DIE INSCHRIFTEN DES POLITISCHEN BEZIRKS

280 , Pfarrvikariatskirche Hl. Geist 1. H. 14. Jh.

Glocke mit Gebetsanrufung, im Turm. Am Hals Umschrift zwischen zwei Stableisten. Da die Glocke zum Bearbeitungszeitpunkt nicht ausreichend zugänglich war, muss die Edition nach kopialer Überlieferung erfolgen. Bu. 3 cm. – Gotische Majuskel. Abb. 177 Beschreibung und Text nach einer Aufnahme im Bildarchiv des BDA Tirol und der dortigen Abpausung der Glockeninschrift, ergänzt nach Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 561. O REX GLORIE CHRISTEa) VENI · CVM · PACE + A FVLGVRE TEMPESTATE LIBERA NOS D(OMI)NE a) bei Weissenbäck/Pfundner wohl fälschlich X PA:XRE; vermutlich Nomen sacrum; Bestand: XPE. O König der Ehren, Christus, komm in Frieden. Von Blitzschlag (und) Unwetter befrei uns, Herr. Die Inschrift gibt die Glocke, das bislang als solches unerkannte älteste epigraphische Denkmal des Bezirks Reutte, als Schutzglocke gegen Unwetter aus. Der einfache Text der Anrufung Chri- sti gleicht zahlreichen Inschriften auf anderen Glocken im Tiroler Oberland (vgl. etwa Kat.-Nrr. 173, 192, 306 und 310f.). Die Inschrift zeigt eine nur mäßig flächige und fast ohne Bogenschwellungen ausgeführte Gotische Majuskel. A begegnet in wuchtiger Trapezform mit sehr hoch angesetztem gebro- chenen Mittel- und beidseitig überstehendem Deckbalken, unziales E ist mit senkrechtem Abschlussstrich geschlossen; während I durchgehend einheitliche Schaftstärke aufweist, sit- zen an den Balkenenden von T bisweilen kräftige Dreiecke, der Balken des L ist zwar keilförmig ausgeführt, reicht jedoch nicht sehr weit bis gegen die Mittellinie. Angesichts des Fehlens regional vergleichbarer datierter Inschriften ergibt sich die oben angesetzte näherungsweise Datierung nach inschriftenpaläographischen Kriterien der überregionalen Entwicklung in Österreich. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 561.

281 , Pfk. Hl. Katharina 1411

Glocke mit Angabe des Gussjahres sowie Heiligen- und Evangelistennamen, im Turm. Am Hals Umschrift zwischen zwei Schnurleisten. Aufgrund der mangelhaften Zugänglichkeit der Glocke (sie ist im Geläute ganz oben aufgehängt) erfolgt hier die Edition nach einer Abpausung der In- schrift im BDA Tirol sowie nach Weissenbäck/Pfundner. Bu. 3 cm. – Gotische Minuskel. Beschreibung und Text nach einer Abpausung der Inschrift im BDA Tirol sowie nach Weissen- bäck/Pfundner, Tönendes Erz 541. annoa) · d(omi)ni · m · cccc · xi · ihesus · maria · anna · lucas · marcus · matheus · johannes a) als Trennzeichen Glöckchen. Im Jahre des Herren 1411. Jesus, Maria, Anna, Lukas, Markus, Matthäus, Johannes. Bei diesem Objekt handelt es sich nach Weissenbäck/Pfundner um die älteste datierte Glocke in Nordtirol1). Umso erstaunlicher ist es, dass Weissenbäck/Pfundner auf eine korrekte Transkripti- on der Umschrift nicht ausreichenden Wert legten: Das dort edierte xl ließe eigentlich nur die Lesung als 1440 zu. Eine solche spätere Datierung würde auch durch den historischen Befund unterstützt: Erst 1423 wird Lermoos zur Kuratie und erhält einen eigenen Seelsorger2).

273 Mit Hilfe der Abpausungen im BDA Tirol, die anlässlich der Glockenaktion im Zweiten Weltkrieg als kreative epigraphisch-kunsthistorische Rettungsmaßnahme vorgenommen wurden, lassen sich drei Teile der Inschrift – darunter die entscheidende Passage der Datierung – jedoch noch sicher erschließen: Demnach handelt es sich tatsächlich um die älteste inschriftlich datierte Glocke Nordtirols (wenngleich nicht die älteste Glocke an sich; vgl. Kat.-Nrr. 5 und 280). Die Glocke ist also mit ihrer Entstehung 1411 älter als die Kuratie. 1) So Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 541. 2) Moser, Lermoos 47–53. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 415. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 541. – Ammann, Oberland 235. – Dehio Tirol 481.

282† , Pfk. Hl. Jakobus d. Ä. (1430–1434?)

Bauzahl, Stein, noch zu Ende des 19. Jahrhunderts (wohl außen) über dem Portal, Zeitpunkt des Verlusts unbekannt. Die Jahreszahl war offenbar auf einem über dem Portal vermauerten Stein eingehauen.

Standortangabe, Beschreibung und Text nach Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 464.

143[.]

Die Jahreszahl bezieht sich wahrscheinlich auf die Vergrößerung des Kirchengebäudes in den 1430er Jahren. Dieser Bau scheint bereits 1434 vollendet gewesen zu sein, da in diesem Jahr eine Messstiftung für die Kirche nachweisbar ist1). Die Inschrift könnte also ursprünglich eine Jahres- zahl zwischen 1430 und 1434 angezeigt haben. 1) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 464f. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 464f. – Ammann, Oberland 94. – Dehio Tirol 192.

283 , Pfk. Mariä Himmelfahrt 1435–1439

Taufstein mit Stifterinschrift, in Resten polychromierter Kalksandstein, an die Nordwand des Vorraumes angestellt und in diese teilweise eingemauert. Früher soll der Stein in der nahe gele- genen Sebastians-Kapelle gestanden haben1); bei seiner Überführung in die Pfarrkirche scheint zunächst mehr als die Hälfte des Steines eingemauert gewesen zu sein, was die Feuchtigkeitsschä- den am rechten Ende der heute lesbaren Inschrift erklärt. Die annähernd halbkugelförmige Schale trägt eine am Oberrand umlaufende, vertieft erhaben ausgeführte Inschrift zwischen zwei begrenzenden schmalen Leisten, darunter schließt ein breiter Fries aus vollrunden Medaillons mit verschiedenen Ornamenten (Zirkelschlagrosette, eine nach links stehende Ziege [oder Agnus Dei?] mit Rosette über dem Rücken, die Halbfigur eines Bischofs [?] mit Mitra und Stab, Mond, Son- nenrad sowie ein Vierpass) an, die Zwickel sind mit rautenartig stilisierten Dreiblättern gefüllt. Am Übergang von der Schale zum einfachen zylindrischen, weitgehend vermauerten Schaft ein unregelmäßiger Dreipassfries. Die noch gut erkennbare, zweifellos nicht originale Polychromie- rung umfasst durchwegs weiße Nullflächen und rote erhabene Flächen, nur die Buchstaben sind schwarz, die Blätter in den Zwickeln grün gefasst.

Bu. ca. 9 cm. – Gotische Minuskel. Abb. 175

+ disena) stainb) batc) gema(cht) anno d(omi)ni m cccc xxxvd) [– – –] escunde) a) am Beginn der Is. ein gedrungenes Tatzenkreuz. b) Abstand von etwa einem Schaft zwischen st und ain. c) sic! für hat. d) v nur noch schwach zu erkennen; danach ist die Is. auf eine Länge von etwa 65 cm einge- mauert. e) nach e ein offenbar in den Oberlängenbereich ragender Schaft, dessen oberes Ende beschädigt ist, danach ein c, das nur die oberen zwei Drittel des Mittelbandes einnimmt.

274 Der Stein von Holzgau steht in Gestaltung und Dekorformen dem Taufstein von (vgl. Kat.-Nr. 284) sehr nahe. So besitzen beide Steine ein umlaufendes Inschriftenband am oberen Rand und sind mit mehreren reliefierten Medaillons ähnlichen Inhalts verziert. Interessant sind die Abweichungen der nahezu gleichzeitig entstandenen Taufsteine: Während die Inschrift in Elbigenalp eingehauen und in Latein verfasst ist, zeigt der Stein von Holzgau eine erhaben aus- geführte Inschrift in deutscher Sprache. Trotz dieser Unterschiede belegen die beiden einander so ähnlichen Taufsteine die äußerst engen Beziehungen zwischen „oberer“ und „niederer Pfarre“ im Lechtal (Holzgau und Elbigenalp). Die Holzgauer Kirche war erst 1401 zum Sitz einer eigenen Pfarre erhoben worden, deren Gebiet ursprünglich zur Pfarre der Nikolaus-Kirche in Elbigenalp gehörte2). Zur Datierung des Steines aus Holzgau kann man aufgrund des Inschriftenbefundes einen Ent- stehungszeitraum zwischen 1435 und 1439 annehmen, da die lateinische Datierung bis xxxv lesbar ist und nun nur noch i folgen können3). Die auf den Steinen von Holzgau und Elbigenalp begegnende archaisch wirkende Ornamentik mit Tier- und Blütenmustern lässt sich auch auf älteren Taufbecken nachweisen; ein Beispiel aus dem Tiroler Raum wäre etwa das Taufbecken aus der Bozner Domkirche, das wahrscheinlich ins 13. Jahrhundert datiert4). Die recht klobige Inschrift weist den Ausführenden als nur mäßig in der Anfertigung von Goti- scher Minuskel routiniert aus. So rutscht etwa der Bogen des b (fälschlich für h) deutlich unter die Oberlinie des Mittelbandes, werden freie Schaftenden an der Grundlinie einmal nach rechts umgebogen, enden ein anderes Mal in einem Quadrangel. Ganz unterschiedlich fällt auch die Umsetzung der meist nur einfach gebrochenen Verbindungsbögen an der Oberlinie des Mittel- bandes aus. Vielleicht hatte der Steinmetz auch eine von anderer Hand auf die Steinoberfläche aufgemalte Vorlage umzusetzen; so wirkt der Beginn des anno (a mit extrem weit nach oben reichendem Schaft und rechtwinkelig nach links geknicktem oberen Bogen ohne Schließung durch Haarzierstrich) eher wie die missglückte Umsetzung des fehlenden cht im vorhergehenden gema(cht). 1) Jenny, Taufsteine LX und Wallnöfer, Kunstgeschichte 184f. Doch ist die Kapelle für den auf pfarrliche Rechte verweisenden Taufstein freilich als ursprünglicher Standort auszuschließen. Vielleicht war der Taufstein im Zusammenhang mit der barocken Umgestaltung der Pfarrkirche um 1709/32 oder im Zuge des Kirchenneubaus 1860/68 in die Kapelle transferiert worden. 2) Wörle, Großpfarren 106. 3) Auch eine Datierung auf 1439 scheint damit noch möglich, da die klassisch-antike Regel, nicht mehr als drei gleiche Zahlzeichen hintereinander zu verwenden, in der Is. bereits zuvor – durchaus typisch für das 15. Jahrhundert – nicht eingehalten wurde (vier c!). 4) Vgl. Andergassen, Taufbecken 460. Jenny, Taufsteine LX. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 734. – Atz, Kunstgeschichte 620. – Wörle, Groß- pfarren 106. – Ammann, Oberland 159. – Dehio Tirol 343. – Wallnöfer, Kunstgeschichte 184f.

284 Elbigenalp, Pfk. Hl. Nikolaus 1440

Taufstein mit Jahreszahl und Segenswunsch (?), Kalksandstein, im Langhaus an der Südseite vor dem rechten Seitenaltar. Der Taufstein soll ursprünglich aus der St. Martins- (auch Magdalenen-) Kapelle auf dem die Pfarrkirche umgebenden Friedhof stammen1). Die annähernd halbkugelför- mige Schale trägt eine am Oberrand umlaufende einzeilige Inschrift, darunter schließt ein breiter Fries aus vollrunden Medaillons mit verschiedenen Ornamenten (ein Adler [?], eine kephalopo- denartige menschliche Figur, ein von zwei Hostien flankierter Kelch, eine nach links stehende Ziege [oder Agnus Dei?] mit Rosette über dem Rücken, ein Johanneskopf [?] mit Mondsichel [?], ein Sonnenrad) an, die Zwickel sind mit rautenartig stilisierten Dreiblättern gefüllt. Am Übergang von der Schale zum einfachen zylindrischen Schaft weitere kleine Medaillons mit menschlichen Figuren bzw. Ornamenten. Die Inschrift ist durch Ausbrüche an der Oberkante der Schale be- schädigt. Bu. 6,5 cm. – Gotische Minuskel. Abb. 176

275 anno d(omi)ni mo cccco xla) · prespiter in mensab) c(h)r(ist)ic) qu[idd) agase) bene] pensaa) · aut tibi uita dat(ur) a(ut) mo(rs)f) // [et er n a pa r at u]r g) a) es folgt ein Quadrangel in Konturzeichnung als Trennzeichen. b) inmensa indistinkt. c) Nomen sacrum; Bestand: xpi, die beiden letzten Buchstaben in der oberen Hälfte des Mittelbandes beschädigt. d) qu, an der Oberlinie beschädigt, noch sichtbar; es folgt ein wohl irrtümlich in den Unterlängenbereich ragender Schaft (richtig: i), danach größerer Ausbruch des Oberrandes; zur Ergänzung s. den Kommentar. e) von g noch der waagrechte Abschnitt des gebrochenen unteren Bogens im Unterlängenbereich sichtbar. f) es folgen, die Is. unterbrechend, zwei Ornamente und ein Maskenkopf, der das darunter liegende Medaillon mit Sonnenrad bekrönt. g) Oberrand ausgebrochen, das Bruchstück wieder angekittet, die starken Beschädigungen lassen eine Zuordnung der Buchstabenreste nicht mehr zu, doch müssen in diesem Abschnitt exzessive Kürzungen vorliegen. Im Jahre des Herren 1440. Priester am Altartisch Christi, bedenke gut dein Tun – ob dir das (ewige) Leben verliehen oder der ewige Tod bereitet wird. Zweisilbig rein gereimte Leoninische Hexameter. Der heute nur mehr bruchstückhafte Erhaltungszustand der Inschrift macht ein tieferes Textver- ständnis fast unmöglich. Doch beschrieb Jenny den Taufstein bereits im 19. Jahrhundert und transkribierte die damals offenbar noch unbeschädigte Inschrift (fehlerhaft) als anno dm mo cccco xl prespiter in mensa xpi quasi agnus dmi placeto dat tibi vita(m) dat a(ut) mor(tem)o2). Jennys Text erlaubt die oben edierte Rekonstruktion der Inschrift des Taufsteins analog zu einem im 15. Jahrhundert offenbar geläufigen „Versus de sacramento eucharistie“, der etwa in der Hs. 579 der Universitäts- bibliothek Graz (aus St. Lambrecht, um 1400, fol. 343v) oder im Cod. Guelf. 1247 (1140 Helmst.) der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel (fol. 138v–139r), mit entsprechendem Incipit überlie- fert ist: „Presbyter, in mensa domini quid agas, bene pensa. Aut tibi vita datur aut mors eterna paratur“3). Im Aufbau gleicht der Taufstein auffällig demjenigen in der Pfarrkirche von Holzgau, der aus derselben Zeit stammen dürfte (vgl. Kat.-Nr. 283). Im Gegensatz zum Exemplar aus Elbigenalp ist die Inschrift auf dem Holzgauer Stück jedoch nicht in Latein, sondern in Deutsch abgefasst. Trotz der formalen Unterschiede unterstreichen die beiden Taufsteine die engen Beziehungen zwischen den beiden Lechtaler Pfarren. 1) Jenny, Taufsteine LX. Doch ist angesichts der Funktion des Taufsteins ein ursprünglicher Standort in der mit den Pfarrechten ausgestatteten Nikolaus- bzw. Pfarrkirche zu vermuten. 2) Jenny, Taufsteine LVIII. Er übersetzt dies mit: „Der Priester am Altartische gibt an Stelle des Lammes Gottes das Leben und gibt auch den Tod“; ebda LIX. 3) S. http://www-classic.uni-graz.at/ubwww/sosa/katalog/katalogisate/579.html (November 2010) und Hei- nemann, Handschriften 78 bzw. Walther, Initia 752 (Nr. 14527). Jenny, Taufsteine. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 610. – Atz, Kunstgeschichte 620. – Ammann, Ober- land 120. – Dehio Tirol 234. – Geisler-Moroder, Pfarrkirche 13f.

285 Lechaschau, Lechtaler Straße 1 1484

Glocke mit Gebetstext und Gussvermerk in Form einer Glockenrede, ursprünglich im Turm der Pfarrkirche Lechaschau, im Zweiten Weltkrieg abgenommen1), danach in der Ottilia-Kapelle aufgestellt, seit 1978 im Gebäude der Sparkasse Reutte in Lechaschau aufbewahrt. Am Hals der Glocke Umschrift zwischen einem schmalen Maßwerkfries oberhalb und einem breiteren Maß- werkfries unterhalb. Am Wolm drei Zierringe, am Schlagring ein weiterer. Bu. ca. 1,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versal. · · · · · avea) · mariab) · graciac) · plenab) · dominvsc) · decvmd) · steffane) · Wiggawe) · gose) · michc) · zvc) avgspvrg · 1484e) a) am Beginn der Is. fünf kleine Reliefs: Maria mit Kind, Blattrosette, Glocke, Maria mit Kind, Haupt Chri- sti. b) vor dem Wort eine Lilie. c) vor dem Wort eine Rosette. d) sic! für tecum; vor dem Wort eine Lilie. e) vor dem Wort ein Blatt.

276 Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit Dir. Ave Maria. Die alte Hl. Geist-Kirche in Lechaschau, ursprünglich neben dem Spital gelegen, wurde um 1480 neu gebaut2). Die Glocke stammt damit aus der Zeit des Neubaus und wurde offenbar für das neue Gotteshaus angefertigt. Der in der Inschrift genannte Stephan Wiggau war Glockengießer in Augsburg3). 1) Dies belegt ein Foto der abgenommenen Glocke aus dem Bildarchiv des BDA Tirol. 2) Dehio Tirol 476. 3) Vgl. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 228. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 228 und 561. – Egg, Süddeutsche Kunst 189. – Ammann, Oberland 228. – Dehio Tirol 476.

286† Holzgau, Kapelle Hl. Sebastian 1487

Bauzahl, Farbe auf Putz, an der Chorostwand über dem Ostfenster im Scheitel des Schildbogens hinter dem Altar. Eine offenbar anlässlich der Restaurierung und malerischen Neuausstattung der Kirche von 18821) aufgedeckte originale Jahreszahl wurde sichtlich weitgehend entstellend über- arbeitet bzw. überhaupt in Zusammenhang mit einem den Schildbogen entlanglaufenden neogo- tischen Rankenfries neu in rotbrauner Farbe auf weißem Putzgrund aufgemalt. Bu. ca. 10 cm. 1487 Die Kapelle wurde 1487 angeblich von Hans Räffl erbaut, 1822 und 1882 restauriert2). Die In- schrift im Chor bezog sich also auf die Erbauung der Kapelle. Sowohl die Unterkapelle, die 1888 in eine Lourdesgrotte umgewandelt wurde, als auch der 1872–86 ausgemalte Chor der Oberka- pelle ist kurz nach dem Bericht bei Jenny grundlegend umgestaltet worden3). Von der spätmittel- alterlichen Ausstattung der Kapelle mit Wandmalereien hat sich noch ein qualitätvoller Sebasti- anszyklus an der Nordwand erhalten. 1) Jenny, Taufsteine LX. 2) Dehio Tirol 343 und Ammann, Oberland 159. 3) Dehio Tirol 343f. und Ammann, Oberland 159f. Jenny, Taufsteine LX.

287† Elbigenalp, Kapelle Hl. Magdalena bzw. Martin 1489?

Magdalenenzyklus mit Jahreszahl, Wandmalerei, innen an der Stirnwand der Kapelle. Der vom Scheitel bis knapp über die Fensterunterkante bemalte Schildbogen zeigt in vier Bildfeldern Sze- nen aus dem Leben der Hl. Magdalena: Die Fußwaschung im Haus des Simeon (links unten), der auferstandene Christus erscheint der Magdalena als Gärtner (rechts unten), Magdalena wird von den Engeln in den Himmel getragen (links oben) und die Reichung der Kommunion an die sterbende Heilige (rechts oben). Die Szenen werden von einem Rundbogenfenster (wohl anstelle eines nicht viel kleineren ursprünglich spitzbogigen Fensters) mittig unterbrochen, die Bildfelder sind gegeneinander durch weiße Rahmenleisten abgesetzt. Auf dem waagrecht verlaufenden Streifen befinden sich zu beiden Seiten des Fensters je zwei Stellen einer Jahreszahl, die wohl den ursprünglichen Bestand reproduziert, jedoch keinen originalen Schriftcharakter mehr aufweist. H. 9 cm, Bu. 4 cm. 14//89a) a) Unterbrechung durch das Fenster.

277 Die Regelmäßigkeit der 8 und 9, insbesondere aber die modernen Formen der 1 und 4 lassen deutliche Zweifel am vorgeblichen Alter der inschriftlich ausgeführten Jahreszahl aufkommen. Zumindest der heutige Zustand der Ziffern scheint einer neueren Restaurierung zu entspringen. Ob die Vorgängerinschrift dieselbe (oder eine ähnliche) Jahreszahl zeigte, lässt sich nur vermuten. Das Datum passt jedoch zur Entstehungszeit sowohl der Wandmalerei als auch der Kapelle selbst, die 1489 erstmals urkundlich fassbar ist1). 1) Dehio Tirol 234. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 620. – Ammann, Oberland 120. – Dehio Tirol 234. – Geisler-Moroder, Pfarrkirche 16.

288 Innsbruck, Glockenmuseum Grassmayr 1494

Glocke mit Gebetsanrufung und Gussvermerk (Inv.-Nr. 3.6), aus der Kolomankapelle in Lähn bei Bichelbach stammend, 1931 zum Umguss nach Innsbruck zur Firma Grassmayr verbracht1). Am Hals Umschrift zwischen zwei Stableisten. Über dem Schlagring befindet sich eine weitere Zier- leiste. Bu. 2,3 cm. – Gotische Minuskel mit Versal aus Kapitalis. Abb. 179 · rectora) · celib) · nos · exaudi · 1494 · gos · mich · V(lrich) · v(on) · rosen a) vor dem Wort eine Glocke als Zierzeichen. b) vor dem Wort ein Dreiblatt als Trennzeichen; ebenso alle folgenden Trennzeichen blattförmig.

Beherrscher des Himmels, erhöre uns!

Hymnus (?).

Hymnenvers (rhythmisch akzentuierende Trochäen).

Der Gießer der Glocke war Ulrich von Rosen aus München. Von ihm haben sich in Tirol meh- rere andere Glocken erhalten (Zell am Ziller 1491, Fügen 1495)2). Der den Beginn der Inschrift bildende (Hymnen-) Vers begegnet häufig, mitunter mit der Fortsetzung „ut dignare nos salvare“ auf spätmittelalterlichen Glocken. Zu seinen wohl ältesten Überlieferungen gehört eine mit altniederländisch(?)-lateinischen Glossen als Federproben versehene Oxforder Handschrift des 12. Jh. aus Rochester3). 1) Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 534; vgl. die Aufzeichnungen der Glockengießerei Grassmayr, Inv. Nr. 3.6. 2) Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 237 und Trapp, Kunstdenkmäler 54. Weissenbäck/Pfundner nennt auch die hier edierte Glocke als zur Sammlung Grassmayr gehörig, bemerkt dazu aber nur „von Rosen“, ohne die Is. aufzulösen; ebda, 534. Aufgrund der Is. erscheint die Zuschreibung an Ulrich von Rosen aber als sicher, zumal gerade im betreffenden Zeitraum (1494) auch die Glocken aus Zell am Ziller und Fügen nachweisbar sind, Ulrich von Rosen also in Tirol tätig gewesen ist. 3) S. http://en.wikipedia.org/wiki/Hebban_olla_vogala (August 2010). Aufzeichnungen der Glockengießerei Graßmayr, Inv. Nr. 3.6. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 237 und 534.

289 Innsbruck, Glockenmuseum Grassmayr 4. V. 15. Jh.

Glocke mit Evangelistennamen (Inv.-Nr. 2.23), aus Bschlabs (wohl der Kaplaneikirche Unsere Liebe Frau Maria-Schnee) stammend, 1936 zum Umguss nach Innsbruck zur Firma Grassmayr verbracht1). Am Hals zwischen zwei Stableisten umlaufende Inschrift. Über dem Schlagring be- findet sich eine weitere Zierleiste. Der Zustand der in großen Teilen abgeschliffenen Inschrift ist schlecht; auch der Guss scheint nicht von hoher Qualität. Die Inschrift ist mit schwankender Buchstabengröße wenig sorgfältig ausgeführt.

278 Bu. 2 cm. – Gotische Minuskel.

+ s(anctus) + lvcasa) + s(anctus) + marcvsb) + s(anctus)c) · nathcvsd) · s(anctus) · iohannese) ap(ostol)ef) a) Abstand zwischen a und s; ca sehr eng zusammen geschoben. b) rc eng zusammen geschoben, die anderen Buchstaben weit auseinander stehend. c) es folgt eine Glocke als Trennzeichen. d) sic! Wort schlecht erhal- ten; es folgt eine Glocke als Trennzeichen. e) io, ha und ne jeweils eng aneinander geschoben; e nach links geneigt. f) sic! e wohl fälschlich statt s; nicht als Vokativ zu verstehen; p-Schaft abgeschliffen.

Heiliger Lukas, Heiliger Markus, Heiliger Matthäus, Heiliger Apostel Johannes.

In Bschlabs hat sich in situ eine Glocke von 1649 aus der Gießerei Bartlmä (Bartholomäus) Köt- telaths erhalten (vgl. Kat.-Nr. 339). 1) Aufzeichnungen der Glockengießerei Graßmayr, Inv. Nr. 2.23. Aufzeichnungen der Glockengießerei Graßmayr, Inv. Nr. 2.23. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 533.

290 Vils, Kapelle Hl. Anna 1506?

Bauzahl, Farbe auf Putz, an der Triumphbogenostseite. Die schwarz auf hellem Putzgrund auf- gemalte Jahreszahl war offenbar im Lauf der Zeit mehrfach übertüncht worden, wurde aber vor 1980 unsachgemäß und nicht ganz vollständig wieder aufgedeckt und freigelegt. Unterhalb der wohl überarbeiteten Jahreszahl wurden zwei weitere Jahreszahlen aus späterer Zeit angebracht, die – ebenfalls schlecht zu erkennen (eine davon vielleicht 180[.]?) – wohl auf Restaurierungs- maßnahmen verweisen.

Bu. 8–9 cm.

150[6]a) a) von 6 (?) noch ein Teil des linken Bogenabschnitts zu sehen.

Die Jahreszahl weist auf die Entstehungszeit des spätgotischen Baus der Kapelle hin, der dement- sprechend um 1506 angesetzt wird; dabei wurde ein offenbar noch romanischer Vorgängerbau umgestaltet. Die Kosten dieses Umbaus trugen Andreas und Matthias von Hoheneck und die Stadt Vils1). Die Herren von Hoheneck waren eng mit Vils verbunden; Mitglieder ihrer Familie sind noch mit mehreren Grabdenkmälern in der Pfarrkirche greifbar (vgl. Kat.-Nrr. 304, 308 und 334). 1) Ammann, Oberland 396; Hartmann, Kreuz 77; Schretter, Hohenegg 70 und Tinkhauser/Rapp, Beschrei- bung 5, 530. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 530. – Weingartner, Vils 253. – Ammann, Oberland 396. – Dehio Tirol 839. – Hartmann, Kreuz 77. – Schretter, Hohenegg 70.

291 Holzgau, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1512

Glocke mit Marienhymnus und Angabe des Gussjahres, im Turm. Am Hals zweizeilige Umschrift zwischen einfachen Schnurleisten, darunter schließt eine nicht vollständig umlaufende dritte Zeile an. Am Mantel der Glocke mehrere Reliefs: Maria mit Kind in einem Strahlenkranz, dar- unter ein kleiner Wappenschild, gegenüberstehend die Hll. Nikolaus und Wolfgang mit Engeln. Am Wolm der Glocke drei Zierringe.

Bu. ca. 4 cm. – Frühhumanistische Kapitalis. Abb. 178

279 + MARIA MATER GRACIE MATER MISERICORDIE TV NOS AB HOSTE PROTEGE IN HORA MORTIS SVSCIPE / GLORIAa) TIBI DOMINE QVI NATVS ES DE VIRGINE CVM PATRE ET SANCTO SPIRITV IN SEMPITERNA SECVLA / ANNO DOMINI MCCCCCxIIb) + a) am Zeilenbeginn senkrechter Schaft als Trennzeichen. b) kursives x.

Maria, Mutter der Gnade, Mutter der Barmherzigkeit, beschütze uns vor dem Feind, nimm (uns) auf in der Stunde des Todes. Ehre sei Dir, Herr, der Du geboren wurdest von der Jungfrau, mit dem Vater und dem Heiligen Geist in Ewigkeit. Im Jahre des Herren 1512.

Marienhymnus.

Ambrosianische Strophe (iambischer Dimeter mit Endreim).

Wappen: unbekannt1). Die Glocke befindet sich bis heute in der Pfarrkirche von Holzgau. Sie wurde also nicht, wie Tinkhauser/Rapp angeben, bei Grassmayr in Wilten umgegossen; nach Tinkhauser/Rapp gab es in Holzgau neben dieser noch eine weitere Glocke aus dem 16. Jahrhundert2) (vgl. Kat.-Nr. 315†). Der in Holzgau epigraphisch ausgeführte ambrosianische Marienhymnus stellt eine im Spätmit- telalter allgemein beliebte Glockeninschrift dar. Die Frühhumanistische Kapitalis der Glocke fügt sich mit den durchwegs relativ schlanken Pro- portionen, einem nur moderaten Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen und mehreren charakteristischen Einzelformen in den überregionalen Rahmen des zu Erwartenden. A mit ge- brochenem Mittelbalken hat beiderseits weit überstehenden, bisweilen keilförmig ausgestalten Deckbalken, D hat unziale Grundform, E ist epsilonförmig, G hat einen eingerollten Bogen, I hat eine Ausbuchtung nach rechts in der Mittellinie, M ist konisch mit hoch angesetztem Mittel- teil ausgeführt, N und S sind konsequent retrograd ausgeführt. Überraschend ist der Einsatz eines als kursive Minuskelform zu deutenden x aus Schaft mit rechts oben angesetztem Bogen, der den Schaft etwa in der Mittellinie rechtsschräg überkreuzt. 1) Beil und Haue gekreuzt. 2) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 735. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 735. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 526. – Dehio Tirol 343.

292† , Hüttkapelle Hll. Ulrich und Afra 1515

Bauinschrift, außen an der Ostseite des Turmes, unterhalb des Gesimses zwischen Erdgeschoss und erstem Obergeschoss. Die zwischen 1985 und 1996 zerstörte, schwarz auf weißem Grund aufgemalte Inschrift wies bereits (schreibschriftliche) rundschriftliche Formen des späten 18. oder frühen 19. Jahrhunderts (um 1820?) auf, die vermutlich einen bereits damals verlorenen ursprüng- lichen Bestand reproduzierten. A(n)no 1.515. Die oben beschriebene Inschrift war bei einer ersten Aufnahme am 25. 9. 1985 noch sichtbar, bei einem erneuten Lokalaugenschein am 11. 7. 1996 bereits verloren. Sie scheint einem zwischen- zeitlich erfolgten Neuanstrich der Fassade zum Opfer gefallen zu sein. Bei einem dritten Besuch am 30. 9. 2009 war die in monumentalem Format an der Stelle der alten Inschrift neu aufgemal- te Jahreszahl 1515 zu sehen. Die in der Inschrift überlieferte Jahreszahl bezieht sich auf das Erbauungsjahr der Kapelle, die 1515 von Angehörigen der aus Augsburg stammenden Gewerkenfamilie Höchstetter erbaut wor- den ist. Das Patrozinium der Kapelle verweist deutlich auf das gleichnamige Benediktinerkloster

280 in deren Heimatstadt, als deren Patrone die beiden Heiligen auch gelten. Grund der Stiftung war der Dank für die reichen Erträge des Bergbaus in der Umgebung von Pflach1). Der Name „Hütt- kapelle“ rührt von den umliegenden Blei- und Eisenbergwerken und von der in unmittelbarer Nähe befindlichen Hüttenmühle bei den Schmelzwerken dieser Bergwerke her2). Die Kapelle wurde vor 1618 renoviert; zur Zeit der Koalitionskriege verwendete man die Kapel- le als Pulvermagazin für die umliegenden Bergwerke. Es folgte eine neuerliche Renovierung um 18203). 1) Deininger, „Hütten-Capelle“ 70. 2) Vgl. Knittel, Hüttenkapelle 168. Zur Verbreitung des Blei- und Zinkabbaus im Oberland vgl. zusammen- fassend etwa Egg/Pfaundler/Pizzinini, Von allerley Werkleuten 18. Zur Messinghütte bei Pflach vgl. Palme/Westermann, Messinghütte und Palme, Sozialgeschichte 52f. 3) Vgl. dazu ausführlicher Deininger, „Hütten-Capelle“ 70. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 272. – Deininger, „Hütten-Capelle“ 71. – Knittel, Hüttenkapelle 168. – Ammann, Oberland 279. – Dehio Tirol 604.

293 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1516

Wappengrabplatte des Ulrich von Tux, roter Marmor, in der Vorhalle an der Westwand. Die vertiefte, sechszeilige Inschrift im oberen Drittel des Steins ist schwarz nachgezogen. In der un- teren Hälfte des Steines ein vollrundes, im Scheitel durch die Helmzier nach oben ausgebuchtetes, seicht vertieftes Feld mit zwei zueinander gelehnten Eheallianzwappen unter einem linksgewen- deten Oberwappen.

H. 210 cm, B. 110 cm, Bu. 7 cm. – Kapitalis mit Elementen aus Frühhumanistischer Kapitalis. Abb. 182

AN͜NOa) · D(OMI)NI · 1 · 5 · 16 · AN · SANT · / IACOBS · DES · MERERN · ZWEL/FPOTENIAGb) · STARB · DER · / WOLGELERT · MAISTER · / VLRICHc) · VON · TVX · DE(M) / GOTT · GNADd) a) Anfangsbuchstabe vergrößert; als Trennzeichen Dreispitze. b) sic! für TAG. c) über dem rechten Schräg- schaft des V ein kleines hochgestelltes O. d) letzte Z. zentriert.

Datum: 1516 Juli 25.

Wappen: Tux?1), unbekannt2).

Über die Person des hier beerdigten Ulrich von Tux ist nichts Genaues bekannt. Lechner nahm an, ein WOLGELERT MAISTER könne schließlich nur einen Geistlichen meinen und wollte diesen als Pfarrer zwischen 1515 und 1518 festmachen3). Dieser Annahme hat jedoch bereits Weingartner widersprochen4); zudem schließen auch die äußeren Charakteristika des Wappenstei- nes die Bewertung als Priestergrabplatte aus. Der Zusatz „von Tux“ dürfte wohl als Herkunfts- bezeichnung zu verstehen sein und könnte die Herkunft des Meisters Ulrich aus dem Zillertal andeuten5). Sein Wappen ähnelt stark jenem der Familie Mamming6). Die mit nicht ganz sorgfältigem Layout ausgeführte Inschrift – die Zeilenabstände sind unregel- mäßig, die letzte (zentrierte) Zeile ist nicht korrekt auf die Mittelachse gesetzt, sondern nach rechts verrutscht – weist innerhalb eines rein kapitalen Kanons deutliche Anklänge an Frühhumanisti- sche Kapitalis auf. So begegnen etwa neben regulärem symmetrischen A auch Formen mit einem senkrecht gestellten Schrägschaft, B hat ins Majuskelschema eingepasste Minuskelform mit auf- geblähtem Bogen und minimal die Oberlinie durchstoßendem Schaft, das kapitale D ist links oben offen, E weist einen deutlich nach links eingerollten unteren Balken auf, M hat neben der regulären geraden Form einmal eine Abwandlung der konischen Gestalt mit zwei senkrecht ge- stellten Linksschrägschäften, O ist tendenziell spitzoval ausgeführt, P entspricht sinngemäß (ge- stürzt) dem beschriebenen B, die R-Cauda ist bisweilen stark geschwungen und einwärts gestellt, X zeigt geschwungenen Rechtsschrägschaft.

281 1) Oberhalber Steinbock; ein Stechhelm mit wachsendem Steinbock als Helmzier. 2) Gestürzte eingebogene Spitze, darauf ein sechsstrahliger Stern. 3) Lechner, Grabsteine 170; vgl. Wieland, Geschichte 74. 4) Weingartner, Vils 252. 5) So spekulierte zumindest Weingartner, Vils 252. Fischnaller nennt in seinem Wappenschlüssel einen Ulrich Dux, ansässig zu Schaan in Vaduz, dessen Grabstein von 1433 (sic!) in der Kirche zu Vils zu finden sei und eine Steinbockbüste zeige; aus Fischnallers Angaben geht jedoch nicht hervor, woher seine näheren Anga- ben zur Person des Ulrich Dux stammen; Fischnaller, Wappenschlüssel 3, 210. Bader zufolge war Ulrich von Tux laut dem Wappenbuch der Arlbergbruderschaft deren Mitglied; Bader, Bruderschaften 138. 6) Vgl. Siebmacher IV/1, 11 (Taf. 12). Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 528. – Lechner, Grabsteine 169f. – Wieland, Geschichte 74. – Hochenegg, Kirchen 241. – Weingartner, Vils 252. – Ammann, Oberland 395. – Dehio Tirol 839. – Bader, Bruderschaften 138. – Bader, „Gotshaus“ 91 und 93. – Seufert, Pfarrkirche 14.

294 , Pfk. Hll. Petrus und Paulus 1517

Wappengrabplatte der Margarethe Kleinhans, roter Marmor, außen an der Langhaussüdwand unmittelbar östlich des Seitenportals, westlich der Wappengrabplatte des Oswald und der Dorothea Kleinhans (Kat.-Nr. 312). In der oberen Hälfte des Steins eine achtzeilige Inschrift; darunter finden sich in einem nach oben durch die Helmzier ausgebuchteten und an den Schnittpunkten der Kreislinien verstäbten vollrunden, seicht vertieften Feld zwei Eheallianzwappen unter einem linksgewendeten Oberwappen. H. 153 cm, B. 85 cm, Bu. 6 cm. – Gotische Minuskel. Abb. 181 hie · leid · begraben · die · ernvest · fr/awa) · margaretha · klainhensin · wolf/gangb) · vogts · ro(emisch) · kaij(serlicher) · m(ajestä)t · secretarien / eliche · hawsfraw · die · gestorben · ist · / am · xiiij · tag · maij · anno · (et)c(etera) · m · / j · v · xvij · der · selen · der · allmechtig / gott · gnedig · vnd · barmherczig / sein · wolle a) hinter dem fr bleiben etwa zwei Zeichen frei. b) zweites g verkleinert über der Oberlinie nachgetragen. Datum: 1517 Mai 14. Wappen: Vogt von Wierant1), Kleinhans2). Die Wappengrabplatte wurde nach der Inschrift für eine Margarethe Kleinhans, die Gemahlin des kaiserlichen Sekretärs Wolfgang Vogt von Wierant, errichtet. Von der Familie Kleinhans hat sich in Breitenwang auch noch ein weiteres Grabdenkmal erhalten (vgl. Kat.-Nr. 312). Bemerkenswert ist die Datierung der Grabplatte, die immer wieder zu falschen Lesungen geführt hat3). Nach der hier gegebenen Auflösung starb Margarethe Kleinhans am 14. Mai 1517. Dabei sind die lateinischen Zahlen der Jahresangabe einzeln aufzulösen und im Sinne arabischer Ziffern zu lesen, wobei den Trennzeichen zwischen den römischen Zahlen besondere Bedeutung zu- kommt. Der Einsatz von römischen Zahlzeichen anstelle der entsprechenden arabischen Ziffern in dieser Form war besonders am Anfang des 16. Jahrhunderts beliebt (vgl. Kat.-Nr. 298). Die exakt ausgeführte und recht engläufige Inschrift verzichtet völlig auf den Einsatz von Versa- lien, was einen sehr konservativen Eindruck vermittelt. 1) Si NÖ2, 468 und Taf. 224, der Schild jedoch nicht erkennbar geteilt. 2) Si Bg6, 49 und Taf. 51. 3) So datierte Lechner auf den 14. Mai 1593, Ammann auf den 15. April 1514; Lechner, Grabdenkmäler 95 und Ammann, Oberland 112. Dehio folgt Ammann in der Jahresangabe 1514; Dehio Tirol 208. Lechner, Grabdenkmäler 94f. – Ammann, Oberland 112. – Dehio Tirol 208. – Bauer, Persönlichkeiten 141. – Palme-Comploy, Dorf 219.

282 295† , Expositurkirche Hl. Johannes d. Täufer 1517

Flügelaltar mit Jahreszahl, spätestens 1945 zerstört. Nähere Angaben zur Gestaltung des Altars und zur Position der Jahreszahl fehlen. Standortangabe, Beschreibung und Text nach Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 591. 1517 Nach Tinkhauser/Rapp war der gotische Flügelaltar zumindest noch unter dem Expositus Johann Dialer (gest. 1833) in der Kirche vorhanden gewesen. Das Kirchengebäude brannte im letzten Kriegsjahr 1945 ab und wurde 1947 neu erbaut. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 591. – Dehio Tirol 864.

296† Breitenwang, Pfk. Hll. Petrus und Paulus 1519

Priestergrabplatte des Pfarrers Johannes Wörz, roter Marmor, noch 1898 im Boden rechts des linken Seitenaltars, Zeitpunkt des Verlusts unbekannt. Der Stein wies am unteren Ende eine vollrunde Vertiefung mit einem erhaben gearbeiteten Wappenschild auf, der einen Kelch zeigte. H. 167 cm, B. 90 cm. – Gotische Minuskel. Standortangabe, Beschreibung und Text nach Lechner, Grabdenkmäler 93f. als man zalt nach cristi / [geb]urta) 1 · 5 · 1 · 9 · auff den / [dr]idtena) tag des monats / [ian]uariia) starb der wirdig / [her]a) hans . wörtz . pfarer zw / [br]aitenwanga) · der · sel . gott / gnedig sey. a) den Beginn des Wortes musste Lechner selbst nach Tinkhauser edieren, da er von einer Altarstufe überdeckt wurde. Johannes Wörz kann als Breitenwanger Pfarrer zwischen 1504 und 1519 nachgewiesen wer- den1). Der Stein sei nach Lechner in „Material, Arbeit und Schrift“ mit dem Fragment eines Grabdenk- mals am Haus Nr. 111 in Breitenwang (Kat.-Nr. 297†) eng verwandt gewesen. 1) Lipp, Weg 179f.; vgl. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 231. 1517 wird er in den Kapitelstatuten von Füssen erwähnt, 1518 stiftet er der Pfk. Güter bei Hergenburg für einen Jahrtag; ebda. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 231. – Lechner, Grabdenkmäler 93f. – Lipp, Weg 179f.

297† Breitenwang Nr. 111 um 1519?

Fragment einer Grabplatte, noch 1898 (außen?) neben der Tür eingemauert, ursprünglicher Stand- ort und Zeitpunkt des Verlusts unbekannt. Aufgrund des von Lechner wiedergegebenen Bestan- des muss das Bruchstück (bei Annahme einer zeilenweisen Beschriftung) die beschädigte, linke Seite einer Grabplatte gewesen sein, da der rechte Teil des Texts der Zeilen jeweils zu fehlen scheint. H. 42 cm, B. 46 cm. – Gotische Minuskel. Standortangabe, Beschreibung und Text nach Lechner, Grabdenkmäler 94. hie litt · begra[ben – – – ]/ musauerinn · [– – – ]/ gewesen · an · hi[– – – / – – –]er gen . bransa) a) sic!

283 In einer Urkunde des Gemeindearchivs Reutte vom 29. Juni 1471 wird eine Anna Musawer, Witwe des Klaus Musawer, genannt; sie stammte aus „Oberrüti (Ober-Reutte) auf der Kegg“1). Freilich ist es aufgrund des bereits zur Zeit der kopialen Überlieferung reduzierten Bestandes der Inschrift heute nicht mehr möglich, eine sichere Verbindung zwischen der Anna Musawer der Urkunde und jener Musauerin herzustellen, für die diese Grabplatte angefertigt wurde. Der Name selbst kommt im Bezirk Reutte häufiger vor; so wird etwa auf einer Zunftscheibe aus der Zeit um 1600 ein crista musawer genannt (vgl. Kat.-Nr. 316). Die oben angesetzte mutmaßliche Datie- rung ergibt sich aus Lechners Angabe, der Stein sei mit jenem des Breitenwanger Pfarrers Johan- nes Wörz (Kat.-Nr. 296†) in „Material, Arbeit und Schrift“ eng verwandt gewesen. 1) Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/2. „Oberreute auf der Kög“ bezeichnet laut Dengel den ältesten Siedlungsteil von Reutte; Dengel, Beiträge 21. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 231. – Lechner, Grabdenkmäler 94.

298 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1523

Priestergrabplatte des Vilser Pfarrers Michael Rem, roter Marmor, außen an der Chorsüdwand eingemauert, links neben einer weiteren Priestergrabplatte (Kat.-Nr. 299). Bei einer Gruftöffnung 20021) am westlichen Ende der barocken Gruftanlage, gegenüberliegend der vorgenannten Prie- stergrabplatte, aufgefunden; ihr ursprünglicher Standpunkt vor dem barocken Umbau ist unbe- kannt. Im oberen Drittel weist die Platte eine fünfzeilige Inschrift auf. Darunter ist in einem seicht vertieften Medaillon ein erhaben gearbeiteter Kelch mit flachem runden Fuß, einem aus vier Buckeln bestehenden Nodus am Schaft und hoher Kuppa zu sehen.

H. 141 cm, B. 64 cm, Bu. ca. 7 cm. – Gotische Minuskel mit Versal.

Alsa) · man · zalt · j · u · / xxiij · iar · starb · herb) / michel · rem · pfarrerc) / zv · vills · dem · gott · / gnattd) a) Trennzeichen quadrangelförmig. b) r teilweise unter Putz. c) letztes r teilweise unter Putz. d) Rest der Z. leer.

Die Gruft der Vilser Pfarrkirche wurde 1927, 1993/94 und zuletzt 2002 geöffnet2). Der hier ge- nannte Michael Rem ist bereits für 1518 als Pfarrer greifbar3). Er könnte mit jenem „Michael Räm ex Memmingen“ identisch sein, der sich zum Jahr 1503 an der Universität Ingolstadt grei- fen lässt4). Bemerkenswert am Formular der Grabplatte ist – ähnlich wie in Kat.-Nr. 294 – die Zählung mit römischen Zahlzeichen nach arabischer Logik zur Wiedergabe der Jahreszahl. 1) Die archäologische Grabung leitete der Haller Stadtarchäologe Alexander Zanesco, in dessen Archiv sich neben dem Grabungsbericht auch Bilder der Grabplatte finden; Bildarchiv Zanesco, Vils Pfarrkirche, Raum 2, Gruft, Dia 43f. 2) Vgl. dazu Zanesco, Vils 153–155. 3) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 505; Wieland, Geschichte 69. 4) Pölnitz/Wolff, Matrikel 299. Vgl. auch Bader, „Verkünde das Wort Gottes“ 142. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 505. – Wieland, Geschichte 69. – Bader, „Gotshaus“ 91. – Bader, Gruft 100. – Bader, „Verkünde das Wort Gottes“ 142. – Seufert, Pfarrkirche 14.

299 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1523

Priestergrabplatte des Ulrich Marter, roter Marmor, außen an der Chorsüdwand eingemauert, rechts neben einer weiteren Priestergrabplatte (Kat.-Nr. 298). Bei einer Gruftöffnung 20021) in der Gruft am östlichen Ende der barocken Gruftanlage, gegenüberliegend von Kat.-Nr. 298 auf- gefunden. Der hochrechteckige Stein weist eine einzeilige Inschrift nahe dem oberen Rand (I) und eine Jahreszahl im unteren Drittel auf (II). In der Mitte ein graphisch-linear eingehauener

284 Kelch mit einfacher Kuppa, rundem Fuß und einem aus vier Buckeln bestehenden Nodus am Schaft. Platte an der rechten oberen Ecke beschädigt. H. 142 cm, B. 74 cm, Bu. ca. 12 cm. – Gotische Minuskel mit Versal. I. Volricha) ma͜rtr II. 1523b) a) zwischen r und i kleiner Abstand. b) der weit nach unten ausholende untere Bogen der 3 teilweise unter Putz. Die Grabplatte mit dem Kelch muss sich auf einen Priester beziehen; ein ähnliches Grabdenkmal fand sich in der Gruft auf der gegenüberliegenden Seite (vgl. Kat.-Nr. 298). Die Gruft wurde 1927 anlässlich der 600-Jahr-Feier der Stadt Vils und erneut im Jahr 1993/94 geöffnet; 2002 fand eine archäologische Untersuchung statt2). Bei dieser Untersuchung fand man mehrere Priestergrä- ber aus der Barockzeit. Anlässlich des barocken Umbaus verwendete man diese und die gegen- überliegende Grabplatte von 1523 als Gruftabschluss. Die gegenständliche Grabplatte ist durch den Kelch als Grabmonument eines Priesters ausgewiesen. Auffällig an der Inschrift ist deren knappes Formular, das offen lässt, ob 1523 das Jahr der Anfertigung des Steins zu Lebzeiten Mar- ters oder dessen Todesjahr bezeichnet. 1) Die archäologische Grabung leitete der Haller Stadtarchäologe Alexander Zanesco, in dessen Archiv sich neben dem Grabungsbericht auch Bilder der Grabplatte finden; Bildarchiv Zanesco, Vils Pfarrkirche, Raum 2, Gruft, Dia 41f. 2) Vgl. dazu Zanesco, Vils 153–155. Bader, „Gotshaus“ 91. – Bader, Gruft 100. – Seufert, Pfarrkirche 14.

300 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1524

Glocke („Susanna“) mit Gebetsanrufung, apotropäischer Inschrift und Angabe des Gussjahres, im Turm. Am Hals zweizeilige Umschrift zwischen Stableisten (I), darunter am Mantel ist auf zwei Seiten gegenüberliegend je eine Jahreszahl (II, III) über zwei Wappenschilden zu erkennen. Bu. ca. 4 cm (I) und 3,5 cm (II und III). – Frühhumanistische Kapitalis. Abb. 180 I. + SANCTAa) TRINITAS VNVS DEVS MISERERE NOBIS PECCATORIBVS AM(EN) / + HOCa) NOCVA CEDANT HOSTIS ET AVRA SONO IHESVS NAZARENVS REX II. 1524 III. 1524 a) vor dem Wort griechisches Kreuz mit Kleeblattenden. Heilige Dreifaltigkeit, einiger Gott, erbarme dich über uns Sünder, amen. Vor diesem Klang mögen Feind und schädliche Lüfte weichen! Jesus von Nazareth, König (I). Pentameter (I). Wappen: unbekannt1), unbekannt2). Die Glocke stammt angesichts der charakteristischen Texte einschließlich des isolierten Pentame- ters der apotropäischen Inschrift (HOC NOCVA usw.) sowie der Formen der Frühhumanistischen Kapitalis zweifelsfrei aus der Biberacher Werkstatt des Hans Follmer, die dieser ab etwa 1519 nach dem Ausscheiden seines früheren Partners Martin Kisling allein weiterführte3). Die Glocke zeigt

285 entgegen älteren Annahmen4) nicht das Wappen der Herren von Hoheneck zu Vilseck, deren Grablege die Vilser Pfarrkirche zeitweise war (vgl. Kat.-Nrr. 304, 308 und 334). Die Hohenecker scheiden damit auch als Stifter der Glocke aus. Da der Verbreitungsradius der Glocken aus der Biberacher Werkstatt den schwäbischen Raum anscheinend nicht wesentlich überstieg, stellt sich die Frage, ob die Glocke ursprünglich überhaupt für die Vilser Pfarrkirche bestimmt war. Dass sie heute noch existiert, verdankt sie der Tatsache, dass sie in beiden Weltkriegen bereits als schützenswert eingestuft und so nicht für die Kriegsrüstung eingeschmolzen wurde. Dies Schick- sal blieb jedoch mehreren anderen Glocken der Pfarrkirche nicht erspart. Darunter war auch die älteste erhaltene Glocke, die Vesperglocke, auf der in „gotischer Schrift“ die Namen der vier Evangelisten zu lesen gewesen sein sollen. Sie wurde am 5. August 1916 abgenommen und zu Kriegszwecken eingeschmolzen5). Die Schrift der Follmer-Werkstatt bleibt weitgehend im Rahmen des bei Frühhumanistischer Kapitalis jener Zeit zu erwartenden Formenbestands: So findet sich auch hier bei insgesamt mo- derat schmalen Proportionen A mit beidseitig überstehendem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken, epsilonförmiges E, schlankes konisches M mit hoch angesetztem Mittelteil, N mit Ausbuchtung am Schrägschaft und spitzovales O. Etwas ungewöhnlicher erscheinen das ins Ma- juskelschema gehobene Minuskel-b mit mächtigem Bogen und nur minimal die Oberlinie durch- stoßendem Schaft sowie I mit zwei Halbnodi in der Mittellinie und mächtigen Deckbalken. 1) Geviert: 1 und 4: einwärts gewendeter oberhalber Steinbock (?); 2 und 3: eine Rose (?). 2) Wappenbild infolge starker Verschmutzung nicht mehr erkennbar. 3) S. Thurm, Bayerisch-Schwaben 34f. Zu den Schriftformen der Biberacher Glocken vgl. am besten ebda, Abb. 77 (Glocke von 1522 in der evang. Pfk. Woringen; Nr. 1141) und 78 (Glocke von 1524 in der Pfk. St. Martin in Illertissen; Nr. 591). Die von Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 560 vorgeschlagene Zuschreibung der Glocke an die Innsbrucker Gießerei der Löffler ist damit wohl abzulehnen. 4) Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 560. 5) Wieland, Geschichte 75; vgl. Schretter, Geschichte 121. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 529. – Wieland, Geschichte 74. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 560. – Ammann, Oberland 395. – Dehio Tirol 839. – Bader, „Gotshaus“ 91. – Schretter, Geschichte 120–123 und 126. – Seufert, Pfarrkirche 14.

301 Vils, Stadtmuseum 1. V. 16. Jh.

Vier Fragmente einer Grabplatte, Kalksandstein, im Depot. Der Stein wurde anlässlich der Gra- bungen bei der Gruftöffnung in der Pfarrkirche Vils 2002 im Schutt gefunden. Erhalten hat sich ein annähernd quadratisches Fragment 1 mit drei Inschriftenzeilen von der rechten oberen Ecke sowie drei durch Trennschnitt in der Längsachse entstandene, zueinandergehörige schmale, hoch- rechteckige Fragmente 2, 3 und 4 mit sechs Inschriftenzeilen samt dem Textende vom rechten Rand. 3 und 4 sind dabei durch einen waagerechten Bruch getrennt. Die Grabplatte wies demnach eine mindestens neunzeilige Inschrift auf. Unmittelbar links der letzten beiden Zeilen lässt sich noch gut die rechte obere Ecke eines bis zum unteren Ende der Bruchstücke reichenden und nahe dem unteren Rand nach rechts stufig ausgeweiteten, seicht vertieften Feldes erkennen, in dessen beiden sichtbaren Ecken je ein Loch, offenbar einstmals eine Metallapplikation aufnehmend, eingebohrt ist. Da die Inschrift erkennbar auf das Feld Rücksicht nimmt, sind Vertiefung und Löcher sowie die verlorene mutmaßliche Metallplatte dem Originalbestand des Objekts zuzurech- nen. Ob sich unterhalb der Metallplatte weitere Inschriftzeilen befunden haben, ist unklar. H. 34 cm (Fragment 1), 69 cm (Fragment 2), 35 cm (Fragment 3), 25 cm (Fragment 4), B. 35 cm (Fragment 1), 17 cm (Fragment 2), 15 cm (Fragment 3 und 4), Bu. 5 cm. – Gotische Minuskel mit Versal. Abb. 183 und 184 – – –] m · ccccc · / [– – – au]ffa) d͜ornstag / [– – –] starbb) diec) // [– – –] tvge[nd/haftd) – – –]vndise) // von f) / [– – – ge]boreng) a//inh) / [– – –] im ho//henh) / [– – – der] // goti) // g en /[ed i g f) sei] // Amenj) · a) erg. nach dem Sinnzusammenhang; zum Formular der Tagesangabe vgl. Kat.-Nr. 304. b) vor starb Freiraum von etwa einem Spatium und drei Zeichen (Raum für späteren Nachtrag?); Z. am unteren Rand des Fragments, die Unterlinie des Mittelbands daher weggebrochen. c) folgt Text von Fragment 2; Anzahl etwaiger verlore-

286 ner Zeilen unklar. d) Z. am oberen Rand des Fragments, die Oberlinie des Mittelbands daher weggebrochen; vor tvge Freiraum von einem Spatium und etwa zwei Zeichen; erg. nach dem Sinnzusammenhang; vielleicht auch tvge[ndsam] oder tvge[ndreich]; zwar ist nach dem e der Raum bis zum rechten Rand des Fragments leer geblieben, doch ist die freie Stelle – also der Abstand zum folgenden konjizierten n – nicht größer als der Abstand zwischen diesen beiden Buchstaben in hohen drei Zeilen darunter; erg. weiters wohl fraw o. ä. e) erg. den Beginn des Vornamens, etwa Kuneg]vndis oder Hildeg]vndis o. ä.; senkrechter Teil des gebrochenen linken Schrägschafts des v weggebrochen; folgt Text von Fragment 3. f) mit dem Zeilenwechsel folgt wieder Über- gang auf Fragment 2. g) erg. nach dem Sinnzusammenhang. h) im Wort Übergang auf Fragment 3; mit dem Zeilenwechsel folgt wieder Übergang auf Fragment 2. i) unmittelbar vor got Unterbrechung der Zeile durch das vertiefte Feld; folgt Übergang auf Fragment 3. j) unmittelbar vor Amen Unterbrechung der Zeile durch das vertiefte Feld; folgen zwei übereinander gestellte Quadrangel als Füllzeichen.

Die erhaltene Inschrift vom rechten Rand der Grabplatte scheint im Wesentlichen einen bruchlos durchlaufenden Text wiederzugeben, da mit der Datierung die erste, mit dem Wort Amen die letzte Zeile der Inschrift erhalten sind, und die lesbaren bzw. zu ergänzenden Textpassagen ein konsistentes Formular ergeben. Ob und wie sich die Inschrift ursprünglich weiter unten fortsetz- te, muss aufgrund des fragmentarischen Zustands ebenso wie jede Vermutung über den Inhalt des Reliefs in der Mitte der Grabplatte (Wappen?) offen bleiben. Ganz offensichtlich handelt es sich bei der verstorbenen Person um eine adelige Frau, wie der Artikel die in der dritten und das von in der fünften Zeile belegen. Zwar läge die Annahme nahe, es handle sich um ein Mitglied der Familie Hoheneck, die in der Vilser Pfarrkirche ihre Grable- ge hatte, doch ist die Wendung im hohen nicht auf Hoheneck zu erweitern, zumal das von, dem die Nennung des Namens folgen muss, bereits in der fünften Zeile erfolgt. Zudem begegnet die Formulierung „im Hoheneck“ auf keiner der erhalten Grabplatten der Hoheneck in Vils, in denen stets das Prädikat „von Hoheneck zu Vilseck“ begegnet (vgl. Kat.-Nrr. 304 und 308). Denkbar wäre für die siebte Zeile vielleicht eine Einleitung zur Altersangabe der Verstorbenen, etwa in der Form „im hohen Alter von“. Muss die Identität der Begrabenen somit weiter offen bleiben, so ist doch die Ungewöhnlichkeit des gesamten Formulars der Grabplatte und ihres Aufbaus bemerkenswert. So deuten die Boh- rungen auf der Grabplatte im Bereich des vertieften Feldes zwar die ursprüngliche Existenz eines Metallreliefs in der Mitte der Platte an, doch würde es sich damit um das einzig nachweisbare Grabdenkmal dieser Form im ganzen Tiroler Oberland handeln. Überraschend im Befund sind die scheinbar freigelassenen Stellen der Grabplatte in der dritten und vierten Zeile, die an diesen Stellen nur bedingt Sinn ergeben, zumal die Tagesdatierung des Sterbetags, deren Freilassung man am ehesten erwarten würde, offensichtlich bereits (nämlich in der zweiten Zeile) eingetragen wurde. Möglicherweise handelt es sich hier aber auch nur um Schwierigkeiten des ausführenden Steinmetzen mit einer harmonischen Spationierung.

302† Holzgau, Villa Grassmayr 1. V. 16. Jh.

Glocke mit Gebetsanrufung (?), offenbar noch 1961 in der Villa Grassmayr; ursprünglicher Stand- ort und Verbleib unbekannt. Die Umschrift befand sich wohl am Hals zwischen zwei Schnurlei- sten.

Gotische Minuskel.

Standortangabe, Beschreibung und Text nach Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 526 und einer Abpausung der Inschrift im BDA Tirol.

+ got hailiger gais[t – – –] annaa) · a) in eckigen Klammern hier der nicht überlieferte Teil der Is.

Die Glocke war zum Bearbeitungszeitpunkt weder in Holzgau noch in der Glockengießerei bzw. dem Glockenmuseum Grassmayr in Innsbruck, wo sich zahlreiche Glocken aus dem Tiroler Oberland erhalten haben (vgl. Kat.-Nrr. 288f. und 306), aufzufinden. Die Edition des Textes bei Weissenbäck/Pfundner lässt einen guten Teil der Inschrift aus, wie ein Foto der im Zweiten Weltkrieg abgenommenen Glocke im Bildarchiv des BDA Tirol zeigt; leider ist die Aufnahme zu

287 unscharf, um die Inschrift darauf lesen zu können. So bleibt nur die unterstützende Lesung der damals von Mitarbeitern des BDA abgepausten Textstellen. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 526.

303 Reutte, Kapelle Hl. Rochus 1526

Bauzahl, roter Marmor, außen am Portal. Schlichtes Steingewände mit Hohlkehle an der Innen- kante, am Sturz mittig die Jahreszahl. Bu. 9 cm. 1526 Da das Gebäude erst 1619 als Pestkapelle mit typischem Patrozinium (Rochus [und Sebastian]) acht Jahre nach einer lokalen Pestepidemie errichtet wurde, müssen die Werksteine des Portals ursprünglich zu einem älteren Bauwerk – vielleicht einer Vorgängerkapelle am selben Ort – gehört und 1619 als Spolie Verwendung gefunden haben. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 263. – Ammann, Oberland 112f. – Dehio Tirol 644. – Lipp, Kirchenge- schichte 261.

304 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1544

Wappengrabplatte des Hans von Hoheneck, roter Marmor, im westlichen Vorraum der Kirche, links neben dem Grabdenkmal des Ulrich von Tux (vgl. Kat.-Nr. 293) an der Westwand. Der Stein zeigt in einem hochrechteckigen, oben mit einem Kielbogen abgeschlossenen vertieften Feld ein tief aus der Platte herausgearbeitetes Relief mit fünf Wappenschilden (ein zentraler Schild von vier anderen bewinkelt; bis auf den linksgewendeten mittleren alle zur Mitte hin gelehnt), die von der Helmdecke des über den beiden oberen Schilden positionierten, jedoch zum zentralen Schild gehörigen linksgewendeten Oberwappens hinterfangen werden. Über dem Wappenfeld befindet sich am oberen Rand der Platte eine vierzeilige Inschrift; die letzten beiden Zeilen wer- den von dem Kielbogen in der Mitte unterbrochen. Die Inschrift läuft in drei Umschriftzeilen an den beiden Längsseiten und der unteren Schmalseite weiter. H. 210 cm, B. 111 cm, Bu. 5,5 cm. – Gotische Minuskel. Abb. 186 A(nno) · D(omini) · 1 · 5 · 44 · (a)vf · S(anct) · iohannes dag des eveielistea) / zwischen · 11 · vnd · 12 · vr imdagb) starb der Edel vnd / vest Hans von hohenegk // zuc) vilsegk des stiffts aug=/spurg erbkamerer · vnd // die Edlen tugendhafftend) / zwu frauwen fruw margreda geboren von weichs · vnd fraw / iohanne ein vegttin geboren von sumerau / baid sein elichen gemahel gewessen · gott der sei ine alle genedig · a) sic! b) sic! i-Punkt über dem ersten Schaft; wohl fälschlich für midag. c) o als diakritisches Zeichen über dem u hochgestellt. d) folgt Umschriftzeile an der rechten Längsseite. Datum: 1544 Dezember 271). Wappen: Schrott (?)2), Stadion3), Hoheneck4), Vogt von Sumerau5), Weichs6). Bei dem hier Bestatteten handelt es sich um Hans III. von Hoheneck, den Sohn Rudolfs III. von Hoheneck und der Beatrix von Schrott. Nach den Angaben Mayrhofens war Hans Erbkämmerer von Augsburg und Pfleger zu Rettenberg7), was mit den Angaben der Inschrift übereinstimmt. Als Pfleger zu Rettenberg lässt sich Hans zwischen 1534 und 1540 fassen8). Die schwierig zu lesende Inschrift an der Unterseite des Steines hat immer wieder zu Fehllesungen geführt, wo- durch vor allem die Namen der beiden Frauen Hans’ III. falsch wiedergegeben wurden. So nennt

288 Mayrhofen Johanna von Praschberg und Margarethe von Winden als seine Ehefrauen9); noch laut Schretter handle es sich um Margarethe von Weichs und Johanna von Pragsberg10). Tatsächlich nennt die Inschrift Margarethe von Weichs und Johanna Vogt von Sumerau. Bei dieser Johanna dürfte es sich um die erste Frau Hans von Hohenecks gehandelt haben, da sich von Margarethe eine weitere Grabplatte von 1566 – also nach dem Tod ihres Mannes Hans – erhalten hat (vgl. Kat.-Nr. 308). Johanna von Sumerau scheint der Inschrift zufolge zunächst mit einem Mitglied der Familie Vogt verheiratet gewesen zu sein, bevor sie Hans von Hoheneck ehelichte. Lechner vermutete, dass die das Relief umlaufende Inschrift erst später ergänzt wurde, da sie sich auf die beiden Frauen von Hans von Hoheneck bezieht und diese erst deutlich nach ihm starben11). In diesem Falle hätte man sich aber ungewöhnlich stark bemüht, die alte Schrift beizubehalten, denn die modernen Fraktur-Elemente (vor allem die Versalien betreffend) nehmen in der umlau- fenden Inschrift im Vergleich zu den oberen vier Zeilen eher ab als zu. Auch scheint der genaue Abschluss der Inschrift ohne größere Zwischenräume eher auf eine einheitliche Planung bei der Verteilung der Schrift auf der Grabplatte schließen zu lassen. Zwar kennen wir die Grabplatte der Margarethe von Weichs aus dem Jahr 1566, da auch sie sich in Vils erhalten hat (vgl. Kat.-Nr. 308). Aber es scheint dieses späte Todesdatum einer nachträglichen Anbringung eines Teils der Inschrift auf der hier besprochenen Grabplatte eher zu widersprechen: Schließlich wird Margare- the, obwohl sie offenbar die zweite Frau Hans von Hohenecks gewesen ist, in der Inschrift zuerst genannt. Hätte man für sie einen Platz freigehalten, so wäre dies wohl eher gegen Ende der In- schrift zu erwarten gewesen. Eine ähnliche Verwirrung wie bei den Ehefrauen ergab sich in der Literatur auch um die Zu- schreibung der Wappen. Unzweifelhaft handelt es sich bei dem Wappenschild mit dem Stier um das Wappen der Hoheneck. Das Wappen der Margarethe von Weichs kann man jedoch weder mit dem gevierten noch mit dem zwei Hirschhörner zeigenden Wappenschild identifizieren12); das Wappen mit der eingebogenen Spitze hingegen lässt sich sicher ihr zuschreiben, da es sich auch auf ihrer eigenen Wappengrabplatte findet (vgl. Kat.-Nr. 308). Sowohl der gevierte Wap- penschild als auch das Wappen der Stadion findet sich auch auf der Wappengrabplatte der Mar- garethe von Weichs; das gevierte Wappen konnte man aber bereits im 18. Jahrhundert nicht mehr eindeutig zuweisen13). Eventuell ließe sich an eine Zuordnung an die Mutter des Hans von Ho- heneck, Beatrix von Schrott, denken, das man in der Ahnenprobe erwarten könnte. Da sich das Wappen mit den zwei Hirschhörnern nur auf dieser Grabplatte, nicht aber auf jener der Marga- rethe von Weichs wiederfindet, scheint eine Zuordnung an die erste Frau Hans von Hohenecks, Johanna von Sumerau, nahe liegend. Die Familie von Hoheneck besaß Vils von 1200 bis zu ihrem Aussterben in der Tiroler Linie im 17. Jahrhundert zu Lehen und spielte damit in der Stadt eine wesentliche Rolle14). Diese zentrale Position der Familie spiegelt sich auch in ihren epigraphischen Denkmälern in Vils wieder, dien- te doch die Pfarrkirche in Vils, in der sich auch diese Wappengrabplatte befindet, den Herren von Hoheneck als Grablege (vgl. Kat.-Nrr. 308 und 334). 1) Legt man hingegen eine (im frühen 16. Jahrhundert noch durchaus übliche) Weihnachtsdatierung zugrun- de, so könnte es sich um den 27. Dezember 1543 handeln. 2) Geviert. 3) Si 1, 111; Bay 23a und Taf. 16 (Stammwappen) bzw. Wü 4 und Taf. 4 (Stammwappen). 4) Si BayA1, 75 und Taf. 75, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 333f. 5) Si1, 116, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 792. 6) Si Bay 62 und Taf. 67 (die Spitze auf dem Stein jedoch eingebogen dargestellt). 7) Mayrhofen, Genealogien 4, 278. Vgl. Schretter, der allerdings den Vater als Rudolf II. (nicht III.) bezeich- net; Schretter, Hohenegg 71. 8) Seufert, Pfarrkirche 13. 9) Mayrhofen, Genealogien 4, 278. 10) Schretter, Hohenegg 71. Vermutlich folgt Schretter hier im ersten Namen der Inschrift der Grabplatte, beim zweiten der Überlieferung von Mayrhofen. 11) Lechner, Grabsteine 169. Für die Annahme, auch Johanna sei erst nach Hans gestorben, gibt es freilich keinen Beleg, zumal Hans ja schwerlich zugleich mit beiden Frauen verheiratet gewesen sein kann und Margarethe die jüngere der beiden Frauen gewesen sein muss. 12) Vgl. etwa Wieland, Geschichte 73. 13) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176 (in der Kopie der Handschrift im Ferdinandeum sind die Seiten- zahlen vertauscht, so dass 176 auf 177 folgt). Vgl. Kat.-Nr. 308. 14) Stolz, Außerfern 133.

289 Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 175. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 175. – Mayrhofen, Genealo- gien 4, 278. – Lechner, Grabsteine 168f. – Wieland, Geschichte 73. – Stolz, Außerfern 133. – Weingartner, Vils 252. – Ammann, Oberland 395. – Dehio Tirol 839. – Bader, „Gotshaus“ 91 und 93. – Schretter, Hohen- egg 71. – Seufert, Pfarrkirche 14.

305† Vils, Stadttor (?) 1554

Bauzahl an einem Stadttor von Vils (?), genaue Position und Ausführungstechnik sowie Zeitpunkt des Verlusts unbekannt. Nach der Beschreibung in den Monumenta von Johann Georg Adam und Johann Georg Brix von Hoheneck sei „ob dem Statt-thor zu Villsneckh“ neben zwei Wappen eine Jahreszahl zu lesen gewesen1). Standortangabe, Beschreibung und Text nach Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. 1554 Wappen: Hoheneck2), unbekannt3). Ob es sich bei dem Inschriftenträger tatsächlich um ein Stadttor von Vils handelte, wie die Be- schreibung „statt-thor“ nahe legt, bleibt insofern fraglich, als diese Quelle das Tor auch „zw Villsneckh“ gelegen nennt. Vilseck wäre nun aber die nahe gelegene Burg der Herren von Ho- heneck4). Am wahrscheinlichsten scheint zwar die Identifizierung mit einem Stadttor von Vils, das sich in Richtung der nördlich der Stadt gelegenen Burg öffnete. Umgekehrt könnte aber auch ein Tor der Burg gemeint sein, das sich zur Stadt hin orientierte. 1) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. 2) Si BayA1, 75 und Taf. 75, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 333f. 3) Das Wappen neben jenem der Hoheneck war schon im 18. Jahrhundert offenbar nicht mehr zu erkennen; Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. 4) Vgl. dazu Bitschnau/Palme, Vilseck. Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 177.

306 Innsbruck, Glockenmuseum Grassmayr 1557

Glocke mit Gebetsanrufung und Gussvermerk in Form einer Glockenrede (Inv. Nr. 2.9). Das Objekt wurde nach den Aufzeichnungen der Firma Grassmayr 1928 aus der Konkursmasse des Glockengießers Adler in Reutte erstanden. Das Instrument stammt ursprünglich aus der Pfarr- kirche zum Hl. Jakobus d. Ä. in Berwang, aus der sie frühestens Ende des 19. Jahrhunderts entfernt wurde, denn nach Tinkhauser/Rapp befand sich diese Glocke zu ihrer Zeit noch an Ort und Stelle1). Am Hals Umschrift zwischen zwei Schnurleisten (I). Unterhalb ihres Beginns ist am Mantel eine Kreuzigungsgruppe zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite sind ein Relief der Madonna mit Christuskind als Halbfigur und unmittelbar darunter eine querrechteckige Kartu- sche mit einer vierzeiligen Inschrift (II) angebracht. Links und rechts zeigt der Mantel die Hll. Sebastian und Rochus. Am Wolm drei Zierringe. Bu. 3 cm (I), 1 cm (II). – Kapitalis (I), Fraktur (II). Abb. 185 I. · Oa) REX GLORIE CHRISTE VENI CVM PACE · MCCCCCXXXXXVIIa) II. Gregoryb) Löffler : vnd seine Zwen / Sün · helias · vnd · hanns Criß=/toffc) · Gossen · mich in Anno · / 1 · 5 · 57 · a) vor dem Wort ein Blatt als Zierzeichen. b) zwei Punkte als diakritische Zeichen über dem y. c) Abtei- lungszeichen am Beginn der neuen Z. wiederholt: ein Doppelpunkt vor toff. O König der Ehren, Christus, komm in Frieden! (I).

290 Der in Inschrift II genannte Gregor Löffler leitete mit seinen Söhnen eine der führenden Tiroler Gießereien seiner Zeit. Zahlreiche Glocken aus dieser Werkstatt haben sich bis heute erhalten (vgl. etwa Kat.-Nr. 307). 1) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 481. Auch wenn die Wörter von Is. I der Glocke hier nicht in der richtigen Reihenfolge wiedergegeben sind, so handelt es sich doch zweifellos um dasselbe Objekt: Tink- hauser/Rapp geben zusätzlich die übereinstimmenden Gießernamen und dieselbe Jahreszahl an. Auch die Firmenaufzeichnungen der Familie Grassmayr bestätigen, dass die Glocke ursprünglich aus Berwang stammte; Aufzeichnungen der Glockengießerei Graßmayr, Inv. Nr. 2.9. Aufzeichnungen der Glockengießerei Graßmayr, Inv. Nr. 2.9. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 481. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 534. – Ammann, Oberland 95. – Dehio Tirol 192.

307 Tannheim, Pfk. Hl. Nikolaus 1561

Glocke („Große“ bzw. „Heiligen“- und „Wetterglocke“) mit Segenswunsch bzw. apotropäischer Inschrift, Gussvermerk als Glockenrede und Stifterinschrift sowie Glockenrede, im Turm. Die reich verzierte Glocke zeigt am Hals einen Ornamentfries mit Cherubsköpfen und Löwenmasken, darunter eine Umschrift zwischen zwei Schnurleisten (I). Am Mantel finden sich mehrere Reli- efs: Eine hochrechteckige Kreuzigungsgruppe über einer querrechteckigen Kartusche mit einer dreizeiligen Inschrift (II), der auferstandene Christus, eine Halbfigur des Hl. Nikolaus, ein Gna- denstuhl, darunter ein weiteres Schriftfeld mit einer fünfzeiligen Inschrift (III) sowie eine Ma- donna auf der Mondsichel. Der Wolm zeigt drei Zierringe. Am Schlagring eine weitere Umschrift zwischen zwei Schnurleisten (IV).

Bu. 3 cm (I), 1 cm (II, III), 2,5 cm (IV). – Kapitalis (I) und Fraktur (II–IV). Abb. 187

I. · JESVSa) NAZARENVS REX JVDAEORVM TITVLVS TRIVMPHALIS BENEDICAT VOS AB OMNIBVS MALIS · PAXa) VOBIS EGO SVM NOLITE TIMERE II. Gregory Löffler vnd seine zween / sun Helias und Hanns Chris/toff gosen mich im anno 1561 III. Aus Bevelch des Edlen und Vesten / Herrn Georgen Kanntzen Röm(isch) / Kay(serlicher) M(ajestä)t Phlegers zu Eren/berg ist dise Gloggen gossen wor/den in anno · 1561b) · IV. Ain suessen Klang gib ich die Vest der Heiligen oofenbare ich die Wetter vertreib ich die Lebendigen forder ich die Doten bewain ich · mccccclxib) · a) vor dem Wort ein Blatt als Zierzeichen. b) vor und nach dem Wort ein Blatt als Trenn- und Füllzei- chen.

Jesus von Nazareth, König der Juden, Siegestitel. Er segne euch gegen alles Böse. Friede sei mit Euch. Fürch- tet Euch nicht, ich bin es! (I).

Lc 24,36 (I).

Die obere der beiden umlaufenden Inschriften stellt eine Segensinschrift dar (I); sie unterstreicht zugleich den apotropäischen Charakter der Glocke. Was die Inschrift am Hals mit einem Segens- wunsch einleitet, schließt die umlaufende Inschrift auf der Unterseite ab: Sie bestimmt den Zweck der Glocke und gibt die Datierung an (IV). Aus den beiden Inschriften am Mantel (II, III) erfahren wir, dass die Glocke von Gregor Löffler (gest. 1565) und seinen beiden Söhnen Elias und Hans gegossen worden ist, sowie dass Georg Kanz sie gestiftet hat. Der Fußknechthauptmann Georg Kanz wurde durch Jörg von Thun als

291 sein Verweser in Ehrenberg angestellt, nachdem dieser von König Ferdinand I. am 29. September 1554 dazu die Erlaubnis erhalten hatte1). In der Pfarrkirche Tannheim finden sich noch drei weitere Glocken, die von den Söhnen Gregor Löfflers angefertigt wurden (vgl. Kat.-Nrr. 309–311). Zusammen stellen die vier Instrumente das einzige vollständig erhaltene Löffler-Geläute dar2). Es ist nicht zuletzt dem Einsatz des BDA Ti- rol unter Oswald Trapp zu verdanken, dass dieses Ensemble vor der Abnahme und Einschmelzung im Zweiten Weltkrieg bewahrt wurde3). 1) Palme-Comploy/Palme, Ehrenberg 277. Georg Kanz erscheint in der Funktion eines Pflegers von Ehren- berg in zahlreichen Urkunden im Gemeindearchiv Reutte, in einer Urkunde im Gemeindearchiv Tann- heim und einer aus dem Archiv der Anwaltschaft Lermoos; vgl. dazu Hölzl, Gemeindearchive Reutte 28/48, 28/51, 28/53, 28/57, 28/60, 28/276, 28/313 (Reutte) und 32/14 (Tannheim); Moser, Archiv 4. 2) Kleiner, Tannheim 91–93. 3) Trapp, Kunstdenkmäler 55. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 818f. – Trapp, Kunstdenkmäler 55. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 556. – Ammann, Oberland 377. – Dehio Tirol 782. – Palme-Comploy/Palme, Ehrenberg 277. – Kleiner, Tannheim 91–94. – Wernisch, Glockenkunde 907–909.

308 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1564, 1566

Wappengrabplatte der Margarethe von Hoheneck, roter, weiß geäderter Marmor, innen an der nördlichen Triumphbogenlaibung. Der Stein zeigt in den oberen zwei Dritteln in seicht vertief- tem, mit Stableiste abgesetztem Rundbogenfeld zwei nach innen gewendete Vollwappen. In den beiden oberen Zwickeln sowie in den unteren Ecken des Wappenfelds sind je zwei Wappenschil- de zu erkennen, die der linken Seite sind offenbar (heraldisch) linksgewendet. Im unteren Drittel des Steins befindet sich eine sechszeilige Inschrift. H. 140 cm, B. 83 cm, Bu. 3,5 cm. – Gotische Minuskel (und Kapitalis). Abb. 188 Annoa) · d(omi)nj · 1564 · an · S(ant) · jacobs des merern zwelf=/botten tag vmb) · j · vrc) jm tag starb die Edeld) vnd thug͜e(n)treich / fraw Margretha) vo(n) hoheneck geborne vo(n) weichs des / Edlen vnd vesten hanssen vo(n) hohenecks zu vilseck selige(n) / Elicher gemahel denen baiden der almechtig gott / genedig vnd barmherzig sein wel ame(n) · 1 · 5 · 66 · Fd) · Ld) · a) Anfangsbuchstabe stark vergrößert. b) über m ein überflüssiges Kürzungszeichen; oder vm(b)?. c) über r ein überflüssiges Kürzungszeichen. d) Buchstabe in Kapitalis.

Datum: 1564 Juli 25. Wappen: Schrott (?)1), Stadion2) Hoheneck3), Weichs4) Speth von Zwiefalten5), Hoheneck6). Die nach der Inschrift 1564 verstorbene Margarethe von Hoheneck war die zweite Frau des Hans von Hoheneck zu Vilseck, dessen Grabdenkmal sich ebenfalls in der Vilser Pfarrkirche befindet (vgl. Kat.-Nr. 304). Die Wappengrabplatte für die Verstorbene wurde offenbar erst zwei Jahre nach ihrem Tod angefertigt, wie die Jahreszahl 1566 in der letzten Zeile der Inschrift nahe legt. Das abschließende Monogramm F.L. könnte für den Namen des ausführenden Steinmetzen ste- hen7). 1) Geviert. Dieses Wappen wussten bereits die beiden Freiherren von Hoheneck im 18. Jh. nicht mehr zu deuten; Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176 (in der Kopie der Handschrift im Ferdinandeum sind die Seitenzahlen vertauscht, so dass 176 auf 177 folgt). Zur Identifizierung mit dem Wappen der Schrott, aus deren Familie die Schwiegermutter der Margarethe Weichs stammte, vgl. Kat.-Nr. 304. 2) Si 1, 111; Bay 23a und Taf. 16 (Stammwappen) bzw. Wü 4 und Taf. 4 (Stammwappen). 3) Si BayA1, 75 und Taf. 75, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 333f. 4) Bay 62 und Taf. 67 (Stammwappen; jedoch auf dem Stein die Spitze eingebogen dargestellt).

292 5) Si Wü 12 und Taf. 14 und Bay 58 und Taf. 61, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 746f. 6) Wie Anm. 3. 7) Dies vermutete Lechner, Grabsteine 170. Seufert löst die Abkürzung mit F(ranz) L(er) (aus Kaufbeuren) auf; Seufert, Pfarrkirche 13. Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 176. – Lechner, Grabsteine 169f. – Wieland, Geschichte 74f. – Weingartner, Vils 252. – Bader, „Gotshaus“ 91f. – Schretter, Hohenegg 71. – Seufert, Pfarrkirche 12f.

Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1566

S. Kat.-Nr. 308.

309 Tannheim, Pfk. Hl. Nikolaus 1580

Glocke („Elferin“) mit Gebetsanrufung und Gussvermerk in Form einer Glockenrede, im Turm. Am Hals zwischen zwei Schnurleisten umlaufende Inschrift (I), am Mantel Relief Maria mit dem Kind als Halbfigur, unmittelbar darunter querrechteckigen Kartusche mit zweizeiliger Inschrift (II). Auf der gegenüberliegenden Seite Relief Kreuzigungsgruppe. Am Wolm drei Zierringe.

Bu. 3 cm (I) bzw. 1,5 cm (II). – Kapitalis (I) und Fraktur (II).

I. MENTEM SANCTAM SPONTANEAM HONOREM DEO ET PATRIAE LIBERATIONEM ALVSa) DEO MCCCCCLXXX II. Hanns Cristof Loffler / Gos mich im 1580 a) sic! für LAVS.

Fromme tatbereite Gesinnung, Gott die Ehre und Befreiung für das Vaterland. Lob (sei) Gott! (I).

Aus der Löfflerschen Gießerei stammen zwei weitere Glocken in der Pfarrkirche von Tannheim, die auch ins selbe Jahr datieren (vgl. Kat.-Nrr. 310f.). Der nach der Vita der Hl. Agatha die von Engeln auf einer Marmortafel herbeigebrachte Grab- inschrift dieser Märtyrerin darstellende und als Antiphon zum Fest der Heiligen gehörige Spruch „Mentem sanctam“ etc. (Inschrift I) stellt eine seit dem 13. Jahrhundert in ganz Europa beliebte Glockeninschrift dar1). Um 1580 gehörte er offenbar zu den Standardtexten der Löffler-Werkstatt, wie die fast textgleiche Serfauser Glocke von 1577 klarmacht (Kat.-Nr. 203). 1) S. Favreau, Mentem sanctam. Trapp, Kunstdenkmäler 55. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 167f. und 556f. – Ammann, Oberland 378. – Dehio Tirol 782. – Kleiner, Tannheim 94f. – Wernisch, Glockenkunde 907–909.

310 Tannheim, Pfk. Hl. Nikolaus 1580

Glocke („Kleine“) mit Gebetsanrufung und Gussvermerk in Form einer Glockenrede, im Turm. Am Hals Umschrift zwischen zwei Schnurleisten (I), am Mantel Relief Maria mit Kind auf Wol- kenband als Halbfigur, unmittelbar darunter querrechteckige Kartusche mit zweizeiliger Inschrift (II). Am Wolm drei Zierringe.

Bu. 2 cm (I) bzw. 1 cm (II). – Kapitalis (I) und Fraktur (II).

293 I. · Oa) REX GLORIE CRISTE VENI CVM PACEb) · MCCCCCLXXX II. Hanns Cristof Loffler / Gos mich jm 1580 a) vor dem Wort ein Blatt als Zierzeichen. b) es folgt ein Cherubskopf als Trennzeichen.

O König der Ehren, Christus, komm in Frieden. 1580 (I).

Der in der Inschrift genannte Hans Christoph Löffler, ein Sohn Gregor Löfflers, war seit 1562 als selbständiger Glockengießer in Innsbruck tätig1). In der Pfarrkirche von Tannheim finden sich mehrere Glocken aus der Löfflerschen Gießerei (vgl. Kat.-Nr. 307, 309 und 311). Die Inschriften und Verzierungen auf dieser Glocke entsprechen der größeren „Zwölferin“ aus dem Tannheimer Löffler-Geläute (vgl. Kat.-Nr. 311). 1) Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 167f. Trapp, Kunstdenkmäler 55. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 167f. und 557. – Ammann, Oberland 378. – Dehio Tirol 782. – Wernisch, Glockenkunde 907–909.

311 Tannheim, Pfk. Hl. Nikolaus 1580

Glocke („Zwölferin“) mit Gebetsanrufung und Gussvermerk in Form einer Glockenrede, im Turm. Am Hals Umschrift zwischen zwei Schnurleisten (I), am Mantel Relief Maria mit dem Kind als Halbfigur, unmittelbar darunter querrechteckige Kartusche mit zweizeiliger Inschrift (II). Am Wolm drei Zierringe.

Bu. 3 cm (I) bzw. 1,5 cm (II). – Kapitalis (I) und Fraktur (II). Abb. 189

I. · Oa) REX GLORIE CRISTE VENI CVM PACEb) · MCCCCCLXXX II. Hanns Cristof Loffler / Gos mich jm 1580 a) vor dem Wort ein Blatt als Zierzeichen. b) es folgt ein Blatt als Trennzeichen.

O König der Ehren, Christus, komm in Frieden 1580 (I).

In der Pfarrkirche von Tannheim finden sich mehrere Glocken aus der Löfflerschen Gießerei, darunter auch eine weitere Glocke („Kleine“) aus demselben Jahr mit fast identischer Gestaltung (vgl. Kat.-Nrr. 307 und 309f.). Trapp, Kunstdenkmäler 55. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 167f. und 556. – Ammann, Oberland 378. – Dehio Tirol 782. – Wernisch, Glockenkunde 907–909.

312 Breitenwang, Pfk. Hll. Petrus und Paulus 1587, 1591

Wappengrabplatte des Oswald und der Dorothea Kleinhans, Sandstein, außen an der Langhaus- südwand östlich der Grabplatte der Margarethe Kleinhans (vgl. Kat.-Nr. 294). Hochrechteckiger Stein: im oberen Drittel querrechteckige Rollwerkkartusche mit achtzeilig beschriftetem quero- valen Inschriftenfeld (I). Darunter liegen in längsovalem vertieften Feld (die Oberfläche des Steines in den Zwickeln mit Roll- und Beschlagwerk versehen) zwei einander zugewendete Eheallianz(voll)wappen. Am Unterrand querrechteckige, wohl dreizeilige (?) Inschriftentafel (II), ab der Mittellinie von Zeile 2 von Sockelverblechung überdeckt. Unteres Drittel des Steins samt Inschrift II durch Witterungseinflüsse stark beschädigt.

H. 174 cm, B. 105 cm, Bu. 3 cm. – Minuskelmischschrift (und Kapitalis).

294 Text von Inschrift II ergänzt nach Lechner, Grabdenkmäler 95. I. ANNO D(OMI)NIa) <· 1 · 5 · 91 · Den 25b) tag Feb(ruarii)> Starb / Der Erenustenc) vnd Firnem Her Oschwalt / Klainhanß gewester Burger Zue Reite Wel=/icher alhie Begraben ligt der Almechtig Gott derd) / Welle Jm Genedig sein amen · Ano Do(min)i 1 · 5 · 8 · 7 den · 10 / tag Monats Juni Starb die Ernreich vnd Dugsam frau Do=/rethea Klainhansin ain geborne Bonriderin der Alm=/echtig Got Wöle ier genedig Vnd Barmhelzige) sei am(en) II. [<– – – Juni]f) starb / [Die Dugetsam Fraw Vrsula Vögelin sein andere / hausfrawf) – – –>] a) die ersten beiden Worte in Kapitalis ausgeführt; Anfangsbuchstaben vergrößert. b) 25 stark verkleinert und offensichtlich nachträglich eingefügt. c) sic! für Erenuest. d) die folgenden vier Zeilen kleiner ausgeführt. e) sic! für: Barmhertzig. f) erg. nach Lechner. Wappen: Kleinhans1), Bonrider2). Die gegenständliche Grabplatte wurde offenbar 1587 anlässlich des Todes der Dorothea, geb. Bonrider, für die Verstorbene und deren Ehemann Oswald Kleinhans angefertigt. Zusammen mit dem nach dem Tod Kleinhans’ eingehauenen Nachtrag in Zeile 1 von Inschrift I – er stammt offensichtlich noch von der Werkstatt, die schon die ursprüngliche Inschrift ausgeführt hatte – wurde offenbar auch die heute fast völlig verlorene Inschrift II auf Oswalds zweite Frau nachge- tragen. Oswald Kleinhans gehörte zu den wichtigsten Persönlichkeiten seiner Zeit in der Gegend von Reutte. So bekleidete er das Amt eines Bürgermeisters von Reutte und scheint in mehreren Ur- kunden als Vertreter von Reutte und Breitenwang auf3). In diesen Gemeinden war Oswald Kleinhans, dem unter anderem der Ansitz Ehrenheim gehörte, reich begütert4). Er versah zudem das Amt eines Heiligenpflegers der St.-Anna-Kirche in Reutte, für die er sich mehrfach einsetz- te5). 1582 waren die auch in Südtirol ansässigen Kleinhans unter Kaiser Rudolf II. in den Adels- stand erhoben worden6). Der Mädchenname von Oswalds erster Frau Dorothea, Bonrider, ist in Breitenwang unüblich. Tatsächlich gehörte sie einer Augsburger Familie an7). Aus der Familie Kleinhans stammt auch noch ein älteres Grabmonument auf dem Friedhof von Breitenwang (vgl. Kat.-Nr. 294). Die Inschrift amalgamiert Formen und Gestaltungsprinzipien aus Gotischer Minuskel und Frak- tur. Den allgemeinen Eindruck bestimmt wesentlich die überwiegend starre, gitterartige Struktur des Mittelbandes mit seinen doppelten Brechungen, dem die bewegteren Fraktur-Versalien ge- genüberstehen; kanongemäß für Gotische Minuskel ist a durchwegs zweistöckig, dagegen reicht der Schaft des langen s frakturgemäß in den Unterlängenbereich, ebenso ragt der Schaft des t in den Oberlängenbereich. 1) Si Bg6, 49 und Taf. 51. 2) Si Bg5, 6 und Taf. 8. 3) Zu den Urkunden, die Oswald Kleinhans erwähnen: Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/M62 (für 1557/59), 28/52 (1564), 28/57 (1568), 28/M64 (1573). 4) Palme-Comploy, Dorf 219. 1562 soll Oswald Kleinhans nach dem Ehrenberger Urbar über rund ein Drit- tel aller Güter im Bereich von Reutte und Breitenwang verfügt haben; ebda. 5) Als Heiligenpfleger von St. Anna scheint er in zwei Urkunden von 1559 und 1560 auf; Hölzl, Gemeinde- archive Reutte 2, 28/47 und 28/49. 1556 wird er im Urbar der St.-Anna-Kirche so benannt; Tinkhauser/ Rapp, Beschreibung 5, 287; vgl. Palme-Comploy, Dorf 219 und Dengel, Beiträge 35. 6) Hohenbühel, Beiträge 89. 7) Palme-Comploy, Dorf 219; Si Bg5, 6. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 287. – Hohenbühel, Beiträge 89. – Lechner, Grabdenkmäler 95. – Si Bg6, 49. – Ammann, Oberland 112. – Dehio Tirol 208. – Fuchs, Heimat 39. – Bauer, Persönlichkeiten 141f. – Palme-Comploy, Dorf 219.

295 Breitenwang, Pfk. Hll. Petrus und Paulus 1591

S. Kat.-Nr. 312.

313† Vorderhornbach, Expositurkirche Hl. Johannes d. Täufer 1596

Bauzahl, genauer Standort bzw. Position unbekannt. Überlieferung nach Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 576 und 591. 1596 Bereits Tinkhauser/Rapp schreiben, die Jahreszahl sei nicht mehr vorhanden, spätestens bis 1752 aber noch bekannt gewesen. Da überdies ein Brand 1945 zu einem Neubau der Kirche führte, ist die Bauzahl spätestens seit diesem Zeitpunkt endgültig verloren. Die Kirche ist bereits um 1500 urkundlich nachweisbar1), so dass sich die Jahreszahl der Inschrift wohl auf eine Restaurierung oder einen Umbau derselben beziehen muss. 1) Dehio Tirol 864 und Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 591. Nach Wörle ist eine „gewidempt Capell“ in Hornbach sogar schon um 1460 nachweisbar; Wörle, Großpfarren 93. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 576 und 591. – Wörle, Großpfarren 93. – Ammann, Oberland 397f. – Dehio Tirol 864f.

314† Breitenwang, Pfk. Hll. Petrus und Paulus 1597

Glocke mit Gussvermerk und Glockenrede, im Turm, wohl noch 1891 vorhanden. Nach Tink- hauser/Rapp trug das Instrument eine obere (I) und eine untere Inschrift (II). Kapitalis (I?), Fraktur (II?)1). Standortangabe, Beschreibung und Text nach Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 258. I. WOLFGANG NEIDHART MICH GOSSEN HAT – ZV AVGSBVRG IN DER STADT II. Den waren gott lob ich, die priesterschafft besamle ich, das gmain volckh berüef ich, die stunden schlag ich, die fest tag bezier ich, das vngewitter vertreib ich, mit meiner stimm den teuffel [verscheuch ich]a) 1597 a) über diese Ergänzung waren sich Tinkhauser/Rapp offenbar nicht sicher. Der Glockenturm der Breitenwanger Pfarrkirche stürzte 1640 ein2). Damit stellt sich die Frage, ob die gegenständliche Glocke überhaupt ursprünglich aus Breitenwang stammt. Inschrift II ist zwar in ihrer Ausführlichkeit, nicht jedoch durch ihren Inhalt ungewöhnlich, sofern man den Verweis auf den waren gott und dessen priesterschafft nicht als Unterstreichung der Altgläubigkeit der Auftraggeber in Zeiten konfessioneller Konflikte interpretieren will. Mehrere Glocken im Bearbeitungsgebiet erläutern ihre vielfältigen Funktionen in Form einer Glockenrede (vgl. dazu die Einträge im Register dieses Bandes). Die Gießerei des Wolfgang Neidhart, aus der auch eine weitere Glocke im Tiroler Oberland stammt (vgl. Kat.-Nr. 81), befand sich in Augsburg. 1) Nach Tinkhauser/Rapp war die zweite Is. „in gothischer Schrift“ gehalten; sie wird im Druck (im Ge- gensatz zu Is. I) in Kleinbuchstaben wiedergegeben. Angesichts des Gussjahres dürfte eine starre Fraktur zu vermuten sein. 2) Vgl. Palme-Comploy, Dorf 197f. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 258. – Lechner, Grabdenkmäler 92. – Palme-Comploy, Dorf 197–199.

296 315† Holzgau, Pfk. Mariä Heimsuchung 16. Jh.

Glocke mit Gebetsanrufung in Form einer Glockenrede, vor 1891 im Turm, Zeitpunkt des Ver- lusts unbekannt. Dass die bei Tinkhauser/Rapp überlieferte Inschrift im Druck nicht in Groß- buchstaben gesetzt worden ist, spricht dafür, dass es sich um eine Minuskelinschrift gehandelt hat. Standortangabe und Text nach Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 735. Maria. Gottes. Zel. Behüet. Was. Ich. Gloc. Ueberschel. Deutsche Reimverse. Die gegenständliche Glocke gehörte nach Tinkhauser/Rapp zu den beiden ältesten Glocken der Pfarrkirche Holzgau (zur anderen Glocke vgl. Kat.-Nr. 291) und stammte aus dem 16. Jahrhundert. Unter Pfarrer Zoderer soll die Glocke bei Grassmayr in Wilten umgegossen worden sein, da sie einen schlechten Ton hatte bzw. zersprungen war. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 735.

316 Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum um 1600

Bildfenster (Zunftscheibe; Inv. Nr. GL 535) mit Namensbeischriften, vermutlich aus dem Gebiet des Gerichts Ehrenberg stammend, zusammen mit weiteren 13 Scheiben 1823 durch Kauf aus der Konkursmasse des Jakob Stelli in den Besitz des Ferdinandeums gelangt, zuvor in Kreckelmoos bei Reutte aufbewahrt1). Dargestellt ist das Festmahl der Mitglieder einer Zunft bzw. Bruderschaft der Zimmerleute. Acht Meister, von denen sechs schwarze Barette tragen, sitzen um eine Tafel in einer Stube vor einer mit Butzenscheiben verglasten Fensterfront; der Wirt schenkt Ihnen zu trinken nach, während eine bekränzte Magd auftischt, um die einer der Meister seinen Arm schlingt. Die Szene wird von blauen Architekturelementen umrahmt. Oben links und oben rechts sind Szenen aus dem Alltag der Zimmerleute zu sehen (Schnüren und Behauen eines Baumstam- mes). Unter der Tischszene sind die mit dünnem, goldfarbenem Rahmen voneinander getrennten Namen der acht Meister zu sehen (von links nach rechts: I–VIII). Dabei sind zwei Inschriftenfel- der zweizeilig beschrieben (II und VIII), was zu einer entsprechenden Verkleinerung der Schrift führt. Unter den Namensbeischriften finden sich jeweils acht Meisterzeichen in verschiedenfar- bigen ledigen Wappenschilden. B. 34,2 cm, H. 33,7 cm, Bu. ca. 0,3–0,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien. I. Hans amma II. Jacob weyredter / us dem schatwaldt III. crista musawer IV. Jerg stöckly V. thoma schratz VI. ha[n]sa) Renn VII. erh[a]rtt renn VIII. Michaell / Buger a) n von einem sekundär eingefügten Bleisteg verdeckt.

297 Aus der Art der Darstellung geht die Bestimmung als Zunftscheibe der Zimmerer recht eindeutig hervor; ein im Aufbau vergleichbares, etwas älteres Stück stellt eine ebenfalls im Ferdinandeum aufbewahrte Gerichtsscheibe dar, die ursprünglich aus dem bernischen Oberamt Schenkenberg stammt2). Die Herkunft der gegenständlichen Scheibe lässt sich dagegen nur aus dem Hinweis in Inschrift II erschließen: Demnach handelt es sich vermutlich um Zimmerleute aus dem Gericht Ehrenberg, zu dem das genannte gehörte3). Ammann nahm für die Scheibe eine Herstellung in Schwaben an4). Ein mit Hans und Erhart Renn der vorliegenden Inschrift mögli- cherweise verwandter Urban Renn ist der Schreiber eines Graffito in der Vigilskirche von Obsaurs (Kat.-Nr. 218). 1) Zimmeter, Glasgemälde 55. 2) Vgl. dazu Boesch, Glasgemälde 112f. 3) Vgl. Zimmeter, Glasgemälde 76 und Künstler Händler Handwerker, Kat. Nr. 7.1, 206. 4) Ammann, Oberland 34. Zimmeter ging noch weiter und wollte die Arbeit konkret Endris Dittwerdt zu- schreiben; vgl. Zimmeter, Glasgemälde 77. Zimmeter, Glasgemälde 76f. – Egg/Pfaundler/Pizzinini, Von allerley Werkleuten 235. – Ammann, Oberland 33f. – Bauer, Persönlichkeiten 174. – Künstler Händler Handwerker, Kat. Nr. 7.1, 17 und 206.

317† Vils, unbekanntes Wirtshaus 1605?

Epitaph (?) der Familie Hoheneck, bemaltes Holz (?), ursprünglich vermutlich in der Pfarrkirche Vils, zu Beginn des 18. Jahrhunderts offenbar sekundär in einem nicht näher bekannten Wirtshaus in Vils, Zeitpunkt des Verlusts unbekannt. In der epigraphischen Sammelhandschrift des Johann Georg Adam und des Johann Georg Brix von Hoheneck findet sich zu Vils der Vermerk: „Auf einer gemallenen Taffel ßo in dem Wirthshaus alda gefundten, stehet Volgendes“1). Es folgt die Inschrift dieser Tafel, die heute verloren ist. Sie soll über der Inschrift zwei Wappen getragen haben2). Unmittelbar anschließend wird eine weitere Tafel mit Inschriften auf verstorbene Ange- hörige der Familie Hoheneck referiert (Kat.-Nr. 318†). Zwar sind die Inschriften in der Quelle als fortlaufender Text wiedergegeben, doch wurden hier Absätze entsprechend den inhaltlichen Einheiten eingefügt, die zweifellos auch im Original als voneinander abgesetzte Inschriften aus- geführt waren.

Standortangabe, Beschreibung und Text nach Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176f.

Anno D(omi)nj 1605: den :22: Septemb(ris) ist Ludwig Hainrich Von Hoheneck zu Vülseckh, Haubtman zu Grän, Vorn Erbfeindt Vor der Vbergebung todt geschosßen, vnd in die kürchn daselbsten zur Erden Ehrlich Bestättet worden, An(n)o D(omi)nj 1602: den :22: Octobr(is) Jst Hannß Wernher Von Hocheneck zu Vülseckh Vor ofen in dem Sturm Von dem Erbfeindt Todtgeschosßen, den andern Tag alda in der Vorstatt zur Erden bestettiget worden, Anno D(omi)nj :1596: den :26: (oc)tobrisa) ist Marquart Carl Von Hoheneck zu Vülseckh Vor Erlau in der schlacht Geblieben, Anno D(omi)nj 1603: d(e)n :28: (novem)brib) ist Jacob Von Hoheneck zu Vülseckh der Jüngere zu Raab Gott ergeben, Vnd Vor dem Weisßenburger=thor alda auf dem Gottsackher zur Erden Geleget word(e)n, der Allmächtig gott wölle Sye durch Jesum Christum den ainig(e)n Haylandt widerumb frölich auferweckhen. Amen. H͜Pc) Ludwig Heinrich. Hannß Wernherr. Marquart Carl. Jacob. a) Bestand: 8tobris. b) sic ! Bestand: 9bri. c) Monogramm zentriert über der letzten Z. der Is.

Wappen: Hoheneck, Münchingen.

Beide handschriftlich überlieferten Objekte (s. auch Kat.-Nr. 318†) referieren Sterbevermerke und Grabbezeugungen von Angehörigen der Familie Hoheneck, die den Denkmalstyp am ehesten als gemaltes Epitaph erschließen lassen, für das ein ursprünglicher Standort in einem Profangebäude

298 – selbst wenn es sich bei dem von den Hoheneckern genannten Vilser Wirtshaus ursprünglich um ein Freihaus der Hohenecker und demnach um älteres Inventar gehandelt haben sollte – auszu- schließen ist. Die zweite Tafel (Kat.-Nr. 318†) gibt zur eigentlichen Provenienz jedoch einen deutlichen Hinweis: Andreas von Hoheneck sei in dißem Gottshauß begraben (II). Damit kann wohl nur die Pfarrkirche von Vils gemeint sein, in der die Hoheneck ihre Grablege gehabt haben und in der sich noch heute Grabdenkmäler anderer Familienmitglieder erhalten haben (vgl. Kat.-Nrr. 304, 308 und 334). Offenkundig diente das gegenständliche Epitaph der Einbeziehung der in den Kriegen an der ungarischen Grenze bzw. bei den Kämpfen um die habsburgischen Grenzfestun- gen gefallenen und vor Ort bestatteten Angehörigen der Familie in die am Ort der Hoheneckschen Grablege epigraphisch aufbereitete Memoria. Dass beide Tafeln bzw. Epitaphien ursprünglich denselben Standort gehabt hatten, darf als sicher angesehen werden; unklar bleibt, wann und aus welchem Grund die beiden Denkmäler aus der Pfarrkirche entfernt und in das Wirtshaus verbracht wurden. Aus den Wappen der Hoheneck und der Münchingen wollten die beiden Inschriften sammelnden Hohenecker Schlüsse über die genannten vier Mitglieder ihrer Familie ziehen. Es sei „zu vermu- ethen, daß die ebengedachten 4 herrn von Hoheneck von der von Münchingen descendiren“4). Die in Inschrift I genannten „Ludwig, Marquard, Hans und Jakob seind in Ungarn gegen die Türken umgekommen“, wie Mayrhofen bemerkt; ihm zufolge handelt es sich um die Söhne des Jakob von Hoheneck, der Württembergischer Obersthofmeister und Rat gewesen sein soll und zur protestantischen Religion übergetreten sei5). In der Mitte des 15. Jahrhunderts hätten sich die Tiroler Hoheneck – wiederum nach Mayrhofen – in zwei Linien geteilt; aus der jüngeren stamm- ten die in der Inschrift des gegenständlichen Denkmals genannten Brüder, aus der älteren hinge- gen die in der zweiten verlorenen Tafel (Kat.-Nr. 318†) genannten Personen. Das Monogramm H͜P am Ende der Inschrift könnte möglicherweise die Signatur des ausführen- den Malers dargestellt haben. 1) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176. Andergassen verortet die Tafel fälschlich in Hall; Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532. Der Irrtum erklärt sich durch die falsche Heftung der Kopien aus dem Ho- henecker Codex im Tiroler Landesmuseum, FB 28204, 176–178, wodurch die betreffende Seite mit dieser Is. hinter die Aufzählung der Haller Monumente gerutscht ist. 2) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. 3) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. 4) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. 5) Mayrhofen, Genealogien 4, 109, vgl. Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532.

Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176f. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 176f. (mit geringfügigen orthographischen Abweichungen). – Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532.

318† Vils, unbekanntes Wirtshaus 1605?

Epitaph (?) der Familie Hoheneck, bemaltes Holz (?), ursprünglich vermutlich in der Pfarrkirche Vils, zu Beginn des 18. Jahrhunderts offenbar sekundär in einem nicht näher bekannten Wirtshaus in Vils, Zeitpunkt des Verlusts unbekannt. In der epigraphischen Sammelhandschrift des Johann Georg Adam und des Johann Georg Brix von Hoheneck findet sich zu Vils der Vermerk: „Auf einer gemallenen Taffel ßo in dem Wirthshaus alda gefunden, stehet Volgendes“1). Es folgt die Inschrift dieser Tafel, die heute verloren ist (Kat.-Nr. 317†). Unmittelbar anschließend wird eine weitere Tafel mit Inschrift referiert, deren Provenienz aber unklar bleibt; vermutlich war auch sie in demselben Wirtshaus vorzufinden. Unter der Inschrift befanden sich zwei Wappen, „dan ein Sohn alß ein kindt Gemallen Von der Von Stauffenberg mit Nahmen Dietrich“2). Flankiert wur- de die Inschrift offenbar von je acht Ahnenwappen (Ahnenprobe auf 16 Vorfahren?), wobei ein Wappenführer der rechten (heraldisch linken) Seite ungenannt bleibt. Zwar sind die Inschriften in der Quelle als fortlaufender Text wiedergegeben, doch wurden hier Absätze entsprechend den inhaltlichen Einheiten eingefügt, die zweifellos auch im Original als voneinander abgesetzte In- schriften ausgeführt waren. Standortangabe, Beschreibung und Text nach Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177.

299 Anno D(omi)nj 1594: den :24: feb(ruarii) zwischen :6: und. 7: Vhr Vormittag starb der Edl vnd Vest Andreaß Von Hoheneck zu Vülseckh vnd Schulzschnaidt, deß Hochlöbl(ichen) domb=Stüfftsa) zu Augspurg Erb Cam(m)erer, Ligt in dißem Gottshauß Begraben, dem gott Gnädig sein wolle, Auch zuuor deß Lauffenden Jahrs a(nno) 94: den :27: Tag Januarij zwischen :10: Vnd :11: Vhr Vor=Mittag starb sein dochter Margaretha Schenkhin Von Stauffenberg: [– – –] darnach Anno :1605 den :21: tag Martij Starb die Edl [– – –] Cordulab) v(on)c) hoheneckhc), ein Gebohrne Von Landau Wittib, hat ihrn Geliebten gemahel diße Tafel herrein mallen lasßen [– – – a) domb= in der Hs. über der Z. ergänzt. b) vor dem Wort eine Passage, die offenbar bereits im 18. Jh. nicht mehr lesbar war; als Ergänzung zumindest eines Teils der Lücke bietet sich und tugendhaft oder ein anderes Epitheton an; es könnte jedoch auch ein weiterer Vorname gefolgt sein. c) das Wort in der Hs. über der Z. ergänzt. Wappen3): Schenk von Stauffenberg4), Landau Hoheneck5) (Hocheneck) Landau6) (Landau) Tierberg (Dierberg) Weiller (Weiller) Speth von Zwiefalten (Spett) Altmannshofen (Altmanshofen) Stein (Stain) Freiberg (Freyberg) Nothafft (Notthafft) Marschall (Marschalcks) Kaltenthal (Kaltenthall) Weichs (Weix) Neuenburg (Niewenburg) Auerbach (Auerbach) Türriegl von Rieglstein (Rigl Von Rigelstain) Zur Überlieferung und zum ursprünglichen Standort dieser und der zweiten Tafel mit Inschriften auf Angehörige der Familie Hoheneck s. Kat.-Nr. 317†. In der Mitte des 15. Jahrhunderts haben sich die Tiroler Hoheneck nach Mayrhofen in zwei Li- nien geteilt; aus der jüngeren stammten die in Kat.-Nr. 317† genannten Brüder, aus der älteren hingegen die in der Inschrift des gegenständlichen Epitaphs genannten Personen. Dabei handelt es sich um Andreas von Hoheneck, der 1594 starb und mit seiner Frau Cordula von Landau eine mit Hans Christoph Schenk von Stauffenberg verheiratete Tochter hatte7). Folgt man der Inschrift, so darf man die Tafel als von Cordula von Landau gestiftet ansehen, die wohl recht eindeutig für die Vilser Pfarrkirche bestimmt gewesen ist, wie der Passus ligt in dißem Gotts- hauß begraben, der zumindest in Vils nur auf die Hohenecksche Grablege in der Pfarrkirche ange- wandt werden konnte, recht eindeutig zeigt. Zudem bemerkte auch Mayrhofen, dass der Vater des Andreas von Hoheneck „zu Vils begraben“8) worden sei, was zusätzlich gegen ein Begräbnis des Sohnes außerhalb von Vils spricht. 1) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176. Andergassen verortet die Tafel fälschlich in Hall; Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532. Der Irrtum erklärt sich durch die falsche Heftung der Kopien aus dem Ho- henecker Codex im Tiroler Landesmuseum, FB 28204, 176–178, wodurch die betreffende Seite mit dieser Is. hinter die Aufzählung der Haller Monumente gerutscht ist. 2) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177. 3) Da unklar ist, ob sich die Identifizierung der Wappen durch Hoheneck lediglich auf die heraldische Evidenz oder auf entsprechende Wappenbeischriften stützte, wird der Wortlaut der kopialen Überlieferung in der Wappenzeile neben der normalisierten Form in runden Klammern wiedergegeben. 4) Die ersten beiden Wappen unterhalb der Is. 5) Es folgen die bei Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177 an der linken Seite gegebenen Wappen von oben nach unten. 6) Ab hier die rechte Reihe der Wappen nach Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177, von oben nach un- ten. 7) Mayrhofen, Genealogien 4, 108. 8) Mayrhofen, Genealogien 4, 108. Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176f. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 176f. (mit geringfügigen orthographischen Abweichungen). – Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532.

300 319 Elbigenalp, Kapelle Hl. Magdalena bzw. Martin 1607

Holzdecke mit Jahreszahl und Initiale (?) oder Meisterzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1). Das leicht spitzbogige spätgotische (Tonnen-) Gewölbe der Kapelle ist mit einer reich ornamental verzierten Riemlingdecke (der Balken im Gewölbescheitel als geschmiedete Kette bzw. verkno- tetes Seil beschnitzt) verkleidet. Am von der Tür aus gesehen linken untersten Schalbrett der Decke, unmittelbar an der Fensterwand, wurde die Jahreszahl wohl mit Farbe aufgemalt, doch hat sich die Farbe nicht erhalten; die Inschrift ist aber durch die entsprechende Verfärbung des Holzes noch lesbar.

H. Bu. 7–14 cm. – Kapitalis.

16 Ha) 07 a) Balken des H nach oben ausgebuchtet; darauf ein Doppelkreuz.

Es könnte sich bei dem verfremdeten H in der Mitte um ein Meisterzeichen oder eine Initiale handeln. Mit der Holzdecke wurde wohl aus Gründen besserer Wärmedämmung das spätgotische Gewölbe der 1489 ausgemalten Kapelle verschalt (vgl. Kat.-Nr. 287†). Ammann, Oberland 120. – Dehio Tirol 234. – Geisler-Moroder, Pfarrkirche 16.

320 Reutte, Ehrenberger Klause 1609

Bauinschrift, dunkelgrauer, weiß geäderter Marmor, außen über der nördlichen Tordurchfahrt. Unmittelbar über dem Scheitel der Durchfahrt querrechteckige dunkelgraue Marmortafel mit neunzeiliger Inschrift in breitem Rollwerkrahmen aus weißem Marmor. Darüber längsovale Wappenkartusche mit Rollwerkformen, unter dem eigentlichen bombierten längsovalen Wappen eine Rollwerkwalze und ein Bukranion, darüber eine Rollwerkwalze und der österreichische Erzherzogshut. Inschriftentafel stark verwittert mit weitgehender Oberflächenzerstörung.

H. 60 cm, B. 80 cm, Bu. 5 cm. – Kapitalis. Abb. 191

Text ergänzt nach NN., Notiz 52.

S[ERENISSIMVSa) MAXIMILIANVS] / ARC[HIDVX]a) AVSTRIA͜Ea) [ET] / DV[X]a) BVRG[VN]DIA͜Ea). ETC(ETERA)b) COM(ES)a) / TIROLISc) ET [SV]PREM(VS) ORDINIS / THE[V]TONICId) MAGISTERa). ETC(ETERA)b) / H[A]NC AR[CEM ET] PROPVGNA/CVL(VM)a) AD PATRIA͜E REIQ(VE) PVBL(ICAE) / COMMOD(VM) [RES]TAVRARI. AC / [EM]VNIR[I CVRAV]IT. AN(N)Oe) S(ALVTIS) MDCIXf) a) Anfangsbuchstabe vergrößert. b) C in halber Buchstabengröße c) T vergrößert, I unter dessen Balken eingestellt. d) Anfangsbuchstabe vergrößert; H unter den Balken von T eingestellt. e) Anfangsbuchstabe vergrößert, N in halber Buchstabengröße, O verkleinert über N hochgestellt. f) unten rechts und links sind kleine querrechteckig ausgeschnittene Fehlstellen an der Steinkante zu sehen, die den unteren Teil der letzten vier Zahlzeichen betreffen.

Der durchlauchtigste Maximilian, Erzherzog von Österreich und Herzog von Burgund etc., Graf von Tirol und Hochmeister des Deutschen Ordens etc., hat diese Burg und (dieses) Vorwerk zu gemeinem und des Va- terlandes Nutzen wiederherstellen und stark befestigen lassen. Im Jahre des Heils 1609.

Wappen: Erzherzog Maximilian III. von Österreich/Deutscher Orden1).

Der Wappenstein und die Kartusche aus weißem Marmor kontrastieren stark mit dem Inschrif- tenfeld aus fast schwarzem Marmor; ein Effekt, der die Inschriftentafel zwar deutlich akzentuiert, zugleich aber schon von Anfang an für erschwerte Lesbarkeit gesorgt haben muss.

301 Das ursprünglich spätgotische Vorwerk der Ehrenberger Klause unterhalb der an strategisch be- deutender Passstelle gelegenen gleichnamigen Burg2) (heute Ruine) wurde 1607–1609 von Bar- tolomeo Lucchese nach dem Vorbild italienischer Festungsbauten umgestaltetet und ausgebaut. Die Inschrift geht auf diesen Umbau unter Erzherzog Maximilian III. ein und gibt mit der Jah- reszahl zugleich einen Anhaltspunkt für die Datierung der Arbeiten Luccheses. 1) Durch Hochmeisterkreuz und oben verstutzte eingepfropfte Spitze geviert: 1: geteilt und zweimal halbge- spalten: 1: Ungarn, 2: Kastilien, 3: Leon, 4: Österreich (Bindenschild); 2: geteilt und zweimal halbgespal- ten: 1: Böhmen, 2: Burgund, 3: Steiermark, 4: Kärnten; 3: geviert mit eingepfropfter Spitze: 1: Elsass, 2: Kiburg, 3: Pfirt, 4: Tirol, 5: Cilli; 4: geviert mit eingepropfter Spitze: 1: Krain, 2: Görz, 3: Habsburg, 4: Windische Mark; 5: Portenau; in der eingepfropften Spitze des Hauptschilds: Österreich (Fünfadlerwappen: 2:3). 2) Im Zuge des Einfalls der Truppen Kurfürst Moritz’ von Sachsen nach Tirol 1552 (vgl. Kat.-Nr. 58†) wur- de die Ehrenberger Klause zwar nicht eingenommen, doch umgangen. Der damals angeblich erfolgte Sturm der Befestigungsanlagen wurde 1622 zum Hauptmotiv einer in Leipzig gedruckten entsprechend betitelten Komödie des Jakob Vogel: Vogel, Clausensturm. NN. Notiz 21. – NN., Notiz 52. – Weingartner, Feste Ernberg 147f. – Ammann, Oberland 300. – Dehio Tirol 645f. – Palme-Comploy/Palme, Ehrenberg 278. – Palme-Comploy, Ehrenberg 110f.

321 , Kapelle Hl. Rochus 1610?, 1626

Wandmalereien mit Stifterinschriften, an der Chorwand rechts und links des Altars. Die durch die 1691 sekundär eingebrochenen Fenster im oberen Bereich weitgehend zerstörten Wandmale- reien zeigten in übereinstimmendem Aufbau früher je eine Figur (erhalten nur noch die am Unterrand aufstehenden Füße) in hochrechteckigem Bildfeld mit illusionistisch aufgemalter gelber Volutenrahmung (von den Voluten an den beiden unteren Ecken beiderseits je ein Pinienzapfen abhängend), unterhalb des Bildfeldes ein querrechteckiges Inschriftenfeld mit schwarz auf weiß aufgemalter, rechts vierzeiliger (I), links fünfzeiliger Inschrift (II), die jeweils zugehörige Jahres- zahl auf der Rahmenleiste über dem Inschriftenfeld mittig aufgemalt. Beide Darstellungen neh- men sichtlich Rücksicht auf die unmittelbar an den Unterhang der Rahmen anstoßenden, wohl geringfügig älteren Konsekrationskreuze (vgl. Kat.-Nr. 331). Die Wandmalereien kamen im Zuge einer Restaurierung des Innenraumes in den 1960er Jahren zum Vorschein und wurden besonders im Bereich der Inschriften stark überarbeitet; der Text ist demnach teilweise entstellt.

H. (des Inschriftenfeldes) 16 cm (I und II), B. 72 cm (I) bzw. 69 cm (II), Bu. ca. 2 cm (I und II). – Fraktur. Abb. 195

I. 16a) · 10b) // Gott dem Allmechtige(n) seiner Liebe Muetter Mariae, auch / S(anct) Sebastianc) vnd S(anct) Rochus zue lob vnd Ehr, hatt der Ehr/=hafft Fürnehme Thamas Ta͜esch Württ vnd hatt gebautd) / Lermoß, sambt seiner liebe haußfraw [Mari]ae) [– – –] mef)[...] II. · 16g) · 26h) · // Gott dem Almechtige(n) seiner Liebe [Muetter Mariae]i) auch S(anct) Seba=/stian(us) Vnd S(anct) Rochus. Zu lob Vnd Ehr hat der Ehrnhafft fro/nimej) Jörg Ketter Von Reitte der Zeit Kamer Richter des wirdige / Gotshaus Etal, sambt seiner libe Hausfrauk) [– – –] / [.....]d[.] alhero malle(n) lasse(n)l) a) folgt rosettenförmiges Trennzeichen; Jz. auf der oberen Rahmenleiste, möglicherweise verrestauriert. b) folgt Text des darunter liegenden Inschriftenfeldes. c) an das n ist eine Zierschlinge in Form eines s angefügt worden; ursprünglich us-Haken? d) sic! die letzen beiden Wörter der Z. offensichtlich verrestauriert; ur- sprünglich wohl: gastgeb zu. e) von M noch schwache Reste erkennbar; Ergänzung unsicher. f) e mutmaß- lich fälschlich restauriert; danach schwache Reste eines in den Oberlängenbereich ragenden Schaftes sichtbar: l? erg. und korr. analog zu Is. II vielleicht: [Mari]a [das lassen] ma[len]. g) folgt kreuzförmiges Trennzeichen aus Punkt auf der Mittellinie, von dem vier blütenartige Zierlinien in zwei Paaren senkrecht und waagrecht ausgehen; vor und hinter dem Zeichen je vier Punkte auf der Mittellinie; Jz. auf der oberen Rahmenleiste, möglicherweise verrestauriert. h) folgt Text des darunter liegenden Inschriftenfeldes. i) nur geringe Buch- stabenreste an der Unterlinie erhalten; erg. analog zu Is. I. j) sic! wohl fälschlich restauriert für fürneme. k) Rest der Z. heute leer. l) folgt ein vegetabiles Füllzeichen.

302 Inschrift I deutet augenscheinlich als Terminus ante quem auf die Erbauung der Kapelle vor bzw. im Jahr 1610 hin. Anlass für die Errichtung war – wie das Patrozinium der Hll. Sebastian und Rochus zeigt – die Furcht vor der immer wieder auftretenden Pest, die zu dieser Zeit in der Gegend von Biberwier erneut ausgebrochen war. Die Kapelle, deren Altar zu 1618 datiert (Kat.- Nr. 324), wurde jedoch erst 1625 geweiht1) (vgl. auch Kat.-Nr. 331), was in Verein mit der Tat- sache, dass die völlig gleichartig gestaltete Wandmalerei an der Gegenüberwand zu 1626 datiert ist, Zweifel aufkommen lässt, dass die Jahreszahl 1610 dem Originalbestand entspricht; vielleicht hatte die Jahreszahl ursprünglich auch 1626 gelautet, zumal offenbar auch beide Malereien auf die ebenfalls zu 1625 datierten Konsekrationskreuze Rücksicht nehmen. In jedem Fall ist auch in Biberwier der schon in Obsaurs (vgl. Kat.-Nrr. 213 und 241) beschriebene Sachverhalt zu beob- achten, dass für die durch ein Gesamtkonzept festgelegten und wohl auch gleichzeitig ausgeführ- ten Einzelszenen der malerischen Ausstattung der Kirche offenbar nachträglich Stifter gesucht wurden. Die beiden Inschriften nennen den Lermooser Wirt Thomas Täsch und den Reuttener Jörg Ket- ter, der als Kammerrichter des Stifts Ettal bezeichnet wird. Gerade die enge Beziehung der Fa- milie Täsch zur Rochuskapelle lässt sich auch an weiteren Mitgliedern der Familie festmachen; so stiftete hier der Richter von Ehrenberg, Josef Täsch, 1622 (?) einen Jahrtag2). 1) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 422 und 436. Vgl. Hochenegg, Kirchen 240. 2) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 436 und Ammann, Oberland 100. Josef Täsch und seine Frau Rosina geb. Zor, werden auch in einer Urkunde von 1624 aus dem Drei MohrenArchiv in Lermoos genannt; dort wird Josef als Richter von Ehrenberg und Besitzer eines Wirtshauses bezeichnet; Moser, Drei MohrenArchiv 3. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 422 und 436f. – Hochenegg, Kirchen 240. – Ammann, Oberland 100f. – Dehio Tirol 196. – Schumacher, Rochuskapelle (TKK).

322 Breitenwang, Pfk. Hll. Petrus und Paulus (1611 oder 1662–1700?)

Kerzenleuchter („Pestleuchter“) mit Monogrammen bzw. Initialen, Messing, im Chor aufgestellt. Die als Paar identisch gestalteten balusterförmigen Leuchter weisen am Schaft oberhalb des drit- ten Nodus von unten jeweils zwei eingravierte Inschriften auf (oben I, darunter II). Die Buch- staben sind in Konturschrift ausgeführt und weisen vegetabile Zierformen auf. H. 152 cm, Bu. ca. 1,5 cm. – Kapitalis. I. Ma) · R II. F Ca) · V R a) Trennzeichen rautenförmig.

Die Bürger von Reutte sollen anlässlich der Pest 1611 einen jährlichen Bittgang nach Ettal gelobt und die beiden Leuchter dorthin gestiftet haben1). Sie wurden nach Tinkhauser/Rapp von Pfar- rer Zobel für die Pfarrkirche Breitenwang erworben, als Kloster Ettal säkularisiert und im Zuge dessen das liturgische Gerät versteigert wurde2). Die Datierung der Leuchter in die Zeit um 1611 wird jedoch durch die mutmaßliche Auflösung der Initialen in Frage gestellt: So könnte MR für M(arkt) R(eutte) und FCVR für den Kommandanten von Ehrenberg, F(ranz) C(arl) v(on) R(ost), stehen. Zwar passt diese Identifikation gut – schließlich könnte der bedeutende Ehrenberger Kommandant als (Mit-)Stifter zu sehen sein – doch müsste man die Leuchter dann deutlich spä- ter ansetzen, da Franz Carl von Rost erst zwischen 1662 und 1700 das genannte Amt versah3). Folgt man dieser Annahme, so ist die Entstehung (zumindest der Inschriften) erst in jenem Zeit- raum anzusetzen. Damit wären die beiden Leuchter entweder unabhängig vom Pestgelübde der Reuttener Bürger von 1611 gestiftet worden oder man hat diesen Teil des Gelöbnisses erst deut- lich später erfüllt4). 1) Palme-Comploy, Dorf 212. 2) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 257.

303 3) Palme-Comploy, Ehrenberg 110 und Palme-Comploy/Palme, Ehrenberg 279f. Das Grabdenkmal seiner Frau Felizitas (gest. 1679) hat sich in der Pfk. an der Langhauswand beim linken Seitenaltar erhalten; vgl. Ammann, Oberland 111; Dehio Tirol 208 und Palme-Comploy, Dorf 218f. 4) Das vermutet Palme-Comploy, Dorf 212. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 257. – Lechner, Grabdenkmäler 96. – Ammann, Oberland 111. – Dehio Tirol 208. – Palme-Comploy/Palme, Ehrenberg 279f. – Palme-Comploy, Ehrenberg 110. – Palme-Comploy, Dorf 211f. und 218f.

323 Vils, Kapelle Hl. Anna 1617

Gestühl mit Monogramm bzw. Initialen und Jahreszahl, Lärchenholz, im Chor an der Nordwand. Fünfsitziges spätgotisches Gestühl ohne Rückenlehne, mit unten abgefasten, über der Sitzhöhe halbrund ausgeschnittenen und mit kleinen Säulen versehenen Wangen. Die sekundär einge- schnitzte Inschrift befindet sich auf der (vom Sitzenden aus gesehen) linken Innenseite des mitt- leren Sitzes.

Bu. 2 cm. – Kapitalis.

M͜MVK / 1617

Das Chorgestühl der Anna-Kapelle wurde um 1510 angefertigt. Die korrekte Auflösung der Initialen ist nicht mehr zu bestimmen, doch könnte es sich um den Namen eines Besuchers (oder einer Besucherin, etwa mit dem Vornamen Maria Magdalena?) der Kapelle handeln, der bzw. die sich hier im Holz des Gestühls mit dem Jahr seines oder ihres Besuches verewigte. Hochenegg, Kirchen 242. – Ammann, Oberland 396. – Dehio Tirol 839.

324 Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1618

Marien- bzw. Sebastians- und Rochusaltar mit Meisterinschriften, polychromiertes und vergol- detes Holz. Der als Hochaltar im Chor aufgestellte kleine einachsige, dreigeschossige Altar zeigt im leicht querrechteckigen, oben mittig ausgebuchteten und mit Cherubskopf besetzten Schrein, von zwei blau marmorierten Halbsäulen mit vergoldeten Kompositkapitellen und cherubskopf- besetzten unteren Schaftenden flankiert, die Statuen der Maria mit Kind (Mitte), beseitet von den Patronen der Kapelle, den Hll. Sebastian (links) und Rochus (rechts). Im wohl sekundären Aufsatz (von 1685?) vollrundes Gemälde Hl. Johannes Evangelist und Hl. Barbara in Lorbeerkranz, be- seitet von den Statuen der Hll. Georg (links) und Florian (rechts). Aufsatz hinterfangen und Schrein flankiert von sekundärem filigranen, rocaillenförmigen Akanthus. Volutengerahmte Pre- della mit sekundärem Tabernakel. An der Altarhinterseite an der Oberkante der Schreinrückwand drei schwarz auf weißem Grund aufgemalte Inschriften: links dreizeilige Inschrift (I), in der Mitte erhöht vierzeilige Inschrift (II), rechts zweizeilige Inschrift (III). Insbesondere bei der mitt- leren Inschrift (II) sind die eingeritzten Hilfslinien noch deutlich erkennbar.

Bu. 3 cm. – Fraktur. Abb. 192–194

I. Hannß : Pätsch Pilthauer Von Lanndögg : Meineß / Alterß 18 Jarra) · Hab : Lödig Standtß Geshnidten / Disen Altar Zum Ersenb) Malc) · II. Michael Willer Maler von Vilßd) . / meines Altersd) . 27 Jarr : Hab lödigs / Standts gefast dise(n) meine(n) esrste(n)b) Altar / · 16e) // 18 f) · III. Christani Petz dischler von Vils meines Alters, / . 22g) Jard) . hab die dicshlerarbeith) · für wahri) · / · gemachtj)

304 a) folgt rosettenförmiges Trennzeichen. b) sic! c) folgt vegetabiles Füllzeichen, danach Meisterzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1). d) folgen als Trennzeichen zwei kurze rechtsschräge Striche auf der Grundli- nie. e) Jz. unterbrochen; eine sekundär montierte Holzplatte überdeckt Teile dieser und der folgenden Z. f) das in der nächsten Z. folgende Meisterzeichen fast völlig verdeckt. g) vor und nach der Zahl zwei kurze rechtsschräge Striche auf der Grundlinie. h) sic! verschrieben für dischlerarbeit. i) folgendes Trennzeichen ein aus je zwei kurzen rechtsschrägen Strichen bestehender Doppelpunkt. j) vor dem Wort ein beidseitig einge- rolltes, kurzes Füllzeichen; das Wort und die davor liegenden Zierzeichen unter dem letzten Drittel der darüber liegenden Z. in halber Größe nachgetragen.

Die zum inschriftlich bezeichneten Jahr 1618 als Ausführende der Arbeiten am Altar genannten jungen bzw. ledigen Handwerker sind für Biberwier auch urkundlich greifbar. Vom in Inschrift I genannten Bildhauer Hans Pätsch und seinem gleichnamigen Vater hat sich offenbar zudem eine Inschrift am Haus Nr. 131 in Pfunds erhalten (vgl. Kat.-Nr. 242). Aufgrund hoher Übereinstimmungen im Gesamteindruck wie in den Einzelformen scheint der 1614 als Ausführender der Pfundser Bauinschrift anzunehmende junge Bildhauer auch der Ausführende der Meisterinschriften des Biberwierer Altars gewesen zu sein. Nach Ammann ist es durchaus typisch, dass man im Außerfern auf auswärtige Kräfte wie diesen Bildhauer aus Landeck oder auf Maler wie den Allgäuer Johann Ludwig Ertinger (vgl. Kat.-Nr. 330) zurückgriff, da es zu dieser Zeit offensichtlich an eigenen qualifizierten Künstlern mangelte1). Die Rückseite des Schreins wurde wenig später auch Träger zahlreicher Graffiti (Kat.-Nr. 329). 1) Ammann, Mobilität 400. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 437. – Hochenegg, Kirchen 240. – Felmayer, Altäre 21. – Ammann, Ober- land 100f. – Dehio Tirol 196. – Ammann, Mobilität 400.

325 Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1618

Glocke mit Gussvermerk in Form einer Glockenrede, im Turm, ursprünglich vielleicht in der Pfarrkirche Biberwier (s. Kommentar). Am Hals Umschrift zwischen zwei Schnurleisten. Am Wolm drei Zierringe.

Bu. 1 cm. – Kapitalis.

+ HAINRICH REINHART ZV INSPRVGG GVS · MICH · IM · M · DC · XVIII

Bei dieser Glocke muss es sich um jenes Objekt handeln, das Weissenbäck/Pfundner (und diesen vermutlich folgend auch Ammann und Dehio) in der Pfarrkirche Biberwier verorten. Dort befand sich jedoch zum Bearbeitungszeitpunkt keine mit einer Inschrift versehene Glocke aus der Zeit vor 1650. Allerdings wurde die oben beschriebene Glocke im Zweiten Weltkrieg abgenommen1) und könnte erst bei der Wiederaufhängung an den heutigen Standort gelangt sein. Heinrich Reinhart (gest. 1629) erlernte in Rom das Gusshandwerk und kam 1595 nach Innsbruck, wo er die Gießerei der Familie Löffler pachtete. 1614 erwarb er diese Gießerei schließlich2). Eine weitere Glocke für Biberwier aus Reinharts Gießerei befindet sich heute ebenfalls in der Rochus- Kapelle (vgl. Kat.-Nr. 328). 1) Dies belegt ein Foto der Glocke im Bildarchiv des BDA Tirol. 2) Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 169 und Wernisch, Glockenkunde 194f. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 169 und 517. – Ammann, Oberland 100. – Dehio Tirol 196. – Wernisch, Glockenkunde 195.

326† Pflach, Hüttkapelle Hll. Ulrich und Afra um 1618

Marienaltar mit Gebetsanrufung, polychromiertes und vergoldetes Holz, als linker Seitenaltar aufgestellt. Einachsiger, dreigeschossiger Aufbau; im Zentrum hochrechteckiges, oben rundbogig abgeschlossenes Altarbild Maria mit Kind auf der Mondsichel, von Engeln und Cherubsköpfen umgeben, beiderseits gerahmt von zwei schlanken blauen toskanischen Halbsäulen mit goldenem

305 Kapitell und goldenem kannelierten unteren Schaftende, nach außen als Rahmenfragmente zwei geschweift ausgeschnittene Bretter mit floralem gemalten Dekor auf blauem Grund anschließend, in der Mitte jeweils ein längsovales Medaillon mit den Brustbildern der Evangelisten Matthäus (links) und Markus (rechts). Unmittelbar unter dem Altarbild, über dem Gesims der Predella, einzeilig rot auf blauem Grund aufgemalte Inschrift. In der Predellazone querrechteckiges, an beiden Seiten halbrund ausgebuchtetes Bildfeld Engelspietà zwischen den überhöhten Säulenpo- stamenten. Über breitem blau-roten Fries mit in Laubsägetechnik hergestellten und aufgeleimten goldenen Ornamenten gesprengter Volutengiebel (auf den Voluten zwei Putti liegend), im Zen- trum hochrechteckiger, mit kreuzbekröntem, cherubskopfbesetztem Giebel versehener Aufsatz, im Zentrum zwischen zwei roten Pilastern oben rundbogig abgeschlossenes Gemälde Auferste- hung Christi. Die letzte Restaurierung erfolgte 19701); spätestens dabei wurde der originale Schriftcharakter wohl völlig verändert.

H. ca. 280 cm, B. ca. 160 cm, Bu. 2,5 cm. – Fraktur.

Sanctaa) Maria Matterb) Dei Ora pro nobisc). a) verschlungene Zierlinien am Anfang und am Ende der Is. b) sic! c) Bestand: pronobis.

Die Existenz des besonders in der Figurendarstellung auffallend qualitätvollen frühbarocken Al- tars, der das weitgehende Fehlen plastischer Durchgestaltung der Rahmenarchitektur und ihrer Ornamentik durch subtilen Farbeinsatz der Fassung ausgleicht, sowie die seines unmittelbaren Gegenstücks an der rechten Kapellenseite (Kat.-Nr. 327†) ist schon für 1622 belegt2). Es könnte sich um Werke Hans Georg Hiebelers aus Füssen handeln3). Beide Altäre korrespondieren in der Gestaltung völlig, auch in ikonographischer Hinsicht ergänzen einander die beiden Objekte. Die heute vorhandenen Inschriften lassen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine sehr starre Fraktur als ursprüngliche Schriftart schließen. Vielleicht nicht erst die letzte Restaurierung hat den Git- tercharakter und die doppelten Brechungen der Buchstaben weiter betont, so dass der aktuelle Formenbestand – auch angesichts der wohl ebenfalls nicht originalen zweistöckigen a in Maria (erstes a), Matter und Ora – als Mischung von Fraktur und Gotischer Minuskel, deren neogotischer Interpretation auch die Versalien überwiegend folgen, anzusprechen ist. 1) Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 458. 2) Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 458. 3) Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 458. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 277. – Deininger, „Hütten-Capelle“ 71. – Knittel, Hüttenkapelle 168. – Felmayer, Altäre 39. – Ammann, Oberland 280. – Dehio Tirol 604. – Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 458.

327† Pflach, Hüttkapelle Hll. Ulrich und Afra um 1618

Sebastians- und Rochusaltar mit Gebetsanrufung, polychromiertes und vergoldetes Holz, als rechter Seitenaltar aufgestellt. Einachsiger, dreigeschossiger Aufbau; im Zentrum hochrechtecki- ges, oben rundbogig abgeschlossenes Altarbild Hll. Sebastian (links) und Rochus (rechts), beider- seits gerahmt von zwei schlanken blauen toskanischen Halbsäulen mit goldenem Kapitell und goldenem kannelierten unteren Schaftende, nach außen als Rahmenfragmente zwei geschweift ausgeschnittene Bretter mit floralem gemalten Dekor auf blauem Grund anschließend, in der Mitte jeweils ein längsovales Medaillon mit den Brustbildern der Evangelisten Lukas (links) und Johannes (rechts). Unmittelbar unter dem Altarbild, über dem Gesims der Predella, einzeilig rot auf blauem Grund aufgemalte Inschrift. In der Predellazone querrechteckiges, an beiden Seiten halbrund ausgebuchtetes Bildfeld mit den Halbfiguren Christus als Schmerzensmann zwischen Maria (links) und Johannes (rechts) zwischen den überhöhten Säulenpostamenten. Über breitem blau-roten Fries mit in Laubsägetechnik hergestellten und aufgeleimten goldenen Ornamenten gesprengter Volutengiebel (auf den Voluten zwei Putti liegend), im Zentrum hochrechteckiger, mit kreuzbekröntem, cherubskopfbesetztem Giebel versehener Aufsatz, im Zentrum zwischen zwei roten Pilastern oben rundbogig abgeschlossenes Gemälde Auferstehung Christi. Die letzte

306 Restaurierung erfolgte 19701); spätestens dabei wurde der originale Schriftcharakter wohl völlig verändert.

H. ca. 280 cm, B. ca. 160 cm, Bu. 2,5 cm. – Fraktur.

Sanctus Sebastiana) · Sanctus Rochus a) folgt rosettenförmiges Trennzeichen.

S. den Kommentar zum unmittelbaren Gegenstück dieses Altars an der linken Kapellenseite (Kat.- Nr. 326†). 1) Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 459. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 277. – Deininger, „Hütten-Capelle“ 71. – Knittel, Hüttenkapelle 168. – Felmayer, Altäre 39. – Ammann, Oberland 280. – Dehio Tirol 604. – Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 458f.

328 Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1621

Glocke mit Gussvermerk in Form einer Glockenrede, im Turm. Am Hals Umschrift zwischen zwei Schnurleisten. Am Mantel drei Reliefdarstellungen: Hl. Sebastian, Hl. Rochus und ein Hl. Bischof mit Kirchenattribut1). Am Wolm drei Zierringe.

Bu. 2 cm. – Kapitalis. Abb. 190

· HAINRICHa) REINHARTb) ZV INSPRVGG GVS MICH IN M · DCc) · XXI · a) vor dem Wort ein Efeublatt als Zierzeichen; Anfangsbuchstabe vergrößert. b) Anfangsbuchstabe vergrößert. c) folgt Strich auf der Mittellinie als Trennzeichen.

Diese Glocke von 1621 weist engste gestalterische Parallelen zur drei Jahre älteren Glocke aus der Gießerei Reinharts auf, die sich heute ebenfalls in der Rochuskapelle befindet (vgl. Kat.-Nr. 325). Im Unterschied zu jener ist die ursprüngliche Bestimmung des gegenständlichen Instruments für die Rochuskapelle jedoch durch die entsprechenden Reliefs am Mantel gesichert. 1) Vielleicht kann man in dem Bischof den Hl. Wolfgang sehen, dessen Verehrung im Augsburger Stift St. Ulrich und Afra ein Zentrum hatte; damit würde in der Wahl des Heiligen die Zugehörigkeit dieses Teils des Außerferns zur Diözese Augsburg einen Ausdruck finden (erst seit 1816 gehörte das Dekanat Breiten- wang zur Diözese Brixen, heute zur Diözese Innsbruck). Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 169 und 517. – Ammann, Oberland 101. – Dehio Tirol 196. – Wernisch, Glockenkunde 195.

329 Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1625, 1634, 1638, 1640 (?)

Graffiti (historische Nachricht, Spruchinschrift und belehrende Inschrift, Namensinschriften und Jahreszahlen), Rötelstift, auf der Hinterseite des Hochaltares (Kat.-Nr. 324) angebracht. An der rechten Kante der rückseitigen Verschalung des Schreins ist ein senkrechtes, weiß getünchtes Brett aus Lärchenholz mit sechs untereinander angeordneten Inschriften versehen. Dabei wird die links von einem jüngeren Brett geringfügig überdeckte oberste in den Bearbeitungszeitraum fallende, schwer lesbare zehnzeilige Inschrift (I) von der darunter liegenden zweizeiligen Inschrift (II) durch einen waagrechten Strich getrennt. Direkt anschließend an die zweite Inschrift folgt die einzei- lige dritte (III); die einzeilige vierte wahrt einigen Abstand (IV) und wird von den Oberlängen der ersten Zeile der darunter liegenden achtzeiligen fünften Inschrift teilweise gestört (V). An die fünfte schließt unten unmittelbar die zweizeilige sechste Schriftäußerung an (VI). An der Rückseite des linken Volutenrahmens der Predella zwei weitere Graffiti (oben VII, unten VIII).

307 Auf der gesamten Rückwand des Altars befinden sich weitere Graffiti des 18. und 19. Jahrhun- derts. Bu. 2–3 cm. – Deutsche Schreibschrift (Kurrent). Abb. 197 I. Den 4 May Ano 1640 / [J]ara) hat manb) den Thurn Pey den / [e]rwirdigen gots haus der / weg(en) zwen feurn got g[....] / [v]erprendt darzue destes gli[ck]/lich volgenndts Erpauet / heilund wax Kherzl / feur [....]inisch[...] / 1 Jar Steckh(en) Kher[zl] /1 Per[...] II. Peter Raith zu / Biberwier 1638 III. Sebastian Hezer (16)40c) IV. Johanns höllerstainer V. Hanns Leutl / von Jnnsprugg / der zeiten des / Ernbergischen / Gerichtschreiber / an S(ant) Johans des / Tauferstag im / 1625 VI. Madalena / Zözin Vo[n] [.....] VII. 1625 / Georg Prennigath vndt / Sabina Finkhin Sein haußfr[aw] / Von Naser[ei]t Jch Leb und wais nit / wie Lang VIII. 1634 / O Mensch gedenkh [– – –] / ding in Allen weg[– – –] / so wierst du nit [....] / Sindtig dan des / Leben [– – –] a) Anfangsbuchstabe von jüngerem Brett teilweise überdeckt. b) Bestand: hatman. c) oder (16)70?.

Datum: 1625 Juni 24. Bei diesen Rötelinschriften aus den 1620er bis 1640er Jahren handelt es sich um Namensnennun- gen, wie wir sie im Oberland mehrfach an Altären und im Chorbereich vorfinden1) (vgl. etwa Kat.-Nr. 266). Bei den hier genannten Peter Raith, Sebastian Hezer und Johannes Höllersteiner handelt es sich offenbar um Personen aus Biberwier selbst oder aus dessen Umgebung. Weiters erfahren wir vom Innsbrucker Hans Leutl, er sei Gerichtsschreiber im Gericht Ehrenberg gewe- sen (V). Der aus Nassereith stammende Georg Prennigath könnte angesichts seines ungewöhnli- chen Familiennamens mit den 1608 als Bauherr eines Hauses in Ötz auftretenden Adam Prener- gade (s. Kat.-Nr. 76) verwandt, mutmaßlich dessen Sohn sein. Moralisierende Sprüche, wie sie als Incipit eines bereits um 1500 weit verbreiteten Spruchs (Variationen des Grundschemas: Ich leb und weiß nit wie lang, ich stirb und weiß nit, wann, ich fahr und weiß nit wohin, mich wundert, dass ich fröhlich bin) in Inschrift VII oder in der nur mehr fragmentarisch lesbaren Inschrift VIII greifbar sind, kommen unter den Graffiti des Bearbeitungsgebiets häufig vor (vgl. etwa Kat.-Nr. 229). Besonders bemerkenswert für die Baugeschichte der Rochuskapelle ist der in Inschrift I gegebene Hinweis eines Unbekannten auf eine bauliche Veränderung bzw. einen Neu- bau des Turmes zum 4. Mai 1640. Leider lässt die sehr schwer lesbare Inschrift eine genauere Deutung nicht zu. Tatsächlich steht der Turm über Baufuge am älteren Chor an. 1) Vgl. dazu Einleitung Kap. 6.5.

330 Vils, Kapelle Hl. Anna 1625

Altarblatt Heilige Familie mit Künstlersignatur, Öl auf Leinwand, in Sekundärverwendung als autonomes Bild an der Wand aufgehängt. Hochrechteckiges Gemälde in sekundärem Rahmen: Zentral sitzend Maria mit dem stehenden unbekleideten Jesusknaben, der an der von Maria mit der Linken gehaltenen Rose riecht; links unten sitzend in Gebetsgestus mit überkreuzten Armen

308 die Hl. Anna, rechts knieend der Hl. Joachim, ein aufgeschlagenes Buch mit rotem Schnitt hal- tend, auf dessen Seiten eine links neun-, rechts sechszeilige schwarze Inschrift auf weißem Grund als Text sichtbar ist (I). Hinter Maria links stehend der Erzengel Raffael, links neben diesem unten der Knabe Tobias, oben Abraham. Rechts hinter Maria stehend der Hl. Josef, rechts neben ihm König David mit der Harfe. Am unteren Bildrand mittig ein Stein, darauf eine schwarze Jahreszahl (II). Im rundbogigen oberen Abschluss des Bildfeldes Gott-Vater in Wolkenband mit der Taube des Hl. Geistes. In den beiden oberen Zwickeln je ein kartuschenförmiger, zur Mitte hin gelehnter Wappenschild, der linke (heraldisch) linksgewendet.

Bu. 0,5 cm. – Fraktur und Minuskelantiqua. Abb. 198

I. Jma) Jahr Christ(i) / 1625b) · ist diser / Alter gemalt / vnd auffgericht / worden. / Johann Ludwi(g) / Ertinger Pin=/xit beym / F(ürstlichen) St(ift) / Kempt(en)c) // Od) / Piii / Deuis / Et am / Dauit / Ja II. 1625 · a) J vergrößert rot ausgeführt. b) folgt quadrangelförmiges Trennzeichen. c) folgt Übergang auf die rechte Buchseite. d) Beschriftung der rechten Buchseite mit bis auf die vergrößert ausgeführten Anfangsbuchstaben nicht konsequent sinnvoll zu lesenden Buchstaben in Minuskelantiqua bzw. einzelnen Schäften; die Z. sind zum Großteil durch die Figur Joachims verdeckt.

Wappen: Hoheneck1), Freiberg2).

Der Altar, dessen zentrales Gemälde das gegenständliche Bild ursprünglich dargestellt hatte, könnte als kleinerer Seitenaltar in der Vilser Pfarrkirche zu vermuten sein, in der die Hohenecker, die sichtlich Stifter dieses Altars waren, ihre Grablege besaßen (vgl. Kat.-Nrr. 304, 308 und 334). Freilich wäre angesichts der als Angehörige der Heiligen Familie bildlich dargestellten Hl. Anna auch ein originaler Standort in der Vilser Annenkapelle denkbar. In der Figur des Hl. Joachim hat man im Sinne eines sakralen Identifikationsportraits den Maler des Bildes erkennen wollen3), was angesichts der von der Joachims-Figur dem Betrachter präsen- tierten Signatur nahe liegend erscheint. Es handelt sich um den Allgäuer Künstler Johann Ludwig Ertinger. Damit belegt dieses Werk die engen künstlerischen Beziehungen zwischen dem Außer- fern und dem benachbarten alemannischen Raum4). Die nicht sinnvoll zu lesende Inschrift der rechten Buchseite soll offenbar lateinischen Text simu- lieren, weshalb sie auch im Unterschied zur Fraktur der deutschsprachigen Künstlersignatur in Minuskelantiqua ausgeführt wurde. 1) Abweichend zu Si BayA1, 75 und Taf. 75: in Silber ein schwarzer, rotbezungter Stierkopf mit rotem Hals- abschnitt, vgl auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 333f.. 2) Si Bay 35 und Taf. 32, vgl. Württembergisches Adels- und Wappenbuch 199. 3) Lechner, Grabsteine 170. 4) Vgl. dazu Ammann, Mobilität 400. Lechner, Grabsteine 170. – Ammann, Oberland 396. – Dehio Tirol 839. – Ammann, Mobilität 400. – Hart- mann, Kreuz 78f.

331 Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1625

Meisterinschrift, Farbe auf Putz, unmittelbar über dem Scheitel des zentralen Konsekrationskreu- zes an der Chorostwand. Vor- und Nachname flankieren die Hauptstelle eines Wappenschilds, zu beiden Seiten der Fersenstelle je zwei Stellen einer Jahreszahl. Über dem Oberrand des Schildes eine Initiale. Originaler Schriftcharakter bei rezenter Restaurierung beeinträchtigt.

Bu. 1,5 cm. – Fraktur. Abb. 196

M(eister)a) / · Johannßb) // J äch c) / · 1d) · 6 · // · 25 ·

309 a) oder M(aler); kapitales M; der Buchstabe liegt zentriert über dem Oberrand des Wappens. b) so wohl der ursprüngliche Bestand; an das zweite n bei Restaurierung ein e-Bogen angefügt; vor dem Wort Quadrangel mit angehängten Zierhäkchen. c) alle folgenden Trennzeichen auf der Grundlinie liegende Quadrangeln mit links und rechts angesetzten kurzen haarfeinen rechtsschrägen Strichen. d) 1 vergrößert.

Wappen: Malerzunft1). Die Inschrift belegt den Maler Johannes Jäch angesichts der spezifischen Positionierung wohl als den Ausführenden zumindest der Konsekrationskreuze der 1625 geweihten Kapelle2); vielleicht darf man in ihm aber auch den Künstler der mit Stifterinschriften versehenen Wandmalereien von 1610 (?) und 1626 zu beiden Seiten seiner Meisterinschrift sehen (Kat.-Nr. 321). 1) In Rot drei silberne Schilde. 2) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 422 und 436. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 422 und 436.

332† Biberwier, Kapelle Hl. Rochus um 1625?

Stifterinschrift (?) zu einer verlorenen Wandmalerei, im Chor an der nördlichen Triumphbogen- laibung an der Ostseite. Offenbar befand sich über der fragmentierten siebenzeiligen schwarz auf weißem Grund aufgemalten Inschrift in einem ursprünglich wohl querrechteckigen Feld (Reste einer roten Rollwerkrahmung erkennbar) ein hochrechteckiges Bildfeld, das jedoch durch Ver- änderungen am Triumphbogen zusammen mit der linken Seite des Inschriftenfeldes völlig verlo- ren gegangen ist. Die am rechten Rand des Feldes erhaltene Inschrift wurde zudem durch un- sachgemäße Restaurierungsmaßnahmen entstellt. H. (des Inschriftenfeldes) 38 cm, B. ca. 15 cm1), Bu. 4 cm. – Fraktur und Kapitalis (?). – – –]ime Gotta) / [– – –]e[.....]tb) / [– – –] J[....]stb) ge=/[– – –]e[.....]b) / [– – –] Roch(us) /[– – –] OMIDICIoPc) a) so wohl der ursprüngliche Bestand; heute entstellend restauriert zu Hott. b) die erhaltenen Buchstabenre- ste nicht zuordenbar. c) so der aktuelle, durch die Restaurierung völlig entstellte Bestand; O links beschädigt, D verkleinert hochgestellt; eine Rekonstruktion des Originalbestands ist auf der Basis des aktuellen Textes unmöglich; die Schriftart scheint Kapitalis gewesen zu sein.

Eine Datierung der Inschrift auf die Zeit um 1625 ergibt sich aus dem anzunehmenden zeitlichen Zusammenhang mit den anderen, datierten Inschriften zur Wandmalerei im Chor der Kapelle (vgl. Kat.-Nrr. 321 und 331). Die Inschrift ist so stark fragmentiert und zudem entstellt worden, dass eine stichhaltige Aussage über ihren einstigen Inhalt nicht mehr möglich erscheint; es ist immerhin analog zu zwei weiteren Wandmalereien im Chor der Kapelle (Kat.-Nr. 321) wahr- scheinlich, dass es sich um die Stifterinschrift zu einer malerischen Darstellung des Patrons der Kapelle, des Hl. Rochus, gehandelt hat. 1) Die Angabe der Breite bezieht sich auf das heute noch vorhandene Fragment des Inschriftenfeldes. Da der linke Teil der Is. verloren ist, zugleich aber die entstellte Is. keinen Anhaltspunkt mehr zu ihrer Rekon- struktion geben kann, ist die tatsächliche Breite des originalen Feldes nicht mehr zu rekonstruieren.

Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1626

S. Kat.-Nr. 321.

333 Breitenwang, Pfk. Hll. Petrus und Paulus 1628

Epitaph des Christoph Zeiler und seiner Familie, Öl auf Holz, auf dem Friedhof südlich der Pfarrkirche, östlichstes Grabdenkmal unter den Arkaden an der Innenseite der südlichen Umfas-

310 sungsmauer des Friedhofs. Ursprünglich war das Denkmal offenbar im Inneren der Pfarrkirche aufgestellt gewesen1). Das Epitaph mit reduziert ädikulaartigem Aufbau stellt im zentralen quer- rechteckigen Andachtsbild die Segnung der Kinder durch Christus dar. Die Pilaster zu beiden Seiten zeigen links den Hl. Christophorus, rechts die Hl. Barbara, über beiden Darstellungen je ein gold mit schwarzer Schattenachse aufgemalter Titulus (links I, rechts II). Als Aufsatz befindet sich über dem schmalen, seicht verkröpften Gesims eine flache Lünette. In deren Mitte finden sich zwei Eheallianzvollwappen in einem gedrückten Vierpass. Zu beiden Seiten lagert je ein Putto mit Vanitassymbolen. In der Sockelzone unterhalb des Andachtbilds die Beterreihe der Stifterfamilie, flankiert von zwei ovalen 14-zeiligen Inschriftentafeln auf den seichten Kämpfer- blöcken der Sockelzone (links III, rechts IV). Die Stifterfamilie selbst ist in querrechteckigem Bildfeld vor einem grünen Teppich dargestellt, deren kniende Figuren durch Spruchbänder mit schwarz auf weiß aufgemalten Namensbeischriften erklärt werden. In der linken Bildhälfte die männlichen Mitglieder der Familie, zur Bildmitte hin die Figuren von vier Erwachsenen mit Spruchbändern über ihren Köpfen (von rechts nach links V, VI, VII, VIII), am linken Rand sechs Kinder, von denen vier Namensbeischriften über ihren Köpfen haben (von rechts nach links IX, X, XI, XII), zwei unterhalb der Figuren (von rechts XIII, XIV). In der rechten Hälfte finden sich drei erwachsene Frauen, von denen die beiden inneren eine Namensbeischrift auf Höhe der Knie haben (von links nach rechts XV, XVI), die äußere eine oberhalb des Kopfs (XVII) aufweist. Die zwei Figuren von Mädchen, die links vorne nahe der Bildmitte knien, werden ebenfalls von Namensbeischriften begleitet (links oberhalb XVIII, rechts unterhalb XIX). Alle Figuren (außer den Mädchen, die rote Gewänder tragen) sind schwarz gekleidet; die Figur des Christoph Zeiler und jene der Barbara Höss sind zusätzlich durch ihre Wappenschilde (der des Mannes [heraldisch] linksgewendet) gekennzeichnet, die zu ihren Knien aufgemalt wurden2). Alle Inschriften wurden mindestens einmal (im 19. Jahrhundert?) mehr oder weniger stark manipuliert, wodurch sinnent- stellende Fehler aufgetreten sind und der originale Schriftcharakter weitgehend beeinträchtigt wurde.

H. 221 cm, B. 170 cm, Bu. ca. 3,5 cm (I, II), ca. 0,7 cm (III, IV), ca. 0,5 cm (V–XIX). – Kapi- talis (I, II), Fraktur (III–XIX). Abb. 199 und 200

I. S(ANCT) CHRISTOFER II. S(ANCT) BARBARA III. Anno 1628 Den / 15 Dezember starb Der / Eren und vota) Fürnemb Christoff / Zeiler Füreb) Dürdec) Ertzhertzog / Leopold zu Össterreiche ge/wesster SaltzFactor Zue Reite Zoller. / Zue Binswang und Stadtmeister Zue / Leermos, died) Burger des Rates / Zu Bemeldten Reite Deran vode) / Allen Abgestorbnen Christglaubigen / Seelen [der All]mech[ti]gf) [Gott ein]g) / [Friedvoll]h) Auferstehung zu[m] / [ewigen Le]beng) Ge[b]en / wollei) IV. Anno 1628 Den / 9 Feb(ruarii)j) Starb die Eren=/Thugentreich Frau Barbara Hössin des Erenuesten vnd Fur=/Nemben Christoffer Zeillers der Fureb) / Durdtec) Erzhertzog Leopoldt zu Össter(reich) / Saltz Factor zu Reite Zolleren zu / Binswang Vnd Sta[d]elmaistereak) zu / Lermos und Bürgern des Raths / zu Bema͜dlenl) Reite gewesten Else/[liche hausfrau]m) Deren Seelen / der Allmechtig Gott ein / Friedvolln) Auferstehung / Geben wolle V. Christoph Zeiler factor / Zu Reite Zoller Zu Binswa/ng und Leermos stadel/meistero) VI. Paulus Zeiler Für(stlicher) Durdtlc) / Ertzhörtzog Leopoldi zu Össter/reich Zoller zu Ferenstain. VII. Burckhart Zeiler Fürreb) Durdtec) / Ertzhertzog Leopoldi zu Osster/reich Saltz Factor zu Reite

311 VIII. Joseph Zeiler Für(stlicher) Durdtec) / Ertzhortzog Leopoldi zu Össter(reich) / Zoller zue Binswang IX. Johannes Z(eiler) X. Johannes . Z(eiler) XI. Thobias Z(eiler) XII. Berenhardt Z(eiler) XIII. Christoff Z(eiler) XIV. Christoff Z(eiler) XV. Maria ist Verheirat ge/wesst Heren Jacob / Jennichenp) Grichtschrei(ber) XVI. Zusannaq) ist Verheirat / Herrn Adam schreibe(r) / [...]schreiberp) XVII. Barbara Hössin / Christoph Zeil haus/frau XVIII. Rossina XIX. Ceistinar) a) sic! entstellend restauriert statt erenuest vnd; vgl. Is. IV. b) sic! entstellend restauriert statt Fürstl(icher). c) sic! entstellend restauriert statt Durchl(aucht). d) wohl entstellend restauriert aus ursprünglich diezeit. e) Deran vod entstellend restauriert aus Deren vnd. f) von A noch Reste an der Oberlinie erkennbar; erg. nach dem Sinn- zusammenhang. g) erg. nach dem Sinnzusammenhang und analog zu Is. IV. h) erg. nach Is. IV; möglicher- weise aber ursprünglich in beiden Iss. fröhliche o. ä. i) der Versal G in Geben könnte möglicherweise ursprüng- lich ein v gewesen sein; in Verein mit der Tatsache, dass wolle in der Schlusszeile nach etwa einem Wort Freiraum in der rechten Zeilenhälfte steht, könnte der ursprüngliche Text ver/leihen wolle gelautet haben. j) von e nur der Schaft sichtbar, nach b Bestand der Kürzung entstellend restauriert. k) sic! über dem ea ein Kürzungsstrich; ursprünglich wohl bloß stadelmaistern oder stadelmaisters. l) sic! entstellend restauriert aus Gemeldten. m) sic! Else entstellend restauriert aus Ehe; erg. nach dem Sinnzusammenhang und dem zur Ver- fügung stehenden Raum vor Deren in der rechten Hälfte der Z. n) statt dem zeitgenössisch ungewöhnlichen Friedvoll vielleicht ursprünglich Fröliche o. ä. o) letze Z. eingerückt in halber Buchstabengröße. p) Wort schlecht erhalten. q) sic! entstellend restauriert statt Susanna. r) sic! entstellend restauriert statt Cristina.

Wappen: Zeiler3), Höss4). Die Familie Zeiler gehörte im 17. und 18. Jahrhundert zu jenen einflussreichen Familien von Reutte, die sich nicht zuletzt im Handel mit Salz im Oberland engagierten5). Bereits am 15. Juli 1567 hatten die Brüder Paul und Bernhard Zeiler für die geleisteten Dienste in den Türkenkrie- gen, an denen Paul offenbar als Trompeter und Musiker teilgenommen hatte, eine Wappenbes- serung erhalten6). Der in Inschrift III und V genannte Christoph Zeiler war das erste Mitglied der Familie, das als Salzmeister von Reutte fungierte; seit 1615 kann er als Inhaber dieses Amtes nachgewiesen wer- den7). Da es sich bei Reutte um eines der Zentren des Salzhandels im Außerfern handelte, be- gründete dies eine einträgliche Stellung. Christoph war bereits 1600 zum Bürger von Reutte geworden und hatte auch das Amt eines Waldmeisters inne8). Nach Bauer und Strolz hatte Chri- stoph Zeiler auch den Gasthof „Zum Goldenen Hirschen“ am Reuttener Marktplatz erworben, was durch die reiche Mitgift seiner Frau ermöglicht worden sei9). Barbara Höss (IV und XVII), die Frau Christoph Zeilers, stammte ebenfalls aus einer angesehenen Reuttener Familie. In drei Urkunden vom Oktober des Jahres 1642 wird ihr Verwandter, ein Zöllner Hans Höss, erwähnt, der einmal direkt hinter dem Salzfaktor Paul Zeiler (Barbaras Sohn) genannt ist; auch dieser Umstand mag die enge Verbindung der beiden Familien, zumindest aber ihre gemeinsame regionale Bedeutung belegen10).

312 Der in Inschrift VII genannte Sohn von Christoph Zeiler und Barbara Höss, Burkhard, wird hier zugleich mit seinem damals eben verstorbenen Vater bereits als Salzfaktor von Reutte genannt. Burkhard soll unter seinem chronisch schlechten Gesundheitszustand gelitten haben; vielleicht aufgrund der fortwährenden Krankheit kam es zu Fehlern in seinen Abrechnungen, so dass zu- nehmend sein Bruder Paul die Geschäfte als Salzfaktor übernahm11). Der in Inschrift VI genannte Paul Zeiler kann seit 1628 als Pfandinhaber am Fernstein nachge- wiesen werden12). Bald erwarb er das Amt seines Bruders und wurde Salzfaktor; zusammen mit seinem Bruder Josef (VIII), der ebenfalls Salzmeister geworden war, lässt er sich in einem Rechts- geschäft der 1630er Jahre greifen; allein tritt der Salzfaktor Paul als Vertreter des Marktes Reut- te in einem Rechtsstreit vom 8. Oktober 1642 auf13). Von den übrigen sechs Söhnen Christoph Zeilers, die in den Inschriften IX bis XIV genannt werden, ist nur mehr ein Johannes archivalisch zu belegen, der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts das Amt eines Salzfaktors bekleidete14). Dabei dürfte es sich um den Johannes aus Inschrift X handeln, da die Figur des in Inschrift IX genannten Johannes 1628 bereits mit einem Kreuz bezeichnet ist und dieser somit bereits jung verstorben sein dürfte. Die Zugehörigkeit der Zeiler zu einer lokalen bürgerlichen Funktionselite bilden auch die Ehe- verbindungen der Töchter ab. Der als Gerichtsschreiber bezeichnete Jakob Jennich (XV), Ehe- mann der Maria Zeiler, könnte ein Verwandter jener Katharina Jemnich gewesen sein, die zu- sammen mit ihrem Mann Urban Bale 1626 als Auftraggeberin der neuen Fassadengestaltung des Hauses Ladis Nr. 6 fungierte (s. Kat.-Nr. 252). Den in der Inschrift als Mann der Susanna Zeiler genannten Adam Schreiber (XVI) können wir im fraglichen Zeitraum in zwei Urkunden greifen: So erfolgte eine Rodausteilung im Jahr 1628 vor dem Reuttener Rathaus durch den Bürgermei- ster Tobias Keller und Adam Schreiber15). In einer Urkunde vom 29. März 1629 wird die Instruk- tion für den Waagmeister des Ballhauses und für den Stadelgeldeintreiber zu Reutte vor dem Richter Josef Täsch, dem Reuttener Bürgermeister Hans Hafenlueg, dem Baumeister Adam Schreiber und Hans Meßmer erlassen16). Dürfen wir in diesen Urkunden jenen Adam Schreiber erkennen, der in der Inschrift XVI genannt wird, so handelte es sich auch bei ihm um einen für den Markt Reutte durchaus wichtigen Mann. Die Inschriften auf dem Epitaph der Familie Christoph Zeilers sind jedenfalls – wohl durchaus im Sinne des Verstorbenen – auch ein Beleg für den sozialen Aufstieg der Familie, die sich be- mühte, in Reutte eine prestigereiche, angesehene Position zu erlangen. Dies wurde – neben der Sicherung des Amtes eines Reuttener Salzfaktors für die Erben der Familie – nicht zuletzt durch die Heiraten erreicht. Die Familie sollte die dadurch etablierte gesellschaftliche Position auch im folgenden Jahrhundert behalten; in der nahe gelegenen Totenkapelle nördlich der Pfarrkirche haben sich mehrere Grabmonumente von Mitgliedern der Familie Zeiler aus dem 18. Jahrhundert erhalten. Mehrere der Beterfiguren des Epitaphs tragen einen goldenen Rosenkranz, der von ihren gefal- teten Händen herabhängt, und einige haben ein rotes Kreuz auf die gefalteten Hände aufgesetzt bekommen. Das rote Kreuz wurde in vergleichbaren Darstellungen meist nach dem Tod der betreffenden Person ergänzt; im Fall dieses Epitaphs scheint diese Sitte nach der Fertigstellung nicht weitergeführt worden zu sein, da (scheinbar konsequent) das rote Kreuz bei jenen Famili- enangehörigen fehlt, die auch in den Inschriften des Epitaphs noch als lebend bezeichnet werden. Daraus folgt umgekehrt, dass die Träger eines roten Kreuzes 1628 bereits verstorben gewesen sein müssten. Dies trifft auf die Figuren bei den Inschriften V, IX, XIII, (XIV unklar), XV, XVII und XIX zu. 1) Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 520, der jedoch leider weder Quelle noch Zeitpunkt für die Ver- setzung nennt. 2) Die Wappen entsprechen den beiden Wappen im Aufsatz des Epitaphs; zur Blasonierung vgl. Anm. 3 und 4. 3) Si Bg6, 37 und Taf. 40. 4) Schwarz-silber gespalten, mit einem wilden Mann mit Schwert in der Rechten belegt; ein Stechhelm mit schwarz-goldener Helmdecke, aus dem Helmwulst der wilde Mann des Schildes wachsend. 5) Bauer, Persönlichkeiten 142f. und Bauer, Zeiller-Familie. Dies zeigen nicht zuletzt auch die häufigen Erwähnungen von Mitgliedern der Familie in den Außerferner Gemeindearchiven; vgl. die Einträge im Register von Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2 (unter Zeil[l]er). Zum Salzhandel im Außerfern vgl. zu- sammenfassend Egg/Pfaundler/Pizzinini, Von allerley Werkleuten 268f. 6) Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/M80. Dem im Wappenbrief gebesserten Wappen entspricht auch der mehrfach auf dem Epitaph auftauchende Wappenschild der Familie. 7) Bauer, Persönlichkeiten 143; Bauer, Zeiller-Familie 415 und Strolz, Salzstraße 87.

313 8) Vgl. Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/309; 1, 9/2 und 30/52; 2, 28/85 und 28/M67. Als Waldmeister kann Christoph Zeiler in diesen Urkunden für und (17. Mai 1613), Reutte/Breitenwang (1614), sowie in einer Urkunde zu den Nachtwächtern (Reutte, 12. Januar 1614) nachgewiesen werden. 9) Leider geben weder Bauer noch Strolz hierfür einen Beleg an; Bauer, Persönlichkeiten 143; Bauer, Zeiller- Familie 415 und Strolz, Salzstraße 87. 10) Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/91–93. Zu den Höss vgl. auch die dortigen Registereinträge ebda unter Höss (Höß, Hösß). 11) So zumindest Strolz, Salzstraße 88. 12) Werkner, Fernstein 237. Vgl. auch die Stammtafel bei Bauer, Zeiller-Familie 418. 13) In der erstgenannten Urkunde geht es um eine Rücküberweisung von 20.134 fl durch die oberösterreichi- sche Kammer für die Salzfaktoren Josef und Paul Zeiller, die sich etwa durch den Weinaufschlag und die Soldatenverpflegungen zwischen 1632 und 1636 ergab; Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/197. Die zweite Urkunde ebda, 28/91. 14) Strolz, Salzstraße 89. Nach der Genealogie von Strolz wurde dieser Johann auch zum Stammhalter der Zoller; ebda, 122. Die Stammtafel bei Bauer nennt Johanns Lebenszeit (1617–1697) und seine zwei Frauen, Elisabeth Suitner und Elisabeth Gohlin; Bauer, Zeiller-Familie 418. 15) Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/285. 16) Die Urkunde ist in einer Abschrift vom 10. Mai 1670 erhalten; vgl. Hölzl, Gemeindearchive Reutte 2, 28/ M70. Ammann, Oberland 112. – Dehio Tirol 208f. – Werkner, Fernstein 237. – Bauer, Zeiller-Familie 414f. und 418. – Bauer, Persönlichkeiten 142f. – Palme-Comploy, Dorf 238. – Strolz, Salzstraße 85–92 und 122. – An- dergassen, Renaissancealtäre (2007) 520.

334 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1629

Wappengrabplatte der Maria Magdalena von Hoheneck, roter, weiß geäderter Marmor, innen an der südlichen Triumphbogenlaibung. Der hochrechteckige Stein zeigt übereinander zwei annä- hernd quadratische, leicht vertiefte Felder. Im oberen befindet sich ein Lorbeerkranz, der einen linksgewendeten Wappenschild umfängt. Das untere Feld beinhaltet die neunzeilige Inschrift, die vierte und die letzte Zeile sind jeweils zentriert. Steinoberfläche stark porös und teilweise ausge- wittert.

H. 101 cm, B. 49 cm, Bu. ca. 2,5 cm. – Fraktur. Abb. 201

Jna) dem Jar des Herren · 1629 · / den · 15 · Septembris Ende Jch / Maria Magdalena von Hocheneckh / mein leben · / Jch lig mues vor den Jaren fort / dem tod ein spott der Muetter ein mord, / Nit · 16 · Jar alt · hin [ist]b) die Zeitt · / hiet dich vor sind vnd sey beraitt / Mir ist wol · a) Trennzeichen punktförmig. b) Beschädigung durch einen rechtsschrägen Sprung im Stein.

Deutsche Reimverse.

Wappen: Hoheneck1).

Die Inschrift auf der Grabplatte für die knapp sechzehnjährige Maria Magdalena von Hoheneck zeigt eine klare Gliederung: Während die oberen drei Zeilen, abgeschlossen durch die vierte, zentrierte Zeile, Todesjahr und -tag angeben, ist der zweite Block (Zeile 5–8) in Form eines Gedichtes gehalten, wie es sich gerade auf Grabdenkmälern für Kinder nicht ganz selten finden lässt. Abgeschlossen wird die Inschrift durch die neunte Zeile, die wie die vierte zentriert wurde und mit dem Text Mir ist wol eine tröstliche Apostrophe der Verstorbenen an ihre Hinterbliebenen beinhaltet. Neben diesem sind noch zwei andere Grabmonumente der Familie Hoheneck in der Pfarrkirche von Vils erhalten geblieben (vgl. Kat.-Nrr. 304 und 308). 1) Si BayA1, 75 und Taf. 75, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 333f..

314 Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 176. – Lechner, Grabsteine 170. – Wieland, Geschichte 75. – Weingartner, Vils 252. – Ammann, Oberland 395. – Dehio Tirol 839. – Bader, „Gotshaus“ 91f. – Seufert, Pfarrkirche 13f.

335 Reutte, Pfk. und Franziskanerklosterkirche Hl. Anna 1633

Epitaph des Kaspar Bissinger, Kupferlegierung (Bronze?), innen an der Langhaussüdwand zwi- schen Sakristeitür und Beichtstuhl. Die hochovale, von schmalem Lorbeerkranz gerahmte Tafel zeigt in der oberen Hälfte ein Vollwappen, in der unteren Hälfte die erhaben ausgeführte, acht- zeilig gestaffelt zentrierte Inschrift und am unteren Rand einen Totenschädel über zwei gekreuz- ten Knochen. H. 108 cm, B. 90 cm, Bu. 2–2,2 cm, 3 cm (Versalien). – Kapitalis. Umschlaghinterseite PIA MEMORIAa) / NOBILISb) ETb) STRENVIb) DOMINIb) / CASPARI BISSINGERa) / CAPITANEIb) . ETb) SVPREMIb) VIGILIARVMb) / PRA͜EFECTIb) . / OBYTa) / INb) SCHARNIZIANISb) FINIBVSb) . / AN(NO) M . DC . XXXIII . MENS(E)b) [A]PR(ILI) D(IE) XVI . a) gesamte Z. vergrößert. b) Anfangsbuchstabe vergrößert. In frommem Angedenken an den edlen und gestrengen Herrn Kaspar Bissinger, Hauptmann und Oberstwacht- meister. Er starb im Gebiet von Scharnitz im Jahre 1633, im Monat April, am 16. Tag. Wappen: Bissinger1). Das als Metallgussarbeit für das Bearbeitungsgebiet typologisch ungewöhnliche Grabdenkmal ist ein Zeugnis aus der Zeit des 30-jährigen Krieges, der gerade zu Beginn der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts mit einem Vorstoß der Schweden die Gegend Schwabens und des Außerferns erfasst hatte2). Als Militär nahm Bissinger offensichtlich selbst an den Kampfhandlungen teil, die bereits 1632 seinen späteren Beisetzungsort erreicht hatten, als schwedische Truppen unter Bernhard von Weimar das erst 1628 auf landesfürstliche Initiative hin gegründete Franziskanerkloster in Reut- te plünderten und die Fratres verjagten3). Auch die inschriftliche Titulatur Bissingers, dessen redendes Wappen als einigermaßen kurios gelten darf, lässt keinen Zweifel daran, dass er entgegen älteren Ansichten kein Angehöriger des Reuttener Konvents, sondern (offenbar kaiserlicher) Of- fizier war4). Die Formen der qualitätvollen Kapitalis der Inschrift weisen engste Beziehungen zur Inschrift der Kaspar Gras zugeschriebenen Gedenktafel auf den Besuch Erzherzog Leopolds V. und der Claudia de’ Medici bei Fortunat von Wolkenstein auf Schloss Rodeneck im Jahr 16285) auf. Selbst die Pferdekinnbacken des gegenständlichen Epitaphs lassen sich mit den dort im Rahmendekor der querovalen Tafel auftretenden Pferdeschädeln stilistisch parallelisieren. An der Herkunft des Bissinger-Epitaphs aus der Werkstatt Gras’ dürfte demnach kaum zu zweifeln sein. 1) Zwei senkrecht gestellte, einander zugewendete Pferdekinnbacken (Unterkiefer); Spangenhelm mit dem Bild des Schildes zwischen zwei Büffelhörnern. 2) 1632 drangen die schwedischen Truppen bis nach Reutte vor und insbesondere 1634 erneuerte sich die akute Kriegsgefahr in dieser Tiroler Grenzregion; vgl. Schennach, Landesverteidigung 25–27 und Palme, Geschichte 51. 3) Nothegger, St. Anna 4 und 13; Fuchs, Heimat 42 und Lipp, Kirchengeschichte 225f. 4) Damit ist die Angabe bei Fischnaler, Wappen-Schlüssel 2, 355 falsch, der Bissinger als Präfekten der Fran- ziskaner identifiziert. So verwundert es auch nicht, dass ein Bissinger in der Liste der Guardiane des Reuttener Franziskanerklosters in dieser Zeit fehlt; vgl. Lipp, Kirchengeschichte 226. 5) TLMF, Inv.-Nr. B 198, s. Caramelle, Kat.-Nr. 90. Ammann, Oberland 296. – Dehio Tirol 644.

315 Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1634

S. Kat.-Nr. 329.

336 Schattwald, Pfk. Hl. Wolfgang 1636

Grabkreuz der Anna Linhart, roter Marmor, an der Außenwand der Sakristei. Aus breitem Sockel mit Steinmetzzeichen (?, s. Nachzeichnung im Anhang) wachsendes lateinisches Kreuz mit abge- flacht dreieckigen Enden, bewinkelt von kleinen Volutspangen (die rechte obere fehlt). Im Schnitt- punkt von Kreuzesstamm und Balken unterbricht ein erhaben gearbeitetes Jesusmonogramm (I) in längsovalem Medaillon mit erhabener Eierstab- bzw. Perlschnurrahmung das über eine seich- te Hohlkehle vertiefte, den Konturen des Kreuzes folgende Inschriftenfeld, das die 13-zeilige Inschrift trägt (II, die ersten drei Zeilen im oberen Teil des Kreuzesstamms, die vierte bis sechste Zeile auf beiden Balken, die letzten sieben Zeilen im unteren Teil des Kreuzesstamms).

H. 86 cm, B. 42 cm, Bu. 6 cm (I) bzw. 3,5 cm (II). – Kapitalis. Abb. 202

I. IES(VS)a) II. ANNO / 1636b) · / DENc) · 28 / OCTO=//BERd) · / STARPe) // A N͜NA / LINH//ARTE · / GOT · / SEI · DER · / SELEN · / GNEDIG / VND BA=/RM͜HERZ/IG · AM͜EN · a) Nomen sacrum; Bestand: IHS, auf dem Balken des H ein lateinisches Kreuz. b) 3 beschädigt, aber noch sicher zu lesen; es folgt ein paragraphzeichenförmiges Füllzeichen; Trennzeichen quadrangelförmig bzw. Drei- spitze. c) D, den Zwickel zwischen dem Medaillon des Jesusmonogramms und der linken Kante des Kreu- zesstamms ausfüllend, unter die Grundlinie vergrößert. d) Abteilungszeichen zwei kurze rechtsschräge Striche an der Oberlinie; unterbrochen durch Medaillon mit Jesusmonogramm. e) sic! A, einer offenbar schon ursprünglich vorhandenen Beschädigung im Stein ausweichend, deutlich verkleinert.

Die Inschrift nennt Anna Linhart, die am 28. Oktober 1636 verstarb1). Ihr Grabdenkmal weist deutliche Parallelen zu dem daneben aufgestellten, aus demselben Jahr stammenden Grabkreuz des Michael Zobel (Kat.-Nr. 337) auf, das angesichts der übereinstimmenden Schriftformen wohl aus derselben Werkstatt stammt. 1) Diese Datierung, die auf dem Stein einwandfrei lesbar ist, widerspricht dem bei Dehio und Ammann gegebenen Datum 1667; Ammann, Oberland 325 und Dehio Tirol 685. Denkbar wäre allenfalls eine Da- tierung auf 1676, wenn man die beschädigte spitze 3 als 7 lesen möchte, doch ist neben der eindeutigen Lesung der 3 im heutigen Bestand auch der Vergleich mit dem ähnlichen Grabkreuz des Michael Zobel aus dem gleichen Jahr (vgl. Kat.-Nr. 337) ein deutliches Indiz für die frühere Datierung. Hochenegg, Kirchen 250. – Ammann, Oberland 325. – Dehio Tirol 685.

337 Schattwald, Pfk. Hl. Wolfgang 1636

Grabkreuz des Michael Zobel, roter Marmor, an der Außenwand der Sakristei. Aus breitem, im ursprünglich in der Erde befindlichen Teil grob behauenem, im sichtbaren Teil glockenförmig geschweiftem und mit Totenschädel über gekreuztem Gebein reliefiertem Sockel mit Steinmetz- zeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1) wachsendes breites lateinisches Kreuz mit abgetreppt eingezogenen Enden. Das über Hohlkehle vertiefte, den Konturen des Kreuzes folgende Inschrif- tenfeld trägt die zehnzeilige Inschrift; die ersten drei und die letzten vier Zeilen nehmen den Kreuzesstamm ein, Zeile 4 bis 6 sind in die Kreuzesbalken eingehauen. Der Stein ist oben links oberflächlich beschädigt.

H. 86 cm, B. 42 cm, Bu. 3,5 cm. – Kapitalis. Abb. 203

316 [A]N͜NOa) / [· 1]6 · 36 · / DEN 4 / NOVEMBPERb) / STA͜RB DER · ERBER · MICH=/ELc) · ZOBEL · AV[F] DER · / WIS GOTd) · / SEI · DER · / SELE · GN=/EDIGc) · A(ME)N a) O aus Rücksicht auf die Rahmenkontur deutlich kleiner als die beiden N ausgeführt; als Trennzeichen Dreispitze, außer Z. 6, erstes und drittes Trennzeichen quadrangelförmig. b) sic! c) Abteilungsstriche au- ßerhalb des Inschriftenfeldes auf der Hohlkehlenleiste eingehauen. d) O verkleinert.

Das Grabkreuz erinnert an Michael Zobel, der offenbar in Schattwald „auf der Wies“ nahe der heutigen Kirche ansässig war. Möglicherweise war er mit dem späteren Richter und Gerichts- schreiber von Pfunds, Wilhelm Zobel (vgl. Kat.-Nr. 273), verwandt. Die spätmittelalterliche Schattwalder Kapelle, die erst im 17. Jahrhundert erweitert und 1699 zur Kaplaneikirche erhoben wurde – Bestattungen der nahe wohnenden Pfarrangehörigen scheinen angesichts des vorliegen- den und eines zweiten Grabkreuzes (Kat.-Nr. 336) jedoch schon zuvor an der Kapelle durchge- führt worden zu sein – hieß nach dem nahe gelegenen Dörfchen ebenfalls Kapelle „auf der Wies“1). Bei der Pfarrkirche Schattwald hat sich ein ganz ähnliches Grabkreuz erhalten, das aus demselben Jahr datiert und laut seiner mit identischen Schriftformen ausgeführten Inschrift für Anna Linhart errichtet wurde (vgl. Kat.-Nr. 336). Zwar ist eine direkte Beziehung zwischen den beiden Ver- storbenen nicht bekannt, doch handelt es sich bei den Zobel und Linhart um zwei Familien, die im 17. Jahrhundert in Tannheim einige Bedeutung besaßen; in einem Gerichtsprotokoll vom 9./10. Oktober 1696 werden in einer längeren Liste u. a. mehrere Mitglieder der beiden Famili- en genannt2). Vielleicht bestanden zwischen beiden Familien zu Anfang des Jahrhunderts ver- wandtschaftliche Verbindungen, die sich auch in der Anfertigung der beiden Grabdenkmäler in derselben Werkstatt ausdrückten. Einen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen könn- te man in der 1635 in dieser Gegend grassierenden Pest vermuten3). Beide Denkmäler zeigen durchwegs schlank proportionierte, eher dünnstrichige Buchstaben. Einer gewissen Neigung zu fast spitzovalen Formen folgen O und besonders C sowie G mit rechtwinkelig gebrochener Cauda. A besitzt wenigstens einmal (Kat.-Nr. 336, erster Buchstabe) einen gebrochenen Balken, die beiden Bögen von B sind gleich groß, E hat gleich lange obere und untere sowie stark verkürzten Mittelbalken, M erscheint in moderat konischer Form mit hoch angesetztem Mittelteil, R weist im Interesse einer geringen Breitenausdehnung eine geschwun- gene und einwärts gerichtete Cauda auf. 1) Vgl. etwa Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 873. 2) Hölzl, Gemeindearchive Reutte 32/91. 3) Vgl. dazu Kleiner, Tannheim 86f. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 873. – Hochenegg, Kirchen 250. – Ammann, Oberland 325. – Dehio Tirol 685.

Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1638

S. Kat.-Nr. 329.

Biberwier, Kapelle Hl. Rochus 1640 (?)

S. Kat.-Nr. 329.

338† , Pfk. Mariä Heimsuchung 1642?

Glocke mit Glockenrede, offenbar noch 1891 im Turm, zusammen mit den anderen alten Glocken der Pfarrkirche wohl in einem der beiden Weltkriege eingeschmolzen. Das gegenständliche In- strument soll nach Tinkhauser/Rapp die älteste Ehrwalder Glocke gewesen und „im J(ahr) 1642 bald nach der Erbauung der Kirche von Hanns Diebolt Allgäuer zu Ulm gegossen“ worden sein1). Da diese Angabe vermutlich der Inschrift der Glocke entnommen worden war, dürfte neben der

317 im Wortlaut überlieferten Glockenrede auch noch ein entsprechender Gussvermerk existiert ha- ben. Standortangabe und Text nach Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 458. Ich lob Gott mit meinem Klang – Zum Lob ruef ich das Volk zusamm – Ich bitt, o Herr, bewahr die Gmain – Dein heilge Engl laß stets da sein – Erschlag durch dein Kreutz und Nam – Den Satan und sein Anhang Deutsche Reimverse.

Das von Tinkhauser/Rapp referierte Gussjahr der Glocke, 1642, als „kurz nach der Erbauung der Kirche“ steht im Widerspruch zur erst 1648 anzusetzenden Errichtung des Gotteshauses. So ist der Glockenguss erst zu 1648 oder später anzunehmen, sofern die Glocke nicht erst sekundär von unbekanntem ursprünglichen Standort nach Ehrwald gelangte2). 1) Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 458. Zur Jz. vgl. den Kommentar. 2) Ammann, Oberland 116; Dehio Tirol 231 und Kecht, Geschichte 183. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 458. – Kecht, Geschichte 183. – Ammann, Oberland 116. – Dehio Tirol 231.

339 Bschlabs (Pfafflar), Kaplaneikirche Maria Schnee 1649

Glocke mit Gussvermerk in Form einer Glockenrede und Angabe des Gussjahres, im Turm. Am Hals zwischen zwei doppelten Stableisten ein vegetabiler, mit Cherubsköpfen angereicherter Fries, nach unten anschließend ein Maßwerkfries. Auf der einen Seite des Mantels hochrechteckiges Relief Kreuzigungsgruppe, darunter eine Jahreszahl (I), gerahmt von drei großformatigen Blät- tern. Auf der gegenüberliegenden Seite des Mantels querrechteckige, zweizeilig beschriftete In- schriftentafel (II). Diese zweite Inschrift ist heute für eine Bearbeitung nicht mehr ausreichend zugänglich und wird deshalb nach den Fotos aus dem BDA Tirol wiedergegeben. Auf dieser Seite der Glocke befindet sich auch eine Halbfigur Maria mit Kind auf Wolkenband. Bu. 2 cm (I). – Fraktur. Text von Inschrift II nach drei Fotos im Bildarchiv des BDA Tirol. I. 1649 II. Bartholome Kötelat / guss mich im 1649 Bartlmä (Bartholomäus) Köttelath war seit 1643 als Gießer in Innsbruck tätig; die von ihm ge- fertigten heute noch erhaltenen Glocken datieren in den Zeitraum zwischen 1646 und 16671). Aus Bschlabs hat sich auch eine ältere Glocke erhalten, die sich heute im Glockenmuseum Grassmayr befindet (vgl. Kat.-Nr. 289). Die Schrift nimmt – abgesehen von den schwungvolleren Versalien B und K – mit ihrer streng an einem Gitternetz orientierten Stilisierung (besonders deutlich an den mehrschaftigen Buchsta- ben wie etwa m oder u) den allgemeinen Eindruck der Gotischen Minuskel an. Nur vereinzelt bricht ein Buchstabe aus diesem Schema aus (vor allem h in mich). Die Glocke wurde im Zweiten Weltkrieg abgenommen, jedoch nicht eingeschmolzen2). 1) Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 170. Vgl. Wernisch, Glockenkunde 196. 2) Dies belegen die benützten drei Fotos der abgenommenen Glocke im Bildarchiv des BDA Tirol. Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 170 und 518. – Ammann, Oberland 278. – Dehio Tirol 603. – Wernisch, Glockenkunde 196.

318 340 Vils, Kapelle Hl. Anna 1653

Glocke mit Angabe des Gussjahres, im Turm. Am Hals zwischen doppelten Stableisten Wellen- rankenfries. Am Mantel Relief Maria mit Kind auf der Mondsichel, flankiert von je zwei Stellen der Jahreszahl. Bu. 1 cm. 16//53a) a) Unterbrechung durch Relief. Der Gießer der Glocke ist nicht bekannt. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 531. – Weissenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 560. – Ammann, Oberland 396. – Dehio Tirol 839.

341† , Pfk. Hl. Laurentius 1662

Grabdenkmal des Oswald Jäger, roter Marmor, 1891 am südlichen Eingang des Friedhofs, Zeit- punkt des Verlusts unbekannt. Material- und Standortangabe sowie Text nach Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 369. Oswald Jäger starb den 10. Dez(ember) 1662. Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 368f.

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