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Bernard Thomas De Monni aus Amerika Die Geschichte des Hans Heinrich Leipziger alias Albert Linger alias Henry J. Leir (1900-1998) – Teil 2

Im Sommer 1971 läutete in Alice de Minister, in die Villen der Luxemburger Die Impressionisten Moors Wohnung das Telefon. Am anderen Industriebourgeoisie, bis in das großher- Ende der Leitung war Carl-Heinz Lüders, zogliche Palais. Sein Bekanntenkreis war Gleich nach dem Krieg habe es Leir zu- der deutsche Botschafter in Luxemburg. „le Tout-“, meint die frühere rück nach Europa gezogen, und beson- Er lud die Deutsch-, Englisch- und Hol- luxemburgische Außenministerin und li- ders nach Luxemburg. Hier sei er, so sein ländischlehrerin zu einer Feier im Garten berale Politikerin . enger Mitabeiter Jean Calmes, „mit dem der Botschaft ein. Man bräuchte noch eine ersten US-Militär-Jeep von Paris aus an- Tischnachbarin, meinte Lüders, für einen Vierzehn Jahre nach seinem Tod zirkulieren gekommen“. Pierre Schneider, ein anderer gewissen Herrn Leir. Dieser sei „schwierig in diesen gehobenen Kreisen noch immer früherer Mitarbeiter Leirs, bewertet die unterzubringen“. Am besagten Abend saß Anekdoten über den reichen Onkel aus frühe Rückkehr als symptomatisch für Frau de Moor Henry J. Leir gegenüber. Amerika. Als Geschichtsquelle steht die das Verhältnis der Juden zu Luxemburg Dessen an „eine bestimmte Arroganz“ Form der Anekdote heute in schlechtem nach dem Zweiten Weltkrieg: „Es wird gekoppelte Forschheit beeindruckte sie. Ruf: sie gilt als Synonym für „Nebensäch- gesagt, dass von den Emigranten aus den Leir, der jeden, egal welchen Alters, gleich lichkeit“ oder „Gerücht“. Das ist bedau- verschiedenen europäischen Länder, die mit „Du“ ansprach, gefiel u. a. das schöne erlich, denn, so schrieb Hans Magnus Luxemburger Juden die Ersten waren, die antiquierte Deutsch, das die elegante Bel- Enzensberger in seiner Hammerstein- zurückkehrten.“3 Sein Imperium wurde gierin mit leichtem flämischen Akzent Biographie: „wer sich für Charaktere und zwar weiterhin von der New Yorker Zen- sprach. Maximen interessiert, sollte ihr, wenn trale aus verwaltet, Leir selber war wieder nicht unbedingt Glauben, so doch Gehör da. Unverzüglich reaktivierte er die von Gleich am nächsten Morgen ließ ihr Leir schenken“1. den Nazis gekaperte Société des minerais ein Geschenk überbringen – sie nahm und etablierte die europäische Zentrale es dankend an. „Und dann hat er mich Aber der Rückgriff auf die Erzählform der der Continentale in Luxemburg. nicht mehr losgelassen“, erzählt sie fast Anekdote ist auch eine Verlegenheitslö- 40 Jahre später, in der Stube ihres vorneh- sung, wenn Archivmaterialien fehlen, die Zehn Jahre nach der Publikation seines men Limpertsberger Appartements. Ih- sonst den Aussagen des Historikers so et- Weltwirtschafts-Science-Fiction-Romans, ren Job an der Europaschule gab Alice de was wie Autorität zu verleihen. Einen offi- La Grande Compagnie de Colonisation, trat Moor kurz nach ihrer Begegnung mit Leir ziellen Leir-Nachlass gibt es nicht2 und die Henry Leir nun noch einmal publizistisch auf – während den nächsten zwei Jahr- Luxemburger Presse, welche diese Lücke in Erscheinung. In einem 1947 im Escher zehnten reiste sie mit dem Ehepaar Leir hätte füllen können, bewahrt über Leir, Tageblatt abgedruckten, offenen Brief um die Welt. wie allgemein über die in Luxemburg an- stellt der ehemalige deutsche Flüchtling sässigen internationalen Wirtschaftseliten, Hans Heinrich Leipziger sich der Luxem- Es sind Biographien, wie jene Alice de ihr übliches Stillschweigen. Dies erklärt, burger Nachkriegsöffentlichkeit in seiner Moors, die erahnen lassen, welche Aufre- warum der Trader Leir zeitlebens für die neuen Rolle des amerikanischen „Freun- gung Leirs Gegenwart im aufgeräumten breitere Luxemburger Öffentlichkeit ein des Luxemburgs“ vor. Der Brief liest sich Großherzogtum provozieren konnte. Die Unbekannter blieb – obwohl der Jahres- als Appell zur Liberalisierung der euro- Spuren seiner Luxemburger Nachkriegs- umsatz seiner Unternehmen, so wollte päischen Wirtschaftspolitik: „La coopé- jahre führen in alle guten Stuben Luxem- es wenigstens ein Scherzwort seiner En- ration des nations européennes ne devra burgs; in die schicken Penthäuser ehema- tourage, höher war als das Luxemburger plus se faire dans la conclusion d’accords liger Mitarbeiter, in die Büros früherer Staatsbudget. en vue d’éliminer la concurrence (Système Geschichte Oktober 2012 15 des cartels), mais plutôt dans l’orientation vers la concurrence libre. Il faut abandon- ner les tarifs de protection et de préférence pour toute une série de matières comme le fer, l’acier, les métaux, les produits chi- miques, le ciment, le sucre, etc.“4 (Das hatte durchaus antizipatorischem Charakter; man denkt an die Formulierung „un mar- ché intérieur où la concurrence est libre et non faussée“, wie sie der EU-Verfassungs- vertrag im zweiten Satz seiner Zielset- zung gebraucht. Die Tageblatt-Redaktion sah das 1947 noch anders und wies ihre Leserschaft darauf hin, wie Leirs Wirt- schaftsexkurs zu lesen wäre, nämlich: „dans l’esprit de l’Amérique libérale dont la formule économique ne convient que difficilement aux pays européens qui s’orientent vers le socialisme“.)

Das Nachverfolgen von Leirs Bewegun- gen nach dem Krieg, verursacht leichten Schwindel. Der amerikanischen Regie- rung gegenüber gibt Leirs seine wechseln- den Hauptwohnsitze wie folgt an: 1938- 1965: New York; 1966-1968: Luxemburg; 1969-1972: Ridgefield; 1973-1980 Lau- sanne; 1981-1983 Venthône im Kanton Wallis; 1984-1998 New York. Die offi- ziellen Angaben zu den Wohnsitzen sind allerdings wenig signifikant. Denn Leir blieb ständig in Bewegung: „His break-up in terms of timing was six months Luxem- bourg, three months Switzerland and then he would come to New York for the re- maining three months“, erklärt Arthur Hoffman, sein langjähriger New Yorker Anwalt und heutiger Verwalter der ame- rikanischen Leir Charitable Foundation. Hoffman hat häufig Reisetips von Leir erhalten: „He would ask me where I was Das Foto schickte Henry Leir an seine Nichte, Marcelle Quinton, als Vorlage für eine Büstenskulptur going on holidays, and off the cuff, he’d write out what hotels I should stay at and in which restaurants I should eat. As he in Venthône genoss er die Aussicht und bracht, meint auch sie. Am Morgen nach put it to me: ,If I wasn’t a metal’s man, I’d in Luxemburg ging er schnellen Schrit- der 180. Nacht wären das Ehepaar Leir be a travel agent.‘“ tes (Jogging als Managerhobby war noch in Luxemburg rechtlich steuerpflichtig nicht erfunden) jeden Nachmittag durch geworden (ein doppeltes Besteuerungssy- Ob in Luxemburg, den Vereinigten Staa- den Grünewald und wurde am anderen stem zwischen den USA und Luxemburg ten oder der Schweiz, seinen Tagesablauf Ende von seinem Chauffeur abgeholt. gab es damals noch nicht), also reisten sie gestaltete Leir überall gleich: „He would am Vortag ab. work during the week in the city and Die Chefin des Hauspersonals, führte would take off on the week-ends to the während fast 40 Jahren den Leir-Haushalt Fiktive Filialen, wie sie heute im Dienst- country. That was his typical life-style in als internationales Unternehmen: sie reiste leistungsbereich zur „Steueroptimierung“ every place I know“, erklärt mir Arthur mit dem Gepäck vor, gab Anweisungen an üblich sind, unterhielt Leir in Luxemburg Hoffman. In Ridgefield pflegte Leir in das lokale Personal und richtete die Woh- allerdings nicht. Am Briefkasten auf 3-5 braunen Kordhosen als Gentleman- nungen her. Hundertachtzig Nächte jähr- Place Winston Churchill hing der fünf- Farmer um sein Grundstück zu spazieren, lich hätten die Leirs in Luxemburg ver- stöckige Sitz der Minerais SA in deren 16 forum 322 Geschichte

Büros in den siebziger Jahren etwa 120 Die märchenhafte Erklärung kauft ihm portieren oder importieren“. (Ein ehema- Angestellte arbeiteten. Das neoklassische Helmuth Koegel nicht ganz ab: „Leir liger hoher Beamter der Sicherheitskräfte Gebäude mit der Sandsteinfassade hatte wusste genau, dass er über seine Schwei- versichert mir, Leir sei zu keinem Moment Leir Anfang der sechziger Jahre hochzie- zer oder Luxemburger Gesellschaft ganz in polizeilichen Ermittlungen aufgetaucht hen lassen5 und sich auf der letzten Etage andere Geschäfte abwickeln konnte, als und verweist mich an den Service de ein Penthouse eingerichtet. Die Wohnung über seinen amerikanischen Betrieb. Er renseignement de l’État: „Schreiben Sie war ausstaffiert mit japanischen und ko- hat von hier aus die Geschäfte gemacht, einen Brief an Herrn Juncker ...“) reanischen Kunstobjekten und teuren Mö- die in den USA politisch nicht gut ge- beln, der Boden mit Platten aus Marmor sehen waren.“ Luxemburg galt damals Künstliche Diamanten aus belegt. In einem Antiquariat hatte Leir im Weltgeschehen als wenig verdächtig, Bascharage einen Kamin ersteigert, den er allerdings und war für die wenigstens Länder eine nie benutzte und an dem heute noch der ernstzunehmende Konkurrenz. „Beson- Neben der Minerais hatte Leir noch wei- Preiszettel hängt. ders bei der Art von Geschäften, wie sie tere Interessen in Luxemburg. Die 1969 Leir abwickelte, war es darum vielleicht gegründete Edelsteinschleiferei, Taillerie An den holzvertäfelten Wänden hingen von Nutzen, hier eine Adresse zu haben“, luxembourgeoise de pierres précieuses, in Bilder von Cézanne, Monet, Renoir, Ma- meint die frühere Außen- und Wirtschafts- Bascharage etwa. Ihre 80 Arbeiter stellten tisse und Picasso. Die private Gemäldekol- ministerin Colette Flesch. anhand eines von der Gruppe Leir paten- lektion diente Henry Leir als „Zulassungs- tierten Verfahrens synthetische Edelsteine prüfung“ für neuen Besuch. Alain Meyer, her, die auf dem amerikanischen Markt damals junger Studienreferendar, der 1976 Es kam vor, dass Leir in verschiedenen abgesetzt wurden. Außerdem importierte als neuer Präsident der Amis de l’Université Luxemburger Wohnzimmern auf sie Halbedelsteine aus Südafrika um sie hébraïque de Jérusalem Leir einen Höf- Möbel stieß, die er 1939 hatte in Bascharage schleifen zu lassen, ehe lichkeitsbesuch abstattete, erinnert sich : zurücklassen müssen. sie an Schmuckhersteller weiter verkauft „Ich wurde zuerst auf meine Latein- und wurden. Nur vier Jahre nach ihrer Grün- Deutschkenntnisse geprüft. Anschließend dung wurde die Fabrik vom rheinland- musste ich die Autoren einiger der Mei- In dem offenen Brief, den Leir 1947 im pfälzischen Unternehmen Ruppenthal stergemälde identifizieren, die seine Woh- Tageblatt abdrucken ließ, hatte er selbst KG übernommen. (Die Produktion wurde nung schmückten.“ Dass Leirs Sammlung die geographische Lage Luxemburgs her- 2011 eingestellt und das Fabrikgebäude am Stadtparkrand „als eine der wertvoll- vorgehoben, die das Großherzogtum als dieses Jahr abgerissen.) sten weltweit“ galt, wie kolportiert wurde6, „intermédiaire naturel dans les relations zweifelt seine Nichte Marcelle Quinton, industrielles européennes“ prädestiniere. Ebenfalls in Bascharage ließ Leir 1966 eine die in London als Bildhauerin arbeitet hin- Auch politische Unannehmlichkeiten lie- Fabrik zur Herstellung von chemischen gegen an: „He did not have a big art col- ßen sich hier dank der kurzen Amtswege Produkten für die Behandlung von Er- lection, he had a rich man’s art collection: ohne viel Aufhebens aus der Welt schaffen. zen einrichten und nannte sie Continen- probably less than 12 pictures altogether. Ein solcher Vermittler war der ehemalige tale nucléaire SA. Aus diesen Aktivitäten The art in itself, he wasn’t interested in. Staatsminister . Er erinnert entstand 1969 weiteres Neuland auf der He didn’t have a good eye. He had a mind sich: „Leir hat einige Male bei mir vorge- Karte von Leirs Continental-Kontinent: for numbers not a visual mind.“ sprochen, u. a. wegen seiner Geschäfte mit die Continental Alloys SA (Casa). Das Südafrika. Gegen das Apartheid-Regime Forschungszentrum in Dommeldange, das Weil der Herr Leir jeden Sonntag waren damals diplomatische Maßnahmen sich auf die Entwicklung neuer Patente gerne ins Müllerthal spazieren geht … genommen worden. Die kommerziellen für Herstellungsverfahren von Eisenlegie- Beziehungen mussten demnach diploma- rungen spezialisiert hatte, gehörte zu einer Wenn Sonntagabends in einem der Bü- tisch aufgearbeitet werden.“ Zu solchen Hälfte der Gruppe Leir und zur anderen ros der Angestellten noch Licht brannte, „diplomatischen Aufarbeitungsarbeiten“ der ARBED. stieg Leir von seiner Wohnung im fünften war die Luxemburger Regierung gerne be- Stock herab um den „tüchtigen Jungen“ reit, selbst wenn Jacques Santer zwei Sätze Erleichtert wurde diese Zusammenarbeit zu fragen, ob er mit ihm das „Abendbrot später versichert, er habe sich „nie mit zwischen Henry Leir und der ARBED teilen“ wolle. Jean Pierre Friedrich erinnert Leirs Geschäften abgegeben“. dadurch, dass Leir mit zwei Generationen sich daran, dass Leir ihn bei einem solchen von Luxemburger Stahlbaronen befreundet privaten Abendessen einmal gefragt hat, Hat der Luxemburger Staatsapparat Leirs war: Tony Neumann (Präsident des Ver- ob er eigentlich wisse, weshalb die Mi- internationale Geschäfte mit seltenen Er- waltungsrates der ARBED, 1957-1972), nerais in Luxemburg sei – was Friedrich den beobachten lassen? Immerhin war die- Emmanuel Tesch (Präsident des Verwal- nicht beantworten konnte. Da lehnte Leir ser Handel geostrategisch nicht unproble- tungsrates der ARBED 1972-1991) und sich nach vorne und sprach mit leiser, ver- matisch. Dazu befragt, erklärt mir Santer: Norbert Von Kunitzki (Finanzdirektor der spielter Stimme: „Weil der Herr Leir jeden „Sicherlich: vom Zoll. Sie brauchen eine ARBED 1970-1984) gehörten zu seinen Sonntag gerne ins Müllerthal spazieren Handelsgenehmigung und eine Exportli- privaten Bekanntschaften. Madame Leir geht.“ zenz in der Sie genau angeben, was Sie ex- war ihrerseits Teil des Bridgezirkels um Geschichte Oktober 2012 17

Thérèse Tesch, der sich in den weiträu- Erze, ihre Herkunft, ihre chemischen Ei- relativ bescheidenen Akteur im Mineral- mig ummauerten Anwesen der Teschs auf genschaften, die Verschiffungshäfen und und Erzhandel eingeschätzt. Als Ge- der Kockelscheuer traf. Zu den Hauptge- ihre Verwendung in der Industrie. Bei den schäftsmann war er das genaue Gegenteil schäftspartnern der Minerais gehörte die abstrakten Finanzprodukten hingegen von uns: er hat mit Allem Geschäfte ge- Luxemburger Stahlindustrie allerdings verlor er die Übersicht. macht.“ Dass es zu einem weiteren Treffen nicht: „Die ARBED war ein Kunde, je- mit der „Eintagsfliege“ Auchi kam, belegt doch lediglich ein kleiner“, meint Jean Die Conti ging teils in die Hände der, in allerdings ein Foto aus dem Jahr 1994, das Calmes. Leir lieferte hauptsächlich feuer- einer fulminanten Expansion begriffenen, einen schmunzelnden Leir neben einem festes Material sowie Zusatz- und Kon- Banque internationale à Luxembourg (am lachenden Auchi auf der 15. Jahresfeier trollprodukte zur Herstellung von Eisen- Umstand, dass der Hof Aktien bei der BIL von dessen General Mediterranean Hol- legierungen: „Das Salz und Pfeffer um gekauft habe, sei Leir nicht unschuldig, ding zeigt. In dieser Männerrunde er- speziellen, hochwertigen, rostfreien Stahl spekuliert Maître Hoss) und teils an die kennt man noch zwei weitere Personen: herzustellen“, versucht mir Jean-Pierre Hessische Landesbank über, die so eine Jacques Santer und Jacques F. Poos. Das Friedrich zu erklären. Mit der Herstellung Filiale in Luxemburg eröffnen konnte, Foto könnte als Illustration für eine noch und Vermarktung von „Wald- und Wie- ohne sich mit allzu viel administrativem nicht geschriebene Geschichte des späten senstahl“, wie ihn die ARBED mehrheit- Schreibkram zu befassen. 1982 wurde die Luxemburger Finanzwirtschaftswunders lich herstellte, hätten sich Leirs Geschäfte Conti erneut weiterverkauft: Abnehmer dienen. Denn sowohl Santer als auch Poos hingegen nur wenig überschnitten. war die Paribas. Ab diesem Moment ist wurden, wenngleich zu unterschiedlichen die Geschichte der Conti eng verfloch- Zeitpunkten, von Auchi entlohnt: Der „Schuster bleib bei deinen Leisten“, das ten mit Paribas’ größtem Privataktionär, Ex-Premierminister als Mitglied im Ver- sei Leirs Leitspruch gewesen, hatte mir Nadhmi Auchi.8 waltungsrat der General Mediterranean Jean Calmes bei unserem ersten Gespräch Holding, sein früherer sozialistischer Vize gesagt. Doch in dieses Bild will nicht pas- Die New York Times beschrieb Auchi als als Direktor der Conti (1980-1982) und sen, dass Leir 1967 die Privatbank Banque „an Iraqi-born businessman who once der Paribas (1982-1984). continentale du Luxembourg (Conti ge- helped to arm Iraq in the 1980’s and nannt) gründete. Unter dem Slogan der brokered business deals with Saddam „Sein Herz aber hing an Luxemburg“ „Wirtschaftsdiversifikation“ hatte Pre- Hussein’s government.“9 Für seine Ver- mierminister soeben die strickung in diversen Finanzmontagen (in- Doch der Versuch, Leirs Verbindung mit Geburt des Luxemburger Finanzplatzes klusive 1,4 Milliarden Peseta Retro-Kom- Luxemburg allein durch das Zusammen- eingeleitet. 1960 gab es in Luxemburg missionen an die Elf-Direktion), wurde treffen privater Interessen mit nationalen 17 Banken, 1996 waren es 221. Leir er- Auchi 2003 von der französischen Justiz Standortvorteilen zu erklären, greift zu kannte sehr früh seine Chance. Er fand, zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten kurz. Der sentimentale Hintergrund seiner dass „die Banken zu viel Geld machen auf Bewährung verurteilt. Der Umstand, Verbundenheit sollte durchaus Ernst ge- würden, zumindest im Vergleich zur In- dass eine von Leir gegründete Bank über nommen werden. In Gesprächen drückte dustrie“, erinnert sich Jean Hoss, der Umwege in die Hände des Bankiers von Leir sehr oft seine Dankbarkeit dafür aus, während drei Jahrzehnten als Anwalt und Saddam Hussein geraten war, bot natür- in Luxemburg ein Exil auf Zeit gefunden Luxemburger Mittelsmann für den brasi- lich Stoff für Spekulationen. Ernest Backes zu haben. Selbst wenn es vorkam, dass er, lianischen Banker Edmond Safra wirkte. etwa hat den „undurchschaubaren ameri- wie er Alice de Moor anvertraute, in ver- kanisch-luxemburgischen Milliardär“ Leir schiedenen Luxemburger Wohnzimmern „Eigentlich wollte Leir immer Banker im Verdacht, Auchi in den 1970ern in Lu- auf Möbel stieß, die er 1939 habe zu- werden“, erklärt sich Helmuth Koegel xemburg installiert zu haben und dessen rücklassen müssen. Augenscheinlich war Leirs Abstecher ins Bankenwesen. Die „wichtigster Geldgeber“ gewesen zu sein. das Mobiliar im Zuge der „Arianisierung“ Conti betrachtete Leir als seine private Der irakische Mafioso sei der eigentliche, öffentlich versteigert worden. (Wie viele Vermögensverwaltung. Bereits 1975 versteckte „Erbe“ Leirs. Menschen damals auf die Zeitungsinserate verkaufte er jedoch die Bank, gleich- ansprangen, zu den Versteigerungen gin- wohl gewinnbringend. „Leir, connais- Jean Calmes hält diesen Vorwurf für gen und sich „bedienten“, ist noch nicht sant très exactement ses limites, savait ein Hirngespinst: „Leir und Komplotte aufgebarbeitet). aussi qu’il n’était pas un banquier né et vertragen sich so wenig wie Feuer und qu’il avait un comportement atypique Wasser. Für Komplotte hatte Leir keine Mit den Luxemburgern aber, die ihm dans le monde de la banque“, schrieb Zeit. An den Mann, den Sie da nennen, Beistand geleistet hatten, als seine Lage Jean Calmes in einem Artikel im Lëtze- hat Leir die Conti Bank nicht verkauft.“ als deutsch-jüdischer Flüchtling in Lu- buerger Land.7 Was er mit „untypischem Herrn Auchi will Calmes „nur einmal“ xemburg eine prekäre war, blieb Leir zeit- Verhalten“ meinte, erklärt er mir so: Leir in Leirs Büro gesehen haben: „Das war lebens in Kontakt. Die Wahlverwandt- sei auf seine eigentümliche Art „naiv“ und eine Eintagsfliege. Auchi hatte zeitweilig schaften übertrug er auch auf deren Kin- „misstrauisch“ zugleich gewesen und habe einige Geschäfte mit Mineralien und Er- dern: die Söhne von Evy Friedrich immerzu die internen Abläufe in Frage ge- zen hier in Luxemburg. Deshalb war er bei (Jean-Pierre), Jean Schneider (Pierre) und stellt. Leir, der Metall-Mann, kannte seine uns. Ich habe ihn damals aber als einen Frantz Mayer (Arno) stellte er in seinen 18 forum 322 Geschichte

Firmen ein. Besonders Letzterem war Partei- und späteren Chamberpräsidenten, eine antiquierte wilhelminische Weise. Leir eng verbunden geblieben, was wohl Antoine Wehenkel, erfüllen, erinnert sich Als Amerikaner sah sich Leir nie wirklich: auch daher rührte, dass sich Frantz Mayer, dessen Sohn Henri. Er habe noch „eine „He resented Americans for only knowing wider der allgemeinen Xenophobie, die Schuld zu begleichen“, habe Leir erklärt. English and expecting that, if only they’ve bis in die alteingesessene luxemburgisch- spoke loudly enough, everybody should jüdische Gemeinschaft grassierte, in den In einem – sehr emphatischen – Nachruf understand them“, sagt seine Nichte, 1930ern für die nach Luxemburg geflo- beschrieb Edmond Israel10 die Verbindung Marcelle Quinton. henen ausländischen Juden eingesetzt zwischen Leir und Luxemburg als Seelen- hatte. Auch Hannah Schnog, der Tochter kommunion: „Il y avait entre le Luxem- „In Zentraleuropa lag seine Jugend und des Ghostwriters seines Science-Fiction- bourg et Henry Leir plus qu’une affinité, wahrscheinlich auch seine unerfüllten stu- Romans, Karl Schnog, finanzierte Leir il y avait une sorte de lien invisible, mais dentischen Ambitionen. Als 19-Jähriger einen Teil ihrer Schweizer Studien. Selbst combien réel entre l’âme d’un peuple et kam er in den Westen und seither drehte zur Familie von Dr. Louis Wehenkel, der l’âme d’un individu“. Auch Jean Calmes sich alles nur noch um seine Geschäfte“, ihm 1933 bei seiner Ankunft ein ärztli- sieht das Großherzogtum als Leirs europä- so fasst Alice de Moor Leirs Lebensweg ches Attest ausgestellt hatte, nahm Leir isches „Adoptivland“: „Sein Herz hing an zusammen. Ein Zurück in die oberschle- nach dem Krieg Kontakt auf. Dessen Luxemburg. Wenn man das nicht weiß, sische Heimat seiner Kindheit und Jugend Sohn, Antoine Wehenkel, holte Leir 1972 versteht man Leir nicht richtig“. In der gab es nicht. Es war von zwei Weltkriegen in den Vorstand seiner Luxemburger Stif- Rolle des alten Preußen im multilingu- und dem Mord an der jüdischen Bevöl- tung. „Drei Wünsche“ (unter Form von alen Luxemburg gefiel sich Leir. Er sprach kerung ausgelöscht worden. Wann und Spenden an gemeinnützige Einrichtun- ein sehr gepflegtes Französisch und Eng- wie seine Mutter im Altenghetto There- gen) wollte Leir dem Ex-Minister, LSAP- lisch, seine Muttersprache sprach er auf sienstadt umgekommen war, hat Leir nie genau in Erfahrung bringen können: „Er wusste dass in einer Nacht – und er wusste Press Delete auch in welcher – alle jüdischen Frauen von Beuthen eingeholt und nach Theresien- « Son bureau faisait trois ou quatre longs appuis de fenêtre sur lesquels il passait un temps stadt gebracht wurden, mit ihnen seine fou à déposer et classer religieusement ses papiers personnels, tout le reste étant traité par Mutter. Was nachher mit ihr geschah, son secrétariat. Dans son bureau, il n’y avait pas de classeur ou d’armoire. Il y avait donc wusste er nicht“, so Alice de Moor. Den- le petit tas de ses déclarations d’impôt US, celui relatif à la philanthropie, la fondation, son noch, sein Verhältnis zu der verlorenen agenda, des rapports annuels de toutes les grandes sociétés du monde, le fameux livre Heimat sei „kein hasserfülltes“ gewesen, jaune pâle et sa réédition, les journaux et extraits classés selon ses thèmes favoris – la meint seine Haushälterin, die 38 Jahre bei géopolitique, les matières premières, la finance et l’économie – le petit tas pour sa lecture den Leirs im Dienst war. du soir, celui de la semaine prochaine, des cartes routières etc., des mètres de dépôts, jamais très hauts et méticuleusement classés. Idem à Venthône et Lausanne, New York et Die Geschichte vom bösen Mann Ridgefield. Das Leben von Roger Ehrmann, der Leirs Ces tas se renouvelaient et pour certains faisaient même partie des déplacements saison- Minerais den russischen Markt öffnete, niers de longue durée. Ses visiteurs pouvaient admirer avec quelle dextérité il allait de war von den Nazis beinahe ausgelöscht banc en banc mettre la main avec une précision surprenante sur le document qu’il voulait worden. Er war 1937 in Paris geboren und produire. Personne n’avait accès aux bancs de fenêtre, pas même sa secrétaire. Le bureau während dem Krieg von Jesuiten-Patern était fermé à double tour dès qu’il le quittait. La femme de ménage n’avait l’autorisation de versteckt gehalten worden. Sein Vater en- passer l’aspirateur que pendant que Leir était au bureau, tard le soir après dîner. Ses papiers gagierte sich in der Résistance, wurde fest- ne recelaient pourtant pas de secrets particuliers, puisqu’il les diffusait à profusion, déclara- genommen, nach Auschwitz deportiert, tion d’impôts comprise. Avec la même religiosité – en général le samedi ou le dimanche –, il war von dort geflohen, wurde wieder ein- classait les tas, agenouillé sur la moquette, détruisant les documents trop âgés ou superflus gefangen und schließlich erschossen. Als et mettant dans des caisses les documents à garder. J’ai vu la même mise en scène sur les „pupille de la nation“ bekam sein Sohn fenêtres de son bureau de New York jusqu’au jour de son décès, mais je n’ai aucune idée de ein Stipendium, und reiste zum Studium ce qu’ils sont devenus par la suite. nach New York. Dort traf er auf Henry Leir. In den 1960ern brachte ihn dieser En somme, et encore une fois, avant la lettre : les appuis de fenêtre (tablettes système Win- mit sich nach Luxemburg. Seine Tochter, dows) faisaient fonction de supports informatiques (dossiers sur disque dur) et l’ordinateur, Natasha Ehrmann, sieht Ähnlichkeiten que dis-je, le laptop – puisque le tout était parfaitement mobile – était évidemment son zwischen ihrem Vater 1993 verstorbe- cerveau. Avec son décès, l’ordinateur s’est « crashé » : la lecture posthume du disque dur ne nen Vater und Leir: „Sie waren anders sera pas facile mais elle pourrait être essentielle et édifiante pour vraiment comprendre cet gestrickt, ihr Überlebensinstinkt war viel « homme du XXe siècle ». ausgeprägter.“ Sie behält Leir als „extrem harten und mürrischen Menschen“ in Jean Calmes (zitiert aus einem Mail vom 10. September 2012) Erinnerung. Das Kind, das sie damals Geschichte Oktober 2012 19 war, empfand ihn als „bösen Mann“. Von travagante Auftritte waren Leir eigentlich es Leir, dass ihm überhaupt jemand Wi- Herzlichkeit war Leirs Haltung in der Tat zuwider, Geldverprassen erst recht: „I’m derrede gab. nicht geprägt, sie war preußisch: schnei- not a Russian, I’m a Prussian“ pflegte er zu dend, direkt, fast militärisch. Sein New sagen. Jean Calmes erinnert sich: „Er hat Leuten wie Le Lasseur verdankte Leir Yorker Anwalt Arthur Hoffman erinnert sich immer zusammengenommen, kannte auch, dass ihm seine neue gesellschaftliche sich an den konzisen unverschnörkelten keine Exzesse. Er war organisiert, katego- Position, wie Alice de Moor sagt, „nicht Leirschen Schreibstil: „He wrote in a very risch mit einem Hang zur Sturheit.“ in den Kopf stieg“. Ein „sehr jüdisch- unusual way. Very short and very much bürgerliches Leben“ habe Leir geführt. Auf to the point. You could read a sentence or Für seine Einführung in die Etikette der die mannigfaltigen Ge- und Verbote der maybe a paragraph and that was the size of europäischen Bourgeoisie verpflichtete der Religion legte er allerdings weniger Wert the letter and he had told you everything neureiche Amerikaner einen verarmten und war auch in diesem Sinne ein typisch he wanted to tell you.“ Fast noch mehr als französischen Baron aus dem Bordellais. deutscher Jude. „Ich esse kein Schwein, Ungenauigkeit hasste Leir Unpünktlich- Den distinguierten und homosexuellen ich esse bloß Schinken“, soll einer seiner keit. Dass er nicht gerne seine Zeit verlor Lucien Le Lasseur, ließ er 1945 als seinen Running Gags gewesen sein. Wie mir suggeriert auch der Bankier Edmond Israel europäischen Privatchauffeur einstellen. Alain Meyer in einer Mail schreibt, be- mit einer für ihn eigentlich ungewohnten Le Lasseur kannte die guten Adressen und suchte Leir, außer zum Anlass eines der Schärfe: „Il n’a pas toujours eu de la pa- sekundierte seinen Chef im noch unge- großen jüdischen Festen und am National- tience face à des interlocuteurs médiocres. wohnten Zustand des Steinreichseins. Frau feiertag, fast nie die etwa 200 Meter von Il n’aimait pas les flatteurs, les obséquieux Leir begleitete er ins Casino und passte seinem Wohnsitz entfernte Synagoge. Zur et il avait une véritable aversion contre auf, dass sie sich nicht allzu viel verzockte. Freude der Kinder seiner Angestellten tout ce qui n’était pas authentique. Il „Ee komesche Personnage“, sei dieser lud Leir jährlich den Kleeschen in seiner décelait très rapidement dans le comporte- Lucien gewesen, erzählt jemand, der je- Wohnung auf der letzten Etage des Sitzes ment de son ou de ses vis-à-vis, le factice, doch nicht in diesem Zusammenhang ge- der Minerais ein. le superficiel.“ nannt zu werden wünscht. Le Lasseur sei Leirs „Gegenspieler“ gewesen. Der Baron Die Höflinge Der frühere Präsident des luxemburgi- genoss als Einziger eine gewisse Narren- schen jüdischen Konsistoriums, Guy freiheit. Er pflegte eine aristokratische Ab- In den im Sommer 2012 für die Öffent- Aach, bastelte sich in seinem Nekrolog scheu vor jeglicher Form von Arbeit und lichkeit zugänglich gemachten Archivalien mit demselben Satzkasten eine gegentei- verpasste selten eine Gelegenheit, darauf der Luxemburger Botschaft in Washing- lige Charakterisierung Leirs zusammen: hinzuweisen, nie im Leben wirklich ge- ton, befindet sich ein, auf den 12. Okto- „Il savait, après une brève discussion, ju- arbeitet zu haben. Nur eine Ausnahme ber 1972 datierter Brief von Henry Leir an ger ses interlocuteurs, sans jamais se las- habe er gemacht: im Herbst 1944, als er : „My love for the country of ser par ce qui est médiocre, factice ou par in General Leclercs Panzerdivision Straß- Luxembourg remains undiminished. I can les flatteurs et les obséquieux.“11 Auch der burg befreite. Helmuth Koegel erinnert never forget what Luxembourg has done Wirtschaftsanwalt Jean Hoss sah in Leir sich daran, Le Lasseur gefragt zu haben, for me in my early career, when times were einen „homme à relations“: „Leir war ein was er während der Abwesenheit der Leirs very difficult.“ Der Satz steht allerdings exzellenter Zuhörer. Er wusste seinen Ge- in Paris überhaupt tue. „Mais, Monsieur am Schluss eines Abschiedsbriefes in dem sprächspartnern das Gefühl zu vermitteln, Koegel, je les attends!“, war die Antwort. Leir erklärte, warum er sich gezwungen dass er das, was Sie da gerade sagten, für sah, seinen Hauptwohnsitz in Luxem- mit das interessanteste und spannendste „Mein Chauffeur, der Baron: das gehörte burg aufzugeben und in die Schweiz zu hielt, was er seit längerem vernommen zum Gimmick“, so Jean Calmes’ Einschät- verlegen. Die offizielle Adressänderung hatte“. Mit den unterschiedlichsten Leu- zung. Die Beziehung zwischen dem fran- hatte steuerliche Gründe: „As much as we ten habe Leir gesprochen und immer zösischen Aristokraten und dem preußi- would like to make our home in Luxem- aus den Gesprächen das zu destillieren schem Händler erinnert tatsächlich an ein bourg, this is entirely out of the question gewusst, was ihn interessierte. Hoss be- Komikerduo. Einem früherer Mitarbeiter as long as there is not an Estate Treaty in schreibt Leir als „Mann mit Telefon und kommt folgende Episode in den Sinn: force between Luxembourg and the Unit- Bleistift“ auf ständiger Suche nach der „Leir hatte eine wichtige Unterredung mit ed States [...] Under the circumstances neuesten verwertbaren Information, die dem Präsidenten der BASF morgens um [...] we will leave New York in the begin- (noch) nicht in der Zeitung stand. „Er hat neun Uhr in Ludwigshafen. Er hat Lucien ning of November and go to Lausanne, die Flöhe husten gehört“, so Jean Hoss. gesagt: ,Morgen früh um 6 fahren wir los‘. to establish our legal residence there [...] Darauf Lucien: ,Das kommt gar nicht in Believe me, I have come to this decision Driving Mister Leir (crazy) Frage, ich stehe nie vor halb 8 auf.‘ Da very reluctantly.”12 kam Leir zu mir und sagte: ,Schmeiß mir Die Einschätzung von Armand Hammer, den Mann raus.‘ Was ich natürlich nicht Das Problem der doppelten Besteuerung dem Präsidenten der Occidental Petro- gemacht habe ...“ Die beiden habe eine wäre an sich durch eine Naturalisierung leum, Leir sei ein „furchtbarer Snob“ ge- „Hassliebe“ verbunden: Le Lasseur reizte elegant zu lösen gewesen. Die Luxembur- wesen, ist schwer nachzuvollziehen. Ex- Leir bis aufs Blut, andererseits amüsierte ger Nationalität hatte Leir auch immer 20 forum 322 Geschichte

teressiert“. „Leir hat aber, und das weiß ich suffisants pour justifier la nomination et mit Sicherheit, nie impulsiv interventiert. la décoration briguées.“13 Zwei Jahre spä- Ich erinnere mich an ein Abendessen mit ter, am 24. November 1962, wurde Leirs dem damaligen Erbgroßherzog, wo er nur Bitte nach offizieller Ehrung stattgegeben über Business gesprochen hat. Das hat ihn und er bekam den ersehnten Orden, der fasziniert, die anderen auch.“ Konsul-Posten blieb ihm allerdings bis auf Weiteres verwehrt.14 Dass Leir nur ein „vages Interesse“ an Kon- takten zum Adel hatte, dem widerspre- Unser Mann in New York chen nicht nur Aussagen anderer Bekann- ter Leirs, sondern auch die Unterlagen Ob Leir jedoch den Erwartungen der der Luxemburger Botschaft in Washing- Regierung, Industriebetriebe aus den ton. Der Anwalt und frühere Präsident des USA nach Luxemburg zu locken, gerecht Verwaltungsrats der Minerais SA, Jacques wurde, scheint eher unwahrscheinlich. Loesch, meint: „Gegenüber Ehrungen und Das Gerücht, Leir habe die Integration Auszeichnungen war er nicht unempfäng- Luxemburgs in die Weltwirtschaft und lich. Das ist angesichts seines Werdegangs Finanzwelt maßgeblich mitgestaltet, und auch nicht erstaunlich. Er war der mittel- amerikanische Firmen wie Goodyear, Du- lose, jüdische Immigrant der reüssiert und Pont de Nemours oder Monsanto nach ein enormes Netzwerk von Beziehungen Luxemburg geholt, wird heute sowohl von aufgebaut hatte und in allen Kreisen ver- seinen früheren Mitarbeitern Jean Calmes kehrte. Die Anerkennung dafür, in Form und Jacques Loesch, dem Historiker Lau- von Einladungen von der Großherzogin rent Moyse als auch von den Enthüllungs- und der Regierung, hat ihn sicherlich journalisten Ernest Backes und Denis nicht kalt gelassen. War das Eitelkeit? Robert verbreitet15. Marcelle Quintons Büste ihres Onkels Das ist eine Frage der Interpretation …“ Es ist aber nicht auszuschließen, dass Leir Leir als heimlichen Financier der Familie es selbst in die Welt gesetzt hatte. In den wieder beantragt, zugestanden bekam Nassau zu porträtieren, ist verlockend, ei- Archiven der Luxemburger Vertretung in er sie jedoch nie. Das ist verwunderlich, ner eingehenden Analyse hält diese Dar- Washington findet sich auf jeden Fall kein denn in Luxemburg war Leir exzellent stellung allerdings nicht stand. Denn wer Indiz für derartige Interventionen Leirs. vernetzt. wen zu wessen Zwecken manipulierte ist Ein früherer ranghoher Politiker, der es bei der Lektüre der Archivdokumente eigentlich wissen müsste, aber nicht ge- Im August 1938 bereits war er von der nicht immer klar zu unterscheiden. Ge- nannt werden will, glaubt nicht daran, Großherzogin Charlotte zum Officier de rade die Eitelkeit Leirs wusste die Re- dass die Ansiedlung amerikanischer Indu- la couronne de chêne ernannt worden. Das gierung für ihre Zwecke auszunutzen strieunternehmen auf Leir zurückgehen: Verhältnis zwischen Leir und dem Hof hat und ihr Umgang mit Leir war keinesfalls „Ich habe auf meinen internationalen seitdem für reichlich Spekulationen ge- blauäugig. Aus den Beständen liest sich Besuchen die Runde durch alle großen sorgt. So heißt es beispielsweise in Backes ein ständiges Abwägen heraus, was sich amerikanischen Unternehmen gemacht: Enthüllungsbuch, Leir habe seit Ende der aus dem millionenschweren Leir für den ob Monsanto, DuPont de Nemours, Ge- dreißiger Jahre enge Beziehungen zur Fa- Luxemburger Standort herausschlagen neral Motors oder die Cleveland Railway. milie Nassau gepflegt und gehöre für die ließe. Als sich Leir 1960 beim Luxembur- Die hatten mit Leir nichts zu tun. Leir war zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den ger Konsul in New York erkundete, ob nicht in der Produktion, er war im Han- bevorzugten Bankiers der europäischen er gegen eine Spende von 100000 LUF del. Das hatte miteinander nichts zu tun, Adelsfamilien. für das Kinderspital, zum Honorarkonsul das sind völlig andere Kulturen.“ Auch (für Ridgefield, Connecticut!) und Com- Colette Flesch, die zwischen 1980 und Dieser Vermutung schenkt Jean Calmes mandeur de la couronne de chêne ernannt 1984 den Posten der Außen- und Wirt- allerdings keinen Glauben. Über Fragen werden könne, leitete dieser die Anfrage schaftsministerin besetzte, hat nie etwas des Hofs ist er eigentlich gut unterrichtet: an Außenminister Schaus weiter, mit von den Leir nachgesagten Aktivitäten seine Mutter war in den fünfziger Jahren dem Vermerk: „Leir pourra [...] nous être als Handelsreisender in Sachen Luxem- Hofdame, sein Vater Anfang der Achtziger utile pour acheminer de nouvelles indus- burger Wirtschaftsstandort vernommen; Hofmarschall und der kleine Jean wuchs tries ou sociétés à Luxembourg. La ques- „wenn es die gegeben hätte, würde ich es quasi mit der großherzoglichen Familie tion est donc de savoir si en principe le wissen“. auf. „Eine ehrenwürdige Beziehung“ habe Gouvernement luxembourgeois est prêt à Leir und die Großherzogin verbunden, so considérer une candidature sous un angle Sieben Jahre nachdem Leir seine Me- Calmes. Solche Kontakte hätten Leir nicht pareil, dans l’affirmative, si les avantages daille erhalten hatte, schickte ein genervt sonderlich angezogen, höchstens „vage in- que Monsieur Leir peut nous procurer sont wirkender Jean Wagner, damaliger Bot- Geschichte Oktober 2012 21 schafter in Washington, einen Brief an „Vielleicht auch, aber nicht direkt ... Eher dass Leir das komplizierte politische Ge- den Außen- und Premierminister Pierre weniger sogar.“ rangel um seine Staatsbürgerschaftsanfrage Werner: „En 1961 votre prédécesseur, als eine „Spielerei“ betrachtet und genoss M. Eugène Schaus, m’avait confié, lors Die Slalommeister haben soll. Hätte man ihm die Luxembur- d’un passage à New York, qu’il était harcelé ger Staatsbürgerschaft gleich angeboten, er par des demandes répétées tendant à nom- Dieses, wie auch immer geartete, Miss- hätte sie wahrscheinlich nicht einmal ange- mer consul honoraire M. Leir [...] Main- trauen könnte eine Ursache für die wie- nommen, so ein früherer Mitarbeiter, der tenant [… que] M. Leir revient à charge derholte Ablehnung von Leirs Naturali- diesbezüglich lieber nicht genannt werden […] je constante […] qu’il a été fait com- sierungsanträgen sein. Es gab jedoch auch will. Gerade der Umstand, dass sich die mandeur de la Couronne de Chêne […] praktische Gründe: Ein spezielles Gesetz Sache so kompliziert gestaltete, habe ihn M. Leir a donc obtenu satisfaction de sa wäre nötig gewesen, da Leir die Bedingun- angezogen. chasse aux décorations. Quant à son désir gen (mindestens 15 Jahre auf Luxembur- de devenir consul honoraire au Connecti- ger Territorium gelebt zu haben, davon Der reichste Mann im Land cut je ne vois aucune justification pour y die letzten fünf ununterbrochen), nicht accéder […]. Je suppose que nos milieux erfüllte. „Er wollte wie der Prinz Félix Sein Vermögen und damit die Frage, ob intéressés sont au courant que M. Leur ne oder jemand vom Hof die Nationalität be- Leir tatsächlich der reichste Mann in Lu- dirige pas une institution de bienfaisance. willigt bekommen“, sagt Jacques Santer. xemburg war, ist schwer zu ermitteln. Sein Dans le cas où il serait disposé à aider le Damit war Pierre Werner jedoch nicht New Yorker Anwalt, beruft sich auf die Luxembourg dans le cadre d’une relance einverstanden. Erna Hennicot-Schoepges, Vertraulichkeitsklausel. „Hien huet sech économique il prêterait son assistance die frühere Präsidentin der Abgeordneten- gutt gestaan, das kann man sagen“, so die pour autant que les intérêts de notre pays kammer erinnert sich: „Werners Prinzip karge Auskunft von Jacques Santer. Auch coïncident avec ses intérêts personnels. Si war: Wir verramschen nicht die Luxem- Colette Flesch will sich nicht festlegen: tel n’était pas le cas ce n’est pas le titre de burger Nationalität. Er wollte keine Aus- „Oh, wissen Sie ... Ich glaube ja, dass wir consul honoraire du Luxembourg au Con- nahme machen, Leir habe sich an die ge- hier in Luxemburg keine außerordentlich necticut qui inciterait M. Leir à faire un setzlichen Prozeduren zu halten.“ reichen Leute haben. Mee et iert ee sech ni effort spectaculaire pour un pays qu’il a de souvill wéi hannert de Leit! Deshalb weiß nouveau quitté parce que précisément ses Um die Prozeduren „anzukurbeln“, mach- ich nicht, ob die sogenannten großen Ver- intérêts sont ailleurs.“16 te Leir dann allerdings einen dummen mögen in Luxemburg auch wirklich große Schachzug: er ließ Werner einen Scheck Vermögen sind oder nur große Vermögen Der Brief illustriert – neben einer man- für 500 000 LUF zukommen. Der ehema- nach Luxemburger Maßstab. Falls letzte- gelnden Kenntnis der französischen Kom- lige Kommissar der Bankenaufsichtsbe- res der Fall ist, war Leir wahrscheinlich maregeln – auch den Argwohn von Tei- hörde Werner war vexiert. Er trat das Geld reicher ...“ len des luxemburgischen Staatsapparats hurtig an eine soziale Einrichtung ab. Die gegenüber dem internationalen Trader. Chance auf eine Dispens von der Resi- Bei Leir handelte es sich in der Tat nicht Der oben bereits erwähnte ranghohe Po- denzklausel als „bienfaiteur de la nation“ um ein luxemburgisches Vermögen, son- litiker, der hier anonym bleiben wollte, hatte Leir sich hiermit vorerst verspielt. dern um ein amerikanisches. Anfang der spricht von einer „Abneigung verschiede- Was ihn verletzt haben soll. Als er 1985 1980er soll sich Leirs Vermögen auf circa ner Leute“, die nicht gewusst hätten, was las, der Skifahrer habe die 300 Millionen Dollar belaufen haben. mit Leir anfangen: „Da gab es ein gewis- Nationalität beantragt und bekommen, Für Luxemburg war das seinerzeit enorm. ses Misstrauen. Ich spreche hier von den soll er sogar ein wenig wütend gewesen Dass, wie es Ernest Backes schreibt, Henry Verwaltungen, von unseren Autoritäten. sein: „Leider fahre ich keine Skirennen“, Leir bis zu seinem Tod „einer der reichs- Stellen Sie sich den normalen Luxem- so sein Kommentar zur „Lex Girardelli“. ten Männer weltweit“ gewesen sein soll, burger Beamten vor, wie wir ihn im Jus- ist allerdings höchst unwahrscheinlich: Al- tizministerium haben, oder sogar einen Zu den Gründen, weshalb Leir die Na- lein in der Central Park West, der Straße Minister. Internationaler Trader war für tionalität nicht zugestanden bekam, habe von Leirs New Yorker Wohnsitz, habe es die ein total fremder Begriff! Das war in ich bei meinen Recherchen wenigstens damals wohl um die Dutzend Personen deren Auge ein Spekulant, etwas Anrü- ein Dutzend Mutmaßungen gehört: Die gegeben, die reicher waren als er, meint ein chiges.“ Dass dieses Misstrauen existierte, Schuld trage „dieser Revoluzzer, der im- früherer Bekannter Leirs. bestätigt auch Colette Flesch. Erklären mer mit dem Fahrrad zum Palais fuhr“ kann sie es sich nicht: „Ich weiß aber, dass (gemeint ist wohl der LSAP-Minister Bei seinen Luxemburger Gastspielen zeigte Herr Thorn sich immer schrecklich auf- ); die Anfrage Leirs sei von sich Leir auf jeden Fall von seiner großzü- geregt hat, dass es überhaupt bestand.“ Werners Berater Pierre Pescatore torpe- gigen Seite. Dem einstigen Verfasser der Zu diesem „Misstrauen“ befragt, spricht diert worden, dem der Trader Leir zu „sul- boshaften Missive, Jean Wagner, schickte Pierre Schneider von „Neid“. Leir sei „in fureux“ gewesen sei; Leir habe die ameri- Leir zu Weihnachten 1970 einen goldenen verschiedenen Luxemburger Kreisen“ kanische Staatsbürgerschaft nicht abgeben Clip mit eingraviertem Namen („a typi- nicht akzeptiert worden. Ob er gerade von wollen, und ähnliches mehr. Die wohl in- cally American gadget which will help you Antisemitismus spreche, frage ich nach. teressanteste Hypothese ist allerdings die, to ,keep your money together‘“). Das war 22 forum 322 Geschichte nicht das erste Weihnachtsgeschenk: In burger Politik und den amerikanischen Kinder reisten so, dank Leirs Spende, von den Jahren zuvor hatte Leir ein Zigaretten- Wirtschaftsinteressen in Luxemburg ein den populären Stadtvierteln der maroden Etui, eine Bonbonière und einen kris- gutes Klima geschaffen.“ Der Anwalt und Unterstadt in das Skigebiet im Schweizer tallenen Aschenbecher an die Botschaft frühere Präsident des Verwaltungsrates der Kanton Wallis. versand. Der Botschafter dankte artig für Minerais SA, Jacques Loesch, sieht die die „délicates attentions“, lud Herrn und Sache pragmatisch: „Wenn ein Geschäfts- Diese Spenden öffneten Leir Türen in die Frau Leir nach Washingon ein und bat ihn mann, ein Banker oder ein Industrieller Luxemburger Ministerien. Diesbezüglich doch bitte „mon Ministre“ (gemeint war Geld für die Wahlkasse spendet (was in ist Jacques Santers Hilfestellung bei der Gaston Thorn) grüßen zu lassen.17 der Vergangenheit ja geläufig war), dann Entwirrung diplomatischer Verstrickun- natürlich nur, um gute Beziehungen zu gen kein Einzelfall. Colette Flesch erin- Dass sich Leir an der Finanzierung der potentiellen Ministern aufzubauen. Das nert sich als Außenministerin für Leir bei Luxemburger Parteienlandschaft beteiligt ist aber an sich noch keine Korruption“. der Regierung vom Königreich Swaziland habe, bestreitet keiner der befragten Zeit- Schließlich sei dieser Tatbestand nur dann vermittelt zu haben: „Er hatte dort einen zeugen. Dabei ging Leir nicht diskriminie- etabliert, wenn auf die Spende auch eine Lieferanten von irgendeinem Schwerme- rend vor, versichert Jean Calmes: „Wenn er direkte Gegenleistung erfolgt wäre. tall. Das Geschäft war aber blockiert von spendete, finanzierte er immer gleich auch afrikanischer und Luxemburger Seite. Er die politische Konkurrenz mit. Ob CSV, Der Menschenfreund hat mich vor Ort angerufen und mich ge- Sozialist oder Liberaler, das war ihm kom- beten bei der Regierung eine Intervention plett egal. Das geschah oft aus Sympathie Googelt man „Henry J. Leir“ liefert die zu seinen Gunsten zu machen. Was ich oder weil er sich sagte, dort gibt es eine Suchmaschine den Stoff für ein Pane- auch gemacht habe. Ich weiß aber nicht, Person die fähig ist, eine politische Rolle gyrikon: man erfährt von Henry J. ob das etwas half.“ zu spielen. Oft waren die Gründe auch un- Leir-Preisen, von Spenden an karitative verständlich, oder zumindest nicht zu er- Einrichtungen, von Spitalflügeln und Henry Leir finanzierte die Renovierung klären.“ Trotz des ökumenischen Ansatzes Museumshallen, von Lehrstühlen und des Bourscheider Schlosses, die Einrich- unterhielt Leir ein privilegiertes Verhältnis Studienprogrammen an amerikanischen tungen des mineralogischen Laborato- zur liberalen Demokratischen Partei. „Ich Unis. Die Kurzbiographien, die man riums des Naturmuseums, das Echter- weiß, dass Herr Leir der DP immer gut hier liest, sind meist eine Anhäufung von nacher Musikfestival. Er unterstützte den gesonnen war. Ich habe das immer so ver- Peinlichkeiten: „His strong and chivalric laizistischen Pfadfinderverband FNEL, standen, dass die DP ihm ihrerseits auch sense of responsibility, his almost unerring die Baumschule Becker in Steinsel (hier wohl gesonnen war. Im Gegensatz zu an- perception, his hearless confrontation of gibt es noch heute einen „Park Leir“), das deren Parteien. Und ich denke eine von risks, and his pragmatic, yet visionary, de- jüdische Altenheim „Belle Vallée“ ... Spen- diesen Parteien war die CSV, aber dafür cisions and subsequent actions“, schäumt den gingen jedoch auch an weniger staats- würde ich meine Hand nicht ins Feuer es etwa auf der Homepage des „Leir tragende Organisationen wie die maois- legen. Das war aber wenigstens mein Ein- Bubble Center“. Es folgt ein fragwürdi- tische Amitiés Luxembourg-Chine oder druck“, sagt Colette Flesch und verspricht ger Vergleich zwischen Henry J. Leir und Action prison. Während eines jüdischen in Erfahrung zu bringen, wie viel Geld Rainer M. Rilke (den wir hier nicht nach- Gedenkgottesdienst, schätzte Edmond Leir seinerzeit der DP gespendet hatte. Ei- drucken wollen). Israel die Gesamtsumme von Leirs Spen- nige Wochen später schreibt sie: „Die DP den in Luxemburg auf 150 Millionen LUF. hat bei der einen oder anderen Gelegen- Die wundersame Wandlung vom kapita- Seine karitative Tätigkeit nahm Leir heit eine Unterstützung von Henry Leir listischen Großhändler zum Menschen- ernst. Alain Meyer, der frühere Vize- bekommen. Die genaue Höhe der Beträge freund vollzog Leir in den 1970ern. Der Präsident des israelitischen Konsistoriums, konnte ich nicht wiederfinden. Soweit ich Ruf des Philanthropen haftet Leir nicht traf Leir regelmäßig: „Er bat mich von mich erinnere, haben sie den normalen bloß im Internet an, sondern hat ihn auch Zeit zu Zeit um eine Unterredung, um Rahmen der damals üblichen Spenden in den Erinnerungen Luxemburger Po- ihm ein Erziehungs- oder Sozialprojekt zu nicht überschritten“. litiker überlebt. Von einem Scheck über erläutern und um mich um meinen Rat zu 500000 LUF an seinen Vorgänger will fragen. Er schätzte meine Offenheit und Die Großzügigkeiten gegenüber der Lu- Jacques Santer nichts gewusst haben. Er akzeptierte auch Ansichten, die seinen xemburger Regierungsparteien und die erinnert sich jedoch daran, dass Herr Leir zuwider liefen. Ich habe ihn gelegentlich Scheckausstellung an den Staatsminister hin und wieder in seinem Büro vorsprach, kontaktiert, um ihn auf Fälle aufmerksam Werner, werfen die Frage der politischen um zu erfahren, welche karitative Werke zu machen, für die mir seine Unterstüt- Einflussnahme auf. Prosaischer: ging es er unterstützen sollte: „Ich gab ihm Adres- zung geeignet schien. Meinen Vorschlägen hier um Bestechung? Der enge Mitarbei- sen und er hat gespendet“. Auch Colette ist er immer gefolgt.“ Für die Verwendung ter Jean Calmes zeigt sich apologetisch: Flesch erinnert sich, dass Leir zu ihrer Zeit seiner Hilfen habe Leir sich übrigens ge- „Das war zwar keine Philanthropie, aber als Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg naustens interessiert. Alain Meyer erin- es geschah dennoch, selbst wenn das jetzt eine Million Schweizer Franken für den nert sich etwa daran, nachdem Leir nicht unglaublich klingt, nicht aus privatem In- Kauf eines Schullandheims in Fiesch be- mehr persönlich zu den Aufführungen des teresse heraus. Er hat zwischen der Luxem- reitstellte. Generationen an Luxemburger Echternacher Festivals kommen konnte, Geschichte Oktober 2012 23 noch in der gleichen Nacht ein Fax an Leir neunziger Jahre auf Colmar-Berg mit dem mit allem, was ihm nahe stand, machen. gesandt zu haben, um ihm Bericht vom damaligen großherzoglichen Ehepaar Jean In seinem Kopf wollte er wahrscheinlich Abend zu erstatten und die Reaktion des und Joséphine-Charlotte und dem Ban- ein anderes Leben führen“. Publikums zu beschreiben. Geantwortet ker Edmond Safra und dessen Frau Lily. habe Leir habe noch in den darauffolgen- Edmond Safra versprach dem MUDAM Naturgemäß wurde der Hypochonder den Stunden. ein Geschenk von einer halben Million Leir, der, Alice de Moor zufolge, täglich Dollar für eine Skulptur im Eingang des „das gesamte Alphabet von Vitamin A bis Der Name Henry J. Leir wird in Luxem- geplanten Museums. Aus dem Plan wurde Zink“ schluckte, fast hundertjährig. Seine burg häufig in Zusammenhang mit dem allerdings nichts: Edmond Safra starb letzten Jahre verbrachte er, wie üblich, un- Musée d’art moderne (MUDAM) ge- 1999 bei einem von seinem Leibwächter ter der Woche in seinen New Yorker Bü- nannt. Die amerikanische Leir-Stiftung gelegten Feuer in einer monegassischen ros, wo er täglich eine Prozession von kari- gehört zu den großen privaten Geldgebern Hotelsuite. Die Verhandlungen zwischen tativen Bittstellern empfing. Wochenends des Museums. Das Budget des MUDAM der HSBC, die die Safras Republican Bank war er auf seinem Landsitz in Ridgefield, (rund 7,6 Mio. Euro im Jahr 2011) stammt aufgekaufte hatte, und der damaligen wo er mit seinen wenigen verbleibenden zu 85,5 % vom Staat und zu 14,5 % aus Museumsdirektorin Marie-Claire Beaud Kollegen Spaziergänge unternahm. Leir sogenannter „Eigenfinanzierung“. Die scheiterten an der Frage der Verwendung starb kurz nach 12 Uhr in der Nacht vom Hälfte dieser eigenen Mittel kommt von der versprochenen halben Million. Dienstag, den 14. auf Mittwoch, den privaten Mäzene. Neben der Leir Foun- 15. Juli 1998. Sein New Yorker Anwalt dation sind die Geldgeber in der Haupt- Winterschlussverkauf Arthur Hoffman erinnert sich: „On Friday, sache Akteure des Finanzplatzes, wie die the day of the funeral, I had the unusual Banque de Luxembourg und die KBL, die „Eines Tages im September ist er abgeflo- experience of giving an eulogy for him. sich um ihre „corporate social identity“ gen, wie immer in der Concorde. Ich habe And I said in the eulogy that I would ex- sorgen. Als Gegenleistung zu den Spen- ihn noch zum Flughafen begleitet. Da- pect getting a letter on Monday criticizing den, können die Banken die Hallen des nach habe ich ihn nie wieder gesehen. Das what I’ve said. I’m telling you the truth MUDAM für Cocktailparties und den war 1995“, erinnert sich Alice de Moor. that on that Monday, I got a letter from Museums-Direktor Enrico Lunghi zu pri- Einige Monate später, im Januar 1996, him. I opened it with great misgivings. It vaten Weiterbildungskursen über zeitge- starb Erna D. Leir in einem Krankenhaus was a business-related letter which Henry nössische Kunst mieten. 2006 unterschrieb in Connecticut. Seinen Abschied aus Lu- Leir had dictated on the day of his death die Leir Foundation einen Sechsjahresver- xemburg hatte Leir bereits in den Jahren to his secretary.“ trag mit dem MUDAM, der dieses Jahr um zuvor vorbereitet. Den Großteil seiner weitere sechs Jahre verlängert wurde. Der Gemäldekollektion von französischen Im- Seither führt Hoffman gemeinsam mit Umfang der Spende bleibt jedoch geheim, pressionisten und Kubisten verkaufte Leir Gibis die Leir Foundation: „The money so die Verantwortliche für das Mäzena- 1995 und 1996 bei Sotheby’s. Sein Pent- that came out of the estate, we roll it along tentum, Annick Spautz: „um keinen Neid house auf dem Churchill-Platz gab Leir and pay out contributions“, fasst er die zu provozieren“. Dem Ehepaar Leir ist als auf zugunsten einer unstandesgemäßen Tätigkeit der Stiftung zusammen. Ob das Dank ein Pavillon gewidmet worden. Die Wohnung im jüdischen Altenheim am posthume Vermögen Leirs die Finanz- Vize-Präsidentin der Leir-Stiftung, Margot Pétrusse-Tal, welches er in den vorherigen krise unbeschädigt überlebt habe, will Gibis,wurde im Sommer 2011 von der Jahre mitzufinanzieren geholfen hatte. ich wissen. „In 2008 nobody did not go Kulturministerin mit als Commandeur de Den Rest verschenkte er an verdiente Mit- down, so we went down some, although l’ordre de mérite ausgezeichnet.18 Margot arbeiter und Bekannte. not as badly as many of them”, mit die- Gibis, die aus Gegend von Passau stammt, ser doppelten Verneinung beantwortet war Leirs letzte Haushälterin. Von ihrem Auch von den Menschen, die ihm am der Anwalt meine Frage. Der vom Anwalt verstorbenen Chef erbte sie einige Millio- engsten standen, trennte sich Leir. Er Jacques Loesch präsidierte Luxemburger nen und eine New Yorker Wohnung. kündigte seiner langjährigen Haushälterin Ableger der Stiftung, hat heute noch ca. D. F. und seinem Chauffeur und liebsten 2 Millionen Euro auf dem Konto. Die Der Präsident der Leir Foundation, Arthur Widersacher Lucien Le Lasseur. Er tat es Einnahmen aus Aktien und Anleihen sind S. Hoffmann, sieht die Unterstützung des mit solcher Rücksichtslosigkeit und Kälte, von den 76200 Euro für das Jahr 2007 MUDAM als natürliche Weiterführung dass diese ihm den Rausschmiss nur übel auf 607 Euro für das Jahr 2010 eingebro- von Leirs „karitativen Instinkten“: „I al- nehmen konnten. „Ich war lange Zeit auf chen. Auf die Frage angesprochen, wie ways felt very strongly about how strongly ihn wütend“, erinnert sich D. F. heute an Leirs Vermögen aufgelöst worden sei, ant- he felt about Luxembourg. The idea of an das Verhalten ihres früheren Arbeitgebers wortet dessen Nichte, Marcelle Quinton: institution in which he was represented und Ehemanns ihrer Ziehmutter. „Aber „He took it with him. That’s what many and had a proprietary interest, was very heute sage ich mir: Mit 83 Jahren noch rich people who have no children want to important. That’s our feeling about how he Hassgefühle? Nein! Das ist vorbei, alles do. And I’ll tell you how one does it: you would feel.“ Leirs Interesse am MUDAM vorbei …“ Jean Calmes erklärt sich die make very complicated trusts, you put in geht in der Tat weit zurück. Alice de Moor späte Zerstörungswut des Greisen als be- a huge number of trustees, many kinds of erinnert sich an ein Essen Anfang der wusste Strategie: „Er wollte ‚tabula rasa‘ obligation and schedule the paying out of 24 forum 322 Geschichte

the money at whimsical moments. It’s so Interview mit Jean Calmes (17. Mai 2012; 18. August von „Henry Kissinger gedeckt“ worden sei und bei Roo- complicated that, in the end, lawyers and 2012; 18. September 2012) / Jacques Loesch sevelt im Weißen Haus „ein und aus ging“.Allein der Versuch, die faktuellen Fehler aufzuzählen und Backes accountants get it all.“ (15. Juni 2012; 17. August 2012) / Pierre Schneider (20. Juli 2012) / Jean-Pierre Friedrich (22. Juli 2012) / Interpretationen im Einzelnen zu widerlegen, würde Ernest Backes (23. Juli 2012) / Marcelle Quinton dutzende Seiten füllen. Den Teufelskreis der Paranoia Rosebud (30. Juli 2012) / Helmuth Koegel (30. Juli 2012; würde diese Arbeit allerdings nicht durchbrechen: In 21. August 2012) / D. F. (17. August 2012) / Alain letzter Instanz würde die Abwesenheit von Beweisen, in einem Kurzschluss, zum ultimativen (weil unwider- Gleich am Anfang meiner Recherchen im Meyer (19. August 2012) / Colette Flesch (21. August 2012) / Jacques Santer (24. August 2012) / Alice de legbaren) als Beweis der dämonischen Perfektion Mai 2012, hatte mich ein früherer Mit- Moor (13. September 2012) / Arthur S. Hoffman der großangelegten Konspiration selbst umgedeutet arbeiter Leirs gewarnt: „Leir wollte nicht, (21. September 2012) / 1. Oktober 2012) / Erna werden. dass Biographien über ihn verfasst wer- Hennicot-Schoepges (15. September 2012) / Natasha 7 Jean Calmes, « Révélations ratées », D’Lëtzebuerger den. So etwas hätte er nicht vertragen ... Ehrmann (20. September 2012; 1. Oktober 2012) / Land, 11. Mai 2001 Paul Hoss (27. September 2012) / Henri Wehenkel Er hätte es verachtet.“ Arthur Hoffman er- 8 Véronique Poujol, « La ,Contig‘ engloutie », (2. Oktober 2012) klärt weshalb: „He just proceeded through D’Lëtzebuerger Land, 14. Januar 2005 life. He had his own view of the world 9 Timothy L. O’Brien, « Iraqi-Born Billionaire Has and of himself. He wouldn’t have liked Stake in Bank That Holds Oil-for-Food Funds“, New to be seen through the eyes of somebody 1 Hans Magnus Enzensberger, Hammerstein oder der York Times, 2. Mai 2003 else.“ Dass Leir keine Memoiren verfasst Eigensinn, Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 2009, 10 Edmond Israel, À la mémoire de Henry J. Leir, Bul- S. 22 hat, ist angesichts seines exzellenten Ge- letin des Communautés israélites de Luxembourg, Nr. 2 Was mit Leirs Fensterbank-Unterlagen (siehe 113, S. 7. Dass Edmond Israel den Nachruf verfasste, dächtnisses zu bedauern. Zum Mythos, Kasten S. 16) geschah, konnte ich nicht in Erfahrung war eigentlich treffend. Beide verband neben Israels der die Sicht auf ihn versperrt, hatte Leir bringen. Gäbe es einen „Nachlass Leir“, so befände sich deutscher Herkunft mütterlicherseits die Umstände, ein gespaltenes Verhältnis. Als Armand dieser höchstwahrscheinlich in Leirs Wochenendhaus in dass sie beide Autodidakten recht bescheidenen Hammer ihn in seiner Autobiographie Ridgefield Connecticut, meint sein New Yorker Anwalt. Ursprungs, beide Selfmademen und beide in New-York als „Snob“ charakterisierte und mit dem Die Verwalterin von Ridgefield, Margot Gibis aber, lässt im Exil waren. Auch wurden beide früh in die Rolle des mich von ihrer Sekretärin abwimmeln. Familienernährer gedrängt, und beide waren Juden. – wahrscheinlich gefälschten – Satz zitierte Israel saß auch mit Leir im Verwaltungsrat von dessen 3 Es war eine Handvoll Überlebender, die sich nach „Sie und ich, wir müssen uns als Kaiser Stiftung. Trennen tat sie hingegen ein Altersunterschied Kriegsende in der improvisierten Synagoge im Kapu- von fast einem Vierteljahrhundert. Auch war Israel in betrachten, und unsere Angestellten sind zinertheater versammelten. Im Mai 1940 lebten 3907 Newark (NJ) nur knapp als Fabrikarbeiter über die Run- da, um uns zu dienen!“, ließ Leir von den Juden in Luxemburg (davon hatte ein Viertel die den gekommen. Sein letzter Schultag war der 9. Mai Luxemburger Staatsangehörigkeit), 1947 waren es nur Passagen, in denen über ihn die Rede war, 1940. Israel war 16 Jahre alt. Aus Israels Mischung von noch 870. Von den 677 aus Luxemburg Deportierten Kopien anfertigen und an seine Freunde Optimismus und Zukunftszugewandheit war es schwie- überlebten 53. Dazu kamen mindestens 565 Juden, die rig vor dem Hintergrund seiner Geschichte schlau zu verschicken. Auch das Gerücht, er mache in Frankreich oder Belgien verhaftet und von dort in die werden. Hier sei die Hypothese erlaubt, ob Edmond sein Geld mit Waffenhandel, das in den Vernichtungslager geschickt worden waren. Von ihnen Israel sich nicht den Eigensinn Leirs als Geste ange- achtziger Jahren in Luxemburg kolportiert überlebten 25. Laurent Moyse, Du rejet à l’intégration, wandt und als Bewältigungsstrategie genutzt hatte. Luxembourg, éditions Saint Paul, 2011. wurde, ließ ihn kalt. Es würde sie nicht Von Henry Leir sprach Israel weder in seiner Auto- erstaunen, wenn Leir selbst dieses Gerücht 4 Henry J. Leir, « Amérique-Luxembourg », Escher biographie noch in den Interviews, die er mit Norbert in Umlauf gebracht oder wenigstens un- Tageblatt, 14. Februar 1946 Franz führte, wie dieser mir bestätitgt. terhalten habe, sagt Natasha Ehrmann. 5 Die Büroräume wurden in den 1980ern zum Teil an 11 In einer im November 1998 erschienen Broschüre „Er hatte den nötigen Abstand und die die CEDEL vermietet. Heute gehört das Gebäude der der FNEL, Scout, S.27. Wirtschaftskanzlei Elvinger, Hoss & Prussen nötige Arroganz. Die anderen waren ihm 12 AnLux AE-AW-0244, Brief von Henry J. Leir an eigentlich egal. Er war auf sich selbst bezo- 6 Denis Robert, Ernest Backes, Révélation$, Paris, Gaston Thorn vom 12. Oktober 1972 Les Arènes, 2001. Deutsche Fassung: Das Schwei- 13 AnLux, AE-AW-0244, Brief vom Luxemburger Kon- gen. Er war ein Mann, der eine Mauer um gen des Geldes, Zürich, Pendo-Verlag, 2003. S. 330. sul in New York an den Außenminister vom 7. Dezem- sich herum errichtet hatte.“ 96 Mal fällt der Name „Leir“ in Révélation$. Wenigstens ber 1960 was die Leir-Passagen angeht, ist das Buch jedoch Von dem Gespräch, das sie im Sommer erstaunlich schlampig recherchiert. Selbst bei seinem 14 Leir trug dafür Sorge, auf möglichst breiter Front 1991 anlässlich ihres 50. Geburtstags Ko-Autor Denis Robert sorgten Backes schwindelerre- zu operieren: Von 1972 an war er Ehrenkonsul Luxem- gende Sprünge scheinbar für ein mulmiges Gefühl. Der burgs in den Schweizer Kantonen Waadt und Wallis, mit Leir führte, behielt die damalige ehemalige Libération-Journalist schreibt im Vorwort zu mit Sitz in Lausanne und später (1978) in Venthône. Parlamentspräsidentin Erna Hennicot- Révélation$: „[... Backes] berichtet über einen äußerst 15 Auch wir äußerten diese Vermutung vor einigen Schoepges den Eindruck eines Menschen einflussreichen Waffenhändler namens Henry, den alle Monaten, siehe : „Eine wunderbare Freundschaft“, zurück „der sich zu beschützen versuchte“. Welt kennen soll, und stellt im Handumdrehen Bezie- forum Nr 319, Juni 2012 hungen her zwischen Fakten, Menschen und Ereig- Enge Freunde hatte Leir keine; stattdessen 16 AnLux, AEAW-0244, Brief vom Luxemburger Bot- nissen, die für unsereinen nichts miteinander zu tun schafter an den Außenminister vom 25. Februar 1969 hatte er Angestellte, Kollegen, Konkur- haben.“ Im Personenverzeichnis am Ende von Révéla- renten und Kontakte. Wirklich vertrau- tion$ wird Henry J. Leir zwischen Manuel Noriega und 17 AnLux, AE-AW-0244, Brief von Jean Wagner an lich wurde Leir nie, das habe er auch „gar Meyer Lansky aufgeführt. Den alphabetischer Zufall hat Henry Leir vom 2. November 1970 Backes ein Jahrzehnt nach Erscheinen des Buches, zu nicht nötig gehabt“, meint Alice de Moor. 18 Im Kontext dieser Reportage wollte Frau Gibis keine einer systemischen Verbindung umgedeutet: Leir sei Aussagen machen. Die Blackbox zu Leirs Innenleben bleibt der Mann hinter dem Banker des organisierten Ver- demnach unauffindbar. Leir hätte das si- brechens Meyer Lansky gewesen, meint Backes als ich cher gefreut: „Ach wie gut, dass niemand ihn für ein Gespräch treffe. Ernest Backes spricht vom weiß ...“u „berühmtesten Unbekannten des 20. Jahrhunderts“ der