Johann Heinrich Schmelzer „Duodena Selectarum Sonatarum Applicata Ad Usum Tam Honesti Fori, Quam Devoti Chori“ Sonata Ottava a 3 ( Adagio ) – Allegro – ( Adagio )
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klang der kulturen - kultur des klanges LÜBECK - NORDDEUTSCHLAND „ Auswirkung des Dreißigjährigen Krieges auf den Kulturaustausch zwischen Nord und Süd“ Dietrich Buxtehude „Auf meinen lieben Gott“ für Orgel (Thema) – Double – Sarabande – Courente - Gigue Andreas Hammerschmidt „Kirchen- und Tafel-Musik“: „Erbarm dich mein, o Herre Gott“ für Tenor, Streicher und B.c. Ferdinand Tobias Richter Toccatina in F Passacaglia Constantin Steingaden „Flores Hyemnales prompti ex horto“ „Deus qui beatum“ für Tenor, 2 Violinen und B.c. Johann Heinrich Schmelzer „Duodena selectarum sonatarum applicata ad usum tam honesti fori, quam devoti chori“ Sonata ottava a 3 ( Adagio ) – Allegro – ( Adagio ) PAUSE Constantin Steingaden „Flores Hyemnales prompti ex horto“ Sonata 2 Johannes Pachelbel „Hexachordum Apollinis“ Aria Prima Dietrich Buxtehude op. 2 Nr. 5 Sonate für Violine , Viola da gamba und Cembalo Allegro – ( Violino Solo ) – Concitato – ( Viola solo ) – Allegro – Adagio – Allegro forte Daniel Georg Speer aus „Musikalisch-Türckischer Eulenspiegel“ „Lompyn erzehlet wunderliche buhlerische Begebenheiten zwischen einem Moscowitisch Patriarchen und einer schönen Dorff-Müllerin“ Jürgen Essl „Caruso singt Buxtehude“ ARS ANTIQUA AUSTRIA Leitung: Gunar Letzbor Deutsch Italiano Francaise English DEUTSCH Bemerkungen vom Podium herab: In der Vorbereitung des Programmes für die Kulturlandschaft Norddeutschland mit dem repräsentativen Zentrum Lübeck kam mir die Idee, einen ganz besonderen Zeitsprung zu wagen. Jürgen Essl, der Orgelsolist aus Lübeck ist mir einerseits als origineller und ausdrucksstarker Komponist bekannt, andererseits treffen sich unsere beiden Musikerwelten in der Begeisterung für Alte Musik und deren Aufführungspraxis. Bald war der Entschluß gefaßt, ein lustiges Stück zum Thema „Aufführungspraxis im Spiegel der Zeit“ in unser Programm aufzunehmen. Jürgen Essl wählte eine Vokalkomposition von Buxtehude als Ausgangspunkt für seine karikierenden Darstellungen zweier Aufführungen in vergangener Zeit aus. Mit einer Zeitmaschine ( umgebaute Fahrradpumpe) wird die Musik lautstark in die verschiedenen Zeitzonen katapultiert, zuerst in die Jetztzeit, dann ca. 50 Jahre in die Vergangenheit. Natürlich wird auch auf ein gewisses theatralisches Element bei der Darbietung Wert gelegt. In dieser Zeitzone bekommt jeder Musiker eine wunderschöne Hornbrille verpaßt, die Mimik wird dem gegebenen ernsten Anlaß angeglichen. Die weihungsvolle Wichtigkeit und der Ernst der Sache bewahrt aber dennoch den Baßspieler nicht davor, mit voller Begeisterung bei einem langen Baßton einzuschlafen. Doch schon werden die Musiker mit der Zeitmaschine weitere 50 Jahre zurückkatapultiert. Die Anwesenden befinden sich jetzt in einer der seltenen Wiedergaben einer Buxtehudekantate durch den bekannten Startenor Enrico Caruso. In Schellackqualität ( Die Musiker stehen auf einem Fuß und bewegen mit dem anderen ein Papierblatt, kreisförmig über den Boden schabend. ) entwickelt sich ein ausdrucksstarker Dialog zwischen dem ergriffenen Sänger und der leider noch nicht in voller Tonreinheit aufgenommenen Begleitergruppe. Kleine Temposchwankungen muß man als gegeben akzeptieren. Dennoch der Schmelz der Traumstimme läßt alle Herzen höherschlagen. Noch im enthusiastischen Applaus startet erneut die Zeitmaschine. Das Konzert dauert bereits lange genug und die Musiker müssen zurück in die Jetztzeit, um noch den Nachtzug zum nächsten Konzertort zu erreichen. Aber, oh Schreck, das verfluchte Ding funktioniert plötzlich einen Augenblick lang nicht! Erleichtert – es ist vorbei – findet man sich am Ende doch im Jahre 2003. Gunar Letzbor * * * Dietrich Buxtehude wurde um 1637 als Sohn eines Organisten in Dänemark, wahrscheinlich in Helsingborg, geboren, wo er als Zwanzigjähriger das gleiche Amt übernahm. 1668 wurde ihm die Organistenstelle an St. Marien in Lübeck übertragen, zusammen mit Verpflichtungen eines Verwaltungsbeamten. Kurz darauf heiratete er eine Tochter seines Vorgängers Franz Tunder, eine besonders bei Handwerkern häufige Bedingung für die Übernahme der Werkstatt. Die Veranstaltung von „Abendmusiken“ an fünf Sonntagen im Jahr und von Aufführungen geistlicher Musikdramen gehören zu seinen herausragenden Leistungen. 1705 reiste Bach nach Lübeck, um von Buxtehude „in der Orgelkunst“ zu profitieren, blieb vier Monate statt dem einen, für den er beurlaubt war, und hörte wohl die Abendmusiken zum Andenken an den Tod Kaiser Leopolds I. und die Krönung Josephs I. 1707 starb der berühmte Organist in Lübeck. Eine Ausnahmestellung unter seinen 47 Choralbearbeitungen für die Orgel nehmen die Variationen über „Auf meinen lieben Gott“ ein: Die Choralmelodie aus dem 16. Jahrhundert wird zuerst in einer der Allemande ähnlichen Rhythmisierung in der Oberstimme mit leichten Verzierungen und Umspielungen gebracht, im folgenden „Double“ mit durch die Stimmen laufender Sechzehntelbewegung variiert, und darauf folgen die restlichen drei Sätze des üblichen Suitenplans in etwas ungewöhnlicher Abfolge: Sarabande, Courante und Gigue, alle mit dem Choral als Grundgerüst. Hier liegt also eine Variationensuite über ein vorgegebenes Thema vor, wie etwa auch in Frobergers Suite „Auff die Mayerin“ oder in Wolfgang Ebners 36 Variationen über ein Thema Kaiser Ferdinands III. Andreas Hammerschmidt wurde 1611 oder 1612 als Sohn eines sächsischen Sattlers im böhmischen Brüx geboren. Als Protestanten musste die Familie 1626 das rekatholisierte Böhmen wieder verlassen und wandte sich nach Freiberg in Sachsen, wo der Komponist 1635 als Organist an der Petrikirche angestellt wurde. Vier Jahre später ging er dann an die Johanniskirche in Zittau, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1675 bleiben sollte. Sein Schaffen konzentrierte sich, seinen beruflichen Verpflichtungen entsprechend, auf Kirchenmusik, von der über 400 Werke erhalten sind. Zu seinen späten Publikationen gehört die Kirchen- und Tafel-Music von 1662 für ein bis drei Singstimmen und vier bis sechs Instrumente. Sie enthält außer zwölf mehrstimmigen Concerti auch zehn für Solostimme. „Erbarm dich mein, o Herre Gott“ ist für Tenor, zwei Violinen, Viola, Violone und Generalbass geschrieben und bringt in der Singstimme zu den beiden Textstrophen vor allem die Choralmelodie aus dem 16. Jahrhundert im phrygischen Modus. Dabei begleiten Violinen und Bratsche dem flehend büßenden Text entsprechend („wasch ab, mach rein meine Missethat, ich erkenn meine Sünd und mir ist leyd, ... Sieh Herr, in Sünden bin ich gebohrn, in Sünden empfing mich meine Mutter ...“) zunächst mit Akkorden, die durch Wiederholung im langsamen Tremolo (Bogenvibrato) einen vor allem in italienischen Sonaten oder auch Opern- und Oratorien-Lamenti des Barocks gern eingesetzten Klangeffekt ergeben. Sobald sich aber der Text zum Positiven wendet („du wäschest mich weisser denn Schnee, mein Gehöre wird froh, all mein Gebein wird freuen sich.“), ändert sich alles: Der Takt schreibt fröhlichen Dreierrhythmus vor, die Singstimme ergeht sich in ausgedehnten Wiederholungen, und die Violinen übernehmen nun in strahlender Höhe die Motivik des Tenors, der sich erst im Schlussabschnitt ganz vom Choral löst und sich höher aufschwingt. Ebenfalls Organist war Ferdinand Tobias Richter, doch an der kulturell-religiös ganz anders ausgerichteten Hofkapelle Kaiser Leopolds I. in Wien. Geboren wurde er 1651 in Würzburg als Sohn des Vizekapellmeisters des Kurfürsten von Mainz. Von 1675 bis 1679 war er am Zisterzienserstift Heiligenkreuz bei Wien. 1683 nahm ihn dann der Kaiser in seine Dienste. Seit 1691 war er auch für den Musikunterricht des späteren Kaisers Karl VI. und von dessen Schwestern zuständig. Kaiser Joseph I. übernahm ihn nach dem Tod Leopolds I. 1705 als Ersten Organisten der Hofkapelle, und in diesem Amt starb Richter 1711. Er komponierte viel dramatische Musik: vor allem für lateinische Schulspiele der Jesuiten, die vor dem Kaiser aufgeführt wurden, aber auch vier italienische Oratorien und zwei Serenate für den Hof. Die Einleitung zu einer Suite, die aus Allemande, Courente und Passacaglia besteht, bildet eine Toccatina, die zunächst im „stylus phantasticus“ abwechselnd Akkorde und Passagenwerk bringt, mit schweifender Harmonik, die an frühere Toccaten etwa von Froberger erinnert, und mit einer solid gearbeiteten Fuge schließt. Den Schlusssatz dieser Suite bildet eine Passacaglia mit 16 Variationen über einen ganz kurzen Basso ostinato, vier Töne in absteigender Folge. Dabei sind mehrere Steigerungswellen hörbar: nach vier- und fünftönigen, dem französischen Stil nahestehenden raschen Schleiferfiguren wird das Thema wieder eingeschoben, dann folgen nacheinander große Melodiesprünge und Sechzehntelpassagen, jeweils zuerst von der rechten, dann von der linken Hand gespielt, schließlich letztere in Zweistimmigkeit, dann dichte Akkordblöcke, dann diese mit raschen Skalenläufen abwechselnd und zuletzt Figurationen über und dann unter Synkopendissonanzen, bevor das Thema als Abschluss wiederkehrt. Das umfangreiche Musikarchiv der Marienkirche in Lübeck mit Kompositionen aus dem 16. und 17. Jahrhundert bildet heute den ältesten Bestand der Bibliothek der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Von Constantin Steingaden enthält es die Sammlung Flores Hyemnales, also „Winterblüten“. Dieser Komponist, geboren um 1618 im bayrischen Wangen, trat 1631 ins Jesuitenkolleg in Luzern ein und wurde anschließend Mitglied des Franziskanerordens und Kapellmeister des Franziskanerklosters und des Doms von Konstanz am Bodensee. Dort wurde 1666 die genannte Sammlung mit Motetten, Messen und Sonaten gedruckt, in Innsbruck