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Konzerte zum 80. Geburtstag von

 Fr 13. November 2015, 20 Uhr  Sa 14. November 2015, 15 und 20 Uhr Theaterhaus

1 Programm Samstag, 14. November 2015, 15 Uhr  Theaterhaus Stuttgart, T3–T1 attacca – geistesgegenwart.musik 13. bis 14. November 2015 Pierluigi Billone Theaterhaus Stuttgart »Equilibrio. Cerchio« für Violine solo (2015) UA/Kompositionsauftrag des SWR 20‘

Helmut Lachenmann Streichtrio (1966) 10‘ Freitag, 13. November 2015, 20 Uhr  Theaterhaus Stuttgart, T1

Lisa Streich Helmut Lachenmann »NEBENSONNEN (für Helmut Lachenmann)« »Toccatina« für Klarinette, Violine, Viola und Violoncello (2015) Studie für Violine allein (1986) 6‘ UA/Kompositionsauftrag des SWR 11‘

PAUSE Mark Andre »S2« Helmut Lachenmann »Trio fluido« für Schlagzeug (2015) für Klarinette, Viola und Schlagzeug (1966) 16‘ UA/Kompositionsauftrag des SWR 12‘

Malte Giesen Im Gespräch mit Mark Andre, Helmut Lachenmann und »Stilisierung, mit explosions« (Moderation: Björn Gottstein) für Kontrabassklarinette, Schlagzeug, Viola und Elektronik (2015) UA/Kompositionsauftrag des SWR 13‘ »Sarà dolce tacere« PAUSE Christoph Delz Canto per 8 soli da »La terra la morte« di Cesare Pavese (1960) 10‘ »Arbeitslieder«, op. 8

Oliver Schneller für Tenor, vier falsettierende Bässe, gemischten Chor, »Kireji« Klavier (mit Verstärkung) und Bläserquintett (1983/84) 27‘ für Vokalensemble und Lautsprecher (2015) UA/Kompositionsauftrag des SWR 9‘ Marco Fusi, Violine Marco Fusi, Violine Florian Hölscher, Klavier , Schlagzeug Stuttgart Winds Schola Heidelberg SWR Vokalensemble Dirigent: Walter Nußbaum Dirigent: Marcus Creed

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Christoph Delz

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Samstag, 14. November 2015, 20 Uhr  Theaterhaus Stuttgart, T1 Samstag, 14. November 2015, 20 Uhr  Theaterhaus Stuttgart, T1 ESSAY

Einführung: 19 Uhr, Glashaus

Nicolaus A. Huber »Weiße Radierung« für Orchester (2006) 18‘

Alan Hilario »cost of production divided by total number of played notes equals cost per single note« »…sich verlieren und wiederfinden…« Helmut Lachenmanns »instrumentalkonkretes für Orchester geteilt in 2 Gruppen mit Solo-Schlagzeug und projizierten Zahlen (2015) UA/Kompositionsauftrag des SWR 23‘ Klangkomponieren« und die Folgen

PAUSE Von Egbert Hiller Malin Bång »ripost« für Kontrabass, Schlagzeug und Orchester (2015) UA/Kompositionsauftrag des SWR 17‘

Helmut Lachenmann »Komponieren bedeutet für mich jedes Mal, wenn schon nicht ein Problem lösen, so doch »Les Consolations« mich mit einem Trauma angstvoll, lustvoll auseinandersetzen und anhand solcher empfun- für Soli und Orchester (1978) 38‘ dener oder angenommener kompositionstechnischer Herausforderungen eine klingende Situation zu verursachen, die mir selbst wenn nicht neu, so doch fremd ist, in der ich mich verliere und so erst recht mich wiederfinde.« Pascal Pons, Schlagzeug Als Helmut Lachenmann 2001 diese Zeilen formulierte, hatte er seine »musique concrète ins- Uli Fussenegger, Kontrabass trumentale« längst »gefunden«, doch sie ist beileibe kein beliebig reproduzierbarer »Stil«, Jonny Axelsson, Schlagzeug sondern eine Haltung und (tägliche) Herausforderung – seit der Initialzündung mit »temA« SWR Vokalensemble Stuttgart für Flöte, Stimme und Violoncello (1968) und »Air. Musik für großes Orchester mit Schlag- Einstudierung: Michael Alber zeug-Solo« (1968/69), dem ersten groß besetzten Werk, in dem Lachenmann »instrumental- Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR konkretes Klangkomponieren« konsequent anwendete. In »Air« ließ er auch Äste brechen und Dirigent: Peter Rundel Zweige sausen; um Komik oder Show-Effekte ging es ihm aber nicht, sondern um die »Ver­ weigerung des Gewohnten« und die Überwindung klanglicher Tabus. Das schloss politische Dimensionen und das Moment der Provokation ein, zumal sich Lachenmann nach eigenem Bekenntnis mit den massiven Studentenprotesten im Zuge der 68er-Bewegung identifizierte.

Im Zentrum seines Denkens stand indes von Beginn an sein Credo von der »Musik als existen - zieller Erfahrung« – ein Kernsatz, der den und das Leben selbst unmittelbar in Bezie - hung setzt und zugleich eine ungeheure Vielfalt an Assoziationen und Konnotationen eröff- net. Um dieser »existenziellen Erfahrung« mit unverbrauchten Klängen eindringlich Aus- druck zu verleihen, entwickelte er eine stark ins Geräuschhaft-Experimentelle vordringende Klang­lichkeit, die zwar extrem abstrakt anmutet, jedoch stets die Balance mit intensivstem

4 5 Nachspüren seelischer Tiefenschichten hält. entschlüsseln, sondern zunächst ganz realistisch zu erfahren gilt. Hören heißt hier auf keinen Fall wieder: zustimmend mitvollziehen, sondern heißt: Rückschlüsse ziehen, umschalten, Das radikal Neue ist (nicht nur) in »Air« zudem dialektisch mit Rückbezügen auf die Musikge- denken.« schichte verknüpft. Lachenmann suchte, indem er das Instrumentalkonzert aufgriff, die Aus- einandersetzung mit einer traditionellen Gattung just in dem Moment, wo er sich mittels Dieses »Angebot an den Hörer« galt auch für traditionelle Gattungen wie das Streichquar- »instrumentalkonkreten Klangkomponierens« weit vom bis dato gängigen Musikverständnis tett. Übertrug Lachenmann in »Gran Torso« von 1971 die unbegrenzten Möglichkeiten der entfernte. Dazu kommt, dass sich hinter der Oberfläche vordergründig aktionistischer Klan- »musique concrète instrumentale« auf das Streichquartett als »sechzehnsaitigen Spielkör- gerzeugung strenge Konstruktivität verbirgt, die selbst, im Hinblick auf die Tradition der per«, so konzentrierte er sich 18 Jahre später im »Reigen seliger Geister« auf das drucklose »Neuen Musik«, als traditionsverhaftet aufgefasst werden kann. Auch gehen Spielweisen von Flautato-Spiel, mit dem er eine Schattenwelt der Töne hervorrief. Dagegen flossen ins Streich- einem Instrument auf das andere über und werden so fortgesponnen, wodurch klangliche quartett Nr. 3 »Grido (Schrei)« von 2000/2001 vermehrt »konventionelle« Klänge ein. Von ei- Merkmale thematische Wirkungen entfalten, die an die Kategorien klassischer Motivtechnik nem generellen Stilwandel wollte Lachenmann jedoch nichts wissen: »Was macht Robinson gemahnen. Es tauchen aber auch unverfremdete Klänge auf, die wiederum Lachenmanns di- Crusoe, wenn er seine Insel erschlossen glaubt? Wird er erneut sesshaft, kehrt er im selbst alektischen Ansatz widerspiegeln: Unter veränderten Bedingungen, im Umfeld des Neuen eingerichteten Ambiente zur bürgerlich-behaglichen Lebensweise zurück? Sollte er das Er- und Fremden, soll das Vertraute selbst als neu und fremd wahrgenommen werden. richtete heroisch wieder niederreißen, sollte er sein Nest verlassen? Was macht der Wegsu- chende, wenn er bereits sich Wege durchs Unwegsame gebahnt hat? Er stellt sich bloß und schreibt sein drittes Streichquartett. Denn der selbstgefällige Schein trügt: Nichts ist er- »Rückschlüsse ziehen, umschalten, denken« schlossen. ’Wege’ in der Kunst führen nirgendwohin und schon gar nicht zum ’Ziel’. Denn die - Erdacht und konzipiert hat Helmut Lachenmann seine »musique concrète instrumentale« ses ist nirgends anderswo als hier, wo das Vertraute nochmals fremd wird, wenn der kreative schrittweise. Als eine entscheidende Voraussetzung können seine Studienjahre bei Luigi Wille sich daran reibt – und wir sind blind und taub.« Nono begriffen werden, dessen einziger Schüler er zwischen 1958 und 1960 war. Nono schärf- te Lachenmanns politisches Bewusstsein und beflügelte dessen Sensibilität für Klang – eine »…den Klang immer neu beleuchten« »Sensibilität«, die dann Jahre später im »instrumentalen Klangkomponieren« volle Geltung erlangte. Zum Beispiel in »Pression für einen Cellisten« (1969), worin sich eine Entwicklung Mit jedem Werk stellte Helmut Lachenmann sich dem selbst auferlegten Anspruch, existen- von der tastend suchenden Kontaktaufnahme mit dem Instrument über die Erhöhung des zielle Erfahrungen in Klang zu transformieren. Und dadurch, dass er diesen Anspruch in ver- Materialwiderstands von Saiten und Bogenhaaren bis zur krassen Expressionskraft ver- schiedensten Ausformungen und Besetzungen immer wieder erfüllte, wurde er zu einem der meintlich hässlicher Nebengeräusche abzeichnet: »Man hört, unter welchen Bedingungen, bedeutendsten Komponisten der Jetztzeit. Doch was für Folgen hatte und hat sein Schaffen? mit welchen Materialien, mit welchen Energien und gegen welche Widerstände eine Klang- Es kann zwar mit Recht behauptet werden, dass niemand in der »Neuen Musik« heute an oder Geräusch-Aktion ausgeführt wird. Dieser Aspekt wirkt allerdings nicht von selbst. Lachenmann vorbeikommt. Doch er weiß selbst zu gut, dass die Bezugnahme auf ihn auch Er muss durch eine Kompositionstechnik erst einmal freigelegt und unterstützt werden, die zum bloßen Lippenbekenntnis geraten kann – zumal die »Befreiung des Hörens« als Verknüp - den üblichen, hier aber störenden Hörgewohnheiten stillschweigend, aber konsequent den fung von klanglichen mit gesellschaftspolitischen Dimensionen längst überholt scheint. Weg verstellt. In diesem ganz friedlichen Unterfangen liegt möglicherweise das öffentliche Womöglich hat Lachenmann aus genau diesem Grund die »Musik mit Bildern« »Das Mäd- Ärgernis.« chen mit den Schwefelhölzern« (1990-96) komponiert; abgesehen davon, dass er sein gebro- chenes Verhältnis zur Gattung Oper darin höchst produktiv ausleben konnte. Mit dem Hinweis auf das »öffentliche Ärgernis« deutete Helmut Lachenmann 1972 die Widerstände an, auf die er im Musikleben stieß. Dies umso mehr, als dass er sein »instrumen - Über das Sujet gelang es ihm, sozialkritische Belange in die Musik hineinzuholen – mit Hans talkonkretes Klangkomponieren« eben nicht als »l’art pour l’art« begriff, sondern als Auffor- Christian Andersens gleichnamigem Märchen als Inspirationsquelle für diese Sozialkritik, derung, die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen und neu auszurichten – wobei die musi- ohne dass Lachenmann die Ebene radikaler klanglicher Abstraktion verlassen hätte. Dass er kalische Wahrnehmung zum Modell für bewusstseinsverändernde Prozesse geraten sollte: Andersens Märchen auch zum Ausdruck gesellschaftlicher Gewalt im Form von bürgerlich- »Es ist auf jeden Fall ein Angebot an den Hörer, zu hören: anders zu hören und seine Hörge - unschuldiger Gleichgültigkeit gegenüber dem Elend anderer umfunktionierte, unterstrich er wohnheiten und die dahinter verborgenen ästhetischen Tabus anhand einer charakteristi- u.a. mit einem in klanglicher Verfremdung eingefügten Zitat der RAF-Terroristin Gudrun Ens- schen Provokation bewusst zu machen und zu überprüfen. Es ist außerdem ein Versuch über slin, mit der er in seiner Kindheit persönlich bekannt war und die in einem bürgerlich-religiö - die Verständlichkeit, und dies anhand einfacher konkreter Spannungsprozesse, die es nicht zu sen familiären Umfeld eine ähnliche Prägung wie er selbst erfahren hatte.

6 7 Mit seiner Oper zog Lachenmann die Konsequenz daraus, dass sich die mit der »musique Vielmehr engagiert er sich mit Nachdruck in der Nachwuchsförderung; auch nach seiner concrète instrumentale« verbundenen gesellschaftspolitischen Kriterien instrumentalmusi- 2002 erfolgten Emeritierung als Kompositionsprofessor in Stuttgart, und er hat dabei nicht kalisch kaum mehr transportieren ließen; und zugleich wirkte er mit der schlüssigen Anbin- zuletzt die Interpreten im Blick. Regelmäßig studiert er in der Internationalen Ensemble dung klanglicher Entgrenzungsprozesse an das Schicksal des »Mädchens mit den Schwefel- Modern Akademie mit den Stipendiaten seine Werke ein, und auch in der Lucerne Festival hölzern« jenen Epigonen entgegen, die sich seiner Form der Klangerzeugung als bloße Effekt- Academy ist er präsent. hascherei bedienen. Das lenkt den Blick auch darauf, dass die zentralen musikgeschichtlichen In seiner Bedeutung, die sich auf die Zukunft projiziert, kann Helmut Lachenmann durchaus Folgen Lachenmanns nicht (allein) darin zu suchen sind, inwieweit seine Methoden der mit Arnold Schönberg verglichen werden. Als Schönberg 1951 starb, war Lachenmann ein Klanggenese ins allgemeine Bewusstsein oder ins kompositorische und interpretatorische Teenager. Was beide trotz der zeitlichen Distanz und tiefgreifend veränderter gesellschaft- Repertoire eingegangen sind. Dies ist per se der Fall, und Lachenmann sieht es auch mit Un - lich-kultureller Bedingungen miteinander verbindet, ist die stete, gleichermaßen mit intel- behagen: »Es geht ja nicht um irgendwie neue, schockierende Klänge, sondern um immer lektuellem Scharfsinn und künstlerischer Radikalität geführte Auseinandersetzung mit dem wieder neu zu schaffende Zusammenhänge, die den Klang auch immer neu beleuchten. Material und dessen geistigen, ästhetischen und strukturellen Voraussetzungen. »Musik als Wenn jemand auf einem Streichinstrument rumkratzt und dabei von ’Lachenmann-Style’ existenzielle Erfahrung« zu begreifen, war schon für Schönberg ein maßgeblicher Impuls. oder von ’Lachenmann-Schule’ anfängt, kommt mir das Kotzen.« Dazu gehört, das eigene Schaffen immer wieder eingehender Reflexion zu unterziehen und Lachenmann selbst hat als junger Komponist maßgebliche Anregungen von Luigi Nono erhal- dabei die Musikgeschichte samt der eigenen »Geschichte« nicht auszublenden. So erklingen ten, ohne sich jemals konkret an dessen Musik zu orientieren. Seine würdigen Nachfolger im Zuge der europaweiten Jubiläumskonzerte anlässlich von Lachenmanns 80. Geburtstag sind in diesem Sinne jene, die sich nicht an der »touristischen Erschließung« der »musique nicht nur seine sämtlichen Werke, sondern er empfand dies auch als Anstoß, sich ältere concrète instrumentale« beteiligen, sondern sich mit dem gleichen Ernst, mit der gleichen Stücke erneut vorzunehmen. Am Geburtstag selbst, am 27. November 2015, hebt das Ensem- Kompromisslosigkeit wie er selbst dem Medium Klang und dessen inner- und außermusikali- ble Modern Orchestra eine Neufassung von »Air« für großes Ensemble aus der Taufe, mit der schen Bedeutungsebenen widmen; etwa Mark Andre, der 1995/96 Lachenmanns Schüler war Helmut Lachenmann auf die Anfänge seines »instrumentalkonkreten Klangkomponierens« und mit großer, zumeist nach innen gerichteter Intensität und Expressivität spirituelle Ener- zurückverweist und zugleich eine heutige Perspektive eröffnet. Dass eine solche giepotenziale auf »Klangsituationen« überträgt. »Klangsituationen« ist für ihn ein Schlüssel- Neubetrachtung Risiken birgt, sieht er auch mit Humor: »Klänge erfahren ein Schicksal. In begriff, und einher damit geht das Moment des Utopischen, das Andre, wie Lachenmann es dem Moment, wo ich anfange, noch einmal einzugreifen, muss ich aufpassen. Ähnlich wie bei ausdrückte, »in seiner ganzen Zerbrechlichkeit spürbar werden lässt«. Loriot, wenn er vorsichtig ein Bild an der Wand gerade rücken will und am Ende in einer Ket- tenreaktion das ganze Mobiliar als Trümmerhaufen daliegt.«

»Klänge erfahren ein Schicksal«

Weitere Nachfolger im Geiste sind, ohne überhaupt Schüler von Lachenmann gewesen zu sein, der Däne Simon Steen-Andersen, der mit aufreizender Verzahnung von klanglichen und musiktheatralischen Elementen die Wahrnehmung bis in Extreme schärft; oder der Deutsche , der sich Materialien und Stoffe wie »Öl«, »Holz« oder »Salz« auf den Seziertisch seines schöpferischen Zugriffs legt; oder die Schwedin Malin Bång, die sich vor allem von verschiedenen Formen der Bewegung anregen lässt und die Tiefensphären von Klang und Geräusch erforscht – auch in ihrem neuen Doppelkonzert für Kontrabass, Schlagzeug und Orchester. Zugrunde legte Malin Bång dem Werk »field recordings« aus dem Stuttgarter Wa- genburgtunnel, den Lachenmann ihr zeigte und der ein wichtiger Ort seiner Kindheit war.

Seine Ausstrahlung auf die mittlere Komponistengeneration ist zweifellos immens, doch wel- chen Einfluss hat er noch auf die junge Generation, die sich im Zeichen von Globalisierung und Digitalisierung ganz anderen Fragen und Lebensumständen stellen muss? Auch wenn die Musik dieser Generation stark von Computer, Elektronik und Multimedia geprägt ist, gibt es immer wieder Berührungspunkte mit Lachenmann. Als eine Art Übervater der »Neuen Musik« wird er akzeptiert und geschätzt, doch er lehnt sich nicht in Selbstgefälligkeit zurück.

8 9 WERKEINFÜHRUNGEN Luigi Nono »Sarà dolce tacere« 1960 Canto per 8 soli da »La terra la morte« di Cesare Pavese

»Sarà dolce tacere« ist ein verhältnismäßig frühes, reines Vokalwerk Nonos. Der Kompo- sition liegt ein Gedicht des Schriftstellers Cesare Pavese zugrunde. Die Lyrik Paveses zeichnet sich durch Naturbilder aus, die mit der Heimat des Dichters verknüpft sind. Dabei erschei- nen Heimat und lyrisches Ich verschränkt, indem das Ich seine Identität in seiner Umgebung wiederfindet. Nono wendet bei der musikalischen Behandlung des Textes ein Verfahren an, welches man als Verräumlichung von Sprache bezeichnen könnte. Der Text des Gedichts wird scheinbar dekonstruiert: Wörter zerfallen zu Silben, diese wiederum erscheinen teilweise nur noch in Form ihrer Vokale. Diese Klangpartikel sind wiederum in doppelter Hinsicht im Raum verteilt: Zum einen erscheinen sie auf unterschiedlichsten Tonhöhen, zum anderen klingen sie – durch die räumliche Aufstellung der Sänger - tatsächlich aus verschiedenen Richtungen. Helmut Lachenmann Und auch zeitlich erscheinen die Silben leicht ineinander verschoben, sodass sich zwar jeweils »Toccatina« 1986 der ursprüngliche Text erahnen lässt, was der Zuhörer aber erleben kann, ist dessen räumli- Studie für Violine allein che und zeitliche Ausdehnung in seinen klanglichen Bestandteilen. Dorothea Bossert Helmut Lachenmanns »Toccatina« entstand für das Heft »Studien zum Spielen Neuer Musik für Violine«, das Igor Ozim 1986 herausgab. Dass diese »Studie für Violine allein« Jahre später ein »Alle meine Werke gehen immer von einem menschlichen Anreiz aus: Ein Ereignis, ein Erleb - so aktives Eigenleben entfalten würde, war damals nicht unbedingt abzusehen. Zunächst galt nis, ein Text unseres Lebens rührt an meinen Instinkt und an mein Gewissen und will von mir, das Stück als Musterbeispiel neuer Streichertechniken, wie David Alberman 1998 in seinem dass ich als Musiker wie als Mensch Zeugnis ablege. [...] Zu dem Antrieb aus der menschlichen Aufsatz »Beyond the Conventional« in der Zeitschrift »The Strad« erläuterte. Inzwischen er- Sphäre kommt die musikalische Verwirklichung mit den ureigenen und ausschließlichen Mit- scheint Lachenmanns »Toccatina«, konzentriert mit außergewöhnlichen Spielarten gespickt, teln der Musik. Die einzige Realität ist die klangstrukturale Komposition, auf den verschiede- immer häufiger auf den Programmen der internationalen Festivals Neuer Musik. Und dies wird nen Parametern aufgebaut, die die musikalische Sprache ausmachen. Den neuen Gefühlen, dem Werk letztlich auch gerecht, denn »Toccatina« hat sich als ein zartes, fragiles, introvertier- Tatsachen und Empfindungen, die heute den Geist des Menschen bewegen, entsprechen not- tes Konzertstück entpuppt. Im Titel steckt toccare (ital. greifen). Auch dieser Aspekt ist vom wendigerweise neue Begriffe und eine Verwirklichung des schöpferisch-musikalischen Aktes. Komponisten wörtlich genommen und musikalisch eindrucksvoll umgesetzt. Natürlich fordern und verlangen sie auch eine neue Art des Hörens. Aber immer ist es für Michael Reudenbach mich der Mensch allein, der jede neue menschliche Situation bestimmt, da sein Geist seine Zeit durchdringt und sie sich bewusstmacht.« Luigi Nono

Mark Andre »S2« 2015 Oliver Schneller für Schlagzeug »Kireji« 2015 Es geht um Schwellen, Übergänge zwischen Klang, Zeitfamilien und -typen. Die metrische für Vokalensemble und Lautsprecher Zeitebene wird durch die Kreiszahl π markiert (als Darstellung des Vergehens der Zeit); die Im Regelwerk des Haikus hat ein Kireji (in etwa «Trennungswort») die scheinbar widersprüch- morphologische Ebene durch verschiedene Kategorien der Schwebungen erlebbar. Es bleiben liche Funktion, den Fluss der poetischen Vorstellung einerseits zu unterbrechen, andererseits kompositorische Zwischenräume zwischen Klang und Zeitfamilien als zerbrechlicher, schat- die oft anzutreffende Zweiteiligkeit der Form zu verbinden. Ich habe beim Lesen das Gefühl, tenhafter und formaler Atem zu hören. Bei Christian Dierstein möchte ich mich für die Ent- dass Kireji – als Bruchpunkt angesetzt – den metaphorisch verschlüsselten Kosmos des Hai- wicklung des Stücks herzlich bedanken. Mark Andre kus offenbaren können: Eine plötzliche Tiefendimension tritt hervor, die nur durch eine Bre- chung sichtbar werden kann, ein Fenster zu dem (Hyper-)Raum, dessen Pforte ein Haiku oft

10 11 zu sein scheint. Dies ist der Ansatz für meine Vertonung: Sie möchte nicht – in Nachahmung den gleichen Polen, oder der harte und gewaltige Ansatz, erinnern an den Klang von einigen der aphoristischen Kürze des Haikus – ein komprimiert-komponiertes Pendant erfinden, son- Werken Giacinto Scelsis und Iannis Xenakis und auch von manch außereuropäischer Musik. dern quasi mikroskopisch – oder noch besser: mikrodimensional – die in äußerster Knappheit Die Konstruktion der Arbeit und das gesamte Relationsspiel funktionieren aber anders. Es in sich gewundene »Welt« mittels des in der poetischen Architektur des Originals bewusst gibt zwei klangliche Kräfte, die elementar und komplementär sind: erstens der kontinuier- gesetzten Einschnitts gleichsam auffächern, um die dahinter liegenden, weit gespannten liche und schwingende Klang, und zweitens ein gewaltiges, blitzschnelles Pizzicato der vier Muster anklingen zu lassen. Oliver Schneller Saiten zusammen. Die Entwicklung jeder einzelnen Kraft und die Änderung ihrer Beziehun- gen generieren die verschiedenen Momente des Werkes. Der kontinuierliche und schwingen- Die fünf in diesem Stück verwendeten Haikus sind: de Klang – eine Art instabile Kraft ohne Schwerpunkte – wird die Dimensionen, das geschlos- 1. Another year is gone; sene Profil und das Gleichgewicht eines Verses bekommen. Das gewaltige und blitzschnelle and I still wear Pizzicato – eine Art konzentrierte, einförmige und geschlossene Kraft – wird die Flexibilität straw hat and straw sandal. und die Instabilität annehmen, um moduliert werden zu können. Es ist in der Tat ein Kreis 2. Along this road (das Ende des Stücks endet wieder in einem Moment des Beginns), in dem das Gleichgewicht goes no one, sich ständig ändert, innerhalb einer gewissen Grenze. Pierluigi Billone This autumn eve.

3. One field did they plant. Helmut Lachenmann I, under the willow. Streichtrio 1965 4. Sad nodes für Violine, Viola und Violoncello we‘re all the bamboo‘s children Das Streichtrio ist nach Lachenmanns eigener Einschätzung die rudimentäre Vorwegnahme in the end. seiner späteren musikalischen Ästhetik. Die klingenden Momente des Stücks können als 5. Should I take it in my hand, »Ränder von im Zerbröckeln sich öffnenden, quasi ,kahlen‘ Zeiträumen« verstanden werden, it would disappear with my hot tears, »aus deren unberührter Leere heraus« das spätere Werk seine Visionen entwickelt habe. like the frost of autumn. Übersetzung von R. H. Blyth Schon hierin liegt ein bestimmend manieristischer Zug: Manieristische Musik »übersteigt alles Erklingende und stellt daher - ihrer Intention nach – etwas akustisch nicht Wahrnehm­ bares dar«. Sie gibt dem Ausdrucklosen Ausdruck. Darin berührt sie sich mit dem Unsagbar- keitstopos der Romantiker. Es ist kein Zufall, dass »in der Diskussion um die Grundlagen der Pierluigi Billone Moderne« immer mehr zwei musik- und geistesgeschichtliche Epochen einen entscheiden- »Equilibrio. Cerchio« 2015 den Stellenwert gewinnen: »Manierismus und Romantik«. Klaus-Michael Hinz für Violine (mit Skordatur)

Es handelt sich um eine Violine, bei der weder Saiten noch Skordatur normal sind. Es werden drei IV. Saiten und eine III. Saite benutzt, mit einer Skordatur E, F, G, D, in einem sehr engen Bereich. Die Manipulation der linken Hand ist ungewöhnlich: Jeder Finger agiert fast immer Lisa Streich gleichzeitig auf zwei Saiten, deshalb ist der einfachste Klang schon ein Zweiklang, mit inne - »NEBENSONNEN (für Helmut Lachenmann)« 2015 ren Schwebungen. Die Bogentechnik ist die der modernen Violine und Bratsche, mit all ih- für Klarinette, Violine, Viola und Violoncello rem Reichtum an Möglichkeiten. Die typische Artikulationsgeschwindigkeit und das extreme, »NEBENSONNEN« ist ein Stück für Helmut Lachenmann, das mit dem Gedanken spielt, dass oberflächliche Virtuosentum der (alten und modernen) Violine werden so ausgeschlossen. die heute viele Nebensonnen zu der Musik Helmut Lachenmanns bildet. Für wen Alles ist darauf angelegt, das zu ermöglichen: eine andere »musikalische Stimme« der Violi- spielt oder spielte Helmut Lachenmanns Musik nicht irgendwann einmal eine große Rolle im ne und andere Konstruktionsmöglichkeiten. Die kontinuierlichen Schwingungen, der Einsatz Leben des Schreibens? Egal, ob man sich der Musik widersetzt oder sich auf ihren gewonne - von Glissandi, die konstante und langsame Oszillation, die Artikulationen der linken Hand auf nen Pfaden bewegt – ich denke, dass er uns allen sehr präsent ist. Zumindest mir hat er ganz

12 13 »existenzielle Erfahrungen« mit auf den Weg gegeben. Ich erinnere mich daran, wie ich das »Trio fluido«, noch vor dem Schlagzeugsolostück »Intérieur I«, meinem »Opus 1«, entstanden, erste mal Lachenmann hörte. Es war in einem kleinen Antiquariat in Stockholm, wo ich Rohan gehört einer Schaffensphase an, die noch streng strukturalistisch geprägt war, in der also de Saram »Pression« spielen hörte. Oder ich erinnere Melise Mellinger Lachenmanns »Tocca- ausschließlich am akustischen Material orientierte Beziehungen und Entwicklungen kompo- tina« in der Orangerie in spielen. Meine letzte, noch sehr präsente Hörerfahrung sitorisch gesteuert wurden. Was immer in diesem Stück an Spielerischem einerseits, an Ver- machte ich in Berlin beim »Mädchen mit den Schwefelhölzern« in der Deutschen Oper Berlin. fremdung und Klangzersetzung andererseits zu finden ist, »ergab« sich aus der Anwendung Sie ist noch ganz präsent, obwohl die Aufführung schon drei Jahre zurück liegt. Ich frage mich, von solchen immanent orientierten Gesetzmäßigkeiten, war also nirgends Gegenstand von wie viele Nebensonnen Helmut Lachenmann in meiner Musik, aber auch in meinen alltägli- expressiver Spekulation. Formal hat man es mit einer vielfach gebrochenen, aber insgesamt chen Gedanken gebildet hat, und wie viele wohl in allen Zuhörern? Die Zeitschienen überla- zugleich steigenden und fallenden Kurve zu tun: Auf dem Hintergrund scheinbar lose aufge- gern sich, er schrieb »Pression« 1969/70 und bildete durch dieses Stück eine Nebensonne in reihter Abschnitte kehren sich mehr und mehr extreme Materialeigenschaften hervor, schlie- mir im Jahr 2008. 1990 bis 1996 schrieb er »Das Mädchen mit den Schwefelhölzern« und dar- ßen sich zusammen, bewirken insgesamt eine Zuspitzung, die umschlägt in den Kontrast ei- aus bildete sich eine Nebensonne in mir im Jahr 2012. Was ist es, das die Nebensonnen bei nes statischen, durch innere Fluktuationen belebten Feldes. Dieses zerfasert sich seinerseits Helmut Lachenmann erscheinen lässt? Rigorosität? Historischer Fortschritt? Oder vielleicht bis zum Schluss, wobei hinter den Tonfiguren die Geräuschkomponenten, hinter diesen die etwas ganz anderes? Ich weiß es nicht, aber ich liebe ihn dafür. Erfahrung von der körperlichen Beschaffenheit des klingenden Stoffes und dahinter die auf solche Weise entleerte Zeit freigelegt, bewusstgemacht und in den musikalischen Zusam- Nebensonnen gehören zu den Haloerscheinungen. Sie sind links oder rechts, manchmal auch menhang eingegliedert wird. »Strukturelles Musizieren«: Das ist eine paradoxe Vorstellung. beidseitig, neben der Sonne zu sehen. Der Beobachter hat dabei den Eindruck, es befinde sich In »Trio fluido« entdeckt und nutzt die Musik selbst diesen Widerspruch. Mit der zunehmen- neben der Sonne eine zweite, schwächere Sonne. Lisa Streich den Auflösung (und zugleich der instrumentaltechnischen Ausuferung im Schlagzeug) schä- len sich jene andere Materialwahrnehmung und daran gebundene Expressivität heraus, die in meinen späteren Werken, zuerst in »temA«, »Air« und »Klangschatten« Ausgangshaltung bedeuteten, um die Reflexion der Bedingungen des Hörens und Musizierens ins Hören selbst Helmut Lachenmann mit einzubeziehen. Helmut Lachenmann, 1993 »Trio fluido« 1966-68 für Klarinette, Viola und Schlagzeug

Das Stück stellt für mich einen von verschiedenen Versuchen dar, aus einem streng punktu- ellen Musikdenken herauszufinden, mit dem ich mich seit meinem Studium bei Luigi Nono Malte Giesen identifiziert hatte und dem ich auf meine eigene Weise treu zu bleiben entschlossen war, »Stilisierung, mit explosions« 2015 besonders in jener Zeit, als sich die sogenannte Avantgarde mehr und mehr auf surrealisti- für Kontrabassklarinette, Schlagzeug, Viola und Elektronik sche Kompromisse mit der bürgerlichen Bequemlichkeit einzulassen schien. Die Besetzung – Die Besetzung ist so speziell, dass sie sich nicht als Reflektor für Traditionelles eignet. Es geht Klarinette, Bratsche und Schlagzeug (Marimbaphon mit Almglocken, Becken, Pauke und Bon- nicht um das Idiom der Besetzung, sondern um Klangliches. Die Charaktere dieser Instru- gos) – gewährleistete eine homogene Ausgangsbasis der instrumentalen Mittel, von wo aus mente werden stilisiert, das heißt, die wesentlichen Eigenschaften intensiviert, aber auch einerseits eine Art Klang-Gestik – das heißt enger oder weiter verzweigte Tonfigurationen – abstrahiert, somit reduziert. Sie werden »künstlich«. Die Stilisierung ist die ästhetisierte, re- sich entwickeln ließ, während andererseits die Klangdifferenzierung nach innen weiter duzierte Kopie des Originals. Die meisten Menschen kennen heute ja nur noch Musik aus getrieben werden konnte bis hinein in die bewusstgemachte Anatomie des entstehenden Lautsprechern, die ebenso eine Kopie der Originalschallquelle ist, in den meisten Fällen sogar (geblasenen, geschlagenen, geriebenen, gestrichenen, gezupften, getupften usw.) Tones. einer komplett künstlich erzeugten Schallquelle, mit eigener Ästhetik, die durch Bearbeitun- Zwischen diesen beiden Gegensätzen – Verflüssigung des punktuell Gedachten hier und sei- gen wie Kompression, EQ, Filter, aber auch durch die Größe und Bauart des vorhandenen ner Versteinerung beziehungsweise inneren Aufbrechung, Öffnung dort – bewegt sich diese Lautsprechers geprägt wird. Die »Medienfarbe« wird zu einem bestimmenden kompositori- Musik: Gegensätze, die ich in späteren Werken bis in radikale Extreme weitergetrieben habe, schen Parameter. Der Lautsprecher hat das Klavier als »Kerninstrument« des Komponisten während hier das Ganze noch einem eher abstrakt-spielerischen Gesamtcharakter verpflich- abgelöst. tet bleibt.tet Helmut Lachenmann, 1989 Das Genre Actionfilm ist im popkulturellen Bereich im Prinzip das Ästhetischste. Darum geht es ja! Die Ästhetik von Aktion! Deshalb ist die Handlung auch meist jenseits von Gut und Böse.

14 15 Denkt man den Actionfilm als Kunst, dann müsste in letzter Konsequenz diese Art von Film taucht, verdeutlicht durch ein Liszt-Zitat aus dem »Mephisto-Walzer«, Nikolaus Lenaus «Tanz sich komplett von Handlung befreien. Reine Action ohne Plot. Millionenteure digitale Parti- in der Dorfschenke» auf: Mephisto verführt die Jugendlichen mit seinem Geigenspiel. Delz kelstürme in Hochglanz-8K. Davon kann jeder Videokünstler nur träumen. Das Idiom des Ac- dazu: »Ich wollte auch Spiel als eine Vorstufe von Arbeit einbeziehen und hörte in einem tionfilms ist die Explosion und ich setze als bekannt voraus, dass Michael Bay als Ikone des Spielsalon einen Automaten, in den – neben den üblichen Piepstönen – das Klavierstück ein- Actionfilms sich in der Netzkultur als Explosionsexperte etabliert hat. Deshalb kommen in gespeichert war.« Der Reigen erreicht hier seinen extremsten Punkt. «Laute afrikanischer diesem Stück auch alle Explosionen aus allen Michael Bay-Filmen vor. Stilisierung und Ästhe- Herkunft und vom Komponisten» schließen den Zyklus mit dem »Lied während der Jätarbeit«. tisierung an allen Enden. Malte Giesen Thomas Meyer

Christoph Delz Nicolaus A. Huber »Arbeitslieder«, op. 8 1983/84 »WEISSE RADIERUNG« 2006 für Tenor, vier falsettierende Bässe, gemischten Chor, für Orchester Klavier (mit Verstärkung) und Bläserquintett »WEISSE RADIERUNG«, ein Auftrag des WDR Köln, sollte etwas mit Konstruktion oder Kalkül Das mit vierzehn Opusnummern so knapp umrissene Œuvre des frühverstorbenen Basler und Ausdruck zu tun haben. In der Tradition der Sprengung der Affektenlehre hin zum sub - Komponisten Christoph Delz ist ebenso vielfältig wie unheitlich. Das gerade zeugt von seinen jektiven Ausdruck von Empfindungen und Gefühlen durch C. Ph. E. Bach hat Beethoven diese vielfältigen Interessen und Inspirationsquellen, aber auch von seiner Phantasie. Sein frühes Seite der Musik zukunftsweisend radikalisiert und eine neue Geschwindigkeit des kurzzeiti- Klavierstück »Sils« wurde von einem Spaziergang auf dem vereisten Silsersee angeregt, das gen Ausdruckswechsels in sie eingeführt. Damit hat er nicht nur den Ausdruck überhaupt Orchesterstück »Im Dschungel«, in dem der Löwe genussvoll brüllen darf, von zwei Bildern ver­ändert, sondern durch Kombination verschiedener Ausdrucksdetails gewaltige Montagen des Zöllners und Malers Henri Rousseau; das eine der beiden »Nocturnes«, op. 11 widmet sich komponiert, die der Einheitsdiktatur beharrender Empfindungen, ja vielleicht auch unserem Anton Weberns letzter Zigarre und das letzte Stück »Istanbul« schildert die Großstadt am Gefühl, wir wären Privatbesitzer unserer Gefühle, immer wieder herbe Schläge versetzen. Die Bosporus mit all ihren Gegensätzen auf akustische Weise. Dazwischen fügt sich jene Samm- motivische Strukturtechnik schärft und charakterisiert die Details zu unverkennbaren Ein- lung der »Arbeitslieder«, in denen Afrikanisches neben Deutsch-Romantischem erscheint. Der heiten, ohne die der spätere serielle Punkt und die verschiedenen Lösungen des Problems Titel lautet bewusst nicht «Arbeiterlieder», denn in diesem vierteiligen Zyklus geht es zualler- Einheit bei Webern oder Nono nicht denkbar wären. Auch nicht die zugemuteten Geschwin- erst um das Thema «Arbeit» in seinen unterschiedlichen kulturellen und historischen Aus- digkeiten radikaler serieller Texturen. ACH! und bei Schubert hören wir nicht nur »am fernen prägungen. Delz transkribierte und analysierte dafür «work songs» europäischer und außer- Horizonte«, »lockte mich ein Irrlicht hin ...«, auch: »es zieht ein Mondenschatten als mein Ge - europäischer Kulturen. «In der Komposition sind sowohl Identität von Arbeitsrhythmus und fährte mit«. musikalischer Äußerung – d.h. spürbare Körperlichkeit mit periodischer Rhythmik – als auch Intervalle, bevorzugt die Oktave und die enharmonisch spaltbare Prim, gegenüber gestellte Reflexionen über das Thema zu hören.» Spiegelbilder, symmetrisch geteiltes Quintenzirkel-Material u. ä. zeigen uns, wie eingesperr- Im «Lied beim Jagen» werden Rufe und Tierimitationen von afrikanischen Jägern gereiht und te Töne, selbst als Eingesperrte. Da leiden wir noch!!! Plötzlich sagt Verlaine la lune sei blanche entwickelt. Ein flimmerndes und verwirrendes Stimmgewebe folgt auf diese erste Szene: und Satie gibt dem ganzen Grimassensauerkrauttopf einen erneut radikalen Fußtritt und Texte von Vergil, Goethe, Theodor Storm, aber auch aus dem Bundeslied des «Allgemeinen schreibt über ein Prélude »En blanc et immobile«. Wir leben mit den Sternen, nicht emotions- deutschen Arbeitervereins» von Georg Herwegh sind eingearbeitet, dazu afrikanische frei, aber universeller, ohne Psychomief. Den überlassen wir dem Fernsehen! Sprachfragmente. Wortverständlichkeit ist nicht gegeben; die Texte sollte man, wenn schon, Aus der Quantenwelt wissen wir: Messungen können zerstören, Messungen vereinfachen. mitlesen. Was anfangs homogen klingt, wird zuhörens aufgebrochen. Zwischenrufe, Prokla- Solche Messungen sind in der Musik die Notation, die Analyse, das genaue Spiel im Augen - mationen, vielleicht auch Flüche dringen in das Gewebe ein, die Szene wird nachdenklicher. blick. Will man diesen Fixierungen entgehen, muss man auch die alte Übercharakterisierung Die Reflexion setzt ein. »Unabhängig von den ‚work songs‘ wählte ich charakteristische Texte (jeder Ton ist einmalig) verunschärfen, damit neue Beweglichkeit von Teilchen möglich wird, zum Thema Arbeit aus, die an Aktualität nichts verloren haben, zum Teil aber als zynisch die jetzt nicht mehr ihre Grenzen an den Grenzen der Strukturen, der Plastizität von Gedan - empfunden werden müssen.« Deutlich wird das vor allem im dritten Teil, dem «Lied beim ken, oder Formteilzollgebieten finden, sondern völlig flexibel zu jeder Zeit an jedem Ort Kornmahlen», in dem Sprüche Salomons mit Texten aus den Anfängen der deutschen Indus- blitzartig auftauchen können, nicht mehr die Struktur begründen. Solche Überlagerung trialisierung und Arbeiterbewegung, etwa von Hegel und Marx, zitiert werden. Dazwischen

16 17 verschiedener Zustände in einer Musik der notwendig fixierten Augenblicke kann nur, ja nur Malin Bång der Hörer leisten. Er ist der Star der Qubits. Obwohl ich inzwischen älter bin als alle oben von »ripost« 2015 mir erwähnten Komponisten, ziehe ich es vor, mit unserem WM-Franz zu sagen: für Kontrabass, Schlagzeug und Orchester »Schaumer mal.« Nicolaus A. Huber Als ich Helmut Lachenmann zum ersten Mal traf, war das in seiner Heimatstadt Stuttgart. Damals fragte ich ihn, ob er mir einige interessante Orte in der Stadt zeigen könnte, die der Ausgangspunkt für mein neues Stück werden sollten. Wir fuhren also bergauf und bergab während der Hauptverkehrszeit und er zeigte mir freimütig all die Häuser und Orte, die während seiner Kindheit wichtig für ihn und seine Familie gewesen waren. »Ripost« ist der Alan Hilario Abschluss einer Serie von Kompositionen, in denen ich mich mit urbanen Klangszenerien beschäftigt habe. Normalerweise suche ich mir meine eigenen Ausgangspunkte in Städten, »cost of production divided by total number of played notes equals cost die ich selbst sehr gut kenne. Darum war es interessant, in diesem Fall meinem persönlichen per single note« 2015 Stadtführer Helmut Lachenmann die Wahl eines solchen Ausgangspunktes zu überlassen für Orchester geteilt in 2 Gruppen mit Solo-Schlagzeug und projizierten Zahlen und ihn damit auch über das Schicksal der Komposition entscheiden zu lassen. Ich war mir schnell sicher, welchen von diesen Orten ich wählen wollte. Es war der herausforderndste von Ein Blick in die Finanzen unserer Kulturlandschaft lässt offen, wie der Mechanismus der ihnen, aber gleichzeitig auch der, der aus einer musikalischen Perspektive am meisten zu bie - Kulturpolitik funktioniert, handelt und interagiert. Diesem Thema kommt eine entscheiden- ten hatte: der Wagenburgtunnel. Dieser Tunnel verbindet das Stadtzentrum mit dem Ostteil de Bedeutung zu, da es sich letztendlich darum handelt, wie wir gebildet werden – es geht der Stadt und ist heutzutage sehr stark von Autos, Lastwägen und Bussen befahren. Mein um unsere geistige und humanistische Formung. Lange bevor der erste Ton eines neuen Stück nun soll nicht die Geschichte dieses Tunnels dokumentieren, sondern seine Klangkons- Werks erklingt, ist bereits entschieden, wie dies zu beurteilen und zu rezipieren sei. An die - titution porträtieren und meine Erfahrung von seinem Charakter widerspiegeln. Wenn man sem breit gefächerten Thema »Geld« haben mich bei der Arbeit an einem Orchesterstück in den Wagenburgtunnel hineinläuft, befindet man sich auf einmal in einer sehr stark zielge - zwei Subthemen besonders interessiert: Das erste hat mit dem kreativen Prozess selber zu richteten Zeit, wie eine unerbittliche, zwingende Kraft nach vorn. Ein Spektrum heller, lufti- tun. Ist es nicht so, dass die Konzeption-Kreation eines Kunstwerks maßgeblich davon beein- ger Timbres und dunkler, pulsierender Klänge strömt bei höchster Geschwindigkeit durch flusst wird, wenn der/die KomponistIn weiß, dass »Geld da ist«, um dies zu realisieren? (Hat den Raum. Das brummende Dröhnen verschwindet nie vollständig; der Tunnel ist wie eine nicht die Blockbuster-Mentalität der Filmbranche die Neue Musik auch infiltriert?) Diese Fra- ruhelose Kreatur, die ständig den städtischen Horizont beäugt. Die Soloparts von Kontrabass ge habe ich mir selber gestellt. In meinem Werk handelt es sich um die Stichworte »Auftei - und Schlagzeug haben die Aufgabe, den Tunnel und seine Umgebung zu erkunden. Sie führen lung und Verteilung«, basierend auf dem Dezimalzahlsystem. So werden immer wieder Zah- einen fortwährenden Dialog, bestehend aus Details des fließenden Lärms, die sich zu wider- len synchron zur Musik projiziert - einerseits eine Aufzählung der bisher gespielten Töne des spenstigen gestischen Fragmenten entwickeln. Das Orchester stellt den Tunnel selbst dar in zwei Gruppen geteilten Orchesters; andererseits auch Zahlen, die für die Struktur des Wer- und zeigt anfangs ein typisches Tunnelverhalten, indem es die Solisten nachzeichnet und kes von Bedeutung sind. Der zweite Punkt ist eher ein moralischer: Bei der Finanzierung von echot. Schritt für Schritt nimmt der Tunnel eine aktivere Rolle an und beginnt, die Eindring - Kunst – ob vom Privatsektor oder vom Staat – stellt sich auch die Frage, ob die Quelle eine linge durch schnelle und gelegentlich grobe Zusammenstöße zu provozieren. Die Objekt- Bank ist, die z.B. maßgeblich mit Lebensmitteln spekuliert oder ob das Geld vom Staat kommt, sammlung des Schlagzeugers besteht aus »tragbaren Tunnels«: Röhren aus Metall- oder Plas- der schließlich auch an Steuereinnahmen von Waffenexporteuren mitverdient – all dieses tikmaterialien, die normalerweise als Abflussrohre bei Bauarbeiten eingesetzt werden. Meh- Geld fließt in den Topf, woraus wir unsere schöne Kunst ermöglichen können. Nein, es gibt rere Kontaktmikrophone sind auf unterschiedlichen Stellen sowohl vom Kontrabass als auch kein »Gütesiegel« für die Finanzierungsquellen der Künste, wie z.B. bei »fairtrade«-Kaffee, der von den Objekten platziert, um die Knackigkeit und Knistrigkeit der Details sicherzustellen aus gerechtem Handel stammt, oder bei der Unterlassung des Verkaufs von »Blutdiamanten«. und den Reichtum an Frequenzen und Obertönen zu gewährleisten. Malin Bång Was tun an­gesichts dieses Dilemmas? Im Moment sehe ich keine künstlerische Alternative, als zu ver­suchen, dass kein gespielter (aufgezählter) Ton überflüssig ist, und außerdem, sol- che Missstände zu thematisieren. Alan Hilario

18 19 Helmut Lachenmann BIOGRAFIEN »Les Consolations« 1978 für Soli und Orchester

1967 und 1968 komponierte ich »Consolation I« nach einem Text aus »Masse Mensch« von Ernst Toller und »Consolation II« nach dem Wessobrunner Gebet. Beide Texte, als Formen von Tröstung angesichts von Ratlosigkeit und Daseinsangst aufgefasst, sind auf entgegengesetz- te Weise kontemplativ: »das bist Du, der heute an der Mauer steht, erkenn Dich doch« – »Als nirgends nichts war an Enden und Wenden, da war der eine allmächtige Gott«. Mir scheint heute, dass via Franz Liszt die unverhüllte Trostlosigkeit beider Texte mich damals auf den Titel gebracht hat. De-Consolation, wenn es das gibt, ist der Grundgedanke. Die Geschichte vom Mädchen mit den Schwefelhölzern (Textgrundlage für das Präludium, Interludium und Postludium), welches, von der Gesellschaft ignoriert, die ihm zum Verkauf belassenen Hölz- chen selber entzündet und vor dem Erfrieren so wenigstens die Großmutter zu schauen Der Dirigent Michael Alber wurde 1963 in Tuttlingen geboren. Er war von 2001 bis 2012 bekommt und sich von ihr emportragen lässt, ist nun zum Rahmen des Ganzen geworden: Chordirektor an der Staatsoper Stuttgart und ist seit dem Sommersemester 2012 Professor eine Erzählung vom Handeln, ohne aufgeblasene Einsicht in die wie auch immer doktrinär für Chorleitung an der Hochschule für Musik Trossingen. verkürzte geschichtliche Notwendigkeit, sondern gemäß innerer Notwendigkeit unter dem Druck der Wirklichkeit von Gesellschaft und Natur. Die sprachliche Verständlichkeit der bei- Der Perkussionist Jonny Axelsson wurde 1963 in Huskvarna (Schweden) geboren. Er studierte den früheren Texte war auf typische exklamatorische Gesten oder charakteristische phoneti- an der Musikhochschule in Göteborg. Weltweit gibt er Konzerte und hat dabei mit Komponis- sche Chiffren reduziert, also mehr oder weniger aufgegeben worden. Emphatische Wortge- ten wie Johannes Fritsch, Karen Tanaka, Christopher Fox, Christian Wolff und Kevin Volans staltung a priori und sprachkonforme lineare Verläufe widersprachen meinen Vorstellungen zusammengearbeitet. von Struktur und Material. Die Verständlichkeit der Andersen-Erzählung musste nicht nur Malin Bång wurde 1974 in Schweden geboren und wohnt in Stockholm. Sie ist composer in bewahrt, sondern im Zusammenhang mit den vorhandenen kompositorischen Mitteln neu residence und Gründungsmitglied der Curious Chamber Players. gewonnen und plausibel gemacht werden. Obwohl sich meine Sicht des musikalischen Mate- rials gewandelt und von dessen akustischen Beziehungsmöglichkeiten weg sich mehr und Pierluigi Billone, 1960 in Sondalo (Italien) geboren, studierte Komposition bei Helmut mehr dessen gesellschaftlich bedingten expressiven Widersprüchen zugewandt hat, ist der Lachenmann und Salvatore Sciarrino. Er lehrte als Gastprofessor Komposition in Graz und strukturelle Ansatz im Sinn der alten seriell-atonalen Utopien in meiner Musik maßgebend Frankfurt und lebt heute in Wien. geblieben. So ergibt sich im Moment des Erzählerischen genau so ein Widerspruch wie zuvor Der Dirigent, Pianist und Chorleiter Marcus Creed wurde 1951 in Eastbourne/Sussex gebo- in der zur expressiven Struktur gewandelten Unverständlichkeit der beiden älteren Stücke. ren. 1998 wurde er von der Hochschule für Musik Köln zum Professor für Chordirigat berufen. Aus der Auseinandersetzung mit der Unmöglichkeit und Notwendigkeit musikalisch-struk- Seit 2003 ist er Chefdirigent des SWR Vokalensembles Stuttgart, seit 2014 leitet er auch das tureller und sprachlicher Mitteilung im selben Zusammenhang haben sich die Arbeitsprozes- DR VokalEnsemblets in Kopenhagen. se bei dieser Komposition ergeben. Entstanden ist so etwas wie eine Symphonische Dichtung Der Komponist und Pianist Christoph Delz wurde 1950 in geboren und starb 1993 in in fünf Teilen (Präludium, Consolation I, Interludium, Consolation II, Postludium): eine andere Riehen. Er studierte Komposition bei in Köln, arbeitete dort im Elektro - Art von Heldenleben mit schlechter Apotheose. Helmut Lachenmann, 1978 nischen Studio der Musikhochschule und anschließend als freischaffender Komponist in der Schweiz. Testamentarisch verfügte er die Gründung der »Stiftung Christoph Delz« zur Förde- rung Neuer Musik.

Christian Dierstein wurde 1965 geboren. Seit 1988 ist er Schlagzeuger des ensemble recher- che und und seit 1994 auch des . Außerdem ist er Schlagzeugdozent bei den Inter- nationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt und bei den Impuls Kursen in Graz.

Das ensemble recherche ist ein neunköpfiges Solistenensemble, das vor allem Werke der zeit- genössischen Musik interpretiert. Es wurde 1985 gegründet und hat seinen Standort in Frei-

20 21 burg im Breisgau. dem , der Musikfabrik Köln und dem Kammerensemble Neue Musik Berlin aktiv. Der Violinist Marco Fusi studierte bei Dimitrios Polisoidis, Ernst Kovacic und Jeanne-Marie Conquer. Er arbeitet mit namhaften Dirigenten, Solisten und Ensembles zusammen und hat Das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR wurde 1945 gegründet. Das Orchester zahlreiche Werke uraufgeführt, darunter Kompositionen von Niccolò Castiglioni, Peter pflegt einerseits das klassisch-romantsiche Repertoire des sinfonischen Tradition, anderer- Eötvös, Salvatore Sciarrino, Fabio Vacchi und Aureliano Cattaneo. seits setzt es sich für zeitgenössische Musik und selten gespielte Werke und Komponisten ein. Seit seiner Gründung hat es mehr als 500 Werke zur Uraufführung gebracht. In seiner Kon - Uli Fussenegger wurde 1966 in Feldkirch (Österreich) geboren. Er ist Kontrabassist mit dem zertreihe attacca – geistesgegenwart.musik bietet es vor allem jungen Komponisten ein Po- Schwerpunkt Neue Musik und seit 1987 Mitglied des Klangforum Wien. Außerdem unterrich- dium. tet er an der Hochschule für Musik in Luzern und bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt. Der Violinist und Dirigent Peter Rundel wurde 1958 in Friedrichshafen geboren. Seit 1987 ist er international als Dirigent tätig, schwerpunktmäßig im Bereich zeitgenössischer Musik. Der Komponist und der Violinist Alan Hilario wurde 1967 in Manila (Philippinen) geboren. Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem , dem ensemble Er studierte Komposition zunächst an der University of Philippines, anschließend bei Mathias recherche und dem Klangforum Wien. Spahlinger und Mesías Maiguashca in Freiburg. Er lebt als freischaffender Komponist in Ulm. Oliver Schneller wurde 1966 in Köln geboren. Er studierte Musik- und Politikwissenschaft, Der Pianist Florian Hölscher studierte bei Robert Levin, Michel Béroff und Pierre-Laurent Geschichte und Komposition, letzteres u.a. bei Tristan Murail. Seit 2015 ist er Professor für Aimard in Freiburg, Paris und Köln. Er ist Gründungsmitglied des Ensembles ascolta und Pro - Komposition und Direktor der Eastman Computer Music Center an der Eastman School of fessor für Klavier- und Kammermusik an der Musikhochschule Luzern. Music in Rochester (USA). Der Komponist Helmut Lachenmann wurde am 27. November 1935 in Stuttgart geboren. Das Vokalensemble SCHOLA HEIDELBERG unter der Leitung von Walter Nußbaum schlägt seit Wichtige Impulse empfing er von Luigi Nono, dessen einziger Schüler er zeitweise war. Von seiner Gründung 1992 die Brücke zwischen Alter und Neuer Vokalmusik. In engem Kontakt 1976 bis zu seiner Emeritierung 2002 war er Professor für Komposition zunächst in Hannover, mit führenden Komponisten der Gegenwart erarbeitet die SCHOLA HEIDELBERG ein umfang- dann in Stuttgart. Musikhistorisch bedeutsam ist seine Entwicklung einer musique concrète reiches Repertoire, präsentiert aber auch regelmäßig eigene Kompositionsaufträge, etwa die instrumentale. Werkreihen des Projekts Netzwerk Madrigal oder des Projekts Prinzhorn. Malte Giesen wurde 1988 in Tübingen geboren. Er studierte in Stuttgart Komposition bei Das SWR Vokalensemble Stuttgart zählt zu den internationalen Spitzenensembles für zeit- und Oliver Schneller und ist seit 2012 Kompostionsstudent von Hanspeter genössische Musik und hat seit seiner Gründung 1946 mehr Uraufführungen gesungen als Kyburz in Berlin. Er ist Co-Initiator des Stuttgarter Festivals »Neue Töne Open«. jeder andere Chor. Seit 2003 ist Marcus Creed der künstlerische Leiter des Ensembles. Nicolaus A. Huber wurde 1939 in Passau geboren. Er studierte Komposition bei Franz Xaver Die Komponistin Lisa Streich wurde 1985 in Norra Råda (Schweden) geboren. Sie studierte Lehner, Günter Bialas, Karlheinz Stockhausen und Luigi Nono. Von 1974 bis 2003 war er Pro - Komposition und Orgel u.a. bei Adriana Hölszky, Johannes Schöllhorn, Mauro Lanza, William fessor für Komposition an der Folkwang-Hochschule in Essen. Brunson, Margareta Hürholz, Ralph Gustafsson und David Smeyers. Der Komponist Luigi Nono wurde 1924 in Venedig geboren, wo er auch 1990 starb. Gemein- sam mit Karlheinz Stockhausen und prägte er die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik in den 50er Jahren. Er war der Kompositionslehrer von Helmut Lachenmann und SENDETERMINE AUF Nicolaus A. Huber. SWR2 JetztMusik: 25.11.2015 | 23:03–24:00 Uhr Werke von Helmut Lachenmann (Marco Fusi, ensemble recherche) Walter Nußbaum studierte Kirchenmusik in Heidelberg. Neben seiner Kantorentätigkeit in Heidelberg erfuhr er wichtige Anregungen durch Peter Eötvös und . Er gründe- SWR2 Abendkonzert: 28.11.2015 | 20:03–22:00 Uhr te 1992 die SCHOLA HEIDELBERG und das ensemble aisthesis und lehrt Chorleitung und Diri- Werke von Nicolaus A. Huber, Malin Bång, Alan Hilario und Helmut Lachenmann gieren an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. SWR2 JetztMusik 9.12.2015 | 23:03–24:00 Der Perkussionist Pascal Pons wurde 1968 in Nizza geboren. Er ist Dozent für Marimba und Werke von Luigi Nono, Oliver Schneller und Pierluigi Billone Vibraphon in Freiburg und arbeitet am Conservatoire des hautes études musicales in der SWR2 JetztMusik 16.12.2015 | 23:03–24:00 Schweiz. Pons ist Mitglied des Ensembles Surplus und beim Ensemble Modern Frankfurt, Werke von Malte Giesen, Mark Andre und Lisa Streich

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