368 Berliner Umland

Radtour auf der Havel-Chaussee Berliner Umland Potsdam und das Havelland Das südwestlich von gelegene Potsdam und seine Umgebung sind durch Wasser geprägt. Hier fließt gemächlich die nicht kanalisierte Havel dahin, die im flachen Land mäandriert und Seen bildet. Landschaften wie aus dem Bilderbuch sind hier zu entdecken. Mittendrin liegt die brandenburgi- sche Landeshauptstadt Potsdam mit ihren berühmten Schlössern und Parks. Erst nach der letzten Eiszeit ist die Havel entstanden. Sie entspringt zwischen dem Müritzsee und Neustrelitz in Mecklenburg, schlängelt sich bis Berlin südwärts und fließt dann nach Westen, bis sie bei Havelberg in die Elbe mündet. Ihr Name geht vermutlich entweder auf ein altgermanisches Wort für „Wasser“ oder für „buchten- reich“ zurück – beide Deutungen klingen plausibel. Vom Wasser aus sind Potsdam und seine Umgebung am schönsten; das ist seit lan- gem bekannt und so herrscht hier kein Mangel an Ausflugsdampfern und Bootsver- mietungen. Von Berlin kann man mit mehreren Linien der Stern- und Kreisschiff- fahrt (s. Kapitel „Unterwegs in Berlin“) nach Potsdam fahren, das nur durch die Glienicker Brücke von der Bundeshauptstadt getrennt ist. Die Nähe zu Berlin ließ Potsdam und seine Nachbarorte in den letzten Jahren zu Berli- einem bevorzugten Wohngebiet ehemaliger Berliner werden, die es grün und be- ner schaulich lieben. Auch von denen, die es durch den Hauptstadtumzug beruflich Um- nach Berlin verschlagen hat, wohnen viele in Potsdam. Das führte dazu, dass die land Mieten hier höher sind als in Berlin. Besonders begehrt sind die Villen der UFA-

Potsdam Karten S. 370/371, 378/379

Potsdam 369

Filmstars in Griebnitzsee, wo sich viel Prominenz niederließ. Gedreht wurden – und werden – Filme in den ehemaligen UFA-Studios in Potsdam-Babelsberg, die auch besichtigt werden können. Ein klassisches Ausflugsziel der Berliner ist Werder, besonders zur Baumblüte im Frühjahr. Aber auch viele der kleineren Orte wie Caputh oder Glindow sind loh- nende Ziele für einen Tagesausflug von Berlin aus. Bei schönem Wetter sollte man Badesachen im Gepäck haben, denn überall bieten sich Möglichkeiten, in die Ha- velgewässer zu springen. Informationen und Pauschalangebote bietet die TMB un- ter www.reiseland-brandenburg.de an. Zu erreichen sind Griebnitzsee, Babelsberg und Potsdam von Berlin aus mit der S- Bahn (Linie S1). Die Orte der Umgebung sind von Potsdam aus mit dem Bus oder der Bahn zu erreichen. In Fahrkartenautomaten gibt es für 23 € das Brandenburg- Berlin-Ticket der DB, das für fünf Personen oder Familien mit unbegrenzt vielen eigenen Kindern in allen öffentlichen Verkehrsmitteln des VBB in Berlin und Bran- denburg gilt (Ausnahme: Rüdersdorfer Straßenbahn). Mo–Fr ab 9 h, Sa/So ab 0 h; jeweils bis 3 h des Folgetages. Am Schalter kostet das Ticket 25 €. Für die S-Bahn und Brandenburger Regionalzüge gibt es eine Mehrtages-Fahrradkarte, die für die Potsdam Beförderung eines Fahrrades an fünf frei wählbaren Tage innerhalb von vier Mona- ten gilt. Sie kostet 14 €. Tipp: Die Deutsche Bahn AG hat im Berliner Bhf. Friedrichstraße einen Regiopunkt einge- richtet, in dem man neben Fahrkarten auch Rad- und Wanderkarten etc. kaufen, Hotelzimmer buchen und Auskünfte zum Thema Ausflüge nach Brandenburg einholen kann. ¥ Mo–Fr 10–18 h, Sa 9–13 h. ¢ 20 45 11 16. Hier sind auch Fahrpläne für weiter entfernte Buslinien, z. B. die Ausflugsbusse am Scharmützelsee, erhältlich.

Potsdam (140.000 Einwohner) Weltberühmt und auf jeden Fall sehenswert sind Schloss und Park . Wer etwas genauer hinschaut wird bemerken, dass auch die anderen Parks und Freiflächen der Stadt architektonisch durchkomponiert sind. Potsdam ist ein Gesamtkunstwerk, das 1990 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Kommt man am Hauptbahnhof an, ist davon zunächst nichts zu bemerken, denn hier erhebt sich das Potsdam Center mit Geschäften und Multiplex-Kino, in das der Bahnhof integriert wurde. Doch dahinter liegen schon die Havel, die man auf der Langen Brücke überquert, und darunter in der Alten Fahrt die als Staudengarten gestaltete Freundschaftsinsel. Ihre Bepflanzung geht auf den Potsdamer Stauden- gärtner Karl Foerster, einen Sohn des Astronomen Wilhelm Foerster, zurück und Karten S. 370/371, 378/379 wurde zur Bundesgartenschau 2001 rekonstruiert. Die sehenswerte Insel ist die erste Botschafterin der vielen gestalteten Grünflächen, die man im Laufe eines Bummels oder einer Rundfahrt durch die Stadt noch zu sehen bekommt.

Geschichte Potsdam Auf der Insel zwischen zwei Havelarmen gab es bereits um 700 n. Chr. eine slawische Siedlung, aus der später die Burg Poztupimi hervorging. Unter diesem Namen wurde sie 993 in einer Schenkungsurkunde König Ottos III. erstmals urkundlich er- wähnt. Im 12. Jahrhundert wurde die Burg neu begründet, eine kleine Siedlung ent- stand rundherum. Bereits 1317 wurde Potsdam erstmals als Stadt bezeichnet, war

Die Ziffern beziehen sich auf die ssen,370 Trinken Berliner & Umlandbernachten entsprechenden Tipps im Buch Nachtleben 7 Apartmenthotel Übernachten: Seiten 385/386, Essen, Trinken & Nachtleben: Seiten 386-388 1 Teestube in der Kolonie Holländerhaus Alexandrowka 9 Pension Remise 2 Matschke Galerie-Café Blumberg 3 Mövenpick Zur 18 Steigenberger Hotel H ö Historischen Mühle Sanssouci h e Sanssouci 19 Hotel am Luisenplatz n s

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4 Pino 25 Hotel Mercure Berlin . Potsdam 5 Blue Bottle g g an r H be 30 Art'otel Potsdam m st 6 Café Heider A ng Volkspark im Pfi 8 La Maison du Chocolat Am Bornstedter Feld . r 10 Zum fliegenden t s r n e Holländer t e t s e i r e a 11 Hafthorn ll N e G A e m - d n 12 Sala Thai n i h l e i Belvedere o t s z n 13 India-Haus l W e (Pfingstberg) e e

d r n u 14 Café Rothenburg e e e N M e e - P

15 La Madeleine l ß S

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. 16 Der Butt E . g k m

c G e s i n A w ir 17 Wiener Restaurant & t a K P h l o c l Café ts i e d K e a b iep me a en 20 Potsdamer Weinkontor r H heu era S llee 21 Speckers Gaststätte zur tr. Ratswaage Charles- Johan- Tellier-Platz Bouman- e e l 22 Waage Platz l A Schulplatz - 23 Café Restaurant n n Filmmuseum a n m P e app r e g 24 Hotel-Restaurant lall e e a e H r Froschkasten - 1 Ruinenberg . h

. G c r 26 Suppenspaß S t s g 27 B-West r m

e A 28 Aqua b B n lleestr. o e A n lee Bornstedter r A 29 Art Speicher nal i . he n eg r Eic u iterw t m See s Re 2 s t R t e d N d r t e e a r h u n e e n

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n t i r. lta a Vo r d te Belvedere e n (Klausberg) r Or Hist. a e n M Mühle e g l- Str. l a e nde l L u r Me B lb i - a e i e r e go r r. n er 3 Gre 4 st h a e n d e l ll 5 st e e g 6 ür s e Orangerie- Schloss rf r ä u t t tr. Nauener K J s e schloss Sanssouci s g t d er S b Tor 7 r c t n . h e ei 8 if r f W 9 g b 10 as au W Neue s e Bildergalerie e r- e Park Kammern 11 g Liebknecht Sanssouci Gedenkstätte 13 12 str. 14 erg ee Friedens- 15 enb Hauptall Gut 16 Bassin- Chinesisches Teehaus kirche platz 17 Str. Neues er

g e Branden- bur Palais n h m er burger nde A Gitt 18 Bra c s nen 19 Tor i Grü tr. s s ö ieweg Luisen- 20 ten Ökono m rlot z platz Cha n

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. n Römische Bäder platz r e t

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n u L L i en t i n r é L Kutsch- n s A Park tr. Nikolai-

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d F m eue stall rba D kirche e Charlottenhof chstr. 21 n 22

N S B Potsdam a reite S Hans-Otto- e v e tr. Museum e u l

l Theater n 23 e o

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l l t a . Charlottenhof r a r 25 i t m o s s A Neustädter in D l u Havelbucht K e f i A e L p ust m p z g 26 e art d en Z wall Gesch e wister- m Scholl- Str. Charlottenhof s Fr.- Lis K t- Str. .

i r 27 e t z lat w s Schillerp t . hstr i c t s yba a t r M Feldw o eg

F eg P erscher W la M erd tstr. n ax W Kan ck - -S 28 29 30 tr.

Potsdam Potsdam 371 150 m aber die folgenden Jahrhunderte nicht übermäßig bedeutend. Im 16. Jahrhun-

H ö dert wüteten zwei große Brände, denen h

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s fast die gesamte Stadt zum Opfer fiel.

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g g Der Wiederaufbau begann nach dem an r H be m st A ng Dreißigjährigen Krieg als Ausbau Pots- Pfi Am . dams zur Residenzstadt. Im 18. Jahr- r t s r n e e hundert wurde Potsdam Garnisons- t t s e i r e a ll N e G stadt – und ist es eigentlich bis heute: A e m - d n n i h l e o i Belvedere t Nach dem Abzug der russischen Armee ls z W n e (Pfingstberg) e e

d r n u e e im Jahr 1994 übernahm die Bundeswehr e N M e e - P

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a c c o t t i t einige der alten Kasernen. Die Schlösser

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. . g E . k m c G e s i n A w ir und Wirtschaftsgebäude der preußi- t a K P h l o c l ts i e d b Ki e schen Residenz wurden im 18. Jahrhun- am a ep e enh r H eue S rall tr ee dert für den Großen Kurfürsten Fried- . Charles- Johan- Tellier-Platz Bouman- e rich Wilhelm I. und seinen Sohn Fried- e l Platz l A Schulplatz - rich II. (den „Großen“) erbaut, nachdem n n a

n Alexandrowka Friedrich Wilhelm befohlen hatte: „Das m P e app r e g lall e e a e H r ganze Eiland muss ein Paradies wer- - 1 Ruinenberg . h

. G c r t S den.“ Mit der 150 Jahre dauernden Um- s g

m r e e A gestaltung der sandigen und sumpfigen

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B n tr. es S e Alle o Flächen zwischen dem gewundenen Lauf ee n A

all r i . n r he n eg r Eic u terw m

s Rei 2 t s e t R t der Havel in ein Paradies wurde neben e d N d r g t a e i e l r h u i anderen Gartenarchitekten Peter Joseph n e e n e

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S re E G H Lenné betraut. Er schuf das grandiose n n t i r. lta a Vo r d te Belvedere e n Sichtachsen-Konzept, das noch heute – r F (Klausberg) O r Hist. r a e i n e leider gestört durch einige DDR-Bau- M Mühle e g l l- Str. d a e nde l L u e B

r M r lb i - a e i e r e go r i r. n e 3 re h r G 4 c st werke und die 1990er-Jahre-Bebauung a e n d e l ll h 5 st e e g 6 ür s e Orangerie- Schloss f r - r ä u t t tr. Nauener K J s e schloss Sanssouci s am Glienicker Horn – zu erkennen ist. g t d er S b Tor 7 r c t n . h e ei E 8 if r Alsf Bauarbeiter für die Militärgebäude W 9 b g b 10 a au e Holländ. s W Neue Bildergalerie se e r r- e Kammern t wurden Holländer angeworben, die sich

11 - g Liebknecht Viertel Gedenkstätte 13 12 später im Holländischen Viertel in der tr. S 14 rgs be t llee Friedens- 15 ten r Bassin- Nähe des Stadtzentrums niederließen. Haupta Gu 16 . Chinesisches Teehaus kirche platz . 17 r. r Neues St t Im Zweiten Weltkrieg, dessen Ende im er S

g e Branden- bur Palais n h m er burger nde A t 18 a c Git Br r Potsdamer Schloss besie- s n Tor i e ne 19 . rü . s r n G tr t i eweg 20 ens ö l i Luisen- t S r ko o m t z gelt wurde, wurde viel zerstört. Was den Ö n rlo e platz Cha n a B Karten S. 370/371, 378/379

. r r Krieg überlebte, wurde zum Teil danach t F Zimmer- s l . a n an Römische Bäder platz r K e t Am abgerissen; so die Garnisonkirche und d s

n u L L i en t i n r é L Kutsch- das Stadtschloss, deren Aufbau mittler- n s A tr. Nikolai-

o d F m eue stall rba D kirche e chstr. 21 n 22 weile begonnen hat. Für den Wieder-

N S Potsdam a Hans-Otto- e v e Museum Freundschafts- e u l l Theater aufbau des Stadtschlosses, von dem n 23 e o B insel u r n s eite . e t S r t r W r.

t Potsdam P . 24 mehrere Tausend kleine Einzelteile er- a s a L Schloss l u l l t a a . Charlottenhof r a r 25 n halten geblieben sind, führten der Pots- i t m o g s s A e in D l u K B e f i A damer Oberbürgermeister Matthias p e L m r ust ü p z g 26 e art c d enw Z all k e Gesch e Platzeck (SPD) und Günther Jauch be- wister- m Scholl- Str. Potsdam Hbf. Frreits.- Lis im Sommer 2000 einen ersten, sym- K s t- Str. . i r 27 e t z lat w l s Schillerp bolischen Spatenstich aus. Zunächst t . hstr i c t s yba e a t r M Feldw v o eg wurde das Fortuna-Portal aus Sandstein F eg a P erscher W la M erd tstr. n ax W Kan H ck - -S 28 29 30 tr.

372 Berliner Umland wieder errichtet. Die Bauarbeiten werden sich aber noch mindestens bis 2011 hinzie- hen. Genutzt werden soll das rekonstruierte Bauwerk vom Brandenburger Parlament. Literaturtipp Der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Hans- Joachim Giersberg, hat ein Buch über das Stadtschloss veröffentlicht: „Das Potsdamer Stadtschloss“. Potsdam 1998, 332 S., ca. 50 €. Die 1968 gesprengte Garnisonkirche, die am Anfang der Breiten Straße stand, soll 2017 mit Spendengeldern wieder aufgebaut sein. Bei bauvorbereitenden Grabungen fanden sich im Februar 2005 einige Mauerreste. Im April wurde dann der Grundstein gelegt. Die stark zerstörte Nikolaikirche wurde schon bald nach dem Krieg wieder aufgebaut, der zugehörige Saal erst im Jahr 2000. Zu DDR-Zeiten war Potsdam durch die hier stationierten Teile der Westtruppen der Roten Armee geprägt. Sie nutzten ganze Stadtviertel, die von der Zivilbe- völkerung nicht betreten werden durften. Nach der „Wende“ wurden viele Villen und Wohnhäuser an die Alteigentümer oder deren Nachkommen rückübertra- gen und anschließend saniert. Die ehemaligen Nutzer mussten in der Regel ausziehen. Während der Jahre der ungeklärten Eigentumsverhältnisse ent- stand in Potsdam eine recht große Haus- besetzerbewegung, die weit über 100 Häuser bewohnte. Mittlerweile ist diese Szene aus der Innenstadt verdrängt, wohlhabende Mieter und Neueigentü- Überall im Park Sanssouci mer sind in die teilweise fast disneyland- stehen Plastiken artig sanierten Bauten gezogen. Die teu- ersten Cafés und Restaurants der Stadt konzentrieren sich um den Luisenplatz, der im Sommer sehr italienisch wirkt. In den letzten Jahren tat sich einiges in Potsdam: Ein Stück des Stadtkanals ist re- konstruiert, endlich wurde der Grundstein für den Neubau des Hans-Otto-Theaters ge- legt, die meisten Bauten in den bedeutenden Gartenanlagen sind saniert und wieder er- öffnet. Damit dominiert die preußische Vergangenheit zunehmend über die DDR- Vergangenheit der Stadt. Das zieht neben zahlreichen Touristen die Größen aus Medien, Wirtschaft und Politik an – ihr bevorzugtes Wohngebiet am Heiligen See wird schon „Beverley Hills von Berlin“ genannt. „Otto Normalmieter“ hat das Nachsehen: außer- halb der Plattenbausiedlungen ist kaum eine halbwegs erschwingliche Wohnung zu finden. Nicht alle Potsdamer scheinen mit diesen Entwicklungen einverstanden zu sein – bei der Kommunalwahl 2003 war die PDS mit fast 34% der abgegebenen Stimmen die stärkste Partei. 2003 wuchs das Stadtgebiet von Potsdam durch die Einge- meindung von sieben Vororten um 70 %; die Einwohnerzahl nahm aber nur um 11.000 zu.

Potsdam - Sanssouci 373 Sehenswertes Sanssouci Potsdam - Im und um den 290 ha großen Park Sanssouci liegen die Haupt-Sehenswür- Sanssouci digkeiten Potsdams, die seit 1995 von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten verwaltet werden. Durch den Park kann man stundenlang gehen und immer wieder Neues sehen. Be- sonders schön ist das an einem sonnigen Herbsttag – nur nicht am Wochenende. Zu entdecken sind Fontänen, Grotten und Gartenplastiken (Achtung: den Winter verbringen sie in Holzkisten!) der Künstler Johann Peter Benckert, Georg Franz Ebenhech und Friedrich Christian Glume, ein chinesischer Pavillon und natürlich die zahlreichen Schlösser. ¥ Nov.–Jan. bis 18 h, Feb. und Okt. bis 19 h, •Eintrittspreise Tageskarte 12 € (erm. 9 €), März und Sept. bis 20 h, April und Aug. bis sie gilt für zwei aufeinander folgende Tage; 21 h, Mai–Juli bis 22 h. Der Eintritt in den Park Familienkarte 20 €, sie gilt für einen Monat, ist noch frei – seit 2004 wird aber laut darüber Jahreskarte 76,50 €. Gültig für die Potsdamer nachgedacht, eine Gebühr zu erheben. Schlösser der Stiftung außer Sanssouci so- •Verkehrsverbindung Zum Schloss Sanssou- wie die Berliner Schlösser Jagdschloss Gru- ci fährt man am besten mit dem Bus 695 von newald, Pfaueninsel, Glienicke und Charlot- Potsdam-Hbf. bis Haltestelle Maulbeeral- tenburg. Auch die Schlösser Caputh, Pa- lee. Oder man steigt am Bhf. Sanssouci retz, Königs Wusterhausen, Oranienburg aus, von wo man zu Fuß in ca. 10 Min. den und werden von der Stiftung Parkeingang am Neuen Palais erreicht. Auch verwaltet und können mit dieser Ein- die Tramlinien 94 und 96 fahren am Schloss trittskarte besichtigt werden. Sanssouci vorbei. •Internet Die Website der Stiftung Preußi- •Besucherzentrum An der Historischen sche Schlösser und Gärten Berlin-Branden- Mühle, ¢ 96 94-202. ¥ tägl. 8.30–17 h. burg hat die Adresse www.spsg.de. Schloss Sanssouci: Als Sommerresidenz für Friedrich II., der übrigens seit 1991 auf der Terrasse beigesetzt ist, wurde das Schloss 1745–47 auf dem extra angelegten Weinberg nach Plänen von Knobelsdorff erbaut. Die angebauten Flügel (Damenflügel und Schlossküche) stammen von Persius und Arnim. Berühmt sind der Vorsaal und der in Weiß, Grau und Gold gehaltene Marmorsaal mit Säulengruppen und Rokoko-Sta- tuen. Ein opulenter Museumsshop bietet Literatur und Geschenkartikel an. Interes- sant ist die Schlossküche mit ihren originalgetreu restaurierten und ausgestatteten Räu- men, in denen man sich gut vorstellen kann, wie aufwändig die königlichen Herr- schaften bekocht wurden. Von der weltberühmten Terrasse des Schlosses hat man eine herrliche Aussicht über den Park bis zu den Hochhäusern an der Neustädter Havelbucht. Die Weinstöcke in den Mauernischen der Weinberg-Terrasse wurden

früher übrigens mit heißen Holzkohlen zum früheren Treiben animiert. Karten S. 370/371, 378/379 Adresse Maulbeerallee. ¢ 96 94-190. ¥ Mai – Okt. Di–So 9––17 h, Nov. –April Di–So 9–16 h. Schloss: Besichtigung nur mit Führung (alle 20 Min.). Eintritt 8 € (erm. 5 €). Nicht nur am Wo- chenende oft lange Warteschlangen, deshalb ist eine telefonische Kartenbestellung dringend zu empfehlen! Schlossküche: ¥ Mitte Mai–Mitte Okt. Di–So 10––17 h. Eintritt 2, erm. 1,50 €. Bildergalerie: 1755–63 wurde das erste als Museum konzipierte Gebäude Deutsch- lands nach Entwürfen von Johann Gottfried Büring errichtet. In diesem lichten Ba- Potsdam rockbau sind 119 Renaissance- und Barock-Werke, u. a. von Peter Paul Rubens, An- thonis van Dyck und Michelangelo da Caravaggio zu sehen. Adresse Maulbeerallee. ¢ -181. ¥ Mitte Mai – Mitte Okt. Di–So 10–17 h. Eintritt (ohne Führung) 2 € (erm. 1,50 €). Neue Kammern: Sozusagen das Pendant zur Bildergalerie auf der anderen Seite des Sommerschlosses. Sie wurden 1747 von Jan Bouman nach Knobelsdorffs Entwurf als

374 Berliner Umland

Überwinterungs-Haus für die empfindlichen Kübelpflanzen wie Zitronen und Gra- natäpfel errichtet, die die Schlossterrasse schmückten. 1771–1775 wurden die Kammern zum Gästeschloss umgebaut und mit einer Kuppel mit Laterne versehen, um sie der Bildergalerie optisch anzugleichen. Adresse Maulbeerallee. ¢ -206. ¥ April – Mitte Mai Sa/So 10–12.30 und 13–17 h, Mitte Mai – Mitte Okt. Di–So 10––17 h. Eintritt 3 € (erm. 2,50 €). Historische Mühle: Hinter den Neuen Kammern hatte der „Müller von Sanssouci“ seine Windmühle. Die heutige Bockwindmühle, die von der Mühlenvereinigung Berlin-Bran- denburg betrieben wird, wurde um 1790 an der Stelle einer älteren hölzernen Windmühle erbaut. Im Zweiten Weltkrieg brannte sie völlig ab und wurde 1993 wiederhergestellt. Adresse Maulbeerallee. ¢ -284. ¥ im Sommerhalbjahr tägl. 10–18 h. Eintritt 2 € (Kinder unter 6 J. frei, ältere Kinder 1 €). Empfehlenswerte Gruppenführung nach Vereinbarung für 3 € (erm. 2 €). Normannischer Turm auf dem Ruinenberg: Über dem Schloss Sanssouci gelegen, hat man vom Ruinenberg eine noch spektakulärere Aussicht als von der Schlosster- rasse. Sie reicht über große Teile der Stadt bis zum Waldgebiet um den kleinen Ra- vensberg. Die „Ruine“, die dem Berg den Namen gab, wurde Mitte des 18. Jahrhun- derts von Knobelsdorff errichtet, um den Wasserspeicher zu kaschieren, der die Fontänen im Park speisen sollte. Das Hochpumpen des Wassers in dieses Bassin funktionierte übrigens nie! Deshalb wurde fast hundert Jahre später das Dampfma- schinenhaus im maurischen Stil an der Neustädter Havelbucht gebaut, das dann endlich die Fontänen zum Sprudeln brachte. Seit kurzem kann der 1845 erbaute Normannische Turm besichtigt werden, von dem die Aussicht noch ein bisschen besser ist als vom Boden aus. Er ist Bestandteil des Ruinen-Ensembles. ¥ Mitte Mai – Mitte Okt. Sa/So 10–17 h. Eintritt 1 €. Orangerieschloss: 1851–64 nach Plänen von Persius, Stüler und Hesse im italieni- schen Renaissance-Stil für Friedrich Wilhelm IV. erbaut, diente dieses mächtige Schloss mit seinen beiden Türmen als Gäste- und Repräsentationsbau. Sehenswert ist der im Turm untergebrachte Raffaelsaal mit 67 Kopien von Gemälden Raffaels, die Friedrich Wilhelm sammelte. 2004 zog das Brandenburgische Landeshauptar- chiv nach 60 Jahren aus der östlichen Halle des Schlosses aus, die nun wieder als Winterquartier für Kübelpflanzen dient. Erhalten ist die 150 Jahre alte Kanalheizanlage, die die bis zu 140 Jahre alten Pflanzen vor dem Erfrieren bewahrt. ¢ -280. ¥ Mitte Mai – Mitte Okt. Di–So 10–17 h. Eintritt 3 € (erm. 2,50 €). Aussichtsturm: Eintritt 1 €. Belvedere auf dem Klausberg: Unter Friedrich II. wurde das mittlerweile frisch sa- nierte und erst seit 2002 wieder öffentlich zugängliche Belvedere oberhalb des Orangerieschlosses erbaut. Etwas oberhalb liegt das ehemalige Winzerhaus von Sanssouci, das Drachenhaus. Hier ist vor einigen Jahren ein Café eingezogen (s. u. „Essen & Trinken/Nachtleben“). Neues Palais: Das 200-zimmrige Prunkschloss Friedrichs II. wurde nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges 1763–69 von Johann Gottfried Büring und weiteren Ar- chitekten für fast das Zehnfache des Preises von Schloss Sanssouci erbaut. Es ist einem Castle in Yorkshire nachempfunden und beherbergt u. a. den mit wertvollen Edelsteinen und Fossilien geschmückten Grottensaal und das Schlosstheater. Zu- vor hatte eine Grotte hier den Abschluss des Parks gebildet. Das 2004 mit neuer Bühnenarchitektur im Barockstil ausgestattete Schlosstheater wird bis heute be- spielt; ein Museumsshop bietet Souvenirs an. Adresse Schloss: Hinter der Straße Am Neuen Palais. ¢ -255. ¥ April – Okt. Sa–Do9–17 h, Nov. – März nur bis 16 h. Eintritt mit Führung 6 € (erm. 5 €), ohne Führung 5 € (erm. 4 €). Theater: Auskünfte unter ¢ 981 18, Karten unter ¢ 275 58 88.

Potsdam - Sanssouci 375

Chinesisches Teehaus

Communs: Gegenüber dem Neuen Palais gelegen, beherbergten die durch Säulen verbundenen Geschwisterbauten, die von Legeay und Gontard entworfen worden waren, ursprünglich Küchen und Wirtschaftsräume für das Neue Palais. Heute residiert hier die Universität Potsdam. Schloss Charlottenhof: Schinkel gab dem heutigen Schlösschen, das zuvor ein Gutshaus war, 1826–29 seine heutige Gestalt. Lenné gestaltete den zugehörigen Park mit dem künstlichen See namens Maschinenteich, an dem die Römischen Bä- der liegen. Zu besichtigen sind die weitgehend original eingerichteten Räume, u. a. das Esszimmer Friedrich Wilhelms IV. ¢ -228. ¥ Mitte Mai – Mitte Okt. Di–So 10–17 h. Eintritt mit Führung 4 € (erm. 3 €). Römische Bäder: Verborgen im Innenhof des nach Schinkels Plänen von Persius in mehreren Abschnitten von 1829 bis 1840 erbauten Ensembles aus antiker Villa, Tem- pel und italienischem Landhaus liegt das namengebende Bad. Das mittlere Gebäude, das einstige Gärtnerhaus, diente später u. a. Alexander von Humboldt als Gästehaus.

Hier werden wechselnde Ausstellungen gezeigt, für die gesondert Eintritt zu bezahlen ist. Karten S. 370/371, 378/379 ¢ -224. ¥ April – Okt. Di–So 10–17 h. Eintritt 20 € (erm. 1,50 €). Chinesisches Teehaus: Friedrich II., für den es 1754–57 errichtet wurde, nannte es „Affenhaus“, denn hier sausten Affen in jeder Ausführung in den Dekorationen herum. Heute sind hier Meißner und ostasiatisches Porzellan zu besichtigen.

Friedenskirche: Nach Skizzen von Friedrich Wilhelm IV. erbauten Persius und Stüler Potsdam 1844–54 die Kirche mit 42 m hohem Glockenturm, deren Schiff an die frühchristliche Basilika San Clemente in Rom erinnert. Die Apsis schmückt ein italienisch- byzantinisches Mosaik aus dem 12. Jahrhundert, das Friedrich Wilhelm IV. einst ersteigerte. Sein Sarkophag sowie die von Kaiser Friedrich III. und Kaiserin Victoria stehen im Mausoleum neben der Kirche und 1991 wurde auch Friedrich Wilhelm I. hier beigesetzt. Seine sterblichen Überreste und die Friedrichs II. (s. o., Schloss

376 Berliner Umland

Sanssouci) wurden nach der „Wende“ in einer pompösen Aktion unter Anwesenheit zahlreicher Hohenzollern-Nachfahren aus dem Berliner Dom hierher überführt. Ei- nen Besuch wert sind die Kirchenkonzerte, die hier im Sommerhalbjahr stattfinden. Adresse Am Grünen Gitter 3. ¢ 97 40 09. ¥ Mai – Sept. Mo–Sa 10–18 h, So 12–18 h; Gruppenführungen nach Vereinbarung. Bornstedt Beliebtes Sonntagsziel für Potsdamer und Berliner ist das Krongut Born- stedt nordwestlich von Schloss Sanssouci. Das Dörfchen in italienischem Stil dient als Kulisse für allerlei Veranstaltungen, Feste und Märkte. Der angren- zende Volkspark (ehemaliger BUGA-Park) mit der Biosphäre ist ebenfalls ein neues Ausflugsziel in Potsdam. Über Jahrhunderte diente das ganz in der Nähe von Park Sanssouci am Bornstedter See gelegene Krongut Bornstedt, das heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, als landwirtschaftliches Mustergut der Hohenzollern (der Krone). Seine frisch sa- nierte romantische Architektur und die idyllische Lage bilden die perfekte Kulisse für Kultur und Kommerz. Neben Geschäften mit Kunsthandwerk kann man hier auch diverse Restaurants besuchen. Sehr beliebt sind der Weihnachtsmarkt mit sei- nen traditionellen Handwerkserzeugnissen und das Erntedankfest. Adresse Ribbeckstr. 6–7. ¢ 550 65 10, www.krongut-bornstedt.de. ¥ tägl. 10–18 h. Im neuen Volkspark, der von März bis Oktober täglich von 5–23 h geöffnet ist, sind eher aktive Ausflügler zu Hause: der Rasen soll betreten werden, im Herbst steigen hier Drachen. Auch Fahrrad fahren und Grillen sind ausdrücklich erlaubt (im Gegensatz zu Sanssouci!). Ein Café und mobile Getränkeverkäufer sorgen für das

Brandenburger Straße

Potsdam – Innenstadt mit Holländischem Viertel 377 leibliche Wohl. Die Tropenhalle der BUGA am Haupteingang des Parks beherbergt auf 5000 qm 20.000 exotische Pflanzen und heißt heute Biosphäre. Sie bietet Rundum-Entertainment: Papageienschreie von der CD, interaktive Exponate und im Stundentakt künstliche Tropen-Unwetter. Adresse Georg-Hermann-Allee 99, ¢ 55 07 40, www.biosphaere-potsdam.de. ¥ Mo–Fr 9– 18 h, Sa/So 10–19 h. Eintritt 9,50 €, erm. 6,50 €. Innenstadt mit Holländischem Viertel Auch die Innenstadt von Potsdam ist einen Spaziergang wert. Drei alte Potsdam Stadttore sind erhalten: im Westen das Brandenburger Tor und im Norden – Innen- das Jäger- und das Nauener Tor. stadt mit Fußgängerzone mit Allerwelts-Geschäften ist die Brandenburger Straße, die vom Hollän- 1770 nach Entwürfen Friedrichs II. erbauten Brandenburger Tor zum Bassinplatz dischem Jugendstil-Kaufhaus, führt. 2005 wurde das 1905 errichtete das seit einem Brand Viertel Anfang der 1990er Jahre geschlossen war, als Karstadt-Haus wieder eröffnet. Erhal- ten blieben die Fassade und der Lichthof des einstigen „Kaufhaus Schwarz“. Gekreuzt wird die Brandenburger Straße von der Lindenstraße, in der ein Haus mit wechselhafter Geschichte steht: das alte Stadtgericht, in dem einst Theodor Storm seinem Brotberuf als Gerichtsassessor nachging. Später machten die Nazis das auch als „Lindenhotel“ bekannte Haus zum Gefängnis, das der KGB 1945 übernahm und bis 1952 nutzte. Die Zellen blieben erhalten und wurden bis 1989 von der Staatssicherheit der DDR genutzt. Heute ist hier die Gedenkstätte Lindenstraße untergebracht, in der die ständige Ausstellung „Kommandanten- haus – Amtsgericht – Gefängnis“ zu besichtigen ist. Adresse Lindenstr. 54. ¢ 289 68 03. ¥ Di, Do 9–17 h sowie jeden 1., 3. und ggf. 5. Sa im Monat 9–17 h. Gespräche mit Zeitzeugen und Gruppenführungen nach Vereinbarung. An den Sommerwochenenden findet in der Lindenstraße 52–56 ein Kunstmarkt statt ¥ Sa 10–17 h, So 12–17 h. Am Bassinplatz, auf dem täglich ein Wochenmarkt abgehalten wird, steht die ka- tholische Kirche St. Peter und Paul, die 1867 erbaut wurde. Südlich des Bassinplat- zes schließt der Platz der Einheit mit dem neuen Multifunktions-Center Wilhelm Galerie an. Noch ein Stückchen weiter südlich liegt der Alte Markt mit der Nikolai- kirche und dem Alten Rathaus. Die riesige klassizistische Kuppel der 1830–37 von Schinkel erbauten Nikolaikirche überragt das Alte Rathaus, auf dessen Turmspitze ein vergoldeter Atlas die Weltkugel trägt. Im Sommer 2000 wurde der Nikolaisaal, der im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde, nach einem Umbau durch Rudy

Ricciotti in außergewöhnlicher Gestaltung wieder eröffnet. Die Innenraumgestaltung Karten S. 370/371, 378/379 erinnert an expressionistische Bauten oder Science-Fiction-Filme der 1960er Jahre. Sogar die Kleidung des Personals ist daran angepasst! Der ehemalige Gemeindesaal der Nikolaikirche dient nun als moderner Konzert- und Veranstaltungssaal. Zwischen Nikolaikirche und Havel steht seit Anfang der 1990er Jahre der proviso- rische Blechbau des Hans-Otto-Theaters, das demnächst in einen soliden Neubau Potsdam in der Schiffbauergasse umziehen soll. Auch zahlreiche Nebenspielstätten (u. a. das Schlosstheater im Neuen Palais) werden vom Hans-Otto-Theater bespielt. Das aktuelle Programm erhält man in den Touristen-Informationen und im Theater. Auch in den Berliner Stadtmagazinen, im Programmheft Berlin Programm sowie in den Berliner Tageszeitungen ist es abgedruckt.

180 Berlin-Mitte

Rundgang 4: Unter den Linden Berlin-R 4: Unter Mitte Route: Pariser Platz – Unter den Linden– Bebelplatz – Schloßplatz den Lin- den Der Rundgang führt an den wichtigsten Postkartenmotiven vorbei, die aber nicht unbedingt einen Eindruck vom Alltagsleben in der Stadt vermit- teln. Hier treten sich in den Sommermonaten die Touristen wirklich gegen- seitig auf die Füße. Aber zum Sehenswerten gehören die Linden doch auf jeden Fall! In Kombination mit einer oder mehreren weiteren Routen durch Mitte ergibt sich dann sicher ein vollständigeres Bild vom Zentrum der Stadt. Die Prachtstraße „Unter den Linden“ war einst Teil der Landstraße nach Lietzow, dem späteren Charlottenburg, dann Reitweg in den Lust- und Tiergarten. Trotz al- ler Bürgerproteste blieb er nur dem kurfürstlichen Hof vorbehalten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war der Weg völlig verwahrlost. Um ihn zu befestigen und schattig zu machen, ließ der Große Kurfürst Bäume aus Holland kommen und den Weg damit sechsreihig bepflanzen. Aus „Unter den Nüssen“ wurde aber nichts – die Nussbäume starben mit der Zeit ab, und nur die Linden gediehen gut. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts begann man Unter den Linden repräsentative Bauten zu errichten. 1734 wurde die Allee bis zum Pariser Platz verlängert; das Lin- denforum mit dem Königlichen Opernhaus, der St.-Hedwigs-Kathedrale und der Alten Bibliothek entstand. Mit dem Brandenburger Tor (1791) und der Neuen Wache (1818) war der Ausbau im Wesentlichen abgeschlossen. Zwischen Schloss und Tiergarten verlief nun eine Straße von einmaligem Charakter: Bauten des Ba- rock, des Rokoko und des Klassizismus in einem geschlossenen Ensemble. Äußerst hohe Grundstückspreise bewahrten die bauliche Geschlossenheit der Stra- ße bis in die Gründerzeit hinein. Erst Ende des 19. Jahrhunderts mussten zahlreiche schlichte Wohnhäuser neuen Luxusgeschäften, Restaurants, Cafés und Bankpalästen weichen. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs baute man die Straße recht schnell wieder auf. Die damals entstandenen Gebäude, wie die Botschaften Ungarns und Polens, sind inzwischen abgerissen und durch Neubauten ersetzt.

Das Brandenburger Tor 1789, im Jahr der Französischen Revolution, begann man den Bau des Bran- denburger Tores. Vorbild waren die Propyläen auf der Akropolis. Für seinen Schöpfer Langhans d. Ä. war es ein „Tor des Friedens“. Das Relief „Zug der Friedensgöttin“ schmückt das Postament, auf dem das Viergespann (Quad- riga) der Viktoria steht. Früher zeigte sie das Hinterteil; nach griechischem Vorbild war sie nur spärlich bekleidet. Vermutlich auf Druck des Hofes legte man ihr später ein „fliegendes Gewand“ an. So bekleidet ist die Dame weit gereist. Nach seinem Einmarsch in Berlin 1806 ließ Napoleon sie in zwölf Kisten verpacken und auf dem Wasserweg nach Paris schaffen. Nach den Unabhängigkeitskriegen holte sie 1814 Marschall Blücher von dort zurück. Unter dem Jubel der Berliner wurde sie wieder auf das Tor ge- stellt. Statt der alten Trophäe gab man ihr jetzt den Preußischen Adler und das Eiserne Kreuz im Lorbeer- und Siegerkranz in die Hand. Bei der Wiederherstellung 1958 ließ man diese Symbole des Preußentums weg. 1991 wurde mit Glanz und Gloria der 200-jährige Geburtstag des Tores ge- feiert. Seitdem trägt die nunmehr gänzlich restaurierte Lenkerin der bronze- nen Quadriga auch wieder das Eiserne Kreuz im Siegerkranz.

Berlin-Mitte Karte S. 148 nstr. Marie

m r m fe a u . rd g tr e ta gs u s ur a G b h B c e BM iff i h e s Umwelt c R c S P ssen & Trinken Friedrich- h l w S R a4: Unter den Linden 181 n i 1 Tadschikische Teestube straße s c t Neues S e k r t Museum - s r

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t Rundgang 4 entsprechenden Tipps im Buch r Informationen zu . Unter den Linden Übernachten finden Sie auf Seite 41ff., 150 m zu Essen und Trinken auf Seite 55ff.

tr. K Taubens u N r i st e r. Am Beginn der Linden protzt auf der Südseite die Russische Botschaft, ein Ende de rw a ll der 1940er Jahre errichteter weißer Bau, dem als einzigem Gebäude der Straße er- st r. laubt wurde, das „Lindenstatut“ (es regelt die Bebauung und gilt bis heute) zu über- treten und mit einem Ehrenhof die geschlossene Häuserfront zu durchbrechen. Schräg gegenüber stehen zwei Häuser aus dem frühen 20. Jahrhundert: das ehe- malige Haus der Schlafwagengesellschaft (Nr. 40) und das Haus Zollernhof (Nr. 36/ 38). Das letztere beherbergt nach einem gewaltigen Um- und Ausbau seit 2000 das Hauptstadtstudio des ZDF mit seinem riesigen Atrium-Hof. An der nordwestlichen Ecke Unter den Linden/Friedrichstraße ist der einzig nennenswerte Neubau zu sehen, der zwischen den beiden Weltkriegen Unter den Linden entstand: das Haus der Schweiz mit seinen charakteristischen Arkaden, das 1936 in Stahlmontagebauweise errichtet wurde. An der nordöstlichen Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden soll demnächst mit dem Gebäude des ehemaligen Interhotels „Unter den Linden“ eins der letzten DDR-Bauwerke der Linden abgerissen werden. Bleiben wird nur der in den 1980er Jahren an der Südwestecke der Kreuzung erbaute, historisierende (Platten-)Bau des Grand-Hotels mit seiner gewaltigen Freitreppe im Foyer (Ecke Behrenstr.). An der Ecke Charlottenstraße steht auf der Südseite der Gebäudekomplex Unter den Linden 13–15, den die Deutsche Bank 1992 für 160 Mio. von der Treuhand erwarb und bis 1997 für mindestens die gleiche Summe zu ihrem Berliner Hauptsitz umbauen ließ. Hier ist die Ausstellungshalle der Deutschen Guggen- heim mit Museumsshop und Café untergebracht, die wechselnde Ausstellungen hochkarätiger Kunstwerke zeigt. ¥ Mo, Mi, Fr–So 11–20 , Di 11–17, Do 11–22 h. Eintritt Mo frei, sonst 4 € (erm. 3 €), www.deutsche-guggenheim.de. Sehenswerte historische Gebäude auf dieser Straßenseite sind das ehemalige Gouver- neurshaus und das Alte Palais (Nr. 9). Das ehemalige Gouverneurshaus stand

182 Berlin-Mitte ursprünglich an der Ecke König-/Jüdenstraße. Bei der Neugestaltung des Alexan- derplatzes riss man es ab. Die Barockfassade aus dem Jahr 1721 versetzte man 1963/64 hierher, wo das im Krieg zerstörte Niederländische Palais gestanden hatte. Heute nutzt die Humboldt-Universität das Gouverneurshaus. Das daran anschließende ehemalige Kaiser-Wilhelm-Palais (heute Altes Palais ge- nannt) wurde in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts von Langhans d. J. im klassizistischen Stil erbaut. Bis 1888 wohnte hier Kaiser Wilhelm I. Auf der Nordseite sieht man zwei erhalten gebliebene ehemalige Geschäftshäuser (Unter den Linden 12 und 10). Das eine davon (Nr. 10) weist eine große Vergangen- heit auf: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der gesamte Häuserblock bis zur Mittel- straße aufgekauft und auf dieser Fläche das erste moderne Hotel Berlins errichtet, das Hotel de Rome. Bis 1910 konnte es sich halten, dann wurde es zum Geschäftskomplex Römischer Hof umgebaut. Heute wird der Gebäudekomplex, der bis 2005 starke Kriegszerstörungen aufwies, wieder aufgebaut. Einziehen wird hier die Firma „Italian System for Business“, die Italien als Wirtschafts- und Kulturnation repräsentieren soll. Zwischen Charlotten- und Universitätsstraße liegt der Gebäudekomplex der Staatsbibliothek (Haus 1). An die Stelle eines Marstalls baute man Anfang des 20. Jahrhunderts die Staatsbib- liothek. Sie erstreckt sich bis zur Dorotheenstraße und nimmt den ganzen Block zwischen Charlotten- und Universitätsstraße ein. Die Staatsbibliothek (Haus 1) verfügt über mehr als 5 Mio. Bände (Handbibliothek 150.000 Bände). Insgesamt sind in dem gesamten Gebäudekomplex rund 10 Mio. Bücher untergebracht. Hier liegen wertvolle Sammlungen von Wiegendrucken, Erstausgaben, Atlanten, Stichen und graphischen Blättern (siehe dazu „Wissens- wertes A–Z, Bibliotheken“) Das Haus 1 wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Unter anderem fiel den Bomben der Kuppellesesaal zum Opfer, der in neuer Form wieder aufgebaut wird. Seit Jahren wird der riesige Baukomplex aufwändig saniert; beginnen musste man ganz unten. Die fast 3000 Eichenpfähle, auf denen der Komplex im weichen Sand standen, waren verrottet und mussten komplett ersetzt werden. 2011 sollen die Sanierungsarbeiten beendet sein. Ein Blick in den Innenhof, in die Eingangshalle und das riesige Treppenhaus ist auf jeden Fall eindrucksvoll. Im nächsten Straßenkarree steht das Hauptgebäude der Humboldt-Universität (s. Rundgang 1). Vor der Universität stehen täglich (auch sonntags) ambulante Buchhändler mit neuen und antiquarischen Büchern, darunter immer noch viele Titel aus der DDR. Bebelplatz Gegenüber der Universität öffnet sich an der Südseite der Linden der Bebelplatz (früher Opernplatz) mit der Alten Bibliothek, dem ehemaligen Gebäude der Dresd- ner Bank, der St.-Hedwigs-Kathedrale und der Deutschen Staatsoper. Am 10. Mai 1933 war dieser Ort Schauplatz der Bücherverbrennung durch die SA und nationalsozialistische Studentenorganisationen. An das damit symbolisierte Verbot der Bücher von Erich Kästner, Sigmund Freud, Alfred Döblin, Else Lasker- Schüler und vielen anderen und deren Verfolgung durch die Nazis erinnert heute ein eigenwilliges Denkmal in der Mitte des Platzes. Von weitem ist es überhaupt nicht zu sehen, denn es befindet sich unter der Erde. Der israelische Bildhauer und Konzeptkünstler Micha Ullman entwarf den unter-

R 4: Unter den Linden 183

at S. 148 Karte Berlin-Mitte

Alte Bibliothek, von den Berlinern Kommode genannt irdischen Raum, der nur leere Bücherregale beherbergt. Von oben kann man durch eine Glasplatte hineinsehen. Seit 2004 gibt es eine Tiefgarage unter dem Platz, der das historische Pflaster zum Opfer fiel – nach Ansicht des Künstlers eine Zerstö- rung seines Denkmals. Die Westseite des Platzes nimmt die Alte Bibliothek ein, wegen ihrer geschwungenen Form von den Berlinern als Kommode bezeichnet. Sie wurde nach Plänen für die Reichskanzlei der Wiener Hofburg gebaut. Trotz des schwierigen Untergrunds – über 1200 Pfähle mussten in den Boden gerammt werden – gingen die Berliner schneller zur Sache als die Wiener. So kam es dazu, dass die Kopie in Berlin älter ist als das Original in Wien. Heute sind hier Institute der Humboldt-Universität untergebracht. Ein Fünf-Sterne-plus-Hotel wird derzeit an der Südseite des Bebelplatzes gebaut. Integriert werden in diese Nobelherberge Teile des alten Gebäudes der Dresdner Bank (später Staatsbank der DDR) wie die erhaltene Schalterhalle und der Kassen- saal sowie einige Tresore.

In der Südostecke des Bebelplatzes ragt die eigentümliche Kuppel der St.-Hedwigs- Kathedrale hervor. Architektonisches Vorbild dieser katholischen Bischofskirche war das Pantheon in Rom, die Pläne stammen von Georg Wenzeslaus von Knobels- dorff. Da der Bau durch Sammlungen der katholischen Gemeinde finanziert wurde, zog sich seine Fertigstellung über 26 Jahre (1747–73) hin. Auch der Wiederaufbau nach der Zerstörung im Krieg dauerte verhältnismäßig lange. Seit 2001 ist auch die 1987 angelegte unterirdische Schatzkammer zu besichtigen. ¥ Mo–Sa 10–17 h, So 13–17 h; Mi 15:30 h Orgelmusik. ¢ 203 48 10, www.hedwigs-kathedrale.de. Die Deutsche Staatsoper an der Ostseite des Platzes wurde 1951–55 originalge- treu wiederhergestellt. Die alte Königliche Hofoper von 1743 brannte 1843 bis auf die Grundmauern ab und wurde als bürgerliches Rangtheater wieder aufgebaut. 1941 und 1945 erlitt der Bau durch Bomben starke Schäden. Beim Wiederaufbau

184 Berlin-Mitte nach dem Krieg orientierte man sich an den ursprünglichen Knobelsdorffschen Plänen. Heute ist das Bauwerk wieder sehr marode und kann wegen gefährlicher baulicher Mängel nur noch eingeschränkt bespielt werden (Informationen zur Staatsoper unter „Kultur und Freizeit, Theater“). Das Kronprinzessinnenpalais (heute Opernpalais), das hinter der Staatsoper an der Straße Unter den Linden steht, wurde ebenfalls im letzten Krieg bis auf die Außen- mauern zerstört. Die Fassade entspricht dem historischen Vorbild, die Innenräume, die heute gastronomisch genutzt werden, sind umgestaltet. Das schöne schmiede- eiserne Treppengeländer im Inneren stammt aus dem Schloss Buch. Das anschließende und mit dem Kronprinzessinnenpalais durch einen Übergang über die Oberwallstraße verbundene ehemalige war 1664 das erste private Adelspalais. 1732 wurde es umgebaut und für den Kronprinzen einge- richtet, 1857 erneut verändert. Im Zweiten Weltkrieg total zerstört, hat man es Ende der 1960er Jahre nach alten Stichen rekonstruiert. Unter den Linden 1 steht kein historischer Bau, sondern der erst im Herbst 2003 eröffnete Nachbau des 1799 als Sitz des Berliner Stadtkommandanten errichteten Gebäudes. Innen und an der Rückfront der Kommandatur ist alles modern; hier residiert der Medienkonzern Bertelsmann. Von seinem Wohnsitz Kronprinzenpalais hatte Friedrich Wilhelm I. zu seinem Är- ger auf der gegenüberliegenden Seite der Linden den Platz zwischen Universität und Zeughaus vor Augen, auf dem Bier ausgeschenkt und Wäsche getrocknet wurde. Als erstes ließ er die alte Kanonierwache, die hier stand, abreißen und die von Schinkel entworfene Neue Wache bauen.

Die wechselvolle Geschichte der Neuen Wache Hundert Jahre lang – bis 1918 – blieb sie Königswache. Ab 1931 wurde sie nach einem Entwurf von Heinrich Tessenow zur Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges umgebaut. Die Nazis modelten die Gedenkstätte in ihrem Sinn für „Heldengedenktage“ um. In der DDR erhielt die Neue Wache 1960 als Mahnmal für die Opfer des Faschismus und Militarismus eine neue Bestim- mung. An preußischen Militarismus und Kadavergehorsam erinnerte während der DDR-Zeit den Besucher allerdings weniger die Ehrenhalle mit Ewiger Flamme, als die kleine und große Wachablösung im Stechschritt draußen. 1993 wurde die Neue Wache wieder einmal umgewidmet, diesmal zur „zent- ralen Gedenkstätte der Bundesrepublik„. Seitdem beherbergt sie die sehr stark vergrößerte Plastik „Mutter mit totem Sohn“ von Käthe Kollwitz (1937). Gegen diese Umgestaltung und den mit ihr verfolgten Zweck äußer- ten zahlreiche Gruppen lautstarke Proteste, so der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Verbände der NS-Verfolgten. Ihr gemeinsamer Kritik- punkt war die Gleichsetzung von Opfern und Tätern in der Gedenkstätte „für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“, in der man nun (tägl. von 10 bis 18 Uhr) zugleich eines von Bomben getöteten Nazi-Führers oder Block- warts und einer ermordeten Jüdin oder „Geisteskranken“ gedenken kann.

Von hier aus sieht man schon ein großes zartrosa Bauwerk, das ehemalige Zeug- haus und heutige Deutsche Historische Museum (→ S. 118). Dieses Gebäude, das bis 1875 als Waffen- und Munitionslager diente, gilt als einer der schönsten Ba-

R 5: Vom Zentrum in den Norden 185 rockbauten Deutschlands. Die Bauplastik stammt von Andreas Schlüter, von ihm sind auch die 22 Masken sterbender Krieger im Innenhof, dem Schlüterhof. Hinter dem Museum entstand ein moderner Erweiterungsbau mit futuristischem (Roll-) R 5: Vom Treppenhaus. Architekt ist der Amerikaner Ieon Ming Pei, der mit so was schon Zentrum Erfahrung hat: Von ihm stammt die gläserne Pyramide vor dem Louvre in Paris. in den Tipp: Am Spreeufer ist eine Anlegestelle Routen befahren. Vom Wasser aus hat Norden für Ausflugsboote, die bei schönem man einen ganz anderen Blick auf das Wetter in kurzem Abstand verschiedene Zentrum der Stadt. Über die Schlossbrücke gelangt man zum Lustgarten und zum Schloßplatz, dem Endpunkt des Rundgangs 2 und Ausgangspunkt für den Rundgang 3. Entweder man

schließt hier eine der beiden Routen an, oder man fährt mit der Buslinie 100 zum S. 148 Karte Berlin-Mitte S-/U-Bhf. Alexanderplatz oder S-/U-Bhf. Friedrichstraße (hier beginnen die Rundgänge 1 und 5). Auch der Besuch eines der Museen in nächster Umgebung (s. Beschreibungen in den Rundgängen 2 und 3 sowie unter „Kultur und Freizeit, Museen“) bietet sich an.

Beliebter Treffpunkt – der Lustgarten

Rundgang 5: Vom Zentrum in den Norden Route: Bahnhof Friedrichstraße – Schiffbauerdamm – Albrechtstraße – Marien-/ Reinhardt-/Schumannstraße – Friedrichstraße – Chausseestraße – Invalidenstraße Vom Bahnhof Friedrichstraße (Ausgang Schiffbauerdamm/Weidendamm- brücke) geht es durch die ehemalige Friedrich-Wilhelm-Stadt und dann quer durch den Norden des Stadtteils Mitte. Das ist eine Gegend im Umbruch; zu DDR-Zeiten eher vernachlässigt, heute Standort mehrerer Bundesministerien. In der frühen Neuzeit hatten sich hier an der Spree zahlreiche Schiffbauer mit ih- ren Betrieben niedergelassen. Daran erinnert die Straße Schiffbauerdamm längs der Spree. Schon Anfang des 18. Jahrhunderts existierte im Nordwesten ein Pest- haus, das man Ende des Jahrhunderts zur „Krankenanstalt“ um- und ausbaute: die

186 Berlin-Mitte

Charité. Einige Jahrzehnte später war die Charité nicht mehr nur Krankenhaus, sondern auch Lehranstalt der Berliner Universität mit Hunderten von Studenten und namhaften, richtungsweisenden Medizinern. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts eröffneten in der Friedrich-Wilhelm- Stadt mehrere Theater ihren Betrieb. Bis heute ist die Gegend ein Zentrum des Thea- ters geblieben: das Berliner Ensemble, das Deutsche Theater, der beliebte Friedrich- stadtpalast und das Kabarett „Distel“ liegen hier eng zusammen. Wo heute der Bahn- hof Friedrichstraße steht, war früher der Standplatz des „Zirkus Otto“ (später Zirkus Renz), an den der Straßenname „Am Zirkus“ erinnert. An der Nordostseite des Bahn- hofs liegt die im Volksmund Tränenpalast genannte, ehemalige gläserne Grenzabfer- tigungshalle, in der viele Tränen des Abschieds geweint wurden. Heute finden hier noch Konzerte statt (→ S. 130). Die Zukunft sieht wahrscheinlich anders aus, denn 2005 kaufte ein Hamburger Investor das Grundstück mit der denkmalgeschützten Halle. Da ihm aber bereits mehrere unmittelbar angrenzende Grundstücke gehören, kann man sich leicht ausmalen, dass hier etwas Neues entstehen soll. Hinter dem Bahnhof befindet sich das 1999 bezogene Presse- und Informationsamt des Bundestages. Auf der anderen Seite der Friedrichstraße steht der ehemalige Admiralspalast, der den Zweiten Weltkrieg ohne größere Schäden überstanden hat Im Vorderhaus liegt die Hauptspielstätte des ehemals einzigen politsch-satirischen Kabaretts Ostberlins, der Distel. Nach dem Verkauf des geschichtsträchtigen Bau- werks, das seit der Schließung des Operettenhauses „Metropoltheater“ 1997 größ- tenteils leer gestanden hatte, an den Betreiber der Treptower Arena beginnen nun umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten. Bereits im Frühjahr 2006 soll das Haus, in dem sich Überreste des alten Admiralsbads fanden, in neuem Glanz eröff- net werden. Geplant sind ein Theater, eine Studiobühne, ein Café und ein Club. Auch das historische Bad soll – gespeist von Solequellen unter dem Haus – wieder in Betrieb genommen werden. Vor der Weidendammer Brücke steht ein Neubau des Jahres 2000, das so genannte Verbändehaus. Auf der linken Seite hinter der Brücke liegt der Bertolt-Brecht-Platz

Ein Altbau der Charité

Zinnowitzer Str. 1 E i BM c h Verkehr e 2 n r. st B Museum d R 5: Vom Zentrum in den NordenC 187l- o o e r 3 r für h f s g f a e s i l g Naturkunde u h t s c r s . S . t r s N r st e tr. . en e ks o mit dem Berliner Ensemble, dem ehe- d L c li s ie v a u t T v r a n i I s . l i maligen Theater am Schiffbauerdamm 4 e s n s t s r . t

→ r H ( S. 121). Rechts hat man einen Blick Charité . a tr. nn ors ove T auf die Spitze der Museumsinsel mit S rsc e tr. ssen & Trinken tr. h ns de dem frisch sanierten Bodemuseum.ali 1 Maxwell Inv BM Bildung 4 Sarah Wieners und Forschung Schön sind die Bürgerhäuser aus der ers- 5 Van Long Friedrich- ten Hälfte des 19. Jh. in der Marienstraße. bernachten Dt. Theater stadtpalast

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r 2 Garden-Hotel i Der Dornröschenschlaf, in dem dieses ann- e chum d Honigmond S str. r i Viertel in den 1990er Jahren lag, wurde A 5 c 3 Honigmond l h b

s tr. r s e t mit dem Regierungsumzug abrupt been- 6 Künstlerheim Luise r c Berliner . h dt- t ar s Ensemble Admirals- nh r. S. 148 Karte Berlin-Mitte det. Die Reinhardtstraße wurde mit eini- ei nst t R rie r Ma . palast gen Neubauten versehen, das Grund- Marie- P

L l Elisabeth- a u Tränen- n stück Am Zirkus 1 wird gegen den erbit- i m Lüders- s am palast c e rd e k n e Haus u re s t terten Widerstand der Nachbarn mit Büro- s ba p f S r t f tr. 6 ch i gens . r S Geor Jakob- . Bundes- Paul- Löbe- Allee n- häusern und einem Apartmenthotel neu Kaiser-Haus presseamt Dorothee bebaut. In das Stadtpalais in der Luisen- str.

straße 18, in dem jahrzehntelang der Rundgang 5 Vom Zentrum in den Norden Künstlerclub „Möwe“ residierte, zog die 250 m Landesvertretung Sachsen-Anhalt. In der Schumannstraße 13a steht das Deutsche Theater. Das Gebäude wurde 1850 erbaut und beherbergte zunächst das städtische Friedrich-Wilhelm-Theater, seit 1883

dann das Deutsche Theater. Unter Max Reinhardt, der mit Unterbrechung hierG von

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n 1905–33 wirkte, wurde es berühmt. Noch 1992 wurde es von Kritikern zur „Bühnek des a

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Jahres“ gewählt, seitdem ist sein Stern im Sinken begriffen (weitere Informationen. unter „Kultur und Freizeit, Theater“). Ein Stück weiter, an der Luisenstraße, liegt die Charité. Die Mediziner Rudolf Virchow, Robert Koch und Ferdinand Sauerbruch haben hier gelehrt. Davon zeugen noch die Überreste von Virchows riesiger pathologisch-anatomischer Sammlung, die seit 1999 im Medizinhistorischen Museum im Rudolf-Virchow-Haus ausgestellt werden. Adresse Schumannstr. 20/21. Führungen nach Vereinbarung unter ¢450-53 60 49 (Petra Lennig). E-Mail: [email protected]. ¥ Di/Do/ Fr 10–17 h, Mi 10–19 h. Geht man die Reinhardtstraße zurück, stößt man direkt auf den Friedrichstadtpalast. Das abenteuerliche architektonische Machwerk sollte eigentlich als Kulturpalast in Bag- dad stehen – daher die orientalisch gemeinten Dekorationselemente. Es ersetzt den 1985 abgerissenen alten Friedrichstadtpalast. Dieser wurde 1869 von einem stadtbe- kannten Spekulanten als Markthalle errichtet, der sich damit allerdings verspeku- lierte. Käufer wie Händler zogen die zahlreichen offenen Straßenmärkte vor und boy- kottierten die Halle. Als der Bau des Bahnhofs Friedrichstraße geplant wurde, zog von dort der Zirkus Renz in die Halle. 1919 ließ Max Reinhardt das Gebäude umbauen. Mit über 3000 Plätzen ist der Friedrichstadtpalast eines der großen Revuetheater Europas. Zurück an der Friedrichstraße, fällt einem hinter einem Neubau links vom Friedrichstadtpalast die mächtige Ruine der Friedrichstadtpassage ins Auge. Eher bekannt sein dürfte sie als Kunsthaus Tacheles. Das einst besetzte Gebäude, das mittlerweile saniert ist, wobei der Ruinen-Charakter erhalten blieb, ist seit 1990 Touristenmagnet und Aushängeschild der Alternativ-Kul- tur. Nachdem der Bau 1909 fertig gestellt war, dauerte es nur ein halbes Jahr und das elegante Haus mit seiner 48 m hohen Glaskuppel (und bereits mit Shop-in-Shop- System!) war pleite. Anschließend wurde es vom Kaufhaus Wertheim übernommen,

188 Berlin-Mitte aber schon 1914 schloss es wieder. 1928 übernahm AEG die Passage und nutzte sie als Ausstellungsgebäude. Den Krieg überstand der Bau fast unbeschadet, danach wurde er aber kaum genutzt und nie repariert; 1980 wurden die rückwärtigen Teile ge- sprengt. So stand Ende der 1980er Jahre eine Ruine an der Oranienburger Straße. Hinter dem Oranienburger Tor liegen links nacheinander der Französische und der Dorotheenstädtische Friedhof. Wer ein bisschen Ruhe sucht, kann hier die Gräber finden von Du Bois-Reymond und von der als Berliner Original bekannten Ma- dame du Titre (Französischer Friedhof), von Hegel, Fichte, Bertolt Brecht, Heinrich Mann, Johannes R. Becher, Beuth, die klassizistische Stele für Karl Friedrich Schin- kel und Gottfried Schadows Grabstein, einen schlanken Pfeiler mit Volutenkapitell (Dorotheenstädtischer Friedhof). 1995 und 1997 wurden hier Heiner Müller und Jürgen Kuczynski beerdigt, 1998 Bernhard Minetti. Direkt nebenan, in der Chausseestraße 125, liegt die Brecht-Weigel-Gedenkstätte, in der man die – übrigens getrennten – Wohn- und Arbeitsräume Bertolt Brechts und Helene Weigels besichtigen kann. ¥ Di–Fr 10–12 h, Do auch 17–19 h, Sa 9.30–12 und 12.30–14 h (Besichtigung nur mit Führung, Beginn jede halbe Std.). ¢ 283 05 70 44, www.adk.de. Eintritt 3 € (erm. 1,50 €). Von der Chausseestraße geht es links hinein in die Invalidenstraße. Hier kann man das Museum für Naturkunde (Invalidenstraße 43; Informationen unter „Kultur und Freizeit, Museen mit thematischen Schwerpunkten“) besuchen, das derzeit sa- niert wird und sein berühmtes Saurierskelett nicht zeigt, oder auch den ehemaligen Hamburger Bahnhof, das Museum für Gegenwartskunst (→ S. 114) und die be- nachbarte Sammlung Flick. Im Kanal, den man auf dem Weg überquert, verlief die Grenze zwischen „Hauptstadt der DDR“ und „Freiem Berlin“. Zuvor kommt man noch am Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen sowie am ehemaligen DDR-Regierungskrankenhaus vorbei, das heute das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beherbergt (Invalidenstr. 48–49/Scharnhorststr. 36–37). Hier wurde übrigens eine der größten Solaranlagen Deutschlands eingebaut. Dieser Gebäudekomplex blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Der ältere Teil wurde 1746–48 als Stiftung Friedrichs II. für Kriegsinvaliden erbaut. Der neuere Teil stammt aus dem Jahr 1905 und wurde zunächst als militärärztliche Hochschule genutzt. Unter den Nazis saß hier das Reichssozialgericht und nach dem Krieg fan- den in dem Gebäude Schauprozesse statt, die u. a. von Hilde Benjamin, der späte- ren Justizministerin der DDR, geleitet wurden. In den 60er Jahren siedelte dann das DDR-Regierungskrankenhaus in den Bau, der direkt an der Mauer lag. An der Chausseestraße liegt eine große Brachfläche. Hier stand bis 1991 das Stadi- on der Weltjugend, das im Zuge der Olympiabewerbung Berlins abgerissen wurde. Es sollte einem neuen Sportstadion Platz machen. Aus alledem wurde nichts und so wurde das Gelände für einige Jahre zum Alternativsportplatz für Golf und Beach- Volleyball. Auf dem Gelände soll ab 2010 der Bundesnachrichtendienst (BND) seine Zentrale beziehen, deren Planung bereits weit fortgeschritten ist. Das Gebiet um den U-Bahnhof Zinnowitzer Straße machte in den letzten Jahren einen raschen Wandel durch. Neben Bürobauten teurerer Art, in denen sich Werbe- und Medien- agenturen sowie Internet-Start-up-Unternehmen niedergelassen hatten und die heute teilweise leer stehen, haben noch ein paar alte Häuser überdauert, in die sich die Künstlerszene zurückgezogen hat. Dazwischen liegen das ehrwürdige Ballhaus Chausseestraße und die berühmt-berüchtigte Hafenbar (Ecke Zinnowitzer Straße).