Bundeshaus Persönlich
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Ständerat Joachim Eder – www.jeder.ch Bundeshaus persönlich Höhepunkt der Wintersession war zweifellos die Bundesratswahl am Mittwoch, 5. De- zember 2018, als die Nachfolge der zurücktretenden Bundesratsmitglieder Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann geregelt werden musste. Sie kennen nicht nur die Ergebnisse, sondern die ganzen Geschichten darum herum bestens, hielten uns doch die Medien wochenlang über alle Einzelheiten auf dem Laufenden. Deshalb das Wichtigste in Kürze, im Tagebuch der zweiten Sessionswoche komme ich noch- mals auf dieses Highlight zurück. Die Schweiz hat zwei neue Bundesrätinnen: Viola Amherd (CVP, VS) und Karin Keller-Sutter (FDP, SG) setzten sich gegen Heidi Z’graggen (CVP, UR) bzw. Hans Wicki (FDP, NW) souverän durch. Die Walliserin Amherd erzielte 148 Stimmen, die St. Galler Kronfavoritin Keller- Sutter holte 154 Stimmen. Es war ein historischer Tag: Noch nie in der Schweizer Geschichte wurden gleichzeitig zwei Bundesrätinnen gewählt, und dann erst noch beide auf Anhieb im ersten Wahlgang. Die überaus deutliche Wahl von Viola Amherd und Karin Keller-Sutter war auch eine Absage an die Zentralschweiz: Gleich drei Zentralschweizer hatten bekanntlich ihre Seite | 1 Ständerat Joachim Eder – www.jeder.ch Ambitionen für das Bundesratsamt angemeldet, unter ihnen auch mein Ständerats- kollege Peter Hegglin, der allerdings parteiintern überraschend scheiterte. Zwei schafften es schliesslich auf die Tickets ihrer Fraktionen. Dass die Zentralschweiz am Ende leer ausging, überraschte am Schluss kaum jemanden. Denn sowohl die Urner CVP-Regierungsrätin Heidi Z’graggen als auch der Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki stiegen als Aussenseiter ins Rennen. Eine Auswahl diverser Zeitungstitel am Tag nach der Bundesrätinnen-Wahl: - Ein Triumph für die Frauen – und ein - Und da waren’s wieder drei Rückschlag für die Europafreunde - Weit und breit nur Sieger - Ein Frauentag mit Folgen - Auf zu neuen Lösungen! - Tränen, Küsse und kleine Sensatio- - Unspektakuläres Spektakel nen - Geteilte Freude ist doppelte Freude - Der wirkliche Krimi folgt erst - Armee bald in Frauenhand? - Erstmals zwei Frauen am selben Tag - Weniger Fronten, mehr Lösungen! gewählt - Karin Keller-Sutter und die neue - Der Bundesrat muss jetzt liefern Heiligenverehrung Die neuen Bundesrätinnen bei der Vereidigung und in der Bevölkerung: Sie scheinen sich schon gut zu verstehen… Spannender als die Wahl selber war dann die Verteilung der Departemente. Sie erfolgte nicht wie vorgesehen bereits am 7. Dezember, sondern erst am Seite | 2 Ständerat Joachim Eder – www.jeder.ch darauffolgenden Montag. Es brauchte also zwei Anläufe und offenbar auch noch einige Telefonate übers Wochenende. Das Mediencommuniqué der Bundeskanzlei war dann ausgesprochen trocken und lautete wie folgt: «Der Bundesrat hat am 10. Dezember 2018, in seiner neuen Zu- sammensetzung, die Verteilung der sieben Departemente vorgenommen und die Stellvertretungen geregelt. Die Bundesrätinnen und Bundesräte diskutierten die Ver- teilung der Departemente und fällten den Entscheid, wer welches Departement über- nimmt. Die Mitglieder des Bundesrats äussern sich dabei in der Reihenfolge der An- ciennität zur Departementsverteilung. Der Beschluss wird dann gemeinsam im Kol- legium getroffen. Die Verteilung wurde wie folgt beschlossen: . Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA): Bundesrat Ignazio Cassis - Stellvertretung: Bundesrat Ueli Maurer . Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) Bundespräsident Alain Berset - Stellvertretung: Bundesrat Ignazio Cassis . Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Bundesrätin Karin Keller-Sutter - Stellvertretung: Bundesrätin Simonetta Som- maruga . Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) Bundesrätin Viola Amherd - Stellvertretung: Bundesrat Guy Parmelin . Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD) Bundesrat Ueli Maurer - Stellvertretung: Bundespräsident Alain Berset . Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Bundesrat Guy Parmelin - Stellvertretung: Bundesrätin Karin Keller-Sutter . Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika- tion (UVEK) Bundesrätin Simonetta Sommaruga - Stellvertretung: Bundesrätin Viola Am- herd Der Bundesrat wird die Verteilung an seiner Sitzung vom 16. Januar 2019 formell bestätigen und freut sich, in der neuen Zusammensetzung seine Arbeit fortzuführen.» Soweit das offizielle Communiqué. Seite | 3 Ständerat Joachim Eder – www.jeder.ch Die zweite Sessionswoche im Tagebuch Einmal mehr gebe ich Ihnen Einblick in mein Tagebuch, und zwar in jenes der zweiten Sessionswoche vom 3.-7. Dezem- ber 2018. Ich stelle sie unter folgenden Titel: Historischer Tag für die Frauen und unser Land! Montag, 3. Dezember Die Woche begann ich als Präsident der IG biomedizinische Forschung und Innovation. Wir liessen uns die Position der Phar- maindustrie zum ersten Paket der Kostendämpfungsmassnahmen im Gesundheits- wesen erklären. An der Sitzung mit unseren 13 Ständeratsmitgliedern bereiteten wir die Geschäfte der zweiten Sessionswoche vor. Im Plenum setzten wir uns dann drei Stunden mit dem Voranschlag 2019 auseinander. Der Bundesrat budgetierte Ausga- ben von 72,296 Milliarden Franken. Beim Grenzwachtkorps und bei der Bildung, For- schung und Innovation stockten wir die Mittel auf. Die Landwirtschaft war für einmal kein Thema. Abends hatte ich ein Radio-Streitge- spräch mit dem Walliser Ständerats- kollegen Beat Rieder zum Thema Na- tionaler Finanzausgleich (siehe Bild von Roger Aebli). Anschliessend fand die Beiratssitzung von SW!SS REHA statt. Ich wurde kürzlich in dieses Gremium berufen. Dienstag, 4. Dezember Am Morgen früh diskutierten wir mit Ingenieuren und Architekten das Co2-Gesetz und die Umsetzung des Klimaabkommens von Paris im Gebäudepark Schweiz. Erfreulich war, dass der Ständerat einer Anpassung des Finanz- und Lastenausgleichs (NFA) mit 37:3 deutlich zustimmte. Damit werden die Geberkantone ZH, SZ, OW, NW, ZG, BS, GE entlastet. Die Lösung basiert auf einem Kompromiss unter den Kantonen. Neu Seite | 4 Ständerat Joachim Eder – www.jeder.ch soll der ressourcenschwächste Kanton auf mindestens 86,5 Prozent der durchschnitt- lichen Ressourcenausstattung kommen. Das Mittagessen nahm ich mit Karin Keller-Sutter in der Galerie des Alpes ein. Es war der letzte persönliche Austausch mit unserer Bundesratskandidatin vor dem Wahltag. Anschliessend diskutierte ich mit Fachleuten die Pflegeinitiative und Möglichkeiten eines indirekten Gegenvorschlags. Höhepunkt der Fraktionssitzung waren die Anhö- rungen der beiden CVP-Bundesratskandidatinnen Viola Amherd und Heidi Z’graggen. Die Antworten auf die vielen Fragen, u.a. auch in Französisch und Englisch, brachten uns wichtige Erkenntnisse für den Entscheid. Nach einem Gedankenaustausch mit den Verantwortlichen des Bundesamtes für Energie feierten wir im Alpinen Museum dessen erfolgreiche Rettung. Anschliessend folgte zusammen mit meinen Ständeratskollegen Josef Dittli und Damian Müller (siehe Keystone-Bild von Anthony Anex) der obligate Gang ins Bellevue: Von der oft beschworenen Nacht der langen Messer war nichts zu spüren. Interessant war zudem, dass es mehr Journalisten als Politiker hatte. Alle waren auf der Jagd nach Neuigkeiten. Dabei war alles schon längst ent- schieden… Mittwoch, 5. Dezember Bereits vergangene Woche wettete ich beim Adventsessen mit den Zuger FDP-Frauen einseitig 200 Schweizer Franken, wenn nicht Viola Amherd und Karin Keller-Sutter das Rennen in den Bundesrat machen würden. Wie Sie wissen, wurden die beiden Favoritinnen aus dem Wallis und dem Kanton St. Gallen von der Vereinigten Bundes- versammlung glanzvoll gewählt, und zwar beide im ersten Wahlgang (mit 148 bzw. 154 Stimmen). Alles verlief so, als wäre die Wahl zweier Frauen in die Landesregie- rung das Normalste der Welt. Sprengkandidaturen und Winkelzüge blieben aus. Keine Fraktion hatte die offiziellen Kandidaturen in Frage gestellt, die geltende Zauberfor- mel blieb unangefochten. Gemessen an seiner Bedeutung verlief der Wahltag bemer- kenswert unaufgeregt. Die Stimmung war einmalig, nur die Zentralschweizer Dele- Seite | 5 Ständerat Joachim Eder – www.jeder.ch gationen aus Uri und Nidwalden, die mit Heidi Z’graggen und Hans Wicki leer ausgin- gen, waren begreiflicherweise enttäuscht. Die Wahl der beiden neuen Bundesrätinnen löste überall positive Reaktionen aus, in meiner Mailbox, auf der Strasse, im Bus, sogar von Leuten, die ich nicht kenne. «Gut gemacht!» hiess es mehrmals. Fähnlein der sieben Aufrechten: erstes freisinniges Gruppenbild mit der neuen Bun- desrätin Karin Keller-Sutter, von links nach rechts: SR Josef Dittli (UR), SR Damian Müller (LU), NR Beat Walti (ZH), SR Thomas Hefti (GL), SR Joachim Eder (ZG) und NR Rocco Cattaneo (TI). Wo die einen gehen, feiern die andern Einzug. Die abtretenden Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann (siehe Keystone-Bild) hielten gute Reden, wobei der Wirtschaftsminister sogar brillierte. Er stieg mit fol- gender Bemerkung ein: «Wenn Sie mich fragen, was mein Lieblingsmöbel ist, käme mir sicher kein Rednerpult in den Sinn.» Darauf lachte und klatsch- te der ganze Saal! Seite | 6 Ständerat Joachim Eder – www.jeder.ch Schneider-Ammanns Vermächtnis: er forderte Verbesserungen im liberalen Sinn, also mehr ermöglichen und weniger verbieten, mehr wagen und weniger regulieren, mehr auf die Realität schauen und weniger auf Positionen, mehr auf Reformbedarf und weniger auf Besitzstände, mehr auf Weltverbundenheit und weniger auf Rück- zug. Den Schlusspunkt