Perspektive 2030 Regionales Entwicklungskonzept für die Region Schwarzwald--Heuberg

- Regionale Leitziele - Perspektive 2030 Regionales Entwicklungskonzept für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

- Regionale Leitziele -

Bearbeitung:

Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg Marcel Herzberg Andreas Hemesath

Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg Christoph Moschberger

Wirtschaftsförderungsgesellschaft Schwarzwald-Baar-Heuberg mbH Heinz-Rudi Link

Handwerkskammer Konstanz Joachim Kunz

Villingen-Schwenningen / Konstanz, 03.04.2014 Inhalt

Seite Regionale Leitziele

Einführung 5

1. Wirtschaft und Beschäftigung 6 Leitziel 1.1: Fachkräfte gewinnen, binden und qualifizieren 6 Leitziel 1.2: Gewerbeflächenpolitik nachhaltig betreiben 7 Leitziel 1.3: Tourismusbranche steuern und sichern 8 Leitziel 1.4: Existenzgründung und Nachfolge fördern 9

2. Bildung und Forschung 11 Leitziel 2.1: Duale Ausbildung stärken 11 Leitziel 2.2: Hochschulangebote in der Region weiter stärken 12 Leitziel 2.3: Die Entwicklung nachhaltiger Schulstandortkonzepte unterstützen 13 Leitziel 2.4: Innovationsmanagement und neue Technologien fördern 13

3. Demografie und Daseinsvorsorge 15 Leitziel 3.1: Öffentliche Daseinsvorsorge sichern und weiterentwickeln 15 Leitziel 3.2: Handelsversorgung steuern und sichern 16 Leitziel 3.3: Medizinische Versorgung sichern 17 Leitziel 3.4: Wohnbauflächenpolitik nachhaltig betreiben 18 Leitziel 3.5: Altersgerechte Bedarfsangebote einrichten 19

4. Infrastruktur und Erreichbarkeit 20 Leitziel 4.1: Straßeninfrastruktur erhalten und ausbauen 20 Leitziel 4.2: Schieneninfrastruktur erhalten und ausbauen 21 Leitziel 4.3: Breitband- und Mobilfunkversorgung ausbauen 22 Leitziel 4.4: Die Entwicklung eines zukunftsfähigen ÖPNV unterstützen 23 Leitziel 4.5: Neue Mobilitätsformen in nachhaltige Mobilitätskonzepte integrieren 24

5. Klimaschutz und Energieversorgung 26 Leitziel 5.1: Sichere, bezahlbare und verstärkt regenerative 26 Energieversorgung bei starker Erhöhung der Energieeffizienz erzielen Leitziel 5.2: Klimaschutz im lokalen und regionalen Bereich optimieren 27

6. Lebensqualität, Kultur und soziales Miteinander 28 Leitziel 6.1: Migration fördern und Integration verbessern 28 Leitziel 6.2: Kulturangebot weiterentwickeln und besser vernetzen 29 Leitziel 6.3: Freizeitangebote ausbauen 30 Leitziel 6.4: Willkommenskultur leben 30 Leitziel 6.5: Bürgerschaftliches Engagement stärken 31 Leitziel 6.6: Kultur des Hierbleibens fördern 32 Leitziel 6.7: Familienfreundlichkeit fördern 33

7. Wirtschaftsförderung und Regionalmarketing 34 Leitziel 7.1: Clusteraktivitäten weiterentwickeln 34 Leitziel 7.2: Standortmarketing unter der Dachmarke „Gewinnerregion“ stärken 35 Leitziel 7.3: Wirtschaftsförderung weiterentwickeln 36

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Einführung

Mit dem ersten Teil des Regionalen Entwicklungskonzepts für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg – der Analyse der Strukturen und Entwicklungen in der Region – wurde in Form eines Impulspapiers die grundlegende Basis für die Aufstellung eines Regionalen Entwicklungskonzeptes erarbeitet. Dabei wurden die bisherige Entwicklung in der Region, die derzeitige Struktur sowie für bestimmte Themen auch die voraussichtliche Entwicklung in der Zukunft analysiert und somit die aktuellen Stärken und Schwächen der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg herausgearbeitet Neben den „harten“ Standortfaktoren aus den Bereichen Bevölkerung, Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Infrastruktur etc. flossen auch „weiche“ Standortfaktoren wie die Lebensqualität in die Betrachtung mit ein. Auch touristische Determinanten und bildungsrelevante Themen wurden dabei berücksichtigt. Allerdings sollte die Analyse nicht zu detailliert und damit seiner Funktion als Impulspapier entsprechend nicht zu umfangreich ausfallen.

Entsprechend dieser Themen der Analyse wurden sogleich die Handlungsfelder für den vorliegenden zweiten Teil des Regionalen Entwicklungskonzepts festgelegt, in welchem zu den einzelnen Feldern für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg relevante Leitziele im Entwurf definiert wurden. Die analytischen Aussagen aus dem ersten Teil des Regionalen Entwicklungskonzepts stellten hierbei wichtige Anknüpfungspunkte dar. Die regionalen Leitziele können sich somit aus spezifischen Trends, sich nachhaltig verändernden Entwicklungsmustern oder auch aus besonderen regionalen Strukturen ergeben.

Nach der Identifikation der Leitziele sollen für die Regionsebene zielorientierte Umsetzungsstrategien inklusive einer Gesamtschau von Aktivitäten und Maßnahmen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg aufgezeigt werden, wobei vor allem auch die bereits bestehenden Projekte in der Region entsprechend miteingebunden werden. Hierbei ist je nach für die Regionsebene relevantem Teilziel auf die Bestimmung des hauptverantwortlichen Akteurs sowie die zentralen Bausteine und Maßnahmen und damit auf die Umsetzungsorientiertheit der Projekte das Hauptaugenmerk zu legen. Die Leitziele stellen dabei den übergeordneten Entwicklungsgedanken dar, der sich hinter der Umsetzung von Teilzielen und konkreten Maßnahmen verbirgt.

Die Definition der bislang 29 Leitziele für das Regionale Entwicklungskonzept bedeutet somit nicht, dass für sämtliche Maßnahmen zur Erreichung eines Ziels stets die Regionsebene zuständig ist. Bei manchen Punkten geht es vor allem darum, aufzuzeigen, wo Handlungsbedarf besteht bzw. wo Potenziale vorhanden sind. Zum Teil können die vier Regionalakteure als Bearbeiter des Regionalen Entwicklungskonzepts – wenn überhaupt – nur die Rahmenbedingungen für die Umsetzung eines Teilziels oder einer konkreten Maßnahme und damit die Verfolgung eines regionalen Leitziels beeinflussen. Die Teilziele, für die nicht die Akteure der Regionsebene zuständig sind, werden somit nicht weiter konkretisiert, sondern lediglich als eine Art Hinweis für die Kommunen und Landkreise festgehalten.

Als Datengrundlage für statistische Angaben diente stets – sofern keine andere Quelle angeben ist – die Struktur- und Regionaldatenbank des Statistischen Landesamtes -Württemberg.1

1 www.statistik.baden-württemberg.de/SRDB/, Stuttgart 2013/14. 6

1. Wirtschaft und Beschäftigung

Leitziel 1.1: Fachkräfte gewinnen, binden und qualifizieren Der Anteil der Arbeitslosen an der Summe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und der Arbeits- losen ist im Jahr 2012 in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg mit 4,4 % geringer als im Land (5,2 %). Dies zeugt einerseits von einem günstigen Arbeitsplatzangebot, führt andererseits aber auch im Vergleich zu anderen Regionen zu einem noch stärkeren Fachkräfteengpass. Diese Situation wird zudem durch die demografischen Entwicklungen weiter verschärft.

Werden Stellen nicht oder verzögert besetzt, ist die Wettbewerbs- und Wachstumsfähigkeit der Wirtschaft eingeschränkt, drohen Umsatzeinbußen und als Folge Gewerbesteuerrückgänge. Dies kann die Infra- struktur schwächen und eine Abwärtsspirale in Gang setzen, die die Abwanderung verstärkt. Der Faktor „Verfügbarkeit von Fachkräften“ beeinflusst zudem im Wesentlichen die Standortentscheidung von Un- ternehmen.

Es ist daher ein Ziel, berufserfahrene, ausgebil- dete und demnächst auszubildende Menschen für die Region zu gewinnen und zu halten. Da- bei geht es um Personen aus der Region sowie von außerhalb der Region aus dem In- und Ausland (siehe auch Leitziel 7.3). Im Rahmen der von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Schwarzwald-Baar-Heuberg mbH ins Leben gerufenen „Fachkräfteallianz Gewinnerregion“ wurde nach der Fachkräfteanwerbung im Aus- land auch bereits das Thema „Beschäftigung älterer Personen erhöhen“ angegangen. Weite- re Punkte in diesem Rahmen sollen die Be- schäftigung von Frauen, die Beschäftigung von Personen mit Migrationshintergrund sowie die Bindung von Fachkräften betreffen. Neben zielgruppen- spezifischen Maßnahmen ist speziell der Aspekt des lebenslangen Lernens und der dualen Weiterqualifi- zierung hervorzuheben, der zielgruppenübergreifend einen entscheidenden Ansatz darstellt. Hinsichtlich der Bindung von jungen auszubildenden Fachkräften können insbesondere durch Aktionen der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer und der Regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft an den Schulen und Hochschulen in der Region (Quellen der Ausbildung) sowohl Schulabgänger als auch das Potenzial der Studienabbrecher (siehe auch Leitziel 6.6) verstärkt angesprochen werden.

Voraussetzungen für die Bindung von Fachkräften in der Region sind zukunftssichere, attraktive Arbeits- plätze, günstige Wohn- und Lebensbedingungen mit einer guten Infrastrukturausstattung, ein umfangrei- ches, vielseitiges Freizeitangebot sowie ein positives Image der Region. Zur Schaffung eines attraktiven Arbeits- und insbesondere auch Wohnumfelds sollten diese Faktoren daher weiter optimiert und vorhan- dene Stärkenkonzertiert und zielgerichtet kommuniziert werden. Diese sind in der Region Schwarzwald- Baar-Heuberg insbesondere die hohe Lebensqualität mit günstigen Wohnbedingungen, was unter ande- rem durch das überdurchschnittliche Kaufkraftniveau unterstrichen wird. Generell wichtig ist dabei auch, die Familienmitglieder der potenziellen Fachkräfte anzusprechen. Dies betrifft vor allem die Berufsmög- lichkeiten der Partner sowie die Kinderbetreuung. Hier sind auch private Betriebskindergärten ein ent- sprechender Ansatz.

Auf der anderen Seite können Qualifizierungsdefizite eine effektive Beschäftigung erschweren oder gar verhindern. Darum müssen Qualifizierungsmaßnahmen unkompliziert möglich und finanzierbar sein. Eine Beratung auf hohem Niveau sollte weiterhin sichergestellt werden.

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Teilziele: - Berufserfahrene, ausgebildete und auszubildende Personen aus der Region, aus anderen Regionen im Inland sowie aus dem Ausland gewinnen. - Weitere Aktivitäten der „Fachkräfteallianz Gewinnerregion“ durchführen. - Fachkräfte durch zukunftssichere, attraktive Arbeitsplätze, günstige Wohn- und Lebensbedingungen, Freizeitmöglichkeiten und ein positives Image der Region an die Region binden. - Vorhandene Standortvorteile kommunizieren. - Attraktivität für Familienmitglieder erzeugen. - Qualifizierungsmaßnahmen unkompliziert und finanzierbar gestalten.

Leitziel 1.2: Gewerbeflächenpolitik nachhaltig betreiben Die Region ist mit Gewerbeflächen im Allgemeinen sehr gut versorgt. Neben verkehrsgünstig gelegenen Industriegebieten gibt es aus ehemaligen Industrieanlagen entwickelte, zentrale oder zentrumsnahe Ge- werbeparks und –zentren sowie weitere günstige Flächen an anderen Standorten.

Die Anforderungen der Betriebe an eine Gewerbefläche sind je nach Branche unterschiedlich. Während für die eine Branche die Verkehrsanbindung einen zentralen Faktor darstellt, sind für andere ein ausrei- chendes Fachkräftepotential, die Nähe zu Betrieben derselben Branche oder schlichtweg die Kosten der Fläche entscheidend. Ein immer öfter ausschlaggebender Standortfaktor ist zudem die Breitbandanbin- dung. Um die Attraktivität und Vorteile potenziellen Investoren gegenüber aufzuzeigen, ist eine persönli- che Beratung anzustreben bzw. weiter zu optimieren.

Flächenbedarfe gibt es generell in drei Fäl- len: Für die Ansiedlung von neuen Betrie- ben, für die Erweiterung von bereits ansäs- sigen Betrieben sowie für die Verlagerung von Betrieben innerhalb einer Kommune (bspw. aus zentralen Lagen in ein Gewer- begebiet der Standortkommune). Dass in der Region bedeutende Ansiedlungserfolge möglich sind, beweisen unter anderem die Ansiedlungen des Prüf- und Technologie- zentrums der Daimler AG in Immendingen sowie des Testturmes für Aufzüge von Thyssen-Krupp in Rottweil. Gerade entlang der A 81 besitzt die Region die Chance, sich unter anderem als erweiterter Standort für Betriebe aus dem Großraum Stuttgart anzubieten. Mit dem Regionalen Gewerbegebiet in Sulz am Neckar wird zudem eigens eine Fläche für die Großansiedlung eines regionalbedeutsamen Betriebs mit einem hohen Flächenbedarf von rund 50 ha regionalplanerisch gesichert (siehe Bild). Ein gewisses Risi- ko ist mit Neuansiedlungen jedoch auch verbunden. Zum einen kann dadurch der regionale Fachkräfte- markt überfordert werden und zum anderen kann sich auch der Flächen- und Erweiterungsspielraum von heimischen und hier verwurzelten Betrieben verknappen. Die Bindung ortsansässiger Betriebe an die Kommunen der Region ist als wichtiges Teilziel anzusehen. Demnach muss ein ausgewogenes Handeln angestrebt werden, das neben der Bekämpfung des Fachkräftemangels auch ein intelligentes und auf attraktive Standorte ausgerichtetes Gewerbeflächenmanagement beinhaltet. Hierzu sind im Rahmen der Flächennutzungsplanung sowohl die Bereitstellung von Flächen zur Erweiterung und Eigenentwicklung als auch die Darstellung neuer Gewerbeflächen bedarfsgerecht zu begründen. Vor allem sollte dabei auch die Aktivierung von Industriebrachen und Innenentwicklungspotenzialen berücksichtigt werden.

Insbesondere bei Neuansiedlungen sind die Betriebe jedoch oft nicht auf eine konkrete Gemeinde fokus- siert, sondern suchen nach den Standorten, die für sie die besten Standortbedingungen bieten. Aus die- ser Hinsicht erleichtert ein gemeinsames regionales Gewerbeflächenmanagement die Entscheidung der 8

Unternehmen und verhindert auf der anderen Seite auch das Bestreben jeder einzelner Kommunen, möglichst viele Gewerbeflächen auf ihrer eigenen Gemarkung vorzuhalten. Über ein regionales Flächen- management – bspw. in Form eines interkommunalen Gewerbeflächenpools – können sich potenzielle Investoren auf einen Blick über die ganze Vielfalt der zur Verfügung stehenden Flächen informieren. Ne- ben den Vermarktungsvorteilen über eine Markenbildung mit einem gebündelten und vor allem breiten und bedarfsgerechten Flächenangebot, das zu einer Standortoptimierung und kurzfristig möglichen Ent- scheidungen für Unternehmensansiedlungen führt, wird mit Kooperationsmodellen dieser Art langfristig auch einer Verschwendung von ökologischen und finanziellen Ressourcen vorgebeugt.

Teilziele: - Intelligentes und auf attraktive Standorte ausgerichtetes Gewerbeflächenmanagement mit einem aus- gewogenen Agieren hinsichtlich Neuansiedlungen, Erweiterungen und Verlagerungen von Betrieben betreiben. - Die Projektentwicklung des Regionalen Gewerbegebiets vorantreiben. - Interkommunale Zusammenarbeit und gemeinsames Flächenmanagement fördern.

Leitziel 1.3: Tourismusbranche steuern und sichern Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg stellt aus touristischer Sicht eine Art Verbindung und Knoten- punkt für die drei deutlich markanteren Tourismusregionen (Hoch-)Schwarzwald, Bodensee und Schwä- bische Alb dar. Während die Landkreise Rottweil und Schwarzwald-Baar-Kreis zum „Mittleren Schwarz- wald“ gehören, ist der Landkreis Tuttlingen Teil der Destination „Schwäbische Alb“. Zählt man den unmit- telbar südlich angrenzenden Bodenseeraum hinzu, wird die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg von drei bedeutenden Tourismusregionen überlagert. Allerdings wird diese, sich durch eine hohe Vielfältigkeit auszeichnende, touristische Attraktivität der Region aufgrund des Fehlens einer eigenen Destination von Personen außerhalb der Region kaum wahrgenommen. Mit Chancen wäre somit die stärkere Vermark- tung der Vielfalt verbunden.

Die einzelnen für die Region Schwarzwald-Baar- Heuberg relevanten Teilräume werden sehr un- terschiedlich nachgefragt. So fällt auf, dass die Teilräume Südbaar, Oberer Neckar, Rott- weil/Tuttlingen und Villingen-Schwenningen, wo etwa die Hälfte der Übernachtungen im Kurort Bad Dürrheim getätigt werden, nur eine ver- gleichsweise geringe touristische Bedeutung be- sitzen. Im Gegensatz dazu besitzt der Tourismus im Teilraum Schwarzwald einen hohen wirtschaft- lichen Stellenwert. Außerdem ist zu beachten, dass in der Tourismusbranche in den letzten Jah- ren weitreichende Veränderungen und Trends beobachtbar sind. So auch in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, wo ebenfalls der allgemeine Trend hin zu einer immer kürzeren Aufenthaltsdauer des sogenannten Kurzurlaubs spürbar ist. Allerdings ist die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg auch unabhängig davon tendenziell eher vom Geschäftstourismus als von Urlaubsreisen geprägt. Mit attraktiven Angeboten im Segment der Geschäftsreisen sind somit Chancen verbunden. Auch die stärkere Positionierung des Gesundheitstourismus sollte als Teilziel ver- folgt werden. Dabei könnten mit der Kommunikation in mehreren Sprachen (bspw. bei Flyern, Speisekar- ten) auch verstärkt internationale Gäste angesprochen werden. Maßnahmen dieser Art sind vor allem von den einzelnen Betreibern vor Ort zu initiieren.

Grundsätzlich muss es für die Zukunft das Ziel sein, dass Kommunen im tourismuspolitischen Dialog teilraumübergreifende Aktivitäten unter Einbeziehung bestehender touristischer Marketingkooperationen weiterentwickeln. Durch den Abgleich von Zielgruppen können Kooperationen erweitert und durch eine 9

verstärkte Bündelung von Angeboten die touristische Attraktivität erhöht werden. Des Weiteren ist die Tourismusbranche aber auch im besonderen Maße vom Fachkräftemangel in der Region betroffen. Schon jetzt wird es vor allem für Gastronomen und Hoteliers zusehends schwieriger, vakante Stellen mit geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu besetzen. Oftmals können auch Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden. Entsprechend denken einige Unternehmen in der Region bereits verstärkt darüber nach, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben (siehe auch Leitziel 1.1). Allerdings muss auch ange- strebt werden, die Qualität der Ausbildung und die grundsätzliche Attraktivität der Berufe in der Gastro- nomie und Hotellerie zu erhöhen. Damit sollte auch erreicht werden, dass die Ausbildungsabbruchquote reduziert wird. Außerdem muss die Qualität und das Servicebewusstsein der Anbieter touristischer Dienstleistungen kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls verbessert werden.

Teilziele: - Vermarktungschancen der Vielfalt besser nutzen.. - Teilraumübergreifende Kooperationen fördern. - Tourismuspakete, die zu einer Verlängerung der Verweildauer führen, ausarbeiten. - Neue attraktive Angebote speziell für Geschäftsreisen und den Gesundheitstourismus entwickeln. - Attraktivität der Berufe im Gastgewerbe erhöhen.

Leitziel 1.4: Existenzgründung und Nachfolge fördern Die Zahl der Existenzgründungen in der Region geht wie im ganzen Bundesgebiet seit einigen Jahren zurück. So im Bereich Industrie und Handel zwischen den Jahren 2010 und 2012 von 3.509 auf 3.083 und im Handwerk von 660 auf 582. Zudem sind über 2.600 der Inhaber und Geschäftsführer von Indust- rie- und Handelsbetrieben und über 1.900 der Inhaber und Geschäftsführer von Handwerksbetrieben in der Region im Alter von 55 Jahren oder älter. Insbesondere in den Teilräumen Schwarzwald, Südbaar und Oberer Neckar wird es für Inhaber zusehends schwieriger, einen Nachfolger für ihren Betrieb zu fin- den.

Die Gründungs- und Förderungsberatung sowie die Vorbereitung auf die Selbständigkeit ist eine Kern- kompetenz der Wirtschaftskammern und damit in dieser Region der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg sowie der Handwerkskammer Konstanz. Neben verschiedensten Existenz- gründungsseminaren werden umfassende betriebswirtschaftliche und rechtliche Einzelberatungen zum Gründungsvorhaben sowie zur Unterstützung bei der Erstellung des Businessplanes angeboten. Generell wichtig ist aber auch das rechtzeitige Handeln der Betriebe. Dabei könnte die Hilfe der Kommune, ehren- amtlicher Lotsen oder auch einer Moderation für Nachfolger hinzugezogen werden, wobei diesbezüglich bereits bestehende Ansätze auch stärker zu kom- munizieren und zu vermitteln sind. Als Lösungen sind zudem Mitarbeiterbeteiligungsmodelle oder das Management-Buy-Out zu betrachten.

Hinsichtlich der Vermittlung von Gewerbeflächen sind schwerpunktmäßig die lokalen Wirtschaftsförde- rer sowie die regionale Wirtschaftsförderung die Ansprechpartner. Zudem bietet die Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg hierzu ein Standortinformationssystem (SIS) an. Die Ver- mittlung von Betrieben, die zur Übernahme stehen, wird sowohl von den Kammern als auch von den lokalen und der regionalen Wirtschaftsförderung gefördert. Beide Kammern bieten dazu eine Betriebsbörse für Interessenten der Betriebsübergabe und - übernahme an, über welche entsprechende Kontakte hergestellt werden können.

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Für die Anmeldung eines Betriebes stehen wiederum die Industrie- und Handelskammer Schwarzwald- Baar-Heuberg und die Handwerkskammer Konstanz sowie die Landkreise in der Region als einheitlicher Ansprechpartner im Sinne der europäischen Dienstleistungsrichtlinie zur Verfügung. Im Bereich des Handwerks können darüber hinaus bei der Außenstelle der Handwerkskammer in Villingen- Schwenningen im dortigen Starter-Center alle Formalitäten zur Eröffnung eines Handwerksbetriebes zentral erledigt werden.

Neben diesen Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten zur Förderung von Existenzgründungen und Be- triebsnachfolgen können aber auch Einrichtungen wie Gründerzentren und Gründerparks als Inkubati- onszellen wertvolle Strukturen für Existenzgründungen darstellen. Neue Firmen können dort in ihrer Gründungsphase beispielsweise durch das einfache Angebot von Räumlichkeiten oder aber auch die Begleitung in Form eines speziellen Coachings unterstützt werden.

Teilziele: - Angesichts der zurückgehenden Unternehmensgründungen und der Altersstruktur der Unternehmens- leiter über weitere Beratungs- oder Fördermaßnahmen zur Existenzgründung nachdenken. - Gründerzentren-Struktur in der Region ausbauen.

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2. Bildung und Forschung

Leitziel 2.1: Duale Ausbildung stärken Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zeichnet sich dadurch aus, dass die Hälfte aller Mitgliedsunter- nehmen der Industrie- und Handelskammer im Produzierenden Gewerbe tätig ist. Analog dazu verhält es sich auch auf dem Ausbildungsmarkt.

Zu Beginn des Ausbildungsjahres 2013 ist der Ausbildungsstellenmarkt ausgeglichen, was heißt, dass die regionale Lehrstellenbörse keine unbesetzten Ausbildungsstellen für 2013 ausweist. Die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge entspricht der des vorangegangenen Jahres. Im Vergleich der drei Landkreise der Region liegt der Schwarzwald-Baar-Kreis vor dem Kreis Tuttlingen, gefolgt vom Kreis Rottweil. Betrachtet man die Aufteilung in Branchen, so bildet die Industrie mit 60 % der Auszubil- denden am stärksten aus, Danach folgen der Handel (18 %), Dienstleistungen (20 %) und das Gastge- werbe (2 %).2 Im Handwerk verteilen sich die neu eingetragenen Lehrverträge im Jahr 2013 entspre- chend folgender Branchenanteile: Elektro und Metall 42 %, Bau und Ausbau 24 %, Gesundheit und Chemie 13 %, Holz 7 %, Nahrungsmittel 6 % und Sonstige 8 %.3

Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es in Zukunft verstärkt das Ziel sein müssen, für die duale Ausbildung in der Re- gion zu werben, um somit den Fachkräftebe- darf der Unternehmen weiterhin zu sichern. Potentiale liegen vor allem darin, Schwächere zur Ausbildungsreife zu führen sowie Abitu- rienten für die duale Ausbildung zu gewinnen. Aber auch die in der Region relativ hohe Zahl an Real- und Werkrealschülern sowie die stabil hohen Berufsschülerzahlen (siehe Leit- ziel 2.3) bieten potenziell gute Voraussetzun- gen für ein stabiles duales Ausbildungssys- tem. Die großen Chancen, die insbesondere aufgrund des starken Industriesektors in der Region mit einer dualen Ausbildung verbunden sind, müssen deshalb verstärkt kommuniziert werden. Gerade die zahlreichen Industrie- und produzierenden Hand- werksbetriebe benötigen neben Ingenieuren und Meistern auch eine Vielzahl an Facharbeitern, die aus der dualen Ausbildung kommen. Ein wichtiges Ziel, um hier erfolgreich zu sein, ist deshalb in besonde- rem Maße auch in der Stärkung einer Kultur des Hierbleibens zu sehen (siehe v.a. Leitziel 6.6). Um Aus- bildungsinhalte vollständig abbilden zu können, ist zudem auch eine stärkere Vernetzung von (speziell kleinen) Unternehmen anzustreben. Eine konkrete Umsetzungsmaßnahme zur Stärkung der dualen Aus- bildung erfolgt bereits durch das Angebot eines Sommerkollegs für Haupt- und Werkrealschüler sowie durch die Begleitung von Ausbildungsbotschaftern in den Gymnasien.

Teilziele: - Image der dualen Ausbildung weiter verbessern. - Die Vorteile und Chancen einer duale Ausbildung – gerade in der industriestarken Region Schwarz- wald-Baar-Heuberg – stärker kommunizieren. - Hinsichtlich des Ausbildungssektors eine stärkere Vernetzung von (speziell kleinen) Unternehmen fördern.

2 Industrie- und Handelskammer, Villingen-Schwenningen 2013. 3 Handwerkskammer, Konstanz 2014. 12

Leitziel 2.2: Hochschulangebote in der Region weiter stärken Die Hochschulstandorte konzentrieren sich in Baden-Württemberg in erster Linie auf die Agglomerations- räume Stuttgart und Rhein-Neckar sowie die Großstädte Karlsruhe und . Im Wintersemester 2012/2013 wurden an den baden-württembergischen Hochschulen rund 330.000 Studierende registriert. Hiervon verzeichneten die Hochschulen in der Region Schwarzwald-Haar-Heuberg insgesamt ca. 10.000. Mit der Hochschule Furtwangen University, der Staatlichen Musikhochschule in Trossingen, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg sowie der Hochschule für Polizei jeweils in Villingen-Schwenningen sind die Hochschulen in der Region zwar klein, aber vom Angebot her relativ breit aufgestellt und besitzen vor allem eine wichtige Vernetzungsfunktion in der Region und über die Region hinaus.

Die Lage abseits der Agglomerationsräume erschwert jedoch den Ausbau des Hochschulsystems in der Region und könnte somit die besonderen Entwicklungschancen, die im Ausbau und der Weiterentwick- lung der Hochschulkapazitäten liegen, erheblich verringern. Die Zentralisierung der Hochschulen auf Agglomerationsräume ist ein maßgeblicher Grund, weshalb junge Menschen zum Studium den ländli- chen Raum verlassen. Häufig kehren diese nach Abschluss des Studiums auch nicht wieder in ihre Heimatorte zurück.

Ein spezielles Risiko in der Region Schwarzwald- Baar-Heuberg ist zudem in der allgemein nicht optimalen Verteilung der Studierenden auf die einzelnen Fächergruppen zu sehen. Obwohl die sehr stark auf die Industrie ausgerichtete regio- nale Wirtschaft zahlreiche gut ausgebildete Inge- nieure benötigt, entscheidet sich nur ein relativ geringer Anteil der Studierenden für ein techni- sches Studium. Deshalb sollte ein Ziel darin be- stehen, diese speziellen Chancen aufzuzeigen.

Ein Faktor ist aber auch, dass die Auswahl eines Studienplatzes zu einem wesentlichen Anteil nicht zuletzt durch die Attraktivität des Hochschulortes beeinflusst wird. Dieses Kriterium ist annähernd so wichtig wie die fachlichen Gründe. So suchen die Studierenden in erster Linie nach einem zu ihren Bedürfnissen passenden „Komplettpaket“, das sich neben einem positiven Image des Anbieters und präferierten fachlichen Inhalten auch aus vorteilhaften Faktoren des täglichen Lebens zusammensetzt. Ein Ziel kann demnach darin bestehen, zumindest die Elemente des „Komplettpakets“, die durch die regionalen Akteure direkt beeinflussbar sind, zu optimieren.

Bei der Wahl des Studienortes bzw. der Hochschule sind des Weiteren oftmals auch Themen wie Fami- lie und Beruf bzw. deren Vereinbarkeit während des Studiums ein Kriterium bei der Entscheidung. Die generell zunehmende Anzahl weiblicher Abiturientinnen, die einen Studienplatz suchen, kann für eine Region bzw. einen Hochschulstandort durch das Angebot entsprechender Leistungen demnach mit Chancen verbunden sein. Dies umso mehr vor dem Hintergrund vermehrter Anstrengungen der Politik, junge Frauen auch für die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) stärker zu begeistern.

Teilziele: - Die Chancen, die in der Region mit einem Ingenieurstudium verbunden sind, verstärkt kommunizieren. - Elemente des „Komplettpaketes“, die durch die Akteure der Regionsebene direkt beeinflussbar sind, optimieren. - Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf während des Studiums als wichtiges Auswahlkriterium wahr- nehmen und sich dementsprechend einstellen.

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Leitziel 2.3: Die Entwicklung nachhaltiger Schulstandortkonzepte unterstützen Das Schulangebot einer Region ist ein wichtiger Standortfaktor. Aktuell ist die Region Schwarzwald-Baar- Heuberg mit ihrem Angebot an allgemein bildenden Schulen und Berufsschulen gut aufgestellt. Allerdings stehen die Schulen in der Region vor großen Herausforderungen.

Problematisch ist einerseits die Lehrerunterversorgung. Sie ist im ländlichen Raum besonders ausge- prägt und führt zu zahlreichen Unterrichtsausfällen. Allerdings ist in Baden-Württemberg in der Krank‐ heitsvertretungsreserve mittlerweile ein deutlicher Ausbau zu beobachten. Zum zweiten ist die demo- grafische Entwicklung zu nennen, die zu stark sinkenden Schülerzahlen führen wird. Erste Schätzungen rechnen bis zum Jahr 2020 von einem Rückgang von über 20 %. Davon sind alle Schulformen betroffen. Unabhängig davon ist allerdings insgesamt ein Trend zu einem höheren Anteil an Gymnasial-Schülern zu beobachten. Dieser Trend wurde durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung noch ver- stärkt.

Dabei stellen die Haupt-, Real- und Werkrealschüler jedoch die wichtigste Basis für ein stabiles duales Ausbildungssystem dar (siehe Leitziel 2.1). Gerade die zahlreichen Industrie- und Handwerksbetriebe in der Region benötigen neben Ingenieuren auch eine Vielzahl an Facharbeitern, die aus der dualen Ausbil- dung und damit zumeist von Haupt-, Real- und Werkrealschulen kommen. Im Hinblick auf die duale Ausbildung ist letztendlich auch eine gut ausgebaute Berufsschullandschaft in der Region von Bedeutung. Im Schuljahr 2012/2013 wurden die öffentlichen und privaten Berufsschulen in der Region von rund 11.300 Schülern besucht, was im Vergleich zur Bevölkerungszahl und diesbezüglich anderen Regionen eine sehr hohe Zahl ist.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen wird das Schulangebot in den kommenden Jahren ange- passt werden müssen. Insbesondere muss dabei auf die demografische Entwicklung hin zu immer kleineren Schülerzahlen reagiert werden. Durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Landkreisen kann dem Rechnung getragen werden und ein Wettbewerb zwischen den Schulen und Schulträgern verhindert werden. Die sinkenden Schülerzahlen führen zur Bildung von sogenannten Kleinklassen, die das Risiko besitzen, nach und nach geschlossen zu werden. Aufgrund der besonderen Situation im ländlichen Raum muss dies verhindert werden. Insge- samt gilt es hierbei, die dezentralen Schulstrukturen zu erhalten, um die Erreichbarkeit für die Kinder sicherzustellen.

Teilziele: - Der Lehrerunterversorgung entgegentreten. - Schulstandortkonzepte über die Landkreisgrenzen hinaus entwickeln und die dezentralen Strukturen erhalten. - Schüler über die Vorzüge einer dualen Ausbildung informieren und damit die Real- und Werkreal- schulausbildung sowie die Berufsschulen stärken.

Leitziel 2.4: Innovationsmanagement und neue Technologien fördern Im Vergleich der Regionen des Landes schneidet die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg in den Berei- chen „Patente pro Erwerbstätige“ mit Rang 2 und „Anteil der Erwerbstätigen in wissensintensiven Bran- chen“ mit Rang 3 gut ab. Die positive Platzierung bei diesen beiden Innovationsindikatoren ist überwie- gend der in der Region bedeutenden wissensintensiven Investitionsgüterindustrie zu verdanken. Dage- 14

gen schneidet die Region in den Bereichen „Hochschulsystem“ (Rang 12) und „Publikationen pro Er- werbstätige“ (Rang 11) ungünstig ab. Grund ist vor allem das Fehlen einer Universität in der Rangliste gemäß dem sog. „Shanghai-Index“.4 Günstig schneidet die Region wiederum hinsichtlich der Beschäftig- tenanteile im Jahr 2008 in der Spitzentechnologie mit 11 % (Land: 5, Bund: 3) und in der gehobenen Ge- brauchstechnologie mit 13 % (Land: 13, Bund: 8) ab. Hinsichtlich der wissensintensiven Dienstleistungen ist der Anteil mit 21 % (Land: 29, Bund: 32) dagegen weit unterdurchschnittlich.5 Hinsichtlich der Branchen fungiert die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg insbesondere im Bereich der Mikro- und Medizintechnik als Innovationszentrum. Hervorzuheben sind vor allem die technologischen Schwerpunkte in den Bereichen Medizinische Instrumente, Metallprodukte, Werkzeugmaschinen sowie elektrische Maschinen und Anlagen.

Eine weitere Stärke ist die regionale Konzentration von mittelständischen, inhabergeführten Unterneh- men, die schnelle Entscheidungen ermöglichen sowie die direkten, persönlichen Kontakte und gewachsenen Netzwerkstrukturen, die von diesen Betrieben als Know-how-Quellen ge- nutzt werden.2 Auf der anderen Seite wirkt sich die kleinteilige Unternehmensstruktur mit sehr vielen klein- und mittelständischen Unterneh- men (KMU) auch nachteilig aus, da dort eigene Forschung und Entwicklung (FuE) nur in gerin- gem Maßen betrieben werden kann und durch das ausgeprägte Traditionsdenken in vielen Unternehmen eine sehr zurückhaltende Koope- rationsbereitschaft besteht.

Einen weiteres Teilziel besteht darin, die regionale Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation und Nachhal- tigkeit zu stärken. Dazu beteiligt sich die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg beispielsweise am Landes- wettbewerb RegioWIN, der Projekte für die EFRE-Förderperiode 2014-2020 identifizieren soll. Das lang- fristige Ziel soll darin bestehen, systematisch auf die Verbesserung der Standortfaktoren (insb. durch Stärkung der Innovationskraft und eine intelligente Spezialisierung) hinzuwirken.

Teilziele: - Dienstleistungen und Angebote im FuE-Bereich entwickeln, die besonders auf kleine KMU zugeschnit- ten sind. - Maßnahmen zur Erhöhung der Kooperationsbereitschaft kleiner, familiengeführter KMU durchführen. - Externe FuE-Aktivitäten von kleinen- und mittelständischen Unternehmen durch TechnologyMountains fördern (siehe Leitziel 7.1). - An Förderwettbewerben zur Stärkung der Innovationskraft beteiligen.

4 Vgl. BAKBASEL (Hrsg.): Innovationskraft Baden- Württemberg: Erfassung in Teilregionen des Landes und Beitrag zum Wirt- schaftswachstum, Basel 2011, S. 196-209. 5 Vgl. Fraunhofer ISI (Hrsg.): Quantitative Analyse regionaler Branchen- und Technologiestrukturen in Baden-Württemberg, Karlsru- he 2012, S. 355-392.

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3. Demografie und Daseinsvorsorge

Leitziel 3.1: Öffentliche Daseinsvorsorge sichern und weiterentwickeln Die Sicherung und Weiterentwicklung von Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge betrifft zahlrei- che Bereiche des täglichen Lebens. Dies beinhaltet vor allem öffentliche Dienstleistungen in den Berei- chen Bildung, Gesundheit, Soziales, Ver- und Entsorgung sowie Verkehr. Vor dem Hintergrund des de- mografischen Wandels gestaltet sich die Sicherung und Aufrechterhaltung der Versorgungsstandards jedoch als zunehmend schwieriger.

Die Probleme sind vielfältig und werden im Einzelnen unter den Aussagen zu diversen Leitzielen be- schrieben. So unter „Die Entwicklung nachhaltiger Schulstandortkonzepte unterstützen“, „Handelsversor- gung steuern und sichern“, Medizinische Versorgung sichern“, „Altersgerechte Bedarfsangebote einrich- ten“, „Ausbau und Erhalt der Schieneninfrastruktur“, „Die Entwicklung eines zukunftsfähigen ÖPNV unter- stützen" bzw. „Neue Mobilitätsformen in nachhaltige Mobilitätskonzepte integrieren“ sowie verschiedenen Leitzielen zum Handlungsfeld „Lebensqualität, Kultur und soziales Miteinander“. In diesen Kurzstate- ments zu den einzelnen Leitzielen werden jeweils erste Teilziele und Lösungsansätze angerissen. Das oberste Ziel im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge besteht darin, dass die genannten Dienstleis- tungen flächendeckend, bedarfsgerecht und zu tragbaren Kosten für alle Menschen bereitgestellt bzw. gewährleistet werden können. Zur Erreichung dieses Ziels müssen heute in Anbetracht des demografi- schen Wandels neue und innovative Strategien und Konzepte zur Anpassung der Infrastruktur entwickelt werden. Die Betrachtung von „Best-Practice-Beispielen“ aus anderen Regionen kann dabei hilfreich sein.

Eine Ausdünnung des Angebots erfordert besonders in gering besie- delten ländlichen Räumen mit Be- völkerungsabnahme kluge Standor- tentscheidungen sowie neue Ange- botsformen und Erreichbarkeits- strategien, um die Bevölkerung in der Fläche zu finanzierbaren Kosten angemessen zu versorgen. Der rasante gesellschaftliche Alterungs- prozess stellt fast alle Städte und Gemeinden vor die Frage, wie die infrastrukturelle Angebotspalette kompatibel und nachfragegerecht sowie flexibel gestaltet werden kann. Speziell im ländlichen Raum sind zudem die Erarbeitung dezentra- ler Versorgungskonzepte sowie die Ausgestaltung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument zur Bünde- lung und Auslastung infrastruktureller Einrichtungen als Ziele zu nennen.

Unabdingbar für den politischen Konsens, die wirtschaftliche Tragfähigkeit, die Akzeptanz in der Bevölke- rung und damit für die Umsetzung zukunftstauglicher Angebotsformen der öffentlichen Daseinsvorsorge sind die interkommunale Zusammenarbeit, die fachübergreifende Abstimmung der Konzeptideen sowie die Kooperation zwischen verschiedenen Institutionen.6

Teilziele: - In Anbetracht des demografischen Wandels neue und innovative Strategien und Konzepte zur Anpas- sung der Infrastruktur entwickeln. - Dezentrale Versorgungskonzepte erarbeiten und das Zentrale-Orte-Konzept (speziell im ländlichen Raum) weiterentwickeln. - Interkommunale Zusammenarbeit, Kooperation und die fachübergreifende Abstimmung der Konzep- tideen erhöhen.

6 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen sowie Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.): Öf- fentliche Daseinsvorsorge und demographischer Wandel – Erprobung von Anpassungs- und Entwicklungsstrategien in Modellvor- haben der Raumordnung, Berlin/Bonn 2005. 16

Leitziel 3.2: Handelsversorgung steuern und sichern Im Einzelhandel sind in den letzten Jahren weitreichende Umstrukturierungen zu beobachten. So auch in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, wo der Trend hin zu immer weniger Betrieben mit aber insge- samt immer mehr Verkaufsfläche deutlich sichtbar wird.

Das Problem dieser Entwicklung hängt insbesondere damit zusammen, dass sich die neuen großen Märkte in der Regel am Stadtrand „auf der grünen Wiese“ angesiedelt haben. Die Folge waren ein ver- mehrter Leerstand und ein zunehmender Attraktivitätsverlust der integrierten Innenstadtlagen. Oft erzeug- ten die neu entstandenen Märkte am Stadtrand auch Sogwirkung für andere Einzelhandelsbetriebe, was zur Entstehung von für die vorhandene Versorgungsstruktur mit schädlichen Auswirkungen verbundenen „Einzelhandelsagglomerationen“ führte. Die Problematik wird dann verschärft, wenn deren Standorte nur eine geringe oder gar keine Zentralitätsfunktion zukommt und damit das zentralörtliche Versorgungssys- tem in eine Schieflage versetzt wird. Ein drängendes Problem entsteht somit aber auch für die Grundver- sorgung, die zunehmend nicht mehr fußläufig erreichbar ist. In kleineren Orten verschwindet die Nahver- sorgung zum Teil sogar gänzlich.

Das Ziel muss darin bestehen, die Attraktivität der Innenstädte der zentralen Orte wieder zu erhöhen und gleichzeitig aber auch in allen Teilräumen der Region die Grundversorgung sicherzustellen. Eine weitere Verfestigung der Fehlentwicklungen der Vergangenheit muss verhindert werden.

Eine Maßnahme war es deshalb, den Re- gionalplan der Region mit dem Kapitel „Einzelhandelsgroßprojekte“ fortzuschrei- ben. Hierin wurden vorrangige Standortbe- reiche und damit verbunden auch Aus- schlussgebiete für zentrenrelevante Ein- zelhandelsgroßprojekte festgelegt. Aus- schlussgebiete für Einzelhandelsgroßpro- jekte, d.h. Betriebe ab 800 m² Verkaufsflä- che sind grundsätzlich auch die Kleinzen- tren und nicht-zentralen Orte. Dort dürfen allerdings, soweit es zur Sicherung der Grundversorgung geboten erscheint, aus- nahmsweise großflächige Märkte mit ausschließlich grundversorgungsrelevanten Sortimenten angesie- delt werden. Insgesamt muss es diesbezüglich zukünftig das Ziel sein, im Dialog mit den Kommunen das regionale Konzept weiterzuentwickeln. Kommunale Einzelhandelskonzepte sind dabei eine wichtige Grundlage.

In einzelnen Teilorten muss aber dennoch auch vermehrt über alternative (bspw. mobile) Handelsmodelle nachgedacht werden. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sind die sog. Vollversorger gerade im Teilraum Schwarzwald in immer weniger Ortsteilen rentabel. Hier muss über interkommunale Lösungen nachgedacht werden und das Ziel verfolgt werden, die Versorgung der vermehrt aus älteren Einwohnern bestehende Einwohnerschaft langfristig sicherzustellen. Außerdem ist es anzustreben, das Problembewusstsein und damit die Eigenverantwortung bei den Bürgern zu fördern, so dass diese zum Beispiel wieder vermehrt ihre Einkäufe in den im Wohnort anasässigen Geschäften tätigen.

Teilziele: - Attraktivität der Innenstädte erhöhen. - Grundversorgung in allen Teilräumen der Region sichern. - Die Verfestigung von Fehlentwicklungen der Vergangenheit verhindern. - Auf Grundlage von kommunalen Einzelhandelskonzepten das Regionalplan-Kapitel „Einzelhandels- großprojekte“ weiterentwickeln. - Interkommunale und alternative Handelsmodelle diskutieren. - Problembewusstsein und Eigenverantwortung/-initiative der Bürgerschaft fördern. 17

Leitziel 3.3: Medizinische Versorgung sichern Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zeichnet sich durch eine relativ geringe Ärztedichte aus. Wäh- rend im Landesdurchschnitt im Jahr 2011 auf einen Arzt 246 Einwohner kommen, konzentrieren sich in der ländlich geprägten Region Schwarzwald-Baar-Heuberg 315 Einwohner auf einen Arzt. Dabei sind insbesondere im Landkreis Tuttlingen mit 473 Einwohnern pro Arzt Lücken in der medizinischen Versor- gung auszumachen. Dies deckt sich mit der Analyse der Fahrtdauer zu Hausärzten, wo in vielen Kom- munen im Bereich des Heubergs und des Donautals innerhalb von 15 Minuten nur maximal 10 Ärzte erreichbar sind. Im Oberzentrum Villingen-Schwenningen beispielsweise können in dieser Zeitspanne mehr als 40 Arzte erreicht werden. Hinsichtlich der Betreuung durch Ärzte in freien Praxen werden in der Region 779 Einwohner pro Arzt gezählt (Land: 664). Zudem ist die Entwicklung diesbezüglich zuneh- mend, was bedeutet, dass die Dichte abnimmt. Im Vergleich zum Landesdurchschnitt gering ist zudem die Apothekenversorgung. So kommen in der Region bei ebenfalls negativer Entwicklungstendenz im Jahr 2013 auf eine Apotheke 4.361 Einwohner, wobei wiederum der Landkreis Tuttlingen mit 4.638 Ein- wohnern besonders auffällt. Im Land sind es lediglich 4.070 Einwohner.7

Diese ungünstigen Erreichbarkeitsstrukturen hinsichtlich der medizinischen Versorgung, welche einen wichtigen Standortfaktor darstellt, sind in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg demnach als Risiko zu bewerten. Insbesondere unter Anbetracht der älter werdenden Bevölkerung, die in der Regel eine häufi- gere medizinische Betreuung in Anspruch nehmen muss, stellt hier eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage dar.

Aus diesen Gründen muss der Beruf des Medi- ziners im ländlichen Raum attraktiver werden. Die Anpassung an moderne Arbeitsbedingungen und an die Bedürfnisse junger Ärzte spielen dabei eine wichtige Rolle. Der Ausbau von Netzwerken zwischen Arztpraxen und Kranken- häusern sowie insbesondere die Optimierung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind hierbei Ansatzpunkte, die es zu fördern gilt. Ge- rade in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg als Innovationskern für die Medizintechnik kön- nen zudem innovative Beschäftigungsmöglich- keiten für junge Ärzte Anreize schaffen und vermehrt Chancen für die praktische Umsetzung eröffnen. Insgesamt muss es das Ziel sein, eine ausge- wogene medizinische Versorgung zu schaffen. Sollte die Anzahl der Patienten pro Arzt weiter zunehmen, kann auch die erhöhte Arbeitsbelastung vermehrt gegen die Berufsausübung eines Arztes im ländlichen Raum sprechen. Anderseits ist auch verstärkt über alternative Versorgungsmodelle und vor allem Koope- rationsformen – sowohl unter Ärzten als auch unter Kommunen – nachzudenken. Medizinische Versor- gungszentren – beispielsweise auch in Verbindung mit Seniorenbetreuung (siehe auch Leitziel 3.5) – sind hier als zukunftsfähige Konzepte anzusehen.

Ein gutes Beispiel ist zudem das Gesundheitsnetzwerk Schwarzwald-Baar, welches im Schwarzwald- Baar-Kreis den Bereich der Gesundheitswirtschaft weiter stärken soll. Durch eine berufsübergreifende Zusammenarbeit der Anbieter vor Ort sollen im Rahmen dieser Initiative Kompetenzen gebündelt, der Bekanntheitsgrad erhöht, die Ausbildung verbessert sowie zu einer optimalen Information und Versor- gung der Bürger und Patienten beigetragen werden.8

Teilziele: - Verbesserte Rahmenbedingungen schaffen, um die Region als Arbeits- und Lebensstandort für Ärzte attraktiv zu gestalten. - Netzwerke in der medizinischen Versorgung ausbauen.

7 http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/SRDB/Tabelle.asp?H=3&U=01&T=14043011&E=GE, Zugriff: 02.12.2013. 8 Vgl. http://www.gesundheitsnetzwerk-sbk.de, Zugriff: 13.12.2013. 18

- Den innovativen Medizintechnik-Sektor in der Region verstärkt auch als Chance für die praktische Umsetzung kommunizieren.

Leitziel 3.4: Wohnbauflächenpolitik nachhaltig betreiben Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zeichnet sich durch eine relativ geringe Siedlungsdichte aus. So wird auch der überwiegende Teil der Region im Landesentwicklungsplan dem „Ländlichen Raum im en- geren Sinne“ zugeordnet. Die für die zukünftige Siedlungsflächenpolitik in entscheidendem Maße be- stimmende Bevölkerungsentwicklung wird in der Region durch Alterung und überdurchschnittliche Schrumpfung geprägt.

Insbesondere im Teilraum Schwarzwald wird eine Verschärfung des Einwohnerrückgangs zu erwarten sein. So lässt sich bei zukünftigen Flächennutzungsplanfortschreibungen ein neuer Wohnbauflächenbe- darf oftmals kaum mehr überzeugend nachweisen. Die Zielrichtung muss daher zukünftig noch konse- quenter in Richtung einer Umsetzung alternativer Konzepte gehen. Flächenneuausweisungen sind unter der Zielsetzung eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden deutlich zu reduzieren. Statt dessen sollten im Sinne einer verstärkten Innenentwicklung möglichst zahlreich die Potenziale von Baulücken, Brach- und Konversionsflächen sowie Altlastenflächen aktiviert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind praxisorientierte Lösungen zu entwickeln.

Gerade unter dem Gesichtspunkt der sich verändernden Bevölkerungsstruk- tur sind Nachverdichtungen und Wohn- konzepte der kurzen Wege zukunfts- weisend. Eine kompakte Siedlungs- struktur mit vermehrt altersgerechten Wohnformen kann auch die Schwarz- waldorte langfristig lebendig erhalten. Die schwierigen topographischen Ver- hältnisse stellen dort allerdings eine besondere Herausforderung dar. In Ergänzung zur Nachverdichtung könnte dort auch ein vermehrter Umbau anstatt der Errichtung von Neubauten als wei- teres Teilziel ausgerufen werden.

Verstärkt wird zudem die Umsetzung von interkommunalen Kooperationsformen eine Zielrichtung sein müssen. Der Gedanke von Poolmodellen könnte so auch hinsichtlich der Siedlungsflächenentwicklung diskutiert werden. Ferner spielt grundsätzlich der ÖPNV eine immer wichtigere Rolle. Unter dem Ge- sichtspunkt des demografischen Wandels ist gerade im ländlichen Raum eine optimale Erschließung von Wohnquartieren über das ÖPNV-Netz von grundlegender Bedeutung.

Teilziele: - Siedlungsflächenneuinanspruchnahme reduzieren. - Innentwicklungspotenziale aktivieren. - Vermehrt altersgerechte Wohnformen realisieren. - Interkommunale Modelle diskutieren. - Erschließung der Wohnquartiere über den ÖPNV optimieren.

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Leitziel 3.5: Altersgerechte Bedarfsangebote einrichten Wie im ganzen Bundesgebiet nimmt auch in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg der Anteil der älte- ren Einwohner zu. Dabei ist die Entwicklung in den Teilregionen sehr unterschiedlich. Während im Teil- raum Südbaar zwischen 2008 und 2030 von einem Zuwachs der Altersgruppe der über 65jährigen um rund 40 % ausgegangen wird, wird im Teilraum Schwarzwald nur noch ein Anstieg um 13 % erwartet. Allerdings ist im Schwarzwald einerseits bereits heute der höchste Anteil dieser Altersgruppe in der Regi- on messbar (ca. 22 %) und andererseits nimmt die Bevölkerungszahl dort insgesamt sehr stark ab. In der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sind heute 20,5 % der Einwohner 65 Jahre und älter.

Aufgrund dieser Aspekte des demografischen Wandels stellt die Versorgung älterer Einwohner eine im- mer bedeutendere Aufgabe dar. Allein durch staatliche oder gewerbliche Einrichtungen ist die Versor- gung nicht leist- und finanzierbar. Die Möglichkeit der Versorgung und Pflege von älteren Angehörigen stellt somit auch einen Standortfaktor und einen Aspekt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar.

Die Schaffung geeigneter Rahmen- bedingungen und eines passendes Angebots altersgerechter Dienstleistungen und Produk- te sowie der Daseinsvorsorge muss deshalb das Ziel sein. Möglich ist beispielsweise die Unterstützung von lokalen Interessenvereini- gungen von pflegenden Angehörigen zur gegenseitigen Unterstützung (z.B. Pflege- kreise insbesondere im Bereich der Haus- haltshilfe). Diese Möglichkeit ist aufgrund intakterer sozialer Strukturen im ländlichen Raum tendenziell besser umsetzbar als in Verdichtungsräumen. Eine weitere Chance besteht in der kompetenten Beratung älterer Einwohner über AAL (altersgerechte Assistenzsysteme / Ambient Assisted Living) -Produkte und - Dienstleistungen sowie deren nachhaltige Etablierung in der Region. Dieses Ziel verfolgt beispielsweise die Beratungsstelle „Alter & Technik“ im Schwarzwald-Baar-Kreis und leistet damit einen wichtigen Bei- trag zur Sicherstellung der Lebensqualität, Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit der Bürger im Alter innerhalb ihres gewohnten Lebensumfelds. Im Hinblick auf altersgerechtes Wohnen sind zudem den Handwerksbetrieben der Region entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten. Im öffentlichen Bereich sind vor allem altersgerechte Infrastrukturangebote zu entwickeln.

Teilziele: - Pflegende Angehörige unterstützen. - Altersgerechtes Wohnen im gewohnten Umfeld (z.B. durch Barrierefreiheit im privaten und öffentlichen Bereich, altersgerechte Grundversorgung (Dorfläden), Seniorentreffs, Kommunikationsstrukturen) er- leichtern. - Technische Unterstützung im Alltag durch AAL-Angebote anbieten.

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4. Infrastruktur und Erreichbarkeit

Leitziel 4.1: Straßeninfrastruktur erhalten und ausbauen Bei der Straßenverkehrsinfrastruktur stellt die Autobahn 81 (Stuttgart-Singen) die zentrale Achse dar, welche die Region in Nord-Süd-Richtung durchläuft. Auch hinsichtlich der Bundesstraßen bestehen in der Nord-Süd-Relation leistungsfähige Verkehrswege. Hierzu zählen insbesondere die B 27 (Tübingen- Rottweil-Blumberg) und die B 14 (Sulz a.N.-Rottweil-Tuttlingen-Stockach). Die bedeutendsten Verkehrs- wege in Ost-West-Richtung sind die B 33 (Villingen-Schwenningen - Offenburg), B 31 (Geisingen- Freiburg), B 462/B 294 (Rottweil-Schramberg-Schiltach-Freudenstadt bzw. zur B 33 nach Offenburg), B 311 (Geisingen-Ulm) sowie die B 523 (Villingen-Schwenningen - Tuttlingen). Allerdings besteht vor allem in dieser Relation noch vielfach Optimierungsbedarf.

So sind beispielsweise die Lücke zwischen der B 33 und der B 523 im Bereich Villingen-Schwenningen sowie die fehlende Talstadtumfahrung von Schramberg (B 462) entscheidende Schwachpunkte im Ost- West-Straßenverkehrsnetz der Region. Daneben sind im Bundesverkehrswegeplan 2003 zahlreiche wei- tere Projekte enthalten, die für die Verbesserung der Straßeninfrastruktur umzusetzen sind.

Diese sind auch in der laufenden Aufstellung des neuen Bundesverkehrswegeplans 2015 vom Land an den Bund gemeldet worden, wobei nach der vom Land durchgeführten Priorisierung aufgrund der knap- pen Mittel vielfach keine Realisierung innerhalb der nächsten Periode des Bundesverkehrswegeplans zwischen 2015 und 2030 möglich erscheint. Der Regionalverband, die Industrie- und Handelskammer sowie die drei Landkreise haben in ihrer gemeinsamen Stellungnahme die Aufnahme aller Maßnahmen in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegplans 2015 gefordert. Dazu gehört neben den zwei bereits genannten Projekten der Ausbau der B 27 zwischen und Hüfingen, die Ortsum- fahrung Immendingen (B 311), die Ortsumfahrungen Spaichingen/Balgheim und Rietheim-Weilheim (B 14), die Ortsumfahrung Neukirch (B 27) sowie die Ortsumfahrungen von Behla, Zollhaus und Randen (B 27). Ebenso gefordert wurde eine konsequente Diskussion alternativer Finanzierungsinstrumente.

Angesichts der stark ausgeprägten Dezentralität der Siedlungsstruktur kommt in der Region Schwarz- wald-Baar-Heuberg aber auch den Landesstraßen eine hohe Bedeutung zu. Zur Gewährleistung gleich- wertiger Lebensverhältnisse bei gleichzeitiger Berücksichtigung einer zentralörtlichen Versorgungsstruk- tur nehmen diese eine wichtige Ergänzungsfunktion zu den Bundesstraßen und Bundesautobahnen ein. Zur Behebung von Kapazitätsengpässen ist es erforderlich, dass insbesondere durch gezielt gelagerte Ortsumfahrungen und Lückenschlüsse auch auf den wichtigsten Landesstraßen-Achsen nachhaltige Verbesserungen erzielt werden. Zudem ist durch Sanierungen der Erhalt des bestehenden Straßennet- zes in der Region zu sichern.

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Teilziele: - B 14: Ortsumfahrungen Spaichingen/Balgheim und Rietheim-Weilheim. - B 27: Ausbau Donaueschingen-Hüfingen, Ortumfahrungen Behla, Zollhaus und Randen sowie Neu- kirch. - B 311: Ortsumfahrung Immendingen. - B 462: Talstadtumfahrung Schramberg. - B 523: Lückenschluss zur B 33. - Kapazitätsengpässen auf den zentralen Landesstraßen-Achsen beheben. - Alternative Finanzierungsinstrumente diskutieren.

Leitziel 4.2: Schieneninfrastruktur erhalten und ausbauen Das Schienenverkehrsnetz in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ist relativ dicht ausgebaut. Neben dem für den Nahverkehr bedeutenden Ringzug bestehen mit der Gäubahn (Stuttgart – Zürich), der Schwarzwaldbahn (Konstanz – Karlsruhe), der Donaubahn (Donaueschingen – Ulm) sowie der Höllental- bahn (Donaueschingen – Neustadt (Schwarzw.) – Freiburg) regelmäßige Fern- und Regionalverkehrs- verbindungen zu den wichtigsten benachbarten Oberzentren.

Als Schwachpunkt ist derzeit aber insbeson- dere die Fernverkehrsverbindung auf der Gäubahn anzusehen. Aufgrund der derzeiti- gen Eingleisigkeit der Strecke dauern die Fahrten auf dieser internationalen Verbindung von Zürich nach Stuttgart so lange, dass die weiterführenden Fernverkehrszüge am Stutt- garter Hauptbahnhof verpasst werden. Dar- über hinaus stellt sich durch die Eingleisigkeit die Verspätungsanfälligkeit der Züge als äu- ßerst hoch dar. Deshalb muss der teilweise zweigleisige Ausbau der Strecke (Doppelspur- inseln) sowie die Wiedereinführung von mit Neigetechnik betriebenen Zügen das Ziel sein. Auch wenn durch Fahrplanveränderungen ab dem Jahr 2017 kurzfristige Anschlussverbes- serungen hergestellt werden, muss der Ausbau der Gäubahn bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm mit dem neuen Bahnhof Stuttgart 21 das Ziel bleiben.

Auf der Donaubahn sorgt die derzeitige Fahrtdauer ebenfalls für eine geringe Attraktivität. Hier besteht das Ziel allerdings in erster Linie darin, einen durchgängigen Stundentakt einzurichten, der den Anlieger- kommunen gute Anschlussverbindungen an die Fernverkehrsbahnhöfe ermöglicht. Da anderweitige Bahnverbindungen für die Relation Freiburg – Ulm derzeit schon wesentlich schneller sind (bspw. über Stuttgart), besteht das zukünftige Ziel nicht in der Beschleunigung der Stecke, sondern in der Optimie- rung des Angebots für die Anliegerkommunen zwischen den Oberzentren Freiburg und Ulm durch Takt- verdichtung. Ein weiteres Teilziel für die Donaubahn besteht in der Elektrifizierung des Streckenab- schnitts zwischen Immendingen und Tuttlingen.

Dieses Ziel wird auch auf der Höllentalbahn angestrebt. Infolge der geplanten Elektrifizierung des Teil- stücks Neustadt-Donaueschingen wird zukünftig ab 2018 eine umsteigefreie Verbindung zwischen Frei- burg und Donaueschingen über das System der Breisgau-S-Bahn mit einem Halbstundentakt zu den Hauptverkehrszeiten eingerichtet. Diesbezüglich muss es das Ziel sein, die Bestrebungen bedingungslos zu befürworten und das bereits weit fortgeschrittene Planungsstadium zügig fortzuführen. In einem weite- ren Schritt ist eine durchgängige Verbindung zwischen den Oberzentren Freiburg, Villingen- 22

Schwenningen und Stuttgart anzustreben. Dies erfordert eine Elektrifizierung des Abschnitts Villingen- Rottweil. Hinsichtlich des erfolgreichen Ringzugkonzepts bestehen die kurzfristigen Zielsetzungen darin, die Kapa- zitätsengpässe zu den Hauptverkehrszeiten im Schülerverkehr zu minimieren. Ansonsten gilt es, dieses Modell langfristig zu sichern und in eine gesamtregionale Schienenverkehrskonzeption einzubinden. Gute Anbindungen an die Fern – und Regionalverkehrsverbindungen über den Ringzug müssen auch nach den vielfältigen Umstrukturierungen im regionalen Schienenverkehr bestehen bleiben. Vor diesem Hin- tergrund ist es deshalb sogleich ein wichtiges Teilziel, dass an der Entwicklung eines gut aufeinander abgestimmten Gesamtkonzepts für den regionalen Schienenverkehr der Zukunft gearbeitet wird. In diese Betrachtung sind alle Strecken, welche die Region erschließen, einzubeziehen.

Zur Aufrechterhaltung eines attraktiven Schienenpersonennahverkehrs, der über den Schüler- und Pend- lerverkehr hinaus auch für den Tourismus von Bedeutung ist, muss zudem die Qualität des Wagenmate- rials und insbesondere von Bahnhöfen erhöht werden. Die Schaffung barrierefreier Zugänge, die Mit- nahmemöglichkeit von Fahrrädern sowie das Angebot von Parkmöglichkeiten im Umfeld der Bahnhöfe sind Themen, die ebenfalls zu einem Teilziel formuliert wurden.

Teilziele: - Gäubahn: Zweigleisiger Ausbau und Wiedereinführung der Neigetechnik. - Donaubahn: Taktverdichtung zu einem durchgängigen 1-Stundentakt zwischen Freiburg und Ulm. - Höllentalbahn: Bereits konkrete Ausbaupläne zur Elektrifizierung bedingungslos befürworten. - Ringzug: Kapazitätsengpässe minimieren und die Aufrechterhaltung des Konzepts langfristig sichern. - Abschnitte Villingen-Rottweil und Immendingen-Tuttlingen elektrifizieren. - Qualitätsstandards im Schienenpersonennahverkehr erhöhen. - Ein gut aufeinander abgestimmtes Gesamtkonzept für die langfristige Sicherung des regionalen Schie- nenverkehrs entwickeln.

Leitziel 4.3: Breitband- und Mobilfunkversorgung ausbauen Die von der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg und der Hochschule Furtwangen University durchgeführte Umfrage bei Wirtschaftsunternehmen in der Region hat ergeben, dass große Versorgungslücken bei der Breitbandversorgung bestehen. Obwohl der aktuelle Bedarf zwischen 11 und 50 Mbit/s liegt, stehen derzeit etwa der Hälfte der Unternehmen nur Anschlüsse unter 6 Mbit/s zur Verfügung. Der Bedarf einer leistungsfähigen Breitbandversorgung ist bereits heute einer der wichtigsten Standortfaktoren und wird mittelfristig weiter stark ansteigen. Die Unterversorgung schränkt viele Betriebe in ihren Geschäftsprozessen ein und beeinträchtigt sie in ihrer Wettbe- werbsfähigkeit. Vor allem aber ist zu bemängeln, dass – obwohl der Bedarf hier besonders groß ist – die Gewerbegebiete in der Region schlechter als Misch- oder Wohngebiete versorgt sind. Bei der allgemeinen Breitbandversorgung der Einwohner lassen sich insbesondere in den Teilräumen Südbaar und Schwarz- wald Defizite feststellen, wo nur etwa drei Viertel der Einwohner mit einer leistungsfähigen Bandbreite von 6 Mbit/s versorgt sind.

Der zügige Ausbau der Breitbandversorgung wird somit zu ei- nem wichtigen Erfolgsfaktor, der erhebliche Auswirkungen auf die Attraktivität der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg hat. Ziel muss es sein, Politik und Verwaltung für dieses Thema noch stärker zu sensibilisieren. Der Breitbandausbau muss sich zu- nächst auf die unterversorgten Gewerbegebiete konzentrieren. 23

Zudem sind innovative Lösungen für den ländlichen Raum auszuarbeiten, die die höheren Verlegungs- kosten abfedern. Hier können vor allem interkommunale Kooperationen eine maßgebliche Rolle spielen, in dem etwa Zweckverbände gebildet und bestimmte Streckenabschnitte gemeinsam genutzt werden. Der Landkreis Schwarzwald-Baar-Kreis hat bereits eine Masterplanung durchgeführt, um jeden Ort koor- diniert an Glasfaser heranzuführen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der immer verbreiteteren Nutzung des mobilen Internets über insbesondere Smartphones gilt es gleichsam, die Leistungsfähigkeit des Mo- bilfunknetzes in der Region zu optimieren. Es ist notwendig, die Möglichkeiten des technischen Fort- schritts flächendeckend zu gewährleisten.

Teilziele: - Ausbau der Breitbandversorgung in unterversorgten Gewerbegebieten forcieren. - Innovative Lösungen für den ländlichen Raum entwickeln. - Interkommunale Kooperationsformen fördern. - Das Mobilfunknetz optimieren.

Leitziel 4.4: Die Entwicklung eines zukunftsfähigen ÖPNV unterstützen Ein gut ausgebautes Netz des öffentlichen Personennahverkehrs ist für eine Region ein wichtiger Stand- ortfaktor. In der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg besteht neben den drei Busverkehren der Landkrei- se vor allem mit dem 3er-Ringzug, der in allen drei Landkreisen verkehrt, ein leistungsfähiges ÖPNV- Netz. Besonders hervorzuheben ist diesbezüglich, dass infolge der Einrichtung des 3er-Ringzugs zu- sammen mit den Busverkehren ein integraler Taktfahrplan mit einer Optimierung der Umsteigeverbindun- gen an den Verkehrsknoten sowie eine Tarifkooperation der drei Verkehrsverbünde entstand. Für die Fahrgäste bedeutet dies, dass sie mit einer Fahrkarte alle öffentlichen Verkehrsmittel in der gesamten Region mit Ausnahme der zuschlagspflichtigen Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn AG benutzen können. In der Zeit der Gültigkeit des Interimsfahrplans auf der Gäubahn können aber selbst die IC zwi- schen Stuttgart und Zürich zum Nahverkehrstarif genutzt werden.

Mit seinem Fahrgastaufkommen ist jedoch der Schülerverkehr das Rückgrat des ÖPNV in der Region. Da die Schülerzahl aufgrund des demografischen Wandels zurückgehen wird, wird dies somit auch Auswir- kungen auf ÖPNV haben. Trotz der mit sinkenden Schülerzahlen und einer Weiterentwicklung der Schul- landschaft einhergehenden Umstrukturierung der Schulstandorte (siehe Leitziel 2.3), was zwar für sich zu einem höheren ÖPNV-Bedarf führt, werden die Fahrgastaufkommen in der Summe zurückgehen.

Problematisch ist derzeit zudem die Ab- stimmung der Busverkehre über die Regi- onsgrenzen hinaus sowie die Schließung von örtlichen und zeitlichen Mobilitätslü- cken. So sind aktuell insbesondere man- che Gewerbegebiete noch nicht optimal an den ÖPNV angeschlossen. Aber auch in den Tagesrandzeiten ist es zum Teil schwierig, allein mit öffentlichen Ver- kehrsmitteln von einem Ort zum anderen zu kommen. Flexible Anrufbusverkehre bestehen zwar bereits in den Landkreisen Schwarzwald-Baar-Kreis und Rottweil, sind allerdings noch ausbaufähig. Diese Modelle gilt es in der gesamten Region auszubauen und in allen Bevölkerungs- schichten als vollwertiges ÖPNV-Angebot zu etablieren. Damit diese Angebote hinreichend angenommen werden, ist es insbesondere wichtig, die notwendige Akzeptanz dafür zu vermitteln. Dies gilt auch gegenüber den generellen Kosten und Fahrtzei- 24

ten des ÖPNV im ländlichen Raum. Hier könnte zum Beispiel eine Art Schnellbus mit wenigen Halten eine Idee darstellen (insb. auf Strecken ohne Schienenverbindung). Außerdem kann die Verknüpfung mit neuen Mobilitätsformen (siehe Leitziel 4.5) einen Beitrag zu einem langfristig zukunftsfähigen ÖPNV in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg leisten. Bei der Festlegung von Teilzielen und eventuell konkre- terer Maßnahmen ist die Abgleichung mit den in den Nahverkehrsplänen der Landkreise enthaltenen Zielen und Maßnahmen elementar.

Teilziele: - Abstimmung zwischen ÖPNV- und Schulstandortkonzepten optimieren. - Landkreisübergreifende Nahverkehrsverbindungen optimieren. - Mobilitätslücken mit Hilfe von flexiblen und alternativen Mobilitätsangeboten schließen (siehe auch Leitziel 4.5). - Akzeptanz für alternative Mobilitätsangebote erhöhen (siehe auch Leitziel 4.5).

Leitziel 4.5: Neue Mobilitätsformen in nachhaltige Mobilitätskonzepte integrieren Neue Mobilitätsformen wie E-Fahrzeuge, E-Bikes oder Car-Sharing-Modelle rücken immer stärker in den Fokus der Diskussionen. Zudem gibt es immer zahlreichere Projekte, die sich mit diesem Thema be- schäftigen und damit in Verbindung mit der Entwicklung eines zukunftsfähigen ÖPNV stehen (Leitziel 4.4).Doch gerade bei der Betrachtung der Projekte werden die zentralen Probleme ersichtlich. Einerseits konzentrieren sich derzeit die meisten Aktivitäten auf den städtischen Raum und andererseits gibt es in vielen Räumen eine Vielzahl von Projekten, die unkoordiniert nebeneinander her laufen. Dies ist auch in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg der Fall, wo bereits zahlreiche Einzel-Modelle auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Doch eine Vernetzung verschiedener Mobilitätsformen, die in Form eines mo- dularen Mobilitätskonzepts gerade auch für den ländlichen Raum Potenziale beinhaltet, gibt es in der Region bislang nicht. Ein weiterer Punkt, der die Umsetzung neuer Konzepte bislang erschwert, ist die zuweilen alleinige Fokussierung auf E-Mobilität. Die Ein- schränkungen und Grenzen (z.B. hohe Kosten, Ladeinfra- struktur), die mit dieser Mobilitätsart verbunden sind, führen dann oftmals schnell zu einem Scheitern einer Idee. E- Mobilität kann ein Teil des Angebots darstellen, sollte jedoch keineswegs als einziger Bestandteil eines neuartigen, nach- haltigen und ressourcenschonenden Mobilitätskonzepts be- trachtet werden. Insgesamt kommt es auf die Vernetzung neuer Mobilitätsformen mit bestehenden Mobilitätsangeboten sowie von öffentlichen und privaten Mobilitätsanbietern an.

Das übergeordnete Ziel in der Region sollte in der langfristi- gen Sicherung und Optimierung der Erreichbarkeits- und Mobilitätsstrukturen gesehen werden. Dabei können insbe- sondere im Bereich der Anschlussmobilität und bei der Schließung von Mobilitätslücken neuartige Mobilitätsformen Lösungsansätze darstellen (Schaffung einer „Mobilitätsga- rantie“ im ländlichen Raum). So besteht in der Region zwar ein insgesamt gutes Nahverkehrsangebot, bei dem Schiene und Bus integrativ vernetzt sind, doch könnte ein erweitertes Mobilitätskonzept mit neuen Angebotsmodulen ein Ansatz- punkt zur weiteren Optimierung sein. Neben Berufspendlern sind insbesondere bei Kindern, älteren Leuten und Studie- renden weitere Zielgruppen zu sehen. Letztere stehen heute vielfach vor dem Problem, dass ein Studium in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg kaum ohne eigenes Auto möglich ist. Auch Pflegeheime für Senioren sind oftmals noch nicht optimal an den ÖPNV angebunden. In Bezug auf Beschäftigte stellen insbesondere firmenübergreifende Mitfahrplattformen und Firmen-Fahrzeug-Pools zukunftsorientierte Lösungen dar. 25

Ein weiteres Ziel sollte darin bestehen, die Vielzahl der Angebote – von Ringzug und Busverkehr über (E- )Car-Sharing bis hin zu Zweirädern, Rufbussen und weiteren Modellen – zu kommunizieren und einfach buchbar zu gestalten. Eine interaktive Informationsplattform, welche alle Angebote erfasst und sogleich buchbar macht, sollte angedacht werden. Bestehende und neue entstehende Mobilitätsangebote können auf diese Weise transparent und benutzerfreundlich vernetzt werden. Dies könnte auch dazu beitragen, die vielfach noch in den Gedanken der Menschen bestehenden Hemmnisse gegenüber der Nutzung al- ternativer Mobilitätsformen abzubauen. Nicht zuletzt sollten auch die Ansprache und Einbindung zusätzli- cher Anbieter mit entsprechenden Konzepten (z. B. Automobilhersteller) angestrebt werden.

Teilziele: - Neue Mobilitätsformen mit bestehenden Mobilitätsangeboten vernetzen sowie die Kooperation zwi- schen öffentlichen und privaten Anbietern fördern. - Mobilitätslücken über neuartige Mobilitätsformen schließen. - Zentrale Kommunikation der Mobilitätsangebote mit regional einheitlichen, benutzerfreundlichen Bu- chungsmöglichkeiten entwickeln. - Zusätzliche Anbieter (z. B. Automobilhersteller) ansprechen und einbinden.

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5. Klimaschutz und Energieversorgung

Leitziel 5.1: Sichere, bezahlbarere und verstärkt regenerative Energieversorgung bei starker Erhöhung der Energieeffizienz erzielen In den letzten Jahren ist der Anteil der regenerativen Energien an der Stromversorgung kontinuierlich gestiegen. Gemessen am regionalen Stromverbrauch lag der Anteil von Fotovoltaik, Biomasse, Windkraft und Wasserkraft in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg im Jahr 2011 bei rund 16 %. Dabei kann die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg im Vergleich zum Land Baden-Württemberg in den Bereichen Pho- tovoltaik, Biomasse und Windkraft überdurchschnittliche Werte aufweisen. Die Wasserkraft besitzt auf- grund der fehlenden großen Flüsse „nur“ ein geringes Ausbaupotential, das allerdings zukünftig dennoch verstärkter genutzt werden sollte. Unter anderem bedingt durch die Verteuerung der fossilen Brennstoffe sowie durch den erheb- lichen Ausbau der regenerativen Energien und den damit verbundenen Subventionsmechanis- mus des EEG (Erneuerbare Energien Gesetz), welcher u.a. die von den Privatverbrauchern und dem Großteil der Unternehmen zu bezahlende „Ökostromzulage“ regelt, war in den letzten Jah- ren ein erheblicher Preisanstieg im Energiebe- reich zu verzeichnen. Dieser hat sowohl die Pri- vathaushalte als auch die Industrie-, Dienstleis- tungs- und Handwerksbetriebe sowie Landkreise und Kommunen stark getroffen. Von der Politik (Koalitionsvertrag vom 27. November 2013) ist eine Reform des EEG angekündigt worden. So sollen im Bereich der Windkraft nur noch „gute“ Standorte im Binnenland gefördert werden. Dies wird die Wirtschaftlichkeitsschwelle bei der Windkraft in der Region (bisher min. 5,3 m/s durchschnittliche Jah- reswindgeschwindigkeit) weiter nach oben treiben und vermutlich dazu führen, dass bisherige „Grenzer- tragsstandorte“ wirtschaftlich nicht mehr interessant sein werden.

Auch im Bereich der Biomasse ist geplant, das EEG so zu ändern, dass einer „Vermaisung“ der Land- schaft entgegengewirkt wird. Danach sollen eine verstärkte Nutzung von Abfall- und Reststoffen erreicht sowie konzeptionell der Anbau, die Verarbeitung und die Nutzung von Biomasse nach bioökonomischen Gesichtspunkten weiterentwickelt werden. Generell gilt es, die vorgegebenen energiepolitischen Rah- menbedingungen und Fördersätze lokal und regional so zu nutzen, dass ein höherer, regenerativer Anteil bei der Stromerzeugung erreicht wird. Im Bereich der Windkraft wird dies durch die Festlegung neuer Vorranggebiete durch den Regionalverband bzw. durch neue Konzentrationszonen der Städte und Ge- meinden erfolgen.

Der effizienteste Weg den Anteil erneuerbarer Energieträger zu erhöhen, ist die Steigerung der Energie- effizienz. Wird im dezentralen Energieerzeugungs- und Versorgungssystem Energie in Form von Strom und Wärme eingespart, können auch Energie- und Umweltressourcen maßgeblich geschont werden. Die Erhöhung der Energieeffizienz ist zusammen mit dem Ausbau bei der Nutzung regenerativer Energien das oberste Ziel. Die regionalen Energieagenturen für die drei Landkreise leisten dabei mit ihrem Bera- tungsangebot einen sehr wichtigen Beitrag zur Umsetzung und Erreichung der energiepolitischen Ziele. Auch die regionalen und kommunalen Energieversorger informieren neben der Aufgabenerfüllung im Rahmen der Daseinsvorsorge ihre Kunden über Stromeinsparungspotenziale oder Wärmedämmmaß- nahmen. Auch hier gilt aber die Abhängigkeit von übergeordneten Rahmenbedingungen, wie etwa von günstigen Förderprogrammen. Allgemein ist zudem eine klare Kommunikation der Verantwortlichkeiten und eine Vernetzung der Akteure nötig. So beraten die Energieagenturen Bürger, während die Energie- beratung im Bereich Industrie und Gewerbe über die Industrie- und Handelskammer sowie die Hand- werkskammer erfolgt. 27

Teilziele: - Ausbau der Windenergie möglichst menschen- und umweltverträglich umsetzen. - Biomasse überwiegend nur noch auf Grundlage von „Abfall- und Restprodukten“ ausbauen. - Kleine Wasserkraft partiell ausbauen. - Stromsparmaßnahmen umsetzen, Wärmedämmung ausbauen (insbesondere bei der baulichen und energetischen Sanierung), Kraft-Wärme-Kopplung ausbauen, Speicherkapazität erhöhen.

Leitziel 5.2: Klimaschutz im lokalen und regionalen Bereich optimieren Der Klimawandel bzw. die mit ihm einhergehende Erderwärmung ist ein Risiko für Natur, Mensch und Wirtschaft. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, gibt es eine Fülle von internationalen, europäischen und nationalen Vereinbarungen und Zielsetzungen. Die neue Bundesregierung sieht im Klimaschutz wei- terhin ein zentrales Politikfeld und will die Treib- hausgasemissionen bis 2020 um 40 % gegen- über dem Jahr 1990 reduzieren. Langfristig strebt sie im europäischen und weltweiten Kon- text eine Reduzierung um 80 bis 95% für das Jahr 2050 an. Die Bundesregierung will dabei eine „Zieltrias“ aus Ausbau der erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Reduzierung der Treibhausgase verfolgen.

Auch das Land Baden-Württemberg hat im Jahr 2013 ein Klimaschutzgesetz verabschiedet, wel- ches verbindliche Vorgaben für die Treibhaus-

gasreduzierung vorsieht. So soll der CO2- Ausstoß des Landes bis 2020 um mindestens 25 % und bis 2050 um 90 % sinken. Ein integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) des Landes soll konkrete Strategien und Maßnahmen enthalten.

Teilziele: - Öffentlichen Personennahverkehr und Schienenpersonennahverkehr stärken. - Neue Mobilitätsformen und nachhaltige Mobilitätskonzepte (einschließlich E-Mobilität) entwickeln und einsetzen (siehe Leitziele 2.4, 4.2, 4.4 und 4.5).

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6. Lebensqualität, Kultur und soziales Miteinander

Leitziel 6.1: Migration fördern und Integration verbessern In der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg leben viele Migranten verschiedener Kulturkreise. So besit- zen hier zum Zeitpunkt des Zensus 2011 rund 26 % der Einwohner einen Migrationshintergrund (Land: 25 %), wobei deren Anteil im Landkreis Tuttlingen mit etwa 31 % besonders hoch ist. Im Landkreis Rottweil leben dagegen „nur“ etwa 21 % der Einwohner mit einem Migrationshintergrund, was im bun- desweiten Vergleich allerdings immer noch ein hoher Wert ist. In Deutschland liegt der Anteil dieser Personengruppe bei rund 19 %.

Diese überdurchschnittlich vielen Migranten in der Region sollten daher sozial gut integriert und somit zufriedene Mitglieder der Gesellschaft sein. Wenn sie nicht gut integriert sind und sich die Gesellschaft oder die Migranten selbst nicht um Integration bemühen, können gegenseitige Ablehnungstendenzen, Abkapselungen, soziale Nachteile und sozialer Unfrieden entstehen.

Menschen mit Migrationshintergrund sollte Wertschätzung entgegengebracht und die Unterschiedlichkeit („Diversity“) als Chance gesehen werden. Diese Grundeinstellung sollten auf der anderen Seite auch die Migranten selbst aufbringen. Verschiedene Kulturen können zur gegenseitigen Entwicklung beitragen. Wertschätzendes Voneinander-Lernen und Austausch sind Wege dorthin. Das Ziel sollte sein, die Mig- ranten in die hiesige Kultur einzuführen, ohne dass sie ihre Herkunftskultur aufgeben müssen und dabei gleichzeitig offen für deren Kultur zu sein. Hierzu sind verschiedene Maßnahmen zu entwickeln und nicht nur von Institutionen voranzutreiben, sondern auch auf persönlicher Ebene zu leben. Die zum Teil weit verbreitete soziale Isolation – teils von beiden Seiten verursacht - sollte durch respektvolles Aufei- nander-Zugehen und Sich-dem-Anderen-Öffnen aufgebrochen werden (siehe auch Leitziel 6.4).

Ein den deutschen Bürgern ebenbürtiges Niveau an Sprache und Bildung ist Grund- lage für ein finanziell gut abgesichertes Leben und die soziale Teilhabe der Migran- ten. Daher sollte es Ziel sein, Sprach- und Bildungsdefizite bei Menschen mit Migrati- onshintergrund durch entsprechende Maß- nahmen abzubauen. Dies sollte bereits ab dem Vorschulalter erfolgen.

Viele Migranten bringen aus ihren Ur- sprungsländern gute berufliche Abschlüsse und Qualifikationen mit. Dieses Potenzial gilt es besser zu nutzen und Menschen mit Migrationshintergrund entsprechend ihrer Qualifikation und ihren Abschlüssen in den hiesigen Arbeits- markt zu integrieren und die Anerkennung von Bildungsabschlüssen zu fördern.

Teilziele: - Soziale und kulturelle Isolation durch beiderseitige Bemühungen aufbrechen. - „Diversity“ als Chance wahrnehmen. - Voneinander-Lernen und Einführen in die Kulturen ohne Aufgabe der Herkunftskultur fördern. - Sprach- und Bildungsdefiziten bei Migranten abbauen (bereits ab dem Vorschulalter). - Berufliche Abschlüsse und Qualifikationen der Migration besser nutzen und Migranten entsprechend Qualifikationen in den Arbeitsmarkt integrieren. - Anerkennung von Bildungsabschlüssen fördern. 29

Leitziel 6.2: Kulturangebot weiterentwickeln und besser vernetzen Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zeichnet sich durch eine hohe Lebensqualität aus. Sie bietet ihren Bürgern – ebenso wie ihren Gästen – im kulturellen Bereich und auf dem Freizeitsektor eine Viel- zahl an Partizipationsmöglichkeiten. Um die Angebote zu bündeln, bedarf es der Entwicklung ganzheitli- cher Konzepte für Bildung und Kultur sowie Freizeit und Sport. Auch die Aufgabe, Kindern und Jugendli- chen das vielgestaltige Kulturgeschehen unserer Gesellschaft zu erschließen, ist von Bedeutung. Somit sollten auch gezielt Angebote für junge Menschen ausgebaut werden. Zudem ist die Stärkung der inter- kulturellen Kulturarbeit eine wichtige Aufgabe, die beinhaltet, dass die Teilhabe und Mitgestaltung von Menschen mit Migrationshintergrund am kulturellen Geschehen gefördert wird. Erst durch kulturelle Be- gegnungen und Austausch werden die Vielfalt der Kulturen, deren Unterschiede, aber auch Gemeinsam- keiten erfahrbar (siehe auch Leitziel 6.1).

Zudem sind Kultur- und Tourismuskonzepte miteinander zu verzahnen. Auf regionaler Ebene erscheint eine projektbezogene Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitskreis Kultur beim Regionalverband und dem Arbeitskreis Tourismus bei der Industrie- und Handelskammer zielführend.

Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg verfügt über eine hoch entwickelte, breit gefächerte und lebendi- ge Kulturszene. Neben einem kommunal verantworteten Theater- und Konzertgeschehen sowie Festivals auf internationalem Niveau, die den Vergleich mit dem Angebot in Metropolregionen nicht zu scheuen brauchen, stehen vielfältige Aktivitäten der Hochschulen, der freien Kulturträger, Initiativen und Vereine. Aus regionaler Sicht sind interkommunale innovative Projekte mit Alleinstellungscharakter vorrangig zu fördern. Dabei ist die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg von den Kommunen als gemeinsamer Kultur- raum zu begreifen, der eine breite Palette an Kooperationsmöglichkeiten bietet.

Des Weiteren gilt es auf regionaler Ebene, die vielfältigen Angebote der kulturellen Akteure besser zu vernetzen. Anzustreben ist auch die weitere Verbesserung der gemeinsamen Information und Kommuni- kation im Kulturbereich. Erste richtungweisende Maßnahmen wurden vom Arbeitskreis Kultur beim Regi- onalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg mit der Veröffentli- chung eines regionalen Kulturführers und eines regionalen Museumsführers sowie mit der Schaffung einer regional ausgerichteten Kulturplattform im Internet umgesetzt. Die im Frühjahr 2013 in Betrieb genommene Kulturplattform „www.trio-K.de“ fungiert als Informations-, Buchungs- und Werbemedium für regional bedeutsame Kulturveranstaltun- gen in allen drei Landkreisen. Zur Weiterentwicklung muss diese Internetplattform deutlich kommuniziert werden, um somit möglichst vielen Menschen die Webseite vertraut zu machen. Auch der darüber hinausgehende Tätigkeitsbereich des regionalen Kulturarbeitskreises fördert die Vernetzung der vielfältigen Kulturangebote in der Region.

Teilziele: - Ganzheitliche Konzepte für Bildung, Kultur, Freizeit und Sport entwickeln. - Zusammenarbeit der Kulturakteure in der Region stärken. - Kultur- und Tourismuskonzepte miteinander verzahnen. - Interkommunale innovative kulturelle Angebote mit Alleinstellungscharakter entwickeln. - Kulturangebote überregional profilieren und kulturelle Spitzenangebote fördern. - Kulturangebote als Bestandteil zukunftsorientierter Kinder- und Jugendarbeit wahrnehmen und aus- bauen. - Kulturelle Grundlagen für die Integration von Migranten schaffen und die Vielfalt der Kulturen in der Region als gegenseitige Bereicherung erfahrbar machen. - Information und Kommunikation im Kulturbereich optimieren. - Kulturplattform www.trio-K.de weiterentwickeln und deutlich kommunizieren.

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Leitziel 6.3: Freizeitangebote ausbauen Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zeichnet sich durch eine Vielzahl an touristischen, kulturellen und gastronomischen Angeboten aus. Dazu zählen sowohl Theateraufführungen und Konzerte, heimat- und naturgeschichtliche sowie kultur- und kunstwissenschaftliche Museen als auch zahlreiche Sport- und Freizeitveranstaltungen. Insgesamt ist hinsichtlich der Bandbreite in der Region ein ähnlich vielfältiges Angebot wie in vielen Metropolregionen anzutreffen. Die Angebote in den Bereichen Kultur, Sport, Frei- zeit und Natur sind wesentliche Faktoren für das Image, die Attraktivität und die Lebensqualität einer Region.

Um die Attraktivität der Region Schwarzwald- Baar-Heuberg für Bürger und Gäste weiter zu erhöhen, bedarf es der Fortentwicklung der touristischen Infrastruktur in den drei Land- kreisen. Anzustreben sind kreisübergreifende touristische Initiativen. In diesem Zusammen- hang sind die vom Zweckverband Ringzug, dem Schwäbischen Albverein und dem Schwarzwaldverein erfolgreich organisierten „Ringzug-Wanderungen“ als Musterbeispiel anzuführen. Es gilt, die Kombination aus Wanderungen und Ringzugfahrten als festen Bestandteil des regionalen Freizeitangebots langfristig zu etablieren und überregional zu vermarkten. Als richtungweisend erscheint zudem die Zusammenarbeit des Landkreises Rottweil und des Schwarzwald-Baar-Kreises auf den Feldern des Rad- und des Wandertourismus. In den Jahren 2009– 2014 haben die beiden Landkreise ein weit gespanntes Netz an Rad- und Wanderwegen ausgewiesen und beschildert, das unter der Marke „Rad- und WanderParadies Schwarzwald und Alb“ vermarktet wird.

Teilziele: - Touristische Infrastruktur weiterentwickeln. - Wanderwege, Radwanderwege, Wintersportanlagen und weitere Breitensporteinrichtungen unterhal- ten und ausbauen. - Kreisübergreifende touristische Konzepte (z.B. „Ringzug-Wanderungen“, „Rad- und WanderParadies Schwarzwald und Alb) etablieren.

Leitziel 6.4: Willkommenskultur leben Ihre Heimatregion verlassende Personen sowohl aus dem In- als auch dem Ausland stehen vor einer Vielzahl an Hürden, wenn sie in ein neues Land oder eine neue Region kommen. Man muss sich in frem- de Gepflogenheiten und Örtlichkeiten einfinden, Freunde suchen, sich möglicherweise an neue Gesetze, Regeln, Sprachen und andere Dinge gewöhnen und diese lernen. In der Zeit vor der Zuwanderung entscheidet sich ein Mensch für oder gegen einen Ortswechsel. Direkt nach der Ankunft (Erstorientierung) und in den Folgemo- naten stellen persönliche Erfahrungen die Wei- chen für die weitere Lebensplanung. Speziell in diesen entscheidenden Zeiten, aber auch spä- ter, kann und sollten die Empfangenden die Zuwanderer offen willkommen heißen.

Für eine erfolgreiche Integration benötigen in- 31

und ausländische Zuwanderer (siehe auch Leitziel 6.1) viel Unterstützung, Orientierung und freundliches, persönliches Entgegenkommen. Damit Zuwanderer und auch Rückkehrer hier gerne dauerhaft sesshaft werden, sollten wir eine lebendige Willkommenskultur entwickeln und pflegen. Dabei sollten wir neben den beruflichen Aspekten bewusst auch die gesellschaftlichen, religiösen und privaten Bedürfnisse der neuen Mitbürger ansprechen und einbeziehen. Willkommenspakete, Neubürgerempfänge und Ansprech- partner für persönliche Wünsche in den Kommunen sind konkrete Ansätze. Weitere Anregungen und Literatur liefert die Broschüre „Willkommenskultur in Kommunen und Unternehmen – Handlungsempfeh- lungen“.9

Ein weiterer wichtiger Meilenstein der Willkommenskultur in der Region ist das vom Ministerium für Fi- nanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg geförderte „Welcome Center Schwarzwald-Baar-Heuberg“. Das Center berät und unterstützt neu zugezogene internationale Fachkräfte und deren Angehörige bei allen Angelegenheiten rund um Leben und Arbeiten. Dies soll den Neubürgern und ihren Familien ein schnelles Ankommen in der Region ermöglichen.

Teilziele: - Unterstützung und Orientierung in Beruf, Gesellschaft, Religion und Privatem gegenüber Zuwanderern freundlich entgegenbringen.

Leitziel 6.5: Bürgerschaftliches Engagement stärken Die Internetplattform Wikipedia definiert bürgerschaftliches Engagement als „das freiwillige, nicht auf finanzielle Vorteile gerichtete, das Gemeinwohl fördernde Engagement von Bürgern zur Erreichung ge- meinsamer Ziele“. Darunter fallen „Ehrenamt, Selbsthilfe, politische Partizipation, politischer Protest, freiwillige soziale Arbeit oder freiwilliges Engagement […].“ Beispiele für Formen sind Vereine, Bürgerini- tiativen oder das Engagement über Internet (z.B. Petitionsinitiativen). Nirgendwo sonst in Deutschland engagieren sich so viele Bürger freiwillig und unentgeltlich wie in Baden-Württemberg: Mit 41 % der Bevölkerung ist das Land bundes- weit Spitzenreiter – und das schon seit Jah- ren.10

Bürgerschaftliches und ehrenamtliches Enga- gement, das sich aus der Mitte der Gesell- schaft selbst organisiert, reichert die Gesell- schaft um vielfältige Leistungen zum Wohle und Nutzen der Bürgerinnen und Bürger und um Gelegenheiten zur Teilhabe an. Der sozio- kulturelle, ökologische und ökonomische Wert kann nicht hoch genug eingeschätzt werden und muss unbedingt bewahrt werden. In der Regel nutzt bürgerschaftliches Engagement einerseits der Gesellschaft im Allgemeinen sowie den Kommunen, die das Engagement nutzen können. Andererseits gilt dabei jedoch die Prämisse, dass Bürger entsprechend motiviert werden, ohne sie zu funktionalisie- ren. Hierfür existieren eine Vielzahl an Initiativen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Dar- über hinaus hilft bürgerschaftliches Engagement bei der Integration und gesellschaftlichen Teilhabe von Migranten durch interkulturelles Engagement sowie nicht zuletzt hinsichtlich der Bildung. Der Aspekt, dass Engagierte häufiger an Weiterbildungsangeboten teilnehmen, wird öffentlich noch zu gering wahr- genommen.

9 Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg mbH (Hrsg.): Cornelia Lüth: „Willkommenskultur in Kommunen und Unterneh- men – Handlungsempfehlungen“, Villingen-Schwenningen 2013. 10 Vgl. Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung: Freiwilligensurvey 2009 – Sonderauswertung Baden-Württemberg, Stuttgart 2011. 32

Allerdings stellt der Freiwilligensurvey in Baden-Württemberg auch noch zahlreiche Defizite fest. So engagieren sich Bürgerinnen und Bürger in unterdurchschnittlichem Maße im Sport, ist der Anteil älterer Bürger/innen zwar dank zahlenmäßiger Zunahme und neuem Altersbild zunehmend, aber immer noch unterrepräsentiert, und geht das Engagement in ländlichen Gebieten zurück. Dagegen wird die größte Engagement-Quote in Kleinstädten beobachtet. Zudem ist eine Monetisierung des Ehrenamts sowie eine bislang zu geringe Berücksichtigung der Migrationshintergründe von Bürger/innen festzustellen. So gilt es insbesondere bei diesen Defiziten anzusetzen. Teilziele: - Bürgerschaftliches Engagement als unentgeltliche Form gesellschaftlicher Mitgestaltung bewahren. - Die Migrationshintergründe von Bürgerinnen und Bürgern zur verstärkten Integration stärker einbezie- hen. - Bildungs- und Lerneffekte im Engagement stärker kommunizieren. - Bildungsfernere Bevölkerungsgruppen stärker einbeziehen.

Leitziel 6.6: Kultur des Hierbleibens fördern Die beruflichen Perspektiven von jungen Menschen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg könnten nicht besser sein. Neben einer sehr niedrigen Arbeitslosenquote bieten die in der Region stark vertrete- nen Industriebetriebe eine Vielzahl von Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten. Auch das berufliche Bildungswesen ist fundiert und vorbildlich. Moderne Angebote ergänzen die duale Ausbildung. Regionale Akademien und Hochschulen bieten weiterführende Lehrgänge bis zu akademischen Abschlüssen an.

Trotz dieser nahezu idealen Rahmenbedingungen verlassen immer mehr junge Menschen die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Die Gründe sind vielseitig: Gerade junge Menschen folgen dem allgemei- nen Trend, sich in städtischen Ballungsräumen niederzulassen. Ein weiterer wichtiger Grund für die Ab- wanderung ist die Entwicklung unseres Bildungssystems. Immer mehr Schüler gehen auf das Gymnasi- um und wollen nach dem Abitur auf einer Universität fern der Heimat studieren. Und dies, obwohl längst nicht alle Abiturienten die nötige Reife für ein Studium mitbringen. Dies beweisen die hohen Studienab- brecherzahlen von 20 bis 30 %. Zudem gehen hierdurch dem dualen Ausbildungsmarkt viele potenzielle Bewerber verloren. Allerdings ist in der Region trotz des steigenden Anteils an Gymnasiasten der Anteil an Schülern, welche die Haupt-, Real- oder Werkrealschule besuchen, immer noch relativ hoch. Die lang- fristige Stärkung dieser Schulsysteme, aber auch die stärkere Ansprache von Abiturienten, um diese für die duale Ausbildung zu gewinnen, ist demnach als eine Chance zu sehen. Gerade die zahlreichen In- dustrieunternehmen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg benötigen neben Ingenieuren auch in einem hohen Maß Facharbeiter, die aus der dualen Ausbil- dung kommen (siehe auch Leitziele 2.1 und 2.2).

Insbesondere muss aber generell eine „Kultur des Hierblei- bens“ geschaffen werden, die junge Menschen zum Verblei- ben oder zur Rückkehr in ihre Heimatregion animiert. Projekte zur Förderung dessen wie zum Beispiel das von der Industrie- und Handelskammer initiierte Projekt „Heimspiel – Hier blei- ben und weiter kommen“ gehen entsprechend in die richtige Richtung.

Teilziele: - Für Vorzüge und Chancen der dualen Ausbildung sensibilisieren. - Neue Informations- und Beratungsmethoden in der Berufsorientierung entwickeln. - Projekte zur Förderung der „Kultur des Hierbleibens“ durchführen. - Attraktivität der Region für junge Menschen durch gezielte Maßnahmen, die auch über den beruflichen Bereich hinausgehen, erhöhen.

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Leitziel 6.7: Familienfreundlichkeit fördern Der Familienatlas 2012 hat für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg im Themenfeld „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ein unterdurchschnittliches Ergebnis festgestellt. Dabei wurden vor allem die Indikato- ren „Ganztagesbetreuungsangebote im Kindergartenalter“ sowie der „Nettoausbau der Ganztagesbetreu- ung von Kindergartenkindern“ ungünstig bewertet. Während so beispielsweise die Ganztagesbetreu- ungsquote in Deutschland rund 35 % betrug, lag diese in den drei Landkreisen der Region zwischen 10 und 3 %. Wegen der Einführung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Le- bensjahr zum 1. August 2013 hat sich der Zahl der Betreuungsangebote in den Städten und Gemeinden der Region gegenüber den Basisdaten des Familienatlas zuletzt jedoch erheblich erhöht. Die Kinderbe- treuung und damit eine hohe Attraktivität für Familien stellt einen wichtigen Standortfaktor für eine Region dar. Durch den Zuzug junger Menschen mit Familie lässt sich der demografische Wandel abschwächen oder zumindest durch die Verhinderung des Wegzugs eine Verschärfung dessen verhindern. Ein wichti- ger Aspekt dieses Leitziels ist auch, dass die Grundbasis für soziales Miteinander, das aufeinander Zu- gehen, die Bereitschaft zur Kooperation sowie das Überwinden von Egoismen im familiären Umfeld ge- legt wird. Die Familienfreundlichkeit einer Region bringt somit mehrere positive Effekte mit sich.

Eine erfolgreiche Familienpolitik muss gewährleisten, dass die Bedürfnisse aller Familienmitglieder in einer Region gewährleistet sind. Dabei sind insbesondere die gestiegene Erwerbstätigkeit der Frauen und die damit verbundenen Bedürfnisse nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu berücksichti- gen. Im Jahr 2012 waren in Baden-Württemberg im akademischen Bereich 72 % der Paare Dop- pelverdiener, 53 % davon Doppelvollzeitverdie- ner. Im Nicht-Akademischen Bereich waren 58 % Doppelverdienerpaare, davon bei 42 % beide in Vollzeit.11 Ein Ort, der den Bedürfnissen die- ser Zielgruppe nicht nachkommt, kommt als Wohnort für die Mehrheit der Paare und damit auch deren Kinder als Wohnort dauerhaft nicht in Frage. Ein ganz wesentlicher Faktor ist dabei auch die soziale Akzeptanz der Doppelverdie- nerpaare am Wohnort. Hier scheint Deutschland und insbesondere der ländliche Raum noch einen gewissen Nachholbedarf zu haben.12

Im Akademischen Bereich haben sich deshalb seit einigen Jahren – zunächst schwerpunktmäßig in Uni- versitätsstädten – Dual-Career-Services etabliert, die Doppelkarriere-Paare und damit die Chancen- gleichheit von Männern und Frauen unterstützen Viele deren Maßnahmen können aber auch auf den ländlichen Bereich und auch auf den nicht-akademischen Bereich übertragen werden. In Baden- Württemberg unterstützen zudem das Kompetenzzentrum Beruf & Familie Baden-Württemberg und die Familienforschung Baden-Württemberg beim „Landesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien, Frauen und Senioren“ Betriebe und Institutionen bei der Verbreitung familienfreundlicher Angebote. Ein ebenfalls wichtiges Themenfeld ist dabei die Betreuung älterer Familienangehöriger (siehe auch Leitziel 3.5). Im Pflegebereich, wo viele offene Stellen nicht besetzt sind, sollten zudem Maßnahmen hinsichtlich einer stärkeren Mobilisierung des Potenzials an männlichen Pflegekräften durchgeführt werden.

Teilziele: - Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch den weiteren Ausbau der Familienbetreuung fördern. - Dual-Career-Netzwerke aufbauen. - Soziale Integration von Familien am Ort fördern.

11 Statistisches Landesamt Bden-Württemberg, Stuttgart 2012. 12 Vgl. Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Beruflicher Wiedereinstieg nach der Familiengrün- dung, Berlin 2010. 34

7. Wirtschaftsförderung und Regionalmarketing

Leitziel 7.1: Clusteraktivitäten weiterentwickeln Cluster gelten gemeinhin als „Innovationsschmieden“. Sie sind somit ein wichtiger Standortfaktor, der es einerseits Unternehmen ermöglicht, im internationalen Wettbewerb zu bestehen und andererseits die Region für auswärtige Investitionen attraktiv macht.

Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ist geprägt von einer stark überdurchschnittlichen Dichte an In- dustriebetrieben. 52 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind im Produktionssektor tätig (im Vergleich in Baden-Württemberg: 38 %). Zu den wichtigsten Branchen gehören die Metallindustrie, der Maschinenbau, die Medizintechnik, die Kunststoffverarbeitung, die Elektro- und Mikrotechnik sowie der Automotive-Sektor. Einen umfassenden Überblick zu den einzelnen Clustern und Clusterinitiativen in der Region gibt der Regionale Cluster-Atlas Baden-Württemberg.13

Ein besonders zukunftsweisendes Clustermodell, wel- ches über die regionalen Grenzen hinweg Beachtung findet, ist das des Technologieverbundes Technolo- gyMountains. Dieses Unternehmensnetzwerk bündelt branchenübergreifende Angebote für die Präzisionstechnik in den Bereichen Mikro-, Metall-, Kunststoff-, Automobil- und Medizintechnik. Die Akteure im Netzwerk repräsentieren dabei die gesamte Wertschöp- fungskette von der vertikalen Vernetzung (z.B. Weiterbildung, Einkaufsgemeinschaft usw.) bis zur hori- zontalen Vernetzung der Branchen. Besonders im Fokus steht das Lancieren von Verbundprojekten.

TechnologyMountains ist Mitglied im Programm „go-cluster“ des Bundesministeriums für Wirt- schaft und Energie und gehört somit zu den leis- tungsfähigsten Innovationsclustern in Deutsch- land und wurde vom Europäischen Sekretariat für Clusteranalysen mit dem Label „Cluster Management Excellence – Striving for Cluster Excellence“ ausgezeichnet.

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts verdeutlicht, dass nur eine Minderheit von Unternehmen eine für sich passende Clusterinitiative kennt. Hier ist zu prüfen, wie die Clusterinitiativen in ihren Marketingaktivitäten durch andere regionale Akteure und eine verstärkte Vernetzung unterstützt werden können. Dafür ist die Schaffung einer Vertrauensbasis notwendig, die durch eine Cluster-Moderation unterstützt werden könn- te. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die zu forcierende Ergänzung der „horizontalen“ Cluster um „vertikale“ Cluster und Clusterinitiativen. Für die Kombination beider Dimensionen ist gerade Technolo- gyMountains als Vorzeigeinstitution anzuführen.

Teilziele: - Operative Exzellenz verschiedener Clusterinitiativen sicherstellen. - Regionale Gesamtkoordination aller Cluster-Aktivitäten verstärken. - Wirksamkeit der von den Clusterinitiativen durchgeführten Marketingaktivitäten erhöhen. - Verstärkt „Horizontale“ Cluster um „vertikale“ Cluster und Clusterinitiativen ergänzen (Bsp. Technolo- gyMountains).

13 Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden‐Württemberg (Hrsg.): Regionaler Clusteratlas Baden‐ Württemberg 2012, Stuttgart 2012, S. 79‐85. 35

Leitziel 7.2: Standortmarketing unter der Dachmarke „Gewinnerregion“ stärken Die Stärken der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg (wirtschaftliche Stärke, breites Kulturangebot, überdurchschnittliche Lebensbedingungen) werden außerhalb und teils auch innerhalb der Region nicht genügend wahrgenommen. Derzeit betreiben in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg verschiedene Organe Standortmarketing. Dies sind neben der regionalen Wirtschaftsförderung teils sich geografisch überlagernde Verwaltungseinheiten (Kommunen, Landkreise) sowie Körperschaften, wie die „Donau- bergland Marketing und Tourismus GmbH“, die sich nicht an Regions- und Landkreisgrenzen festma- chen. Dieses Marketing wird insgesamt mit verschiedenen Medien, Logos und Namen über verschiede- ne Kanäle betrieben.

So betreibt die Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg für die Region eine Vermarktungsstra- tegie über eine Dachmarke unter dem Brand „Gewinnerregion“, doch sind darin nicht alle an Standort- vermarktungsaktivitäten beteiligten Akteure miteinander verzahnt. Zwar wird die regionale Dachmarke „Gewinnerregion Schwarzwald-Baar-Heuberg“ im Erscheinungsbild (Corporate Image) einiger Unter- marken der Region zitiert und es existieren Kooperationen in der Vermarktung regionaler Gewerbeflä- chen und im Bereich Fachkräfteanwerbung (Fachkräfteallianz Gewinnerregion und die Aktivitäten der regionalen Wirtschaftsförderung), doch fehlt es bei der Vermarktung des Freizeit- oder Bildungswerts der Region an einer gemeinsamen Handlungslinie. Zudem werden Marketingkanäle derzeit aus Grün- den der Erhaltung eines eigenen Erscheinungsbildes nur begrenzt gemeinsam genutzt.

Dadurch entstehen ein erhöhter Marketingaufwand und erhöhte Kosten für die einzelnen Vermarkter sowie „Kannibalisierungsef- fekte“, da sich überlagernde Kampagnen und Markennamen verwirren und so die Wirkung einer jeden einzelnen Maßnahme schwächen. Es wird somit letztlich kein klares Image erzeugt und die Vorteile einer gemeinsamen Vermarktung verkannt.

Ziel sollte es demnach sein, durch Abstimmung und die Senkung der Marketingkosten Synergieeffekte zu schaffen und ein klares Image für die Region ohne sich überlagernde Marken zu kreie- ren. Hierzu sollte eine Gesamtvermarktungsstrategie unter der Dachmarke „Gewinnerregion“ mit gemeinsamen Zielen aller beteiligten Vermarktungsakteure geschaffen werden. Ein Leit- bild/eine Vision, mit der sich alle identifizieren, sollte gemeinsam abgestimmt werden, um einen stärkeren Auftritt möglichst „aus einem Guss“ zu garantieren. Zudem sollte über Kooperationen in der Gestaltung und Erstellung von Marketingmedien sowie die Nutzung von Marketingkanälen nachgedacht werden. Die Kom- munikation sollte einheitlich unter Verwendung des Brands „Gewinnerregion“ sowohl nach außen als auch nach innen gerichtet werden. Unternehmen, Kommunen und Institutionen sollten sich geschlossen in ihrer Außen- und Innendarstellung dieser gemeinsamen Dachmarke bedienen. Die durchgängige Publizierung des Corporate Designs bei Messeauftritten, auf dem Briefbogen und der Homepage sind erste Ansätze hierzu, die bislang allerdings nur teilweise umgesetzt werden. Zur besseren geografischen Verortung sollte im Außenmarketing durchgängig der Begriff „Gewinnerregion“ mit dem Zusatz „Schwarzwald-Baar-Heuberg“ verwendet werden.

Teilziele: - Klare Imageerzeugung von einer Dach- und verschiedenen Untermarken erreichen. - Gemeinsames Bekenntnis zur Dachmarke „Gewinnerregion“ aller maßgeblicher Akteure erreichen. - Akzeptanz der Dachmarke „Gewinnerregion“ in allen drei Landkreisen der Region durch ständige Er- wähnung erhöhen. - Kooperationsvorteile nutzen und Kannibalisierungen vermeiden. - Durchgängig den Begriff „Gewinnerregion“ mit dem Zusatz „Schwarzwald-Baar-Heuberg“ verwenden. - Ortsansässige Betriebe an die Region binden (siehe auch Leitziel 1.2). 36

Leitziel 7.3: Wirtschaftsförderung weiterentwickeln Wirtschaftsförderung ist mehr als Flächenmanagement. In der Region gibt es Wirtschaftsförderer auf der kommunalen, kreisweiten und regionalen Ebene. Sie fungieren als Schnittstelle zwischen Verwaltung und Wirtschaft und sollen letztere beleben. Die Wirtschaftsförderer haben in der Regel die Aufgabe, örtliche Gewerbegebiete zu vermarkten, Investoren zu werben und bereits angesiedelte Unternehmen in ihrem Gebiet zu fördern. Vielfach gehört auch - wenn nicht personell eigens besetzt - das Stadtmarketing dazu.

Als großer Hemmschuh für die Wirtschaft der Region stellt sich zukünftig vor allem der demografische Wandel und der damit einhergehende Fachkräftemangel heraus. Bereits jetzt können etliche Stellen in der Industrie, im Handwerk und im Dienstleistungsbereich überdurchschnittlich lange nicht besetzt wer- den. Dies bedroht ernsthaft die Entwicklung der hiesigen Wirtschaft. Speziell kleine und mittelständische Unternehmen, die den starken Pfeiler der regionalen Wirtschaft darstellen, leiden zum Teil besonders stark unter diesem Trend. Auch andere essenzielle Bereiche, wie zum Beispiel Hochschulen und Verwal- tungen sind vom Fachkräftemangel betroffen. Letztlich werden aber auch Investorenentscheidungen und Unternehmensansiedlung von der Fachkräftethematik beeinflusst. Sind nicht genügend Fachkräfte vor Ort, könnte sich ein Unternehmen für einen anderen Standort entscheiden (siehe auch Leitziel 1.1).

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Schwarzwald-Baar-Heuberg mbH hat es sich daher zum Ziel gesetzt, sicherzustellen, dass den Unternehmen in der Region ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen. Verschiedene Projekte zur Fachkräfteanwerbung (Jobmes- sen, Jobbörsen, Zuwanderungsprojekte von Ingenieuren und Hand- werkern) hat sie bereits umgesetzt. Die Wirtschaftsförderungen der Kommunen und der Landkreise gehen diese Themen bislang noch gering an. Auch KMU setzen noch selten Maßnahmen um, mit wel- chen sie diesen Themen begegnen können. Ziel sollte es deshalb sein, weitere Maßnahmen zur Fachkräftesicherung zu entwickeln und diese auch in den kommunalen Wirtschaftsförderungen und Landkrei- sen zu verankern. Speziell die Beratung und Unterstützung von KMU bei der Qualifizierung und Anwerbung von Mitarbeitern sollte in den Handlungsfokus genommen werden. Die Bewusstseinsbildung für die Attraktivität von KMU und die Schaffung einer bestimmten Unterneh- menskultur sind hier mögliche Teilziele. Aber auch die Beratung zu Fördermitteln sowie die Vernetzung auf überregionaler und europäischer Ebene sollte verstärkt angedacht und sondiert werden.

Teilziele: - Zukunftsaufgabe Fachkräftesicherung vorantreiben. - Maßnahmen zur Optimierung der Willkommenskultur bei Kommunen und Unternehmen durchführen (professionelles „Welcome-Marketing“, „Welcome-Berater“). - Die Fachkräftethematik auf tieferen Verwaltungsebenen implementieren. - Verstärkte Beratung und Maßnahmenentwicklung speziell für kleine und mittelständische Unterneh- men anbieten (z. B. Bewusstseinsbildung, Fördermittel, Demografie-Coaching).