürdige Stunde, und zwar deswegen, witter am Bodensee ein durchaus reinigendes weil möglicherweise - und ich glaube, auf Gewitter auch für die österreichische Demo­ Grund Ihrer Entscheidung, Herr Minister, kratie gewesen sein. (Beifall bei der (j VP.) beinahe unausweichlich - die bisher über Präsident : Ich möchte nochmals den Appell und außerhalb der Politik stehende Justiz an das Hohe Haus richten, sich nicht so sehr in die Tagespolitik hineingezogen worden ist. von Leidenschaften hinreißen zu lassen. Ich Das möchte ich nun begründen. richte diesen Appell an alle Seiten des Hauses. Ich darf vorausschicken : Über die Frage Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter der Weisungen haben wir anläßlich einer Ju­ Zeillinger. (Rufe bei der (j VP: 0 je ! Das wird stizdebatte hier bereits einmal gesprochen. jetzt eine Beruhigung ! - Abg. Machunze: Die Weisungen stehen Ihnen, Herr Minister - Jetzt kriegen wir die Leviten gelesen !) das bezweifelt niemand -, kraft Gesetzes zu. Abgeordneter Zeillinger (FPÖ) : Hohes Weisungen sind wenig populär, nicht bei den Haus ! Meine Damen und Herren! Der Herr Richtern und schon gar nicht bei den Be­ Bundesminister für Justiz hat seine Ausfüh­ troffenen, die daraufhin lange Berichte schrei­ rungen mit dem Appell an die Abgeordneten ben müssen, aber auch nicht in der Öffent­ beschlossen : "Lassen Sie die Gerichte in lichkeit. Daher haben Ihre Vorgänger von Ruhe arbeiten !" Herr Bundesminister ! Das diesem Weisungsrecht sehr wenig Gebrauch ist eine Umkehrung oder eine Verkennung gemacht, viel weniger, Herr Justizminister, der Tatsachen. Kein Abgeordneter dieses als dies jetzt geschieht. Bei der damaligen Hauses hat irgendwo auch nur zum Ausdruck Diskussion, Herr Minister, habe ich als Spre­ gebracht, daß es der Wille des Parlaments cher der fr eiheitlichen Opposition auch an sei, irgendeinem Gericht, das verfassungs- Sie appelliert, von dem Weisungsrecht, das nun

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Zeillinger einmal doch einen Eingriff in den normalen besseres Wissen kein Strafverfahren von sich Ablauf der Justiz darstellt, so wenig als aus eingeleitet hat. Eine andere Möglichkeit möglich Gebrauch zu machen. Ich darf möchte ich keinem österreichischen Beamten Ihnen heute sagen, daß mich Informationen unterstellen, schon gar nicht einem Beamten aus dem Ministerium selbst zu meinen da­ der Justiz. maligen Äußerungen veranlaßt haben. Wenn Ich muß sagen, soweit ich die Beamten Sie Ihre damalige Rede nachlesen, so werden der österreichischen Justiz kenne, ist dieses sie sehen, daß Sie noch nie einen Abgeordneten Mißtrauen des Herrn Ministers nicht am der Opposition so kalt abgerieben haben wie Platz gewesen, und der Herr Minister wird damals mich. sicher in der Budgetdebatte noch Gelegenheit Heute, glaube ich, haben mir die Ereignisse bekommen, uns zu sagen, was ihn dazu ver­ recht gegeben. Ich denke daran, wie sehr anlaßt hat ; denn die Frage hat er nämlich heute die Justiz, die Gerichte und der Justiz­ nicht beantwortet : Hielt er den Staatsanwalt minister im Widerstreit der öffentlichen Mei­ für unfähig oder glaubt er, daß der Staats­ nung der Parteien stehen und daß dies anwalt wider besseres. Wissen den Strafantrag nur darauf zurückgeht, daß der Minister auf nicht gestellt hat 1 Grund seiner ersten Eindrücke Weisungen Der Herr Minister hat heute erklärt - und erteilt hat. Diese Tatsache zeigt doch bereits, hier darf ich, entschuldigen Sie, eine kleine Herr Minister, wie wenig man von dem Wei­ juristische Aufklärung geben, wie wichtig sein sungsrecht Gebrauch machen soll und wie Antrag war -: Das Verfahren mußte über klug die Vorgänger waren, die so wenig von seine Weisung eröffnet werden. Ja, meine diesem Weisungsrecht Gebrauch gemacht ha­ Herren, was hätte denn das Gericht machen ben und die daher die Justiz aus der Tages­ sollen ? Wenn der Staatsanwalt auf Einleitung politik herausgehalten haben. der Voruntersuchung den Antrag gestellt hat, Es haben sich in Vorarlberg Dinge ereignet, dann hat noch jedes Gericht die Vorunter­ über die ich jetzt gar nicht im einzelnen suchung eingeleitet. Herr Minister, das war sprechen will - ich war nicht dabei, und mich kein Erfolg, sondern das war einfach die nur auf Zeitungsberichte zu stützen, erscheint logische Folge Ihrer Weisung. Es wird sich mir zuwenig zu sein. Ein Minister hat die erst in weiterer Folge herausstellen, ob Ihre strafrechtliche Verfolgung verlangt , die zu­ Weisung berechtigt war oder nicht. ständige Staatsanwaltschaft hat geprüft. Dabei Sie haben weiters gesagt : Derartige Vor­ möchte ich ausdrücklich fest stellen, daß es fälle habe es bisher, soweit Sie sich erinnern hier ausschließlich um die Redakteure geht ; können, nicht gegeben. Darf ich nur in zwei denn niemand in diesem Hause möchte zum Punkten Ihrem Gedächtnis etwas nachhelfen. Beispiel einwandfreie Gesetzesübertretungen An den einen müssen Sie sich doch selber von Demonstranten decken oder auch nur erinnern können. Es ist erst einige Wochen abzuschwächen versuchen. Der Staatsanwalt her, daß Sie als Minister attackiert worden hat also geprüft , und er sah keinen Grund zur sind. Damals haben Sie, haben die Justiz­ Verfolgung der Redakteure. Daraufhin kam behörden und alle Behörden ganz anders die Weisung des Ministers : Du, Staatsanwalt, reagiert. Und es ist erst kurze Zeit her, daß der du überzeugt bist - und dieser hat ja in Berndorf eine rot-weiß-rote Traditionsfahne aus Überzeugung und nach bestem Wissen in den Schmutz gezogen worden ist, daß und Gewissen gehandelt -, daß kein straf­ Teilnehmer einer polizeilich angemeldeten De­ barer Sachverhalt vorliegt, dir gebe ich die monstration mißhandelt und schwer verletzt Weisung, Strafanträge zu stellen ! worden sind. Herr Minister, Sie werden sich Herr Minister, als erstes muß ich Ihnen sicher noch an diese Vorfälle erinnern. Und darf sagen - und als Rechtsanwalt wissen Sie ich Sie fragen : Warum haben Sie damals das sehr genau -: Sie selbst sind befangen nicht in dieser Form reagiert ? Das ist bis in dieser Frage . Als Minister und als Politiker ! heute noch nicht bekannt. Diese unterschied­ Als Minister, weil es ja um einen Minister­ liche Behandlung der Demonstrationen in kollegen ging, und als Politiker, weil Sie nie beiden Fällen ist schon auffallend. Dort das Odium wegbringen werden, diesen Antrag existierten keine Photoapparate, hier waren nur geBt eIlt zu haben, weil es einen Minister Photoapparate. Das hat bei mir den Verdacht Ihrer Parteifarbe betrifft. Und Sie haben erweckt, daß man sehr wohl von. seiten der damit eine Krise in der Justiz heraufbeschwo­ Behörden mit den Demonstrationen rechnete, ren, ein Mißtrauen erzeugt, das bisher nicht und es hat ja auch heute hier sogar ein Vor­ bestanden hat. (Bei/all bei F PÖ und ÖVP.) arlberger Kollege zugegeben, daß man damit Denn entweder halten Sie den zuständigen gerechnet hat. Staatsanwalt für uruähig, oder Sie glauben, Das ist es, wofür uns Freiheitlichen das daß er schlechten Willens ist und wider Verständnis fehlt, und hier stimmen wir ein-

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ZellIinger mal ausnahmsweise mit den Abgeordneten peIn, das ist das erstemal in Österreich, daß der Volkspartei überein : In Berndorf, wo ein derartig schwerer Verdacht vom Bundes­ von linker Seite aus die Demonstrationen minister für Justiz gegen die Richterschaft angegriffen worden sind, war die Reaktion erhoben worden ist. (Lebhafter Beifall bei eine ganz andere wie in Vorarlberg, wo, ich FP() und ()VP. - Abg. Suchanek: Dann möchte es ausdrücklich bedauern, ein Kollege, dürfte die Möglichkeit einer Delegierung über­ der der Linken angehört, persönlichen An­ haupt nicht be8tehen I) griffen ausgesetzt war. Aber das Leben und Ich muß nur auf meine Zeit aufpassen. die Sicherheit jedes Staatsbürgers, ob er nun Aber, Herr Kollege, ich darf Ihnen etwas bei der ÖVP, der SPÖ oder bei den Freiheit­ sagen : Nach der Verfassung haben Sie Ihren lichen oder bei keiner Partei ist, ist gleichviel zuständigen Richter, und niemandem' steht wert, und in jedem Falle hat in gleicher das Recht zu, ohne gesetzliche Begründung Weise vorgegangen und eingeschritten und Sie Ihrem zuständigen Richter zu entziehen, haben in gleicher Weise Weisungen erteilt zu auch dem Herrn Bundesminister für Justiz werden - oder, Herr Minister, was in allen steht dieses Recht nicht zu. Wenn es aber Fällen noch besser wäre, keine Weisungen Gründe gibt, welche es notwendig machen, erteilt zu werden. Ich bin sehr gespannt, ob einem Richter ein Verfahren zu entziehen . . . Sie bei nächster Gelegenheit die Weisungen (Abg. Mark: Das muß der Oberste Gerichtshof bekanntgeben, die Sie in den anderen prüfen, nicht Sie !) Nein, wir wollen es ja gar Fällen den untergeordneten Behörden gegeben nicht prüfen. Aber wenn der Herr Minister haben. eine so schwerwiegende Entscheidung trifft ... Nun, Herr Minister, im zweiten Falle haben (Zwischenrufe.) Herr Kollege, das können Sie Sie die Delegierung der Strafverfahren nach doch nicht bestreiten, auch wenn der Minister Wien durch eine Weisung an die Staatsan­ heute hundertmal die Weisung zurück­ waltschaft beantragen lassen. Diese Weisung nimmt - wir werden auch einen entsprechen­ ist zweifellos geeignet, das Vertrauen der den Antrag an ihn richten -, so kann er es Öffentlichkeit in die Objektivität und Unab­ nicht mehr vermeiden, daß in der Öffentlich­ hängigkeit der Gerichte auf das schwerste zu keit, in der Presse eine Diskussion über die erschüttern. Der gesetzlich zuständige Richter Unabhängigkeit und die Subjektivität der ist in Feldkirch. Sie haben einen Vorfall Gerichte in Österreich entsteht . mit dem Präsidenten des Landesgerichtes Als der Herr Bundesminister für Justiz Feldkirch hier verlesen. Ich kenne den Mann hier gesprochen hat - und er hat als erster persönlich gar nicht, ich weiß auch gar nicht, das Wort gehabt -, hätte er seine Entschei­ welcher politischen Richtung er nahesteht. dungen begründen müssen, er hätte uns von (Abg. Dr. Pittermann: Raten dürfen Sie es I) der Richtigkeit seiner Haltung überzeugen Ich habe keine Ahnung, aber ich muß sagen, müssen. Ich erkläre Ihnen hier, der Herr die Haltung des Präsidenten des Landes­ Bundesminister für Justiz hat bis zur Stunde gerichtes Feldkirch zeichnet sich wohltuend nicht einen Grund vorgebracht, der mein ab von der Haltung mancher Herren in der Vertrauen in die Unabhängigkeit und Ob­ Regierung. Er hat nämlich Ihnen, Herr jektivität der Richter in Vorarlberg erschüttert Minister, für eine solche Weisung sofort den hätte. (Zustimmung bei F p() und (j VP.) Boden entzogen, denn er hat gezeigt, was Objektivität ist ; er hat gezeigt, daß er bereit Herr Minister, Sie waren nicht hier, aber ist, sofort seine Funktion in einem Verein zur Ihr Parteifreund Czernetz hat hier ein Beispiel Verfügung zu stellen, als der Verein ihn ohne aus der Schweiz gebracht, und zwar hat sein Wissen in den Verdacht gebracht hatte, dort ein Separatist aus dem Jura einen Politiker subjektiv zu sein. angegriffen. Dieser Vorfall ist in der ganzen Ich glaube nicht, Herr Minister, daß Sie Schweiz verurteilt worden. Ich danke dem der Ansicht sind - oder wenn, dann sagen Kollegen Czernetz dafür, daß er diesen Fall Sie es -, daß das Landesgericht Feldkirch gebracht hat, und auch ich möchte sagen : ,nicht die Fähigkeit hätte, die Straffälle ob­ Alle Vorfälle, soweit sie Gesetzesübertretungen jektiv und dem Gesetz entsprechend zu lösen. sind und dem Geist der Republik und der Ich glaube nicht, Herr Minister, daß Sie einen Demokratie widersprechen, werden von uns Grund haben, anzunehmen, daß die Richter Freiheitlichen im gleichen Maße verurteilt. in Wien ---= und das darf ich als gebürtiger Hier stimmen wir mit jedem Abgeordneten, Wiener sagen - obj ektiver sind als jene in der auf dem gleichen Standpunkt steht, ohne Feldkirch. Es gibt noch keinen Hinweis, daß Rücksicht auf seine Parteizugehörigkeit über­ die Richterschaft irgend wo subjektiv geworden ein. Genauso war es auch in der Schweiz. wäre. Ich wäre der erste, der hier aufstehen Aber lassen Sie mich das Beispiel weiter­ und dies anprangern würde. Aber schon von erzählen. Hier hat nämlich der Herr Kollege vornherein die Richter als subjektiv zu stem- Czernetz leider aufgehört , und die halbe

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Zeillinger Wahrheit ist keine Wahrheit. In der Schweiz für Justiz von sich aus es für notwendig ist dieser Mann auch vor Gericht gestellt gefunden hat, diesen Streit in die Alltags­ worden - aber im Jura ! Der zuständige politik hineinzuziehen, das bedauern wir Frei­ Bundesrat für Justiz im Justizdepartement heitlichen ! hat keinen Grund gesehen, dem zuständigen Ich möchte daher einen Entschließungs� Richter das Verfahren aus dem Grunde zu antrag mit folgendem Wortlaut vorlegen : entziehen, weil er vielleicht ein Landsmann Der Nationalrat wolle beschließen : des Angreifers war. (Zwischenrufe bei der Der Herr Bundesminister für Justiz wird SPO.) Das waren die gleichen Vorfälle ! Bitte, aufgefordert, seine Weisungen an die Staats­ das Beispiel hat der Kollege Czernetz gebracht, anwaltschaft Feldkirch zurückzuziehen. ich ergänze es nur. (Weitere Zwischenrufe bei der SPtJ.) Ich ergänze es nur, und ich Wenn der Staatsanwalt in Feldkirch von halte die Schweizer nicht für reifer als uns sich aus, auf Grund seiner Beurteilung der Österreicher. Meine Herren ! Machen wir Lage, das Gefühl hat, daß ein solcher Antrag Österreicher uns jetzt nicht schlechter, als zu stellen ist, so soll er ihn stellen. Wir glauben, es die Schweizer sind. (Abg. Mark: Das hat Herr Minister, daß dies die einzige Möglichkeit sich doch in Lausanne abgespielt und nicht wäre, den Fall, soweit er die Justiz betrifft, im Jura !) Das zuständige Gericht, Herr wieder aus der Alltagspolitik herauszuziehen. Kollege, hat darüber geurteilt. Da hätten Die Auswüchse, die bei den Vorfällen in Sie auch sagen müssen, daß ihn selbstver­ Vorarlberg geschehen sind, sind sehr bedauer­ ständlich ein anderes Gericht hätte verurteilen lich. Wir wollen uns jetzt nicht an Vorfälle müssen ! (Zwischenrufe bei der SptJ. - Der klammern, die wahrscheinlich jeder von uns Präsident gibt das Glockenzeichen. - Abg. bedauert. Hier geht es jetzt nur um die M a r k: Das ist doch eine Verdrehung !) Nein, Frage : Waren die Maßnahmen des Herrn Herr Kollege, nein ! Czernetz hat genau Justizministers berechtigt oder nicht ? Einzig gewußt, warum er rechtzeitig aufgehört hat. und allein um die Frage, ob die Weisung (Weitere Zwischenrufe bei der SPtJ.) des Ministers berechtigt war oder nicht, geht Präsident : Ich bitte, den Redner nicht zu es ! unterbrechen! Und im Interesse der Justiz, Herr Minister, appelliere ich an Sie : Knüpfen Sie an die Abgeordneter Zeillinger (fortsetzend) : Gerade Tradition Ihrer Vorgänger an ! Halten Sie die Sie, Kollege Mark, sollten von Demagogie Justiz aus der Tagespolitik, soweit es geht, nur sehr wenig reden. Wenn einer von uns heraus ! Verzichten Sie auf das Weisungs­ zweien ein Demagoge ist ... - ich halte recht, auch dann, wenn es einen Ihrer Minister­ uns beide für gleichwertige Politiker. (Heiter­ kollegen betrifft . Ich kann verstehen, daß keit.) Entweder sind wir beide Demagogen ein Minister dem anderen gerne helfen will, oder es ist keiner einer ! Wollen wir uns kann verstehen, daß Sie einem Partei­ also einigen und bei der Wahrheit bleiben. ich fr eund helfen wollen. Aber halten Sie doch (Zwischenruf des Abg. Mark.) Nein, nein, die Justiz heraus, erhalten Sie doch der Herr Kollege ! Öffentlichkeit den Glauben, daß unsere Justiz Ihr Parteifreund Häuser - und das werde ich unabhängig und objektiv ist ! mir für immer merken, denn es war eine gefährliche Drohung - hat gesagt : "Wir Sie können mir nun entgegentreten. Aber Sozialisten sind die Stärkeren. Wir könnten eines können Sie nicht mehr, Herr Minister : Ihnen auf diesem Gebiete einiges zeigen, Sie können in der Öffentlichkeit und in der meine Herren !" Das steht nä:m1ich hinter Presse nicht mehr den Eindruck verwischen, all diesen Fragen : Es ist das Gefühl des der bereits durch Ihre Weisungen bedauer­ Stärkeren, der da glaubt, das Recht auf licherweise entstanden ist. Und wenn Sie, Demonstrationen allein gepachtet zu haben, Herr Minister, die Handhabung des Ihnen der aber nun sehen muß, daß auch gegen verfassungsmäßig zweifellos zustehenden Wei­ ihn demonstriert werden kann ! Das ist in sungsrechtes als mit dem Geiste des Rechts­ Wahrheit der Hintergrund. Das ist in Wahr­ staates und der Demokratie vereinbar halten, heit der Grund für die ungewöhnliche Reaktion dann können wir Freiheitlichen Ihnen auf aller Minister, auch des Herrn Bundesministers diesem Wege nicht mehr folgen. (Beifall bei für Justiz, die wir freiheitlichen Abgeordneten der FPtJ.) zutiefst bedauern ! Präsident : Der Herr Abgeordnete Zeillinger Ich möchte noch einmal sagen : Daß es hat einen Entschließungsantrag vorgelegt, der den Herrn Innenminister trifft, ist bedauer­ genügend unterstützt ist und daher mit zur lich ; er ist leider zuständig. Daß es den Debatte steht. Er beinhaltet die Aufforderung Verkehrsminister getroffen hat, ist auch sehr an den Herrn Justizminister, seine Weisungen bedauerlich. Aber daß der Herr Minister an die Staatsanwaltschaft Feldkirch zurück-

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Präsident zuziehen. Ich werde auch diesen Entschlie· zeichen.) Ich verlasse mich jetzt doch auf die ßungsantrag erst morgen zur Abstimmung Stoppuhr. (Neuerliche Zwischenrufe.) Hat der bringen lassen. Kollege Zeillinger das Wort, Herr Präsident, Der nächste Redner ist der Herr Abge. oder hab's ich 1 ordnete Dr. Winter . Ich erteile ihm das Präsident : Bitte, Herr Kollege ! Wort. Abgeordneter Dr. Winter (fortsetzend) : Ich Abgeordneter Dr. Winter (SPÖ) : Herr Präsident ! Ich hoffe, daß Sie bei meinen bin nicht verpflichtet, Herr Präsident, mich Ausführungen die Stoppuhr nicht gebrauchen mit Stimmgewalt gegen die Zwischenrufer durchzusetzen. Dazu bin ich nicht verpflichtet. müssen. Ich habe nur einige Feststellungen (Abg. Zeilli nger: Dann zitieren Sie nicht zu machen. falsch !) Gegen den Kollegen Zeillinger komme Zuerst möchte ich bedauern, daß es aus­ ich nicht auf, er hat ein stärkeres Organ als gerechnet ein Tiroler Abgeordneter war, der ich. (Abg. Zeillinger: Sie aber das Mikro· seine Rede hier mit sehr unqualifizierbaren phon !) Ausdrücken aufgeputzt hat. Es tut mir leid, Herr Kollege Bassetti, daß Sie sich in einer Präsident : Herr Abgeordneter Zeillinger, nicht sehr "schmeichelhaften" Gesinnung zu lassen Sie jetzt den Redner beim Wort unge· Äußerungen hinreißen ließen, die wir besser stört ! übergehen. Denn wenn wir sie aufgreifen Abgeordneter Dr. Winter (fortsetzend) : Nun und richtig an den Pranger stellen würden, zur Sache selbst, zur Anfrage. Als ich die dann hätten Sie diesem Haus und der Sache Anfrage der Kollegen Stohs, HämmerIe und den schlechtesten Dienst erwiesen. Konsorten - entschuldigen Sie, daß ich den Den Kollegen Zeillinger möchte ich zu dem üblichen Ausdruck "Genossen" in diesem Beifall beglückwünschen, den er auf der rech· Fall nicht anwende - las, da fiel mir das alte (Abg. Zeil. ten Seite des Hauses gefunden hat. lateinische Sprichwort ein : "Si tacuisses . . . " linger: Wir haben ihn auch schon auf der (Der Redner spricht "c" wie "z" aus. - Linken gefunden ! - Weitere Zwischenrufe.) Abg. Dr. J. Gruber: Si tacuisses ! - Dr. Gru­ Das Vorbringen der Kollegen Anfragesteller ber spricht "c" wie "k" aus.) Als ich in die aus Vorarlberg, der Kollegen Stohs, Fink Schule gegangen bin, hat man "tacuisses" und Hämmerle, kann man vielleicht anders (wieder das "c" wie "z" ausgeprochen) gesagt. beurteilen, denn sie sind keine Juristen. Was Sie werden lachen : Alle acht Jahre hat man aber Sie, Herr Kollege Zeillinger, hier ausge· bei uns "tacuisses" so ausgesprochen. Ich führt haben, das war, behaupte ich, wider weiß, daß es auch andere Ausspracheregeln (Beifall bei der SPO.) besseres Wissen ! gibt, wo man das "c" als "k" spricht. Im übrigen möchte ich dem Herrn Bundes­ (Abg. Dr. J. Gruber: Jetzt kann man nur minister gratulieren, daß er durch diese An­ sagen : Si tacuisses ! - Abg. Prinke: Vielleicht frage, die ein Produkt besonderer taktischer reden wir deutsch !) überlegungen der Anfragesteller war, in die Aber ich weiß, die Zwischenrufe sind dazu Lage gekommen ist, Brunnenvergiftereien ent· bestimmt, um mich in meinen Ausführungen gegenzutreten. an den Rand der Redezeit zu bringen. Ich Der Herr Kollege Zeillinger hat den Minister werde daher versuchen, darauf nicht zu aufgefordert, er möge durch Weisungen reagieren, und bitte auch meine Parteifreunde, an die staatsanwaltschaftlichen Behörden die sich nicht auf Kosten meiner Redezeit mit Justiz nicht in die Tagespolitik zerren. Da den anderen zu unterhalten. muß ich nun, Herr Kollege Zeillinger, Ihnen ein eigenartiges Kompliment machen : Wenn Hier ist nun ausgeführt worden, daß der Sie das, was in Bregenz beziehungsweise in Herr Bundesminister für Justiz durch die Fußach passiert ist, zu Ereignissen der Tages. Weisung an die Staatsanwaltschaft, Anklage politik machen, dann gratuliere ich der zu erheben, in die Unabhängigkeit der Recht­ weiteren politischen Entwicklung dieses sprechung eingegriffen habe. Sind die Herren, Staates mit größtem Bedauern ! (Beifall bei die diese Auffassung vertreten haben, der der SPO.) Man muß sich eben jedes Wort Meinung, daß in diesen Fällen von einer überlegen, Kollege Zeillinger ; das gilt gerade Anklageerhebung Abstand zu nehmen war � für Sie als Jurist ! (Zwischenrufe bei der Sind sie der Meinung, daß das Gericht gar F PÖ.) Unter Tagespolitik verstehen wir nicht in die Lage kommen sollte, darüber zu etwas anderes als derartige faschistische De­ entscheiden, ob der verantwortliche Redakteur monstrationen, und nichts anderes war es. oder Chefredakteur der "Vorarlberger Nach­ (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Aber es ist richten" sich des Vergehens der Aufwiegelung darüber schon vorher . . . (Zwischenrufe bei schuldig gemacht hat � Sind Sie dieser Mei. der 0 V P. - Der Pr äsi den t gibt das Glocken· nung �

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Dr. Winter Der Herr Minister hat durch seine Weisung kann, wenn sich etwas tut. (Abg. Zeillinger: nur sichergestellt, daß sich das Gericht mit Gegen die "Volksstimme" ist damals nichts dieser Frage beschäftigen kann, und dagegen gemacht worden, weil es eine kommunistische können Sie doch nicht sein. (Abg. Dr. J. Gru­ Zeitung war I) Es gibt leider in unserer Wohl­ be r: Das Gericht kann sich auch ohne Weisung standsgesellschaft eine Menge Menschen, die damit beschäftigen I) Sie können doch nicht hier der Meinung sind, es müsse einmal etwas dagegen auftreten, daß man die Frage, ob eine geschehen, das normale Leben sei zu lang­ strafbare Handlung geschehen ist oder nicht, weilig, und daher werden solche Gelegenheiten dem Richter überläßt. (Abg. Dr. J. Gruber: von einer gewissen Sorte von Menschen aus­ Da muß ich wieder sagen : Si tacuisses ... I) genützt. Aber diejenigen, die eine solche Demonstration provozieren und arrangieren, Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich müssen wissen, was dabei am Ende heraus­ empfehle jetzt das Tacere ! kommt. (Abg. Zeillinger: Bei der "Volks­ Abgeordneter Dr. Winter (fortsetzend) : Herr stimme" in Berndorf ist nichts herausgekommen, Kollege Gruber, Sie haben es notwendig ! Es auch keine Weisung des Herrn Ministers I) ist überhaupt merkwürdig, daß sich gerade Ich glaube nicht, daß sich die "Volksstimme" ein paar Abgeordnete vom ÖAAB besonders ausgerechnet in Vorarlberg in die Sache ein­ befleißigen, hier in die Bresche zu springen. geschaltet hat und den "Vorarlberger Nach­ War Ihre Gruppe bei der Demonstration in richten" bei der Provozierung der Demon­ Fußach so stark vertreten 1 (Abg. Dr. J. stration geholfen hat. Gruber: Nein, gar nicht l - Abg. Alten­ burger : Das hängt mit der Arbeit zusammen 1 - Ganz anders war es bei den Demonstrationen - die auch der Kollege Bassetti gemeint hat -, Weitere Zwischenrufe.) Ich habe ihn ja nicht die sich in der Löwelstraße abgespielt haben : angestänkert, sondern er hat mich ange­ Dort ist es doch mehr oder minder ein Zufall stänkert. (Abg. Dr. J. Gruber: Das sind gewesen, daß der Minister Broda, von einer billige Argumente 1 - Abg. M itterer: Aber da muß man sachlich antworten und nicht so 1 Parteibesprechung kommend - nicht in Aus­ übung seiner Funktion als Minister -, an den Das ist zu billig I) Mit dem Kollegen Mitterer Rand dieses Haufens geraten ist. Wollen Sie möchte ich mich überhaupt nicht in eine diesen Vorfall, der bestenfalls nach § 496 Straf­ Diskussion einlassen. Da kämen wir zu weit. (Abg. Machunze: Kollege Winter I Streiten gesetz als Übertretung verfolgt werden könn­ wir nicht, sondern schauen wir, daß wir fertig te - denn Minister Broda ist nicht verletzt werden I) worden, es ist kein allgemeiner Schaden ent­ standen und so weiter -, wirklich mit dem Die größte Anklage gegen den Justizminister vergleichen, was sich in Fußach getan hat 1 wal' : Warum hast du dich da so stark einge­ schaltet und bei den anderen Demonstrationen Ich brauche auf die Einzelheiten nicht vorher nicht ? (Abg. Machunze: Das ist der näher einzugehen. Sie sind ausführlich ge­ Kern I) Hier haben sich verschiedene Abge­ schildert worden. Aber ich begreife jetzt ordnete darüber gestritten, ob in Fußach und schon, warum die Herren von der Österreichi­ Bregenz 3000, 10.000, 20.000 oder gar 40.000 schen Volkspartei den Justizminister im Jahre Leute beteiligt waren. (Abg. Prinke: Nie­ 1962 gehindert haben, seine Vorlage über den mand hat sie gezählt I) Im Zusammenhang besonderen Schutz der staatlichen Symbole mit jenen Demonstrationen, bei denen dem in das Hohe Haus zu bringen und im National­ Justizminister vorgeworfen wird, er habe sich rat durchzubringen. Das ist jetzt ein Muster­ nicht zur Verfolgung eingeschaltet, war von beispiel dafür, wie notwendig ein solches mehreren tausend überhaupt keine Rede. Gesetz zum Schutz der Symbole der Republik (Abg. Dr. Kummer: Es kommt ja nicht auf gewesen wäre. Sie haben es verhindert, Sie die Zahl an I) In dem besonderen Fall, den werden es ja auch verantworten. Sie meinen, da hat man von 150 bis 250 Men­ Und nun noch etwas zur Delegierung. schen lesen können, und das ist unwider­ Dem Minister ist vorgeworfen worden, er sprochen geblieben. (Abg. Dr. Kummer: schalte sich in die Gerichtsbarkeit ein. Herr Es kommt nicht darauf an I) Aber es besteht Kollege Zeillinger ! Sie als Jurist müssen doch ein großer Unterschied : wissen, daß der Chef der Justizverwaltung In Bregenz wurde ein Mitglied der Bundes­ gar nicht darüber entscheiden kann, wohin regierung an der Ausübung seiner Funktion ein Verfahren delegiert wird. Sie müssen es behindert, und zwar durch eine Demonstration, doch wissen ! (Abg. Zeillinger: Aber über die durch eine entsprechende Pressepropaganda die Antragstellung kann er entscheiden !) Aber geradezu auf den Plan gerufen wurde und die entschuldigen Sie ! Soll in einer Situation wie darüber hinaus sicherlich auch noch Zulauf der jetzigen sich der Justizminister in ein durch Elemente gefunden hat, die man bei Winkerl zurückziehen, ein Tuch über sein solchen Gelegenheiten immer wieder antreffen Haupt hüllen und so tun, als ob überhaupt

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Dr. Winter nichts geschehen wäre ? (Abg. Zeillinger: deshalb, weil man sich davon einen politischen "Lassen Sie die Gerichte in Ruhe arbeiten", Vorteil erhofft, weil man diese Heimatliebe

hat er gesagt !) im "Ländle" dazu ausnützen will - jetzt sage ich es ganz eindeutig -, um gegen Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Bitte sozialistische Funktionäre, um gegen die Sozia­ keine Zwiegespräche ! listische Partei zu hetzen, zu demonstrieren, Abgeordneter Dr. Winter (fortsetzend) : Ich zu attackieren ! (Lebhafte Zustimmung bei der möchte sehen, Herr Abgeordneter ZeiIlinger, SP(j.) wenn die Demonstration von anderer Seite Es ist doch sehr bezeichnend, daß es dem veranstaltet und vielleicht Ihnen auf die Nerven Kollegen Bassetti vorbehalten war, nicht nur gegangen wäre, ob Sie dann nicht den Minister, dem Bundesminister Parteijustiz vorzuwerfen, den Chef der Justizverwaltung, hier zur obwohl er das Justizressort ja nur zu verwalten Verantwortung gezogen hätten, daß er nichts und selber nicht Recht zu sprechen hat, unternommen hat. sondern auch von einem "Theater" zu sprechen, Der Herr Minister hat nur das eine getan : das er dadurch hier aufziehe, daß er den Er hat den Auftrag gegeben, den Delegierungs­ Auftrag gibt, die Schuldigen zu ermitteln antrag zu stellen. Der Oberste Gerichtshof und unter Anklage zu stellen. Alles, was wird sich dann mit dieser Sache beschäftigen. sich dort abspielte, war Theater ? Ich kann An der Objektivität des Obersten Gerichts­ nur zutiefst bedauern, daß er einen solchen hofes werden Sie ja wohl hoffentlich nicht Ausdruck dafür findet. Es hat doch nur zweifeln. Oder zweifeln Sie vielleicht deswegen an wenigem gehangen, und dann hätte es daran, weil der Oberste Gerichtshof seinen dort Tote gegeben. (Abg. Hartl: Wieso ? - Sitz in Wien hat ? Solch ein Zwischenruf ist Ruf bei der SP(j: Sie waren nicht dort ! - ja gefallen : Warum gerade nach Wien dele­ Abg. Mark: Er verlangt doch die WaUe !) gieren 1 - Verletzt das die Vorarlberger Lachen Sie nicht, Kollege Hartl ! Was hätten nationalen Empfindungen, daß ein solcher Sie dann gesagt 1 Hätten Sie auch dann Antrag auch nur gestellt wurde ? Es ist noch von einem "Theater" gesprochen 1 ja noch gar nicht entschieden, daß der Fall (Zwischenrufe.) nach Wien delegiert wird. Ich bin sehr dank­ bar für den Zwischenruf, der von Ihrer Seite Präsident : Das Wort hat der Redner, der gekommen ist. Es wurde schon festgestellt, nur mehr zwei Minuten zur Verfügung hat. daß er implicite bedeutet, daß den Richtern Abgeordneter Dr. Winter (fortsetzend) : Ich in Wien die erforderliche Objektivität fehlt. brauche sie nicht, Herr Präsident. Der Minister hat ausführlich und sachlich Präsident : Damit man Sie nicht stört und begründet, warum er den Delegierungsimtrag Ihre Redezeit kürzt. (Heiterkeit.) in Auftrag gegeben hat : um die Richter des Landesgerichtes Feldkirch von dem psychi­ Abgeordneter Dr. Winter (fortsetzend) : Ich schen Druck zu entlasten, den diese Affäre kann nur das sagen, was hier schon gesagt sicherlich auf sie ausgeübt hätte. worden ist, aber nicht in dem Sinne, wie Bei dieser Gelegenheit sei mir noch eine ZeiIlinger es hier vorgebracht hat : Der Minister Feststellung, auch zu den Ausführungen des schalte sich nicht ein - ich bin auch dafür, Kollegen Bassetti, gestattet. Was ich jetzt jawohl -, das Recht nehme seinen Lauf, sage, kann jeder von Ihnen leicht bemerken. aber man soll niemanden davon ausnehmen. Wenn man in Vorarlberg von einer Behörde (Demonstrativer Beifall bei der F pO. spricht, die ihren Sitz in Wien hat, dann Zwischenruf des Abg. Zeillinger.) bringt das offenbar die Gemüter und die Ihrem Antrag, Herr Kollege Zeillinger, nationalen Leidenschaften der Vorarlberger auf Widerruf der Weisungen des Ministers in Bewegung. In Wien bringen Sie keinen werden wir natürlich nicht die Zustimmung Menschen auf die Straße gegen die Vorarl­ geben. (Beifall bei der SP(j. - Abg. Zeillin­ berger Bedürfnisse, gegen eine Berücksichti­ ger: Natürlich ! - Abg. Dr. van Tongel: gung von Vorarlberger Wünschen. In Wien Berndorf ! Das muß Ihnen sehr unangenehm nicht. Warum dann so geradezu exzessiv sein ! - Abg. K indl: Dort hat es Schwer­ im "Ländle"? Übrigens bin ich überzeugt : verletzte gegeben ! - Abg. Dr. van Tongel: Bei entsprechender Aufmachung und An­ Dort gab es effektiv Schwerverletzte ! Da regt heizung könnte ich mir das, was in Vorarlberg ihr euch nickt auf !) passiert ist, auch in Tirol vorstellen. Ich Präsident : Als nächster Redner ist der frage nun : Wozu diese Aufheizung der föde­ Herr Abgeordnete Glaser zum Wort gemeldet. ralistischen Leidenschaften ? Dabei geht aller­ Ich erteile es ihm. dings der Föderalismus jeweils nur bis zur Landesgrenze und umfaßt nicht das ganze Abgeordneter Glaser (ÖVP) : Herr Präsident ! Bundesgebiet. Warum denn das ? Doch nur Meine Damen und Herren ! Es ist nicht meine

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Glaser Absicht, jetzt gegen verschiedene Ausführun­ Ereignisse von Fußach und Bregenz ge­ gen von Vorrednern zu polemisieren. Ich sprochen. Ich glaube aber, daß sehr wenig halte es aber für notwendig, dem Hohen über die Ursachen gesagt wurde. Ich möchte Hause in Erinnerung zu rufen, daß sich das mit einem Beispiel begründen : Ein Arzt, der Parlamentsklub der Österreichischen Volks­ der bei einem Patienten fe ststellt, daß dieser partei gestern sehr eingehend nicht nur mit einen Hautausschlag hat, und ihm nur eine den Ereignissen vom vergangenen Samstag Salbe verschreibt, ohne zu untersuchen, ob in Vorarlberg, sondern auch mit den Ereig­ nicht eventuell auch das Blut oder irgend­ nissen im Laufe des Jahres und mit den welche Organe krank sind, ist ein schlechter Ursachen, die zu diesen Ereignissen und Arzt. Wenn das Parlament, wenn die dafür Erscheinungen geführt haben, befaßt hat. zuständigen Regierungsmitglieder sich damit Der Parlamentsklub der Österreichischen begnügen sollten, jetzt nur die Auswirkungen Volkspartei hat klar zum Ausdruck gebracht, dieser unliebsamen Vorfälle zu verurteilen daß die ÖVP sich zum Recht der Länder oder zu trachten, solche Auswirkungen in und zum Recht der Bevölkerung auf Kritik Hinkunft zu verhindern, so wäre das zuwenig ! bekennt. Aber ebenso klar wurde zum Aus­ Meine Damen und Herren ! Gehen wir Ö druck gebracht, daß die sterreichische Volks­ doch der Sache auf den Kern und suchen partei Demonstrationen, Ausschreitungen wir die Ursachen ! Die Ursachen für Ereignisse und Gesetzwidrigkeiten mit aller Entschieden­ dieses Ausmaßes können nicht darin liegen, heit ablehnt. daß an dem Tag, an dem diese Demonstra­ Ö Die sterreichische Volkspartei lehnt damit, tionen stattgefunden haben, eine Zeitung die sofern das überhaupt vorgekommen sein sollte, Leute auffordert, zu demonstrieren, und eine Schändung der österreichischen Fahne dabei ausdrücklich noch zum Ausdruck bringt, mit aller Entschiedenheit ab. (Beifall bei der man möge den Weisungen der Exekutive OVP.) Wir verwahren uns aber auch gegen Folge leisten. jenen Vorwurf, den Herr Abgeordneter Eber­ hard erhob und der sinngemäß lautete : Wir Meine sehr verehrten Frauen und Herren Sozialisten stehen zu dieser Fahne, und ihr, Abgeordnete ! Die Ursachen sehe ich auf wobei er auf uns herüberdeutete, steht nicht zwei sehr wesentlichen Gebieten : zu dieser Fahne ! Meine Damen und Herren ! Die eine wesentliche Ursache ist auf alle Wir von der Österreichischen Volkspartei Fälle das politisch unkluge, das taktisch sind seit eh und je zur rot-weiß-roten Fahne unkluge Verhalten des Herrn Bundesministers gestanden. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) für Verkehr gewesen. Ich darf zwei sehr Wir sind zu dieser Fahne in einer Zeit ge­ angesehene österreichische Zeitungen zitieren, standen, als viele glaubten, die Staatsfahne die bestimmt nicht mit den Ereignissen in bestünde nur aus Rot, und sie den weißen Fußach und Bregenz in Verbindung gebracht Streifen damals noch nicht sahen. (Neuer­ werden können, die "Kleine Zeitung" aus licher Beifall bei der (JVP.) Graz und die "Salzburger Nachrichten". (Abg. Ebenso hat gestern die Österreichische Dr. Pittermann: Nein, nein, die i8t "objek­ Volkspartei klar zum Ausdruck gebracht, tiv" !) Die "Salzburger Nachrichten", über daß die Regierungsmitglieder der ÖVP in die Herr Vizekanzler Pittermann soeben ge­ der Ministerratssitzung bereit waren, zu den lächelt oder gelacht hat (Abg. Dr. Pitter­ Vorfällen in Vorarlberg in dem Sinne, den mann: Über ihre Objektivität I) , ist jene ich vorher zum Ausdruck brachte - also Zeitung, die zum Beispiel der Herr Bundes­ Anerkennung des Rechtes der Bevölkerung minister für Justiz sehr oft positiv beurteilt. und der Länder auf Kritik -, eine Erklärung Er benützt diese Zeitung sehr oft dazu, um abzugeben. (Abg. ' K onir: Gemeinsam ?J. Ja­ durch sie seinen Standpunkt einer breiten wohl ! Die Regierungsmitglieder der ÖVP Leserschaft darzubringen. Der Herr Vize­ waren entschlossen, die zuletzt in Vorarlberg kanzler Pittermann, der soeben über die bei Demonstrationen stattgefundenen Rechts­ Zeitung "Salzburger Nachrichten" gelacht hat, verletzungen unbeschadet ihrer Ursachen zu ist insbesondere vor Wahlzeiten sehr froh, verurteilen. Sie mußten aber darauf bestehen, wenn er in dieser Zeitung seine Stellungnahme diesen Standpunkt gegenüber allen im Laufe oder den Standpunkt der Sozialistischen Partei dieses Jahres bei Demonstrationen vorge­ zu bestimmten Dingen anbringen kann. (Abg. kommenen Rechtsverletzungen zu vertreten. Dr. Pittermann: Nein, gar nicht !) In Die Formulierung, daß auf die Ursachen diesen beiden Zeitungen ist gestern wie heute eingegangen werden ' solle, war ja letzten das Verhalten des Herrn Bundesministers Endes dafür maßgebend, daß es nicht zu Probst so klar deklariert (Abg. Prob8t: einer gemeinsamen Erklärung gekommen ist. Werden Sie behaupten, daß es unklar ist?), Meine Damen und Herren ! Es wurde heute daß ich mir denken müßte : Herr Minister seit 12 Uhr, also seit vier Stunden, über die Probst ! Wenn mir das gesagt würde, was

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Glaser Ihnen diese beiden Zeitungen sagen, gäbe nicht herumzureden ! Wir wissen, was Sie es zwei Möglichkeiten : Entweder klagen und wollen ! Hauen Sie sie zusammen, Herr Glaser ! den Wahrheitsbeweis antreten, daß es nicht Haben Sie den Mut dazu ! Machen Sie Schluß !­ wahr ist, oder meinen Hut packen und gehen ! Abg. Pro b s t: Dauernd werden nur die (Heiterkeit bei der OVP. - Zwischenrufe bei sozialistischen Minister angegriffen! Wo sind der SPO.) Ihre Minister ? Die verdrücken sich alle !) Ich bitte die Zwischenrufer und auch den Redner, Meine Damen und Herren ! Ich möchte noch sich insbesondere in den Formulierungen etwas sagen. (Abg. Dr. Pittermann: Es steht Ihnen ja frei, Herr Glaser, das zu bean­ Mäßigung aufzuerlegen. (Abg. Ozettel: Wir tragen ! Halten Sie noch die Koalition - ja sind arm dran in Österreich, meine Herrschaften, wenn der Geist so weiterlebt ! - Abg. Dr. Pitter­ oder nein ?) Was schweifen Sie denn vom mann: Die Parteiführung hat sich ein Alibi Thema ab, Herr Vizekanzler ? (Abg. Dr. Pitter­ ge8ucht tür die Rede ! Weder der Obmann noch mann: Halten Sie sie noch ?) Ich habe doch der General8ekretär ist im Hause !) klar und deutlich gesagt, was verstanden werden soll. (Abg. Dr. Pittermann: Halten Abgeordeter Glaser (fortsetzend) : Herr Vize­ Sie sie noch oder nicht ?) Ich lasse mir nicht von kanzler, was haben Sie an meiner Rede zu Ihnen eine Frage stellen, auf die ich mit Ja kritisieren � (Der Prä8ident gibt das Glocken­ oder Nein zu antworten habe, die aus dem Zu­ zeichen. - Abg. Dr. Pittermann: So reden sammenhang gerissen ist. (Abg. Dr. Pitter­ Sie in der Koalition !) mann: Weil Sie nicht wollen ! Weil Sie nicht Präsident : Ich bitte um Ruhe ! Der Redner antworten wollen !) Herr Vizekanzler ! Wir hat das Recht, seine politische Meinung zu sind hier in der österreichischen Volksver­ äußern. Ich bitte, in einer gewissen sachlichen tretung und nicht in einem Inquisitions­ Form zu diskutieren. (Abg. Uhlir: Ihr 8eid prozeß, wo man mit Ja oder Nein zu antworten die Totengräber der Koalition !) hat. Nehmen Sie das zu Kenntnis. (Beifall bei der OVP. - Abg. Mark: Warum erheben Abgeordneter Glaser (fortsetzend) : Kollege Sie keine Anklage ?) Uhlir ! Daß wir die Totengräber der Koalition sind, hätten Sie nicht sagen dürfen ( Abg. We i k­ Die zweite Ursache, meine Damen und hart: Am heutigen Tag haben e8 gerade Sie Herren, liegt zum Teil in diesem Hause, zum bewie8en!), da Sie und Ihre Partei jahrelang Teil auch bei verschiedenen anderen Regie­ vorher auf eine ganz andere politische Richtung rungsmitgliedern. Es wurde heute viel von hingezielt haben. (Zwischenrufe bei der SP(j.) Demokratie gesprochen. Es wurde davon ge­ Aber warum kommen Sie mit dem 1 Lassen redet, daß wir, die Abgeordneten, einen Eid Sie mich ausreden ! (Abg. Prob8t: Sie haben geleistet haben, zwar nicht auf die Demokratie ge8agt, daß die Rechtsstaatlichkeit gebrochen in dem Sinn, aber daß wir die Verfassung und worden ist durch den Justizminister !) Nein, die Gesetze beachten werden. Und jetzt Herr Minister Probst, das habe ich nicht ge­ komme ich zu dem, was ich ganz besonders sagt ; sie ist hier "verletzt" worden, habe ich anprangern muß. In diesem Hause wurde be­ gesagt (der Präsident gibt das Glocken­ gonnen, Gesetze zu mißachten. In diesem zeichen), durch den Bundesminister für Ju­ Hause wurde der Rechtsstaat zum erstenmal stiz. (Zwi8chenruf des Abg. Dr. Haider. - mit Füßen getreten, und zwar von jenem Abg. Probst: Der eine sagt nein, der andere Mann, der für die Rechtsstaatlichkeit ganz sagt ja ! Das ist eine Partei !) besonders zuständig wäre. In diesem Hause wurden vom Herrn Bundesminister für Justiz Präsident : Ich bitte jetzt wirklich die Abge­ Höchstrichter des Staatsstreiches beschuldigt ordneten und die Herren Minister, ihr Tem­ und dergleichen mehr. (Abg. Ozernetz: Darf perament etwas zu zügeln ! Ich ersuche auch man das gegen Hächstgerichte nicht sagen ?) den Redner, jetzt in seiner Formulierung sach­ Und erst in allerletzter Zeit hat die Haupt­ lich fortzufahren. (Abg. U hlir: Er hat ja wahlbehörde (Abg. Probst: Wird das so auch niemanden reden lassen !) weitergehen mit den Angriffen auf die Minister ?) Abgeordneter Glaser (fortsetzend) : Ich darf eine Entscheidung getroffen, die der Sozia­ also nochmals festhalten, daß ich wieder­ listischen Partei nicht angenehm war. (Abg. gegeben habe, was der Herr Bundesminister Dr. Pittermann: Stellen Sie einen Antrag, für Justiz selbst gesagt hat. (Abg. Dr. Pitter­ Herr Glaser! Heraus mit dem Mut, Herr mann: Sagt : Schluß ! Habt den Mut dazu !) Glaser, hauen Sie die Koalition auch formell Ich wiederhole jetzt eine zweite Sache : Im zusammen ! - Heftige Zwischenrufe bei der Zusammenhang mit einer Entscheidung der S PÖ.) Nein, Herr Vizekanzler . Hauptwahlbehörde wurden wieder die in dieser Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich Hauptwahlbehörde tätigen Richter alles andere bitte Sie wieder, sich etwas zu mäßigen! denn fair behandelt. Diese Aussendungen, Herr (Abg. Dr. Pittermann: Sie brauchen gar Zentralsekretär, der "Sozialistischen Kor-

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Glaser respondenz" zeigen, wie abfällig über die Probst: Was habe ich mit Rachejustiz zu tun ?) Richter, die in der Hauptwahlbehörde tätig Meine Damen und Herren ! Bei uns gibt es in sind, geurteilt wurde. (Zwischenruf des Abg. Österreich zwei Verfahren : das eine vor Ge­ Dr. Haider.) richt, und für die öffentlich Bediensteten gibt es außer dem gerichtlichen Verfahren noch ein Es darf in diesem Land, es darf in unserem Disziplinarrecht. Herr Minister Probst ! Wenn Vaterland , in der Republik Österreich nicht sich ein Beamter gegen irgendwelche Bestim­ zweierlei Recht geben. Das ist eine der mungen vergangen hat, dann hat darüber wesentlichsten Ursachen dafür, daß es heute nicht der Herr Minister und auch nicht irgend­ so kritisch zugeht. Es kann nicht sein, daß ein anderer Vorgesetzter, sondern eine una b­ man auf der einen Seite, wenn ein Minister in hängige Disziplinarkommission zu entscheiden. Wien insultiert wird, darüber hinweggeht, daß dagegen kein Verfahren eingeleitet wird, daß (Abg. Probst: Er bleibt schön im Dienst !) Aber in der Zeit Ihrer Ministerschaft, Herr Schmähschriften gegen Regierungsmitglieder, Minister Probst, sind eine Reihe von Dingen die in der Löwelstraße - Herr Vizekanzler, passiert : Ich denke etwa an Klagenfurt, an den Sie werden es gesehen haben - herumgetragen Regierungsrat aritz, den Sie versetzen ließen, wurden, toleriert werden, daß jedoch auf der J ohne daß ein Disziplinarverfahren stattge­ anderen Seite Schmähschriften gegen einen funden hat. Und nun hören wir, daß am Minister in Vorarlberg oder in Fußach, oder Montag oder gestern der Postmeister von wo es sonst gewesen ist oder sonst sein soll, Lochau außer Dienst gestellt wurde, ohne daß verfolgt werden. (Abg. U h l i r: Sie haben sich noch immer nicht von den Vorfällen in Fußach ein Disziplinarverfahren stattgefunden hat. distanziert !) (Abg. Probst: Das ist auch falsch !) Sie selbst haben heute gesagt, daß Sie den Präsidenten Es darf auch nicht sein, daß ein Sabotage­ der Bundesbahndirektion Innsbruck von dort akt, wie es die Unterbrechung der Wiener abziehen ließen, ohne daß ein Disziplinar­ Stromversorgung gewesen ist, nicht nur to­ verfahren stattgefunden hat. (Zwischenruf leriert, sondern belohnt wird, indem der Be­ des Abg. Mark.) Herr Kollege Mark ! Das von treffende, der fürdiese Sabotage verantwortlich Regierungsrat J aritz von Klagenfurt stimmt, ist, Abgeordneter der Sozialistischen Partei der Mann ist versetzt worden, ehe ein Diszi­ wird (Abg. M ar k: Wo ist er denn Abge­ plinarverfahren stattgefunden hat. (Abg. ordneter ?) und daß im anderen Fall . . . M ar k: Versetzen kann der Minister doch !) (Abg. Mark: Nicht Abgeordneter, Kandidat ! Die Versetzung ist auch damit begründet Er steht seit Monaten auf einer Kandidaten­ worden, daß ihm etwas vorgehalten wurde, liste !) Was haben Sie denn, Sie haben doch was er angeblich falsch gemacht hat. heute selbst hier mehrmals über dieses Thema Präsident : sprechen gehört, daß der Betriebsratsobmann Wir sind jetzt bei einer Frage an den Herrn Minister Broda. der Simmeringer E-Werke für die Sozialisti­ sche Partei kandidierte. (Abg. M ar k: Einer Abgeordneter Glaser (fortsetzend) : Am von 300 Kandidaten I) Und es darf auch nicht Schluß seiner Rede hat der Herr Abgeordnete sein . . . (Abg. Probst: Sie haben gesagt, er ist Czernetz - ich komme damit auch selbst zum Abgeordneter geworden !) Es ist heute hier Schluß - eine Mahnung ausgesprochen. Ich gesagt worden (Abg. M a r k: Sie haben gesagt hoffe nur, daß diese Mahnung auch auf Ihrer " Abgeordneter" 1 Sie schwindeln schon wieder I), Seite verstanden wurde, daß nämlich zur Demo­ �nd ich habe das wiedergegeben, was heute kratie vor allem Gespräche gehören, Gespräche, gesagt wurde. (Abg. Probst: Wie soll man wie sie leider in der bewußten Sache von dem Sie et'nst nehmen, wenn Sie dauernd etwas hiefür zuständigen Ressortminister abgelehnt anderes reden !) wurden. Ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie ist, daß man nicht nur mitein­ Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Ich bitte zu überlegen, daß es bereits der letzte ander redet, sondern daß man auch konziliant und tolerant ist. (Abg. Weikhart: Das Redner ist vor dem Herrn Bundesminister sollten Sie sich selber sagen, Herr Abgeordneter ! - und das Haus hier nicht von einer Massen­ (J psychose befallen werden soll ! Weitere Zwischenrufe bei der SP . - Abg. Dr. Pittermann: Mit Ihrem Haß gegen Abgeordneter Glaser (fortsetzend) : Herr Mi­ Wien ! - Der Präsident gibt das Glocken­ nister Probst ! Was ich hier sagte ( Abg. M a r k : zeichen.) Und diese mangelnde Konzilianz Daß er kandidiert hat, ist gesagt worden !) , ist bis und Toleranz war die Hauptursache für die heute unwidersprochen geblieben, nämlich daß Ereignisse in Vorarlberg. Diese Haltung hat der er kandidiert hat. Herr Minister Probst vermissen lassen. Es darf in Österreich aber auch keine Rache- Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Die justiz geben. Das geht vor allem in die Rich- Redezeit, Herr Abgeordneter Glaser, ist in tung des Herrn Verkehrsministers. (Abg. zwei Minuten zu Ende.

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Abgeordneter Glaser : Ich brauche gar nicht Vorfällen in der Löwelstraße und den Vor­ mehr zwei Minuten, ich werde in einer halben fällen in Fußach. Ich habe gestern schon in der Minute fertig sein. Diese Toleranz und Konzi­ Regierung gesagt : Wer Wind sät, wird Sturm lianz hat derjenige, der in erster Linie für die ernten. Ereignisse in V orarlberg verantwortlich ist, Meine sehr geehrten Damen und Herren ! vermissen lassen. Möge dieser Appell, den der Ich brauche Ihre Verteidigung für den Vorfall Abgeordnete Czernetz an hüben und drüben in der Löwelstraße nicht, wenn sie so aussieht gerichtet hat, vor allem beim Herrn Bundes­ wie bei den Herren, die jetzt gesprochen minister für Verkehr Otto Probst einen ent­ haben. In der Löwelstraße ist es rechtlich sprechenden Widerhall und eine entsprechende darum gegangen, daß ein nicht dort amtieren­ Reaktion auslösen, nicht in der Form einer der Minister, der bei · diesen Vorfällen nicht die Rachejustiz, sondern in der Form, daß Recht Republik zu vertreten hatte - außer als Mit­ Recht bleiben muß ! (Beifall bei der OvP.) glied der Bundesregierung, das er immer ist -, mit Insulten bedroht worden ist. Zu Tätlich­ Präsident : Zum Schlußwort hat sich der keiten ist es dank des Schutzes, den mir eine Herr Bundesminister für Justiz Dr. Broda Reihe von Freunden und sehr brave Exekutiv­ gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. beamte angedeihen ließen, nicht gekommen, Bundesminister für Justiz Dr. Broda : Hohes entgegen der verfrühten Freude einer Reihe Haus ! Sehr geehrter Herr Präsident ! Sehr geehrte von Zeitungen am Samstag, die Ihnen sehr Damen und Herren ! In diesem Teil der Debatte nahestehen. ist klar geworden, daß der Appell des Herrn Ich hätte nun eine Anzeige wegen - Dr. Abgeordneten Dr. Hurdes im vorigen Teil der Winter sagte es schon - des Verdachtes der Debatte nicht auf allzu fr uchtbaren Boden ge­ Übertretung nach § 496 Strafgesetz machen fallen ist. Ich bedaure das außerordentlich. können ; das ist ein Privatanklagedelikt. Ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren habe es aber unter meiner Würde gefunden, eine auf der rechten Seite des Hauses, werden solche Strafverfolgung einleiten zu lassen, abge­ spätestens morgen Gelegenheit haben, sich zu sehen davon, daß die Täter erst hätten eruiert entscheiden. Ich bin dem Herrn Kollegen werden müssen, was auf Grund von Photo­ Zeillinger dankbar, daß er seinen Entschlie­ graphien vielleicht möglich gewesen wäre. ßungsantrag - genügend unterstützt - einge­ Ich habe es einfach unter meiner Würde ge­ bracht hat. Der Herr Vizekanzler hat in wieder­ funden, da rechtlich dazu kein Anlaß war. holten Interventionen darauf hingewiesen : Sie Ich hätte aber hören wollen, was Sie, meine werden sich entscheiden können - hic Rhodus, Herren, heute über Parteijustiz gesagt hätten, hic salta ! -, ob Sie mit dem Herrn Abge­ wenn ich es getan hätte ! (Beifall bei der S p(j.) ordneten Zeillinger gehen wollen. Ich hätte gerne gehört, was Sie gesagt hätten, Hohes Haus ! Sehen Sie nicht die ganze wenn der Justiz minister , den Sie so bedauern innere Brüchigkeit eines Teiles dieser Diskus­ und gleichzeitig so angreifen, in eigener Sache sion im Rahmen der dringlichen Anfrage, die vorgegangen wäre. Das war aber nicht mein an den Justizminister gestellt worden ist, wenn Motiv, ich habe es unter meiner Würde empfun­ Sie als Hauptgegenstand der Diskussion mit den, und ich habe rückhaltlos den Schutz dem Justizminister aus dem Anlaßfall Bre­ meiner Parteigenossen dafür als Partei­ genz - ich sage es noch einmal : aus dem politiker. (Abg. Dr. Hurdes: War das Anlaßfall Bregenz, der uns zutiefst berührt und Stromabsckalten bei der Straßenbahn auch eine. beeindruckt hat - die Vorfälle in der Löwel­ persönliche Angelegenheit von Ihnen !) straße am 29. Oktober 1964 heranziehen � Verehrter Herr Kollege Dr. Hurdes ! Ichhabe (Abg. M arwan-S cklosser: Das ist ja gar es mir als nächstes aufgeschrieben : Nachdem nicht richtig !) Sie waren einer der Haupt­ Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, punkte der Diskussion ! Wer war dort Gegen­ in den viereinhalb Jahren, die ich bereits auf stand der Drohung mit Insulten, der Be­ der Ministerbank das Ressort vertrete, zahl­ schimpfungen und Beleidigungen � Derselbe lose Gelegenheiten nicht genützt haben, um Justizminister, der jetzt vor Ihnen steht. Die mich alles das zu fr agen, komme ich jetzt Verteidigung haben Sie in den Reden Ihrer darauf zu sprechen, Punkt für Punkt, Herr Herren im fr üheren Teil der Debatte gehört. Kollege Dr . Hurdes. Nun zur rechtlichen Beurteilung des Vor­ Wir überlegen uns im Justizministerium falles in der Löwelstraße. Der Abgeordnete jeden einzelnen Fall. Es ist übrigens kurios : Dr. Winter hat darüber gesprochen, wofür Der Herr Abgeordnete Dr. Hurdes, sehr wohl ich ihm dankbar bin. Er hat es mir abgenom­ rechtskundig, wie wir alle wissen, sagte beim men, in eigener Sache noch viele Worte zu ebenfalls Rechtskundigen, dem Herrn Abge­ machen. Ich sehe die Zusammenhänge - und ordneten Dr. Zeillinger : Warum haben Sie jeder hier im Hause spürt sie - zwischen den nichts gemacht ?, nachdem der Herr Abge-

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Bundesminister Dr. Broda ordnete Zeillinger seinen Angriff deshalb gegen daß Sie mir ihn unterstellt haben ! (Abg. Z e i l­ mich richtet, weil ich etwas gemacht habe ! linger: Das ist unwahr ! Das habe ich nicht (Abg. Dr. Broesigke: Aber etwas Falsches !) gesagt 1 Die Ministerbank ist hier, um die Herr Dr. Broesigke, Sie sehen die innere Wahrheit zu sagen !) Schauen wir nach im Brüchigkeit Ihrer Argumentation. - Wie Protokoll. oft haben Sie mich gefragt - ich werde es heraussuchen -, Herr Abgeordneter Zeillinger : Präsident : Es wurde bereits mitgeteilt, Herr Justizminister, warum haben Sie dort daß nachgesehen wird. Das Wort hat der Herr nichts gemacht, und warum haben Sie dort Minister. (Abg. Zeillinger: Der Herr Minister nichts gemacht ? Ich habe Ihnen redlich ge­ soll antworten oder zum Rednerpult gehen 1 antwortet. Das gleiche gilt für Sie, Herr Das gehört nicht auf die Ministerbank ! Zu Abgeordneter Dr. Hurdes. (Abg. Zeillinger: polemisieren ist nicht von der Ministerbank ! Es geht um die Gleichheit vor dem Gesetze !) Herr Da kann er heruntergehen ! -Abg. Dr. Pitter­ Abgeordneter Dr. Zeillinger, in Ihrer Rede ist mann: Zeillinger 1 Gib Ruh I) Der Herr Bundes­ es nur darum gegangen, daß Sie mich des minister wurde gefragt, jetzt antwortet er Gesetzesbruches geziehen haben, weil ich darauf und spricht daher von der Minister­ Weisungen erteilt habe ! (Abg. Zeillinger: bank ! Nicht des Gesetzesbruches ! Das ist nicht wahr ! Lesen Sie das Protokoll ! Nein, das ist nicht Bundesminister für Justiz Dr. Broda (fort­ wahr ! Ich bitte dagegen einzuschreiten ! Der setzend) : Es wurde an mich im Rahmen einer Herr Minister überschreitet sein Recht ! - Der dringlichen Anfrage, die genügend unter­ Präsident gibt das Glockenzeichen.) Ich werde stützt war, unter anderem die Frage gerichtet, es mir nachher anschauen. (Abg. Kindl: warum gegen die Lichtabschaltung beim Nicht polemisieren von der Ministerbank ! - Wiener E-Werk anläßlich der Vorfälle im Sep­ Abg. Zeillinger: Nein, nein ! Sie verdrehen tember dieses Jahres nicht gerichtlich vorge­ meine Worte !) gangen worden ist. Wir haben in dieser Hand­ lung allein keinen gerichtlich strafbaren Tat­ Präsident : Ich bitte um Ruhe ! Der Herr bestand gesehen, es ist deshalb bei uns keine Bundesminister hat das Recht (Abg. Zeil­ Anzeige erstattet worden, Schäden sind offen­ linger: Der Herr · Minister verdreht meine bar nicht eingetreten, die angezeigt worden Worte ! ) , hier seine Meinung zu sagen wie jeder wären. Daher sind wir im Rahmen unserer andere Abgeordnete auch. (Abg. Zeillinger: Amtspflichten nicht eingeschritten. Auch die Bleiben Sie bei der Wahrheit, Herr Minister ! zuständige Staatsanwaltschaft hat keine wie Sie haben nicht die Wahrheit gesprochen !) immer geartete Veranlassung zum Einschreiten Ich muß den Vorwurf, daß der Herr Minister in dieser Richtung gefunden. bei der Wahrheit bleiben soll, als den Vorwurf einer Unwahrheit auffassen und erteile daher Ich darf fortsetzen : Die Vorfälle in Berndorf sind Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens den Ordnungsruf! geworden, das zu Vr 342/63 beim Kreisgericht Bundesminister für Justiz Dr. Broda (fort­ Wiener Neustadt geführt worden ist. Mangels setzend) : Wir werden im Protokoll nachsehen. Ausforschung der Täter mußte das Verfahren (Abg. Dr. K 0 s : Was ist mit dem "Gesetzes­ in der Folge abgebrochen werden. bruch" ? - Abg. Zeillinger: Wir werden Ihnen antworten ! Sie können sicher sein ! Es Beim Komplex "Schleinzer-Wall" ist ein ist das erste Mal, daß von der Ministerbank so Flugblatt, das in diesem Zusammenhang herausgegeben worden ist, über Antrag der etwas geschieht 1 Er soll bei der Wahrheit bleiben !) Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Präsident (das Glockenzeichen gebend) : Bitte Staatsanwaltschaftliche Erhebungen in drei um Ruhe für den Herrn Minister, sonst werde weiteren Fällen gegen Druckschriften haben ich aus der Hausapotheke etwas Brom ver­ nach Meinung der staatsanwaltschaftlichen teilen lassen. Behörden keinen verfolgbaren Tatbestand er­ geben ; daher ist es zu keinem Verfahren Bundesminister für Justiz Dr. Broda (fort­ gekommen. setzend) : Herr Kollege Zeillinger hat gemeint, der Herr Justizminister soll keine Weisungen Beim Ärztestreik wurde keine Anzeige er­ geben, weil er dadurch das Vertrauen zur Justiz stattet. Offenbar sind Täter nicht aus­ untergräbt - das haben Sie schon gesagt geforscht worden.

(Abg. Zeillinger: Ja, das schon !) -, worauf Beim Bäckereiarbeiterstreik, beim Handels­ Kollege Dr. Hurdes sagte : Warum ist nichts arbeiterstreik und bei den Vorfällen in Wiener gegen die Lichtabschaltung gemacht worden � Neustadt im Herbst vorigen Jahres wurden (Abg. Zeillinger: Was ist mit dem Vorwurf Gerichtsverfahren durchgeführt, die, wenn des " Gesetzesbruches" ? Das müssen Sie mir gerichtlich zu ahndende Tatbestände vorlagen beweisenI) Nicht, daß Sie ihn gemacht haben, und die Täter festgestellt worden sind, auch

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Bundesminister Dr. Broda zu Strafanträgen und Anklagen sowie zu Innsbruck anrufen müssen. Es liegt daher Schuldsprüchen geführt haben. Ich stehe eine erste Entscheidung des Gerichtes vor, dazu im Detail jederzeit gern weiter zur die das Landesgericht für Strafsachen in Verfügung. Feldkirch, das offenbar die Rechtsansicht der Behörden des Verfolgungsantrages teilt, weil Das nur im Rahmen dieser dringlichen es sonst zur Abweisung des Strafantrages ... Anfrage zur Frage, ob zweierlei Recht ge­ (Abg. Dr. van Tongel: Da hätte die Rat8- sprochen wird, ob man das im Rahmen einer kammer zuer8t angerufen werden müssen !) solchen Diskussion dem Justizminister einer Vom Untersuchungsrichter, er hätte es ja Koalitionsregierung vorwerfen soll. abweisen können. (Abg. Dr. van Tongel: Der Herr Abgeordnete Zeillinger hat nun Das hat er nicht gemacht !) Eben ! Daher ist die Frage aufgeworfen, warum - wenn ich es ein Beweis dafür, daß sich das Gericht ihn richtig verstanden habe - das Bundes­ mit dem Verfolgungsantrag des Staatsanwaltes ministerium für Justiz nach Vorlage der in erster Instanz einverstanden erklärt hat. Ausgabe der "Vorarlberger Nachrichten" vom (Abg. Dr. van Tongel: Ist der Fall_schon je 21. November des Jahres zu einer anderen eingetreten ?) Aber natürlich ! (Abg. Zeillin­ rechtlichen Beurteilung gekommen ist als ger: Nennen Sie Zahlen ! Sie wissen, wie der zuständige Staatsanwalt. In dem Zu­ selten das ist !) Ich habe heute sehr viel aus­ sammenhang möchte ich den Damen und wendig beantwortet, auch an Zahlen. Wir Herren, die nicht rechtsberuflich tätig sind, werden noch öfter hier miteinander sprechen . sagen, daß das zu den Rechten und Pflichten Nun zur Frage der Delegierungen. Vielleicht des Justizministeriums gehört, ebenso wie ist es in der Anfragebeantwortung nicht so der Oberstaatsanwaltschaft en, und daß diese klar zum Ausdruck gekommen, obwohl ich Rechte und Pflichten immer ausgeübt worden noch einmal den diesbezüglichen Satz verlese. sind. Ich erinnere zum Beispiel dar an , weil Ich sagte : Der Delegierungsantrag erfolgte Herr Abgeordneter Zeillinger meinen Amts­ somit zum Schutz der Unabhängigkeit der vorgänger so gelobt hat, daß die Aufdeckung Rechtsprechung und der Gerichte, die voll­ des Justizirrtums im Fall Hoflehner ausschließ­ ständig unbeeinflußt die zur Anzeige ge­ lich auf ministerielle Weisungen meines Amts­ brachten Tatbestände beurteilen und prüfen vorgängers Dr. Tschadek zurückzuführen war. sollen. Ich glaubte mich sehr klar aus­ Ebenso wurden eine ganze Reihe von anderen gedrückt zu haben, daß wir den Delegierungs­ Justizirrtümern - das ist eben Pflicht des antrag zum Schutz der Rechtsprechung und Ministeriums - in Ausübung der Befugnisse des Landesgerichtes für Strafsachen in Feld­ des Ministeriums aufgedeckt. kirch gestellt haben ; denn wir wollten nicht Diesmal hat das Justizministerium eine - dazu bekenne ich mich -, daß wir vielleicht andere rechtliche Beurteilung des Inhalts nachher, wie im Fall Fußach, vor einem Scher­ dieser Zeitung vorgenommen. Ich bitte Sie benhaufen stehen, dessen einzelne Teile wir nur : Nehmen Sie sich diese Zeitung zur Hand, erst wieder mühsam zusammensuchen müssen. schauen Sie sie gut durch, und zitieren Sie Wir wollten nicht, daß die Exekutive neuer­ nicht nur einzelne' Zeilen und einzelne Worte dar­ lich vor der Situation stehen könnte, Demon­ aus. Überlegen Sie den Gesamteindruck dieser strationen vor dem Gericht in Feldkirch Druckschrift, dann überlegen Sie sich weiter, begegnen zu müssen, wenn dort ein solches was die Folgen waren, und Sie werden vielleicht Verfahren durchgeführt wird. Aus der ganzen Verständnis dafür haben, daß nach Kenntnis Art meiner Anfragebeantwortung ist jedenfalls der Zeitungsveröffentlichung diese Verfügung zweifelsfrei hervorgegangen, daß das in keiner des Justizministeriums ergangen ist. Das ist Weise ein Mangel an Vertrauen in die örtlich gar keine Disqualifikation des zuständigen zuständigen Gerichte war, sondern eine vor­ Staatsanwalts, das ist nur eine andere recht­ sorgliche Maßnahme, die wir beantragt haben liche Beurteilung. Es geschieht zahllose Male, und die wieder nur vom Gericht zu entscheiden daß in einer Instanz so und in der anderen ist, nämlich vom Obersten Gerichtshof, wie Instanz so beurteilt wird. jedermann, der rechtsberuflich tätig ist, weiß. Ich muß dem Herrn Abgeordneten Zeillinger Meine sehr geehrten Damen und Herren ! nun wieder widersprechen ; das wissen wieder Der Oberste Gerichtshof ist der gesetzlich die rechtsberuflich Tätigen : Die Ratskammer zuständige Richter, der darüber zu entschei­ des Landesgerichtes für · Strafsachen in Feld­ den hat, ob die Bedenken der Justizverwal­ kirch hätte, wenn der Untersuchungsrichter tung, des Justizministeriums, für richtig er­ anderer Meinung als der Staatsanwalt gewesen achtet werden oder ob diese Bedenken als un­ wäre und wenn sie damit befaßt worden wäre, begründet erachtet werden. Dann würde sehr wohl den Verfolgungs antrag des Staats­ nämlich in Vorarlberg verhandelt werden. anwalts ablehnen können. Dann hätten wir Die Entscheidung liegt also ausschließlich die Entscheidung des Oberlandesgerichtes in beim Obersten Gerichtshof.

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Bundesminister Dr. Broda Nun meinte der Herr Abgeordnete Zeillinger Präsident Dipl.-Ing. W aldbrunner übernimmt - ich werde mich wieder sehr vorsichtig den Vorsitz.) ausdrücken, weil ich das Protokoll noch nicht zur Hand habe -, es sei in den letzten 1. Punkt : Bericht des Justizausschusses über Jahren nicht vorgekommen, daß delegiert die Regierungsvorlage (539 der Beilagen) : wird. Ich darf zwei Fälle auswendig zitieren, Bundesgesetz, mit dem das Gebührenanspruchs­ Herr Abgeordneter Zeillinger, ohne eine Zahl gesetz geändert wird (548 der Beilagen) zu nennen : Der bekannte KELAG-Prozeß unter einem Amtsvorgänger vor mir, der Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Meine vom Landesgericht für Strafsachen in Klagen­ Damen und Herren ! Wir gehen nun in die furt - wie alle Kärntner hier im Hause Tagesordnung ein und gelangen zum wissen - aus Erwägungen, die sehr �egründet 1. Punkt der Tagesordnung : Änderung des gewesen sind und daher vom Obersten Ge­ Ge bührenanspru chsgesetzes. richtshof für recht erachtet worden sind, vor Bevor ich der Frau Berichterstatterin das das Landesgericht für Strafsachen Graz dele­ Wort erteile, gebe ich bekannt, daß hiezu giert und dort durchgeführt worden ist. ein gemeinsamer Antr ag der Abgeordneten Weiters hat mich der Herr Staatssekretär Dr. Hauser, Mark, Zeillinger und Genossen darauf aufmerksam gemacht, aber ich hätte vorliegt, der genügend unterstützt ist. Ich es ohnedies gebracht (Abg. Zeillinger: Süd­ bitte den Schriftführer Abgeordneten Eibegger, tirol !) : der Südtirol-Komplex. Ja, Herr Abge­ um Verlesung dieses Antrages. ordneter Zeillinger, auch dazu bekenne ich Schriftführer Eibegger : Abänderungsan­ mich. Wir wollten die Tiroler Gerichtsbarkeit trag der Abgeordneten Dr. Hauser, Mark nicht damit belasten, daß Tiroler, die wegen und Genossen zur Regierungsvorlage, mit terroristischer Tätigkeit beziehungsweise der der das Gebührenanspruchsgesetz geändert Verletzung von österreichischen strafgesetz­ wird (539 der Beilagen) in der Fassung des lichen Vorschriften im Zusammenhang mit Berichtes des Justizausschusses (548 der Südtiroler Ereignissen verdächtig waren, vor Beilagen) . einem Tiroler Gericht angeklagt werden. Im Punkt 9 der Vorlage hat § 25 Abs. 1 Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Z. 4 zu lauten : Das war in zwei Verfahren schon der Fall, die von Innsbruck nach Graz delegiert worden ,,4. die angemessenen Kosten für die Ver­ sind, wieder über Beschluß des Obersten Ge­ wendung von Hilfskräften, sofern deren richtshofes und über Antrag der staatsanwalt- Beiziehung durch Art und Umfang der 8chaftlichen Behörden auf Weisung des Justiz­ Tätigkeit des Sachverständigen gerecht­ ministeriums. Auch damals war es unsere fertigt ist ; diese Kosten dürfen, abgesehen Pflicht, eine solche Weisung zu erteilen, und von den Reise- und Aufenthaltskosten, die demnächst wird ein weiterer solcher delegierter Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 26 Prozeß in Graz vor dem Landesgericht für Abs. 2 nicht übersteigen ; " Strafsachen Graz stattfinden. Begründung : Durch die vorgesC'hlagene Ich glaube, daß ich damit auch den Herren Neufassung der Z. 4 in Punkt 9 der Vorlage Anfragestellern auswendig mit einigen Bei­ wird geklärt, daß neben den Kosten für spielen aus der jüngsten Zeit dienen konnte, die Verwendung von Hilfskräften deren Reise­ die doch zu denken geben müssen. und Aufenthaltskosten zu ersetzen sind. Da die Höchstsätze im § 26 Abs. 2 entfallen, Meine sehr geehrten Damen und Herren ! muß dies auch in Z. 4 berücksichtigt werden. Nun überlasse icb es getrost dem Hohen Hause, zu beurteilen, ob der Justizminister im An­ Die gefertigten Abgeordneten ersuchen, laßfall Vorarlberg der Verfassung und dem die Abänderung an der Vorlage bei Behand­ Gesetz entsprechend gehandelt hat, ob er lung vorzunehmen. seine Rechte wahrgenommen hat und seinen Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Ich Pflichten nachgekommen ist. Ich danke. danke und ersuche nunmehr die Frau Bericht­ iJ (Anhaltender Beifall bei der SP .) erstatterin Dr. Firnberg um ihren Bericht.

Präsident : Zum Wort ist niemand mehr ge­ Berichterstatterin Dr. Hertha Firnberg : meldet. Die Debatte ist geschlossen. Hohes Haus ! Die Änderung des Gebühren­ Hohes Haus ! Wenn in einem Dampfkessel anspruchsgesetzes, Beilagen 539 und 548, hat ein Überdruck besteht, dann läßt man Dampf im wesentlichen zwei Begründungen: Sie ab. Wollen wir die heutige bewegte Debatte wurde notwendig, weil die im Jahre 1957 als ein solches Dampfablassen auffassen, und festgelegten Gebührenansätze auf Grund der bemühen wir uns gemeinsam, dafür zu sorgen, seither geänderten Einkommens- und Preis­ daß kein neuer Überdruck im österreichischen verhältnisse erhöht werden mußten. Den

Dampfkessel entsteht. (Allgemeiner Beifall. - vom Hauptverband der ständig beeideten

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Dr. Hertha Fimberg gerichtlichen Sachverständigen und Schätz- ' gebührt -, werden sie auf diesen Betrag meister gestellten Wünschen ist damit weit- erhöht. gehend Rechnung getragen worden. Außer- Auch dem Wunsch nach N achtzeitvergü­ dem hatten sich bei der Anwendung einzelner tung wurde teilweise Rechnung getragen : bei Bestimmungen Schwierigkeiten und Unklar- Lokalaugenscheinen, bei Blutabnahmen in heiten ergeben, die eine Klärung erforderten. Verkehrsunfallsachen. Darüber hinaus bedingte die allgemeine wirt­ Zusätzlich verlangte die jüngste Entwick­ schaftliche und wissenschaft liche Entwicklung lung vor allem auf medizinischem Gebiet eine einzelne Ergänzungen. Reihe ergänzender Bestimmungen, wie zum Die Zeugen betreffend wurden folgende Beispiel für mikroskopische Untersuchungen Änderungen festgelegt : Im § 3 Abs. 3 erfolgt von Operationspräparaten, spezifizierte Tarife durch die Formulierung "angemessener Vor­ für Blutuntersuchungen und anderes mehr. schuß" eine Anpassung an die Bestimmungen Die zunehmende Zahl und Schwierigkeit für die Sachverständigen. der Verkehrsdelikte wurde insofern berück­ § 6 trägt dem Umstand Rechnung, daß bei sichtigt, als die Gebührenbestimmung für Ladungen von Zeugen insbesondere aus dem Sachverständige für das Kraftfahrwesen nach Ausland nicht nur Kosten für die Reise selbst, richterlichem Ermessen unabhängig vom Wert sondern auch Nebenkosten, zum Beispiel für des Verfahrensgegenstandes oder der Art der die Beschaffung von Reisepapieren, erwachsen. strafbaren Handlung bei besonderer Schwierig­ Der Ersatz dieser Nebenkosten wird im Ab­ keit von Befund oder Gutachten ermöglicht satz 2 festgelegt. wird. Ferner wird dem Zeugen nunmehr auch Die Erläuternden Bemerkungen legen im eine Platzkartenvergütung für ausschließlich 11. Teil dar, welche Änderungswünsche unbe­ mit Platzkarten benützbare Züge gewährt rücksichtigt geblieben sind und aus welchen sowie unter bestimmten Bedingungen den Gründen. Zeugen aus dem Ausland auch die Benützung Im Anhang wird die geltende Fassung und eines Flugzeuges. Das Kilometergeld wird die Neufassung der geänderten Bestimmungen, der wirtschaftlichen Entwicklung entsprechend gekennzeichnet durch Fettdruck, gegenüber­ um 30 Prozent erhöht. gestellt. Die Aufenthaltskosten, Verpfiegskosten und Für den aus der Gesetzesänderung entste­ die Nächtigungsgebühr erfahren eine Steige­ henden Mehraufwand ist im Justizbudget vor­ rung um 50 Prozent . Die Erhöhung der gesorgt. Aufenthaltskosten gilt auch für die Sach­ verständigen. Sie entspricht den Ansätzen der In § 28 Z. 2 hat sich ein Druckfehler einge­ Reisegebührenvorschrift . schlichen. Es soll heißen : "Vernehmungs-, Verhandlungs- oder Haftfähigkeit" . Die Bestimmungen über die Entschädigung für die Zeitversäumnis eines Zeugen wurden Zu § 25 Abs. 1 Z. 4 wurde ein Abänderungs­ insofern verbessert, als der Begriff des ent­ antrag gestellt, der vom Herrn Schriftführer gangenen Nettolohnes nunmehr auch zusätz­ verlesen wurde. Ich schließe mich diesem liche Vergütungen erfaßt. Laut Absatz 2 Abänderungsantrag an. wurde der Entschädigungssatz bei nicht nach­ Der Justizausschuß hat weiters folgende gewiesener Schadenshöhe von 5 S auf 10 S Entschließung angenommen : je begonnener Stunde erhöht, also um 100 Pro­ Die Bundesregierung wird im Hinblick zent. auf die umfangreiche Änderung des gel­ Sowohl für die Zeugen als auch für die Sach­ tenden Gesetzes ersucht, für eine ehest­ verständigen entfällt die Höchstgrenze, da mögliche Wiederverlautbarung des Gebüh­ eine Beschränkung der Vergütung für den renanspruchsgesetzes Sorge zu tragen. tatsächlich vorhandenen Zeitverlust ungerecht­ Namens des Justizausschusses beantrage fertigt ist. ich, der Nationalrat wolle dem Gesetzentwurf Das gleiche Steigerungsausmaß von 100 Pro­ in seiner abgeänderten Form die verfassungs­ zent wird auch bei den Vergütungen für die mäßige Zustimmung erteilen und die Ent­ Zeitversäumnis der Sachverständigen in An­ schließung annehmen. wendung gebracht. General- und Spezialdebatte bitte ich unter Die Ansätze der Tarife der Sachverständigen einem durchzuführen. und Dolmetscher werden grundsätzlich um 30 Prozent erhöht. Sofern dabei einzelne Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Danke. Tarifansätze der qualifizierten Sachverstän­ Zum Wort hat sich niemand gemeldet. Wir digen unter 30 S bleiben würden - jene Ver­ gelangen daher sofort zur Abstimmung. gütung, die dem qualifizierten Sachverstän­ Bei der Abstimmung wird die Regierungs­ digen je begonnene Stunde für Zeitverlust vodage unter Berücksichtigung des Abänderungs-

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antrages in zweiter und dritter Lesung ein- vom Kollegium des Landesschulrates zu er- stimmig zum BeschlulJ erhoben. statten ist. Die Ausschußentschließung wird ein­ Bei der Abstimmung wurde der Gesetz­ stimmig angenommen. entwurf in der dem Ausschußbericht beige­ druckten Fassung einstimmig angenommen. 2. Punkt : Bericht des Unterrichtsausschusses Ferner hat der Ausschuß auf Antrag der über die Regierungsvorlage (546 der Bei­ Abgeordneten Dr. Neugebauer, Regensburger lagen) : Bundesgesetz, mit dem das Gesetz und Mahnert die dem Bericht beigedruckte vom 14. Mai 1919, betreffend die definitive Entschließung einstimmig angenommen.'- Anstellung der Bezirksschulinspektoren, ab- Der Berichterstatter verliest den Gesetzestext geändert wird (550 der Beilagen) und setzt fort: Die Entschließung hat folgenden Wort­ Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner: Wir kom­ laut : men zum 2. Punkt der Tagesordnung : Ab­ änderung des Bundesgesetzes, betreffend die Die Bundesregierung wird ersucht, dem definitive Anstellung von Bezirksschulinspek­ Nationalrat ehestens den Entwurf eines toren. Schulaufsichtsbeamtengesetzes vorzulegen, in dem unter anderem auch die rechtliche Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Har­ Stellung der Fachinspektoren und Fach­ walik. Ich bitte ihn, über den Gegenstand berater geregelt ist. zu berichten. Der Unterrichtsausschuß stellt auf Grund Berichterstatter Harwalik: Hohes Haus ! seiner Beratungen den Antrag, der National­ Nach dem Gesetz vom 14. Mai 1919, StGBI. rat wolle erstens dem dem Ausschußbericht Nr. 291, betreffend die definitive Anstellung beigedruckten Gesetzentwurf die verfassungs­ der Bezirksschulinspektoren, hat der Er­ mäßige Zustimmung erteilen, zweitens die nennung zum BezirksschuIinspektor eine drei­ ebenfalls dem Ausschußbericht beigedruckte jährige provisorische Verwendung in dieser Entschließung annehmen. Funktion voranzugehen. Dieses Provisorium, Falls Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, das kein provisorisches Dienstverhältnis im General- und Spezialdebatte unter einem ab­ Sinne des § 5 des Gehaltsüberleitungsgesetzes zuführen. ist, stellt eine Sonderregelung dar, die nur Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner: Danke. bei den Bezirksschulinspektoren besteht. Es ist beantragt, General- und Spezialdebatte Durch den vorliegenden Gesetzentwurf soll unter einem abzuführen. - Einwand wird diese Sonderregelung, die als ungerechtfertigt keiner erhoben. Wir gehen in . die Debatte anzusehen ist, wegfallen. ein. Der Unterrichtsausschuß hat die egierungs- R Zum Wort ist der Herr Abgeordnete Zankl vorlage in seiner Sitzung am 18. November gemeldet. Ich erteile es ihm. 1964 in Verhandlung gezogen. In der Debatte ergriffen außer dem Berichterstatter die Ab- Abgeordneter Zankl (SPÖ) : Herr Präsident ! geordneten Dr . Neugebauer, Dr. Josef Gruber, Hohes Haus ! Nach der sehr ermüdenden, Mahnert, Dipl.-Ing. Dr. Leitner1 Gabriele strapaziösen und die Gemüter erregenden und Regensburger sowie der Ausschußobmann Diskussion über die beiden dringlichen An­ und der Bundesminister für Unterricht Doktor fr agen habe ich mich entschlossen, für diesen Piffl-Percevi6 das Wort. Gegenstand Ihre .Aufmerksamkeit höchstens Im Zuge der Beratung hat der Ausschuß vier bis fünf Minuten in Anspruch zu nehmen. im Artikel I Z. 1 zwei Abänderungen vor- Ich habe also mein Konzept umgeworfen, genommen, und zwar wurden im § 1 Abs. 1 auf kärntnerisch gesagt. die Worte "werden ' .. ernannt" durch die Meine Damen und Herren ! Als am 25. Juli Worte "sind . . . zu ernennen" ersetzt ; weiters 1962 in diesem Haus das österreichische wurde im § 1 Abs. 2 das Wort "ordnUngS- Schulgesetzwerk beschlossen wurde, war es gemäße" gestrichen. Außerdem wurde der j klar, daß zu diesem Schulgesetzwerk eine Artikel II als Verfassungsbestimmung neu Reihe anderer zusätzlicher Schulgesetze not- gefaßt. wendig sein würde. Der Ausschuß hat ferner klargestellt, daß Sie erinnern sich, daß wir in dieser Legis- der im Artikel I Z. 1 § 1 Abs. 1 angeführte laturperiode außer der Novelle zum Pflicht­ Vorschlag des Landesschulrates gemäß Arti- schulerhaltungs-Grundsatzgesetz auch das kel 81 a Abs. 3 lit. c des Bundes-Verfassungs- Schulzeitgesetz im Juli des heurigen Jahres gesetzes in der Fassung von 1929 und gemäß verabschieden konnten. Eine Reihe anderer § 9 Abs. 1 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes, wichtiger Gesetze steht noch aus. Ich möchte BGBl. Nr. 240/1962, als Ernennungsvorschlag nur folgendes erwähnen : das Schulunterrichts-

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Zankl gesetz, das eine Reihe von Ausnahms- und Die Arbeiten eines Bezirksschulinspektors Eignungsprüfungsbestimmungen enthalten sind durch das Schulaufsichtsgesetz des Jahres wird müssen : Übertritte von einer Schule 1962 natürlich sehr stark vermehrt worden. in die andere, das Prüfen, das Klassifizieren, Ich möchte vor allem erwähnen die ent­ die Notenskalen, das Zeugniswesen, die Schul­ scheidende Mitarbeit der Bezirksschulinspek­ ordnung und so weiter. Darüber hinaus toren bei allen Verwaltungsaufgaben, die sich erwähne ich ein sogenanntes Bundes-Schul­ aus der Ausübung der Diensthoheit ergeben, Erhaltungsgesetz, das ist ein Arbeitstitel für zum Beispiel Personalrnaßnahmen der Schul­ ein Gesetz, das sich mit Errichtung, Er­ behörde, Erstellung von Dienstpostenplänen haltung und Typenfestlegung von Bundes­ - eine sehr umfangreiche und sehr verant­ schulen wird beschäftigen müssen. wortungsvolle Arbeit -, die Arbeiten in Die Vorbereitung all dieser Gesetze bedeutet Qualifikations- und Disziplinarangelegenheiten, natürlich sehr viel Arbeit. Es ist uns bekannt, Errichtung, Erhaltung, Stillegung, Auflassung Ä daß derzeit die pädagogische Sektion des von Schulen, Bildung oder nderung von Bundesministeriums für Unterricht vor allem Schulsprengeln, die Arbeit des Bezirksschul­ ihre Arbeitsschwerpunkte darauf verlegt hat, inspektors in der Zukunft als stellvertretenden die Vorbereitungsarbeiten für die polytech­ Vorsitzenden des Kollegialorgans im Bezirks­ nischen Lehrgänge durchzuführen, die be­ schulrat, die zweifellos darin bestehen wird kanntlich schon ab dem Jahre 1966 aktuell müssen, dem Bezirkshauptmann als dem Vor­ sitzenden dieses Kollegialorgans die vorzu­ sein werden, und sich außerdem mit den Lehrplänen für die Pädagogischen Akademien legende Materie vorzubereiten und auch vor­ zu beschäft igen, von denen wir wissen, daß lagereif zu machen. Dazu kommen all die vielen pädagogisch-didaktischen Angelegen­ die versuchsweise Führung für 1967 und die h endgültige Führung bereits für 1968 vor­ heiten. Ich möchte nur erwä nen die päd­ gesehen ist. agogische Betreuung der Pflichtschulen, neben den Volksschulen und den Hauptschulen Die heutige Entschließung, die Ihnen vor­ jetzt also auch dieses Spezialgebiet der Sonder­ gelesen wurde, betont die Notwendigkeit und schulen, in Bälde dann die polytechnischen die Dringlichkeit eines sogenannten Schul­ Lehrgänge, dazu <;1,ie methodischen Fragen aufsichtsbeamtengesetzes, das die Rechts­ aller Schulstufen, die Lehrplanfragen, die stellung und die Funktionen der Schulauf­ Erstellung und Kontrolle von Stundenplänen, sichtsbeamten behandeln wird müssen, und das Prüfungswesen für Lehrer und Schüler, zwar auch die Stellung der sogenannten Fach­ die Aufsicht über Schulbesuch, über Ver­ inspektoren und Fachberater, die vorläufig säumnisse, über Schulbefreiungen, die Lehrer­ in keinem Gesetz erfaßt sind oder aufscheinen. fortbildung im Rahmen des Pädagogischen Bei diesem Gesetz - das geht aus den Instituts, zum Beispiel Mitwirkung bei Lehrer­ Erläuterungen zur Regierungsvorlage eben­ ar beitsgemeinschaftssitzungen, bei Lehrerfort­ falls hervor - handelt es sich wegen der bildungskursen, Besprechungen, Vorträge in Vielzahl der Probleme, die dort zu behandeln Lehrerkonferenzen, Vorträge in Elternvereins­ sein werden, natürlich um einen sehr umfang­ versammlungen, bei Inspektorentagungen und reichen Komplex, der sehr viele Vorbereitungs­ -konferenzen und so weiter und so weiter. arbeiten erfordern wird. Man hat sich daher Dazu kommt natürlich noch das Sich-ständig­ zu einer Teillösung entschlossen, das ist das beschäftigen-Müssen mit der pädagogischen Herausnehmen einer Bestimmung aus dem Literatur und vor allem mit den N euerschei­ Bezirksschulinspektorengesetz vom 14. Mai nungen auf diesem Gebiet. 1919, die von den Bezirksschulinspektoren Meine Damen und Herren ! Es ist daher als Diskriminierung oder vielleicht auch als klar, daß sich eine Bezirksschulinspektoren­ Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes emp­ tagung, die im Juni des heurigen Jahres in funden worden ist. Wir wissen - das haben Wien stattfand, mit allen diesen Problemen wir aus dem Bericht entnommen -, daß beschäft igt hat und diese Forderungen der die dreijährige Probezeit für Bezirksschul­ Bezirksschulinspektoren in Form einer Reso­ inspektoren nur für diese Berufsgattung vor­ lution an das Bundesministerium für Unter­ gesehen war, während sie für die Landesschul­ richt weitergeleitet hat. Im ersten Punkt inspektoren nicht galt. wurde der Inhalt der heutigen Vorlage be­ Der betroffene Kreis - es sind etwas über handelt, im zweiten Punkt war die Sprache 100 Bezirksschulinspektoren, im Dienstposten­ von einer zu gewährenden Nebengebühr als plan für 1965 lesen wir, daß es sich um 114 Sonder- oder Personalzulage, vielleicht auch sogenannte BSI-Posten handelt - empfindet als Ersatz für die den Inspektoren nicht die heute vorliegende Gesetzesnovelle als eine zustehende Bildungszulage. Drittens wurde Verbeugung des Gesetzgebers vor der Wichtig­ die Aufhebung des Bezugsschemas S 3 ge­ keit der Stellung eines Bezirksschulinspektors. fordert, eines Schemas, in dem nur die Bezirks-

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Zankl schulinspektoren aufscheinen, und das Ein­ damaligen Bundesminister Dr. Drimmel er­ ordnen in das Bezugsschema S 2, in dem sucht und gebeten, in Analogie zu den Landes­ bis jetzt nur die Berufsschulinspektoren auf­ schulinspektoren die Ernennung der Bezirks­ scheinen. Dann wurde gefordert : die spätere schulinspektoren ebenso sofort definitiv vor­ Änderung der gesamten Besoldung der Bezirks­ zunehmen. Es viUTden dann die Vorarbeiten schulinspektoren, entsprechend den Bezügen geleistet, die so weit gediehen, daß jetzt durch der Dienstklasse VII mit neun Gehaltsstufen ; die Initiative des Herrn Ministers für Unter­ die Zuerkennung einer entsprechenden Zulage, richt Dr. Piffl endlich dieses Gesetz Gesetzes­ wenn ein Bezirksschulinspektor, was sehr kraft erhalten soll. häufig vorkommt, eine Vertretung in einem Die Standesvertreter und auch die Gewerk­ Nachbarbezirk länger als einen Monat über­ schaft haben sich mit dieser Frage sehr ein­ nehmt)n muß ; und vor allem - am Schluß - gehend beschäftigt. Wir haben diese gesetz­ wie schon erwähnt, dieses Schulaufsichts­ liche Regelung bestens gefördert. Ich darf beamtengesetz. daher nochmals der Verwaltung und dem Meine Damen und Herren ! Die fr ühere Herrn Minister für das Verständnis danken, Aufzählung der Arbeiten hat Ihnen gezeigt, das sie gerade den Bezirkschulinspektoren in daß die Bezirksschulinspektoren von heute dieser Hinsicht entgegengebracht haben. viel, viel mehr Aufgaben zu erfüllen haben Mein Herr Vorredner hat auf Details hinge­ als etwa vor 40 Jahren. Die Zahl der Schulen wiesen, die ich nicht erörtern . will. Ich möchte hat sich in allen Bundesländern, in allen nur unterstreichen, daß es tatsächlich so ist, Bezirken wesentlich vermehrt. Wir haben daß jetzt im Ministerium Schwerpunktpro­ wesentlich mehr Lehrer. Das hängt zweifellos gramme gebildet wurden, die sich mit der mit der Tatsache zusammen, daß die Schüler­ Hochschulreform, mit der Pädagogischen Aka­ zahl pro Klasse, die sich vor 40 Jahren sehr demie und mit dem polytechnischen Lehrgang oft um 80 herum bewegt hat, nun Gott sei befassen. Wir haben außerdem noch die Dank auf etwa 40 gefallen ist. Wir haben Probleme der L 3-Lehrer und die Lehrver­ zum Beispiel in dem Bezirk, in dem ich be­ pflichtung, also reichlich genug zu tun, um heimatet bin, vor etwa 40 Jahren eine einzige endlich auch hier weiterzukommen. Bürgerschule mit etwa sechs bis acht Klassen Ich möchte aber trotzdem, obwohl dieses gehabt, während wir heute zwölf Haupt­ Gesetz heute zum Gesetz erhoben wird, an schulen mit etwa der zehnfachen Zahl von den Herrn Minister die Bitte richten, der bei­ Klassen haben. Dazu kommt, wie ich schon gedruckten Entschließung, die wir auch be­ erwähnt habe, die große Zahl von Sonder­ schließen werden, ehestbaldig eine Gesetzes­ schulen und von Sonderklassen, die alle vorlage folgen zu lassen, worin der Stellung betreut werden müssen. und den Aufgaben der Bezirksschulinspektoren, Meine Damen und Herren ! Ich komme der Fachinspektoren und der Fachberater in damit schon zum Schluß und möchte nochmals angemessener Zeit entsprochen wird, damit sagen : Die heutige Gesetzesregelung bedeutet auch diese Probleme geregelt werden können. für die Bezirksschulinspektoren zweifellos einen Die Schulgesetzgebung hat den Bezirks­ Fortschritt und eine Anerkennung des Gesetz­ schulinspektoren viele zusätzliche Arbeiten gebers für ihre verantwortungsvolle Arbeit, aufgebürdet. Einige davon hat mein Herr die sie zu erfüllen haben. Sie erwarten aber Vorredner schon genannt, und ich brauche trotzdem eine baldige Erfüllung ihrer anderen mich daher nicht mit diesen Dingen zu be­ berechtigten Wünsche in Form eines modernen, schäftigen. Es geht hier nun darum, den der Zeit entsprechenden Schulaufsichtsbeam­ Bezirksschulinspektor für pädagogische Auf­ tengesetzes. gaben mehr freizumachen, ihm mehr Zeit zu Unsere Fraktion wird dem vorliegenden geben. Sicher bedürfen diese Probleme einer Gesetz selbstverständlich gerne ihre Zustim­ eingehenden Erörterung, eines gründlichen mung geben. (Beifall bei der SPO.) Studiums, denn die Überlastung der Bezirks­ schulinspektoren könnte nachteilige Folgen Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Als näch­ für die pädagogische Führung der Lehrkräfte stem Redner erteile ich dem Herrn Abgeord­ nach sich ziehen. neten Gabriele das Wort. Meine Damen und Herren ! Die heutige Abgeordneter Gabriele (ÖVP) : Hohes Haus ! gesetzliche Regelung wird die Schulaufsichts­ Ich werde mich noch kürzer halten als mein personen sicherlich befriedigen. Diese Neu­ Vorredner . Speziell die Eingeweihten wissen, ordnung macht auch den Provisorien ein Ende, daß dieses Problem der Bezirksschulinspek­ die sich bis in die Schuldirektionen hinein toren schon Jahre alt ist. Schon in einer ausgewirkt haben. Das Gesetz ist daher zu Sitzung des Finanz- und Budgetausschusses begrüßen, und meine Partei gibt dieser Vor­ vor einigen Jahren - vor der Schulgesetz­ lage gerne ihre Zustimmung. (Bei/all bei der gebung - hat der Abgeordnete Harwalik den OVP.)

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Präsident Dipl.-Ing . Waldbrunner : Zum einer Wortmeldung des Abgeordneten Dipl.­ Wort hat sich niemand mehr gemeldet. Die Ing. Hämmerle einstimmig angenommen. Debatte ist geschlossen. Der Herr Bericht­ Der Handelsausschuß stellt somit den An­ erstatter verzichtet auf ein Schlußwort. Wir trag, der Nationalrat wolle dem von der kommen zur Abstimmung. Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Ver­ (540 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zu­ fassungsbestimmung enthält, stelle ich die� stimmung erteilen. gemäß § 61 Abs. 2 Geschä�tsordnungsgese z Falls eine Debatte stattfindet, bitte ich, für die Abstimmung erforderliche Anwe senheIt General- und Spezialdebatte in einem abzu­ der Hälfte der Mitglieder des Hauses fest. führen.

Bei der Abstimmung wird der Gesetzentwurf Präsident DipI.-Ing. Waldbrunner: ;Es ist in der Fassung des Ausschuß berichtes in zwei­ beantragt, General- und Spezialdebatte unter ter und dritte r Lesung einstimmig, sohin einem abzuführen. - Ein Widerspruch wird mir der für eine Vertassungsbestimmung er­ nicht erhoben. forderlichen Zweidrittelmehrheit, zum Beschluß erhoben. Wir gehen in die Debatte ein. Zum Wort gemeldet ist Herr DipI.-Ing. Hämmerle. Ich Die Ausschußentschließung wird ein­ bitte ihn, das Wort zu ergreifen. stimmig angenommen. Abgeordneter Dipl.-Ing. Hämmerle (ÖVP) : Herr Präsident ! Hohes Haus ! Die Wirtschaft 3. Punkt: Bericht des Handelsausschusses sieht es im allgemeinen gern, wenn taugliche über die Regierungsvorlage (540 der Beilagen) : Gesetze verlängert werden, es sei denn, daß Bundesgesetz, mit dem die Geltungsdauer des es sich um befristete Steuergesetze handelt. Antidumpinggesetzes verlängert wird (549 der Noch lieber sieht man es, wenn Gesetze gar Beilagen) nicht befristet werden müssen, wenn sie also durch ihre lange Gültigkeitsdauer geeignet Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir be­ sind, stabile Verhältnisse in der Wirtschaft , handeln nunmehr Punkt 3 der Tagesordnung : wie zum Beispiel Kalkulationsunterlagen, zu Bundesgesetz , mit dem die Geltungsdauer des garantieren. Antidumpinggesetzes verlängert wird. Die wirtschaft lich vernünftige Idee dieses Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Gesetzes ist unbestritten, und die Gründe Dr. Weißmann. Ich bitte ihn um seinen seiner damaligen Erlassung bestehen, wie Bericht. schon gesagt wurde, weiterhin. Es ist geeignet , Berichterstatter Dr. Weißmann : Hohes die heimische Wirtschaft, sei es die verstaat­ Haus ! Das Antidumpinggesetz , BGBI. Nr. 145/ lichte oder die private, den großen oder kleinen 1962, verliert am 31. Dezember 1964 seine Wirk­ Betrieb oder das Gewerbe , vor unreellen samkeit. Da die Gründe, die seinerzeit für Importen zu schützen. Der Ton liegt auf seine Erlassung maßgebend waren, auch weiter­ unreell. Es soll keinerlei Protektionismus hin bestehen, sieht der vorliegende Gesetz­ damit verbunden sein. Die Gesunderhaltung entwurf die Verlängerung der Geltungsdauer der gesamten Wirtschaft, damit untrennbar des Antidumpinggesetzes bis 31. Dezember verbunden die Erhaltung Hunderttausender 1967 vor. von Arbeitsplätzen, ist das letzte Ziel dieses Mit dem Inkrafttreten der letzten Liberali­ Gesetzes, das man voll und ganz unterstützen sierungsetappe am 1. Oktober 1964 hat der kann. Abbau der Einfuhrbeschränkungen ein Aus­ In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt , maß erreicht, das - von wenigen Ausnahmen daß das derzeit noch in Geltung stehende abgesehen - eine vollständige Freiheit der Antidumpinggesetz vom Standpunkt der Wirt­ Einfuhren aus den Mitgliedstaaten des GATT schaft kein sehr brauchbares Instrument ist. bedeutet. Anlaß zu dieser Bemerkung ist in erster Linie Es ist daher noch mehr als bisher notwendig, der Umstand, daß das Verfahren, das gemäß Maßnahmen treffen zu können, die geeignet Antidumpinggesetz vorausgehen muß, um in sind, Marktstörungen zu verhindern, die auf einem konkreten Fall Dumping- oder Niedrig­ einem Dumping oder auf Preisunterbietungen preiseinfuhren im Interesse der österreichi­ infolge außerordentlich niedriger Löhne, Sub­ schen Wirtschaft hintanzuhalten, außerordent­ ventionierung der Ausfuhr und ähnlichen wett­ lich schleppend und schwerfällig ist. Darüber bewerbsverfälschenden Maßnahmen beruhen. hinaus erfolgt die Prüfung der Anträge für Der Handelsausschuß hat die Regierungs­ die Aufnahme von Waren in die vorgesehene vorlage in seiner Sitzung am 18. November Regierungsverordnung durch den Antidum­ 1964 in Anwesenheit der Staatssekretäre pingbeirat zu rigoros. Vom Beirat wird zum Dr. Kotzina und Weikhart beraten und nach Beispiel vielfach übersehen, daß bereits kleine

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Dipl.-Ing. Hämmerle Importe zu Niedrigpreisen, speziell auf dem erstatter verzichtet auf ein Schlußwort. Wir Te:x:tilsektor, den Markt preislich deroutieren kommen zur Abstimmung. können. Sollte der Wirtschaft aus dem gel­ Bei der Abstimmung wird die Regierungs­ tenden Gesetz ein echter Schutz vor Dum­ vorlage in zweiter und dritter Lesung ein. ping- und Niedrigpreiseinfuhren zuteil werden, stimmig zum Beschluß erhoben. so müßte im Hinblick darauf, daß die Einfuhr bestimmter Waren nur dann unter die Bestim­ 10. Punkt : Bericht des Handelsausschusses mungen dieses Gesetzes fällt, wenn diese über den Antrag (121/A) der Abgeordneten Waren zum Zeitpunkt ihrer Einfuhr in der Dr. Kotzina, Weikhart und Genossen be­ Antidumping- oder Niedrigpreisverordnung der treffend ein Bundesgesetz, mit dem das W�ser­ Bundesregierung enthalten sind, rechtzeitig bautenforderungsgesetz, BGBl. Nr. 34/1948, in für eine Aufnahme solcher Waren in die Ver­ der Fassung des Bundesgesetzes Nr. 295/1958 ordnung gesorgt werden. Das Zuwarten, bis neuerlich abgeändert wird (551 der Beilagen) größere ins Gewicht fallende Dumping- oder Niedrigpreisimporte getätigt werden, kann für Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir be­ die davon betroffenen Wirtschaftszweige oder handeln nunmehr den vorgezogenen Punkt 10 Wirtschaftssparten sehr nachteilige und be­ der Tagesordnung : Neuerliche Abänderung denkliche Folgen haben. des Wasserbautenförderungsgesetzes. Gerade im Hinblick auf die in den Erläutern­ Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete den Bemerkungen zur Regierungsvorlage, Prinke . Ich bitte um den Bericht. Absätze 2 und 3, hingewiesenen Umstände Berichterstatter Prinke : Meine Damen und wäre es notwendiger denn je, das Antidum­ Herren ! Die Abgeordneten Dr. Kotzina, pinggesetz zu einem rasch wirkenden Schutz­ Weikhart, Scherrer, Horr und Genossen haben instrument der heimischen Wirtschaft gegen am 28. Oktober einen Antrag auf Abänderung derartige Praktiken umzuwandeln. Auch hier des Wasserbautenförderungsgesetzes, BGBL �at der Satz seine unbedingte Gültigkeit : Es Nr. 34/1948, in der Fassung des Bundesge­ 1st besser, vorzusorgen, als zu heilen. Letzten setzes BGBI. Nr. 295/1958 eingebracht. Endes soll im Interesse 'der Erhaltung und Dieser Antrag sieht im wesentlichen vor, Sicherung der Arbeitsplätze und der Stabilität daß in § 10 Abs. 8 eine Bestimmung aufge­ der Wirtschaft nicht übersehen werden daß nommen werden soll, daß in Zukunft auch Österreich keinen Absatzmarkt für jene Länder Bauten, die bereits begonnen wurden, bei abgeben soll, die, um ihre Wirtschaft gesund denen ein Verfahren beziehungsweise die Ein­ zu erhalten, Exporte um jeden Preis tätigen bringung des Antrages auf Bewilligung von müssen. Fondsmitteln in Angriff genommen wurde Was die österreichische Wirtschaft braucht und das Projekt von der Fachabteilung einer und anstrebt, ist nicht ein Ersatz für die im Landesbehörde zustimmend begutachtet wurde, Zuge der Liberalisierungsmaßnahmen durch­ eine Förderung erfahren können. geführte Beseitigung von mengenmäßigen Ein­ Durch den neuen Wortlaut des § 10 a fuhrbeschränkungen ; was die österreichische Abs. 2 wird nUll dem Bundesministerium für Wirtschaft im Interesse aller benötigt, ist ein Handel und Wiederaufbau, das die Fonds­ vernünftiges und praktisch wirksames Gesetz geschäfte zu besorgen hat, die Möglichkeit das es ihr ermöglicht, den durch die Liberali: gegeben, den sich ergebenden Aufwand vom sierungsmaßnahmen immer stärker werdenden Fonds zu erhalten. Konkurrenzkampf um den österreichischen Der wichtigste Punkt aber ist der § 10 c, Absatzmarkt auf einer gesunden und vor allem der die Aufbringung der Fondsmittel für die reellen Basis zu führen. Zukunft vorsieht. Die Verlängerung dieses Gesetzes wird von ""V ie Ihnen bekannt ist, wird in allen Gemein­ mir und auch von meiner Fraktion unter­ den und Städten, in denen Neubauten er­ stützt Ich möchte aber dringend empfehlen, : richtet werden, darüber geklagt, daß es an daß SICh der Beirat die Eingaben der Kam­ den nötigen Mitteln für die Kanalisierung mern mit tauglichen Vorschlägen aus der und die Wasserzuleitung fehlt . Das trifft nicht Praxis zunutze macht und sie anwendet nur für Wohngebiete, sondern auch für land­ nachdem diese für eine Novellierung de� wirtschaftliche Niederlassungen und so weiter Gesetzes nicht verwendet wurden · sie würden zu. Hiefür stehen zuwenig Mittel zur Verfü­ eine Vereinfachung und gleichzeitig eine Ver­ gung. Bisher war vorgesehen, daß 5 Prozent besserung des Verfahrens darstellen. (Beifall bei der () VP.) der Mittel, die beim Wohnhaus-Wieder auf­ baufonds und beim Bundes-Wohn- und Sied­ Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner: Zum lungsfonds für Bauten zur Verfügung stehen, Wort hat sich niemand mehr gemeldet. Die für Zwecke des Wasserwirtschaftsfonds ab­ Debatte ist geschlossen. Der Herr Bericht- gezweigt werden. Im neuen § 10 c "Auf-

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Prinke bringung der Fondsmittel" wird nun vorge­ Falls notwendig, ersuche ich, General- und sehen, daß je 10 Prozent der genannten Mittel Spezialdebatte unter einem abzuführen. aus dem Bundes-Wohn- und Siedlungsfonds und aus dem Wohnhaus-Wiederaufbaufonds, Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Danke . aber auch 10 Prozent der Wohnbauför derungs­ Wird gegen den Antrag, General- und Spezial­ beiträge gemäß dem Bundesgesetz vom 7. Juli debatte unter einem abzuführen, ein Einwand 1954 dem Wasserwirtschaftsfonds abzuführen erhoben 1 - Das ist nicht der Fall. sind. Wir gehen in die Debatte ein. Zum Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Zingler. Dieser vorliegende Entwurf eines Bundes- Ich erteile es ihm. gesetzes, mit dem das Wasserbautenförderungs- Abgeordneter Zingler (SPÖ) : Hohes Haus ! gesetz abgeändert wird, bezweckt die bereits Meine Damen und Herren ! Ich werde mich vom Ministerrat in seinem Beschluß vom angesichts der fortgeschrittenen Zeit sehr kurz 12. Februar 1963 als notwendig bezeichnete fassen. Aufstockung des Wasserwirtschaftsfonds. Die in Aussicht genommene Erhöhung der Beitrags- Ab und zu hört man die Klage, das Parla­ leistungen des Bundes-Wohn- und Siedlungs- ment beschließe zu viele Gesetze und Novellen, fonds und des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds und die Dinge würden zuwenig durchdacht. von 5 auf 10 Prozent ihrer Eingänge an den Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man Wasserwirtschaft sfonds sowie die Heranzie- auch bei der gegenständlichen Novelle zu hung von 10 Prozent der Eingänge des Wohn- dieser Ansicht kommen. Ich zähle nur die bauförderungsbeitrages 1954 erscheint dadurch letzten Ereignisse, die auch der Herr Bericht­ gerechtfertigt, daß die mit den Mitteln des erstatter anklingen hat lassen, auf. Wasserwirtschaft sfonds errichteten Wasser- 1948 wurde das Wasserbautenför derungs­ versorgungs- und Kanalisationsanlagen wieder gesetz hier im Hohen Hause beschlossen. Dieses mittelbar dem Wohimngsbau zugute kommen Gesetz war notwendig, um den Bau von Wasser­ und dem Wohnbaufonds Aufschließungskosten versorgungsanlagen und Kanalisierungen zu ersparen. fördern, aber die Dotierung von seiten des Bundes mit maximal 10 Millionen Schilling Nach Inkrafttreten dieser zweiten Novelle jährlich war mehr als unzureichend. 1958, zum Wasserbautenförderungsgesetz können die zehn Jahre später, errichtete man im Bundes­ Eingänge des Wasserwirtschaftsfonds im Jahre ministerium für Handel und Wiederaufbau 1965 mit etwas über 315 Millionen Schilling einen eigenen Fonds, und die Darlehensfinan­ veranschlagt werden. Da in Verfolg der zierung im Wege dieser Einrichtung erfolgte bisher geübten Praxis weiterhin Vorgriffe für durch die Abzweigung von Mitteln der zwei langfristige Bauvorhaben auf die nächsten Wohnbaufonds, des Bundes-Wohn- und Kalenderjahre in Aussicht genommen sind, Siedlungsfonds und des Wohnhaus-Wieder­ können allein mit den dem Fonds im Jahre 1965 aufbaufonds. Diesen Fonds wurden je 5 Pro­ zur Verfügung stehenden erhöhten Mitteln zent abgenommen, und man hoffte, damit das voraussichtlich rund 19,6 Millionen Schilling Auslangen finden zu können. Blättert man in nicht rückzahlbare Beiträge und über 440 Mil­ den stenographischen Protokollen aus dem lionen Schilling Darlehen zugesichert werden, Jahre 1958, so findet man, daß die maßgeben­ wodurch, weil ja auch andere Mittel zur Ver­ den Sprecher damals vor allzu übertriebenem fü gung gestellt werden müssen, die Errichtung Optimismus warnten. und die Erweiterung von Wasserversorgungs­ In der Zwischenzeit wurde manch großes und Kanalisationsanlagen mit einem Kosten­ Projekt durchgezogen. Trotzdem bleibt die aufwand von rund 1 Milliarde Schilling finan­ Tatsache bestehen, daß mehr als die Hälfte aller ziell gesichert werden. Es besteht demnach österreichischen Gemeinden mit fast 4 Mil­ die begründete Aussicht, daß auch bei erhöhten lionen Einwohnern über kein einwandfreies Anforderungen an den Wasserwirtschaftsfonds Trinkwasser verfügt. Gar nicht selten kann in Zukunft die Wartefristen wesentlich abge­ man leider beobachten, daß Menschen gleich kürzt und die Förderungsmaßnahmen wesent­ aus einem im Siedlungsgebiet befindlichen Bach lich intensiviert werden können. Wasser entnehmen. Ebenso sind mir persönlich Der Handelsausschuß hat sich in seiner Fälle bekannt, wo die Gemeindeverwaltung Sitzung am 18. November in Anwesenheit mit Hilfe großer Tanks und Behälter Trink­ der bei den Herren Staatssekretäre Dr. Kotzina wasser in gewisse Siedlungsgebiete bringen und Weilmart mit diesem Gesetzentwurf be­ läßt. Würde man die wasserrechtlichen und schäftigt, und ich darf namens des Handels­ sanitätspolizeilichen Vorschriften rigoros hand­ ausschusses den An trag stellen, das Hohe haben, käme es sicherlich zur Sperrung be­ Haus möge diesem Gesetzentwurf seine Zu­ ziehungsweise Schließung weiterer Brunnen­ stimmung geben. oder Quellenanlagen.

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Zingler Als noch ärger könnte man den gegenwärti­ verwaltung, aber im besonderen den beiden gen Zustand auf dem Gebiete der Abwässer­ Herren Staatssekretären für das Zustande­ beseitigung bezeichnen. Im Jahre 1958 wurde kommen der vorliegenden Novelle danken. vom zuständigen Bundesministerium festge­ Daß die Herren Bundesminister Proksch stellt, daß mehr als 80 Prozent unserer Ge­ und Dr. Bock, die die Wohnbaufonds ver­ meinden über keine Kanalisation verfügen und walten, auf Regierungsebene ihre Zustimmung die Abwässer und die Abfallstoffe das Grund­ gaben, versteht sich von selbst. Auch ihnen wasser, Bäche, Flüsse und Seen verseuchen. gebührt hiefür Dank. Wenn ich schon bei der Namhafte Wissenschafter, die sich mit dem Dankabstattung bin, muß auch besonders Problem der Wasserwirtschaft befassen, hervorgehoben werden, daß Wien wohl dazu­ machen uns seit Jahren auf die ungeheure zahlt, aber keine Wasserbautenförderungs­ Gefahr auf sanitärem Gebiet aufmerksam und mittel in Anspruch genommen hat und wahr­ fordern raschest Abhilfe. Man könnte fast scheinlich auch nicht die Absicht hat, sie in sagen, es gibt eigentlich keine Gemeinde in Zukunft in Anspruch zu nehmen. unserem Land, die nicht Schwierigkeiten bei Durch die Aufstockung der Mittel für die der Wasseraufbringung oder bei der Beseitigung Wasserbautenförderung auf Kosten der Wohn­ von Abwässern hätte. bauförderung können natürlich um diesen Betrag weniger Wohnungen gebaut werden. Brachten schon die Maßnahmen von 1958 Aber bei objektiver Betrachtung kommt man gewisse Erleichterungen - wurden doch immer­ doch zu der Erkenntnis, daß im 20. Jahrhundert hin 681 Anträge von der Fondsverwaltung be­ zu gesunden, modernen Wohnungen auch ein­ willigt und rund 51 Millionen Schilling an nicht wandfreie und ausreichende Wasser- und rückzahlbaren Zuschüssen und mehr als Kanalisationsanlagen gehören. Es soll schon 630 Millionen Schilling an Darlehen verge­ vorgekommen sein, daß fertiggestellte Neu­ ben -, so darf man sich von der weiteren bauten infolge Fehlens eines geeigneten Kanals Maßnahme, nunmehr von allen Wohnbau­ nicht sofort bezogen werden konnten. einrichtungen 10 Prozent für die Wasserbauten­ förderung zu verwenden, einen neuerlichen Zum Schluß möchte ich mich noch mit einer Auftrieb erwarten. anderen, ebenfalls unter die Wasserbauten­ förderung fallenden Sache befassen. Im Mürz­ Als Mitglied des Beirates ist mir bekannt, tal in der Steiermark sind praktisch alle an der daß mit Stichtag 30. Juni laufenden Jahres bei Mürz liegenden Gemeinden, die im sogenannten der Fondsverwaltung mehr als 330 bewilligungs­ Mürzverband unter Führung unseres Kollegen reife Anträge lagen. Diese 330 bewilligungs­ Abgeordneten Scheibengraf zusammenge­ reifen Anträge erfordern rund 125 Millionen schlossen sind, bereit, nicht nur ihre örtlichen Schilling an Subventionen und über 950 Mil­ Kanalisationsanlagen zu bauen, sondern lionen Schilling an Darlehen. Es kann mit darüber hinaus mit Hilfe eines großen Sammel­ Sicherheit darüber hinaus angenommen kanals von Mürzzuschlag bis Bruck an der Mur werden, daß Techniker derzeit noch an einer auch für die Reinhaltung der Mürz zu sorgen. großen Anzahl von Projekten arbeiten, für die Der Mürzverband selbst scheut keine Kosten. Baukosten von rund 3,3 Milliarden Schilling Er hat seine Mitglieder vor kurzem nach veranschlagt sind. Deutschland auf eine Exkursion zum Emscher-, Ich sprach vorhin von einem neuerlichen Ruhr-, Niers- und Lippe-Verband geschickt. Auftrieb bei der Wasserbautenförderung. Ich Die dort gewonnenen Erfahrungen sollen auch erachte es auch als meine Pflicht, hier im Hohen im Mürztal zur Anwendung gebracht werden. Hause ganz kurz die gewaltigen Leistungen der Wenn man sich die Berichte des Mürzverbandes Beamten unserer Bezirks- und Landesbau­ durchschaut, dann kommt man zu sonderbaren ämter und selbstverständlich jener der Fonds­ Erkenntnissen. Infolge der Zunahme der Zahl verwaltung selbst aufzuzeigen. Schon im der Erkrankungen an Herz- und Lungenasthma Stadium der Planung wirken die Vorgenannten sowie der Erkrankungen der Luftwege wurden mit, beraten unsere Gemeinden und Genossen­ schon vor 15 Jahren die Untersuchungen und schaften, üben die Bauüberwachung aus und Feststellungen der Schadensursache begonnen. sorgen letztlich auch bei der Überprüfung der Daß sich die Hauptauswirkungen im Unterlauf Endabrechnungen dafür, daß die Bauwerber der Gewässer ergeben, wo diese nicht mehr die zu den ihnen zugesagten Subventionen und nötige Klärkraft haben, ist nicht weiter zu be­ Darlehen kommen. gründen. Es werden dadurch die Hauptan­ Mit Rücksicht auf die nun vorliegende sammlungen der Bevölkerung im Raum von Novelle darf man annehmen, daß sich in abseh­ Kapfenberg und Bruck in Mitleidenschaft ge­ barer Zeit tatsächlich einiges zum Besseren zogen. Die Aufhebung beziehungsweise der wenden wird. Als Mitglied des Beirates, in dem Ausfall der natürlichen Klärkraft der Mürz wir immer die bisher unzureichende Dotierung und der Nebenwässer hat selbstverständlich die des Fonds kritisierten, darf ich wohl der Fonds- völlige Verlettung der Fluß bette und der Grund-

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Zingler wasser führung zur Folge. Es wird wohl auch Zollgrenzen zum Verschwinden bringen. Warum darüber Klage geführt. sollen Wasserversorgungsanlagen, Abwässer­ Nun sind neben dem normalen Luftwechsel­ beseitigungseinrichtungen oder auch wohl­ das betrifft noch immer das Mürztal - durch organisierte Müllabfuhreinrichtungen, die den Wind in erster Linie auch die Erdräume bis letztlich auch sehr zur Gewässerreinhaltung zum Bereich des Grundwasservorkommens beitragen können, an jeder Dorf- oder Ge­ daran hauptsächlich beteiligt. Durch die Ver­ meindegrenze unübersteigbare Hürden vor­ lettung der Fluß bette ist bei Aufhören des finden � normalen Luftwechsels, der im Jahr drei- bis Wir Sozialisten begrüßen diese Novelle, da viermal auf zirka 14 Tage in den Tälern auf­ sie unseren jahrelangen Bemühungen - wir tritt, der Motor für das Kleinklima ausgefallen. danken vor allem auch dem Staatssekretär Das sagen die Ärzte. Also die Ärzte befassen Weikhart - Rechnung trägt, und werden ihr sich im Mürztal und im ganzen Mürzverband deshalb unsere Zustimmung geben. ( Bei/all sehr stark mit diesem Problem, weil der Asthma­ bei der SPO.) befall von drei- bis vierjährigen Kindern Waldbrunner : im Mürztal im Raum Bruck-Kapfenberg als Präsident Dipl.-Ing. Als panikerregend zu bezeichnen ist. nächster Redner ist der Herr Abgeordnete Marwan-Schlosser zum Wort gemeldet. Ich er­ Was will ich mit diesen Ausführungen er­ teile es ihm. reichen � Erstens natürlich auf diese ins Auge gefaßte Großtat hinweisen, zweitens zum Aus­ Abgeordneter Marwan-Schlosser (ÖVP): druck bringen, daß ein so großes Projekt nur in Hohes Haus! Wir haben uns heute 4% Stunden mehreren, um nicht zu sagen in vielen Jahren lang mit einem sehr ernsten Thema befaßt, unter erheblichem Kostenaufwand realisiert nämlich mit der Gefahr, die unsere Demokratie und letztlich unter Umständen nicht nur von seit Jahren bedroht, mit der Gefahr, daß den Gemeinden und ihren Bewohnern allein demonstrative Gewalttätigkeiten, deren meh­ bezahlt werden kann. Auch die Landwirt­ rere seit Jahren geübt worden sind, unseren schaft wird Bodenverbesserungen feststellen Staat in Zukunft gefährden könnten. Unter können, und auch die Industrie kann eventuell dem Eindruck dieser Diskussion könnten der auf kostspielige Pump- beziehungsweise Filter­ Wert und die Bedeutung des vorliegenden anlagen bei der Beschaffung von Nutzwasser Gesetzes untergehen. Deshalb darf auch ich verzichten. einige Worte zu dieser Gesetzesvorlage sagen. Ich weiß schon, daß man mit Zwang oder Das uns vorliegende Gesetz soll dem weiteren Unterdrucksetzung bei den Letztgenannten fr iedlichen Aufbau unseres Vaterlandes dienen. nicht immer etwas erreicht, aber wenn schon Der Gedanke zu diesem Gesetz wurde im Ver­ im Stadium der Planung sinnvolle Zusammen­ laufe der Behandlung des Bundesvoranschlages arbeit Platz greift, müßten doch verschiedene 1965 innerhalb der Bundesregierung geboren. Probleme lösbar sein. Der für den Wasserwirtschaftsfonds verant­ Das heißt mit anderen Worten : Unsere zu­ wortliche Staatssekretär Dr. Kotzina wurde ständigen Stellen, vor allem das Ministerium beauftragt, gemeinsam mit Staatssekretär und die Landesbauämter, sollen die eventuel­ Weikhart einen Weg zur Erhöhung der Mittel len späteren Nutznießer rechtzeitig zu erfolg­ für den Wasserwirtschaftsfonds zu suchen und führender Mitarbeit einladen. zu finden. Auch im steirischen Grenzland bemüht man Das Ergebnis der Beratungen zwischen den sich durch die Zusammenarbeit der Stadt­ beiden Staatssekretären wurde in Form des gemeinde Deutschlandsberg - ein diesbezüg­ uns vorliegenden Initiativantrages eingebracht licher Antrag liegt ja auch schon im Fonds auf und mit seltener Schnelligkeit behandelt, - unter der Führung von Bürgermeister sodaß wir heute diesen Initiativantrag be­ Dr. Klauser und der Gemeinde Frauenthai um schließen können. die Schaffung einer modernen und zeitgemäßen Meine Damen und Herren des Hohen Hauses ! Abwässerbeseitigung, ebenso in mehreren Ge­ Jeder, der im Kommunalwesen tätig ist, wird meinden in Niederösterreich, wie zum Beispiel sich darüber fr euen, daß dem Wasserwirt­ St. Pölten. Vielleicht kann eine solche Zu­ schaftsfonds nun im verstärkten Ausmaß Mittel sammenarbeit von zwei oder mehreren Ge­ zugeführt werden sollen. Es ist leider so, daß meinden letztlich zu Kostensenkungen führen, weder die Interessenten noch die Gemeinden zumal man sich dadurch sicherlich das Bauen das nötige Geld haben, um die hohen Kosten für mehrerer kostspieliger Kläranlagen ersparen Wasserleitungen und Quellfassungen, Kanäle kann. und Kläranlagen aus eigener Kraft aufbringen Meine Damen und Herren ! Durch die Tech­ zu können. Mit zunehmender Mechanisierung nik ist die Welt kleiner geworden. Die Inte­ der Wirtschaft und der Haushalte, mit der gration soll zum Teil Staats- und vor all�m wachsenden Bedeutung des Fremdenverkehrs

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Marwan-Schlosser und mit dem steigenden Lebensstandard sind Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel da­ aber in diesem Jahrhundert der Bedarf an ein­ mals nicht Gebrauch gemacht worden. wandfreiem Wasser einerseits und der Anfall Um die Förderung der Errichtung und Er­ von Abwasser verschiedenster Art andererseits weiterung von Anlagen zur Wasserversorgung vorerst allmählich und seit Ende des zweiten und zur Abwasserbeseitigung auf eine breitere Weltkrieges sprunghaft gestiegen. Es ist un­ Grundlage zu stellen, die Verwendung der rück­ tragbar geworden, daß das lebensnotwendige fließenden Geldmittel für den gleichen Zweck Wasser in manchmal hygienisch bedenklicher sicherzustellen und eine Finanzierung der Bau­ Beschaffenheit oder in unzureichendem Aus­ vorhaben auf mehrere Jahre hinaus zu ermög­ maß zur Verfügung steht. lichen, wurde mit der Novelle vom 17. De­ Eine unliebsame Begleiterscheinung der er­ zember 1958 zum Wasserbautenförderungs­ leichterten und verbesserten Wasserversorgung gesetz mit Wirkung vom 1. Jänner 1959 beim ist jedoch ein erhöhter Anfall von Abwasser Bundesministerium für Handel und Wieder­ und im Zusammenhang mit der vermehrten aufbau ein nach kaufmännischen Grundsätzen Verwendung von Chemikalien in der Wirt­ zu führender Fonds mit eigener Rechtspersön­ schaft und im Haushalt eine zunehmende Ver­ lichkeit errichtet. Die Mittel des Wasserwirt­ schmutzung unserer Gewässer, die eine Gefahr schaftsfonds wurden nunmehr, wie bereits für die vorhandenen Wasserreserven und die Kollege Nationalrat Zingler erwähnte, nicht Volksgesundheit darstellt. nur durch Zuwendungen aus dem laufenden Budget des Bundes, sondern auch durch Lei­ Eine Typhusepedemie in der oststeirischen stung von je 10 Prozent der Eingänge im Stadt Hartberg in den Jahren 1945 und 1946 Bundes-Wohn- und Siedlungsfonds und Wohn­ mit 800 Erkrankungen und 91 Todesfällen, haus Wiederaufbaufonds aufgebracht. die auf eine unzureichende Abwasserbeseiti­ - gung und eine Verseuchung des Trinkwassers Der durch das Bundesgesetz von 1958 neu zurückzuführen war, war der letzte Anstoß formulierte § 10 des Wasserbautenförderungs­ für den Bund, Förderungsmaßnahmen für die gesetzes regelt den Kreis der Personen, für den Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung Förderungsmittel gewährt werden können, und in Betracht zu ziehen. Durch das Wasser­ die Art und die Höhe des zulässigen För­ bautenförderungsgesetz vom 18. Dezember derungsausmaßes neu. Demnach können För­ 1947 wurde die gesetzliche Voraussetzung ge­ derungsmittel an Gemeinden, Wassergenossen­ schaffen, die Errichtung und Erweiterung von schaften, Wasserverbände sowie an Bauernhöfe Anlagen von Gemeinden und Wasserwerks­ und Einzelsiedlungen land- und forstwirt­ genossenschaften zur Versorgung mit Trink­ schaftlicher Dienstnehmer, deren Anschluß wasser und für Anlagen zur Ableitung und an eine bestehende oder geplante gemein­ Reinigung von Abwässern durch nicht rück­ schaftliche Wasserversorgung wegen ihrer zahlbare Bundesbeiträge bis zu 20 Prozent, Streu lage nicht zweckmäßig ist, gewährt in technisch schwierigen Fällen bis zu 30 Pro­ werden. zent der Herstellungskosten sowie fallweise Der J,enfalls bereits von meinem Vor­ neben den Bundesbeiträgen durch verzinsliche, redner erwähnten Kommission, deren Mit­ längstens in 20 Jahren rückzahlbare Bundes­ glieder von der Bundesregierung unter Be­ darlehen bis zu einem Ausmaß von 30 Prozent rücksichtigung des Kräfteverhältnisses der im der Herstellungskosten zu fördern. Weiters Hauptausschuß des Nationalrates vertretenen war in diesem Wasserbautenförderungsgesetz politischen Parteien bestellt werden, obliegt auch die Gewährung von Bundesbeiträgen für die Begutachtung der Anträge auf Gewährung die Errichtung von Wasserversorgungsanlagen von Fondshilfe in technischer und wirtschaft­ für Bauernhöfe und Einzelsiedlungen land- und licher Hinsicht. forstwirtschaftlicher Dienstnehmer bis zu Es ist angezeigt, auch hier einige Zahlen 40 Prozent der Herstellungskosten vorgesehen. über die bisher vollbrachten Leistungen zu Das Bundesministerium für Handel und nennen. Dem Wasserwirtschaftsfonds werden Wiederaufbau konnte in den Jahren von 1946 bis Ende 1964 insgesamt 492 Millionen zuge­ bis 1958 die Errichtung oder Erweiterung von flossen sein, hievon 51,3 Millionen aus Etat­ 1051 Wasserversorgungsanlagen von Ge­ mitteln, 135 Millionen aus Beitragsleistungen meinden und Wasserwerksgenossenschaften, des Bundes-Wohn- und Siedlungsfonds, 275,2 568 landwirtschaftlichen Einzelwasserversor­ Millionen aus Beitragsleistungen des Wohn­ gungsanlagen und 130 Kanalisationsanlagen haus-Wiederaufbaufonds und der Rest aus von Gemeinden mit 188,6 Millionen fördern, Darlehensrückzahlungen und Darlehenszinsen. wodurch ein Gesamtkostenaufwand von 1 Milli­ Durch die Zusicherung von rund 51,3 Millionen arde umgesetzt wurde. Von der gesetzlich nicht rückzahlbarer Bundesbeiträge und 631,5 vorgesehenen Möglichkeit einer Gewährung Millionen Fondsdarlehen konnte bisher die von Bundesdarlehen war wegen der geringen Errichtung und Erweiterung von 475 Wasser-

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Marwan-Schlosser versorgungs- und 188 Kanalisationsanlagen Höchstgrenzen bei der Zuteilung von För­ mit einem Gesamtkostenaufwand von über derungsmitteln heranzukommen, sondern das 2 Milliarden Schilling finanziell gesichert wer­ soll insbesondere bewirken, daß die Warte­ den. Um die Ausführung langfristiger Bauvor­ zeiten herabgedrückt werden. haben zu gewährleisten, mußten bereits Dar­ Auch ich möchte von dieser Stelle aus dem lehensvorgriffe auf die nächsten Kalenderjahre für den Wasserwirtschaftsfonds verantwort­ vorgenommen werden, wodurch jedoch ein lichen Staatssekretär Dr. Kotzina dafür dan­ Teil der jährlich zur Verfügung stehenden ken, daß er uns diese gesetzliche Regelung Mittel vorbelastet ist. in dieser kurzen Zeit vorschlagen konnte. Sind auch die bisherigen Leistungen des Meine Fraktion wird daher der Gesetzesvorlage Fonds beachtlich, so sind mit dem Stand vom ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der 31. Oktober 1964 trotzdem noch 401 Fonds­ OVP.) hilfeansuchen, die die Errichtung oder Er­ Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner: Zum 172 weiterung von Wasserversorgungs- und Wort hat sich niemand mehr gemeldet. Die 229 Kanalisationsanlagen mit einem Gesamt­ Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter kostenaufwand von über 3,3 Milliarden be­ verzichtet auf ein Schlußwort. Wir kommen treffen, beim Bundesministerium für Handel zur Abstimmung. und Wiederaufbau unerledigt. Da der ge­ samte in Österreich noch zu erwartende Kosten­ Bei der Abstimmung wird der Gesetz­ aufwand auf derzeitiger Lohn- und Preisbasis entwurf in der Fassung des A uS8chußberichtes für Wasserversorgungsanlagen mit 6 Milliarden in zweiter und dritter Lesung einstimmig Schilling und für Kanalisationsanlagen mit zum Beschluß erhoben. 14 Milliarden Schilling geschätzt ist, nimmt es nicht wunder, daß die Anforderungen an 4. Punkt : Bericht des Finanz- und Budget­ den Wasserwirtschaftsfonds fortlaufend steigen. ausschusses über die Regierungsvorlage Allein der Eingang an Fondshilfeansuchen im (538 der Beilagen) : Bundesgesetz, mit dem Oktober 1964, also innerhalb eines Monats, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 neuer- betrifft Anlagen mit einem veranschlagten lich abgeändert vnrd (557 der Beilagen) Gesamtkostenaufwand von rund 184 Milli- onen. Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir ge- Aus den angeführten Zahlen ist ersichtlich, langen zum 4. Punkt der Tagesordnung : daß die dem Wasserwirtschaftsfonds bereits Neuerliche Abänderung des Verfassungsge­ zur Verfügung gestellten Mittel bei weitem richtshofgesetzes 1953. nicht mehr ausreichen, die dringendsten Fonds- Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete hilfe ansuchen bald einer aufrechten Erledigung Gabriele, den ich um den Bericht bitte. zuzuführen. Bedenkt man, daß die Verzö- Berichterstatter Gabriele : Herr Präsident ! gerung der Herstellung dieser Anlagen oftmals - Hohes Haus ! Der Finanz- und Budget­ eine Gefährdung der Gesundheit unserer ausschuß hat in seiner Sitzung am 19. Novem­ Bevölkerung, eine Beeinträchtigung des Frem- ber 1964 die Frage erörtert, ob die vorliegende denverkehrs sowie der gewerblichen Wirtschaft Regierungsvorlage vom Verfassungsausschuß zur Folge hat und manchmal sogar mit öffent- des Nationalrates vorzuberaten wäre. Der lichen Mitteln errichtete Wohnhausanlagen Gesetzentwurf hat zwar eine pensionsrecht­ nur deshalb nicht bezogen werden können, liehe Regelung zum Gegenstand, was für die weil kein Wasseranschluß zur Verfügung steht Zuständigkeit des Finanz- und Budgetaus­ oder für die Abwasserbeseitigung nicht ord- schusses zur Vorberatung sprechen würde. nungsgemäß vorgesorgt worden ist, ist die Im Hinblick darauf jedoch, daß durch den Verzögerung eines Großteils der von den Ge- Gesetzentwurf das Verfassungsgerichtshof­ meinden, Wasserverbänden und Wasserge- gesetz abgeändert wird und mit der V?ll­ nossensehaften vorgesehenen Wasserversor- ziehung das Bundeskanzleramt betraut 1st, gungs- und Kanalisationsbauvorhaben nicht zu hat der Finanz- und Budgetausschuß ein­ verantworten. stimmig seiner Meinung Ausdruck verliehen, Das vorliegende Gesetz bezweckt daher eine daß die Vorlage nicht vom Finanz- und starke Aufstockung der Mittel des Wasserwirt- Budgetausschuß, sondern vom Verfassungs­ schaftsfonds. Die Erhöhung der Beitrags- ausschuß vorzuberaten wäre. leistungen aus dem Bundes Wohn- und Sied - - Der Finanz- und Budgetausschuß stellt lungsfonds und dem Wohnhaus-Wiederaufbau- den Antrag, der Nationalrat wolle diesen fonds unter Heranziehung von 10 Prozent der Bericht zustimmend zur Kenntnis nehmen. Wohnbauförderungsbeiträge erscheint daher . gerechtfertigt. Dadurch wird nicht nur eine Präsident Dlpl.-Ing. Waldbrunner : Danke.

Möglichkeit gegeben, an die gesetzlichen I Sie haben den Antrag gehört. Zum Wort

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Präsident DipL-Ing. Waldbrunner hat sich niemand gemeldet. Wir kommen zur 6. Punkt: Bericht des Finanz- und Budget­ Abstimmung. ausschusses über die Regierungsvorlage (542 der Beilagen) : Bundesgesetz, betreffend Ich bitte jene Damen und Herren, die hypothekarische Belastung der bundeseigenen dem Antrag des Berichterstatters beitreten, Liegenschaft EZ. 4805, Katastralgemeinde den gegenständlichen Bericht zustimmend zur Brigittenau, wegen Aufnahme eines Darlehens Kenntnis zu nehmen, sich von den Sitzen bei der Gemeinde Wien zur Behebung von zu erheben. - Danke. Der Bericht ist ein­ Zei5chäden (552 der Beilagen) stimmig angenommen. Demnach weise ich die gegenständliche Regierungsvorlage dem Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir kom­ Verfassungsausschuß zu. men zum 6. Punkt der Tagesordnung: Hypo­ thekarische Belastung der bundeseigenen Liegenschaft EZ. 4805, Katastralgemeinde 5. Punkt: Bericht des Finanz- und Budget­ Brigittenau, wegen Aufnahme eines Darlehens ausschusses über die Regierungsvorlage bei der Gemeinde Wien zur Behebung von (545 der Beilagen) : Bundesgesetz, mit dem Zeitschäden. die Anlagen E und F des Umsatzsteuer­ gesetzes 1959 an die 3. Zolltarifgesetznovelle Berichterstatter ist Herr Abgeordneter angepaßt werden (553 der Beilagen) Gabriele. Ich bitte ihn um den Bericht. Berichterstatter Gabriele : Herr Präsident ! Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir kom­ Hohes Haus ! Der vorliegende Gesetzentwurf, men zum 5. Punkt der Tagesordnung : An­ mit dem die hypothekarische Belastung der passung der Anlagen E und F des Umsatz­ Liegenschaft EZ. 4805, Katastralgemeinde steuergesetzes 1959 an die 3. Zolltarifgesetz­ Brigittenau, mit einem Betrag bis zu 3,210.000 S novelle. bewilligt werden soll, ist deshalb erforderlich, Berichterstatter ist Herr Abgeordneter weil das Bundesministerium für Finanzen Dr. Neuner, den ich um seinen Bericht bitte. gemäß Artikel VIII Abs. 1 des Bundes­ finanzgesetzes 1964 Belastungen nur bis zu Berichterstatter DDr. Neuner : Herr Präsi­ einer Gesamthöhe von 2,5 Millionen Schilling dent ! Hohes Haus ! In den Anlagen E und F vornehmen kann und überdies nur für den des Umsatzsteuergesetzes wird die Zugehörig­ Wiederaufbau kriegszerstörter bundeseigener keit der Gegenstände zu den einzelnen Gruppen Wohnhäuser. Im gegenständlichen Fall soll der Ausgleichsteuer und der Ausfuhrvergütung ein Darlehen bei der Gemeinde Wien für auf der Grundlage der Nomenklatur und des die Behebung von Zeitschäden an der bundes­ Schemas des österreichischen Zolltarifes be­ eigenen Wohnhausanlage in Wien XX., stimmt. Durch die Änderung des Zolltarifes Klosterneuburger Straße 115-117, aufgenom­ infolge der Verabschiedung der 3. Zolltarif­ men werden. Das Darlehen hat eine Laufzeit gesetznovelle wird es notwendig, die An­ von zehn Jahren und wird zur Gänze von lagen E und F des Umsatzsteuergesetzes den Mietern durch erhöhte Mietzinse zurück­ der nunmehr geänderten Nomenklatur des gezahlt. Dadurch ist eine dauernde Belastung Zolltarifes anzupassen. Dem trägt die Vorlage des Bundeshaushaltes nicht erforderlich. der Bundesregierung Rechnung, die der Finanz­ und Budgetausschuß in seiner Sitzung am Der Finanz- und Budgetausschuß hat die 19. November 1964 in Verhandlung gezogen Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. No­ und mit Stimmeneinhelligkeit unverändert vember 1964 in Verhandlung gezogen und angenommen hat. mit Stimmeneinhelligkeit unverändert ange­ nommen. Ich beantrage im Namen des Finanz­ Der Finanz- und Budgetausschuß stellt und Budgetausschusses, der Nationalrat wolle somit durch mich den Antrag, der National­ dem von der Bundesregierung vorgelegten rat wolle dem von der Bundesregierung vor­ Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustim­ gelegten Gesetzentwurf (542 der Beilagen) mung erteilen. die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen. Falls Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, Falls Wortmeldungen vorliegen, beantrage General- und Spezialdebatte unter einem ab­ ich, General- und Spezialdebatte unter einem zuführen. abzuführen. Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Danke. Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Ich danke. Zum Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen Zum Wort ist niemand gemeldet, wir stimmen daher sofort zur Abstimmung. daher ab. Bei der Abstimmung wird die Regierungs- Bei der Abstimmung wird die Regierung8- fJorlage in zweiter und dritter Lesung ein- vorlage in zweiter und dritter Lesung ein- 8timmig zum Be8chluß erhoben. stimmig zum Be8chluß erhoben.

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7. Punkt : Bericht des Finanz- und Budget­ Schilling gefördert, davon 33 Kredite zur ausschusses über den von der Bundesregierung Durchführung von Neu-, Um- und Zubauten vorgelegten Jahresbericht und Jahresabschluß bei Beherbergungsbetrieben, 6 zur Moderni­ 1963/64 des ERP-Fonds (554 der Beilagen) sierung, 2 zur Erhöhung der Verpfiegskapazi­ tät und 1 Kredit zum Bau eines Sesselliftes. Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir kom­ men zum 7. Punkt der Tagesordnung : Jahres­ Im Verkehrssektor wurden 23 Kredite in bericht und Jahresabschluß 1963/64 des ERP­ der Gesamthöhe von 78 Millionen Schilling Fonds. genehmigt.· 12 Kredite dienten der Errichtung von Seilschwebebahnen, 3 Kredite der Er­ Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete richtung von Standseilbahnen und 7 Kredite Dipl.-Ing. Fink. Ich bitte um den Bericht. dem Bau von Sesselliften, 1 Kredit wurde Berichterstatter Dipl.-Ing. Fink : Hohes für die Donauschiffahrt zur Verfügung gestellt . Haus ! Die Wirtschaftsentwicklung von Mitte Außer der Gewährung dieser Kredite hat 1963 bis 1964 hat die grundsätzlichen Über­ der ERP-Fonds sonstige Leistungen erbracht. legungen, die dem Jahresprogramm 1963/64 Hier sei hauptsächlich ein weiterer Kredit zugrunde lagen. nämlich durch vermehrte an Indien zum Ankauf von in Österreich Kreditvergabe zur Überwindung der Zurück­ erzeugten Investitionsgütern erwähnt, die zum haltung in der Investitionstätigkeit beizu­ Aufbau der indischen Wirtschaft benötigt tragen, gerechtfertigt. Dabei wurden der werden ; weiters die Exportförderung öster­ Sparte Elektrizitätswirtschaft und Fernheiz­ reichischer Waren nach den Märkten außer­ kraftwerke vier Kredite mit einem Gesamt­ europäischer Entwicklungsländer, wofür Mittel volumen von 270 Millionen Schilling zugeteilt, in der Höhe von 50 Millionen Schilling zur zwei dienten zum Bau von Wasserkraftwerken Verfügung gestellt wurden, die neben einer und zwei zum Bau von Fernheizkraftwerken. Zinsenstützung des Bundes und Mitteln des Die Verteilung der industriellen und gewerb­ Kreditapparates ein Volumen von 250 Millionen lichen Großkredite auf die einzelnen Sparten Schilling für den genannten Zweck ergeben. ist auf Seite 6 des Berichtes ersichtlich. Darüber hinaus wurde erstmalig eine Kredit­ Die Anzahl der Kredite betrug 93, davon aktion geschaffen, um österreichischen Firmen für die verstaatlichte Industrie 12 Kredite ; Investitionskredite zur Errichtung von Service­ die Kreditzusagen machten 406 Millionen stationen, Reparaturwerkstätten und derglei­ Schilling aus, davon an die Verstaatlichte chen in außereuropäischen Entwicklungslän­ 30 Millionen Schilling. dern zu ermöglichen. Die Tabelle auf Seite 7 gliedert die indu­ Im weiteren darf ich auf den sehr aus­ striellen und gewerblichen Mittelkredite auf. führlichen und übersichtlichen Jahresbericht Es wurden 101 Kredite mit einer Kredit­ und auf jenen des Ausschusses verweisen, zusage von 38 Millionen Schilling zugeteilt. dessen einzelner Details sich die geehrten Auf dem Gebiete der Landwirtschaft wurden Damen und Herren des Hauses bedienen insgesamt 128 Kredite mit einer Gesamt­ mögen. summe von 165 Millionen Schilling genehmigt. Vom Finanz- und Budgetausschuß wurde Der größte Teil dieser Kredite entfällt auf der Bericht bejahend an das Haus weiter­ den Bau von Getreidesilos. Die Errichtung geleitet. Ich darf daher auch das Hohe Haus solcher Anlagen ist nämlich vordringlich, weil um Kenntnisnahme des Berichtes bitten. die zunehmende Verwendung von Mäh­ Für den Fall, daß eine Aussprache statt­ dreschern die sofortige übernahme und Trock­ findet, schlage ich vor, General- und Spezial­ nung des geernteten Getreides verlangt. debatte unter einem abzuführen. Fünf Kredite wurden zur Errichtung ge­ eigneter Lagermöglichkeiten für Futtergetreide, Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Ich danke. Handelsdünger und Düngerkalk vergeben, Es ist vorgeschlagen, General- und Spezial­ deren Verbrauch in stetigem Ansteigen ist. debatte unter einem abzuführen. - Es wird kein Widerspruch erhoben. Zahlenmäßig an zweiter Stelle stehen Kredite für Güterwege, die die abgelegenen landwirt­ Wir gehen in die Debatte ein. Als Kontra­ schaftlichen Gebiete mit dem öffentlichen redner hat sich der Herr Abgeordnete Doktor Straßennetz verbinden. Broesigke gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Schließlich wurden noch Kredite zum An­ Abgeordneter Dr. Broesigke (FPÖ) : Hohes schluß landwirtschaftlicher Gehöfte an das Haus ! Ich werde mich bemühen, unsere elektrische Stromnetz und zur Errichtung Einwendungen gegen diesen Bericht in wenigen von Reparaturwerkstätten für landwirtschaft­ Sätzen zusammenzufassen. liche Maschinen gewährt. Zunächst haben wir auf Grund der Tabelle Das Anliegen des Fremdenverkehrs wurde und der Aufstellungen des Berichtes den Ein­ mit 42 Krediten in der Höhe von 120 Millionen druck, daß in unverhältnismäßig großem

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Dr. Broesigke Umfang Geld für Großvorhaben ausgeliehen Fonds nicht dem Gesetz entsprechend geführt wurde, daß aber die mittleren Kredite, die wird. Die Fondsverwaltung hätte die Ver­ vom ERP-Fonds gegeben wurden, nur sehr pflichtung gehabt, diese Gelder einzubringen gering sind. oder doch zumindest mit dem Bund eine Zum zweiten stellen wir aus der Vermögens­ Vereinbarung darüber zu schließen, wie sie übersicht auf Seite 16/17 folgendes fest : Unter zu verzinsen sind, denn es ist nicht einzusehen, den Aktiven scheinen Forderungen aus not­ warum der einzelne, der private Darlehens­ leidenden Krediten im Gesamtbetrag von nehmer, Zinsen zahlen muß, wenn auch rund 446 Millionen Schilling auf, auf der niedrigere als bei anderen Darlehen, der Bund Passivseite dazu eine Wertberichtigung von aber sich auf diese Weise ein zinsenfreies 411 Millionen Schilling, sodaß auf der Aktiv­ Darlehen beschafft. seite 35 Millionen Schilling übrigbleiben. Da Aus diesen Gründen sind wir nicht in der das Gesamtkapital ungefähr 5 Milliarden Lage, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Schilling beträgt, bedeutet das, daß fast (Beifall bei der F p(j.) 10 Prozent des Fondsvermögens bereits ver­ Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Zum wirtschaftet worden sind. Ich muß sagen, Wort hat sich niemand mehr gemeldet. Die daß dies eine beachtliche Leistung ist, wenn Debatte ist geschlossen. Wir gelangen zur der Fondsverwaltung und ihren Vorgängern es Abstimmung. gelungen ist, einen derart großen Teil des Fondskapitals auf diesem Wege zum Ver­ Bei der Abs timm u n g wird der Bericht schwinden zu bringen. Ich habe auch gefragt, der Bundesregierung mit Mehrheit zur Kennt­ worauf sich diese Forderungen aus notleiden­ nis genommen. den Krediten gründen. Eine Antwort darauf konnte nicht gegeben werden. 8. Punkt: Bericht des Finanz- und Budget­ ausschusses über den Bericht des Bundes­ Zum dritten findet sich unter den Aktiven ministeriums für Finanzen, betreffend Ver­ eine Forderung gegen den Bund in Höhe von fügungen über bewegliches Bundesvermögen rund 152 Millionen Schilling. Auch die Frage im Zeitabschnitt vom 1. Oktober 1963 bis dieser Forderung habe ich aufgeworfen, und 31. Dezember 1963 (555 der Beilagen) der Herr Finanzminister hat eine Anfrage­ beantwortung des Herrn Bundeskanzlers zuge­ Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir kom­ sagt. Diese Anfragebeantwortung habe ich men zum 8. Punkt der Tagesordnung : Bericht erhalten. Sie begnügt sich aber damit, fest­ des Bundesministeriums für Finanzen, be­ zustellen, daß seinerzeit die Gelder des ERP­ treffend Verfügungen über bewegliches Bun­ Fonds mit anderen Geldern auf den Postspar­ desvermögen im Zeitabschnitt vom 1. Oktober kassenkonten vermengt waren und daß der 1963 bis 31. Dezember 1963. Bund diese Gelder bis zum heutigen Tage Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete

nicht zurückgezahlt hat. Machunze. Ich bitte ihn um seinen Bericht .

Hohes Haus ! Das war ja aus dem Bericht Berichterstatter Machunze : Hohes Haus ! bekannt. Dagegen besteht die Frage : Auf Der Bundesminister für Finanzen legt dem welcher gesetzlichen Grundlage bleibt der Parlament den Bericht, betreffend Verfügungen Bund dem ERP-Fonds 152 Millionen Schilling über bewegliches Bundesvermögen im Zeit­ schuldig � Diese Frage ist . nicht beantwortet abschnitt vom 1. Oktober 1963 bis 31. De­ worden, und sie konnte auch nicht beantwortet zember 1963 vor. werden, weil es eine solche gesetzliche Grund­ Dem Bericht ist zu entehmen : lage nicht gibt. Der Herr Bundeskanzler sagte 1. Bei der Firma W. Megerle Ges. m. b. H. in seinem Schreiben, daß es sich nicht um ein mußte ein Restbetrag von 865.948,85 S als Darlehen handle. Sicherlich handelt es sich uneinbringlich a bgeschrie ben werden. nicht um ein Darlehen im juristischen Sinn, aber praktisch ist es ja doch eine Darlehens­ 2. Bei der Firma Optische Anstalt C. P. gewährung in der Form, daß der Bund dem Goerz Ges. m. b H. mußte ein Betrag von ERP-Fonds diese Beträge einfach ohne gesetz­ 2,836.043,75 S abgeschrieben werden. liche Grundlage schuldig bleibt, daß er diese 3. Das Bundesministerium für Inneres hat Schuld nicht verzinst, sodaß also indirekt alte, für die Bundesgendarmerie unbrauchbare mit den Mitteln des ERP-Fonds das Bundes­ Waffen im Werte von 348.000 S gegen neue budget finanziert wird, gerade das, was im Maschinenpistolen eingetauscht. Gesetz über den ERP-Fonds ausdrücklich 4. Bei der Firma Vereinigte Lederfabriken verboten ist. AG. Wien mußte ein Betrag von 1,813.330,59 S Wir müssen daher aus diesen bisher unwider­ als uneinbringlich abgeschrieben werden. sprochen gebliebenen Tatsachen die Folge­ Der Finanz- und Budgetausschuß hat sich rung ziehen, daß die Verwaltung des ERP- mit diesem Bericht am 19. November be-

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Machunze schäftigt. Ich stelle namens des Finanz- und sind doch keine Gl'Undlage, um Abschreibungen Budgetausschusses den Antrag, das Hohe vorzunehmen. Haus wolle den Bericht zur Kenntnis nehmen. Aus diesem Grunde lehnen wir die Kenntnis­ Falls Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, nahme auch dieses Berichtes ab. (Beifall bei General- und Spezialdebatte unter einem durch­ der FP().) zuführen. Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Zum Wort hat sich noch Herr Bundesminister Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Danke. Dr. Schmitz gemeldet. Ich erteile es ihm. Es ist beantragt, General- und Spezialdebatte unter �inem durchzuführen. - Widerspruch Bundesminister für Finanzen Dr. Schmitz : wird keiner erhoben. Herr Präsident ! Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Ich möchte der Ordnung halber Wir gehen in die Debatte ein . Zum Wort diese Frage beantworten, die schon im Finanz­ hat sich der Herr Abgeordnete Dr. Broesigke und Budgetausschuß gestellt worden ist, die als Kontraredner gemeldet. Ich erteile ihm inzwischen auch schriftlich beantwortet wurde. das Wort . Die Beantwortung hat allerdings erst gestern Abgeordneter Dr. Broesigke (FPÖ) : Hohes das Haus verlassen. Haus ! Es handelt sich um den Punkt 2 dieses Es dreht sich darum, daß die Abschreibung Berichtes, die Optische Anstalt Goerz Ges. des Betrages erfolgte, nachdem für den offenen m. b. H. Hier ist eine Formulierung enthalten, Betrag eine Sicherstellung vorgenommen wurde, die in der Erklärung des Herganges dem Delphi­ der in Raten abgestattet werden wird. Die schen Orakel erfolgreich Konkurren� macht. Es Sicherstellung ist durch die Firma Elektro­ heißt nämlich hier, daß auf Grund des in der AG. erfolgt, die mit der Firma Optische An­ Folge zustande gekommenen gerichtlichen Aus­ stalt Goerz in Verbindung steht und Mieten gleiches die Republik 820.000 S in bar bekom­ zu entrichten hat. Diese Sicherstellung ver­ men hat und daß das schuldnerische Unter­ bürgt, daß die Leistung, die über den gericht­ nehmen für den Betrag von 1,2 Millionen lichen Vergleich hinausgeht, pünklich bezahlt Schilling eine Abstattungserklärung auf Raten­ wird. (Abg. Dr. Broesigke: Ich danke für zahlungen abgegeben hat. Da anzunehmen sei, die Aufklärung ! Damit ist die Sache klargestellt !) daß der Betrag von 1,2 Millionen abgestattet Präsident Dipl..lng. Waldbrunner : Ich danke werden wird, betrage der endgültige Ausfall dem Herrn Bundesminister. Zum Wort hat 2,8 Millionen und müsse abgeschrieben wer­ sich niemand mehr gemeldet, die Debatte ist den. geschlossen. Das ist in dieser Form unverständlich und Der Herr Berichterstatter verzichtet auf das kann auch so nicht richtig sein. Schlußwort. Wir gelangen zur Abstimmung. Ich habe den Herrn Finanz minister im Bei der Abstimmung wird der Bericht des Finanz- und Budgetausschuß diesbezüglich Bundesministeriums für Finanzen einstimmig befragt, er konnte aber keine Erklärung abge­ zur Kenntnis genommen. ben, warum das so formuliert sei und wie sich die Sache richtig verhält. Entweder wurde 9. Punkt : Bericht des Finanz- und Budget­ ein gerichtlicher Ausgleich abgeschlossen, dann ausschusses, betreffend den Bericht des Bundes­ kann keine Abstattungserklärung vorliegen, ministeriums für Finanzen über die Veräuße­ dann ist das eben der Ausgleich, oder es ist rung von unbeweglichem Bundeseigentum im eine Abstattungserklärung da, dann kann es vierten Viertelj ahr 1963 (556 der Beilagen) wieder kein Ausgleich sein. Dann ist die Frage, welche Vereinbarungen im Zusammen­ hang damit abgeschlossen wurden. Das Pro­ Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir ge­ blem des Wiederauflebens taucht auf, denn langen zum 9. Punkt der Tagesordnung : man kann schließlich eine Forderung erst in Bericht des Bundesministeriums für Finanzen dem Augenblick abschreiben, in dem endgültig über die Veräußerung von unbeweglichem fe ststeht, daß sie nicht mehr vorhanden ist, Bundeseigentum im vierten Vierteljahr 1963. aber nicht in dem Augenblick, in dem anzu­ Ich bitte den Herrn Berichterstatter Ma­ nehmen ist, wie es hier wörtlich heißt, daß chunze um den Bericht. der Betrag abgestattet werden wird. Berichterstatter Machunze : Hohes Haus ! Hohes Haus ! Als in diesem Fall leichtfer­ Das Bundesministerium für Finanzen legte tigerweise eine Haftungserklärung des Bundes dem Parlament einen ausführlichen Bericht abgegeben wurde, die zur Folge hatte , daß über Veräußerung von unbeweglichem Bundes­ der Bund zahlen mußte, hat man sicher auch eigentum im vierten Vierteljahr 1963 vor. angenommen, daß einmal Zahlung geleistet Der · Bericht ist allen Mitgliedern des Hohen werden wird. Aber solche vage Annahmen Hauses zugegangen, und ich kann mich daher

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Maehunze darauf beschränken, die Globalziffern zu empfehlen, der Aufhebung der Immunität nennen. des Abgeordneten Zeillinger zuzustimmen. Im Berichtszeitraum wurden Verkäufe im Der Immunitätsausschuß stellt den An­ Werte von 7,029.307,80 S, unentgeltliche Ab­ trag, der Nationalrat wolle beschließen : tretungen im Werte von 5056,70 S und Grund­ Dem Ersuchen des Bezirksgerichtes Salzburg täusche im Werte von 3,055.311,65 S durch­ vom 5. November 1964, Zl. 7 U 2088/64, um geführt. Belastungen von unbeweglichem Aufhebung der Immunität des Mitgliedes des Bundeseigentum mit Baurechten und mit Nationalrates Gustav Zeillinger wegen § 431 Servituten erfolgten im vierten Vierteljahr StG. (Gefährdung der körperlichen Sicherheit) 1963 im Werte von 3,131.957 S. wird stattgegeben.

Auch diesen Bericht hat der Finanz- und Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Danke. Budgetausschuß in seiner Sitzung vom 19. No­ Sie haben den Bericht gehört. vember behandelt. Ich stelle daher den An­ Zum Wort hat sich niemand gemeldet. trag, das Hohe Haus wolle den Bericht zur Wir gelangen zur Abstimmung. Kenntnis nehmen. Der Antrag des Immunitätsausschusse8 wird Falls Wortmeldungen vorliegen, bitte ich einstimmig angenom men. auch hier, General- und Spezialdebatte unter einem durchzuführen. Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner: Die Ta­ gesordnung ist erschöpft. Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Danke. Ich teile noch folgendes mit : Der Ausschuß Zum Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen für die Beratung des Volksbegehrens tritt daher sofort zur Abstimmung. morgen nach Schluß der Haussitzung zu­ Bei der Abstimmung wird der Bericht des sammen. Alle übrigen Ausschußsitzungen sind Bundesministeriums für Finanzen eins timmig abgesagt, sie werden für einen späteren Zeit­ zur Kenntnis genommen. punkt neu einberufen werden. Die n ä c h s t e Sitzung des Nationalrates 11. Punkt : Bericht des Immunitätsausschusses berufe ich für morgen, Donnerstag, 9 Uhr vor­ über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Salz­ mittag, ein. Die Tagesordnung ist bereits burg um Aufhebung der Immunität des Ab­ verteilt. geordneten zum Nationalrat Gustav Zeillinger Ich bringe in Erinnerung, daß am Beginn Präsident Dipl.-Ing. Waldbrunner : Wir ge­ dieser Sitzung vor Eingehen in die Tages­ langen zum 11. Punkt der Tagesordnung : ordnung über die beiden Entschließungsanträge Ersuchen des Bezirksgerichtes Salzburg um abgestimmt werden wird, die heute im Zuge Aufhebung der Immunität des Abgeordneten der beiden dringlichen Anfragen eingebracht Zeillinger wegen § 431 Strafgesetzbuch. worden sind. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abge­ Die Sitzung ist geschlossen. ordneten Dr. Nemecz, um seinen Bericht.

Berichterstatter Dr. Nemecz : Hohes Haus I Berichtigtes Verzeichnis der Mitglieder und Das Bezirksgericht Salzburg ersucht mit Schrei­ Ersatzmitglieder des Ausschusses zur Vorbe­ ben vom 5. November 1964, Zl. 7 U 2088/64, ratung des Volksbegehrens laut den von den um Aufhebung der Immunität des Abge­ Klubs eingereichten Listen ordneten zum Nationalrat Gustav Zeillinger Mitglieder : Dr. Bassetti, Dr. Fiedler, Glaser, wegen Übertretung des § 431 StG. (Gefährdung Grundemann-Falkenberg, Dr. Halder, Rar­ der körperlichen Sicherheit). Wie aus der Zu­ walik, Minkowitsch, Stohs, Dr. Dipl.-Ing. Weiß, schrift des Bezirksgerichtes Salzburg hervor­ Dr. Weiß mann (ÖVP) ; geht, wollte Abgeordneter Zeillinger am Dr. Winter, Suchanek, Kratky, Mark, Czer­ 20. August 1964 die linke Wagentür seines in netz, Dr. Kleiner, Dr. Neugebauer, Ing. Schei­ der Sinnhubstraße - nicht "Sinnhuber­ bengraf, Chaloupek, Holoubek (SPÖ) ; gasse", wie es im schriftlichen Bericht heißt - Dr. van Tongel (FPÖ). in Salzburg abgestellten Personenkraftwagens öffnen, um einzusteigen. Dabei wurde eine Ersatzmitglieder : Dr. Geißler, Dr. Haider , Passantin, die gerade in diesem Moment vor­ Ing. Helbich, Kulhanek, Luhamer, Mitterer, überging, von der unteren Türkante getroffen Scherrer, Dr. Schwer, Lola Solar, Tödling und leicht verletzt. (ÖVP) ; Der Immunitätsausschuß hat das Auslie- Zankl, Dr. Tull, Libal, Populorum, Konir, ein- ferungsbegehren des Bezirksgerichtes Salzburg Dr. Stella Kl. Löw, Wodica, Pay, Enge, Anna in seiner Sitzung am 18. November 1964 be- Czerny (SPÖ) ; raten und beschlossen, dem Hohen Haus zu Dl'. Broesigke (FPÖ). Schluß der Sitzung: 18 Uhr 10 Minuten

österreichische Staatsdruckerei. 3559 64

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