Deutsche Bundesbank
Geld und Geldpolitik 5
EURO 5 EBPO Geld und Geldpolitik Geld und Geldpolitik Vorwort Vorwort 2 3
Vorwort
Geld ist im täglichen Leben allgegen- Es freut mich, dass wir Ihr Interesse wecken konnten, herauszufinden, was wärtig. Wir verdienen es, wir legen es wir tun, um Preisstabilität zu gewährleisten. Bei der Lektüre dieses Buches an, wir bezahlen damit. Dabei nutzen wünsche ich Ihnen spannende Einblicke in die Welt der Notenbanken! wir es als Bargeld oder als Guthaben auf unserem Bankkonto.
Doch was ist eigentlich Geld? Wie kommt Geld in Umlauf? Wer achtet darauf, wie viel Geld geschaffen wird? Was ist Inflation? Wann spricht man von Deflation? Was sind Leitzinsen? Studien haben gezeigt: Viele Menschen Dr. Jens Weidmann Präsident der Deutschen Bundesbank in Deutschland können solche Fragen nur schwer beantworten. Dafür werden vor allem zwei Gründe angeführt. Zum einen wird Wirtschaftswissen nicht in allen Schulen gleichermaßen vermittelt. Zum anderen befassen sich viele Menschen offenbar nur ungern mit wirt- Übrigens: Dieses Buch finden Sie in einer digitalen Version auch auf der schaftlichen Themen, etwa weil sie ihnen zu kompliziert erscheinen. Internetseite der Bundesbank. Dort stehen auch weiterführende Infor- mationen bereit, unter anderem ein Glossar, interaktive Medien sowie Vorrangige Aufgabe der Notenbanken ist es, den Wert des Geldes zu Materialien für den Schulunterricht (www.bundesbank.de/bildung). schützen. Die Deutsche Bundesbank nimmt diese Aufgabe seit mehr als 60 Jahren wahr – erst als Hüterin der D-Mark, seit 1999 gemeinsam mit den Zentralbanken im Euro-Währungsgebiet für den Euro. Ohne Unterstützung und Vertrauen der Bevölkerung kann eine Notenbank ihren Auftrag nicht erfolgreich erfüllen. Vertrauen setzt aber Wissen voraus – Wissen um den besonderen Wert stabilen Geldes und über grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge.
Mit diesem Buch wollen wir dazu beitragen, dass mehr Menschen die Grundlagen der Geldwirtschaft und der Geldpolitik kennenlernen und die Funktionsweise des Europäischen Systems der Zentralbanken verstehen. Wir verdeutlichen darin, welche Rolle die Bundesbank in der europäischen Geld- politik spielt und welche weiteren Aufgaben sie wahrnimmt – beispielsweise in der Bargeldversorgung, im Zahlungsverkehr oder in der Bankenaufsicht. Inhalt Inhalt 4 5
Inhalt
1. Funktionen und Formen des Geldes 8 5. Der Wert stabilen Geldes 130 1.1 Die Rolle des Geldes in der arbeitsteiligen Wirtschaft 8 5.1 Preisstabilität, Inflation, Deflation 130 1.2 Funktionen des Geldes 10 5.2 Messen der aktuellen Preisentwicklung 137 1.3 Erscheinungsformen des Geldes im Wandel der Zeit 11 5.3 Vorteile von Preisstabilität 146 5.4 Geldpolitische Zielsetzung „unter, aber nahe 2 %“ 149 2. Das Bargeld 22 2.1 Ausgabe von Bargeld 22 6. Die Geldpolitik des Eurosystems 156 2.2 Bargeldkreislauf in Deutschland 24 6.1 Die Wirkungsweise der Geldpolitik 156 2.3 Die Euro-Banknoten 28 6.2 Die geldpolitische Strategie 166 2.4 Die Euro-Münzen 33 6.3 Die geldpolitischen Instrumente 171 2.5 Falschgeld erkennen dank Sicherheitsmerkmalen 40 6.4 Krisenbedingte Sondermaßnahmen 185 6.5 Flankierung der Geldpolitik 192 3. Banken und Buchgeld 50 3.1 Die Banken und ihre Aufgaben 51 7. Internationales Währungs- und Finanzsystem 198 3.2 Der bargeldlose Zahlungsverkehr 60 7.1 Währung und Wechselkurs 198 3.3 Geldmenge 73 7.2 Die Zahlungsbilanz als Spiegelbild internationaler Verflechtungen 202 3.4 Geldschöpfung 78 7.3 Das Finanzsystem 213 7.4 Stabilität des Finanzsystems 221 4. Der Euro und das Eurosystem 88 7.5 Internationale Institutionen und Gremien für 228 4.1 Der Weg zum Euro 88 Währungs- und Finanzstabilität 4.2 Eurosystem, EZB und ESZB 97 4.3 Der Ordnungsrahmen für eine stabile Währung 106 Stichwortverzeichnis 242 4.4 Die Europäische Bankenunion für stabile Finanzmärkte 119 Kapitel 1 Funktionen und Formen des Geldes Funktionen und Formen des Geldes Funktionen und Formen des Geldes 8 9
1. Funktionen und Formen des Geldes Geld- und Güterkreislauf Die zentrale Rolle des Geldes in einer modernen Marktwirtschaft lässt sich in Geld begegnet uns überall im täglichen Leben. Bei dem Wort „Geld“ denken einem einfachen Modell zeigen: die meisten zunächst an Münzen und Banknoten. Wir reden von „Geld verdienen“, wenn es um unser Einkommen geht. Wir sprechen von „Geld Einfacher Wirtschaftskreislauf ausgeben“, wenn wir einkaufen. Bei größeren Anschaffungen kommt es vor, dass wir uns „Geld leihen“, also einen Kredit aufnehmen müssen – sei es im Bekanntenkreis oder bei einer Bank. Diese recht unterschiedliche Verwendung des Begriffs „Geld“ kommt nicht von ungefähr: Sie ist Ausdruck der vielen Funktionen, die Geld im Wirtschafts- Arbeitsleistung leben hat.
Geldstrom Einkommen 1.1 Die Rolle des Geldes in der arbeitsteiligen Wirtschaft
Geld erleichtert den Austausch von Waren und Dienstleistungen in modernen Volkswirtschaften, die sich durch einen hohen Grad an Arbeitsteilung und Private Unternehmen Spezialisierung auszeichnen. Haushalte
Gäbe es kein Geld, müssten Ohne Geld gäbe es Menschen in Gesellschaften, die eine Tauschwirtschaft. ihr Wirtschaftsleben auf Tausch- Konsum- Geldstrom beziehungen aufgebaut haben, ausgaben Güter direkt tauschen. Das ist umständlich. Man müsste eine Person finden, die genau das anbietet, was man selbst sucht. Diese Person müsste gleich- Konsumgüter zeitig genau das brauchen, was man selbst tauschen will. Findet sich kein direkter Tauschpartner, wären manchmal lange Tauschketten nötig, bis jeder bekommt, was er braucht. Mühsam müssten zudem die Austausch- relationen jedes Gutes zu jedem anderen bestimmt werden. Deutsche Bundesbank Auf der einen Seite stehen die privaten Haushalte, die ihre Arbeitskraft an- Die allgemein anerkannte und akzeptierte „Zwischentauschware“ Geld er- bieten und Konsumgüter nachfragen. Auf der anderen Seite befinden sich leichtert hingegen das Handeln. An die Stelle des einfachen Tausches „Ware die Unternehmen, die Konsumgüter anbieten und Arbeitskräfte nachfragen. gegen Ware“ tritt der doppelte Tausch „Ware gegen Geld“ und „Geld gegen Zwischen den Unternehmen und den privaten Haushalten fließen also ver- Ware“. Mit Geld können dann auch Kauf und Verkauf der Güter zeitlich und schiedene Ströme. Dem Kreislauf von Konsumgütern und Arbeitsleistung ist örtlich auseinanderfallen. Zudem gibt es mit dem Geld einen allgemeinen ein Geldkreislauf entgegengerichtet: Die Haushalte erhalten von den Unter- Maßstab, in dem der Wert jedes Gutes ausgedrückt und leicht verglichen nehmen für ihre Arbeitsleistung Einkommen in Form von Geld. Dieses können werden kann. sie für den Kauf von Konsumgütern verwenden. Funktionen und Formen des Geldes Funktionen und Formen des Geldes 10 11
1.2 Funktionen des Geldes So können auch sehr unterschiedliche Dinge miteinander verglichen werden, zum Beispiel der Preis für Arbeit mit dem Preis einer Maschine. Über die Geld- Die zentrale Rolle des Geldes lässt sich an drei Funktionen festmachen, die das preise lassen sich auch die Herstellungskosten eines Autos oder das Brutto- Geld in modernen Volkswirtschaften übernimmt. inlandsprodukt einer Volkswirtschaft berechnen. Damit Geld diese Funktion wahrnehmen kann, muss es ausreichend teilbar sein.
Die Funktionen des Geldes im Überblick Geld als Wertaufbewahrungsmittel Manch einer möchte Geld aufbewahren, um damit an einem anderen Ort oder Tausch- und Zahlungsmittel Recheneinheit Wertaufbewahrungsmittel zu einem späteren Zeitpunkt einzukaufen. Oder er spart das Geld für größere Anschaffungen. Oder er verleiht es – dann kann jemand anderes das Geld Geld erleichtert den Güterwerte lassen sich in Gelderwerb und Geld- nutzen. Geld erweitert so unseren Handlungsspielraum. Es ist ein Motor für Warentausch. einer Bezugsgröße aus- ausgabe können zeitlich drücken und vergleichen. auseinanderfallen. wirtschaftliche Entwicklung. Um den Wert aufzubewahren, muss Geld haltbar und wertbeständig sein. Da das Geld heute keinen eigenen Materialwert Auch Finanztransaktionen Geld fungiert als Sparen ist möglich. wie die Vergabe von Wert maßstab. mehr hat, kommt es darauf an, den aufgedruckten Nominalwert zu erhalten. Krediten sind möglich. Staatliche Zentralbanken haben die Aufgabe, diesen Geldwert zu sichern.
Um diese Funktionen erfüllen zu können, muss der Gegenstand, der als Geld verwendet wird, gut teilbar, wertbeständig und allgemein akzeptiert sein. 1.3 Erscheinungsformen des Geldes im Wandel der Zeit Deutsche Bundesbank Die Ursprünge des Geldes liegen Geld als Tausch- und Zahlungsmittel im Dunkeln. Manche Fachleute Geld ist, was letztlich als Geld allgemein akzeptiert wird. Geld ist in erster Linie ein Tauschmittel, das den Austausch von Gütern führen seine Entstehung auf reli- vereinfacht. Geld wird aber auch benutzt, um Kredite zu gewähren und giöse Opfergaben zurück, andere Schulden zu begleichen. In diesen Fällen geht es nicht um einen Austausch auf den Tauschhandel, andere auf das Entstehen von Schuldbeziehungen. von Gütern, sondern um Finanztransaktionen. Man spricht von der Geld- Über viele Jahrhunderte galten wertvolle Waren wie Gold, Silber, Salz oder funktion als Zahlungsmittel. Dazu muss die jeweilige Form des Geldes all- bestimmte Muscheln als Geld. Heute benutzen wir Münzen und Banknoten gemein akzeptiert werden. mit einem geringen Materialwert. Unsere Guthaben auf Bankkonten sind nur noch in Bits und Bytes registriert. Obwohl wir es in dieser Form nicht einmal anfassen können, akzeptieren wir es als Geld, weil wir seinem Wert vertrauen. Geld als Recheneinheit Geld ist damit letztlich das, was in einer Gesellschaft in einer bestimmten Zeit Geld vereinfacht das Wirtschaftsleben erheblich, weil es den Wert von Waren als Geld allgemein akzeptiert wird: Geld ist, was als Geld gilt. über eine Recheneinheit vergleichbar macht. Ohne Geld müssten die einzel- nen Tauschverhältnisse untereinander bestimmt werden: Eier in Äpfel, Eier in Salz, Salz in Nähgarn. Schon bei 100 Waren gibt es 4.950 Tauschverhältnisse Warengeld (allgemein: n(n-1)/2 Austauschverhältnisse bei n Gütern). Mit Geld als Rechen- Eine einfache Form des Geldes ist das Warengeld ( auch: Naturalgeld ). Beispiele einheit sind es nur noch 100 Preise: Eier in Euro, Salz in Euro, Nähgarn in Euro. dafür sind Kaurischnecken, Salzbarren, Felle, Federn oder Vieh. Funktionen und Formen des Geldes Funktionen und Formen des Geldes 12 13
Das lateinische Wort für Geld heißt „pecunia“ und wurde aus dem Wort Die ältesten bekannten pecus für Vieh abgeleitet. Auf der pazifischen Insel Yap galten mit einem Münzen stammen aus der Loch versehene Steinscheiben unterschiedlicher Größe als Zahlungsmittel Mitte des 7. Jahrhunderts ( Steingeld ). vor Christi Geburt aus dem Königreich Lydien in
Die Edelmetalle Gold und Silber übernahmen bereits in vorgeschichtlicher Zeit Frühform der Münze aus dem der heutigen West-Türkei. 7. Jh. v. Chr. (Phanes-Stater) die Funktion von Geld. Sie bieten genau wie die ebenfalls häufig verwendete Damals waren es noch Bronze den Vorteil, dass sie relativ knapp, haltbar und leicht teilbar sind. Mit Metallklümpchen, die mit einer Prägung versehen worden waren. Im Laufe der Einführung von Metallgeld konnten die Probleme überwunden werden, der Zeit wurden die geprägten Metallstücke zunehmend breiter, flacher und die mit der Verwendung verderblicher Waren als Geld einhergingen. immer besser gerundet.
Die Idee von genormten und geprägten Münzen verbreitete sich schnell. Die ersten Münzen zeigten Symbole aus der Römische Münze mit Natur oder der Mytho- dem Bildnis Cäsars logie, später oftmals Herrscherporträts. Der Münzherr, der das „Münzregal“ ( d. h. das Recht, Steingeld (Yap) Kaurischnecken Münzen zu prägen ) innehatte, garantierte mit seinem Abbild oder Zeichen, Kaurischnecken Steingeld (Yap) dass die Münzen gemäß den Münzregeln hergestellt waren. Der Gebrauch von Warengeld ist weder auf eine Zeitepoche noch auf einen Kulturkreis beschränkt. So kommt man wieder auf Warengeld zurück, wenn Münzgesetze legten meistens fest, dass der Wert von ausgeprägten Gold- beispielsweise die offizielle Währung das Vertrauen der Menschen verloren hat. münzen und großen Silbermünzen ein wenig höher lag als der Preis des in der Beispielsweise nutzte man in Deutschland kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auf Münze enthaltenen Edelmetalls. Zum einen deckte dies die Kosten der Münz- den Schwarzmärkten Zigaretten anstelle der wertlos gewordenen Reichsmark herstellung. Zum anderen verhinderte es, dass die mühsam „in Geldform“ als Zahlungsmittel. Mit der Einführung der D-Mark 1948 ( Währungsreform ) gebrachten Münzen schnell wieder als Rohstoffe eingeschmolzen wurden. verschwand der Schwarzmarkt und mit ihm die „Zigarettenwährung“. Dennoch sollte dafür gesorgt sein, dass in jeder Münze genügend Gold oder Silber enthalten war.
Münzen Weil Edelmetalle schon immer besonders wertvoll waren, war auch der Wert Warengeld wie Gold oder Silber kann man viel leichter als Geld verwenden, einer einzelnen Großsilber- oder gar Goldmünze so hoch, dass man damit wenn man es in einheitlichen genormten Stücken in Umlauf bringt, anstatt kleinere Beträge gar nicht begleichen konnte. Dafür benötigte man „Klein- immer unterschiedlich schwere Metallklumpen oder Barren abzuwiegen. geld“. Dieses Kleingeld bestand aus sogenannten Teil- oder Scheidemünzen. Wenn eine befugte Autorität Regeln für einheitliche Metallstücke aufstellt, Ihr Wert lag deutlich über dem Preis für die enthaltenen Rohstoffe und sie nach diesen Regeln herstellt, durch ein Bildmotiv beurkunden und dann in die Herstellung. Das moderne Münzgeld heutzutage besteht überwiegend Umlauf bringen lässt, ist eine Münze entstanden. aus Scheidemünzen. Funktionen und Formen des Geldes Funktionen und Formen des Geldes 14 15
Papierne Geldzeichen Banknoten Papierne Geldzeichen haben im Unterschied zu Münzen aus Metall kaum Seit dem 17. Jahrhundert breiteten sich deshalb Banknoten aus, die anfangs einen Warenwert. Allerdings lassen sich mit ihnen große Geldbeträge von privaten Banken ausgegeben wurden. Als erste Notenbank Europas gilt sehr viel leichter, sicherer und damit billiger und schneller transportieren „der Stockholms Banco“. Wegen Silbermangels hatte man in Schweden ab und weitergeben. 1644 Kupferplatten als Geld geprägt. Da die bis zu 20 kg schweren Platten im Alltagsleben unpraktisch waren und oftmals den Transport durch eigene Fuhr- Das älteste Papiergeld gaben vor über tausend Jahren Staatsbehörden in leute notwendig machten, stießen die ab 1661 ausgegebenen Banknoten China aus. Ihre Kaufkraft erhielten die chinesischen Geldscheine nur durch zunächst auf großen Anklang in der Bevölkerung. kaiserlichen Erlass. Solches Staatspapiergeld, wie es in China lange umlief, konnte sich damals in Europa trotz der Versuche verschiedener Regierungen Den Wert der sogenannten „Credityf- nie dauerhaft durchsetzen. Hinter Staatspapiergeld stand kein Warenwert, Zedel“ sollte eine königliche Einlage in sondern nur die Macht und die Glaubwürdigkeit des Staates. der Bank garantieren, die eine Grund- deckung der ausgegebenen Bank- Im mittelalterlichen Europa waren noten ermöglichte. Den Großteil der es dagegen die Kaufleute, die sich Noten gab man jedoch als Kredit auf mit Wechselbriefen eigene Zahlungs- künftige Metallfunde im Lande aus, papiere schufen. Der Bezogene ( z. B. weshalb dem König die Bank als
ein Warenkäufer ) verpflichtete sich eine Art virtuelles Gold- und Silber- „Credityf-Zedel“ des Stockholms Banco in einem Wechselbrief, bei Vorlage bergwerk angepriesen wurde. Die dieses Papiers zu einem bestimmten vom Stockholms Banco ausgegebenen „Kredit-Zettel“ gelten als die ersten Zeitpunkt einen im Papier festge- Banknoten Europas. legten Geldbetrag bar in Gold oder Silber zu zahlen. Indem die Kauf- Dieses Prinzip wurde zur Grundlage des Notenbankwesens, das sich dann leute und Bankiers Wechselbriefe vor allem im 19. Jahrhundert in ganz Europa durchsetzte: Notenbanken ausstellten, diese sich gegenseitig ver- kauften Gold und Silber, aber auch Wechselbriefe der Kaufleute an und gaben kauften und miteinander austauschten, dafür im Gegenzug Banknoten aus. Wer bei der Bank die Banknote einlösen benötigten sie für den Warenhandel wollte, bekam den Betrag der Note jederzeit in Edelmetall ausgezahlt. Käsch-Schein aus China deutlich weniger bares Gold oder Banknoten ergänzten den Geldumlauf und erleichterten den Umgang mit Silber. Sie konnten damit leichter, schneller und sicherer zahlen als mit Münzen großen Geldbeträgen. In Deutschland wurden Banknoten erst im Jahr 1909 und gewährten sich überdies gegenseitig Kredit. gesetzliches Zahlungsmittel.
Neben Wechselbriefen verwandte man in Europa für den kaufmännischen Während noch bis weit ins 20. Jahrhundert Währungen zumindest teilweise Zahlungsverkehr später auch andere Zahlungsversprechen: Bankiers oder durch Gold gedeckt waren, sind die Währungen der meisten Volkswirt- Goldschmiede nahmen Edelmetall ihrer Kunden in sichere Verwahrung schaften heute sogenannte Fiat-Währungen ohne Edelmetalldeckung. Die und stellten ihnen als Bestätigung dafür einen sogenannten Depositen- Bezeichnung „fiat“ ( lateinisch für „es werde“ ) deutet darauf hin, dass schein aus. Gegen Vorlage des Depositenscheins wurde das Edelmetall „Fiatgeld“ allein durch Beschluss der gesetzgebenden Organe eines Staates wieder ausgezahlt. entsteht, der dieses Geld als gesetzliches Zahlungsmittel bestimmt. Funktionen und Formen des Geldes Funktionen und Formen des Geldes 16 17
Die Einführung von Papiergeld löste den Geldwert vom Material des Geldes. Krypto-Assets Geld ist in Form von Banknoten nicht nur bequemer zu transportieren, Bereits vor einigen Jahren kam eine scheinbar neue Kategorie von Geld auf: die sondern auch erheblich billiger herzustellen. Theoretisch könnten unbegrenzt Krypto-Assets, die missverständlicherweise häufig als „Krypto-Währungen“ Banknoten hergestellt werden. Die Kontrolle über den Geldumlauf haben oder auch als „Krypto-Geld“ bezeichnet werden. Krypto-Assets sind privat deshalb staatliche Zentralbanken erhalten. erzeugte digitale „Wertmarken“ ( auf Englisch „Token“ ), die in Computernetz- werken geschaffen und genutzt werden. Diese sind rein digital verfügbar und basieren auf Verschlüsselungstechniken ( Kryptografie ). Die ursprüngliche Idee Buchgeld (Giralgeld) war, ein Zahlungsmittel zu schaffen, Neben dem Papiergeld bildete sich in den großen Handelsstädten in Nord- das von staatlichen Institutionen Krypto-Assets sind italien, aber auch in Amsterdam, Hamburg und Nürnberg nahezu gleichzeitig und Geschäftsbanken unabhängig kein offizielles Geld. das Buchgeld bzw. Giralgeld heraus ist. Damit sollten Zahlungen von – Geld also, das nur in den Konto- Privatpersonen an Privatpersonen Buchgeld wird „stofflos“ von büchern der Banken verzeichnet ist. ermöglicht werden, ohne dass auf staatliches Geld oder Bankguthaben zu- Konto zu Konto übertragen. Bei den „Girobanken“ konnten rückgegriffen werden muss. Die staatliche Einflussnahme auf das Geldwesen Kaufleute Konten eröffnen, um sollte zurückgedrängt und grenzüberschreitende Bezahlvorgänge schneller dann Guthaben von Konto zu Konto zu bewegen. Zugleich begannen die und günstiger durchgeführt werden können. Das bekannteste und am Banken, ihren Kunden über Kredite zusätzliches Buchgeld zur Verfügung weitesten verbreitete Krypto-Asset ist der Bitcoin, dessen Konzept 2008 zum zu stellen. So sind Banknoten und Münzen heute nur noch ein kleiner Teil ersten Mal veröffentlicht wurde. Das technische Fundament, auf dem Bitcoin des umlaufenden Geldes. Das „stofflose“ Buchgeld hat sich durchgesetzt. und viele andere Krypto-Assets basieren, wird als „Blockchain“-Technologie Mit jedem Kontoauszug können wir sehen, wie viel Buchgeld wir besitzen. bezeichnet. Bei dieser handelt es sich um ein Verzeichnis aller durchgeführten Heute wird das Geld aber nicht mehr durch Zu- und Abschreiben in Transaktionen. Dieses Verzeichnis wird nicht durch eine zentrale Instanz, papierhaften Kontobüchern bewegt, sondern in Computern oder über sondern durch alle Teilnehmer des Netzwerks verwaltet und eingesehen. elektronische Medien. Der häufig verwendete Begriff Krypto-Währung klingt nach offiziellem Geld. Dem ist aber nicht so: Hinter den Krypto-Assets steht keine staatliche Zentral- Vertrauen als Grundlage bank, es gibt keine gesetzliche Grundlage und keine staatliche Regulierung, Geld wird nur akzeptiert, wenn alle Besitzer des Geldes darauf vertrauen die die Stabilität und Akzeptanz gewährleistet. Somit besteht kein Anspruch können, dass es seinen Wert behält. Bei vollwertigen Münzen lag der Wert darauf, dass jemand eine Zahlung mit einem Krypto-Asset akzeptieren muss. des Geldes in seinem Warenwert, meist Gold oder Silber. Bei Banknoten und Ebenso wenig besteht ein Anspruch darauf, Krypto-Assets in eine offizielle Buchgeld gibt es keinen Warenwert mehr und sie können quasi „aus dem Währung tauschen zu können. Krypto-Assets erfüllen die Geldfunktionen nur Nichts“ produziert werden. Daher muss es eine Instanz geben, die den Geld- sehr eingeschränkt. Die Akzeptanz als Zahlungsmittel ist äußerst gering. Es umlauf kontrolliert und die Geldwertstabilität gewährleistet. Diese Aufgaben gibt kaum Verkaufsstellen, an denen tatsächlich damit bezahlt werden kann. werden heutzutage meist unabhängigen Zentralbanken übertragen. Mit der Auch werden Preise nur selten in Krypto-Assets ausgedrückt, sodass diese Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung im Jahre 1999 hat im Euro- auch nicht als Recheneinheit genutzt werden können. Wegen ihrer starken Währungsgebiet das Eurosystem diese Aufgabe übernommen. Es besteht aus Kursschwankungen eignen sich Krypto-Assets kaum als zuverlässiges Wert- der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken der aufbewahrungsmittel. Krypto-Assets sind damit vor allem ein Instrument der Euro-Länder. Die deutsche Zentralbank ist die Deutsche Bundesbank. spekulativen Geldanlage. Funktionen und Formen des Geldes Funktionen und Formen des Geldes 18 19
Die Blockchain-Technologie Das Wichtigste im Überblick:
Initiierung und formale Prüfung –– Geld hat in modernen Volkswirtschaften eine zentrale Rolle. Es erleichtert den Handel und unterstützt die arbeitsteilige Wirtschaft. ? A möchte eine Transaktion an B durch- ? ? führen, z.B. um etwas zu bezahlen. –– Geld ist Tausch- und Zahlungsmittel, Recheneinheit und Wertauf- A C B Im Netzwerk wird von den Nutzern ? geprüft, ob A die Transaktion durch- bewahrungsmittel. Um diese Funktionen erfüllen zu können, muss führen darf und ob sie bereits in der das Geld vor allem wertbeständig sein. ? ? Blockchain enthalten ist, um eine ? doppelte Ausführung auszuschließen. –– Die Erscheinungsform von Geld hat sich im Laufe der Zeit geändert. Eine einfache Form von Geld ist das Warengeld, also Gegenstände, die als Geld verwendet werden. Kryptografische Prüfung
A C B –– Während Metalle zunächst als Warengeld dienten, kam man später darauf, es in eine einheitliche Form zu bringen. Geprägte Metall-
C C D Miner stücke, also Münzen, werden noch heute verwendet.
–– Neben den Münzen setzte sich das Papiergeld durch. Papiergeld X C Y erleichtert den Umgang mit großen Geldbeträgen. Das gilt erst recht für das stofflose Buchgeld, das im heutigen Wirtschaftsleben Mehrere geprüfte Transaktionen werden Der neue Block wird der bestehenden quantitativ die größte Rolle spielt. von sog. Minern in einem Block gebün- Kette aus Blöcken (Blockchain) ange- delt. Miner sind Mitglieder des Netzwerks hängt. Durch einen Verweis auf den mit besonderer Rolle. Allerdings wird nur jeweiligen Vorgängerblock entsteht eine –– Geld wird nur akzeptiert, wenn alle Besitzer von Geld darauf der Block des schnellsten Miners ausge- eindeutige Transaktionshistorie, bei der führt. Dieser Miner erhält dafür eine eine Manipulation sofort auffallen vertrauen können, dass es seinen Wert behält. In der heutigen Zeit Belohnung, z.B. Krypto-Assets. würde. haben Zentralbanken die Aufgabe, den Wert des Geldes zu sichern.
–– Krypto-Assets sind kein offizielles Geld. Sie erfüllen die Geld- Abschluss und Aktualisierung funktionen nur sehr eingeschränkt. Hinter den Krypto-Assets steht keine staatliche Zentralbank, es gibt keine gesetzliche Grundlage ✔ Die Transaktion von A nach B wurde und keine staatliche Regulierung. durchgeführt. A C B Jede Kopie der Blockchain im Netzwerk wird um den neuen Block aktualisiert. Kapitel 2 Das Bargeld Das Bargeld Das Bargeld 22 23
2. Das Bargeld zur Ausgabe der Banknoten berech- tigt. Das Notenmonopol in Deutsch- Banknoten gibt die Zentralbank, Münzen der Staat aus. Wer an Geld denkt, hat meist Bargeld, also Banknoten und Münzen, vor land hat die Deutsche Bundesbank. Augen. Banknoten sind Geldscheine. Münzen sind geprägte Metallstücke. Sie Sie gibt die Banknoten vor allem lauten beide auf einen bestimmten Betrag ( Nennwert ) in einer bestimmten über die Geschäftsbanken in Umlauf. Das Volumen der in Umlauf gegebenen Währung. Die Währung in Deutschland ist seit Anfang 2002 – wie im gesamten Banknoten wird allein durch die Nachfrage bestimmt. Daher gibt die Bundes- Euroraum – der Euro. Münzen ergänzen bei kleinen Zahlungen die Banknoten. bank – in der Regel im Rahmen einer Kreditgewährung an die Geschäfts- Ihr Nennwert ist im Allgemeinen – so auch bei den Euro-Münzen – höher als banken – alles Bargeld aus, das die Banken und deren Kundschaft benötigen. der Metallwert. Solche Münzen nennt man Scheidemünzen. Die Zuständigkeit für die Euro-Münzen liegt – anders als bei den Banknoten Euro-Banknoten sind im Euro- – bei den Euro-Ländern. Dies ist ein Relikt aus alter Zeit, als es ausschließlich Euro-Bargeld ist Währungsgebiet das einzige un- Münzen gab. Damals schon lag das Recht zur Regelung des Münzwesens gesetzliches Zahlungsmittel im beschränkte gesetzliche Zahlungs- beim Landesherrn bzw. beim Staat ( sog. Münzregal ). In Deutschland lässt das Euro-Währungsgebiet. mittel. Jeder Gläubiger einer Geld- Bundesministerium der Finanzen Euro-Münzen herstellen. Die Bundesbank forderung muss vom Schuldner bringt sie dann in den Umlauf. Banknoten in unbegrenztem Umfang als Erfüllung seiner Forderung an- nehmen, sofern beide vertraglich nichts anderes vereinbart haben und gesetzliche Annahmebeschränkungen nicht entgegenstehen. Keine Deckungsvorschriften In früheren Zeiten waren Noten- Im Gegensatz zu den Banknoten sind die Euro-Münzen nur in beschränktem banken verpflichtet, ausgegebene Die Ausgabe des Euro- Umfang gesetzliches Zahlungsmittel. Im Euro-Währungsgebiet ist ein Gläubiger Banknoten gegen Gold oder Silber Bargeldes ist an keine Deckungs- vorschrift gebunden. nicht verpflichtet, mehr als 50 Münzen pro Zahlung anzunehmen. Auch einzutauschen. Deshalb mussten sie können Gläubiger und Schuldner das Bezahlen mit Münzen durch Vertrag häufig zu einem bestimmten Pro- ganz ausschließen. zentsatz durch das entsprechende Edelmetall „gedeckt“ sein. Die Banknoten- ausgabe war somit durch die vorhandenen Edelmetallvorräte begrenzt. Inzwischen weiß man aber, dass derartige Regelungen nicht erforderlich sind, 2.1 Ausgabe von Bargeld um den Wert des Geldes zu sichern.
Wer Bargeld verwendet, muss sich darauf verlassen können, dass Banknoten Die Zentralbanken im Euroraum sind deshalb nicht verpflichtet, den Gegen- und Münzen gültiges Geld sind. Bargeld wird darum nicht von privaten Unter- wert einer vorgelegten Banknote in Gold oder andere Vermögenswerte zu nehmen ausgegeben, sondern nur von staatlichen Institutionen. Sie garantieren tauschen. Sie können alle Euro-Verbindlichkeiten immer bedienen, in Euro die hohe Qualität und Sicherheit der Banknoten und Münzen. also nicht zahlungsunfähig ( „illiquide“ ) werden. Nationale Zentralbanken im Euroraum, wie die Bundesbank, nehmen auch Euro-Münzen wieder zum Nennwert entgegen und wandeln sie in Banknoten oder Kontoguthaben Notenmonopol und Münzregal um. Auch hier ist ein Umtausch in andere Vermögenswerte nicht möglich. Im Euroraum sind die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentral- banken der Länder, die den Euro als gemeinsame Währung eingeführt haben, Das Bargeld Das Bargeld 24 25
2.2 Bargeldkreislauf in Deutschland Bargeldnutzung in Deutschland Spezialdruckereien und Münzprägeanstalten stellen die Banknoten und Münzen her und liefern sie an die Bundesbank. Die Geschäftsbanken oder Zwar verliert das Bargeld gegenüber bargeldlosen Zahlungsformen be- von ihnen beauftragte Wertdienstleister – private Unternehmen, die den ständig an Bedeutung, doch zahlten Privatpersonen in Deutschland – Transport von Werten wie Bargeld durchführen – holen das Bargeld bei den 2017 ähnlich wie 2014, 2011 und 2008 – 48 % ihrer Umsätze mit Filialen der Bundesbank ab. Über die Banken gelangt das Geld dann zu Banknoten und Münzen ( ausgenommen regelmäßige Zahlungen wie Unternehmen und Verbrauchern in den Wirtschaftskreislauf. Umgekehrt Mieten ). Dies geht aus der vierten Studie der Bundesbank zum „Zah- zahlen die Teilnehmer des Wirtschaftskreislaufs Bargeldüberschüsse bei den lungsverhalten in Deutschland“ hervor. Danach wird der Großteil der Geschäftsbanken wieder ein. Zahlungen bis 50 Euro bar bezahlt. Der durchschnittliche Geldbeutel einer Privatperson enthält 107 Euro an Banknoten und Münzen. Für über 80 % der Befragten würde eine Abschaffung des Bargelds eine Bargeldkreislauf in Deutschland große persönliche Einschränkung bedeuten.
Bezahlarten nach Zahlungsort bzw. -zweck Wertdienst- Geschäfts- Bundesbank Verbraucher leister banken 2017, Angaben in % des Umsatzes; gemäß Zahlungstagebuch