Begleitmaterialien Zur Ausstellung
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Begleitmaterialien zur Ausstellung Zusammengestellt und herausgegeben von Renée Claudine Bredt, Helga Diestelmeier und Christoph Laue © Herford 2013 Kuratorium für eine Dokumentations- und Begegnungsstätte in Herford zum Erinnern, Forschen und Ge- denken Vorsitzender: Wolfgang Spanier Gedenkstätte Zellentrakt, Rathausplatz 1, 32052 Herford , 05221-189257, FAX 05221-132252 [email protected], www.zellentrakt.de Bankverbindung: Sparkasse Herford (BLZ: 494 501 20) Konto-Nr.: 14365 Mit freundlicher Unterstützung durch: Inhaltsverzeichnis: Seite: Vorwort 2 Texte, Bilder und Materialien zu den Ausstellungstafeln 0 „Herford gehört(e) dem Führer?“ - Die Nazifizierung des Alltags im Raum Herford 1933 – 1939 4 1 „Immer im Kampf“ - Die NSDAP vor der Machtergreifung 5 2 „Prediger und Soldat zugleich“ - Die NSDAP-Ortsgruppen und die SA nach der „Machtergreifung“ 8 3 „Gleichschaltung“ -Die Machtübernahme der Partei in Politik und Verwaltung 12 4 „Ehrentag der treuen Hände“ - Der 1. Mai 1933 und die „Gleichschaltung“ der Arbeiterschaft 17 5 „Trägerin von Blut und Rasse“ - Frauenbild, Frauenschaft und Mutterkreuz 25 6 „Nur für arische Bewerber“ - Siedlungsbau und neue Straßennamen 29 7 „Wer die Jugend besitzt, hat die Zukunft“ - Die Hitlerjugend 34 8 „Straff, aber nicht stramm, herb, aber nicht derb“ - Bund deutscher Mädel – BDM 39 9 „Jüdische Schulkinder - unzumutbar“ - Ideologie und Ausgrenzung in der Schule 43 10 „Pflegestätte des Volkstums“ - Kindergärten und Mütterfürsorge 49 11 „Feste wahrer Volksgemeinschaft“ - Der NS-Feierkalender 53 12 „Sozialismus der Tat“ - Sammeln und Spenden für die Volksgemeinschaft 59 13 „Dem Vaterlande gilts, wenn wir zu spielen scheinen“ - Sport und Kultur 63 14 „Unsere Arbeit soll Kampf sein“ - Wirtschaftspolitik, Betriebsgemeinschaft und Landwirtschaft 67 15 „Juden unerwünscht“ - Ausgrenzung, Boykotte, Verfolgung, Flucht 72 16 „Feinde des heutigen Staates“ - Verfolgung, Widerstand, Anpassung von Arbeiterschaft und Kirche 86 17 „Erbgesunde Volksgenossen“ - Die Verfolgung von Kranken und sozial Schwachen 95 18 „Stiftberg Hurra! Die Soldaten sind da!“ - Herford als Wehrmachtsstandort 102 19 „Dem Führer verschworen“ - Die Militarisierung der Bevölkerung 106 Literaturverzeichnis 110 2 Vorwort Auch in Stadt und Kreis Herford gelang es den Nationalsozialisten ab 1933, die Mehrheit der Bevölkerung auf ihre Ideologie einzuschwören. Sie durchdrang alle Lebensbereiche und Altersgruppen. Die Stimmung schwankte auch hier zwischen großer Begeisterung und widerwilligem Mitmachen. Die Verfolgung von Minderheiten und politisch Andersdenkenden, die be- ginnende Militarisierung und Kriegsvorbereitung erzeugten kaum ein Auf- begehren, geschweige denn Ungehorsam oder Gegenwehr. Widerstand wurde brutal gebrochen oder verlief im Sand. Diese Ausstellung soll zeigen, wie es damals dazu kommen konnte und wie wir uns aktuell gegen heute wieder aufkeimende rechtsradikale Ten- denzen wehren können. Die Ausstellung ist eine Gemeinschaftsleistung des Kuratoriums Erinnern Forschen Gedenken, besondere Beiträge lieferten Helga Diestelmeier und Christoph Laue (Recherche und Texte) und Elke Brunegraf (Gestaltung). Die Herausgeber danken Frau Ute Pahmeyer für die digitale Erfassung der Texte. Diese Broschüre dokumentiert die auf den 19 Ausstellungstafeln enthalte- nen Texte und ergänzt diese durch das jeweilige fotografische Hauptmo- tiv, weitere Fotos und Materialien. Alle auf den Ausstellungstafeln gezeigten Fotografien und Dokumente können für schulische Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Kontakt über die Adressen des Kuratoriums. Wir schätzen uns glücklich, dass wir auf eine Reihe von Publikationen zu den Themen der Ausstellung zurückgreifen konnten. Ganz besonderer Dank gebührt Herrn Dr. Norbert Sahrhage, dessen profundes Werk „Dikta- tur und Demokratie in einer protestantischen Region. Stadt und Landkreis Herford 1929 bis 1953“ grundlegend für die Texte der Ausstellung und dieser Broschüre war. Ihn und alle andere Autorinnen und Autoren bitten wir um Verständnis, das nicht jede einzelne Übernahme von Texten ein- zeln nachgewiesen wird. 3 0 „Herford gehört(e) dem Führer?“ Die Nazifizierung des Alltags im Raum Herford 1933 – 1939 Banner am Renntor in Herford, Datum unbekannt (KAH). 4 1 „Immer im Kampf“ Die NSDAP vor der Machtergreifung Im Mai 1925 traten die 13 Mitglieder des „Völkisch-Sozialen Blocks“ zur NSDAP (= Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) über. Erster „Ortsgruppenleiter“ war Heinz Rudolf Kosiek. Wie überall in Deutschland waren auch in Herford die Mitglieder der NSDAP in der politischen Ausei- nandersetzung präsenter als andere Parteien, sie führten einen „perma- nenten“ Wahlkampf mit Verteilen von Handzetteln, Flugblättern, Organisa- tion von Vortragabenden mit auswärtigen Parteigenossen als Rednern, Teilnahme an auswärtigen NSDAP- Veranstaltungen und Propagandafahr- ten. SA-Gruppe in Herford (Mitte hinten Hermann Pantföder) (KAH). Die Herforder SA (=Sturmabteilung) Die SA – militärisch straff organisiert und uniformiert - war die paramilitä- rische Organisation der NSDAP. In Herford gehörte fast die ganze NSDAP- Ortsgruppe zur SA unter der Leitung von Heinz Rudolf Kosiek. Ende der 1920er Jahre gab Ortsgruppenleiter Kosiek die Herforder SA-Führung an den radikalen Nationalsozialisten Rudolf Culemann ab. Mitte 1929 zog der hauptberufliche SA-Standartenführer Hermann Pantfö- der nach Herford. Im September 1929 wurde ihm vom Gau-SA-Führer Viktor Lutze die Führung der gesamten SA im Regierungsbezirk Minden und in den Freistaaten Lippe und Schaumburg-Lippe übertragen. Ab Feb- ruar 1931 gab es ein SA-Heim in der ehemaligen Schokoladenfabrik Müller in der Lübberstraße. 5 Am 11.8.1931, dem Weimarer Verfassungstag, den die Nationalsozialisten natürlich ablehnten, kam es am „Volkshaus“, dem Zentrum der Herforder Arbeiterbewegung, in der Mitte des Alten Marktes zu einer massiven Schlägerei zwischen Mitgliedern des die Weimarer Demokratie verteidi- genden „Reichsbanners“ und einer SA-Gruppe. Culemann gründete am 17.4.1932, vier Tage nach dem reichsweiten SA- Verbot, als Tarn-organisation eine Ortsgruppe des „Deutschen Obst- und Gemüse-Schutz-Verbandes“ (Culemann war von Beruf Gärtner). Im Juni 1932 wurde das SA-Verbot aufgehoben. Das SA-Heim wurde nun in ein Gebäude der Zigarrenfabrik Fischer, Bielefelder Straße 40 verlegt und be- stand dort bis zur „Machtübernahme“. li.: Hermann Pantföder (1896 - 1933), SA- Standarten-Führer, seit 1925 Parteimitglied. Ab 1929 Organisator des Aufbaus der SA in Herford und im Regierungsbezirk Minden (KAH). re.:Heinz Rudolf Kosiek (1902 - 1991), Verwaltungsangestellter beim Kreis Herford. Begründer der Herforder NSDAP und SA. Vom 3.5.1933 bis 1.4.1938 2. Bürgermeister in Herford, ab 1938 1. Bürgermeister in Paderborn. Nach 1945 entnazifiziert als „minderbe- lastet“. Ab 1950 Geschäftsführer der FDP in Ostwestfalen (KAH). Kampf gegen den Gegner Ortsgruppenleiter Kosiek stand auch bei handfesten Ausei- nandersetzungen mit politischen Gegnern „in vorderster Li- nie“. Am 30.7.1932 befand sich eine NSDAP-Gruppe aus Herford, angeführt von ihm, mit einem Lautsprecherwagen auf Propagandafahrt in Südlengern, bedrohte dabei eine Pla- katklebekolonne von vier KPD-Mitgliedern mit einem Revolver und schlug zu. Am 23.9.1932 wurde Kosiek wegen einfachem Landfriedensbruch zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, zwei weitere Nationalsozialisten er- hielten je vier Monate Gefängnis. Die Überführung Kosieks von Bielefeld in das Herforder Gefängnis an der Eimterstraße am 29.9.1932 wurde von der Herforder NSDAP-Gruppe als „großer Empfang“ inszeniert. Die drei verurteilten Nationalsozialisten konnten aufgrund einer Amnestie kurz vor Weihnachten 1932 das Gefängnis verlassen. Organisation Am 1.7.1931 wurde die Herforder Frauengruppe der NSDAP gegründet, am 3.5.1932 die Herforder Ortsgruppe des NS-Lehrerbundes (NSLB). Der Aufbau von NSBO-Gruppen (Nationalsozialistische Betriebszellen- 6 Organisation) fand ab Anfang der 1930er Jahre statt. Ab 1931 erschien im Verlag Vactev/Titgemeyer der „Westfälische Be- obachter“ als regionales NS-Presseorgan, am 23.2.1932 erstmals unter dem Titel „Herforder Beobachter“ (KAH). Zum 1.10.1932 teilte sich der NSDAP-Kreis Herford in die selbständigen Kreise Herford-Stadt und Herford-Land auf. Kreisleiter von Herford-Stadt wurde Heinz Rudolf Kosiek. Die Herforder Ortsgruppe wurde in drei neue Ortsgruppen aufgeteilt: • Herford-Neustadt: Ortsgruppenleiter Karl Behnke • Herford-Altstadt : Ortsgruppenleiter Martin Blindow • Herford-Radewig: Ortsgruppenleiter Hermann Steinkühler Eduard Aßler, der bisherige Ortsgruppenleiter von Enger-Besenkamp, wurde NSDAP-Kreisleiter Herford-Land. Mitgliederzahlen Ortsgruppe Herford: 1925: 13 1928: 20 1929: 24 1930: 49 Ende 1931: 222 30.1.1933: 376 Mitglieder Erfolge bei Wahlen: Bei der Kommunalwahl im November 1929 erreichte die NSDAP den ers- ten Sitz im Stadtrat. Einen Durchbruch schaffte die NSDAP bei der Reichs- tagswahl am 14.9.1930 auch in Herford mit 22,1% der abgegebenen gül- tigen Stimmen in Herford-Stadt und 29,5% in Herford-Land. Bei der Wahl zum Preußischen Landtag am 24.4.1932 erhielt die Partei in Herford-Stadt 35,3%, in Herford-Land 42,2%; bei den Reichstagswahlen am 31.7.1932 und 6.11.1932 in Herford-Stadt 38,9% bzw. 34,2% und in Herford-Land 41,8% bzw. 39,2%. “15 Jahre treu zum Führer“, Festschrift zum 15jährigen Bestehen der Herforder NSDAP 1940 aus dem Besitz von Kosiek (KAH). (Vgl. zum Thema insgesamt auch: Norbert Sahrhage, „Völkisch gesinnte Herren gesucht…“ Die Anfänge der NSDAP im Kreis Herford, in: Historisches Jahrbuch für