UNTERNEHMENSFÜHRUNG Revolution in der Chefetage: Der Aufsichtsratsvorsitzende wächst in eine dominante Rolle, auch auf Druck der Investoren. Die neue Souveränität schafft Konflikte im Verhältnis zum CEO.

em rührseligen Ritual mag sich keiner ver­ weigern, der ein Unternehmen dem Ka­ pitalmarkt übereignet. So hat auch der DER HYPER· Niederländer Peter Terium (53), Chef der AKTIVE Als CEO steuerte RWE-Abspaltung namens Innogy, am Wolfgang Reitzle 7. Oktober, im Angesicht der ersten Kurs­ (r.) den Gasekon­ notiz, die Börsenglocke freudig und strah­ zern Linde jahre­ lang durch trübes lend geläutet (,,ein super, super Tag"). Fahrwasser. Mit Das Zeremoniell schaffte es sogar ins beachtlichem Er­ ,,Heute Journal". Es handelte sich schließ­ folg. Als Aufsichts­ lich um die größte Aktienplatzierung seit ratsvorsitzender räumt er nun auf, dem Jahr 2000; der Innogy-Wert, in dem als müsste er Ökostrom, Vertrieb und Energienetze ge­ tagtäglich seinen bündelt sind, notierte zu Handelsschluss Ruf als Mister bei 20 Milliarden Euro. Linde erneut unter Beweis Der kleine, schlanke Mann, der be­ stellen. trächtlichen Anteil an diesem Erfolg hat, obwohl er erst seit einem halben Jahr am­ tiert, hält sich im Hintergrund: Werner Brandt (62), Aufsichtsratsvorsitzender sowohl der Mutterfirma RWE als auch der Tochter Innogy. Brandt, seit seiner glor­ reichen Zeit als SAP-Finanzvorstand bei Börsianern hoch angesehen, versteht sich auf den Umgang mit Investoren. Er hat wohl auch in diesem !PO-Fall Beden- > managermagazin NOVEMBER 2016

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ken im Vorfeld ausräumen können, sich aus in eine dominantere Posi­ Die sollten fortan ihren eigenen An­ seinen doppelten Kontrolleursjob tion, mischen sich ins Tagesgeschäft legern berichten, wie sie auf Haupt­ betreffend oder die künftigen Ge­ ein, organisieren sich professionell, versammlungen votieren wollten. schäftsbeziehungen zwischen Mut­ mit eigenem Equipment und eigener Verbunden mit der Empfehlung, mit ter und Tochter. Entourage: mein Büro, mein Perso­ dem Management Kontakt zu hal­ Der Aufpasser, der auch dem Auf­ nal, mein Anwalt, mein Sprecher. ten. Bei Fragen zum Thema Corpo­ sichtsrat von ProSiebenSat.1 vorsitzt Der Wandel ist auch in ihrem In­ rate Governance heißt das: Der Auf­ und als einer der machtvollsten teresse. Früher waren sie in erster sichtsratsvorsitzende wird verlangt. Unternehmenswächter der Republik Linie für die Honneurs zuständig, Die EU griff den Vorstoß auf. In gilt, will sich zu diesem Sujet nicht nickten ab und gelegentlich ein; einer neu gefassten Aktionärsrechte­ weiter äußern. Primär sei der Dia­ jetzt drohen ihnen - bei verstärkter richtl inie, derzeit in Arbeit, sollen log mit dem Kapitalmarkt Aufgabe Haftung und Aggressivität der An­ auch deutsche institutionelle In­ des Vorstands. Aber, ja, er habe „ver• leger - Schadensersatzklagen und vestoren entsprechend angewiesen einzelt" mit Investoren geredet, Jobverlust. werden. über Govemance-Themen. Konkre­ Bei der Avantgarde der Aufsicht Als Vorreiter sieht sich die Fonds­ teres ist Mister Diskret nicht zu steigert sich der Geltungsdrang bis­ gesellschaft Union Investment. entlocken. weilen ins Hyperaktive. Was Kon­ Portfoliomanager Ingo Speich (39), Brandt steht für einen neuen fliktpotenzial birgt - wenn der CEO für Aktien und Corporate Gover­ Trend, manche sprechen gar von DERENGA· in die Rolle der Nummer zwei ge­ nance zuständig, spricht regelmäßig einer Revolution. Der Aufsichtsrats­ GIERTE drückt wird. So stellt sich die ewig mit 28 der 30 Dax-ARV: ,,Wir suchen Den neuen ­ vorsitzende (ARV) bekommt ein Vorstandschef junge Governance-Frage neu: Wer seit Jahren den Kontakt, das ist für immer stärkeres Gewicht in der Werner Baumann führt eigentlich den Laden? Und: uns nichts Neues." Unternehmensführung. Investoren hat Oberaufseher Wer sollte es tun? Als Pionier versteht sich auch wollen sich nicht nur regelmäßig Werner In Radio-Eriwan-Manier ist die Hans-Christoph Hirt (43). Der Wenning (u.) mit dem Management austauschen, früh gefördert Sache - im Prinzip - klar. Es gibt schmächtige Schnelldenker lenkt als sondern auch mit dem Oberkontrol­ und gefordert. zwei Gremien: Der Vorstand führt, Co-Chef von London aus die deut­ leur, sie haben ihn schließlich ge- Beim Monsanto­ der Aufsichtsrat kontrolliert und schen Interessen des Finanzinvestors ~ wählt. Schon wird die Forderung Deal, dem größ• berät. Aber in der Praxis wurde das ten Abenteuer Hermes. Der betreut weltweit mehr .!; nach eigenen Corporate-Governan­ der jüngeren duale deutsche System in den ver­ als 200 Milliarden Euro Vermögen ~ ce-Roadshows laut, analog zu den deutsche::n Wirt­ gangenen Jahren immer mehr aufge­ Dutzender Pensionsfonds, hält An­ : herkömmlichen Werbereisen des schaftsgeschichte, weicht. Die Aufgaben der Inspizien­ teile an jedem Dax-30-Konzern. "'< Vorstands. standen Werner tenrunde nahmen beständig zu, Seit mehr als zehn Jahren pie­ & Werner Seit ~ Es ist ein Push-and-Pull-Effekt: auch auf Druck der Öffentlichkeit, ~ an Seit. sackt Hirt Vorstände und Aufseher. :t Manche Kontrolleure drängen von die Katastrophen wie die Finanzkri­ Der „schärfste Kritiker von Ver­ se und gescheiterte Unternehmens­ sagern und Raffzähnen im Manage­ strategien nicht zuletzt den Kontrol­ ment" (,,Frankfurter Allgemeine leuren anlastete. ,,Der Aufsichtsrat Sonntagszeitung") wird gehört, weil avancierte zum Mitentscheider­ er mit Argumenten hantiert und ihm gremium", sagt Freshfields-Partner Krawallrhetorik fremd ist. Christoph Seibt. Bei einem gemeinsamen Mittag­ essen entwarfen Hirt und Daniela ,,Voice" statt „Exit" Mattheus, oberste Aufsichtsrats­ Parallel wuchs seine Attraktivität dienstleisterin beim Wirtschaftsprü• als Ansprechpartner für institutio­ fer EY, erste Ideen, die eine Arbeits­ nelle Investoren, die mittlerweile gruppe im Juli in „Leitsätze für den fast zwei Drittel der Dax-30-Anteile Dialog zwischen Investor und Auf­ besitzen. sichtsrat" goss. Eine freiwillige Ver­ Der Drive kam aus Großbritan• einbarung zu direkten Gesprächen nien. Wenn angelsächsischen Pensi­ mit dem Chefkontrolleur, für die - onsfonds früher die Unternehmens­ taktisch geschickt - die erste Reihe führung nicht passte, verkauften sie der deutschen Aufsichtsräte gewon­ einfach ihre Aktien. Mit der Firmen­ nen wurde. Multiaufseher wie Jür• spitze tauschten sie sich nicht aus, gen Hambrecht (70; BASF, Daimler, Stimmrechte nahmen sie selten Fuchs Petrolub) und Ulrich Lehner wahr. Als die britische Regierung zu (70; ThyssenKrupp, , Eon, der Erkenntnis gelangte, die interne Deutsche Telekom, Porsche) als Mit­ Kontrolle durch Aufsichtsräte sei glieder der Arbeitsgruppe. Beratend weitgehend gescheitert, sowohl im tätig: Paul Achleitner ( 60; Deutsche nationalen One-Board-System als Bank, Bayer, Daimler), WernerWen­ auch in Deutschland, drängte sie die ning (70; Bayer, Henkel, Siemens) Fonds zu mehr „Voice" statt „Exit". und auch Werner Brandt. > UNTERNEHMEN

Seitdem wird das Papier dis­ terte. Aufsichtsratschef Peter Bauer kutiert und seziert. Die Initiative (56), einst aufKaesers Vorschlag auf korrespondiert mit einem wachsen­ den Posten gelangt, wollte schlich­ den Selbstbewusstsein der Anleger, ten, stellte sich dann aber, wie das die hiesige Kontrolleure zuletzt ge­ gesamte Gremium, hinter Berliens hörig unter Feuer nahmen. Konzept. Finanzvorstand Klaus Finanzaktivist Chris Hohn (50), Patzak (51), ein Kaeser-Vertrauter, mit seinem Hedgefonds The Chil­ musste gehen. dren's Investment Fund seit Mai Nun setzt Kaeser auf den gewinn­ VW-Aktionär, schrieb gleich mehre­ bringenden Ausstieg. Könnte klap­ re geharnischte Briefe an VW-Ober­ pen, ein chinesischer Halbleiterkon­ aufseher Hans Dieter Pötsch (65): zern signalisierte Anfang Oktober Managerboni müssten weg, entlohnt ein grundsätzliches Interesse an der werden sollte nur noch in Aktien; die Lichtfirma (siehe Seite 10). Hauptanteilseigner seien überfor• Die Beispiele zeigen, wie schnell dert; das Land Niedersachsen sollte Investoren nervös werden - und seine zwei Mandate niederlegen. Bei dass es dann auf den Aufsichtsrats­ der Deutschen Bank haben Investo­ chef ankommt. ren wie Hermes-Bote Hirt Chefkon­ Einer der Ersten, der das erkannt trolleur Achleitner dazu gedrängt, hat, war Siemens-Oberkontrolleur 2015 nahezu den kompletten Vor­ Gerhard Cromme (73). Nach der stand, mit (53) an der Korruptionsaffäre gingen Cromme Spitze, auszutauschen. Und Großak• und Vorstandschef Peter Löscher tionär Katar hat im Juli einen den (59) gemeinsam auf Roadshow. Um Scheichs genehmen Mann in den zu dokumentieren: Der Aufsichtsrat Aufsichtsrat entsandt. ,,Auf Anre­ Capital (AOC), unterstützt von Ko­ trägt den Neuanfang mit. gung" der arabischen Kapitalgeber, alitionären wie der , mit einer Auch Paul Achleitner tat, als er so die entlarvende Bankmitteilung, eigenen Liste gegen die Kandidaten DER STRAU· CHELNDE das Amt des Deutsche-Bank-ARVan­ wurde der Wirtschaftsanwalt Stefan des Managements an. Der Aufsichts­ Er ging seine nahm, alles, um eine eigene Macht­ Simon als neuer Kontrolleur ge­ ratschef wurde abgewählt, zwei Sta­ Aufgabe hoch­ position aufzubauen. Fachmännisch richtlich bestellt. Der schwedische da-Leute setzten sich erst in Stich­ professionell an, ging er die Sache an, trennte Vor­ Geldanleger Cevian reklamiert bei wahlen durch. Ruhe? Nö, der Streit gilt als Avant­ gardist der Auf­ stands- und Aufsichtsratsbüro, schuf ThyssenKrupp-Chefaufseher Leh­ geht weiter: AOC hat Ende Septem­ seherszene. Doch sich ein eigenes Chairman's Office ner wohl schon bald einen zweiten ber Klage gegen die Beschlüsse des Deutsche-Bank­ (mit 13 Mitarbeitern), kommunizier­ Sitz im Aufsichtsrat. Aktionärstreffens eingereicht. Chefkontrolleur te intensiv mit Investoren. Den Auf­ Wegweisend ist der Kasus schon Paul Achleitner ( o.) blieb bislang sichtsrat bestückte er nach und nach Die ruppige deutsche Provinz jetzt. Er zeigt, was bissige Anleger weit hinter den mit Getreuen (und mit iPads). Selbst bislang als träge beleumun­ auf einer Hauptversammlung, ge­ Erwartungen Allein, der Aufwand half ihm dete Investoren wie der weltgrößte meinhin als Würstchenbude ver­ der Investoren nicht. Zu groß die Schieflage, zu drü• Vermögensverwalter Blackrock wa­ zurück. Seine schrien, erreichen können. Und der Wiederwahl ist ckend die regulatorischen Zwänge gen sich aus der Deckung. Vizechef Fall weckt Begehrlichkeiten im Aus­ gefährdet. (siehe auch Seite 42). Achleitner, der Philipp Hildebrand (53) ging Anfang land. Seit dem Stada-Showdown zu operativen Eingriffen neigt und Oktober mit einer Fundamental­ werde „international geworben, wie am Ende dann doch selten energisch kritik an Europas Banken an die Öf• attraktiv Deutschland für Aktivis­ genug zu Werke geht, muss um seine fentlichkeit; in Deutschland hat sich ten" sei, so Anwalt Seibt, der das Un­ Wiederwahl 2017 bangen. der Anlegergigant im Frühjahr die ternehmen beraten hat. Das sei ein Vorausgesetzt, es gibt einen Al­ Netzwerk- und Lobbydienste des ,,Hot Topic" in diesen Kreisen. ternativkandidaten. Den müsste der fruheren CDU-Wirtschaftspolitikers Auch der Fall Osram belegt, wie Nominierungsausschuss des Auf­ Friedrich Merz (60) gesichert. scharf Unternehmen von Investo­ sichtsrats finden, dem in der Regel Besonders ruppig geht es biswei­ renseite angegriffen werden, selbst der ARV vorsitzt. So auch bei der len in der deutschen Provinz zu. wenn der Aggressor in diesem Fall Deutschen Bank. ,,Um gute Unter­ Wie im hessischen Bad Vilbel, Teil der Deutschland AG ist. Der nehmensführung zu praktizieren", dem Sitz des Arzneimittelherstellers ansonsten wenig Widerstand ge­ rät Hermes-Mann Hirt, sollte sich Stada. Ein maßloser CEO, ein Auf­ wohnte Supraleiter Joe Kaeser (59), Achleitner deshalb „nicht an den sichtsrat, der nicht einschritt - auf Anführer des ehemaligen Osram­ Beratungen um seine Wiederauf­ der vergangenen Hauptversamm­ Mutterkonzems und Noch-Großak• stellung beteiligen". Der Headhun­ lung kam es zur offenen Feld­ tionärs Siemens, stritt mit Vor­ ter Christoph Zeiss mahnt „saubere schlacht. In einer Kampfabstim­ standschef OlafBerlien (54) über die Prozesse" an (siehe Interview Seite mung, dem ersten sogenannten richtige Strategie und verweigerte 66). Proxy Fight auf deutschem Boden, ihm auf dem Anlegermeeting die Bei Volkswagen war der Kapital­ trat der Aktionär Active Ownership Entlastung. Doch der Putsch schei- markt zunächst froh gestimmt, >

62 managermagazin NOVEMBER 2016 UNTERNEHMEN

als der ehemalige CFO Pötsch den DER REDU­ Aufsichtsratsvorsitz übernahm. An­ ZIERTE ders als sein Vorgänger Ferdinand Investors' Darling war Hans Dieter Piech (79), der fremde Investoren Pötsch (r.) als links und rechts liegen ließ und sie Finanzvorstand lieber heute als morgen herauskau­ von Volkswagen. In seiner neuen fen möchte (siehe mm 10/2016), Rolle als Auf­ nahm Pötsch mit österreichischem sichtsratschef Charme und Sachverstand die An­ liegt der Fall leger für sich ein. Er bittet Investo­ anders. Der Österreicher ist ren nach Frankfurt, in die Villa Ken­ in einem tief nedy, und leistet sich sogar, ein greifenden In­ Novum in Deutschland, einen eige­ teressenkonflikt nen Sprecher. gefangen und äu• ßert sich, wegen Dann zog der Dieselskandal Dieselgate, kaum immer weitere Kreise. Nun steht noch öffentlich. Pötsch in einem tief greifenden In­ teressenkonflikt. Wie kann er Vor­ gänge aufklären, in die er womöglich Es klingt paradox, aber je wich­ Der groß gewachsene Mann mit selbst verstrickt war? Seine Kommu­ tiger der Aufsichtsratsvorsitzende Deutscher-Eiche-Statur ist pragma­ nikation ist, solange die Jones-Day­ wird, umso mehr muss er sich selbst tisch veranlagt, läuft nicht, wie er Anwälte ermitteln, arg reduziert. bescheiden. sagt, ,,mit dem Aktiengesetz unter „Eine Riesenhypothek für VW", sagt Seine Königsdisziplin ist die Wahl dem Arm herum". Die Bayer-Geschi­ ein Dax-Aufseher. des Personals. Der Räteklub sucht cke hat er jahrelang als Vorstands­ und schasst Vorstände. Die Dialog­ vorsitzender verantwortet. Wohl leitsätze sehen vor, dass der ARV und Wehe des Konzerns sind Her­ mit Investoren über Anforderungs­ zensangelegenheit für ihn, nach über profile für neue Topkräfte reden mö• DREI WELTEN einem halben Jahrhundert Betriebs­ Die jeweils fünf höchsten Gehälter im Vergleich, ge, nicht aber über einzelne Kan­ zugehörigkeit. in Euro, 2015 didaten. So steht es auf dem Papier. Sicher, die Strategie sei Sache

Vorstandsvorsitzende Dax 30 In der Realität, so ein Anwalt, werde des Vorstands, ,,aber die muss man Dieter Zetsche, Daimler 9 678 000 fast immer „am konkreten Beispiel immer wieder mit ihm erörtern", o~---...... ------diskutiert". sagt er. Das geht durchaus ins De­ M a t t h i a s Müller, VW' 8385000 Weiterer, noch größerer Fallstrick: tail: Finanzierung, Risikobewertung, ·•~------...... , Bill McDermott, SAP 8 021000 die Strategieklausel. In den letzten M&A. o~------Jahren ist der Einfluss der Kontrol­ Den jetzigen Chef Werner Bau­ Karl-Ludwig Kley, Merck 7 738 000 leure auf die Firmenplanung bestän• mann (54) hat er auf- und hochgezo­ -~------·· ·······...... , Oliver Bäte, Allianz' 7161000 dig gewachsen. Der Gesetzgeber hat gen, hat ihn frühzeitig auf seine Rolle ...... 1 -~------nahezu unbemerkt vom Publikum vorbereitet. Anderthalb Jahre bevor den Aufsichtsrat dazu verpflichtet, er CEO wurde, hat Wenning den da­ Aufsichts ratsvors it zende Dax 30 die Vorstandsvergütung an der maligen Finanzvorstand zum Stra­ O Paul Achleitner, 808333 ···············································( ,,nachhaltigen Unternehmensent­ tegiechef ernannt. e Gerhard Cromme, Siemens 608000 wicklung" auszurichten. Sprich: an Gemeinsam haben sie den Mon­ ••»• • ••• •• n•••• ••• ••••••• •• •••••••• • •• ••• • • • t der Langfriststrategie. So bietet die santo-Deal gestemmt, zwischen O Norbert Reithofer, BMW' 572417 ...... Höhe der Managergehälter den An­ Werner & Werner passt kein Fitze! O Wolfgang Reitzle, Continental 494000 legern ein Einfallstor, um über künf­ Genmais. ··········· ·· ·· ····! Jürgen Hambrecht, BASF 481300 tige Vorhaben und Projekte zu reden. Klar haben sich Investoren bei 0 ...... ·········I dieser Megatransaktion bei Wen­ ,,Sie geht auch n icht mehr weg" ning gemeldet. Mit „gut fünf" hatte Verwaltungsratspräsiden ten SMI2 Bei Extremereignissen wie Übernah• er bis Anfang Oktober Einzel­ O Axel Weber, UBS 5572288 men nimmt der Chefkontrolleur oft gespräche geführt, weitere haben ························ . ······( .,...Peter __ Brabeck____-Letmathe, Nestle__ __5 287 20 1 eine überragende Stellung ein. Qua sich angekündigt. ,,Sie erfahren aber ...... Gesetz muss der Aufsichtsrat in sol­ natürlich nichts, was Ad-hoc-pflich­ O Christoph Franz, Roche 5 2.7.!?~9 ····· ··· ······ ··· ·······I chen Fällen „eine begründete Stel­ tig wäre", sagt er und dass an den Walter Kielholz, Swiss Re 4406751 lungnahme" abgeben, sich also ein Konsultationen immer auch ein ...... , o~------­ eigenes Urteil bilden. Und so sind Investor-Relations-Mann des Kon­ Nayla Hayek, Swatch Group 4 0 8 3 495 ...... , wir bei Werner Wenning angelangt, zerns teilnehme. -~------der derzeit die größte Akquisition So mancher Vorstandsvorsitzen­ 11 Hochrechnung auf das gesamte Jahr filr M. Müller (ab 25.9.2015 im Amt), der deutschen Wirtschaftsgeschich­ de fremdelt noch mit der neuen Ge­ 0. Bäte (ab 7.5.2015), N. Reithofer (ab 13.5.2015); 21 Swiss Market Index. Quelle: mm-Recherche, Geschäftsberichte te aufs Engste begleitet, den Bayer­ fechtslage, will den ARV partout Grafik: managermagazln Monsanto-Deal. nicht mit Anlegern allein lassen.

6 4 managermagazin NOVEMBER 2016 „Wir können schlecht über die Vergütung des Managements reden, wenn der Vor­ standschef am Tisch sitzt", sagt Unionist Speich. ,,Es muss kein Watchdog dabei sein", findet der Aufsichtsrat eines Dax­ Konzerns. ,,Dass der CEO dann an Strahl­ kraft einbüßt, muss man in Kauf nehmen." Ratsherr Lehner hält einen gemeinsamen Auftritt bei einem aktivistischen Investor für sinnvoll: ,,Da kommen meist die ver­ schiedensten Fragen, die kann man in ei­ nem Termin erledigen, nach der Devise: One face to the customer." Zusätzliches Konfliktpotenzial birgt die Tatsache, dass immer mehr ARV ihre Posi­ tion auch nach innen stärken, engen Draht in die Hierarchie halten. Nicht immer las­ sen sie das den Vorstand wissen - ein wei­ terer Autoritätsverlust der Konzernspitze. Erster Ansprechpartner des ARV sei zwar der Vorstand, sagt Profiaufseher Brandt. Das bedeute aber nicht, dass der Oberkontrolleur nicht auch mit nachran­ gigen Mitarbeitern „Gespräche führen kann oder sogar führen muss". Auch Allianz-ARV Helmut Perlet (69) hält einen Informationsaustausch mit der zweiten Ebene für „ausgesprochen hilfreich, wenn nicht sogar notwendig". Die Forderung schließt nicht nur die sogenannten Kon­ trollfunktionen ein (wie Revision oder Compliance), sondern auch ordinäre ope­ rative Kräfte wie Geschäftsbereichsleiter. Es ist ein schmaler Grat, auf dem die ARV wandeln. ,,Man muss aufpassen, dass daraus keine Nebenregierung entsteht", sagt ein Konzernaufpasser. Schnell ist die Grenze zum Geheimnis­ verrat überschritten; der ARV darf aus Auf­ sichtsratssitzungen nicht berichten. Und: Die Firmenwächter sind gehalten, alle Ak­ tionäre gleichzubehandeln, können sich aber in der Debatte mit ihnen nur auf wenige konzentrieren. ,,Schwierig" sei es, sicherzustellen, dass jeder „exakt den glei­ chen Informationsstand" habe, so Deut­ Bewährte Qualität. sche-Börse-Chefkontrolleur (66) . In Eins-zu-eins-Gesprächen könne ei­ Mit langfristigen Strategien ne Linie zwischen öffentlich zugänglichen Mitteilungen und subjektiven Meinungen zum Erfolg. nur „sehr schwer gezogen werden". Advokaten mahnen zur Vorsicht, emp­ Mit einer Qualität, die genau den Erwartungen unserer Kunden entspricht, wi ll die Landes­ fehlen eine schlanke, konfliktarme Kom­ bank Baden-Württemberg zum Maßstab für gutes Banking werden . Deshalb betreiben wir munikation mit den Anlegern. Und die geht Bankgeschäfte vertrauenswürdig und professionell. Fundie rt und fokussiert. Sorgfältig und so: Der ARV bekommt einen Slot von einer respektvoll. Wir pflegen langfristige Kundenbeziehungen und beraten Kunden transparent Stunde auf dem Capital Markets Day, trifft und ehrlich. Baden-Württemberg ist für uns Herkunft und Verpflichtung zugleich - und damit dort drei bis fünf ausgewählte Investoren. ein Qualitätsversprechen an unsere Kunden. Er lässt sich von der Investor-Relations­ Abteilung briefen, um - auch in Nuancen - www.LBBW.de eine unterschiedliche Sprachregelung zum CEO zu vermeiden. Er beschränkt sich > Landesbank Baden-Württemberg UNTERNEHMEN UNTERNEHMENSFÜHRUNG

weitgehend auf den sogenannten Listening Einig sind sich die Juristen nur in ei­ Ende werden sich alle damit anfreunden Mode, hört einfach nur zu und gibt mög• nem: ,,In zwölf Monaten ist die neue Dok­ müssen", sagt Governance-Experte Chris­ lichst keine Statements ab. Das Thema trin Standard. Und sie geht auch nicht tian Strenger. Strategie klammert er aus, äußert sich ge­ mehr weg." Klar ist auch, die unterschiedlichen Ver­ gebenenfalls allgemein, gespickt mit salva­ Spätestens im nächsten Jahr soll eine fassungen gleichen sich an: das in der torischen Klauseln. entsprechende Klausel in den Deutschen Schweiz praktizierte One-Board-Modell Hübscher Plan. Aber „dynamische ARV Corporate Governance Kodex aufgenom­ mit einem mächtigen Verwaltungsrats­ mit starker Persönlichkeit" bekomme man men werden. Das macht es für Dax-Kon­ präsidenten an der Spitze, der nicht nur so „nicht eingefangen", fürchtet ein Anwalt. zerne schwer, davon abzuweichen. ,,Am kontrolliert, sondern auch die Geschäfte verantwortet, und das deutsche Zweikam­ merkonstrukt. Hierzulande gehe die Ent­ wicklung hin zu einem „Kondominium", •• Auf jeden Fall ist dies noch immer hierund einer gemeinsamen Herrschaft von Vor­ „GEUBTE da geübte Praxis. Der Grund könnte sein, stand und Aufsicht srat, glaubt Michael dass das System am Anfang des Umbruchs Hoffmann-Becking, Wirtschaftsanwalt der PRAXIS" steht und deshalb saubere Prozesse noch Kanzlei Hengeler Mueller. nicht üblich sind. Dies gilt aber auch für die Personalberater Christoph Investoren. Eigentlich wäre es die Pflicht Wer stark ist, will stark verdienen Zeiss über die Schwächen von Fonds wie Blackrock, ihre Aktionärs• Hubertus von Grünberg (74), der in deutscher Aufsichtsräte. vertreter zu identifizieren und zu nominie­ Deutschland (Continental) und in der ren, wenn sie Ansprüche wahrnehmen wol­ Schweiz (ABB) Räte geleitet hat, hält es für len. Sie halten sich aber an dieser Stelle schwierig, das eidgenössische System MM Herr Zeiss, viele Investoren geben lieber zurück. Ich würde mir wünschen, schleichend zu übernehmen. Denn dann sich nicht mehr mit dem Vorstandschef dass sie sich frühzeitig artikulieren und würden Verantwortlichkeiten verwischt. zufrieden, wenn sie etwas über den nicht erst, wenn etwas schiefläuft. ,,Ein Aufsichtsrat kann den Vorstand aus­ Kurs deutscher Konzerne erfahren Wie soll das funktionieren? tauschen, wenn die Strategie falsch ist oder wollen, und sprechen die Aufsichtsrats­ Ähnlich wie Unternehmen sich ihre Vor­ eine Übernahme nicht funktioniert. Wer vorsitzenden an. Woran liegt das? stände suchen. Man fragt sich, welche Per­ aber selbst mitmischt, muss auch für die CHRISTOPH ZEISS Zunächst fordern angel­ sönlichkeiten gebraucht werden, und stellt Fehler einstehen", sagt von Grünberg. Oder sächsisch geprägte Investoren mehr Ent­ eine Shortlist zusammen. Darüber würde müsste es jedenfalls. scheidungsmacht für sich ein und sprechen dann im Nominierungsausschuss gespro­ Paul Achleitner, der eine falsche Strate­ mit demjenigen, den sie für verantwortlich chen. So wie Unilever das gemacht hat ... gie forciert hat, ist immer noch Aufsichts­ halten, auch wenn deutsche Aktiengesell­ ... wo der frühere Bayer-Chef Marijn ratsvorsitzender der Deutschen Bank. schaften eigentlich anders verfasst sind. Dekkers Chairman wurde. Und auch Wolfgang Reitzle (67) amtiert Verändert das die Machtverhältnisse Unilever hat einen sauberen Suchprozess weiter als Oberkontrolleur von Linde, ob­ zwischen Vorstand und Aufsichtsrat? gestartet. Da gab es keine Verbindung zum wohl er an der Aufsichtsratsspitze des Ga­ Gesetzlich ändert sich nichts, die Verant­ früheren Chairman oder dem CEO Paul sekonzerns, wo er lange selbst CEO war, wortung für die Führung der Gesellschaft Polman. Ähnlich war es bei Roche, wo Ex­ wie der wahre Chef agiert. Die gescheiterte bleibt allein beim Vorstand ... Lufthansa-Chef Christoph Franz gekürt Verbindung mit dem US-Rivalen Praxair ... aber ... wurde. Da hat sich nicht einfach der schei­ hatte vor allem er vorangetrieben. Als ... die informelle Macht der Chefkontrol­ dende Franz Humer seinen Nachfolger aus­ nichts draus wurde, entsorgte er den leure nimmt zu. Das kann ein Wuchtungs­ gesucht. CFO und säuberte die niederen Manage­ problem zwischen Vorstand und Aufsichts­ Kennen Sie das so aus Deutschland? mentstufen. Den CEO, Wolfgang Büchele rat schaffen. Von Ausnahmen abgesehen nein. In Eng­ (57), hat er längst desavouiert; den Nach­ Haben wir die richtigen Aufsichtsräte land oder der Schweiz ist die professiona­ folger sucht - wer sonst? - Wolfgang für die neue Zeit? lisierte Boardsuche da viel weiter. Das se­ Reitzle. Das lässt sich so pauschal nicht beantwor­ hen Sie allein daran, dass die Honorare der Es ist auch eine Frage des Geldes, die ten. Schädlich sind auf jeden Fall Hinter­ Personalberater bei der Suche nach einem das eidgenössische Modell so attraktiv zimmerdiplomatie und Mauscheleien. Man Verwaltungsrat dort dem einer Geschäfts• macht. Beim Schweizer Baukonzern La­ braucht Menschen mit hoher Unabhängig• führungssuche entsprechen. In Deutsch­ farge-Holcim kassierte Reitzle als Verwal­ keit, die sich an langfristigen Zielen der land wird das oft noch als Gefällig• tungsratspräsident üppige zwei Millionen Firma orientieren. keit für den Kunden betrachtet. w Euro pro Jahr. Ein starker ARV, fordern In Deutschland stellt sich oft der unisono die starken ARV, sollte auch in Vorsitzende seinen Aufsichtsrat • ~....;~--i11-...-' Deutschland stark verdienen. zusammen. Er regelt sogar seine Im Moment ist die Kapitalkraft noch Nachfolge, so war es etwa bei Eon, WE CKRUF ungleich verteilt, etwa beim neuen Bör• wo WemerWenning auf Karl-Lud- Christoph Zeiss senstar Innogy. Als RWE-Chef kassierte wig Kley zuging, oder bei RWE, wo (41), Managing Terium im vergangenen Jahr 3,7 Millionen Manfred Schneider bei Wer­ Partner von Heads Executive Consul­ Euro. Der Aufsichtsratsvorsitz wurde mit ner Brandt anklopfte. Ist tancy, sieht die 300 ooo Euro vergütet. das noch zeitgemäß? Investoren am Zug w Dietmar Student

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