Deutschland

Führungsduo Beckstein, Huber FRANK AUGSTEIN / AP AUGSTEIN FRANK

CSU Das Debakel der Freundlichkeit Die bayerischen Christsozialen wollen sich mit einem neuen Steuerkonzept aus ihrem Umfragetief befreien. Das nette, aber blasse Duo Günther Beckstein und konnte die Macht- ansprüche der Partei und Bayerns bislang nicht erfüllen. Im Hintergrund lauert schon .

24 19/2008 nern an derSpitze zu tun. das hateineMenge mitdenbeidenMän- seit 1966. DiePartei istverunsichert, und CSU 40Prozent, ihrschlechtestes Ergebnis Bei derKommunalwahl imMärz holte die übertreffen, wer inBayern herrschen will. schen Grenze von 50 Prozent. Diemuss bei 48Prozent unddamitunter dermagi- Monate vor derLandtagswahl nurnoch gangener Woche liegtdieCSUknappfünf sie essichvorgestellt haben. sogelaufensagen, dassesseither ist,wie ner alleinstark genug war. Man kannnicht Stoiber weggeputscht, weil kei- Gemeinsam habensieEdmund und Beckstein jetztimAmt. Gut einhalbesJahrsindHuber ren –sowar dasnichtgedacht. eine alsSteigerung desande- schon draußen mitbekommen. die Hackordnung ist,hater lacht, gequält allerdings. Wie ist Ministerpräsident.“ Huber „Die Steigerung von Minister dann sagterzuBeckstein: Huber, denStaatsminister, schon hatte. Beckstein, dieHuberauch hung irgendeiner Kette an vereins. Esgeht umdieVerlei- treuen“, einesHeimatpflege- sind Ehrengäste der „Königs- sam aneinemlangen Tisch. Sie ders. Dann überlegt eressichan- nach Beckstein zuschauen. die Zehenspitzen stellen, um aus, alswolle Hubersichauf Für einenAugenblick siehtes niemand beachtet denCSU-Vorsitzenden. drängt sichumdenMinisterpräsidenten, unangenehmer Moment ihn.Alles für steins indieGaststätte schiebt.Esistein stein, aberderistschonweit weg. gedrängt. „Wo istderErwin?“, fragt Beck- Huber undseineFrau werden zurSeite meraleute undSchaulustige dieBecksteins. demonstrieren. wollen HuberundBeckstein dasGegenteil der CSUherrscheStreit. InRegensburg Gerüchte gegeben. Eshieß,inderFührung Mitte. EshatindenWochen zuvor böse foto nebeneinanderauf,dieFrauen inder mer Auftritt werden. Huber zusichheran. Essolleingemeinsa- umundwinkt Beckstein blicktsichkurz gen, dannfolgt ErwinHubermitGattin. stein steigt mitseinerEhefrau ausdemWa- pelle spielteinenTusch. Beck- Günther Z In einerUmfrage vom ver- Donnerstag Huber hinter Beckstein, der Ein Königstreuer begrüßt Drinnen sitzen siegemein- Huber folgt demPulk,derdieBeck- Wieder einTusch, dannumringen Ka- Die vierstellen sichzumBegrüßungs- der Regensburger die Ka- Altstadt, langsam vor den„Leeren Beutel“ in wei schwarze Limousinenrollen 982003 1978 für denARD-Deutschlandtrend Quelle: Infratest dimap 1978 der CSUbeidenbayerischen Landtagswahlen inProzent Wahlergebnisse 59,1 rn oe taßMxSrilEdmund Stoiber Franz Josef Strauß taßSrilSobrBeck- Stoiber Streibl Strauß Ministerpräsident 9219 941998 1994 1990 1982 58,3 Bundeskanzlerin . Huber konzept vor, gegen denWunsch von CSU stellt amMontag ihrneuesSteuer- werden, vor allemeineHubersche.Die Prozent. der von CSU-ChefHubersogarnur 28 nur 48Prozent derBayern zufrieden, mit ner Studievon Infratest dimapimMoment die allesnochschlimmermacht. außen freundlich ausgetragene Rivalität, kampf miteinander verstrickt, einenach erns. Nun habensiesichineinenMacht- Bedeutung hergeben, derPartei undBa das Spektakel vermeiden, aberdamitauch sind zwei nette Menschen amWerk, die der Freundlichkeit, derGediegenheit. Nun Bayern zustand. Bayernimmer einbisschenmehrfür ab,als bis zurLächerlichkeit, dabei aberesfiel verleiht. SiehabenSpektakel veranstaltet Politik Größenwahn Größe tatsächlich weil sieverstanden haben,dassinder und Ministerpräsidenten, konnten dasgut, ber, dieehemaligen Parteivorsitzenden despolitisches Gewicht gegeben. sie hatdiesemBayern einüberhöhtes bun- Biergärten derCSU. eineErfindung Und blaue HimmelunddieKastanien inden den Eindruckerweckt, alsseienderweiß- Das war ihre eigentliche Stärke. Siehat geschafft, einszuwerden mitdemLand. sie mehralseinepolitischeKraft, siehates ihr Mythos zerbröselt. Jahrzehntelang war fehlen, siemussgerade dabeizusehen,wie nicht nureinpaarProzentpunkte, dieihr Aber dieseWocheAber solleinebayerische Mit derArbeitBecksteins sind nachei- Was manjetzterlebt, istdasDebakel Franz Josef Strauß undEdmundStoi- dieCSU,Es geht umvielfür essindja 55,8 1986 der spiegel 9819 2007 1993 1988 54,9 2852,9 52,8 19/2008 60,7 y- Willen Hubers.Es sollten zwei Geschenke pauschale kommt nicht,auchgegen den Hubers, dieRückkehr zuralten Pendler- sundheitsfonds kommt gegen denWillen hat sichnirgendwo durchgesetzt. DerGe- lächelt viel. der sollsehen,dasserzufrieden ist.Er sich profilieren, auchgegen Beckstein. Je- Hubers wichtigste Bühne.Hierkanner und CSU. DerKoalitionsausschuss ist der drei Regierungsparteien CDU, SPD der Koalitionsausschuss getagt, dieSpitzen gangener Woche. davor AmAbend hat das istdieBotschaft. nauso renitent wieindenStoiber-Jahren, eingehen. Manseiinzwischenwiederge- von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla mit Wonne erzählt,wieerboste Anrufe ist. InderMünchnerCSU-Zentrale wird weisen, wieunabhängigervon derCDU chef werden, underwilldamitauchbe- kosten. sammen wird 28Milliarden Euro jährlich schale wiedereinführen. Dasalleszu- Kinder erhöhen unddiealte Pendlerpau- den Grundfreibetrag Erwachsene für und Euro. Außerdem willHuber erst bei60000 Euro, sondern nicht wiebisherbei52000 steuersatz bleibtbei42Prozent, greift aber Prozent15 auf12 sinken. DerSpitzen- Der Eingangssteuersatz sollvon derzeit schnittsverdiener undFamilien entlasten. von abgekommen. gehen könne. Inzwischenisterda- CSU populären Kanzlerin nuraufKosten der Merkel verzichten, weil diesbeieinerso dachte lange, erkönne aufStreit mit Umfrage Einen Grund dafür gibtes nicht.Huber Einen Grunddafür Es sollHubersGesellenstückalsPartei- Das neueKonzept sollvor allemDurch- 48 stein 2008 Mai

DPA, CONTRAST PRESS, ROLF H. SEYBOLDT / SEYBOLDT-PRESS tung inBerlin, ver- Dienstag starkdass beidegleich sind. kann keine Rede davon sein, merkwürdige Konstellation. Es Beckstein. Dasisteinesehr aber imKabinett von Günther mehr Finanzminister war. lance kippte, alsWaigel nicht war esgenauso. DieMachtba- mund Stoiber undTheoWaigel präsident inMünchen.BeiEd- , derandere alsMinister- weiliger Bundesminister in als Parteivorsitzender undzeit- Gewicht gegenüber, dereine ke Männervon politischem sichzweiGoppel standen star- fehler. MitStrauß undAlfons scheidenden Konstruktions- Doppelspitze hateinenent- sind alseiner. Dieaktuelle Mann manchmalschwächer Konzept nichtumsetzen. gela Merkel wird dasHuber- wenn sie insLeere läuft. An- Bayerische Landesvertre- Huber istauchMinister, Nun zeigt sich,dasszwei RenitenzAber wirkt albern, 25 Deutschland an die Bayern zur Landtagswahl werden. schungsinstitute. Er eröffnet Straßen und erkennen. „Wir sind auf gleicher Augen- Merkel hat das kühl abgelehnt. weiht Schulen ein. Er ist das freundliche höhe“, sagt er. Und außerdem, was hätte er Am Ende sind SPD-Chef und Gesicht der CSU, der Landesvater. Huber denn machen sollen? Wirtschaftsminister Unionsfraktionschef vor die ist der Mann, der alle nervt. Er ist ein ablösen? Der hat sich für ihn Presse gegangen, ohne Huber. Der war Kämpfer, aber unter diesen Voraussetzun- eingesetzt, als es gegen Horst Seehofer um schon auf dem Weg in die Tiefgarage. Er gen kann er kaum gewinnen. den Parteivorsitz ging. So brutal ist Huber habe die CSU als „dynamische und hand- Tief verärgert war Huber, als Beckstein nicht. Er hätte stattdessen den Vorsitz der lungsfähige Koalitionspartei“ dargestellt, Ende März ausplauderte, dass die Ausfäl- Landtagsfraktion übernehmen können. sagte Huber am Tag darauf in der Bayeri- le bei der Bayerischen Landesbank sich Das ist in der CSU eine Machtposition. schen Landesvertretung. Es habe deut- nicht wie bis dahin angenommen auf 1,9 Huber wollte auch das nicht. Vielleicht ist liche Geländegewinne gegeben. Das wirk- Milliarden Euro belaufen, sondern auf das sein größtes Problem. Ihm fehlt der te fast komisch. rund 4 Milliarden. Eigentlich waren die unbedingte Wille zur Macht. Huber hat objektiv ein Problem. Er hat beiden übereingekommen, es der Bank zu Das sieht auch so. Stoi- nur wenig Druckmittel in der Hand, um überlassen, die hässlichen Zahlen zu ver- ber beobachtet seine Nachfolger genau. Er seine Ziele durchzusetzen. Die CSU wird öffentlichen. äußert sich nicht öffentlich, aber er lässt je- in der Großen Koalition nicht gebraucht. Mit dem Interview Becksteins im den in der Partei wissen, für wie unge- Man bemerkt sie meist nur, wenn sie wie- „Nordbayerischen Kurier“ aber stand Hu- schickt er ihr Wirken hält. Er ist der Über- der eine Niederlage einstecken muss. ber als ein Mann da, der unangenehme zeugung, dass für jeden CSU-Chef Regeln Die CSU-Zentrale in München ist ein Neuigkeiten verbergen will. Denn im Ver- gelten, die nicht außer Kraft zu setzen sind. leicht heruntergekommendes Gebäude aus waltungsrat der Bank sitzt Huber und nicht Zum Beispiel, dass der Konflikt mit Berlin den siebziger Jahren. Huber sitzt am Beckstein, und der CSU-Chef ist es deshalb zum Lebenselixier der Partei gehört. Beckstein immerhin habe einen viel größeren Machtwillen als Huber, hat Ed- mund Stoiber kürzlich zu Vertrauten ge- sagt. Reicht dieser Machtwille so weit, dass er Huber loswerden will? Günther Beckstein blickt von seinem Redemanuskript auf und betrachtet die eintönige Landschaft. „Wir sind ja schon fast in Polen“, sagt er. Der gepanzerte Dienstwagen fährt über Brandenburger Landstraßen. Die Grenze ist tatsächlich nicht mehr weit. Beckstein legt ein Redemanuskript zur Seite. Ein Journalist schrieb kürzlich, aus seinen Augen spreche die Angst. Dass amüsiert ihn. Im Grunde ist es schwierig, in Becksteins Augen irgendwelche Gefühle zu lesen. Er kneift sie meist leicht zusam- men, als blende ihn die Sonne. Das gibt ihm ein schalkhaftes Aussehen. Er ist nett, aber nicht harmlos.

OLIVER LANG / DDP OLIVER Wie Huber tut auch Beckstein so, als CSU-Minister Seehofer*: Loyal, solange die Mikrofone angeschaltet sind langweile es ihn, über die Doppelspitze zu reden. Natürlich habe man in der Vergan- Schreibtisch, vor ihm liegen einige Akten auch, der für die Milliardenpleite verant- genheit Auseinandersetzungen gehabt. Das und ein englisches Wörterbuch. Er arbeitet wortlich gemacht wird. habe mit den jeweiligen Funktionen zu offenbar wirklich hier. Stoiber nutzte das Als Huber die Eilmeldung mit den Wor- tun, es war nichts Persönliches. Vermut- Büro vor allem, um Geschenke von Besu- ten Becksteins im Skiurlaub in der Schweiz lich stimmt das sogar. Politik funktioniert chern unterzustellen. erreichte, war er schockiert. Beckstein hat- so. Es gibt allerdings eine Auffälligkeit. Die Frage nach seinem Verhältnis zu te mit keinem Wort erwähnt, dass er an die Beckstein war immer der Sieger. Beckstein tut Huber mit einer ärgerlichen Presse gehen würde. Wollte Beckstein Nach der Bundestagswahl vor zweiein- Handbewegung ab. Es gebe eine gute Zu- dafür sorgen, dass die Schuld für das Bank- halb Jahren, als Stoiber noch nach Berlin sammenarbeit, man telefoniere mehrmals debakel allein bei Huber abgeladen wird? gehen wollte, sammelten Huber und Beck- am Tag. Gut, ein paar Fehler hätten er und Zwar versicherten beide nach dem Eklat stein ihre Anhänger hinter sich. Beide woll- Beckstein gemacht, das gibt er zu. „Wir eilig, ihre Zusammenarbeit habe keinen ten Ministerpräsident werden, aber nur haben uns zu oft auf dem gleichen Spiel- Schaden genommen. Aber in Huber sind Beckstein wollte es unbedingt. Er werde feld getummelt.“ Künftig soll es eine klare die Zweifel gewachsen, ob er sich auf Beck- nicht unter Huber Minister bleiben, sagte Aufgabenteilung geben: Beckstein ist für stein verlassen kann. er. Es war eine ziemliche Unverschämt- die Landespolitik zuständig, Huber für die Die Sache sähe besser für Huber aus, heit. Es war klar, wer von beiden mit vol- Bundespolitik. wenn er nach seiner Wahl zum Parteichef lem Einsatz spielt. Das ist ein ziemlich naheliegender Ein- nach Berlin gegangen wäre. Er hätte die Stoiber ging nicht nach Berlin. Seine fall. Es überrascht ein bisschen, dass die große Bühne gehabt, um sich in Szene zu Möchtegern-Nachfolger revanchierten sich beiden erst jetzt darauf gekommen sind. setzen. Das wäre auch Beckstein gegen- einige Monate später. Es war Beckstein, Fair ist die Aufteilung allerdings nicht. über eine starke Position gewesen. Minis- der Huber bei der Klausur der - Beckstein fährt über das Land, er besucht terpräsident ist nicht die Steigerung von fraktion in Kreuth im Januar 2007 den Vor- Feuerwehrfeste, Trachtenvereine und For- Bundesminister. schlag machte, sich Stoibers Ämter doch zu Huber hebt die Hände und verzieht den teilen. Er sei bereit, Ministerpräsident zu * Bei einem Trachtenfest in Riedering im August 2007. Mund. Eine Rangordnung kann er nicht werden. Huber hatte nie gesagt, er könnte

26 der spiegel 19/2008 unter Beckstein nicht Minister bleiben. Was blieb ihm übrig? Er willigte ein. Nun muss Huber sich aufplustern, um seine Rolle auszufüllen. Beckstein kann sich klein machen, wenn es ihm nutzt. Bei den Treffen der Unionsministerprä- sidenten am Vorabend von Bundesrats- sitzungen sitzt er immer am Rand. Er redet wenig, was für einen bayerischen Minis- terpräsidenten ungewöhnlich ist. In Sach- debatten mischt er sich nicht ein. Dafür ist Huber da. Und deshalb wird es auch an diesem Montag wieder unangenehm für ihn, wenn er das zum Scheitern verurteilte Steuer-

programm der CSU vorstellt. Natürlich DPA MODES / PICTURE-ALLIANCE/ DETMAR wird der bayerische Ministerpräsident die Flugabwehr der : „Nicht akzeptable Situation“ Pläne des CSU-Vorsitzenden unterstützen. Als Maulheld aber wird am Ende wieder Schutz von Truppen im Auslandseinsatz Huber dastehen. RÜSTUNG gedacht ist, für unnütz. Struck drohte mit Beckstein hat eigene Pläne. Er will im Koalitionskrach und warnte vor neuen Juni ein Innovationsprogramm für Bayern Spannungen mit den USA. Nur murrend von fast einer halben Milliarde Euro ver- Deutlich stimmten die meisten Grünen dafür, etwa künden. Ein Teil des Geldes wird aus dem 850 Millionen Euro zur Entwicklung von Bundesforschungsministerium kommen. „Meads“ beizusteuern. Das entspricht ei- Huber hat es dort losgeeist. Aber das in- unterschätzt nem Anteil von 25 Prozent, Amerika gibt teressiert im Zweifel niemanden. Ein transatlantisches Projekt zur 58 Prozent, Italien den Rest. Beckstein zieht sich sein Jacket über. Er Nun wiederholt sich, was man schon ist gleich am Ziel. Eins will er noch mal Flieger- und Raketenabwehr von anderen Projekten kennt. Kaum sind klarstellen: „Zwischen Erwin Huber und verzögert sich – und wird dabei die Verträge geschlossen, explodieren die mir gibt es keine Probleme“, sagt er. „Wir immer teurer. Steigen Kosten, Lieferzeiten werden länger und können nur gemeinsam Erfolg haben. Wir die Deutschen nun aus? Waffen leisten weniger als versprochen. sind aufeinander angewiesen.“ „Managementdefizite“ bei den Herstel- Das stimmt, aber nur bis zur Landtags- er Job des Verteidigungsministers lern und „technologisch wie kostenseitig wahl. Wenn es ein schlechtes Ergebnis gibt, war sein schönster. Viel schöner deutlich unterschätzter Entwicklungsauf- und das ist alles in der Nähe der 50 Pro- Dnoch als der jetzige, selbst wenn wand“, schreibt Rüstungsstaatssekretär zent, wird die Partei einen Schuldigen su- SPD-Fraktionschef Peter Struck das nie zu- Wolf, hätten inzwischen „zur Gefahr von chen. Einen Ministerpräsidenten wird man geben würde. Vor zweieinhalb Jahren hat erheblichen Verzögerungen und Mehrkos- auch nach einem schlechten Wahlergebnis er den Berliner Bendlerblock verlassen, ten“ geführt, insbesondere bei den Radar- nicht so einfach los. doch noch heute redet Struck gern von geräten. Das Ministerium habe das aller- Einen Parteivorsitzenden schon. Das „meinen Soldaten“, kümmert sich um den dings erst am 24. April erfahren. heißt aber nicht, dass sich Beckstein die -Einsatz und verfolgt die Ent- Wegen der „nicht akzeptablen Situa- ganze Macht sichern kann. Für Huber steht wicklung wichtiger Beschaffungsvorhaben. tion“ hätten die Partner nun „ernsthafte schon Ersatz bereit. Horst Seehofer, der In der vergangenen Woche musste er be- Sorge“. Sollten die Firmen die Vereinba- Bundeslandwirtschaftsminister, kann es trübt zur Kenntnis nehmen, dass eines sei- rungen über „Kosten, Leistung, Zeit“ nicht kaum erwarten, ihn abzulösen. ner Lieblingsprojekte vor dem Scheitern einhalten, drohte Wolf in umständlichem Seehofer weiß, dass er erst nach den steht. Ausgerechnet die „erweiterte Luft- Bürokratendeutsch, müsse ihnen „die Prü- Wahlen eine Chance hat, nach dem CSU- verteidigung“ ist bedroht, die Struck vor fung eines Programmabbruchs als denk- Vorsitz zu greifen. Wenn er jetzt offen drei Jahren gegen den Widerstand des grü- bare Option vor Augen geführt werden“. Huber angriffe, würde er verantwortlich nen Koalitionspartners durchgesetzt hatte. Betroffen sind der US-Konzern Lock- gemacht, sollte die CSU eine Schlappe er- In einem vertraulichen Brief an Abge- heed Martin und der europäische Rüs- leiden. ordnete des Haushaltsausschusses warnte tungsriese EADS, der sich derzeit mit Ver- Deswegen gibt es im Moment keinen Rüstungsstaatssekretär Rüdiger Wolf, dass zögerungen beim „Eurofighter“, bei Hub- loyaleren CSU-Mann als Seehofer – solan- das umstrittene Milliardenvorhaben wo- schraubern und dem Militärtransporter ge die Mikrofone angeschaltet sind. Intern möglich abgebrochen werden müsse. Unter Airbus A400M blamiert. verweist er gern auf die lange Liste von dem sperrigen Namen „Medium Extended Dass Firmen ihre Versprechen nicht hal- Fehlern, die Huber bisher schon gemacht Air Defense System“ („Meads“) wollten ten, ärgert auch die Kanzlerin. Deutsche habe, von der Besetzung des CSU-Gene- Deutsche, Italiener und Amerikaner ein Rüstungsmanager redeten immer von „Pa- ralsekretärspostens durch die unerfahrene Waffensystem entwickeln, das nicht nur triotismus“, schimpfte Angela Merkel im Landtagsabgeordnete Christine Hader- Kampfjets, Hubschrauber und unbemann- April bei einem Treffen mit Generälen und thauer bis hin zur Ideenruhe, die in der te Fluggeräte abschießen soll, sondern Ressortchef (CDU), „da Münchner CSU-Zentrale herrsche. auch ballistische Raketen mit einer Reich- kann es doch nicht sein, dass die Bundes- Beckstein muss sich nicht vor Seehofer weite von bis zu 1000 Kilometern. wehr jahrelang auf ihr Gerät warten muss“. fürchten. In der jüngsten Krise hat nie- Struck hatte vor dem Bundestagsbe- Berlin wusste da noch nichts von dem mand einen anderen Namen für sein Amt schluss 2005 die Einwände renommierter Desaster bei „Meads“. Doch die Regie- ins Spiel gebracht. Das hat er genau regi- Institute wie der Stiftung Wissenschaft und rungschefin gab schon einmal vor, was striert. Wenn Huber untergeht, hat er nicht Politik sowie des Rechnungshofs in den fortan zu tun sei. „Die Industrie“, erklär- die Absicht, sich mitreißen zu lassen. Wind geschlagen. Auch die Grünen hielten te Merkel ihrem Verteidigungsminister, RALF NEUKIRCH, RENÉ PFISTER die Raketenabwehr, die hauptsächlich zum „braucht mal Druck!“ Alexander Szandar

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