Mittwoch Elisabeth Kulman – 2. Oktober 19.30 Uhr »La femme c’est moi«

Teil 1 – ABOUT LOVE AND TIME

Ah, je t’aime … Tscho Theissing: Prélude »La femme c’est moi« Camille Saint-Saëns: Mon coeur s’ouvre à ta voix (Arie der Dalila aus »Samson et Dalila«) Cole Porter: I hate men (Lied der Kate aus »Kiss me, Kate«)

What … is … love …? Georges Bizet: L’amour est un oiseau rebelle (Habanera der aus »Carmen«) Harry Warren: That’s amore (Dean Martin) Benjamin Britten: Tell me the truth about love (aus den »Cabaret Songs«)

Cupid’s Arrows – Amors Pfeile Andrew Lloyd Webber: I don’t know how to love him (Lied der Maria Elisabeth Kulman Aliosha Biz Gerald Preinfalk Magdalena aus »Jesus Christ Superstar«) Idee, Konzept & Gesang, Seite 77 Violine, Seite 74 Klarinetten & Saxophone, Seite 78 Franz Schubert: Gretchen am Spinnrade Tscho Theissing Clara Schwaiger Maria Reiter Tom Bahler: He’s out of my life (Michael Jackson) Arrangements, Seite 81 Viola, Seite 79 Akkordeon, Seite 79 Rezs˝o Seress: Szomorú vasárnap (Gloomy Sunday) Franz Bartolomey Eduard Kutrowatz W.A. Mozart: Ach, ich fühl’s (Arie der Pamina aus »Die Zauberflöte«) Cello, Seite 74 Klavier, Seite 77 Franz Schubert: Der Tod und das Mädchen Alois Posch Kontrabass, Seite 78 With a Smile in Your Heart – Mit einem Lächeln tief drinnen Eintrittspreise: 35 / 45 Euro Richard Strauss: Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding … Kann mich auch an ein Mädel erinnern … (Monolog der Marschallin aus »Der Rosenkavalier«) Lennon-McCartney: When I’m sixty-four (The Beatles) Peace? Ludwig van Beethoven: O Freunde, nicht diese Töne Pause inkl. Bewirtung durch den Förderverein Festhalle Bad Urach e.V. (Bass-Solo aus der Sinfonie Nr. 9) Franz Schubert: Erlkönig Teil 2 – EMPOWERMENT Leonard Bernstein: Somewhere (Song aus »West Side Story«)

Fricka-Dellen Kurt Weill: Pirate Jenny (Pollys Lied aus »Die Dreigroschenoper«) : Walküren-Ritt aus »Die Walküre« W.A. Mozart: Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen Miss Saleboli (Arie der Königin der Nacht aus »Die Zauberflöte«) Giuseppe Verdi: O don fatale (Rezitativ der Eboli aus »Don Carlo«) Richard Wagner: So ist es denn aus mit den ewigen Göttern Cole Poter: Miss Otis regrets (Szene der Fricka aus »Die Walküre«) sowie Ausschnitte aus »Tannhäuser«, Richard Strauss: Schleiertanz und Zitate aus »« »« und »Die Walküre« Georges Bizet: Votre toast (Escamillos Torero-Lied aus »Carmen«) Charles Dumont: Non, je ne regrette rien (Edith Piaf) Festhalle Bad Urach

30 Dieses Konzert wird unterstützt von Firma Uraca 31 Elisabeth Kulman – »La femme c’est moi« | Mittwoch, 2. Oktober

Sie präsentieren erstmals im Theater an der Nach welchen Kriterien haben Sie Ihr Ensemble Im Moment gehen wir politisch leider gerade Steckt dahinter auch der Gedanke, neues Wien Ihr Programm »La femme c’est moi«. zusammengestellt? einen anderen Weg. Publikum­ anzusprechen? Was macht dieses spezielle Konzert zu Ihrem großen Herzensprojekt, Frau Kulman? Elisabeth Kulman: »Wer mit mir auf der Bühne Elisabeth Kulman: »Das ist der ängstliche Wider­ Elisabeth Kulman: »Mir scheint, dass die Stile steht, war eine wichtige Überlegung von Anfang stand gegen den Fluss der Zeit. Doch der ist un­ in meinem Programm so gemixt sind, dass das Elisabeth Kulman: »Dieses Programm ist das erste, an. Ich persönlich liebe den Klang von Streichern, aufhaltsam. Das Internet hat die Grenzen bereits durchaus ein breiteres Publikum ansprechen das ganz aus meinen Vorstellungen und Ideen also haben wir ein Streichquartett. Klavier und aufgelöst. Alle sind mit allen verbunden, alle k­önnte. Mit Nischenprodukten ist es immer kommt. Es ist ein Programm, das ich mir auf den Akkordeon machen das »Orchester«, und für sind eins. Nicht jeder tut sich damit leicht. Ich schwierig. Aber Oper ist ja auch ein Nischen­ Leib geschneidert habe. Für mich war alles, was die »Spezialaufgaben« habe ich mir einen Bläser – lebe einfach­ jetzt schon nach diesem Prinzip.« produkt. »La femme c’est moi« ist vielleicht ich davor gemacht habe, richtig und wichtig, aber ­einen Holzbläser – gewünscht. Dann habe ich mich eine Spur kommerzieller als das, was ich davor noch nicht das Wahre. Ich brauche die Herausfor­ mit Hilfe von Tscho auf die Suche nach den Musi­ Ist Ihr Programm also die Fortsetzung einer ­gemacht habe, aber keineswegs weniger an­ derung, liebe die Vielfalt, den Wagemut und die kern gemacht. Neben der musikalischen Qualifika­ ­politischen Idee mit musikalischen Mitteln? spruchsvoll, im Gegenteil. Aber ist es schlecht, Kreativität. In diesem Programm kann ich nun all tion musste auch die Chemie stimmen. Das war viele­ Leute anzusprechen?«­ das ausleben. In einer Opernrolle zeige ich nur ein mir ganz wichtig. Und ich wollte Musiker, die Elisabeth Kulman: »Nein, sicher nicht. Ich habe mit paar Facetten, hier zig verschiedene. Das macht ­genremäßig aus verschiedenen Ecken kommen: meinem Programm nicht das Ziel, jemanden zu Definitiv nicht. Wie schwierig beziehungs­- mir Spaß. Dieses Programm ist ganz auf meine So habe ich mit Franz Bartolomey und Alois Posch belehren oder Botschaften zu verschicken. Ich will weise leicht ist so ein Programm für Sie als Stärken zugeschnitten, etwa die Vielfarbigkeit zwei Granden aus den Reihen der Wiener Philhar­ selber Spaß an meinen Möglichkeiten haben, an Opernsängerin? in der Stimme, das schnelle Wechseln zwischen moniker, die das ganze Opernrepertoire im kleinen meinem Talent – und das Publikum daran teilhaben ­Stimmungen, das Hineinschlüpfen in ständig Finger haben. Mit dabei musste natürlich mein lassen. Was ich hier skizziere, ist eine sehr persön­ Elisabeth Kulman: »Ich habe mir ein Programm neue Charaktere.« langjähriger Klavierpartner Eduard Kutrowatz liche Haltung, die Konsequenz aus meiner eigenen ­geschrieben, ohne zu bedenken, ob die Sängerin sein, mit dem ich zahlreiche Liederabende auf seelischen Entwicklung. Ich habe mich immer nach Elisabeth Kulman das überhaupt schafft. Nur Der Abend bietet eine enorme Bandbreite an der ganzen Welt gesungen habe. Die jazzige Seite Freiheit gesehnt, nach dem Blick über den Teller­ ein Beispiel: Ich muss vom Sprechgesang einer musikalischen Stilen – von Höchstdramatischem wird von Gerald Preinfalk an Klarinetten und rand. Mich hat es immer gereizt, Grenzen zu Weill-Nummer in die dramatischste Opernarie aus dem Wagner-Fach bis hin zu Nummern von ­Saxophonen und von Tscho Theissing als Multi­ sprengen. Das tue ich hier. Und mir scheint, das von Verdi switchen und dann in einen Song von den Beatles und Michael Jackson, von Chansons instrumentalist ausgelebt. Und auch von Aliosha könnte auch Anregung sein für andere.« Cole Porter, dazwischen reingestreut sind noch bis zu Schubert-Liedern. Ist diese Mischung Biz, der noch seinen einzigartigen Klezmer-Geigen­ Textzitate aus »Salome«. Ich habe da nur konzep­ auch repräsentativ für Ihr eigenes musikalisches ton einbringt. Maria Reiter am Akkordeon als Ihre Karriere ist schon davor nicht geradlinig tionell gedacht und nicht kalkuliert, ob ich das Interesse? einzige »femme« neben mir zaubert die feinen verlaufen und hat mehrere Abzweigungen stimmlich überhaupt bewältigen kann. Oder von ­Zwischentöne. Es ist eine fantastische Gruppe aus ­genommen. Sie sind vom Chor zunächst über ganz tief nach ganz hoch und umgekehrt. Ver­ Elisabeth Kulman: »Ich bin nicht mit der Oper den unterschiedlichsten Bereichen, jeder bringt das Sopranfach zur Oper gekommen und rückt. Technisch ist es das Anspruchsvollste, aufgewachsen, sondern mit geistlicher Musik, seine individuellen Fähigkeiten ein. Ich bin sehr wurden dann zum Mezzo bzw. zum Alt. Wenn was ich je gemacht habe. Anstrengender als jede Volks- und Popmusik. Oper kam erst viel später glücklich über dieses tolle Team, es spielt alle man als ausgebildete Opernsängerin in andere Opernpartie und jeder Liederabend, den ich ge­ dazu. Heute liebe ich Jazz ganz besonders, deshalb Stückln. Und wir verstehen uns auch abseits des musikalische Richtungen geht und zum Beispiel sungen habe. Normalerweise hat man in der Oper mussten auch unbedingt Jazzmusiker in meine Musikalischen blendend.« Musicals oder Chansons singt, Pop oder Jazz, maximal zwei Oktaven, man singt in einem Stil – »Band«. Ich bin grundsätzlich ein offener Mensch, besteht immer die Gefahr, dass es zu artifiziell und aus. Hier geht es über knapp drei Oktaven. der sich für viele Dinge interessiert. Oper mag Ist dieser Abend für Sie auch ein Plädoyer für klingt. Meistens geht es schief. Wie vermeiden Dabei muss ich stilistisch rasch umschalten. ich musikalisch sehr, aber ich finde auch, dass die Aufhebung der Genregrenzen, gegen die Sie dieses Künstliche im Gesang? Und für ein zwei Zentimeter kleines Instrument die Beatles großartige Musik geschrieben haben. klischeehaften Definitionen, gegen Schubladi- ist das extrem schwierig. Aber genau diese Her­ Der Reiz für mich ist, beides zu verbinden und zu sierungen? Elisabeth Kulman: »Das war für mich eine ganz ausforderung reizt mich. Freilich ist die ganze zeigen, dass Qualität sich nicht durch E oder U wichtige praktische Überlegung bei den Arrange­ ­Sache auch extrem riskant: Ich muss körperlich kennzeichnet. An diesem Punkt kommt mein gran­ Elisabeth Kulman: »Ja, die Aufhebung der Grenzen ments. Es war entscheidend, in welcher Tonart und stimmlich topfit sein. Der Abend steht und dioser Arrangeur Tscho Theissing ins Spiel, der es ist in meinen Augen der Weg der Zukunft, in jeder die Stücke gesetzt werden. Das musste alles nahe fällt mit meiner Verfassung.« raffiniert schafft, das alles so zu verknüpfen, dass Hinsicht. Die Grenzen werden sich auflösen, so wie meiner Sprechstimme sein, damit es möglichst man glaubt, es gehört zusammen und hat immer sich auch die geografischen Grenzen irgendwann ­natürlich rüber kommt. Alle Popnummern sind zusammengehört. Auf der Bühne unterstützen in ferner Zukunft ganz auflösen werden und man ­daher tief und leise instrumentiert, damit ich nicht mich sieben Musiker, die das alles auf fantastische nicht mehr sagt, da hört Österreich auf und dort draufdrücken muss. Sonst wird es sofort opernhaft, Weise zum Klingen bringen.« fängt Ungarn an. Das geht natürlich nur, wenn wir das wollte ich keinesfalls. Das war in der Vorbe­ unsere Beschränkungen im Kopf aufbrechen.« reitung die meiste Arbeit: zu suchen, wo es am ­natürlichsten klingt.«

32 33 Elisabeth Kulman – »La femme c’est moi« | Mittwoch, 2. Oktober

Sie singen an diesem Abend Partien, die Sie Ist Ihr neues Programm in dieser Hinsicht nie auf der Opernbühne gesungen haben auch ein weiterer Schritt nach Ihrem öffentlich ­be­ziehungsweise nie singen werden, von der ausgetragenen Protest gegen Entwicklungen ­Marschallin aus dem »Rosenkavalier« bis zur innerhalb der Opernszene? Bariton-Partie des Escamillo aus »Carmen«, von der Brünnhilde aus dem »Ring des Nibe­ Elisabeth Kulman: »Ich beobachte meine Kollegen. lungen« bis zur Eboli. Ist das auch eine Er­ Und ich frage mich, wie sie mit dem zurecht­ füllung persönlicher Wünsche? kommen, mit dem ich nicht zurechtgekommen bin. Und ich sehe, dass viele gar nicht stört, was mich Elisabeth Kulman: »Ich habe mir die Rosinen aus so gestört hat. Also lag es wohl an mir. Wenn den Opern rausgepickt. Der Marschallin-Monolog ­meine Kollegen etwas an dem Metier stört, dann ist einfach die Essenz des »Rosenkavaliers«. Bei müssen sie sich selbst artikulieren und etwas der Carmen singe ich eine Strophe mit aller Lei­ ­ändern.« denschaft und Lust, wie man sich das eben vor­ stellt, und schließe mit einem skeptisch fragenden Aber Sie haben immerhin ein Bewusstsein für ­Gesichtsausdruck. Mein persönlicher Kommentar Probleme geschaffen. zum Carmen-Klischee.« Elisabeth Kulman: »Ich schaffe auch jetzt ein Be­ Wie oft haben Sie Carmen auf der Bühne wusstsein, indem ich das mache, was ich mache. gesungen?­ Auf Youtube haben wir einen Sängerkanal ge­ gründet, der heißt »What’s Opera, Doc?«. Da lasse Elisabeth Kulman: »Oft genug. Meine erste Car­ ich Kollegen zu Wort kommen und frage sie zum men war an der Volksoper, auf deutsch. Dann ­Beispiel: Stell dir vor, du bist Operndirektor. Was habe ich Carmen in Berlin gesungen, eine Neupro­ würdest du ändern? Ich möchte, dass die zu reden duktion in Hamburg, natürlich x-fach bei Gala­ anfangen, die drin sind. Nicht jemand wie ich, der konzerten. Allerdings nie an der Wiener Staats­ ausgestiegen ist.« Wir freuen uns auch dieses oper. Ich kann Ihnen sagen: Mit der Carmen ist es ein Gfrett. Weil das so eine Klischeerolle ist. Was würden Sie selbst ändern, wenn Sie Inten- Jahr auf unsere Herbstlichen Tscho Theissing wollte unbedingt, dass neben der dantin wären? Habanera noch ein ­anderes Stück der Carmen Musiktage und wünschen mit dabei ist. Dagegen sträubte sich was in mir. Elisabeth Kulman: »Ich bin raus aus dem Spiel. Irgendwann kam mir plötzlich die Idee mit Mein Fokus liegt nicht auf der Oper. Ich bin nicht ­Escamillo. Jawohl, zwei Fliegen mit einer Klappe, ausschließlich Opernsängerin. War ich nie. Ich Ihnen wundervolle Konzerte dachte ich: Carmen, aber als Mann. Carmen ist hatte immer irgendwelche Nebenbeschäftigungen. musikalisch super, aber die Figur selbst vermisst Als ernsthafte Opernsängerin hätte ich mich Tiefgang und bleibt an der Oberfläche. Fragen ­eigentlich nur auf meine Stimme konzentrieren Sie andere Carmen-Sängerinnen: Die werden Ih­ müssen, damit ich am Abend funktioniere. Aber nen alle das gleiche sagen. ­Erstens räumt immer ich hatte immer Tausendmillionen anderer Gedan­ die Micaela ab, wenn sie nur halbwegs schön ken. Erst jetzt wird mir klar, dass ich da eigentlich singt. Zweitens hat jeder Zuschauer eine Meinung, von Anfang an überhaupt nicht reingepasst habe. wie die Carmen sein muss. Niemandem kann Es ist so absurd, dass man bei etwas landet, wo man es da recht machen. Das ist ziemlich frus­ man gar nicht hingehört. Andererseits profitiere trierend.« ich jetzt davon. Ich habe eine ausgebildete Stimme. Ich habe ein unglaubliches Repertoire. Das befä­ higt mich nun, »La femme c’est moi« zu machen. Es war also im Endeffekt gut für mich.«

34 35