Nationalpark atneroioig2000 Wattenmeermonitoring Wattenmeer Schleswig-Holsteinisches Nationalpark Impressum

Herausgeber: Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Am Schloßgarten 1 25832 Tönning www.wattenmeer-nationalpark.de E-Mail: [email protected]

Redaktion und Grafikbearbeitung: Kai Eskildsen

Herstellung: Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens GmbH & Co. KG, Heide Dezember 2000

ISSN-Nr. 0946-7645

Titel: Feldarbeiten zur Vegetationsentwicklung der Salzwiesen auf der (Foto: Martin Stock)

Diese Broschüre wurde aus 100 % Recyclingpapier hergestellt.

Die Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig- Holsteinisches Wattenmeer dient der Veröffent- lichung wissenschaftlicher Arbeiten aus allen Gebieten der Wattenmeerforschung. Die Ver- antwortung für den fachlichen Inhalt der Hefte tragen die Autorinnen und Autoren.

Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu ver- wenden. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffent- lichkeitsarbeit der schleswig-holsteinischen Lan- desregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung Zitiervorschlag: verwendet werden. Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Watten- Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorste- henden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer meer (Hrsg.; 2001): Wattenmeermonitoring 2000 – Schriftenreihe Weise verwendet werden, die als Parteinahme des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen Sonderheft, 76 S. verstanden werden könnte. Inhalt

Trilaterales Wattenmeermonitoring – Status und Ausblick ...... 3 Harald Marencic

Seevermessungsdaten für das Monitoring – Messverfahren, Dateninhalte, Bezugssystemfragen...... 6 Wilfried Ellmer

Zeitliche und räumliche Variabilität der Nährstoffdynamik im Wattenmeer . . 8 Justus van Beusekom

Ästuare: Das Habitat für eingeschleppte Makroinvertebraten ...... 12 Stefan Nehring

Anatol holte Muscheln – Einfluss eines Orkans auf Muschelbänke im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ...... 18 Georg Nehls

Zehn Jahre Fischmonitoring ...... 21 Ralf Vorberg

Der Demersal Young Fish Survey (DYFS) in Schleswig-Holstein – Entwicklung und derzeitiger Stand ...... 24 Thomas Neudecker

Robbenmonitoring ...... 31 Kai F. Abt

Monitoring von Schweinswalen im Walschutzgebiet vor und . . 33 Klaus Lucke, Kai Eskildsen, Adolf Kellermann & Ursula Siebert

Spülsaummonitoring an der deutschen Nordseeküste im Winter 1999/2000 ...... 36 David M. Fleet

Sozioökonomisches Monitoring – SÖM Watt ...... 38 Christiane Gätje

Atmosphärische Stoffeinträge in Schleswig-Holstein ...... 42 Uwe Eckermann, Gerhard Köhler & Carola Pommerening

Umweltprobenbank des Bundes – Langfristtrends der Schadstoffbelastung in Wattenmeerorganismen ...... 46 Umweltbundesamt, bearbeitet von Gerhard Wagner und Heinz Rüdel

Das Algenfrüherkennungssystem (AlgFES) des Landes Schleswig-Holstein ...... 53 Jeanette Göbel

Algen und Seegras: grüne Matten und Wiesen im Watt ...... 55 Karsten Reise

1 Flächenentwicklung der Festlandsalzwiesen in Schleswig-Holstein ...... 57 Martin Stock, Sabine Gettner, Jörn Kohlus & Hartmut Stumpe

Brutvögel 2000 ...... 62 Bernd Hälterlein

Rastvögel im schleswig-holsteinischen Wattenmeer ...... 64 Klaus Günther

Eiderenten und mausernde Brandenten im schleswig-holsteinischen Wattenmeer 2000 ...... 68 Norbert Kempf

Notwendigkeit ungestörter Mausergebiete für die Trauerente (Melanitta nigra) ...... 70 Veit Hennig & Kai Eskildsen

Zusammenfassende Bewertung des Monitoringjahres 2000...... 72 Adolf Kellermann

2 Trilaterales Wattenmeermonitoring – Status und Ausblick Harald Marencic

nicht abgestimmten nationalen Pro- decken und die nötigen Informationen für Integration von Monitoring gramme, ins Leben gerufen. Als weiterer Gebietsmanagement und Politik zu liefern und Management Schritt wurde auf der achten trilateralen Mi- (DE JONG et al. 1999). Dies gilt insbeson- nisterkonferenz (Stade 1997) vereinbart, dere für den Offshore- und den sublitoralen Ein umfassendes Verständnis von den ein gemeinsames Paket von Monitoring- Bereich, die Fischpopulationen im Watten- Funktionen und der langfristigen Entwick- parametern („Common Package“) auf der meer (demersal und pelagisch), marine lung des Wattenmeeres bildet die unver- Grundlage von abgestimmten Richtlinien Säuger (Kleinwale und Kegelrobben) und zichtbare Grundlage für einen effektiven einschließlich eines dazugehörigen Daten- wichtige Bereiche des Vogelmonitoring Schutz dieses einmaligen Gebietes. Ein austauschsystems in allen drei Staaten zu (Nahrungsverfügbarkeit, Fluchtdistanzen, ökosystemar orientiertes Monitoringpro- installieren (CWSS 2001) (Abbildung 1). Bruterfolg). Es liegen bereits Vorschläge gramm liefert die notwendigen Grundlagen Das TMAP bietet auch den Rahmen für vor, wie diese Defizite im Rahmen der vor- dafür und ist deshalb ein integraler Bestand- eine begleitende Forschung, um die Er- handenen finanziellen und technischen teil der trilateralen Zusammenarbeit zwi- gebnisse des Monitoring besser interpre- Möglichkeiten behoben werden können. schen den Niederlanden, Deutschland und tieren zu können und für zukünftige Fra- Die Ministerkonferenz in Esbjerg im Okto- Dänemark zum Schutz des Wattenmeeres. gestellungen gerüstet zu sein (KELLER- ber 2001 hat diese Vorschläge diskutiert Diese Kooperation, die alle Bereiche MANN 2000a). und die Weichen für die zukünftige TMAP- des Wattenmeerschutzes umfasst, exis- Arbeit gestellt. tiert seit 1978 und ist in seiner Art weltweit Umsetzung des TMAP – Trotz aller bestehenden Schwierigkeiten einmalig. Mit der Verabschiedung eines ge- Probleme und Erfolge hat sich das TMAP als gemeinsames Moni- meinsamen Wattenmeerplans auf der Mi- toringprogramm, auch im internationalen nisterkonferenz in Stade 1997 haben sich Die Einrichtung des TMAP und die Umset- Vergleich bewährt. Es ist ein sektorenüber- erstmalig die drei Staaten detailliert auf ein zung des „Common Package“ verlief nicht greifendes Programm und befasst sich ne- gemeinsames Management für ein so ohne Schwierigkeiten. Nicht alle im TMAP- ben physiko-chemischen, morphologisch- großes grenzüberschreitendes Ökosystem Konzept von 1993 vorgeschlagenen Moni- hydrologischen und biologischen Aspek- wie das Wattenmeer geeinigt (CWSS toringparameter konnten in allen drei Staa- ten auch mit menschlichen Aktivitäten im 1998). ten umgesetzt werden. Aus finanziellen Wattenmeer. Die Grundlagen für eine har- Das Ziel des gemeinsamen Monitoring und praktischen Gründen wurde eine Aus- monisierte, dezentral organisierte Daten- ist es, den Zustand des Wattenmeeres in wahl getroffen, die trotzdem eine ausrei- haltung sind gelegt und ermöglichen in Zu- seiner Gesamtheit zu bewerten und die chende Aussagekraft besitzt, um die Ba- kunft einen schnelleren Zugriff auf die Mo- Umsetzung der im Wattenmeerplan verein- sisinformationen für eine Bewertung der nitoringdaten. barten Ziele zu überprüfen. Falls erforder- wichtigsten Bereiche des Wattenmeeres lich, werden dann auf trilateraler Ebene zu liefern. Viel Unterstützung für weitergehende Maßnahmen abgestimmt. Eine unlängst durchgeführte Bewertung das TMAP Das Trilaterale Monitoring und Bewer- des TMAP hat gezeigt, dass das „Com- tungsprogramm (TMAP) wurde 1994 auf mon Package“ allein nicht ausreichend ist, Der Erfolg des TMAP ist in erheblichem Grundlage der bestehenden, jedoch noch um alle Bereiche des Monitoring abzu- Maße auf die Unterstützung und das große

Common Package des trilateralen Monitoring

Allgemeine Parameter Chemische Parameter 1.1 Geomorphologie Biologische Parameter 4.1 Phytoplankton h 2.1 Nährstoffe 1.2 Hydrologie/Überflutung Abbildung 1: Gemein- 5.3 Macrozoobenthos sames Paket der Monito- 3.1 Metalle im 1.3 Wetterbedingungen ringparameter „Common Sediment 5.1 Benthische Package“. Die Monito- 3. TBT in Sediment Habitat-Parameter Parameter zur Makroalgen ringdaten werden über menschlichen Nutzung 5.2 Seegras und Wasser 5.5 Miesmuschelbänke die TMAP Daten Units für 7.1 Brutvögel die trilaterale Auswertung Schadstoffe in 9.1 Salzwiesen 6.3 Fischerei 7.4 Rastvögel zur Verfügung gestellt. 5.6 Miesmuscheln 10 Dünen 9.1 Landwirtschaftliche (Die Zahlen verweisen 6.2 Flundern Nutzung 7.5 Verölte Vögel auf die entsprechenden 7.3 Vogeleiern 11 Erholungsnutzung 8.1 Seehunde Kapitel im TMAP- Manual).

3 Engagement der beteiligten Wissenschaft- nisse auch für die Öffentlichkeit verfügbar. nen und Behörden mit den unterschied- ler, Forschungsinstitute, Universitäten und Eine Ausweitung dieses Beispiels nach lichsten Themenbereichen müssen unter zuständigen Behörden zurückzuführen. Niedersachsen, den Niederlanden und Dä- einen Hut gebracht werden. Ein Vorlauf von Die wissenschaftliche Zusammenarbeit im nemark ist wünschenswert. zwei bis drei Jahren ist nicht ungewöhnlich, Wattenmeer hat in diesem Zusammen- Eine über zehnjährige intensive trilate- wie Erfahrungen mit dem QSR 1999 (DE hang eine lange Tradition. Seit 1975 sind rale Zusammenarbeit existiert beim Moni- JONG et al. 1999) gezeigt haben, und er- die regelmäßigen wissenschaftlichen Wat- toring von Seehunden und Vögeln – hier ist fordert ein hohes Maß an Koordination und tenmeersymposien ein fester Bestandteil eine Zusammenarbeit über Ländergrenzen finanziellen und personellen Ressourcen. der trilateralen Zusammenarbeit. Das hinweg besonders naheliegend. Die Erfah- Die Ergebnisse des Rast- und Brutvo- zehnte Symposium im Oktober 2000 hat, rungen aus diesen ersten trilateralen Moni- gelmonitoring werden regelmäßig von den wie alle Symposien vorher, eine Reihe von toringprogrammen, die Ende der 1980er entsprechenden trilateralen Expertengrup- Empfehlungen erarbeitet, die auf der Minis- Jahre entstanden, gaben entscheidende pen zusammengestellt – inzwischen liegen terkonferenz in Esbjerg vorgelegt wurden. Impulse für den Aufbau des TMAP. Trilate- über zehn trilaterale Berichte vor, der letzte Das erste wissenschaftliche Watten- rale Expertengruppen für das Monitoring erschien im Jahr 2000 (RASMUSSEN et al. meer-Symposium 1975 war übrigens die von Brut- und Rastvögeln arbeiten seit 2000). Auch dies erfordert einen erhebli- Initialzündung für die trilateralen Minister- Jahren erfolgreich zusammen und tragen chen Aufwand, da die Ergebnisse aus un- konferenzen, die seit 1978 alle drei bis vier zum Erfolg bei der Weiterentwicklung des terschiedlichen Quellen stammen, teil- Jahre abgehalten werden. Programms und der Ergebnisaufarbeitung weise unter Mitarbeit freiwilliger Zähler, und Einen erheblichen Beitrag bei der Ent- bei. die Bearbeitung und Auswertung der Zähl- wicklung des TMAP lieferte die Ökosys- ergebnisse sehr aufwendig ist. temforschung. Einige Teilprojekte münde- Zukünftige Schwerpunkte Der jährliche Monitoringworkshop in ten als Bausteine in das schleswig-holstei- im TMAP Schleswig-Holstein ist erster Schritt in dem nische TMAP und liefern wertvolle Daten Bemühen die Monitoringergebnisse des für das Management (STOCK et al. 1996). Monitoringergebnisse schneller ver- TMAP für Verwaltung, Politik und Öffent- Das Nationalparkamt in Tönning, das die fügbar machen lichkeit möglichst schnell und umfassend schleswig-holsteinischen TMAP-Arbeiten Das Erheben, Auswerten und Veröffent- zur Verfügung zu stellen. Dadurch wird koordiniert und selbst Monitoringaufgaben lichen der Monitoringdaten ist zeitaufwen- auch die Akzeptanz zum Monitoring erhöht durchführt, spielt auch eine zentrale Rolle dig, insbesondere wenn dies für das – in Zeiten des knappen Geldes ein nicht zu bei der Umsetzung des TMAP auf trilatera- gesamte Wattenmeer geschehen soll. unterschätzender Nebeneffekt. ler Ebene. Durch das kontinuierliche Enga- Viele verschiedene Institute, Organisatio- Für das TMAP ist es eine sehr große gement aller Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter ist es in Schleswig-Holstein gelun- gen, das TMAP in Zusammenarbeit mit den zuständigen Instituten erfolgreich um- zusetzen. Behörden TMAP Präsentation Der (vorläufige) Höhepunkt dieses kon- Wissenschaft TMAP-Report (Qualitätszu- Interessengruppen sequenten Einsatzes ist die Einrichtung stand, Workshops, Vögel) lokale Bevölkerung TMAP Internet Plattform des Multimar Wattforums in Tönning, (CWSS-Website, Interwad) ein Informations- und Monitoringzentrum, das auch das TMAP mit einbezieht und mehr bietet „als nur trockenes Wissen TMAP Bewertung über einen feuchten Lebensraum“ (KEL- trilaterale Bewertungsinstrumente LERMANN 2000b). h Abbildung 2: Aufbau- end auf dem gemeinsa- Monitoring- (Karten, Graphiken) Diese Vorreiterrolle Schleswig-Holsteins men Datenaustausch- Experten Expertenbewertung im TMAP wird auch durch den jetzt schon system werden die Er- gebnisse trilateral bewer- dritten Workshop zum Wattenmeermoni- tet und veröffentlicht. Die toring demonstriert. Aktuelle regionale Er- Koordinierung erfolgt Data Units durch die TMAG (Trilate- nationale harmonisierte Datanbasen gebnisse werden nicht nur intern sondern ral Monitoring and As- Monitoring- und Datenkataloge einem breiteren Expertenkreis vorgestellt sessment Group) und Experten und diskutiert. Durch die Veröffentlichung das CWSS (Common Secreta- in der Schriftenreihe werden die Ergeb- riat).

4 Herausforderung, die Monitoringergeb- Erfahrung mit einem sozioökonomischen DE JONG, F., J. BAKKER, K. V. BERKEL, N. nisse für alle Themenbereiche und das ge- Monitoring liegen bereits in Schleswig-Hol- DANKERS, K. DAHL, C. GÄTJE, H. MARENCIC, samte Wattenmeer möglichst ohne große stein vor (GÄTJE 2001). Die Erfassung und P. POTEL (1999): Wadden Sea Quality Status Report 1999. – Wadden Sea Ecosystem No. 9. Verzögerung verfügbar zu machen und Bewertung kulturhistorischer Merkmale im Common Wadden Sea Secretariat, Wilhelmsha- entsprechend zu bewerten. Zusätzlich Wattenmeergebiet ist das Thema eines tri- ven. 259 S. wird in Zukunft ein Datenaustauschsystem lateralen Projektes innerhalb des Watten- die Informationen aus dem TMAP wesent- meerplans (ESPERSEN 2000). ESPERSEN, S. (2000): Lancewad – Landscape lich schneller zur Verfügung stellen und die Das TMAP ist damit auch eine Plattform and Cultural Heritage in the Wadden Sea Re- gemeinsame Auswertung der Daten er- für den Austausch und die Zusammenar- gion. – WSNL 2000/1: 25–26. leichtern, vorausgesetzt alle Monitoringda- beit zwischen Wissenschaftlern aus ver- ten werden rechtzeitig und umfassend in schiedenen Instituten und Organisationen. GÄTJE, C. (2001) Sozioökonomisches Monito- ring – SÖM Watt. – In: Landesamt für den Natio- das System eingegeben. Diese Funktion des TMAP soll in Zukunft nalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Darüber hinaus ist eine entsprechende stärker berücksichtigt werden. Neben the- (Hrsg.): Wattenmeermonitoring 2000. – Schrif- Arbeitsstruktur erforderlich, um die Daten menspezifischen Arbeitsgruppentreffen tenreihe des Nationalparks Schleswig-Holsteini- auszuwerten und in geeigneter Form zu sind multi- oder interdisziplinäre Arbeits- sches Wattenmeer, Sonderheft, Tönning: veröffentlichen, ähnlich der bereits beste- strukturen deshalb besonders wichtig. Sie 38–41. henden trilateralen Expertengruppen zum würden Monitoringexperten aus verschie- Brut- und Rastvogelmonitoring, (Abbil- denen Fachgebieten die Möglichkeit bie- KELLERMANN, A. (2000a) Can monitoring re- dung 2). Neben der Koordinierung des ten, ihre Ergebnisse untereinander intensiv sults be applied without concomitant ecological research? – Schriftenr. Landschaftspflege Na- Monitoring wird diese Arbeit in den näch- zu diskutieren und Informationen auf direk- turschutz, Heft 62: 151–161. sten Jahren ein Schwerpunkt des TMAP tem Wege auszutauschen. bilden. KELLERMANN, A. (2000b): Watt erleben. – Spektrum der Wissenschaft, August 2000: Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Literatur 94–96. TMAP intensivieren Das TMAP umfasst eine Vielzahl verschie- CWSS (1998): Ministererklärung der Achten Tri- RASMUSSEN L. M., D. M. FLEET, B. HÄLTER- dener Parameter aus unterschiedlichen lateralen Regierungskonferenz zum Schutz des LEIN, B. J. KOKS, P. POTEL, P. SÜDBECK (2000): Breeding Birds in the Wadden Sea in wissenschaftlichen Disziplinen. Eine ver- Wattenmeeres. – Common Wadden Sea Secre- tariat, Wilhelmshaven, 116+100 S. 1996. Results of a total survey in 1996 and of stärkte Integration von sozioökonomi- numbers of colony breeding species between schen und kulturhistorischen Aspekten in CWSS (2001): TMAP Manual: Monitoring Gui- 1991 and 1996. – Wadden Sea Ecosystem No. der Wattenmeerzusammenarbeit wird delines. Data Handling Manual. – Common 10. Common Wadden Sea Secretariat, Wil- auch Auswirkungen auf das TMAP haben. Wadden Sea Secretariat, Wilhelmshaven. helmshaven.

5 Seevermessungsdaten für das Monitoring – Messverfahren, Dateninhalte, Bezugssystemfragen Wilfried Ellmer

• Tiefe mit Vertikallot oder Fächerecholot; folgenden vier Bereichen Verwendung fin- Einführung • Hilfsdaten wie Wasserstände (Pegel), den: Schallgeschwindigkeit, Hub, Roll, • Visualisierung der eigenen Messergeb- Vermessungsdaten werden für morpholo- Stampf. nisse gische und hydrologische Zwecke be- Die Ergebnisse enthalten Tiefenzahlen, • Darstellung der Abhängigkeit eigener nötigt, auch zur geographischen Einord- Tiefenlinien und Küstenlinien, soweit sie im Parameter von der Topographie nung der gemessenen Daten. Dabei geht Rahmen einer Vermessungsaufgabe be- • Darstellung der Morphologie es auch um Definitionsfragen für Gesetz- stimmt wurden. Sie können in der analo- • Definition der Null-Meter-Linie gebungs- oder andere Regelungszwecke. gen Topographischen Karte des Seegrun- Messergebnisse im Monitoring lassen sich Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, des dargestellt werden, neben der Darstel- gut über einer Topographie darstellen. dass die Daten in erster Linie für die Sicher- lung des Gitters und Zusatzinformationen Dann ist für den Betrachter der geographi- heit und Leichtigkeit des Seeverkehrs er- wie Seezeichen, Namen, Festpunkte (Ab- sche Bezug leichter zu erkennen. fasst werden, insbesondere als Grundlage bildung 1). Will man eigene Parameter in Abhängig- für die nautischen Informationen, wie See- Neben der analogen Karte werden die keit von der Topographie darstellen und karten, des Bundesamtes für Seeschiff- Ergebnisse auch digital weitergegeben, sucht dafür eine geeignete Kartengrund- fahrt und Hydrographie (BSH). vorzugsweise als Koordinatentripel oder lage, ist zu bedenken, dass die Seekarte, Seevermessung ist die topographische als CARIS-ntx-Dateien. Die Kunden, an die das bekanntere Produkt des BSH, eine Aufnahme des Meeresbodens und der die Daten abgegeben werden, sind insbe- thematische Karte darstellt. Ihr Ziel ist die Wattflächen sowie die Ortsbestimmung sondere die eigene Nautische Kartogra- Information für den Nautiker. Die Topogra- von ortsfesten Objekten auf See über oder phie des BSH sowie die Wasser- und phie tritt dabei in den Hintergrund. Das unter dem Wasser (ELLMER 1995). Die Schifffahrtsverwaltung. Daneben gibt es drückt sich zum Beispiel darin aus, dass Aufnahme des Meeresbodens ist die See- auch andere Interessenten wie Länder- nur Minimumtiefen dargestellt werden. Die vermessung im engeren Sinn, auf die im verwaltungen, Bundesmarine, Fischerei, Topographische Karte des Seegrundes Folgenden näher eingegangen werden Landesvermessung oder die Wissen- dagegen hat zum Ziel, die Erscheinungen soll. Die Bestimmung ortsfester Objekte schaft. des Meeresbodens selbst darzustellen wird separat davon durchgeführt, allge- und ist damit das geeignetere Mittel, um mein als Wracksuche bezeichnet. Mit den Nutzung der Seevermessungs- Monitoringparameter bezogen auf ihre Vermessungsschiffen und -booten werden daten Geographie darzustellen. die folgenden Daten aufgenommen: Sie beantwortet damit die Frage, was • Position mit DGPS, künftig auch Höhen Die Ergebnisse der Seevermessung kön- sich wo befindet, an welchem Ort und in mit präzisem DGPS (ELLMER 1999); nen im Monitoringbereich beispielsweise in welcher Tiefe. Sie beschreibt die Form des Bodens, die Morphologie, also Priele, ebene Flächen, geneigte Flächen, kleine oder große Rippel, nur insoweit, wie es der

N08˚18'00" N08˚19'00" Maßstab zuläßt. N54˚45'00" 43 Schließlich ermittelt die Seevermessung 99 121 11510311383 die für gewisse rechtliche Regelungen 146 SYLT 2 51 130 118 103109119 140 106 85 8 146 134 126 wichtige Null-Meter-Linie. Diese Linie ist 38 28 der Schnitt des Meeresbodens mit der Be- 125 158 149 36 30 27 19 35153 151 127 149166 loch 14 zugsfläche Seekartennull. Das Seekarten- 146 4 135 167 173160175169 130 37 32 24 25 5 172 null ist die Fläche, auf die sich alle Tiefen 4 97184 6 5 96 6 5 4 1821 1551 der Seekarte beziehen. In Deutschland ist 33 32 30 329 2818 6 18 117195184 186 206185163 179 22 13 22 10 5 21 7 9 76 sie wegen der unterschiedlichen Gezeiten- 18 139 19 1 186 208183 80 128 19 34 34 47 162 194208 166 177 13 21 812 5 7 5 verhältnisse unterschiedlich definiert. In 75 9 1 8 7 21 4225214 192174160182 169122 der Ostsee entspricht sie ungefähr dem 9 24 22 28 21 28 38 2312 27 12 18 mittleren Wasserstand, das ist vor der Küs- 267 249 190 2188170 112 11 31 44 190 21 189156 28 17 1631 te Schleswig-Holsteins das Normalnull 159116 52 7 22 25 152 238 192 203 197 27 8 18 24 14 22 16 11 269348 271 190 (NN) und vor der Küste Mecklenburg-Vor- 5 73 N54˚44'00" 92 8 1 g Abbildung 1: Aus- pommerns das Höhennull (HN) minus 14 1721 1671 165 15079 10 159 265 180 184 51 47 18 3126 23 28 13 17 Amrum- schnitt aus einer topo- Zentimeter. Diese Flächen werden durch 9 6 13997 graphischen Karte des 13 181 14016140 7 177 5654 34 1419 23 15 151 1 167 154 42 Seegrundes. die von der Landesvermessung höhen-

6 mäßig festgelegten Pegel realisiert. In der mittelt wird. Auf diese Weise ist das ELLMER, W. (1999): What can Satellite Positio- Nordsee wird das Seekartennull definiert Seekartennull die Bezugsfläche, die nur ning do Nowadays for Sea Surveying? – ETT 99/ SATNAV 99 1st European Symposium on Trans- durch das Mittlere Springniedrigwasser selten vom Wasserstand unterschritten port Telematics. 08–12 November 1999, Pots- (MSpNW). Es wird realisiert über Pegel, bei wird. Sie stellt damit ungefähr die Grenze dam. Bonn: Deutsche Gesellschaft für Ortung denen regelmäßig die Differenz zwischen zwischen Eulitoral und Sublitoral dar. und Navigation: 167–173. dem Pegelnull und dem Seekartennull überprüft wird. Die Korrektur der gemesse- Literatur PIJAROWSKI, D. (1984): Gezeiten, Bezugshori- nen Tiefen auf diesen Bezugshorizont ge- zont, Beschickung. – In: Einführung in die Hy- drographie – Vortragsdokumentation. – 16. schieht mit Hilfe der Wasserstandserrech- ELLMER, W. (1995): Die Vermessung der deut- DVW Seminar. Hamburg 24.–25.5.1984. Hrsg. nungskarte (WEK) (PIJAROWSKI 1984), schen Seegebiete. – Der Vermessungsinge- vom Deutschen Verein für Vermessungswesen aus der der Fortschritt der Tidewelle er- nieur, Wiesbaden 46/3: 112–117. (DVW) e.V. Arbeitskreis 4, 1984, Beitrag Nr. 5.

7 Zeitliche und räumliche Variabilität der Nährstoffdynamik im Wattenmeer Justus van Beusekom

dell. Nährstoffe werden durch Flüsse in die stanz auch tatsächlich in das Wattenmeer Einleitung Nordsee eingetragen. In der Nordsee be- hineintransportiert wird, ist nicht durch di- stimmt die Menge der eingetragenen rekte Beobachtungen geklärt. Dass das Es besteht kein Zweifel darüber, dass das Nährstoffe, wieviel organische Substanz Wattenmeer mehr organische Substanz Wattenmeer eutrophiert ist. Es ist aber eine durch das Phytoplankton produziert wer- remineralisiert als es produziert, ist aber offene Frage, wie stark die Nährstoffbelas- den kann. Ein Teil dieser organischen Sub- hinreichend dokumentiert (VAN BEUSE- tung des Wattenmeeres zugenommen hat. stanz wird von der Nordsee in das Watten- KOM et al. 1999). Letztgenannte Autoren Auch gibt es noch keine Kenngröße, um meer hineingetragen und dort zersetzt. Die schätzen, dass etwa 100 g Kohlenstoff pro den Eutrophierungszustand der verschie- aus der importierten organischen Sub- Quadratmeter und Jahr in das Wattenge- denen Wattengebiete vergleichen zu kön- stanz freigesetzten Nährstoffe ermöglichen biet hineingetragen und dort zersetzt wer- nen. In einem trilateral geförderten Projekt die hohe Produktivität des Wattenmeeres. den. wurde der Frage nachgegangen, ob es Wenn mehr Nährstoffe in die Nordsee ein- eine einheitliche Referenz für die Eutrophie- getragen werden, dann wird dort auch Jahreszyklus von Nährstoffen rung des Wattenmeeres gibt (VAN BEUSE- mehr organische Substanz produziert und und Phytoplanktonbiomasse KOM et al. 2001). Mit Hilfe dieser Kenn- in das Wattenmeer hineintransportiert. im Wattenmeer größe sollte anhand vorhandener Zeit- Dementsprechend findet dann im Watten- reihen versucht werden, das jetzige Aus- meer ein höherer Stoffumsatz statt, als Das obengenannte Modell sagt vorher, maß der Eutrophierung zu bestimmen, den wenn wenige Nährstoffe in die Nordsee dass in nassen Jahren mit hohen Nährstoff- Eutrophierungszustand der verschiedenen eingetragen werden. einträgen in der Nordsee mehr organische Teile des Wattenmeeres zu vergleichen Wesentliche Annahmen des Modells Substanz produziert wird als in trockenen und die Eutrophierungsgeschichte des sind erstens eine Nährstofflimitierung auch Jahren mit niedrigen Nährstoffeinträgen. Wattenmeeres zu rekonstruieren. der küstennahen Teile der Nordsee und Dementsprechend wäre zu erwarten, dass In diesem Beitrag wird das Konzept der zweitens die Tatsache, dass das Watten- in nassen, nährstoffreichen Jahren mehr Datenanalyse erläutert. Anhand dieses meer organische Substanz aus der Nord- organische Substanz in das Wattenmeer Konzeptes wird ein Parameter entwickelt see importiert. OWENS et al. (1990) zeig- importiert und dort zersetzt wird als in und getestet, der den Eutrophierungszu- ten, dass die zentralen Bereiche der Nord- trockenen, nährstoffarmen Jahren. Es ist stand des Wattenmeeres beschreibt. An- see stickstofflimitiert sind. Es gibt Hinweise, auch anzunehmen, dass dieser Import den hand einiger ausgewählter Beispiele wird dass auch in den küstennahen Bereichen Jahresgang der Nährstoffe im Wattenmeer der Eutrophierungszustand der verschie- der Nordsee das Stickstoffangebot den mitbestimmt. denen Teile des Wattenmeeres verglichen. Umfang der Jahresproduktion des Phyto- Es gibt tatsächlich Hinweise dafür, dass Am Beispiel des westlichen niederländi- planktons bestimmt (VAN BEUSEKOM & die Menge der im Wattenmeer reminerali- schen Wattenmeeres wird erläutert, wel- CHRISTIANSEN 1994; HYDES et al. 1999; sierten organischen Substanz den Jahres- che Prozesse und Nährstoffquellen zur VAN BEUSEKOM et al. 1999). Es ist daher zyklus der Nährstoffe beeinflusst. Bereits Eutrophierung des Wattenmeeres beige- anzunehmen, dass auch in den ans Wat- Anfang der siebziger Jahre zeigten DE tragen haben. tenmeer angrenzenden Teilen der Nordsee JONGE & POSTMA (1974) für das westli- die Jahresproduktion etwa proportional zu che niederländische Wattenmeer einen Zu- Das konzeptionelle Modell den verfügbaren Stickstoffmengen ist (VAN sammenhang zwischen dem Jahreszyklus BEUSEKOM & DE JONGE 2001). des Phosphats und der Eutrophierung. Die Grundlage der Datenanalyse ist das in Ab- Ob ein proportionaler Teil der in der Autoren beobachteten, dass sich im Laufe bildung 1 dargestellte konzeptionelle Mo- Nordsee produzierten organischen Sub- von zwei Jahrzehnten ein ausgeprägtes Sommermaximum entwickelt hatte. Das Maximum wurde durch einen erhöhten Im- port organischer Substanz erklärt. Fluß Küstenzone Wattenmeer Das oben erläuterte konzeptionelle Mo- Import Nährstoffinput del geht aber davon aus, dass Stickstoff organischer Substanz g Abbildung 1: Ein kon- zeptionelles Modell, das und nicht Phosphat die Produktion organi- Nährstoffeinträge in die scher Substanz limitiert (VAN BEUSEKOM Nordsee mit der Produk- tivität in der Nordsee und & DE JONGE 2001). Daher liegt der Akzent dem Import organischer der Datenanalyse auf dem Stickstoffkreis- Produktion/ Remineralisation/ Substanz aus der Nord- lauf im Wattenmeer. Außerdem wird der Remineralisation Produktion see in das Wattenmeer koppelt. Phosphatkreislauf nicht nur durch den Im-

8 16 24 g Abbildung 2: Mittlerer Ammonium (µM) Nitrit (µM) Chl a + NH4 Jahresgang der Phyto- planktonmasse (als Chlo- 20 Chlorophyll 1995 1995 40 8 12 rophyll a) des Nitrits (µM)

M) und des Ammoniums 35 7 µ ( 16 (µM) im westlichen nieder- 30 6 4 8 ländischen Wattenmeer. 1990 1990 NH

a 25 5 , ( 2 12 µ

g/l) h Abbildung 3: Links: 20 4

NO Stickstoffeinträge durch 4 1985 1985 15 3 8 die Flüsse Maas und 10 2 Rhein. Die Einträge be- - NO ziehen sich auf den Zeit- 5 1 0 2 4 1980 1980 raum Dezember (des 0 0 04812 Monat Vorjahres) bis August. Mitte und Rechts: Inter-

2 4 6 8 10 12 Nitrit 400.000 200.000 annuelle Variabilität von Monat 1975 Ammonium und Nitrit im TN Load (Tonnen) Ammonium port organischer Substanz, sondern auch westlichen niederländi- durch den Import von anorganisch gebun- schen Wattenmeer. 2 4 6 8 10 12 Monat denem Phosphat bestimmt (VAN BEUSE- TN = Gesamtstickstoff KOM & DE JONGE 1998). Letzteres er- schwert die Interpretation von Änderungen im Jahresgang des Phosphats (siehe JEN- viel organische Substanz in das Watten- Nitritwerte durch Aufnahme absenken SEN et al. 1985). meer hineingetragen wurde (siehe Abbil- würden. Es konnte gezeigt werden, dass In Abbildung 2 ist der mittlere Jahres- dung 1). eine signifikante positive Korrelation zwi- gang des Phytoplanktons, des Nitrits und schen Stickstoffeinträgen und den Herbst- des Ammoniums im westlichen niederlän- Interannuelle Variabilität im werten des Ammoniums und des Nitrits dischen Wattenmeer dargestellt. Nitrit und niederländischen Wattenmeer besteht, während hohe Phytoplankton- Ammonium entstehen bei der Reminerali- biomassen die Herbstwerte herabsetzen. sierung organischer Substanz. Deren Kon- Im rechten Teil der Abbildung 3 ist gezeigt, Daher wird vorgeschlagen, die Herbst- zentrationen könnten ein Indiz für die Remi- wie sich die Jahreszyklen des Ammoniums werte des Ammoniums und des Nitrits neralisierungsintensität im Wattenmeer und des Nitrits zwischen 1978 und 1997 unter Berücksichtigung der jeweiligen sein. Das Phytoplankton zeigt eine ausge- geändert haben. Zum Vergleich sind im lin- Phytoplanktonbiomasse als Maß der Eu- prägte Saisonalität mit hohen Biomassen ken Teil der Abbildung die Stickstoffein- trophierung des Wattenmeeres zu neh- im Sommer und niedrigen Biomassen im träge durch die Flüsse Rhein und Maas men. Winter. Die Verfügbarkeit des Lichtes ist aufgetragen. Zunächst ist in allen Jahren bestimmender Faktor der Saisonalität. Ob- eine ausgeprägte Saisonalität erkennbar Interdekadale Variabilität im wohl im Sommer viel organische Substanz mit hohen Werten im Herbst und Winter niederländischen Wattenmeer aus der Nordsee in das Wattenmeer einge- und mit niedrigen Werten im Sommer. Es tragen und dort zersetzt wird, sind die Kon- fällt auf, dass in den Jahren hoher Nähr- Die Auswirkung unterschiedlicher Nähr- zentrationen der Remineralisierungspro- stoffeinträge (die Jahre 1980–1983, stoffeinträge auf die Herbstwerte von Am- dukte Nitrit und Ammonium niedriger als im 1987–1988, 1994–1995) die herbstlichen monium plus Nitrit ist in Abbildung 4 zu- Winter. Das zeigt, dass das Phytoplankton Ammonium- und Nitritwerte höher sind als sammengefasst. In den trockenen, nähr- (und auch das Phytobenthos) imstande ist, in Jahren mit geringen Stickstoffeinträgen stoffarmen Jahren liegen die Herbstwerte sämtliche freigesetzten Nährstoffe aufzu- (wie 1991–1993). Dieser Zusammenhang etwa 25 Prozent niedriger als in nassen, nehmen. Wenn aber im Herbst die Lichtbe- wurde statistisch getestet. Dafür wurde die nährstoffreichen Jahren. Die Unterschiede dingungen schlechter werden und das Summe der mittleren Ammonium- und Ni- sind geringer als die tatsächlichen Fluss- Phytoplankton nicht mehr alle Nährstoffe tritkonzentrationen im Herbst (Septem- einträge, die in nährstoffarmen Jahren ausnutzen kann, steigen die Konzentratio- ber–November) genommen. Die Flussein- etwa 45 Prozent geringer sind als in nähr- nen des Nitrits und des Ammoniums stark träge basieren nicht auf Jahreswerten son- stoffreichen Jahren. Diese Diskrepanz deu- an. Es ist daher anzunehmen, dass die Ni- dern auf den gesamten Einträgen von De- tet darauf hin, dass auch andere Quellen trit- und Ammoniumwerte stärker zuneh- zember (erste große Fluten) bis August zur Eutrophierung des Wattenmeeres bei- men und die Maximalwerte höher sind, (Ende des Sommers). Die Phytoplankton- tragen. Die Bedeutung anderer Nährstoff- wenn infolge hoher Stickstoffeinträge in die biomasse wurde als Kovariable berück- quellen wird deutlich, wenn die heutigen Nordsee dort viel organische Substanz sichtigt, weil hohe Phytoplanktonbio- Herbstwerte mit Werten aus den frühen produziert wurde und dementsprechend massen im Herbst die Ammonium- und Sechzigern verglichen werden. Für die

9 g Abbildung 4: Ver- 20 30 Dänemark gleich der Herbstwerte 20 M) 16 (September–November) µ 10 von Ammonium plus Ni- 12 0 trit in nassen Jahren mit Schleswig-Holstein 8 hohen Einträgen 30 42 Durchschnitt (1986–88, 1994–95) und 20 - Sylt Rømø Bucht

NH und NO ( 4 in trockenen Jahren mit 10 niedrigen Einträgen 0 0 (1991–93, 1996–97) mit Schleswig-Holstein „historischen“ Daten aus 30 g/l) 20 den Jahren 1960 bis µ - Meldorfer Bucht 10 1960 - 1962 nasse Jahre 1962 (Postma 1966). trockene Jahre 0 Niedersachsen 30 20 10

Jahre 1960 bis 1962 hat Postma (1966) als Chlorophyll a ( 0 erster den Jahreszyklus von Stickstoff- 30 Niederlande - Ost h Abbildung 5: Ver- 20 komponenten im westlichen niederländi- 10 gleich des mittleren Jah- 0 schen Wattenmeer beschrieben. Die da- resganges des Phyto- maligen Herbstwerte sind etwa dreimal plankton (als Chlorophyll 30 Niederlande - West niedriger als heutzutage während nähr- a) in den neunziger Jah- 20 ren von Bereichen des 10 stoffreicher Jahre und zweimal niedriger als Wattenmeeres, aus de- 0 in nährstoffarmen Jahren. Dieser Unter- nen Langzeitdaten zur 4812 Verfügung stehen. Monat schied ist um so überraschender, wenn die damaligen Flusseinträge berücksichtigt werden. Die Flusseinträge in den nährstoff- der zweimal höheren Eutrophierung im Jahres liegen die Werte im niederländi- armen Jahren (1991–1993; 1996, 1997) Jahr 1960 als in den „nährstoffarmen“ Jah- schen Wattenmeer höher als im restlichen waren vergleichbar mit denen von 1960 bis ren beigetragen hat. Die Abnahme der De- Wattenmeer. Auffällig ist, dass im nörd- 1962. Trotzdem war das Wattenmeer etwa nitrifizierung, die Zunahme der Stickstoff- lichen Wattenmeer die Frühjahrsblüte et- zweimal stärker eutrophiert. VAN BEUSE- frachten durch den Ärmelkanal und eine was früher stattfindet als im südlichen KOM et al. (2001b) sind der Frage nachge- Zunahme der Residualfluxe aus den Sedi- Wattenmeer. gangen, welche Prozesse und welche menten haben wahrscheinlich in vergleich- Die höhere Biomasse im niederländi- Quellen zu dieser Verdoppelung beigetra- barem Maße (etwa 15 %) zur Eutrophie- schen Wattenmeer deutet an, dass dort gen haben. Vier Prozesse konnten identifi- rung beigetragen. auch die stärkste Eutrophierung stattfin- ziert werden: det. Ein Vergleich der Ammoniumwerte • Eine Zunahme der atmosphärischen Gebietsvergleich gibt jedoch ein etwas differenzierteres Bild. Stickstoffdeposition etwa um den Fak- Im gesamten südlichen Wattenmeer wer- tor 4 (Gerlach 1989). Seit Anfang der neunziger Jahre werden in den vergleichbar hohe Ammoniumwerte • Eine Abnahme der Denitrifizierung den meisten Teilen des Wattenmeeres gefunden, die eine nach Osten abneh- durch die Errichtung von Kläranlagen. Langzeitdaten erhoben, die den gesamten mende Eutrophierung nicht bestätigen. Dadurch verbesserte sich die Sauer- Jahresgang abdecken. Ein Vergleich die- Während die Ammoniumwerte im schles- stoffversorgung der Flüsse, die Denitrifi- ser Daten könnte Auskunft über den Eu- wig-holsteinischen Wattenmeer etwas zierungskapazität verringerte sich und trophierungszustand der verschiedenen niedriger als im südlichen Wattenmeer lie- die Stickstofffrachten in die Nordsee Teile des Wattenmeeres geben. Die Abbil- gen, befinden sich diese im dänischen nahmen zu (BILLÉN et al. 1985). dungen 5 und 6 zeigen den Jahresgang Wattenmeer in einem vergleichbaren Be- • Eine Zunahme der Stickstofffrachten des Phytoplanktons (als Chlorophyll) und reich. Eine etwas geringere Eutrophierung durch den Ärmelkanal (LAANE et al. des Ammoniums. In allen Gebieten wer- des schleswig-holsteinischen Wattenmee- 1990) den die höchsten Phytoplanktonbiomas- res könnte erklären, weswegen nur dort • Eine Zunahme der Residualfluxe von sen in den Monaten März bis Mai beob- noch größere Seegrasbestände vorkom- Stickstoffkomponenten aus den Sedi- achtet. Die Höchstwerte liegen im süd- men. Andererseits zeigen die SWAP-Er- menten des Wattenmeeres. lichen Wattenmeer (Niederlande, Nieder- gebnisse ähnliche Produktions- und Re- VAN BEUSEKOM et al. (2001a) schätzen, sachsen) etwa zehn µg/l höher als im mineralsierungswerte für das niederländi- dass die atmosphärische Stickstoffdeposi- nördlichen Wattenmeer (Schleswig-Hol- sche und das Nordsylter Wattenmeer tion mit etwa 43 Prozent am stärksten zu stein, Dänemark). Im restlichen Verlauf des (ASMUS et al. 1998).

10 Dänemark g Abbildung 6: Ver- Scheldt hydrographical basin. – 16 gleich des mittleren Jah- Journal of Sea Research 19: 223–230. 8 resganges der Ammoni- 0 umkonzentration in den Schleswig-Holstein neunziger Jahren von GERLACH, S. A. (1989): Stickstoff, Phosphor, 16 Bereichen des Watten- Plankton und Sauerstoffmangel in der Deut- - Sylt Rømø Bucht 8 meeres, aus denen schen Bucht und in der Kieler Bucht. – Ab- Langzeitdaten zur Verfü- 0 schlussbericht (Koordination), Eutrophierung Schleswig-Holstein gung stehen. 16 der Nord- und Ostsee, Forschungsvorhaben M)

µ 8 - Meldorfer Bucht Wasser 102 04 215, Umweltbundesamt, Berlin. 0 Niedersachsen HYDES, D. J., B. A. KELLY-GERREYN, A. C. LE 16 8 GALL & R. PROCTOR (1999): The balance of supply of nutrients and demands of biological Ammonium ( 0 Niederlande production and denitrification in a temperate la- 16 - Ost titude shelf sea – a treatment of the southern 8 as an extended estuary. – Marine 0 Niederlande Chemistry 68 (1–2): 117–131. 16 - West 8 OWENS, N. J. P., E. M. S. WOODWARD, J. AI- 0 KEN, I. E. BELLAN, A. P. REES (1990): Primary 4812 Monat production and nitrogen assimilation in the North Sea during July 1987. – Netherlands Journal of Sea Research 25: 143–154. bietes sind eine Abnahme des Denitrifizie- Schlussfolgerung VAN BEUSEKOM, J. E. E., U. H. BROCKMANN, rungspotentials der Flüsse und eine Zu- K.-J. HESSE, W. HICKEL, K. POREMBA, U. nahme der Stickstofffrachten durch den TILLMANN (1999). The importance of sedi- Die Jahreszyklen des Ammoniums und Ärmelkanal. ments in the transformation and turnover of nu- des Nitrits geben Hinweise auf den Eutro- trients and organic matter in the Wadden Sea phierungsstatus des Wattenmeeres. Kurz- Literatur and . – German Journal of Hydro- fristige interannuelle Unterschiede konnten graphy 51: 245–266. im niederländischen Wattenmeer in Verbin- ASMUS, R., M. H. JENSEN, D. MURPHY & R. DOERFFER (1998): Primärproduktion von VAN BEUSEKOM, J. E. E. & V. N. DE JONGE dung gebracht werden mit Variationen der Mikrophytobenthos, Phytoplankton und jähr- (2001a): Long-Term changes in Wadden Sea jährlichen Nährstofffrachten, die stark licher Biomasseertrag des Makrophytoben- nutrient cycles: importance of organic matter durch die Abflussmengen bestimmt wer- thos im Sylt-Rømø-Wattenmeer. – In: Gätje C. & import from the North Sea. – Hydrobiologia (ak- den. Langfristig betrachtet haben neben Reise, K. (Hrsg.) Ökosystem Wattenmeer: zeptiert). den erhöhten Flussfrachten vor allem die Austausch, Transport und Stoffwandlungspro- zesse. – Springer Verlag, Heidelberg, Berlin: VAN BEUSEKOM, J. E. E., H. FOCK, F. DE Zunahme der atmosphärischen Stickstoff- 367–392. JONG, S. DIEL-CHRISTIANSEN & B. CHRISTI- deposition zur Eutrophierung des Watten- ANSEN (2001b): Wadden Sea Specific Eutro- meeres beigetragen. Weitere Ursachen ei- BILLÉN, G., M. SOMVILLE, E. DE BECKER, P. phication Criteria. – Wadden Sea Ecosystem ner erhöhten Eutrophierung des Wattenge- SERVAIS (1985): A nitrogen budget of the No. 14, CWSS, Wilhelmshaven.

11 Ästuare: Das Habitat für eingeschleppte Makroinvertebraten Stefan Nehring

EVA 1990). Zudem wird befürchtet, dass deutschen Küste ist zusätzlich die Struktur Einführung die geographische Ausbreitung der soge- mit Wattenmeer und Ästuarien ein wichti- nannten Neozoa oder Neophyta zur Ver- ger Faktor. Vergleichbare Bedingungen lie- Seitdem Menschen Handel betreiben, sind einheitlichung früher getrennter Biozöno- gen teilweise auch in den kaltgemäßigten oftmals unbeabsichtigt exotische Organis- sen und daher zu Biodiversitätsverlust in Regionen der Küste Süd- und Nordameri- men in neue Lebensräume verschleppt den Gewässern führt. kas, Japans, Tasmaniens und Neusee- worden. Dass Schiffe allgemein einen Grundvoraussetzung für eine sachge- lands vor. Die weitentfernte Lage verhin- Transportvektor für fremde Tier- und Pflan- rechte Einschätzung zum ökologischen dert jedoch einen intensiven natürlichen zenarten darstellen und damit ein Risiko für Gefahrenpotential eingeschleppter Arten Faunenaustausch mit diesen Regionen. Ökosysteme bergen können, ist seit über ist eine umfassende Analyse ihres Auftre- Schon eine Atlantiküberquerung mit der 100 Jahren bekannt und vielfach beschrie- tens und ihrer Verbreitung. An der deut- Meeresströmung, die mindestens zehn ben worden (KRAEPLIN 1900). Aber erst schen Nordseeküste ist aktuell im Ver- Monate in Anspruch nimmt, ist für Larven seit wenigen Jahren werden diese gleich zum Phytoplankton und dem Ma- benthischer Organismen allgemein nicht „Neubürger“ als globales Umweltproblem krophytobenthos mit jeweils sieben einge- zu überleben (THORSON 1961). Nur mit angesehen, insbesondere, wenn sie öko- schleppten Arten das Makrozoobenthos Hilfe von Driftkörpern wie Makroalgen oder nomische Einbußen verursachen oder die mit 26 nichtheimischen Arten am stärksten Treibholz, die Habitat und Vorhandensein Gefahr hierzu besteht. Oft werden auch betroffen. Aus diesem Grund eignet sich von Nahrungsressourcen bedeuten kön- ökologische Schäden vermutet, da die das Makrozoobenthos besonders für eine nen, ist dies für einige wenige Arten zu meist konkurrenzstarken Exoten speziali- diesbezügliche Analyse. schaffen. Organismen aus entfernten Re- sierte heimische Arten in ihrem Bestand gionen sind also in der Mehrzahl auf andere bedrohen können. Transportvektoren Vektoren angewiesen gewesen, wenn sie Gern zitierte spektakuläre Fälle stam- in der Nordsee auftauchten. men meistens aus entfernteren Gebieten, Potentielle Herkunftsgebiete für in die Schon in historischen Zeiten, begin- wie zum Beispiel die in das Schwarze Meer Nordsee integrierbaren Tiere und Pflanzen nend mit den Transatlantikreisen der Wikin- eingeschleppte amerikanische Rippen- sind vor allem durch vergleichbare abioti- ger, wurden fremde Arten in die Nordsee qualle Mnemiopsis leidyi, die die Erträge in sche Verhältnisse gekennzeichnet. Der eingeschleppt. Subfossile Funde lassen der dortigen Anchovisfischerei um 90 Pro- größte Teil der Nordsee gehört zum Boreal, vermuten, dass die Sandklaffmuschel Mya zent sinken lies (SHUSHKINA & MUSAY- der kaltgemäßigten Klimazone. An der arenaria aus Nordamerika um 1000 durch die Wikinger nach Nordeuropa vermutlich bewußt als Nahrungsreserve mitgeführt und hier auch freigesetzt wurde (HESS- Aussetzung Mollusca LAND 1945, PETERSEN et al. 1992). Mya arenaria Haupttransportvektor für die deutsche Arthropoda 4 Nordseeküste ist mit aktuell 16 ein- 16 2 Gammarus tigrinus geschleppten Makrozoobenthosarten die Seeschifffahrt Aquakulturprodukt Cnidaria Cnidaria interkontinentale Seeschifffahrt (Abbil- Diadumene cincta Bimeria franciscana dung 1), durch welche die Organismen vor Nemopsis bachei Mollusca Mollusca Crassostrea gigas allem als Aufwuchs an der Außenhaut aber 1-10% Petricola pholadiformes Congeria leucophaeta auch im Ballastwasser neue Seegebiete Corbicula fluminalis Crepidula fornicata Ensis americanus Potamopyrgus antipodarum Dnjepr-Bug-Kanal Annelida 1784 g Abbildung 1: Neozoa Ficopomatus enigmaticus Marenzelleria cf. viridis an der deutschen Nord- Marenzelleria cf. wireni seeküste. Eingeschlepp- Arthropoda te Makroinvertebraten, Balanus improvisus Transportvektoren und Corophium sextonae Rhein-Rhône-Kanal 3 wichtige Kanäle mit Da- 1834 tum ihrer Eröffnung. An- Elminius modestus 1 Schiffahrtskanal Eriocheir sinensis teil der Neozoa am Ge- Cnidaria samtartenbestand: 1% Rhithropanopeus harrisii Cordylophora caspia Tentaculata bei Helgoland, 3% im Mollusca Wattenmeer, 7% in Victorella pavida Schiffahrtskanal Dreissena polymorpha brackigen Kanälen und Tunicata Arthropoda Arthropoda Gräben und 10% in den Styela clava Proasellus coxalis Corophium curvispinum Ästuarien.

12 erreichen. Insgesamt vier Neozoa-Arten serzone der Ästuare kommen bei einer Sa- Verbreitung konnten sich bisher durch den Transfer von linität von 0,5 bis 18 PSU etwa 200 Arten Aquakulturprodukten bei uns etablieren. vor. Hier besitzen die Neozoa mit insge- Neben der seit 1986 ins Wattenmeer aus- Nach RACHOR et al. (1995) sind in der samt 19 Arten (ca. 10 %) den höchsten An- gebrachten und hier seit einigen Jahren Nordsee insgesamt zur Zeit etwa 1.500 teil am Artenspektrum (Tabelle 1). Für die sich reproduzierenden Pazifischen Auster marine Makrozoobenthosarten bekannt. brackigen Kanäle und Gräben an der deut- Crassostrea gigas wurden durch die Davon werden im deutschen Nordseebe- schen Nordseeküste gibt es zurzeit keine während der letzten 100 Jahre unzähligen reich schätzungsweise 800 gefunden. Al- Angabe für die Artenanzahl beim Makro- Muschelkulturversuche unbewußt drei lein für den Raum Helgoland sind über 650 zoobenthos. Durch vorliegende Untersu- weitere Arten miteingeschleppt (Beispiel Arten beschrieben. Bei einem Abgleich mit chungen ist davon auszugehen, dass die Amerikanische Pantoffelschnecke Crepi- der aktuellen „Helgoländer Check-List“ Artenanzahl etwa in der Größenordnung dula fornicata). Aufgrund der limnischen von HARMS (2000) zeigt sich, das zurzeit der Ästuare liegen wird. Der Anteil der Neo- Barriere spielt der Faunenaustausch über hier nur sechs Neozoa vorkommen, was zoa dürfte demnach bei etwa sieben Pro- Kanäle für die deutsche Nordseeküste im einem Anteil von etwa einem Prozent am zent liegen. Gegensatz zum Binnenbereich und der Gesamtbestand entspricht. Für die offene Auffällig ist, dass der größte Anteil der Ostseeküste (siehe NEHRING 1999a) eine Deutsche Bucht wäre hier noch ergänzend Neozoa sich in den Ästuarien etabliert hat. untergeordnete Rolle. Es gelang aber die Amerikanische Schwertmuschel Ensis Hierfür sind wahrscheinlich mehrere bisher drei pontokaspischen Arten sowie americanus zu nennen. Im deutschen Wat- Gründe verantwortlich: der Mittelmeer-Assel Proasellus coxalis bis tenmeer, wo etwa 350 Makrozoobenthos- • In den Ästuarien kommen die in den lim- in den schwachbrackigen Bereich der arten vorkommen, beträgt der Neozoaan- nischen Bereich eingeschleppten salz- Ästuare vorzudringen (Abbildung 1). teil ungefähr drei Prozent. In der Brackwas- toleranten Arten zuerst mit der Küste in Berührung (aktuell vier Arten, siehe Ab- Tabelle 1: Neozoa an der deutschen Nordseeküste. Vorkommen und vierstufiger Etablierungsgrad einge- bildung 1). schleppter Makroinvertebraten in marinen und brackigen Gewässern (verändert nach NEHRING & LEUCHS • Die Ästuare sind durch intensiven Ver- 1999a). * genuine Brackwasserart; 1) nur bei Helgoland; 2) nur bei Sylt; 3) nur Hafenbecken in Emden. kehr von Seeschiffen aus Übersee cha- offene Watten- Kanäle, rakterisiert (BMV 1992), wobei Ballast- Deutsche meer Ästuare Gräben Bucht wasser oft aus brackigen Seegebieten stammt (GOLLASCH 1996). Cnidaria Anthozoa Diadumene cincta regelmäßig1) • Knapp die Hälfte der Neozoa in den Hydrozoa Bimeria franciscana ausgestorben? regelmäßig Nordseeästuarien gehört zur Gruppe Cordylophora caspia * häufig häufig der genuinen Brackwassertiere, die Nemopsis bachei * häufig Arthropoda eine hohe Toleranz gegenüber wech- Amphipoda Corophium curvispinum selten selnden Umweltbedingungen und hier- Corophium sextonae ?1) selten2) Gammarus tigrinus * selten tw. häufig durch eine hohe Überlebenswahr- Isopoda Proasellus coxalis selten tw. häufig scheinlichkeit beim Transport besitzen Cirripedia Balanus improvisus * selten1) selten tw. häufig regelmäßig (Tabelle 1). Elminius modestus regelmäßig1) häufig häufig häufig Decapoda Eriocheir sinensis regelmäßig regelmäßig regelmäßig • Wesentlich ist, dass im Brackwasser all- Rhithropanopeus harrisii * selten regelmäßig gemein ein ausgeprägtes Artenmini- Mollusca Bivalvia Congeria leucophaeta * selten regelmäßig mum zu verzeichnen ist, also bei weitem Corbicula fluminalis selten nicht alle ökologischen Nischen voll Crassostrea gigas regelmäßig Dreissena polymorpha regelmäßig ausgefüllt sind (Abbildung 2). Ensis americanus selten häufig häufig Mya arenaria tw. häufig häufig regelmäßig regelmäßig Leere ökologische Nischen Petricola pholadiformis selten selten selten Gastropoda Crepidula fornicata selten selten selten Potamopyrgus antipodarum * selten regelmäßig Die deutsche Nordseeküste und speziell Annelida Polychaeta Ficopomatus enigmaticus häufig3) das Wattenmeer mit seinen Ästuarien sind Marenzelleria cf. viridis * regelmäßig ? aufgrund ihrer geologischen Geschichte Marenzelleria cf. wireni * ? häufig ? und abiotischer Besonderheiten ein Le- Tentaculata Bryozoa Victorella pavida * regelmäßig bensraum, der natürlicherweise durch Tunicata „verarmte“ Lebensgemeinschaften cha- Ascidiacea Styela clava selten2) rakterisiert ist. Zusätzlich lastet auf diesem

13 Gebiet eine Vielzahl von menschlichen Ein- liche Artenminimum im Brackwasser. Die- Vor dem Hintergrund, dass durch die griffen, die zusätzlich dazu beitragen, dass ses Phänomen, das REMANE (1934) an- vielfältigen anthropogenen Eingriffe in den nicht alle ökologischen Nischen besetzt hand von Makrozoobenthosuntersuchun- Ästuarien einheimische echte Brackwas- sind. Dieses Phänomen ist für die erfolgrei- gen aus der Ostsee nachgewiesen hat, fin- serarten stark zurückgedrängt wurden che Etablierung fremder Arten von ent- det sich auch bei den Makroinvertebraten (MICHAELIS 1994), könnte die Etablierung scheidender Bedeutung. der (Abbildung 2). einer „neuen“ Brackwasserfauna durch Durch verschiedene Monitoringpro- eingeschleppte Arten ein Gewinn für die Eiszeit gramme sowie einer Vielzahl von speziellen Biodiversität darstellen. Eine umfassende Die Nordsee ist geologisch betrachtet ein Untersuchungen, die in den letzten Jahren Diskussion zu dieser Thematik hat bisher junges Gebilde. Durch die während der vor allem durch die Bundesanstalt für Ge- aber nicht stattgefunden, wie auch die im letzten 350.000 Jahre aufgetretenen Kalt- wässerkunde in der Elbe von der Quelle (in nachfolgenden Kapitel aufgeführten Bei- und Warmzeiten wurde die Nordsee mehr- Zusammenarbeit mit dem tschechischen spiele verdeutlichen. mals vollkommen unstrukturiert. Noch bei Masaryk Water Research Institute Prag) bis der letzten Kälteperiode, der Weichsel- zur Mündung durchgeführt wurden, ist hier Gute Neobiota, Kaltzeit, lag der Spiegel der Nordsee in der die Kenntnis zum Vorkommen einheimi- schlechte Neobiota Zeitspanne zwischen 115.000 bis 10.000 scher und eingeschleppter Makrozoobent- Jahre vor heute durchgehend mehr als hosarten besonders gut. Wie auch bei RE- Eingeschleppte Arten werden oft grund- 45 m unter dem heutigen Niveau. Teile der MANE (1934) beschrieben, tritt im meso- sätzlich als ökologisch und ökonomisch heutigen Nordsee waren durch Gletscher halinen Bereich (5–18 ‰ Salinität) der Elbe bedenklich eingestuft (GOLLASCH 1996). bedeckt beziehungsweise weitgehend die größte Artenarmut an einheimischen Prüft man dieses für den deutschen Küs- trocken. Durch das Abschmelzen der Glet- Tieren auf. Im Gegensatz dazu ist dieser tenbereich, wird schnell deutlich, dass die scher und durch das weitere Ansteigen Bereich durch die höchste Anzahl an Neo- Neozoa hier unter den Makroinvertebraten des Meeresspiegels begann vor etwa zoaarten charakterisiert. Sowohl stromab- bisher keine eindeutigen Problemfälle dar- 5.000 Jahren die Bildung der rezenten wärts bis in den vollmarinen Bereich als stellen. Watten (STREIF 1996). Die heute vorge- auch stromaufwärts reduziert sich ihre An- Worin begründet sich die relative ökolo- fundene Artenvielfalt ist also das Resultat zahl, wobei im Quellgebiet der Elbe bisher gische und ökonomische Unbedenklich- einer erst jungen Besiedlungsgeschichte, keine einzige Neozoaart gefunden werden keit der bis heute an die deutsche Nord- die bisher nicht ausgereicht hat, um in der konnte. Eine Analyse durch WOLFF (1999) seeküste eingeschleppten Tierarten? In In- Nordsee „gesättigte“ Lebensgemeinschaf- für die niederländischen Ästuarien zeigte selbiotopen, wo die abiotischen Verhält- ten komplett auszubilden. ebenfalls ein gehäuftes Vorkommen einge- nisse meistens ausgeglichen sind, können schleppter Makroinvertebraten im Meso- sich die Arten im Verlauf der gemeinsamen Anthropogene Eingriffe oligohalinikum. Evolution eng aufeinander abstimmen. Vor allem der Küstenbereich unterliegt der- Aus diesen Erkenntnissen lässt sich die Es entsteht ein festgefügtes Beziehungs- maßen vielfältigen zivilisatorischen Ein- einfache Schlussfolgerung ziehen, dass, je netz, in dem eingeschleppte Arten drama- flüssen, wie zum Beispiel Eindeichun- „ärmer“ eine Lebensgemeinschaft ist oder tische Auswirkungen verursachen können gen, Fischerei, Baggeraktivitäten, diffusen je mehr freie ökologische Nischen in einem (DRAKE et al. 1989). In den deutschen Schadstoffeinträgen, dass die natürliche Lebensraum vorhanden sind, sich hier um Küstengewässern ist dies anders. Hier Ausbildung von Lebensgemeinschaften so mehr fremde Arten potentiell ansiedeln werden die Lebensgemeinschaften durch anhaltend gestört wird. Hierdurch werden können. Es ist gewissermaßen noch Platz die Jahreszeiten, durch den Tiderhythmus auf der einen Seite durch das anthropogen für Einwanderer vorhanden, sofern diese – mit Ebbe und Flut, durch wechselndes Ab- verursachte Artensterben ökologische Ni- in den Ästuarien – das für die meisten Or- flußregime etc. immer wieder massiv ge- schen frei, auf der anderen Seite neue, bis- ganismen lebensfeindliche Brackwasser stört, so dass es nicht zu einem austarier- her nicht existente ökologische Nischen ertragen. Vor allem Brackwasserarten sind ten Beziehungsnetz kommt. Da spielt es angeboten. für eine Besiedlung dieses Bereiches prä- mit Blick auf die Stabilität der verschiede- destiniert, wie es auch in der Elbe aktuell nen Ökosysteme kaum eine Rolle, wenn Brackwasser bei den Neozoa zu beobachten ist (Abbil- Fremdlinge sich hier etablieren können. Sie Im Vergleich zur offenen Nordsee und dem dung 2). Im meso- und polyhalinen Bereich werden einfach integriert, zumal – wie am Wattenmeer gibt es in den Ästuarien eine ist diese Gruppe mit knapp 60 Prozent im Beispiel der Elbe gezeigt – die einge- Besonderheit, die eine ganz entschei- Vergleich zu ihrem Anteil bei der heimi- schleppten Arten vor allem dann die be- dende Rolle für die besonders erfolgreiche schen Fauna mit gut 30 Prozent stark über- sten Chancen für eine dauerhafte Eta- Etablierung fremder Arten spielt: das natür- repräsentiert. blierung besitzen, wenn sie eine poten-

14 g Abbildung 2: Makro- ~700 zoobenthos und das Ar- heimische Arten tenminimum im Brack- 250 wasser sensu REMANE (1934). Artenanzahl und 200 Salinitätspräferenz ein- 150 heimischer und einge- 100 schleppter Makroinverte-

Artenanzahl 50 braten im Gesamtverlauf der Elbe von der Quelle 0 marin poly- meso- oligo- limnisch bis zur Mündung (ARGE halin halin halin ELBE 1991, BfG unver- > 30 30-18 18-5 5-0,5 <0,5 PSU öffentl., HARMS 2000, NEHRING & LEUCHS Elbe 1999b, PETERMEIER et al. 1996, SCHÖLL & Deutsche N FUKSA 2000). Grenze CR Bucht Hamburg Labe D Magde- Dresden burg

15 Prag

10

Artenanzahl 5

0 71014129 9 6 54 3 0

Neozoa Salinitätspräferenz marin

Artenanzahl Das Brackwasser Artenminimum limnisch sensu REMANE (1934) holeuryhalin 30 18 5 0,5 PSU tielle freie ökologische Nische besetzen gebiet, Nahrungs- und Laichplatz boten. auf eulitoralen Miesmuschelbänken des können. Über 100 von den etwa 350 Makrozoo- nordfriesischen Wattenmeeres ausbreiten Zu bedenken bleibt aber, dass es durch benthosarten des deutschen Wattenmee- können (REISE 1998). Schon seit Anfang die verstärkte geographische Ausbreitung res waren mit der Europäischen Auster ver- der 1980er Jahre wird dieses Neozoon aus von Arten theoretisch weltweit zu mehr gesellschaftet, so dass KARL MÖBIUS dem niederländischen und seit 1998 auch oder weniger identischen Faunengemein- (1877) den Begriff der »Biocoenosis oder aus dem ostfriesischen Wattenmeer ge- schaften kommen kann und dadurch ein Lebensgemeinde« entwickelte. Durch jah- meldet (WEHRMANN et al. 2000). Biodiversitätsverlust zu befürchten ist. Jede relange kommerzielle Übernutzung der Eine Änderung der Wattenmeerbiocoe- Biodiversitätsstrategie wird aber Vorstel- Austernbänke kam es jedoch zu einem völ- nose durch die Pazifische Auster verbun- lungen entwickeln müssen, welche die tra- ligen Verschwinden dieses Biotoptyps. Ne- den mit einer großflächigeren Etablierung genden Elemente der Biodiversität sind und ben der Europäischen Auster wurden hier- des Wattenmeer typischen Biotops Aus- welche Rolle hierbei die eingeschleppten durch auch viele typische Begleitarten wie ternbank – wenn auch vor allem im Eulitoral Arten spielen können (NEHRING 2000a). zum Beispiel die Sandkoralle Sabellaria – scheint bei den jetzigen abiotischen Be- Austern spinulosa oder die Meerhand Alcyonium dingungen möglich. Eine kommerzielle Bis in die 1920er Jahre waren die sublitora- digitatum stark in ihrem Bestand dezimiert. Nutzung dieser freilebenden Bestände len Bänke der Europäischen Auster Ostrea Durch starke Brutfälle 1991 und 1994 könnte es daher in absehbarer Zeit geben, edulis ein prägendes Strukturelement in hat sich die seit 1986 in einer Austernpar- wodurch der Verlust an nutzbaren Mies- dem an Hartsubstrat armen Wattenmeer. zelle südlich von List im Sylter Wattenmeer muscheln vermutlich finanziell kompensiert In seiner Umgebung konzentrierte sich das kommerziell genutzte nichtheimische Pazi- werden könnte. Langfristig wird es durch Meeresleben, da die Bänke einer Vielzahl fische Auster Crassostrea gigas auch Crassostrea gigas zu einer Strukturberei- von Begleitarten Lebensraum, Rückzugs- außerhalb der Kultur vor allem als Epibiont cherung, wahrscheinlich verbunden mit

15 Bestandserhöhungen von einheimischen ist anzunehmen, dass Klimaveränderun- HESSLAND, I. (1945): On the quaternary Mya Austernbankbegleitformen (z.B. der See- gen in nächster Zukunft zu umfangreiche- Period in Europe. – Ark. Zool. (Stockholm), 37 A pocke Verruca stroemia und des Borsten- ren Veränderungen in den Biocoenosen (8): 1–51. wurmes Pomatoceros triqueter), im Wat- der deutschen Küstengewässer führen KRAEPLIN, K. (1900): Ueber die durch den tenmeer kommen. Aus diesem Grund werden. Zusätzlich wird mit einer vermehr- Schiffsverkehr in Hamburg eingeschleppten könnte aus der Etablierung dieser ge- ten Verschleppung fremder Tier- und Pflan- Tiere. – Mitt. Naturhist. Museum Hamburg 18: bietsfremden Art ein möglicher Gewinn für zenarten zu rechnen sein, sollte bei der glo- 185–209. die Biodiversität abgeleitet werden. Grund- balen Nutzung von alternativen Schiffsan- sätzlich sollte aber, wie auch im „Quality strichen nicht die Effektivität von tributyl- MICHAELIS, H. (1994): Der Schwund echter Staus Report of the Wadden Sea“ gefor- zinnhaltigen Farben erreicht werden (NEH- Brackwasserarten in Ästuaren und kleinen Mün- dungsgewässern. – In: Lozán, J. L., E. Rachor, dert, die Bestandsentwicklung von Cras- RING 2000b). K. Reise, H. von Westernhagen & W. Lenz sostrea gigas überwacht werden, um die Da aber eine abschließende Bewertung (Hrsg.): Warnsignale aus dem Wattenmeer. – Auswirkungen auf die einheimischen Le- zum Status nichtheimischer Arten im Be- Blackwell Wissenschaftsverlag, Berlin: 178–181. bensgemeinschaften eindeutig dokumen- zug auf Biodiversität und Naturschutz aus- tieren zu können (NEHRING 1999b). steht, sollte gerade im Rahmen von Moni- MÖBIUS, K. (1877): Die Auster und die Austern- toringprogrammen hier ein besonderer wirthschaft. – Wiegandt, Hempel & Parey, Berlin, Schlickgras Schwerpunkt gelegt werden. Für das Wat- 126 S. Die Pazifische Auster ist aber nicht die tenmeer könnte das TMAP in Zukunft das NEHRING, S. (1999a): Zur Rolle der Seeschiff- erste eingeschleppte „keystone species“ Instrument zur Beantwortung der Frage fahrt bei der Einschleppung fremder Tierarten im Wattenmeer. Als eine weitere wichtige werden, inwieweit der Arteintrag unter di- (Makrozoobenthos) in deutsche Gewässer. – In: Art wäre hier zum Beispiel das Schlickgras rekter oder indirekter Mitwirkung des Men- Gesellschaft für angewandten Umweltschutz Spartina anglica zu nennen, das vor allem schen hierbei grundsätzlich als wesentlich und Sicherheit im Seeverkehr (Hrsg.): Umwelt- in den 1920er Jahren vielfach zur Landge- zu erachten ist, ob er verhindert, ob eine aspekte der Seeschifffahrt. – GAUSS Forum, winnung in Nordeuropa angepflanzt wur- gezielte Ausrottung schon etablierter Ne- Bremen: 101–110. de. Heute kommt das Schlickgras im obiota eingeleitet oder ob der „Natur“ freier NEHRING, S. (1999b): Oyster beds and Sabella- gesamten Wattenmeer vor und hat das Lauf gewährt werden sollte. ria reefs. – In: De Jong, F., J. F. Bakker, C.J.M. Bild der unteren Salzwiese deutlich ver- van Berkel, N.M.J.A. Dankers, K. Dahl, C. Gätje, wandelt. REISE (1994) diskutiert das Vor- Literatur H. Marencic & P. Potel (Hrsg.): Wadden Sea kommen dieses Neophytons kritisch und Quality Status Report. – Wadden Sea Ecosy- merkt an, dass die ökologischen Folgen ARGE ELBE (1991): Das oberflächennahe Zoo- stem No. 9: 146–147. von Anpflanzungen mit Exoten oder gen- benthos der Elbe als Indikator für die Gewässer- qualität. – Wassergütestelle Elbe, Hamburg, technisch erzeugten Arten nicht kalkulier- NEHRING, S. (2000a): Biodiversität und Natur- 108 S. schutz in aquatischen Systemen – zum Status bar sind. Aufgrund ihrer wichtigen Funk- eingeschleppter Tierarten. – Wasser & Boden 51 tion als Pionierpflanze beim Erhalt und bei BMV (1992): Binnenschifffahrt und Bundeswas- (1/2): 23–26. der Vergrößerung der Salzwiesen besitzt serstraßen – Jahresbericht 1991. – Bundes- minister für Verkehr, Bonn, 69 S. sie trotz ihres Status als eingeschleppte NEHRING, S. (2000b): Das TBT-Dilemma. – Art heute aber eine gewisse positive Na- Mitt. Dt. Gesell. Meeresforsch. 3/2000: 27–30. DRAKE, J. A., H. A. MOONEY, F. DI CASTRI, R. turschutzrelevanz (siehe STOCK & KIEHL H. GROVES, F. J. KRUGER, M. REJMÁNEK & NEHRING, S. & H. LEUCHS (1999a): Neozoa 2000). M. WILLIAMSON (Hrsg.) (1989): Biological inva- (Makrozoobenthos) an der deutschen Nord- sions – A global Perspective. – John Wiley & seeküste – Eine Übersicht. – Bundesanstalt für Sons, New York, 525 S. Ausblick Gewässerkunde, Koblenz, Bericht BfG-1200: GOLLASCH, S. (1996): Untersuchungen des 131 S. Abschließend bleibt festzustellen, dass bis Arteintrages durch den internationalen Schiffs- heute – 10.000 Jahre nach der letzten Eis- verkehr unter besonderer Berücksichtigung NEHRING, S. & H. LEUCHS (1999b): The BfG- zeit – kein komplettes Artenspektrum für nichtheimischer Arten. – Verlag Dr. Kovac, Ham- Monitoring in the German North Sea estuaries: alle ökologischen Nischen in den deut- burg, 312 S. macrozoobenthos. – Senckenbergiana marit. 29, Suppl.: 107–111. schen Küstengewässern der Nordsee vor- HARMS, J. (2000): Artenliste der Meeresstation handen ist. Damit sind weiterhin viele un- Helgoland, Internet Version Stand Februar PETERMEIER, A., F. SCHÖLL & T. TITTIZER genutzte Möglichkeiten für eine Etablie- 2000. – http://www.meeresforschung.de/html/ (1996): Die ökologische und biologische Ent- rung nichtheimischer Arten vorhanden. helgoland/artenliste.htm (siehe auch Helgolän- wicklung der deutschen Elbe – Ein Literaturbe- Aufgrund erster ökologischer Hinweise der Meeresuntersuch. 47, 1–34, 1993). richt. – Lauterbornia 24: 1–95.

16 PETERSEN, K. S., K. L. RASMUSSEN, J. HEI- REMANE, A. (1934): Die Brackwasserfauna. – Nacheiszeit. – In: Lozán, J. L. & H. Kausch NEMEIER & N. RUD (1992): Clams before Co- Verh. dt. zool. Gesell. 36: 34–74. (Hrsg.): Warnsignale aus Flüssen und Ästuaren. lumbus? – Nature (Lond.) 359: 679. – Parey, Berlin: 11–19. SCHÖLL, F. & J. FUKSA (2000): Das Makrozoo- RACHOR, E., J. HARMS, W. HEIBER, I. benthos der Elbe vom Riesengebirge bis Cuxha- THORSON, G. (1961): Length of pelagic larval KRÖNCKE, H. MICHAELIS, K. REISE & K.-H. V. ven. – Bundesanstalt für Gewässerkunde, Ko- life in marine bottom invertebrates as related to BERNEM (1995): Rote Liste der bodenlebenden blenz, 29 S. larval transport by ocean currents. – In: Sears, Wirbellosen des deutschen Wattenmeer- und M. (Hrsg.): Oceanography. – Amer. Ass. Adv. SHUSHKINA, E. A. & E. I. MUSAYEVA (1990): Nordseebereichs. – Schr.-R. f. Landschaftspfl. Sci. Publication 67: 455–474. Structure of planktic community of the Black u. Natursch. 44: 63–74. Sea epipelgic zone and its variation caused by WEHRMANN, A., M. HERLYN, F. BUNGEN- invasion of a new Ctenophore species. – Ocea- REISE, K. (1994): Das Schlickgras Spartina ang- STOCK, G. HERTWECK & G. MILLAT (2000): nology 30: 225–228. lica: die Invasion einer neuen Art. – In: Lozán, J. The distribution gap is closed – First record of naturally setteld Pacific Oysters Crassostrea gi- L., E. Rachor, K. Reise, H. von Westernhagen & STOCK, M. & K. KIEHL (Hrsg.) (2000): Die gas in the East Frisian Wadden Sea, North Sea. W. Lenz (Hrsg.): Warnsignale aus dem Watten- Salzwiesen der Hamburger Hallig. – Schriften- meer. – Blackwell Wissenschaftsverlag, Berlin: reihe des Nationalparks Schleswig-Holsteini- – Senckenbergiana marit. 30: 153–160. 211–214. sches Wattenmeer, Heft 11, Boyens, Heide, 88 S. WOLFF, W. J. (1999): Exotic invaders of the REISE, K. (1998): Pacific oysters invade mussel meso-oligohaline zone of estuaries in The beds in the European Wadden Sea. – Sencken- STREIF, H. (1996): Die Entwicklung der Küsten- Netherlands: why are there so many? – Hel- bergiana marit. 28: 167–175. landschaft und Ästuare im Eiszeitalter und in der goländer Meeresunters. 52: 393–400.

17 Anatol holte Muscheln – Einfluss eines Orkans auf Muschel- bänke im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Georg Nehls

des 1998 aufgenommenen Miesmuschel- vieler Muschelbänke neue Beete, vor allem Einleitung monitorings stellt der Orkan Anatol das aber Streufelder. erste Ereignis, das Struktur und Ausdeh- Im Laufe der Feldarbeiten im Jahr 2000 Miesmuschelbänke können stabile Le- nung der Miesmuschelbänke deutlich be- konnte ein Eindruck der Auswirkungen des bensgemeinschaften im Wattenmeer bil- einflussen konnte, und bot somit die Mög- Orkans an den unterschiedlichen Stand- den, die viele Jahre fortbestehen und mit lichkeit, nach einer Periode von milden orten gewonnen werden. Zwei im Sommer dem angesammelten Schill und Sediment Wintern einen ersten Einschnitt in der Ent- 1999 neu besiedelte Standorte westlich sehr dauerhafte Strukturen hervorbringen. wicklung der Muschelbänke zu unter- von und südlich von Nordstran- An einzelnen Standorten ist die Existenz suchen und zu dokumentieren. dischmoor verschwanden spurlos. Zurück von Miesmuschelbänken über mehrere blieb der blanke Wattboden, dem die vor- Jahrzehnte hinweg belegt. Auf der anderen Struktur der Bänke hergehende Besiedlung mit einer Muschel- Seite gelten Muschelbänke als anfällig nach dem Orkan bank nicht mehr anzusehen war. Deutliche gegenüber Sturmeinflüssen, Wellen und Erosionsspuren ließen sich auf allen Bän- Strömung. Junge Bänke gelten als gefähr- Einige Bänke in der Holmer Fähre zwischen ken erkennen. Teilweise waren dies jedoch det, in den ersten Herbststürmen abgetra- Nordstrand und , die nur Umlagerungen innerhalb der besiedel- gen zu werden, während angenommen dort recht gut geschützt liegen, konnten ten Fläche, teilweise aber auch erhebliche wird, dass die Stabilität der Bänke mit dem wenige Tage nach dem Orkan aufgesucht Verluste innerhalb einer Bank. Die Be- Alter durch die akkumulierten Sedimente werden. Die Bänke waren stark von dem deckung der Bänke mit Blasentang Fucus und Schalen ansteigt. Orkan gezeichnet. Die normale Struktur vesicolor ging auf den meisten Bänken Die Verbreitung von Miesmuscheln im der Muschelbänke mit erhöhten, von Mu- leicht zurück. Die Algenbedeckung hatte Wattenmeer entspricht der Exposition der scheln bedeckten Beeten und unbesiedel- aber keinen offensichtlichen Einfluss auf Watten zur Hauptwindrichtung: Hinter ten Vertiefungen war jetzt umgekehrt. Der die Wirkung des Sturms, was aber auch schützenden Inseln wie Sylt und Amrum Einfluss von Strömung und Wellen hatte daran liegen mag, dass hohe Algenbe- liegen ausgedehnte Muschelbänke, die Muschelpolster nahezu komplett in die deckungen weitgehend auf geschützte während offene Bereiche, wie die Watten Vertiefungen zwischen den Beeten ver- Bänke beschränkt sind. westlich von Pellworm, dünner besiedelt schoben, so dass die Bänke jetzt aus un- sind. Der stark exponierte Bereich des besiedelten Schlammhügeln und dicht be- Veränderungen in der Fläche Dithmarscher Wattenmeeres ist sogar fast siedelten Zwischenräumen bestanden. Ein und der Bedeckung frei von Muschelbänken. Die Verbreitung nicht geringer Teil der Muscheln ist in den von Muschelbänken unterliegt durch den Vertiefungen jedoch von Sedimenten über- Bei den mit GPS (Global Positioning Sys- Einfluss von Stürmen einem laufenden lagert worden, und bei weiteren Begehun- tem) vermessenen Bänken war in vielen Wandel. Während in manchen Jahren ein gen fiel teilweise deutlicher Verwesungs- Fällen nur eine relativ geringe Veränderung starker Brutfall viele unterschiedliche geruch von der Zersetzung der überlager- der Fläche erkennbar. In der Mehrzahl der Standorte im Watt erfasst und neue Bänke ten Muscheln auf. In anderen Bereichen Bänke wurden leichte Zunahmen von 1999 etabliert, wird in anderen Jahren ein Teil wurde die Struktur der Muschelbänke auf 2000 festgestellt (Abbildung 1), die je- dieser Bänke wieder abgetragen. Im Früh- komplett zerstört, und die Muscheln wur- doch nur teilweise auf den Einfluss des Or- jahr 1990 verschwand fast die Hälfte der im den auf den umliegenden Wattflächen ver- kans zurückzuführen waren. Zumeist wa- Vorjahr kartierten Miesmuschelbänke im streut. Dadurch bildeten sich im Westen ren die Zunahmen durch die Verdichtung schleswig-holsteinischen Wattenmeer als Folge schwerer Orkane (NEHLS & THIEL Fläche (m2 ) 1993). 120.000 Anfang Dezember 1999 zog das Orkan- 1999 2000 100.000 tief ‚Anatol‘ über Norddeutschland hinweg. Die Wetterstation List registrierte Wind- 80.000 geschwindigkeiten bis 183 km/h. Dies 60.000 entspricht den Windstärken, die auch bei h Abbildung 1: Verän- 40.000 den Orkanen im Frühjahr 1990 registriert derung der Fläche von einzelnen Miesmuschel- 20.000 wurden. An Land richtete der Orkan bänken von 1999 auf schwere Schäden an, die befürchtete 2000. Dargestellt ist die 0 Sturmflut an der schleswig-holsteinischen Fläche der mit GPS ver- messenen Miesmuschel- LT01 LT07 LT12 RL03 RL12 RL15 SA07 NA06 NA11 NA20 NA37 Westküste blieb jedoch aus. Im Rahmen bänke. NH06 NH08 NH12 NH14 NH22 NH25

18 von Streufeldern verursacht, in einem Fall ke. Von 220 Hektar neu angesiedelter größerer Anteil des insgesamt niedrigen (SA07, Gröde) aber durch günstigere Was- Muschelbänke im Sommer 1999 über- Bestands sich in geschützten Bereichen serstände bei der Kartierung 2000. Die Ge- stand nur etwa die Hälfte den Orkan. befand. Der Rückgang der besiedelten samtfläche der Bänke hat sich von 1999 Die Fläche der älteren und der ge- Muschelbankfläche um etwa ein Drittel auf 2000 jedoch verringert. Die Verände- schützt liegenden Bänke veränderte sich ist vor diesem Hintergrund als hoch zu rungen in der Fläche waren im Bereich Nor- nur wenig, die mit Muscheln bedeckte werten. derhever/Rummelloch deutlich größer als Fläche innerhalb dieser Bänke jedoch er- Die Miesmuschelbank ist die produk- in den Bereichen hinter Amrum und im heblich. Der Bedeckungsgrad der Bänke tivste Lebensgemeinschaft des Watten- Lister Tief (Abbildung 2). In den geschützt verringerte sich dabei auch in den ge- meeres. In Bereichen mit günstigen An- liegenden Bereichen hinter den Inseln wa- schützt liegenden Bereichen recht deut- siedlungs- und Überlebensbedingungen, ren teilweise sehr deutliche Umlagerungen lich. Auf den Watten hinter Amrum, einem wie dem Königshafen, können Miesmu- innerhalb der Bänke zu erkennen, die je- recht gut gegen Stürme geschützten Be- schelbänke bis zu 50 Prozent der Bio- doch deren Ausdehnung wenig beeinflus- reich, sank der Bedeckungsgrad der masse der benthischen Lebensgemein- sten. Die Fläche der Bänke im Bereich Bänke um ein Drittel von 43 Prozent auf 28 schaften auf sich vereinigen (ASMUS et al. Norderhever/Rummelloch nahm dagegen Prozent ab. Dies ist bemerkenswert, weil 1998). Die Dynamik der Miesmuschel- fast um ein Drittel ab. Am stärksten be- sich die Gesamtfläche der Muschelbänke bänke ist daher eine wichtige Frage zum troffen waren die nach Westen exponierten in diesem Bereich kaum veränderte. Im Be- Verständnis der Ökologie des Wattenmee- Standorte bei Pellworm und Nord- reich Norderhever/Rummelloch nahm die res. Biotische Faktoren, wie Prädation, strandischmoor, es bestehen jedoch er- Bedeckung der verbliebenen Bänke etwas scheinen nur geringen Einfluss auf den hebliche Unterschiede zwischen einzelnen weniger deutlich ab. Fortbestand von Miesmuschelbänken zu Bänken. Während eine großflächige und Insgesamt bewirkte der Orkan Anatol haben (NEHLS et al. 1998), so dass die kri- eine kleinere Neuansiedlung westlich von einen Verlust von zehn bis 20 Prozent der tischen Phasen im frühen Stadium der An- Pellworm komplett abgetragen wurden, eulitoralen Muschelbänke im Nationalpark siedlung und in seltenen Ereignissen wie blieben eine angrenzende ältere Bank, Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. starken Stürmen oder Eiswintern beste- aber auch zwei weiter nördlich gelegene Der Bedeckungsgrad innerhalb der Bänke hen. Eine wichtige Frage zur Dynamik der Neuansiedlungen in ihrer Ausdehnung reduzierte sich um etwa ein Viertel, so dass Muschelbänke ist, ob ältere Muschel- nahezu unverändert. Generell waren die Gesamtverluste von etwa einem Drittel an- bänke widerstandsfähiger gegenüber Neuansiedlungen des Jahres 1999 deut- zunehmen sind. In welchem Maße Verän- Stürmen sind und so eine höhere Überle- lich stärker betroffen als die älteren Bän- derungen innerhalb der mit Muscheln be- benswahrscheinlichkeit als junge Bänke deckten Bereiche der Bänke aufgetreten haben. Wenn dem so ist, dann sollten f Abbildung 2: Verän- sind, ist derzeit noch nicht klar. starke Ansiedlungsereignisse, wenn sie derung von Fläche und die ersten zwei oder drei Jahre überste- Bedeckungsgrad der Miesmuschelbänke in Diskussion hen, zu langfristig hohen Miesmuschelbe- verschiedenen Wattge- ständen führen, die auch die exponierten bieten. Dargestellt sind die Daten der mit GPS Stürme bringen Dynamik in das Watten- Bereiche erfassen. Die Verluste der im vermessenen Mies- meer. Für die Verbreitung der Miesmu- Sommer 1999 neu angesiedelten Bänke muschelbänke. schelbänke sind sie ein bestimmendes Ele- waren deutlich höher als die bei älteren 400 Muschelbankfläche (ha) 12 ment, die wesentlich beeinflussen, wo sich Bänken, von denen keine vollständig verlo- im Watt angesiedelte Bänke dauerhaft ren ging. Es fehlen jedoch ältere Bänke an 300 etablieren können. Der Einfluss von Orkan exponierten Standorten wie westlich von 6 7 200 Anatol scheint dabei durchaus vergleich- Pellworm. Die kleinen älteren Muschel- bar mit den Stürmen im Frühjahr 1990 zu bänke, die hier vorhanden sind, liegen in 100 sein. Im Dezember 1999 sind zwar nur Senken, in denen sie einen gewissen 0 wenige Standorte verloren gegangen, Schutz vor Stürmen haben. Die großen 80 Bedeckungsgrad (%) 1999 2000 während im Frühjahr 1990 fast die Hälfte Unterschiede im Fortbestand der jungen 60 der Miesmuschelbänke nach den Stürmen Muschelbänke verdeutlichen dabei den nicht mehr auffindbar war. Es ist dabei je- hohen Einfluss der jeweiligen Standortfak- 40 doch zu bedenken, dass viele exponierte toren. Ausschlaggebend ist dabei mög- 20 Standorte, die 1990 stark von Sturmereig- licherweise die Sedimentstruktur. Neuan-

0 nissen getroffen wurden, im Jahr 2000 gar siedlung auf festem Sand scheinen eine Lister Tief Norderaue Norderhever nicht besiedelt waren und ein deutlich deutlich höhere Stabilität und somit einen

19 höheren Widerstand gegen Strömung und kan Anatol weisen insgesamt darauf hin, MANN (1998): Transporte im Nahrungsnetz euli- Wellen zu haben, so dass diese Bänke dass die speziellen Standorteigenschaften toraler Wattflächen. – In: Gätje, C. & K. Reise (Hrsg.): Ökosystem Wattenmeer, Springer Ver- auch in sehr exponierten Lagen überdau- über die räumliche Lage der Bänke hinaus lag: 393–420. ern können. Bänke auf weichem Sediment von wesentlicher Bedeutung für ihren Fort- sind vermutlich anfälliger. Ob die Menge bestand sind. Mit zunehmendem Alter er- NEHLS, G., I. HERTZLER & G. SCHEIFFARTH des im Laufe des Sommers akkumulierten reichen die Bänke vermutlich eine höhere (1997): Stable mussel beds in the Wadden Sea – they are just for the birds. – Helgol. Meeresun- Schlammes eine wichtige Rolle spielt, er- Stabilität, aber Alter allein schützt vor Stür- ters. 51: 361–372. scheint dagegen fraglich, denn die kom- men nicht. plett abgetragenen Bänke waren nicht NEHLS, G. & M. THIEL. 1993. Large-scale dis- tribution patterns of the mussel Mytilus edulis in höher aufgewachsen als gering beschä- Literatur the Wadden Sea of Schleswig-Holstein: Do digte Bänke in der näheren Umgebung. ASMUS, H., D. LACKSCHEWITZ, R. ASMUS, storms structure the ecosystem? – Neth. J. Sea Die beobachteten Auswirkungen des Or- G. SCHEIFFARTH, G. NEHLS & J.-P. HERR- Res. 31: 181–187.

20 Zehn Jahre Fischmonitoring Ralf Vorberg

probungen und zwei weitere (Glasgrundel Tabelle 1: Scyphomedusen, die regelmäßig in den Einleitung Fängen beim Fisch-Monitoring vorkommen. und Lachs) im Juni gefangen wurden. In diesem Sommer wurden 26 verschiedene Deutsche Bezeichnung Wissenschaftlicher Name Seit zehn Jahren findet das Fischmonito- Arten gefangen, was einer durchschnittli- Ohrenqualle Aurelia aurita ring einmal jährlich im August im Gebiet der chen Artenzahl entspricht. Aus der Arten- Kompassqualle Chrysaora hysoscella Meldorfer Bucht statt. Die Lage der Unter- tabelle im Bericht zum Wattenmeermoni- Wurzelmundqualle Rhizostoma pulmo suchungsstationen und die Fischereime- toring 1998 (VORBERG 2000a) wird aber Blaue Haarqualle Cyanea lamarckii thode sind im Bericht zum Wattenmeer- ersichtlich, dass in der ersten Hälfte der Gelbe Haarqualle Cyanea capillata monitoring 1998 beschrieben (VORBERG neunziger Jahre deutlich mehr Fischarten 2000a). Der vorliegende Bericht liefert ne- in den Fängen auftraten als in den letzten ben aktuellen Ergebnissen vor allem eine Jahren. Die Artenzahl ist unmittelbar ab- Analyse der zehn Jahre umfassenden Da- hängig vom Fischereiaufwand, der durch fauna dienen, zeigen ein hohes Maß an tensammlung aus den August-Befischun- die Messung des pro Hol befischten Veränderlichkeit. Dies gilt bei der summari- gen. Ergebnisse der seit 1997 laufenden Wasservolumens wiedergegeben wird. In schen Betrachtung der Gesamtabundanz Befischungen im Juni werden in diesem Abbildung 2 ist eine signifikante Abnahme (Abbildung 3) ebenso wie bei gruppierten Bericht nicht berücksichtigt. dieser Größe seit 1995 erkennbar. Das Daten (Abbildungen 4 und 5) und schließ- Wasservolumen wird von der jeweils lich auch auf Artniveau. Unverändert blieb Quallen aktuellen Strömungsgeschwindigkeit und allein der bereits im Vorjahresbericht (VOR- der Holdauer bestimmt. Letztere ist aus BERG 2000b) beschriebene und in diesem Nach den überraschend geringen Qual- fischereitechnischen Gründen unmittel- Jahr bestätigte Befund, dass Schwarm- lenmengen 1999 traten die Tiere in diesem bar abhängig von der Strömungsge- fische (Hering, Sprotte, Stint) die Fisch- Sommer erneut in ungewöhnlich hoher schwindigkeit, so dass die beobachtete fauna im Kronenloch dominieren. Dagegen Dichte auf (Abbildung 1). Durchschnittlich Abnahme des befischten Wasservolu- wurde die von 1991 bis 2000 konstant waren 860 Kilogramm im Netz, aus einem mens seit 1995 nur auf veränderte Strö- nachweisbare Dominanz von Plattfischen Fang im Kronenloch mussten sogar 2700 mungsbedingungen im Untersuchungs- im Steertloch in diesem Jahr relativiert: Kilogramm Quallen aussortiert werden. In gebiet zurückgeführt werden kann. Me- Erstmals wurden im Kronenloch mehr Tabelle 1 sind diejenigen Arten zusammen- thodische Fehler sind auszuschließen, Flundern (Abbildung 6) und Schollen (Ab- gestellt, die regelmäßig, aber in wechseln- und auch der störende Einfluss der Qual- bildung 7) gefangen. den Quantitäten in den Fängen vorkom- len kann nicht als Ursache herhalten, da Trotz der zehn Jahre umfassenden Da- men. zumindest im quallenarmen Jahr 1999 tensammlung ist der Zeitraum zu kurz, um höhere Wasservolumina möglich gewe- die beobachteten Bestandsveränderun- Fische und Fischereiaufwand sen wären. gen statistisch gesichert zu bewerten oder um intra- oder interspezifische Periodizität Erstmals seit zehn Jahren erhöhte sich die Zehn Jahre Veränderungen zu erkennen, geschweige denn Ursachen Gesamtzahl nachgewiesener Arten nicht. für die Veränderungen zu benennen. Zur- Sie bleibt auf dem Vorjahresstand von 46, Fast alle populationsökologischen Para- zeit beschränkt sich die Analyse der Ergeb- wobei 44 Arten während der August-Be- meter, die zur Beschreibung der Fisch- nisse darauf, die Veränderungen zu be- schreiben. Als Hilfsmittel für eine vorsich- tige Bewertung der Daten wurden Mittel- Quallen im August 20.833 g Abbildung 1: Mittlere wert beziehungsweise Median aus dem Biomasse pro Jahr der Gesamtdatensatz errechnet. Dieser Wert Scyphomedusen an den 15.000 einzelnen Untersu- gilt dann per Definition als „normal“ für den chungsstationen. Mittel- jeweiligen Parameter. wert und Median bezie- 3 10.000 hen sich auf den Ge- samtdatensatz. 1,0 0,8 kg/Mio m 3 5.000 0,6 h Abbildung 2: Befisch- Mio m 0,4 tes Wasservolumen pro 0,2 0 Hol. Dargestellt sind der 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Mittelwert und die Stan- Mittel- wert Median dardabweichung aller Steertloch Kronenloch Norderpiep 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Hols pro Jahr.

21 Fische - mittlere Abundanz (August) g Abbildung 3: Gesamt- schwankungen bei Fischen, die in einem 400.000 individuenzahl (oben) solchen Lebensraum vorkommen, als nor- und Gesamtbiomasse 3 300.000 (unten) der Fische an den mal betrachtet werden. Veränderung kann einzelnen Untersu- in diesem Sinne geradezu als ein Qualitäts- 200.000 chungsstationen. Darge-

Ind./Mio m stellt sind der Mittelwert merkmal des Wattenmeeres betrachtet 100.000 der einzelnen Jahre werden. Umso wichtiger ist es, die Monito- sowie Mittelwert und 0 Median aller Unter- ringdaten von Jahr zu Jahr in ihrer Gesamt- 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 suchungsjahre. heit zu analysieren, um eine „normale“ Be-

Norderpiep Mittel-wert Steertloch Kronenloch Median Fische - mittlere Biomasse (August) Plattfische (August) 1.500

3 16.000

1.000 3 12.000 kg/Mio m 500 8.000 Ind./Mio m

0 4.000 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Mittel-wert 0 Median 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Kronenloch Norderpiep Mittel-wert Steertloch Median 369.065 227.759 Schwarmfische (August) 150.000 d Abbildung 5: Individu- 3 endichte der Plattfische. standsschwankung von einer Veränderung Dargestellt ist die im Sinne zu- oder abnehmender Bestände 100.000 Summe der mittleren Fänge von Flunder, zu unterscheiden. Es ist zu erwarten, dass Ind./Mio m 50.000 Scholle und Seezunge. diese Unterscheidung mit Hilfe eines dau- erhaft angelegten Monitoringprogramms 0 gelingt und mittel- bis langfristig auftre- 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 tende Zyklen in der Bestandsentwicklung Steertloch Kronenloch Norderpiep Mittel-wert Median aufgedeckt werden können.

d Abbildung 4: Individu- 7.654 endichte der Schwarm- Auf Grundlage dieser Überlegung 5.000 fische. Dargestellt ist die Scholle wurde nach „Charakterarten“ gesucht, die Summe der mittleren 4.000

Fänge von Hering, 3 jedes Jahr als ein bestimmtes „Fischjahr“ Sprotte und Stint. beschreiben. Diese Jahrescharakterisie- 3.000 rung (Tabelle 2) ist eine relative Bewertung, 2.000 Ind./Mio m die ausschließlich auf die jeweilige Jahres- zeit und zum Teil auch nur auf die jeweilige 1.000 Untersuchungsstation angewendet wer- 0 den kann. 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Mittel-wert Die Jahrescharakterisierung spiegelt Steertloch Kronenloch Norderpiep Median 12.343 ebenfalls die große Veränderlichkeit der 10.000 Flunder Fischfauna wider. In der Abfolge der jewei- 8.000 ligen „Fischjahre“ lassen sich keinerlei Re- 3 gelmäßigkeiten im Vorkommen der Fische 6.000 oder Quallen entdecken. 4.000 Das Wattenmeer ist für seine Dynamik Ind./Mio m 2.000 der ökologischen Prozesse bekannt, her- h Abbildung 6: Abun- danz von Scholle und vorgerufen durch starke Schwankungen 0 Flunder. Dargestellt sind 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 der steuernden biotischen und abiotischen die Mittelwerte pro Sta- Mittel-wert Faktoren. Daher müssen Bestands- tion und Jahr. Median

22 Tabelle 2: Charakterisierung der einzelnen Untersu- chungsjahre (August-Beprobungen) aufgrund der Literatur Abweichung von durchschnittlichen Fangergebnissen (hier: größer oder kleiner als der Mittelwert/Median der Gesamtfänge 1991 bis 2000). VORBERG, R. (2000a): Monitoring der Fische im Wattenmeer. – In: Landesamt für den National- Jahr Charakterisierung Gebiet park Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 1991 Herings- und Sprotten-Jahr Norderpiep (Hrsg.): Wattenmeermonitoring 1998. – Schrif- 1992 „normal“ Gesamtgebiet tenreihe des Nationalparks Schleswig-Holsteini- 1993 „normal“ Gesamtgebiet sches Wattenmeer, Tönning: 14–16. 1994 Sprotten-Jahr Kronenloch 1995 Sprotten-Jahr Kronenloch Flunder-Jahr Steertloch VORBERG, R. (2000b): Monitoring der Fische Meeräschen-Jahr Gesamtgebiet im Wattenmeer. – In: Landesamt für den Natio- Quallen-Jahr Gesamtgebiet nalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 1996 Quallen-Jahr Gesamtgebiet (Hrsg.): Wattenmeermonitoring 1999 – Schwer- 1997 „normal“ Gesamtgebiet punktthema: Der Mensch im Nationalpark. – 1998 Wittlings-Jahr Gesamtgebiet Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig- Quallen-Jahr Gesamtgebiet Flunder- und Schollen-Jahr Steertloch Holsteinisches Wattenmeer, Tönning: 12–14. 1999 Flunder- und Schollen-Jahr Steertloch 2000 Flunder-Jahr Kronenloch Holzmakrelen-Jahr Norderpiep Quallen-Jahr Gesamtgebiet

23 Der Demersal Young Fish Survey (DYFS) in Schleswig-Holstein – Entwicklung und derzeitiger Stand Thomas Neudecker

Unterelbe gehört bereits zum niedersäch- Einleitung Methoden sischen Teil des DYFS, der hier außer Be- tracht bleiben soll. Im Jahre 1969 erschien mit dem Titel „A In Deutschland wird der DYFS regelmäßig Durchgeführt wird das Programm mit census of juvenile demersal fish in the im Frühjahr (Ende April bis Anfang Juni) und Hilfe von gecharterten, kommerziellen Dutch Waddensea, the Zeeland nursery- Herbst (September und Oktober) durchge- Garnelenkuttern (Krabbenkuttern), die in ground, the Dutch coastal area and the führt, sofern die äußeren Bedingungen (Fi- einem der im jeweiligen Gebiet liegenden open sea areas off the coasts of the nanzierung und Witterung) dies zulassen. Häfen registriert sind, weil bei den dortigen Netherlands, and the southern Das Gebiet des DYFS ist prinzipiell das Kapitänen die notwendige örtliche Erfah- part of “ die erste, kurze Abhand- gesamte Wattenmeer und der vorgela- rung für diese spezielle Fischerei gegeben lung über eine fischereiunabhängige Be- gerte Bereich bis über die Zehnmeter- ist. standsuntersuchung an Jungfischen im tiefenlinie hinaus. Auf Grund des relativ Als Fanggerät dient eine der kommerzi- Küstenbereich und Wattenmeer von den großen Areals werden aber nur Teile davon ellen Fischerei vergleichbare, aber schma- Niederlanden bis Deutschland (BODDEKE untersucht. Von den elf verschiedenen et al. 1969). Diesem Anstoß durch die Nie- deutschen Abschnitten gemäß einer nie- derländer, die diesen Survey seitdem an derländischen Codierung (Anonymus ihren Küsten und entlang der Deutschen 1990) berühren sieben Schleswig-Holstein Bucht jährlich durchführen, folgte die (siehe NEUDECKER et al. 1998). Innerhalb deutsche Fischereiforschung. Sie schloss dieser umfassen die Untersuchungen – mit sich dem niederländischen Survey an, in- kleineren Veränderungen im Laufe der dem Rauck im Frühjahr 1972 in drei Berei- Jahre – die Wattstromsysteme „Hörnum chen unseres deutschen Wattenmeeres Tief“, „Aue“, „Hever“ und „Piepen“ sowie d Abbildung 1: gleichartige Arbeiten durchführte (BOD- vorgelagerte Gebiete. Die angrenzende Schleppnetz des Demer- DEKE et al. 1974). Diese lagen in den ost- sal Young Fish Survey (DYFS). friesischen Wattengebieten, der Jade und Tabelle 1: Auflistung der registrierten Informationen im Rahmen des DYFS. der Elbmündung. Während die Belgier be- 1. Schiffsname, Registrierungsnummer des Fahrzeugs reits 1970 an den Untersuchungen betei- 2. Reise-Nummer, Kurzbezeichnung der Reise, Fahrtleiter, Protokollführer ligt waren (BODDEKE et al. 1974), stieg 3. Reisedatum, Stationsnummer, Holnummer, Gültigkeit Deutschland erst 1972 in dieses Pro- 4. Gebietsname, ICES-Rectangle gramm ein, und es dauerte bis zum Früh- 5. DYFS-Codes für Gebiet, Geographische Region, Subregion, Ökoregion, Tiefen- jahr 1973, bis erste Ausfahrten mit dem region und Bodenbeschaffenheit Kutter „Hai“ auch in Schleswig-Holstein 6. Schleppzeitanfang, -ende, -dauer, -richtung in Grad, -geschwindigkeit in Knoten durchgeführt wurden (BODDEKE et al. 7. Geographische Breite und Länge bei Schleppbeginn und Ende 1975). Seitdem gehört der Demersal 8. Distanz in Metern (linear Anfang bis Ende) und abgeschleppte Strecke in Metern Young Fish and Brown Shrimp Survey 9. Minimale, maximale und mittlere Fangtiefe in Metern (DYFS) zum Standardprogramm der Be- 10. Wetter laut Fangprotokoll, Lichtverhältnisse, Bewölkung standsuntersuchungen der Bundesfor- 11. Windrichtung, Windgeschwindigkeit in Knoten schungsanstalt für Fischerei. Die gefunde- 12. Tidenphase nen Häufigkeiten für die fischereilich be- 13. Sichttiefe sonders interessanten Arten Scholle und 14. Lufttemperatur Seezunge gehen in die jährlichen Be- 15. Temperatur an der Wasseroberfläche standsberechnungen des Internationalen 16. Salzgehalt Wasseroberfläche Rates für Meeresforschung (ICES) ein. 17. Netznummer, Netzöffnung horizontal, Netzöffnung vertikal Weitere Ergebnisse wurden verschiedent- 18. Sonstiges, Bemerkungen zum Netzeinsatz lich im Rahmen von ICES-Jahrestagungen 19. Gesamtfang in Litern, Unterprobe in Litern, Faktoren, ab 2001 Gewichte veröffentlicht, und das Programm wurde in 20. Anzahl der gefangenen Fischarten und Evertebratengruppen im Netz das Trilaterale Monitoring and Assess- 21. Anzahl der jeweiligen Individuen der Fischarten und Evertebraten ment Programme (TMAP) einbezogen. Über die Arbeiten im schleswig-holsteini- 22. Totallängen aller Fische, wobei auch bei Garnelen Größenklassen gebildet wer- den bzw. seit 1998 per elektronischer Bildverarbeitung Längenmessungen auf schen Bereich soll im Nachfolgenden be- Millimeter erfolgen. richtet werden.

24 lere 3-m-Baumkurre, die mit einem in sei- sen. Erst nach dem zwangsweisen Kutter- Ergebnisse und Diskussion nem Schnitt und in den Netzmaschen wechsel – Kutter Hai musste im Jahre 1984 ebenfalls der Fischerei gleichenden Netz stillgelegt werden – ergab sich auf den von im Steert 20 mm Maschenöffnung Stationen und Fangverhalten der neuen Kuttern mit DECCA, AP und später ausgerüstet ist. Sie verfügt über ein so- gecharterten Kutter GPS-Navigationseinrichtungen die Mög- genanntes Rollengeschirr, das einerseits In Schleswig-Holstein wurden seit Beginn lichkeit, präzisere Stationsangaben zu ver- Fische und Krebse aufschreckt und somit der Untersuchungen im Jahre 1973 insge- merken. Dies erfolgte relativ verlässlich ab ins Netz leitet, andererseits das Netz selbst samt 55 Reisekampagnen mit zusammen 1987. über den Grund leitet und vor Schäden 3262 Hols durchgeführt. Ursprünglich gab Mit dem 1985 notwendig gewordenen schützt (Abbildung 1). es ein festes Stationsnetz mit 50 Positio- Kutterwechsel ging ein völliger Bruch der Die Fänge sind auf Hols von 15 Minuten nen, die von ein und demselben Kutter an- Arbeitsbedingungen einher, da sich die beschränkt, weil in den „engen“ Gewäs- gelaufen wurden (Abbildung 2). Sie waren Rahmenbedingungen durch das Ableben sern des Wattenmeeres länger dauernde so auf die Tidebecken verteilt, dass bei des Kapitäns wie auch des zuständigen Hols unter Umständen oft aus navigatori- guten Bedingungen die Untersuchungen Wissenschaftlers verändert hatten und schen Gründen abgebrochen werden theoretisch in fünf Tagen abgeschlossen neue Verantwortlichkeiten herrschten. müssten. Jedoch werden in diesem Unter- werden konnten. Oft war dies allerdings Statt der früheren zehn Chartertage war suchungsprogramm alle Fänge auf eine nicht der Fall, und eine Reise dauerte bis zu im Jahre 1985 nur die Finanzierung für ei- befischte Fläche von jeweils 1000 m2 um- zehn Tage. nen einzigen Chartertag je Saison gege- gerechnet. Nach heutigen Maßstäben sind die al- ben. Damit entfiel die Gebietsabdeckung Eine Reihe von Parametern und Infor- ten Positionsangaben ungenau, denn es für das gesamte schleswig-holsteinische mationen werden zusätzlich erfasst, um gab an Bord keine besonderen Navigati- Wattenmeer. Nur der Heverstrom konnte in weiterführende Untersuchungen und Kon- onseinrichtungen. Die Peilungen erfolgten diesem Jahr befischt werden. Die Situation trollen grundsätzlich zu ermöglichen. Sie nach Sicht. Daher muss man sagen, dass besserte sich im Laufe der Zeit, aber es sind in Tabelle 1 wiedergegeben. früher die Aussetzposition praktisch nur wurde in Folge eines geringeren zeitlichen Die fischereilichen Daten werden bis- geschätzt wurde. Eine Hievposition wurde Spielraumes durch begrenzte Chartermit- lang auf traditionelle Weise mit Hilfe von nicht vermerkt, da die Schleppdauer auf 15 tel selten das gesamte, frühere Untersu- Messbrettern an Bord handschriftlich er- Minuten festgelegt war und der Einheits- chungsgebiet von den Piepen bis in das fasst und später in eine dBASE-Datenbank fang auf ihr beruhte. Die Schleppge- Hörnum-Tief bearbeitet. des Institutes für Seefischerei überführt schwindigkeit wurde auf vier Knoten ge- Die alten Stationen wurden wo möglich (DETHLOFF 1991). Dies gilt auch für die schätzt, woraus sich eine Strecke von einer angelaufen, doch nur noch zum Teil. Die Stationsdaten, die in der Regel vom Seemeile, somit 1852 Metern ergab. Hier- bekannte Veränderlichkeit des Watten- Schiffsführer protokolliert werden, sowie auf beruhten alle Flächenangaben für die meeres in Folge heftiger Stürme und Strö- für hydrographische und meteorologische befischte Fläche, denn die Strecke wurde mungen hatte die Situation an einigen Stel- Informationen. Alle Arbeitsschritte, Mate- mit der Breite der Baumkurre von drei Me- len ohnehin stark verändert. Tiefen hatten rialien und Vorgehensweisen sind in einem tern multipliziert. Versuche, die Genauig- sich verschoben, einige Priele waren na- internen Handbuch für den deutschen Teil keit zu verbessern, wurden zeitweise mit hezu verschwunden und damit gar nicht des DYFS dokumentiert (NEUDECKER sogenannten „Meterrädern“ unternom- mehr befischbar. So erfolgte die Proben- 2000). men, die sich jedoch als untauglich erwie- nahme seitdem zufällig und gemäß den je- weils gegebenen Wetterlagen, jedoch in verschiedenen Tiefenstufen in den glei- Tabelle 2: Kenndaten der im Rahmen des DYFS in Schleswig-Holstein eingesetzten Fischereifahrzeuge. chen Priel- und Stromsystemen und wie Name BRT [t] kW Länge [m] Tiefgang [m] stets mit dem Tidenstrom. Gleichzeitig wurde zur Verbesserung der Datenbasis Hai ? 55 12,88 ? die Holzahl erhöht. Die Lage der Stationen Adler 15,19 134 13,25 1,5 ist in Abbildung 3 wiedergegeben und zeigt Heike 24 129 14,31 1,5 deutlich den Verlauf entlang der Priel- Jupiter 16,4 131 14,08 1,5 systeme sowie auch die gleichmäßige Ver- Cornelia 33,47 184 17,50 2,1 teilung auf die Stromsysteme „Aue“, „He- Stephanie 18,84 138 15,07 1,6 ver“ und „Piepen“, mit geringerer Ab- Orion 12 55 12,91 1,2 deckungsrate von „Hörnum Tief“ und Adler 14,65 100 13,20 1,3 Außengebieten.

25 Statt des einen Kutters „Hai“ für den ge- Eigners, ob flache Priele zu bestimmten zu Beginn der Fahrt noch ausgetrocknet samten Bereich wurden nun meist zwei Zeiten und Witterungsbedingungen noch waren, zu den ab 1985 verwendeten, verschiedene Fahrzeuge gechartert, die je- befischt werden können oder nicht. Inso- schwereren Gummirollen Unterschiede in weils im Bereich Husum und Büsum behei- fern mag der Wechsel von einem zum der Fängigkeit der 3-Meter-Baumkurre er- matet waren. Sie waren modernere, zu- anderen Schiff bislang nicht bekannte geben. Eine nachträglich Prüfung ist nicht nehmend besser ausgerüstete und etwas Effekte auf die Tiefenverteilung der Fänge mehr möglich, und es wird davon ausge- größere Fahrzeuge (Tabelle 2). Es wird da- im flachen Bereich und damit auf die Indi- gangen, dass keine oder nur marginale, von ausgegangen, dass der sog. „Kutter- zes haben, was retrospektive noch zu prü- nicht nachweisbare Unterschiede existie- faktor“, damit ist die eventuelle Verschie- fen ist. ren, weil die schweren Eisenteile des Ge- denartigkeit der Kutter gemeint, keinen Weiterhin liegen keine Informationen schirrs bei der üblichen, langsamen Einfluss auf die Fänge hat. Andererseits darüber vor, ob sich aus dem veränderten Schleppgeschwindigkeit für ausreichen- bestimmt der Tiefgang und der „Mut“ des Einsatz von früher üblichen Holzrollen, die den Bodenkontakt sorgten. Dies gilt auch

49 50 48 47 43 42 46 39 4041 45 38 37 34 44 36 35 33

32

30 31 29 28 27

23 24 26 21 22 25 19 20 18 6 1 10 7 2 11 9 8 3 12 14 4 15 5 13 16 17 d Abbildung 2: DYFS d Abbildung 3: DYFS Schleswig-Holstein: Schleswig-Holstein: Stationen von 1974 bis Stationen von 1985 bis 1984. 1998.

26 für das verwendete Netzgarn, welches Schleppstrecken je Tidephase und Gebiet lichen Häufigkeiten von Schollen und See- früher geringfügig gröber ausgefallen war nahe legen. Bislang wurden ältere Auswer- zungen (DAMM & NEUDECKER 1996) so- verglichen zu den heutigen Netzen, denn tungen nur auf die berechnete, durch- wie die Größenverteilungen und Häufigkei- die Maschenöffnung blieb im Rahmen nor- schnittliche Schleppstrecke von 1400 ten von Garnelen (NEUDECKER & DAMM maler Schwankungen des Materials und Metern statt früher angenommener 1852 1996). der Verarbeitung durchgängig bei den in Meter korrigiert (NEUDECKER & DAMM Weitere Erkenntnisse werden erwartet dieser Fischerei üblichen 20 Millimetern 1996). Die noch präzisere Neuberechnung durch die Staffelung nach Tiefenstufen, die (gestreckte Masche). der befischten Flächen und der resultieren- einerseits mit einem seewärts gerichteten Es gibt keinerlei Hinweise, dass sich das den Häufigkeitsindizes steht noch aus. Gradienten gekoppelt sein können, wie er Schleppverhalten der Kutter prinzipiell von- Diese Verfeinerung der Daten kann Auswir- bei BRECKLING (1998) für Prielbefischun- einander unterscheidet. Die Schleppge- kungen auf Ergebnisse bezüglich regiona- gen festgestellt wurde, andererseits jah- schwindigkeit liegt je nach Strömungsver- ler Präferenzen einiger Arten haben. reszeitlich bedingte Unterschiede vermu- hältnissen um zwei bis vier Knoten und Durchgreifende Veränderungen in den ten lassen, wie sie bei den Garnelen fest- stets geringfügig über dem Tidenstrom, Häufigkeitsindizes der Jahrgangsstärken gestellt wurden (NEUDECKER & DAMM um das Schiff im Strom manövrierfähig zu für die Zielarten Scholle und Seezunge 1996). Auch ist bekannt, dass erst seit dem halten. Für den niederländischen DYFS werden nicht erwartet, da deren Schwan- Zeitraum ab 1985 eine relativ stabile Vertei- werden beispielsweise drei Knoten ange- kungen ein Vielfaches des Mittelwertes lung der Tiefen im Rahmen der jährlichen geben (VAN BEEK et al. 1989). Die Ab- ausmachen können (Abbildung 4 und 5). Probennahmen des gesamten DYFS ge- schätzung bestimmter Schleppstrecken Andererseits ist eine Verbesserung der geben ist und frühere Beprobungen zum konnte früher zwar auch einigermaßen Korrelation dieser regionalen Zeitserie mit Teil deutlich flacher erfolgten (JANSEN et leicht mit Hilfe der Betonnungen erfolgen, den VPA’s des ICES für Scholle und See- al. 2000). Hierdurch können sich weitere die entlang der Fahrwasser ausgebracht zunge (DAMM & NEUDECKER 1996) Korrekturen bei den Werten der Zeitserien und in Seekarten verzeichnet sind. Sie denkbar, weshalb dies eine der vielen ergeben. wurde allerdings pauschal auf alle Hols noch zu bearbeitenden Aufgabenstellun- Aber auch andere Faktoren, die im übertragen, da die Zeit ursprünglich für den gen im Rahmen des DYFS und des TMAP DYFS erfasst werden und in Tabelle 1 ge- Einheitsfang maßgeblich war. darstellt. listet sind, können die Häufigkeitsindizes Entsprechend den verbesserten Posi- beeinflussen und stellen Aufgabenfelder tionsangaben wurde ab 1987 an Hand Zeitserien für ausgewählte für eine weitere wissenschaftliche Über- von Seekarten (1:50.000) eine genauere Fischarten prüfung dar. Schleppstreckenbestimmung für jeden Die aktuellen Zeitserien für die Häufig- einzelnen Hol durchgeführt. Aus ihnen er- Zum heutigen Zeitpunkt gibt es die beim keiten von jungen Schollen sind in Abbil- gaben sich aber – was aus der Kenntnis ICES abgelieferten und für die Bestands- dung 4 dargestellt. Abbildung 5 gibt die der starken Schwankungen der Tide- berechnungen alljährlich mit den neuesten analogen Zeitserien für Seezungen wieder. ströme banal erscheint – große Unter- Daten ergänzten Zeitserien für die Schol- Vergleichbare Darstellungen sind prinzipiell schiede in den abgeschleppten Strecken lendichten im Frühjahr (AG I) und Herbst für alle registrierten Arten denkbar und (bzw. Flächen) je nach Tidephase. (AG 0). Dabei werden sämtliche Werte aus können für andere wissenschaftliche Diszi- Diesem Detailthema widmeten sich den einzelnen Hols für Schleswig-Holstein plinen nützlich sein, die sich beispielsweise NEUDECKER et al. (1998). Sie stellten fest, zu einem jährlichen, ungewichteten Mittel- für das Angebot an Futterfischen für See- dass die durchschnittliche Strecke um wert zusammengefasst. Ein Forschungs- vogelpopulationen oder Robben interes- 1400 Meter liegt. Es bestehen aber weiter- ziel ist es, nach der mittlerweile erfolgten sieren. hin nicht nur Unterschiede zwischen den Computerisierung aber teilweise noch an- Schleppstrecken selbst, die nach Tidepha- stehenden Fehlerkorrektur der alten Daten, Artenspektrum sen (in Stunden) gruppiert sind, sondern die verfügbaren Informationen nach ver- auch – vermutlich wegen der jeweiligen To- schiedenen Gesichtspunkten zu gruppie- Das Artenspektrum der Wattenmeer- pographie und Strömungsbedingungen – ren und auszuwerten. fische wurde verschiedentlich beschrie- zwischen den einzelnen Stromsystemen. Hinweise auf regionale Unterschiede ben (BERGHAHN & VORBERG 1997; Zusätzlich wurden zum Teil signifikante Un- zwischen den Tidebecken liegen bereits BRECKLING & NEUDECKER 1994; terschiede in der Fängigkeit verschiedener vor. Sie beziehen sich auf die festgestellten TIEWS 1983; VORBERG & BRECKLING Arten zu verschiedenen Tidephasen fest- Unterschiede der Strömungsgeschwindig- 1999). Die im DYFS gefangenen Fische gestellt, die eine Neuberechnung sämtli- keiten zu verschiedenen Tidephasen werden sämtlich erfasst und bis auf wenige cher Fangdaten auf Basis von gemittelten (NEUDECKER et al. 1998), auf die jähr- Ausnahmen, bei denen die Bestimmung

27 40 g Abbildung 4: Früh- gebieten und deren prozentualem Auf- jahrsindices der Jung- treten in den Hols. Die fischereilichen Ziel- 30 schollen im Wattenmeer Schleswig-Holsteins arten Scholle, Seezunge und Nordsee- (oben: Altersklasse 0; garnele sind fett vermerkt, alle anderen 20 unten: Altersklasse 1). Arten stellen in diesem Fall „Beifangarten“ 2 10 analog der Definition von EHRICH & NEU- DECKER (1996) dar, sind aber für das 0 TMAP von Bedeutung. Aus dieser groben 40 Übersicht ergeben sich bereits Hinweise 30 auf eine regional unterschiedliche Vertei- lung einiger Arten wie beispielsweise der Anzahl pro 1000 m 20 Finte, während die Zielart Nordseegarnele zu hundert Prozent in den Fängen vertre- 10 ten ist. Insgesamt deutet sich auch ein ver- schiedenartiges Artenspektrum in den Re- 0 gionen an, das es gemäß den oben ange- 74 78 82 86 90 94 98 gebenen Hinweisen weiter zu analysieren Indices Mittelwert Jahre gilt.

Ausblick 4 g Abbildung 5: Früh- jahrsindices der jungen 3 Seezungen im Watten- Es ist prinzipiell gelungen, den Demersal

2 meer Schleswig-Hol- Young Fish Survey über eine Vielzahl von 2 steins (oben: Alter- Jahren aufrecht zu erhalten und die Daten sklasse 0; unten: Alters- 1 klasse 1). rechnerverfügbar zu machen. Das Inter- esse seitens verschiedener Arbeitsgrup- 8 pen des Internationalen Rates für Meeres- forschung, von Wattenmeerforschern ver-

Anzahl pro 1000 m 6 schiedener Arbeitsrichtungen und nicht 4 zuletzt auch der Fischerei an diesen 2 Langzeitdatensätzen lassen es daher als dringend geboten erscheinen, die Proben- nahmen fortzusetzen. Dies dürfte nach 74 77 80 83 86 89 92 95 98 heutigem Wissensstand nicht auf Wider- Indices Mittelwert Jahre stände stoßen, da das Programm in die Routineaufgaben der Bundesforschungs- anstalt für Fischerei eingebunden ist schwierig und nur mit Hilfsmitteln möglich sen, nur noch eine bestimmte Auswahl und die Finanzierung der Kuttercharterun- ist, wie bei Grundeln und Sandaalen, bis der häufigsten und eindeutig bekannten gen gesichert erscheint. Einzig weiterer auf das Artniveau bestimmt. Andernfalls ist Organismen zu vermerken und im Inter- Personalabbau in diesem Aufgabenbe- das Gattungsniveau vermerkt. esse einer einheitlichen Datenerfassung reich könnte den Umfang der Proben- Bei den Evertebraten wurden stets auf weitere Beobachtungen zu verzich- nahme und damit auch den Fortgang der bestmögliche Informationen zu den beob- ten. Ob dies beispielsweise dem ganz- begonnenen Datenkorrekturen und Aus- achteten Taxa gegeben. Eine Zuordnung heitlichen Anspruch des TMAP-Ansatzes wertungen gefährden. Ein Vorschlag, wie auf Artniveau ist aber im Rahmen des entspricht, kann hier nicht diskutiert wer- mit den Arbeiten weiter vorangegangen DYFS nicht immer möglich. Dies resul- den. werden könnte, wird in Tabelle 4 vorge- tierte im Laufe der Jahre in Angaben qua- Ein Beispiel für das Ergebnis einer stellt. litativ unterschiedlichen Niveaus entspre- DYFS-Reise ist in Tabelle 3 gegeben. Sie Es liegt wie in allen anderen Bereichen chend der Erfahrung des beauftragten zeigt eine Auswertung der Frühjahrsreisen auch an den im Rahmen von allgemeinen Personals. Daher wurden die jeweiligen im schleswig-holsteinischen Wattenmeer Sparmaßnahmen noch zur Verfügung ge- Arbeitsgruppen des Institutes angewie- nach registrierten Arten und Wattstrom- stellten Mitteln und Möglichkeiten, wie zü-

28 Tabelle 3: Häufigkeit des Auftretens einzelner Arten in den Hols auf den Jungfischreisen: Ein Beispiel: Schleswig- gig diese aufgezeigten Forschungsarbei- Holstein, Frühjahr 2000 (Reisen 00BU01 und 00HU01). Angaben in Prozent des Vorkommens in allen gewerteten Hols. ten durchgeführt und deren Ziele erreicht werden können. Stromgebiete

„draußen“ Hörnum Tief Aue-Gebiet Hever Piepen Literatur DYFS-Code 406 408 409 410 411 ANONYMUS (1990): Unveröffentlichter Entwurf Agonus cataphractus 68,2 16,7 29,4 56,3 64,0 eines niederländischen Arbeitshandbuches für Alosa fallax 4,5 6,3 36,0 die Durchführung des Demersal Young Fish Sur- Ammodytes 4,5 4,0 veys. RIVO, Ijmuiden. Anguilla anguilla 6,3 Arnoglossus laterna 13,6 BEEK, F. A. VAN, A. D. RIJNSDORP & R. DE Buglossidium luteum 45,5 CLERCK (1989): Monitoring juvenile stocks of Callionymus lyra 59,1 35,3 62,5 16,0 flatfish in the Wadden Sea and the coastal areas Callionymus maculatus 4,5 of the south-eastern North Sea. – Helgoländer Ciliata mustela 4,5 6,3 Meeresunters. 43: 461–477. Clupea harengus 18,2 16,7 41,2 43,8 32,0 Engraulis encrasicolus 11,8 BERGHAHN, R. & R. VORBERG (1997): Garne- Echiichthys vipera 6,3 lenfischerei und Naturschutz im Nationalpark. Entelurus aequoreus 5,9 Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig- Eutrigla gurnardus 18,2 Holsteinisches Wattenmeer, Heft 6. Gadus morhua 4,5 16,7 50,0 4,0 Gasterosteus aculeatus 4,0 BODDEKE, R., N. DAAN, K. H. POSTUMA, J. F. Gobiidae 95,5 16,7 64,7 93,8 100,0 DE VEEN & J. J. ZIJLSTRA (1971): A census of Hyperoplus lanceolatus 5,9 juvenile demersal fish in the Dutch Waddensea, Lampetra fluviatilis 8,0 the Zeeland nursery-ground, the Dutch coastal Limanda limanda 95,5 50,0 76,5 43,8 88,0 area and the open sea areas off the coasts of the Liparis 18,2 5,9 25,0 16,0 Netherlands, Germany and the southern part of Merlangius merlangus 50,0 33,3 35,3 56,3 44,0 Denmark. – Annales Biologiques, Kopenhagen, Microstomus kitt 17,6 6,3 4,0 Vol. 26: 269–275. Myoxocephalus scorpius 18,2 16,7 48,0 Osmerus eperlanus 22,7 33,3 52,9 75,0 96,0 BODDEKE, R., R. DE CLERCK, N. DAAN, H. Pholis gunnellus 18,2 16,7 5,9 37,5 16,0 POSTUMA, G. RAUCK & J. F. DE VEEN (1974): Platichthys flesus 45,5 50,0 41,2 75,0 92,0 Young fish and Brown Shrimp surveys along the Pleuronectes platessa 72,7 33,3 88,2 100,0 92,0 continental coast in 1972. – Annales Biologi- Psetta maxima 11,8 4,0 ques, Vol. 29: 169–171. Scophthalmus rhombus 8,0 Solea vulgaris 9,1 23,5 31,3 32,0 BODDEKE, R., R. DE CLERCK, N. DAAN, H. Sprattus sprattus 18,2 16,7 29,4 31,3 80,0 POSTUMA, B. STAIGER, G. RAUCK & J. F. DE Syngnathus rostellatus 31,8 33,3 70,6 56,3 88,0 VEEN (1975): Young fish and Brown Shrimp sur- Trisopterus minutus 4,0 veys along the continental coast in 1973. Anna- Zoarces viviparus 22,7 16,7 5,9 25,0 36,0 les Biologiques, Vol. 30: 241–243.

Asterias rubens 86,4 100,0 41,2 62,5 48,0 BRECKLING, P. (1998): Strukturanalytische Un- Buccinum undatum 4,5 83,3 tersuchungen an der Fischfauna im deutschen Cancer pagurus 4,5 33,3 5,9 Wattenmeer. – Dissertation, Fachbereich Biolo- Carcinus maenas 50,0 100,0 88,2 100,0 100,0 gie der Universität Hamburg, Hamburg. Crangon allmanni 18,2 Crangon crangon 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 BRECKLING, P. & T. NEUDECKER (1994): Moni- Macropipus holsatus 72,7 16,7 29,4 75,0 20,0 toring the fish fauna in the Wadden Sea with Mytilus edulis 11,8 6,3 stow nets (Part 1): A comparison of demersal Ophiurida 63,6 17,6 6,3 16,0 and pelagic fish fauna in a deep tidal channel. – Paguridae 50,0 100,0 88,2 87,5 16,0 Arch. Fish. Mar. Res. 42 (1): 3–15. Pandalus montagui 27,3 50,0 12,5 16,0 Psammechinus miliaris 16,7 DETHLOFF, M. (1991): Elektronische Datenver- arbeitung der auf Fischereiforschungsreisen ge- Anzahl der wonnenen biologischen Daten im Institut für vorkommenden Arten 34 23 28 29 32 Seefischerei. – Unveröffentlichte Benutzeranlei- tungen.

29 Tabelle 4: Vorschlag für die weitere Vorgehensweise im DYFS. EHRICH, S. & T. NEUDECKER (1996): Bestim- mung der Begriffe Gesamtfang, Fang, Beifang Priorität Aufgabe Durch und Rückwürfe (Discards). – Infn. Fischwirtsch. 43 (1): 3–6. 1. Aufrechterhaltung der DYFS-Probennahme BFA-ISH 2. Fortführung der Langzeitserien für die Häufigkeitsindices JANSEN, S., H. WELLEMANN, A. TEMMING & von Schollen, Seezungen und Garnelen für den ICES BFA-ISH N. DAAN (2000): Interrelationships between the Brown Shrimp population and the multinational 3. Untersuchung der die Indices beeinflussenden Parameter BFA-ISH Brown Shrimp fishery with emphasis on recent A Wassertiefe ggfs. mit changes in the population structure. – Final Re- B Stromgebiete Projekthilfe port of EU Study CFP96–007. C Sedimentstruktur NEUDECKER, T (2000): Handbuch für den De- D Tidenphase mersal Young Fish and Brown Shrimp Survey in (Strömungsgeschwindigkeit, Schleppgeschwindigkeit) Deutschland. Informationen, Materiallisten, Be- E Untersuchungszeitpunkt (Woche des Jahres) dienungsanleitungen und Arbeitshinweise für F Wassertemperatur bei Probennahme die Durchführung der Jungfischuntersuchungen im deutschen Wattenmeer und nachfolgende G Habitateinfluss (Priel, Seegat, Außenbereich etc.) Arbeiten. – Stand 2000, unveröffentlicht. H Wetter (Bewölkung, Wassertrübung) I Fangeffizienz der Baumkurre BFA-IFF NEUDECKER, T. & U. DAMM (1996): Abun- J ??? dance indices of Brown Shrimp (Crangon crangon L.) at the West Coast of Schleswig-Hol- 4. Erarbeitung weiterer Langzeitserien stein, North Sea. – ICES CM 1996, Shellfish für alle anderen erfassten Arten für TMAP Projekte Comm. K: 8. 5. Korrelation der Langzeitserien mit anderen Zeitserien Projekte NEUDECKER T., J. FISCHER & U. DAMM A Seehundpopulation Projekte (1998): Influence of tidal currents on fishing per- B Seevogelpopulationen Projekte formance in the Wadden Sea. CM 1998/BB:6 C Fischbeständen BFA-ISH (Theme Session [BB] on Fisheries Assessment Methods). 6. Übertragung der Erfahrungen auf die übrigen DYFS- Bereiche und Vergleich mit den dortigen Ergebnissen BFA-ISH TIEWS, K. (1983): Über die Veränderungen im A Unterelbe (Cuxhaven) ggfs. mit Auftreten von Fischen und Krebsen im Beifang B Ostfriesland (Accumersiel) Projekthilfe der deutschen Garnelenfischerei während der C Niederlande, Belgien, Frankreich und England Jahre 1954–1981. – Arch. FischWiss. 34, Beih.1: 1–156.

30 Robbenmonitoring Kai F. Abt

Ende der Wurfsaison (Anfang Juli) und der Jahr 2000 auf 343. Daneben gab es 158 Seehunde Haarwechselperiode (Ende August) gingen Lebendfunde von verwaisten oder lebens- die Zahlen stark zurück (Abbildung 2). Ein schwachen Tieren im ersten Lebensjahr, Die Flugzählungen der Seehunde im Natio- derart rapider Abfall ist aus früheren Jahren zum großen Teil Säuglinge. Tot- und Le- nalpark wurden im Sommer 2000 durch nicht bekannt. Es scheint, dass die See- bendfunde nehmen mit steigender Popula- das extrem schlechte Wetter behindert. hunde zumindest außerhalb der Spitzen- tionsgröße notwendigerweise zu. Die Zu- Statt der geplanten acht konnten nur fünf zeiten Ende Juni und Anfang August mehr nahme erscheint jedoch in beiden überpro- Flüge durchgeführt werden (Abbildung 1). Zeit mit der Nahrungssuche verbringen portional (Abbildung 4). Die Zahl der Tot- Zudem musste die Befliegung am 29. Juni und deshalb weniger auf den Sandbänken funde liegt seit 1998 relativ zum Zählbe- wetterbedingt vorzeitig abgebrochen wer- liegen. stand auf einem höheren Niveau als davor, den, so dass nur für ein Teilgebiet Ergeb- Für das gesamte Wattenmeer wurden und die Zahl der Lebendfunde ist in dieser nisse vorlagen. Die zu dieser Jahreszeit 17.000 Seehunde einschließlich 3610 Relation sogar fast kontinuierlich gestiegen (Wurfsaison) zu erwartende Jahresmaxi- Neugeborene angegeben (Abbildung 3), (Linien in Abbildung 4). Sofern eine gleich- malzahl musste deshalb unter Zuhilfe- was einem Zuwachs von 11,6 Prozent ge- bleibende Aktivität der ehrenamtlichen See- nahme von Daten aus den anderen Wat- genüber 1999 entspricht. Die Bestandszu- hundjäger vorausgesetzt werden kann deu- tenmeergebieten geschätzt werden. Das nahme bewegt sich großräumig gesehen tet diese Entwicklung auf eine Erhöhung der offizielle Ergebnis lautet 6700 Seehunde in- auf dem Niveau der Jahre 1994 bis 1998. Jungtiersterblichkeit seit 1998 hin. klusive 1640 Neugeborene. Dies bedeutet Nach dem Einbruch von 1999 mit nur fünf eine Zunahme um 9,2 Prozent gegenüber Prozent Plus gegenüber dem Vorjahr über- Schlussbetrachtung dem Vorjahr (Abbildung 1). Der Anteil der trifft dies die Erwartungen. Offensichtlich Jungtiere erreicht mit 24,5 Prozent den rekrutierte sich der 1999er Geburtsjahr- Die messbare Zunahme der Seehundbe- höchsten gemessenen Wert seit 1978. gang besser als der stark reduzierte stände gegenüber dem Vorjahr lag im Jahr Auffällig ist auch die Phänologie: jeweils am 1998er Jahrgang. In Dänemark wurde al- 2000 sowohl in Schleswig-Holstein als lerdings bereits zum zweiten Mal in Folge auch im gesamten Wattenmeer ähnlich

7.000 keine Zunahme verzeichnet. Innerhalb des hoch wie im Zeitraum 1994 bis 1998. Nach 9,2% 10,2% Nationalparks gibt es regionale Tendenzen dem schwachen Zuwachs 1999 war dies 11,3% 5.000 10,0% der Wattgebiete hinsichtlich der relativen nicht unbedingt zu erwarten, zumal über- Bedeutung für die Fortpflanzung der See- proportional ansteigende Fundzahlen toter

3.000 hunde. Während die Sylt-Rømø-Bucht und lebensschwacher Seehunde auf eine hierbei – vermutlich als Folge der Erosion Erhöhung der Mortalität hindeuten. Auch 1.000 einiger Sände – verliert, nimmt Anteil der in der ausbleibende Bestandsanstieg im dä- der Hever und in den Elbmündungsgebie- nischen Teil des Wattenmeeres spricht ten geborenen Seehunde in den letzten eventuell für eine herannahende Trend- 1975 1988 2000 Jahren zu. wende. Solange diese jedoch in den Ge- d Abbildung 1: See- Die Meldungen der Seehundjäger über samtzahlen nicht deutlich in Erscheinung hundsbestandsentwick- Totfunde von Seehunden an der schleswig- tritt, bleibt die derzeitige Interpretation der lung im schleswig-hol- f Abbildung 2: Ergeb- steinischen Wattenmeer nisse der Robbenzählun- holsteinischen Westküste beliefen sich im Daten unsicher. Sollte – zumindest regional 1975 bis 2000. gen im Jahr 2000.

h Abbildung 3: See- 18.000 6.700/1.640 6.485 hundsbestandsentwick- lung im trilateralen Wat- 16.000 6.000 tenmeer seit 1960. 14.000 Wattenmeer 4.527/892 4.601 12.000 3.969/25 4.000 10.000 8.000 Schleswig-Holstein 2.000 6.000 Niedersachsen 4.000 Niederlande 0 2.000 30.05. 29.06. 06.07. 11.08. 25.08. 0 Dänemark Jungtiere Vor- und Mehrjährige Alle 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000

31 mend durch die Überflutung der Sände ge- % Kegelrobben 400 6 fährdet sind. Eine statistische Auswertung 300 4 der Sichtungsdaten ergab, dass die Über- 200 Die Sommerzahlen der Kegelrobben lagen lebenschancen der Jungtiere bis zur Ent-

Exemplare 2 100 in der 2000er Saison relativ konstant bei 39 wöhnung in den Jahren 1989–91 sehr bis 49. In den meisten Jahren streuen die hoch waren (90–100 Prozent), 1992 bis 0 0 Werte stärker. Seit 1976 ist der Sommer- 1994 auf rund 70 Prozent absanken und 1992 1994 1996 1998 2000 bestand um durchschnittlich vier bis fünf 1995 bis 1998 nur noch um 60 Prozent d Abbildung 4: Entwick- Prozent angestiegen. Die Zahl von 49 Tie- lagen. lung der lebend (hell) oder tot (dunkel) aufge- ren am 6. Juli ist die bisher höchste vom fundenen Seehunde Flugzeug aus registrierte für diese Art im Literatur (Säulen) und das Verhält- Nationalpark. Allerdings können sich im nis zum Bestand (Linien). ABT, K. F. (2000): Seehunde: Bestands- und Tot- Frühjahr bis über 100 Kegelrobben auf den fundmonitoring. – In: Landesamt für den Natio- Knobsänden versammeln, wie bei Boots- nalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer – tatsächlich eine Erhöhung der Jungtier- exkursionen festgestellt wurde. (Hrsg.): Wattenmeermonitoring 1998. – Schrif- sterblichkeit vorliegen, so wäre in den Die Anzahl der Geburten auf den Knob- tenreihe des Nationalparks Schleswig-Holsteini- nächsten Jahren neben sinkenden Zu- sänden im Winter 1999/2000 wurde von sches Wattenmeer, Sonderheft: 24–25. wachsraten auch mit einer Erhöhung der den betreuenden Naturschutzverbänden VOGEL, S. (2000): Robben im schleswig-hol- Pro-Kopf-Geburtenrate zu rechnen, weil auf 13 festgelegt. Die Zahlen haben seit steinischen Wattenmeer. – Schriftenreihe des als Nebeneffekt der Anteil der Seehunde im 1988 um durchschnittlich acht Prozent zu- Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wat- fortpflanzungsfähigen Alter ansteigt. genommen, obwohl die Jungen zuneh- tenmeer, Heft 12, Boyens, Heide. 40 S.

32 Monitoring von Schweinswalen im Walschutzgebiet vor Amrum und Sylt Klaus Lucke, Kai Eskildsen, Adolf Kellermann & Ursula Siebert

ein. Daher sind keine aktuellen Angaben nicht bekannt. Daher wären zunächst die Einführung über die Abundanz dieser Tiere im Schutz- entscheidenden Faktoren für die Habitat- gebiet möglich. Die im Rahmen der Flug- wahl zu definieren und in ihrer Bedeutung Untersuchungen zur Verbreitung und Be- und Schiffsurveys durchgeführten Be- zu quantifizieren. Ohne eine derartige qua- standsdichte von Schweinswalen Pho- standserfassungen können generell nur litative und quantitative Analyse der beein- coena phocoena (Abbildung 1) in der als Momentaufnahmen gewertet werden. flussenden Umweltfaktoren können die ge- Nordsee machten Mitte der 90er Jahre Darüber hinaus existieren bislang weder nauen Wirkungszusammenhänge und da- deutlich, dass die Gewässer vor den Inseln Angaben über die Ausdehnung des für die mit Eingriffe in das System nicht zuverläs- Sylt und Amrum ein bedeutendes Habitat Tiere wichtigen Habitats (seewärts sowie in sig beurteilt werden. Die Klärung dieser für diese Tiere darstellen. Die Ergebnisse nördlicher und südlicher Richtung) noch Problematik würde einen multidisziplinären gezielter Bestandserfassungen (HAM- über mögliche jahreszeitliche Variation in Forschungsansatz im größeren Umfang MOND et al. 1995, ADELUNG et al. 1997, der Frequentierung des Gebietes durch erforderlich machen. Die Durchführung ei- BENKE et al. 1998, SONNTAG et al. 1999) Schweinswale. ner solchen Studie erscheint jedoch zur bildeten in Kombination mit der Häufung Zeit nicht darstellbar und soll zugunsten von Strandfunden und zufälligen Sichtun- Fragestellung machbarer Minimallösungen zurückge- gen in diesem Gebiet die wissenschaftliche stellt werden. Das hier skizzierte Vorhaben Grundlage für die politische Entscheidung, Die Triebkräfte für das gehäufte Auftreten läßt jedoch erste Hinweise auf solche Fak- diesen Meeresbereich zum ersten euro- der Schweinswale, insbesondere der toren erwarten. päischen Schweinswalschutzgebiet zu er- führenden Kühe, vor Sylt und Amrum sind Als Alternative sollen zunächst die Fra-

g Abbildung 1: Schweinswal (Phocoena phocoena).

klären. Damit wurde insbesondere der gehäuften Beobachtung von Walkühen mit Nachwuchs und der offenkundigen Funk- tion des Gebiets für die Aufzucht Rech- nung getragen. Die Umsetzung dieser Ent- scheidung erfolgte in der Neufassung des Gesetzes zum Schutze des schleswig-hol- steinischen Wattenmeeres (Nationalpark- gesetz – NPG) vom 17. Dezember 1999. Schweinswale sind durch mehrere bin- dende internationale Übereinkommen und Richtlinien geschützt (z. B. ASCABANS), in denen unter anderem die Forderung nach Bestandserhebungen und Forschung ent- halten sind. Seit 1996 gibt es jedoch keine laufen- den Untersuchungen an Schweinswalen der deutschen Nordseeküste mehr. Ledig- lich das Totfundmonitoring mariner Säuge- tiere für die schleswig-holsteinische Nord- seeküste wird durch das Forschungs- und h Technologiezentrum (FTZ) in Büsum Abbildung 2: Beob- achtungspositionen durchgeführt und schließt Schweinswale während eines Surveys.

33 gen nach zeitlich-räumlichen Nutzungs- signale („Klicks“) der Schweinswale, die Mit Hilfe dieser Methode kann die lang- mustern des Schutzgebiets durch die diese nahezu kontinuierlich aussenden, fristige Entwicklung der Habitatnutzung in Schweinswale beantwortet werden. Insbe- um sich in ihrer marinen Umgebung zu ori- einem begrenzten Bereich erfasst werden. sondere die saisonale Frequentierung und entieren. Darüber hinaus sind sie in der Die stationäre Methode ist eine vollkom- die räumliche Verteilung der Abundanz in Lage, mit Hilfe ihrer Echoortung Hindernis- men neue Methode, für die noch keine Ver- ausgewählten Zeitfenstern stehen im Mit- sen und Feinden rechtzeitig auszuweichen gleichsdaten für Schweinswale vorliegen. telpunkt des Monitoringvorhabens. Ziel ist und vor allem ihre Beute zu orten und cha- Die stationäre Methode liefert Angaben die Entwicklung einer Routinemethode, mit rakterisieren. über die Habitatfrequentierung, die zu- der dauerhafte Beobachtungen der Die Reichweite für eine Detektion dieser nächst nur als relatives Maß für die Bedeu- Schweinswalvorkommen im Schutzgebiet Signale liegt in Abhängigkeit von den vor- tung des untersuchten Gebietes für die durchgeführt werden können. herrschenden Umgebungsgeräuschen Tiere herangezogen werden können. durchschnittlich bei mehreren hundert Me- Durch eine kombinierte Anwendung der Methoden tern. Die Detektion erfolgt über spezielle POD’s mit den Schlepphydrophonen und Hydrophone, die eine hohe Empfindlichkeit visuellen Surreys sowie mit Hilfe statisti- Sichtungen vom Schiff aus im Ultraschallbereich besitzen, sowie scher Auswertungsmethoden können Visuelle Methoden zur Bestandserfassung nachgeschaltete Klickdetektoren, die die diese relativen Angaben möglicherweise von Schweinswalen sind witterungsbe- für uns nicht wahrnehmbaren Echoloka- auch in absolute Daten zur Abundanz der dingt nur beschränkt möglich: Eine Sich- tionssignale der Tiere registrieren und an- Tiere im Untersuchungsgebiet umgerech- tung der relativ kleinen Rückenflossen der zeigen. net werden. Der große Vorteil dieser Me- Schweinswale ist nur bis zu einem See- Derzeit existieren zwei unterschiedliche thode liegt neben dem relativ geringen Auf- gang von Stärke zwei möglich, entspre- Systeme zur akustischen Detektion der wand bei der Durchführung der Untersu- chend drei Beaufort. Da diese Methode Schweinswale: chungen in der Möglichkeit, ein bestimm- aber relativ kostengünstig ist, soll sie als tes Gebiet kontinuierlich zu überwachen unabhängige Erfassung im Vorhaben mit- Schlepphydrophone und Klickdetektoren und Veränderungen der Abundanz erken- laufen (Abbildungen 2 und 3). Bei dieser Untersuchungsmethode wer- nen zu können. Darüber hinaus können den Hydrophone von einem Schiff aus ge- Aussagen über die Raumnutzung und de- Akustische Erfassung zogen. Die empfangenen Klicks können an ren Veränderlichkeit gemacht werden. Sol- Akustische Erfassungsmethoden ermög- Bord in Echtzeit ausgewertet und mit den che Daten sind gleichzeitig die Grundvor- lichen eine weitreichende Detektion der Ergebnissen einer gleichzeitigen visuellen aussetzung für die multidisziplinäre Unter- Tiere bis zu fünf bis sechs Beaufort. Die Überwachung abgeglichen werden. Bei suchung der Habitatbedeutung für die akustische Erfassung beruht auf der De- flächendeckendem Einsatz der Schlepp- Schweinswale. Die stationäre Untersu- tektion der hochfrequenten Echolokations- hydrophone und Detektoren lassen sich chung bestimmter Gebiete kann zumin- mit Hilfe dieser Methode absolute Anga- dest in der Theorie zu einer standardisier- f Abbildung 3: Sche- ben zur Abundanz der Schweinswale in ten Methode der Abundanzerfassung und matischer Blick durch dem relativ großen Untersuchungsgebiet -überwachung der Kleinwale entwickelt das verwendete Fern- glas: Die Einteilung er- machen. Die Ergebnisse stellen jedoch im- werden. laubt die Abschätzung mer nur eine Momentaufnahme der jeweili- Die kombinierte akustische Untersu- der Entfernung zur Sich- tung. gen Situation dar; Trends können nur durch chung (Schlepphydrophone und POD’s) eine regelmäßige Wiederholung der Unter- kann im Schweinswalschutzgebiet vor Sylt suchungen erkannt werden. Eine solche und Amrum optimal durchgeführt werden, Horizont Abundanzuntersuchung mit Schlepphy- da dort aktueller Untersuchungsbedarf be- 0 1 drophonen wurde vom FTZ Westküste steht und beste Voraussetzungen zur Er- 2 1995 im Rahmen eines Pilotprojektes mit probung, Eichung und möglichen Weiter- 3 Sichtung Erfolg vor Sylt durchgeführt. entwicklung der stationären Erfassungs- 4 methode anzutreffen sind. 5 6 Stationäre Hydrophone mit Klick- Langfristig wird daran gedacht, die Er- 7 detektoren (Porpoise Detectors, „POD’s“) gebnisse öffentlichkeitswirksam für die 8 Diese Geräte werden stationär ausge- Präsentation im Internet oder im Multimar 9 bracht (Verankerung am Boden oder an ei- Wattforum in Tönning aufzubereiten. Wei- 10 ner Boje) und speichern kontinuierlich die terhin sollten auch während des Vorha- empfangenen Klicks der Schweinswale. bens die damit verbundenen Aktivitäten

34 (z. B. die schiffsgestützten Sichtungen) walen in deutschen Gewässern. In: End- LET, M. P. HEIDE-JØRGENSEN, S. HEIMLICH- durch Öffentlichkeitsarbeit auf solchen bericht zum BMBF-Projekt 03F0139A Unter- BORAN, A. R. HIBY, M. P. LEOPOLD & N. ØIEN suchungen an Kleinwalen als Grundlage eines Plattformen begleitet werden (siehe Ziffer (1995): Distribution and abundance of the har- Monitoring. bour porpoise and other small cetaceans in the 10.1.2 des Trilateralen Wattenmeerplans, North Sea and adjacent waters. – Final Report, CWSS 1997, siehe ASCOBANS). BENKE, H., U. SIEBERT, R. LICK, B. BANDO- LIFE 92-2/UK/027, 242 S. MIR & R. WEISS (1998): The current status of harbour porpoises (Phocoena phocoena) in Literatur SONNTAG, R. P., H. BENKE, A. R. HIBY, R. LICK German waters. Archive of Fisheries and Marine Research, Vol. 46 (2), S. 97–123. & D. ADELUNG (1999): Identification of the first ADELUNG, D., R. LICK, R. P. SONNTAG harbour porpoise (Phocoena phocoena) calving & B. BANDOMIR (1997): Untersuchungen zur HAMMOND, P. S., H. BENKE, P. BERGGREN, ground in the North Sea. Journal of Sea Re- Populationsdynamik und Biologie von Klein- D. L. BORCHERS, S. T. BUCKLAND, A. COL- search, Vol. 41: 225–232.

35 Spülsaummonitoring an der deutschen Nordseeküste im Winter 1999/2000 David M. Fleet

für die Höhe der Verschmutzung, der Küs- sechseinhalbtausend (6.651) Individuen Einführung tenmeere, durch Öl benutzt. Erfasst wird von 84 Vogelarten tot aufgefunden. Knapp hauptsächlich zwischen dem 1. Oktober dreitausend (2.973) der Funde waren so in- Spülsaummonitoring an der deutschen und dem 31. März jeden Jahres. Daten aus takt, dass sie für die Berechnung von Ver- Nordseeküste im Rahmen des TMAP ist dieser Periode werden als Grundlage für ölungsraten benutzt werden konnten. Bei zur Zeit auch Teil eines F+E-Vorhabens den Index verwendet. Das Ausmaß der Öl- 520 Individuen von 21 Vogelarten konnten „Bestimmung, Quantifizierung und Bewer- verschmutzung in der südlichen Nordsee Verölungen festgestellt werden. Fast alle tung der Öleinträge in die Nordsee zur Be- wird mit einer durchgehenden Datenreihe Ölopfer sind Wat- und Wasservögel. Die urteilung der Schiffsentsorgung in deut- über eine 16 Jahre lange Zeitspanne doku- Artenzusammensetzung der verölten Tot- schen Nordseehäfen“ das 1998 begann mentiert. funde war ähnlich der der Vorjahre (Abbil- und bis August 2001 läuft. dung 2). Fast die Hälfte (48 %) waren Trot- In diesem Beitrag werden, wie im Vor- Ergebnisse aus dem Winter tellummen, jeweils neun Prozent Traueren- jahr, Daten für die gesamte Deutsche 1999/2000 ten und Eiderenten, acht Prozent Tordal- Nordseeküste aus der Berichterstattung ken, sieben Prozent Eissturmvögeln und des Vorhabens präsentiert (siehe FLEET et Im Winter 1999/2000 wurden auf 39 aus- fünf Prozent Dreizehenmöwen. Alle ande- al. 2001). gewählten Kontrollstrecken Erfassungen ren Arten erreichten jeweils weniger als fünf Spülsaummonitoring ist die Erfassung durchgeführt (Abbildung 1). Um eine Er- Prozent. Die Ganglinien der Verölungsraten von an den Küsten angespülten toten Vö- höhung der Stichprobengröße und damit von einer Reihe von Vogelarten konnte fort- geln. Es wird entlang der gesamten deut- der Aussagekraft der Daten zu erreichen, geführt werden (Abbildungen 3 und 4). schen Nordseeküste auf ausgewählten wurde das Erfassungsnetz im Winter Die Verölungsraten der Trottellumme Kontrollstrecken seit 1984 durchgeführt. 1999/2000 in Schleswig-Holstein um zehn des Tordalks, der Trauerente und der Drei- Der Anteil verölter Vögel an der Gesamt- Kontrollstrecken erweitert. zehenmöwe waren im Winter 1999/2000 zahl der Totfunde, die sogenannte Ver- Im Winter 1999/2000 wurden insge- niedriger als der Durchschnitt der sechs ölungsrate, wird berechnet und als Index samt an der deutschen Nordseeküste über Jahre zuvor. Lediglich beim Eissturmvogel

Trottellumme Abbildung 1: Lage der 48% Sylt Kontrollstrecken für die DÄNEMARK Spülsaumuntersuchun- gen (1. 7. 1999–30. 6. 2000) Föhr

Amrum Trauerente 9% Andere 14% Eiderente 9% Dreizehenmöwe Tordalk 5% 8% St. Peter Eissturmvogel Eider Schleswig- 7% Helgoland Holstein d Abbildung 2: Artenzu- f Abbildung 3: Ver- Büsum sammensetzung verölter ölungsraten von Trottel- Vögel an der Westküste lumme und Eiderente an Schleswig-Holsteins im der deutschen Nord- Elbe Winter 1999/2000. seeküste 1984 bis 2000 (nach VAUK et al. 1989, AVERBECK et al. 1993, FLEET et al. 1995,

Borkum FLEET et al. 1999a/b). 100 Hamburg 80 Trottellumme

W

eser 60 Ems 40 Niedersachsen Eiderente NIEDER- 20 LANDE 0 20 km 99/00 84/85 86/87 88/89 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 85/86 89/90 90/91 87/88

36 100 g Abbildung 4: Ver- deutschen Nordseeküste im Winter ölungsraten von Trauer- 1999/2000 waren Eiderenten. Insgesamt 80 ente, Austernfischer, Sil- bermöwe und Tordalk an wurden im Zeitraum 1. Juni 1999 bis 31. der deutschen Nord- Juli 2000 knapp 4.000 Eiderenten an der 60 seeküste in den Wintern deutschen Nordseeküste tot gefunden 1993/94 bis 1999/2000 40 (nach Fleet et al. 1995, oder gemeldet. Diese Zahl liegt vermutlich Verölungsrate % Fleet et al. 1999a/b). noch weit unterhalb der Anzahl tatsächlich 20 in diesem Zeitraum an deutschen Küsten f Abbildung 5: Anzahl angespülten toten Eiderenten, da die Er- der totgefundenen nicht 0 verölten Eiderenten pro fassung der gesamten Küste in diesem 1993/94 1994/95 1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 Kilometer auf den Dauer- Zeitraum aus Personalgründen nicht mög- sammelstrecken an der Tordalk Trauerente Silbermöwe Austernfischer deutschen Nordseeküste lich war und zukünftig auch nicht möglich in den Wintern 1992/93 sein wird. Auf ausgewählten Dauersam- bis 1999/2000. melstrecken wurden in Niedersachsen 4,8 6 ist eine höhere Verölungsrate 1999/2000 mal und in Schleswig-Holstein 2,9 mal als in den Wintern 1992/93 bis 1998/99 zu 4 mehr nichtverölte Eiderenten gefunden als verzeichnen. Dies hängt mit einer vermut- in der Periode 1992/93 bis 1994/95 (Abbil- 2 lich höheren Sterblichkeit dieser Art in den Anzahl/km dung 5). Unter Berücksichtigung der regio- Wintern 1997/98 bis 1998/99 sowie in nalen Häufigkeiten von Spülsaumfunden dem extrem kalten Winter 1995/96 zusam- 0 wird geschätzt, daß mindestens 10.000 men. Werden für dieser Art jedoch die Eiderenten an den Küsten des deutschen 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 Jahre ohne erhöhte Sterblichkeit – Niedersachsen Schleswig-Holstein Wattenmeeres im Laufe des Winters ange- 1992/93 bis 1994/95 sowie 1996/97 – als deutsche Nordseeküste spült worden sind. Grundlage für die Berechnung verwendet, liegt der Durchschnitt der Verölungsrate antwortlich sind (DAHLMANN & SECHE- Literatur von 45,2 Prozent deutlich höher als der des HAYE 2000). letzten Winters von 36 Prozent. In wieweit DAHLMANN, G. & A. SECHEHAYE (2000): Ver- ölte Seevögel an der deutschen Nordseeküste die reduzierten Ölraten im letzten Winter Das Eiderentensterben 1998/99 – Ergebnisse der Ölanalysen. Seevögel auf das Inkrafttreten der Sondergebietsre- 21/1: 11–12. gelung nach Anlage 1 des Übereinkom- Im Winter 1999/2000 starben im gesam- mens zur Verhütung der Meeresver- ten Wattenmeer ungewöhnlich viele Eider- FLEET, D. M., B. REINEKING, S. GAUS, E. HARTWIG, P. POTEL UND M. SCHULZE- schmutzung durch Schiffe (MARPOL) im enten. Im niederländischen Wattenmeer DIECKHOFF (2000): Ölopfer in der Deutschen August 1999 zurückzuführen sind, wird wurden von November 1999 bis Juni 2000 Bucht im Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. sich in Verlauf der nächsten Winter zeigen. 7.271 tote Eiderenten registriert, der über- März 2000. – Seevögel 21/4: 103–107. Die Analyse von Ölproben aus dem Vo- wiegende Teil war nicht verölt. Die Gesamt- gelgefieder der Jahre 1998 und 1999 zeigt, zahl der toten Eiderenten in dieser Periode VAN DEN BERK, V. M., S. DIRKSEN & M. J. M. POOT (2000): Sterfte onder eidereenden in de dass nach wie vor vorwiegend Rückstän- in den Niederlanden wird auf etwa 21.000 Waddenzee 1999–2000. – Werkdocument EC- de der Schwerölseparation für die Ver- geschätzt (VAN DEN BERK et al. 2000). LNV Nr. 186, Ministerie van Landbouw, Natuur- schmutzung der südlichen Nordsee ver- Knapp die Hälfte aller Totfunde an der beheer en Visserij, Wageningen, 71 S.

37 Sozioökonomisches Monitoring – SÖM Watt Christiane Gätje

a) Anzahl Schiffe (Teilflächen) men. Jedoch wird die Bedeutung sozio- Einführung b) Anzahl Wattführungen (Gesamtgebiet) ökonomischer Aspekte im Wattenmeer- Das sozioökonomische Monitoring (SÖM c) Flugverkehr (Gesamtgebiet) schutz immer stärker anerkannt. Das spie- Watt) ist der jüngste Monitoringzweig d) Menschliche Aktivitäten (Teilflächen) gelt sich u.a. im Programm des 10. Interna- im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Auch in der trilateralen Wattenmeerkoope- tionalen Wissenschaftlichen Wattenmeer- Wattenmeer. Das SÖM Watt wird seit 1997 ration mit Dänemark und den Niederlanden Symposiums wieder, das im Oktober 2000 mit beratender Unterstützung des Deut- gehören diese sozioökonomischen Para- in den Niederlanden stattfand. Beiträge zu sches Wirtschaftswissenschaftliches Insti- meter („Boats at sea“, „Number of Guided Themen wie nachhaltiger Tourismus, Inte- tut für Fremdenverkehr an der Universität Tours“, „Air Traffic“) seit 1997 zu den gration von Ökologie und Ökonomie, For- München (DWIF) aufgebaut. Im Kabinetts- Pflichtparametern. Auf der Trilateralen Mi- mulierung sozioökonomischer Ziele, Kos- beschluss der Landesregierung vom 15. nisterkonferenz in Stade wurden sie in das ten-Nutzen-Analysen bei Eingriffen im September 1997 zum „Konzept zur weite- „Gemeinsame Monitoringpaket“ („Com- Wattenmeer erweiterten das in der Vergan- ren Durchführung des Monitoringpro- mon Package“) aufgenommen (CWSS genheit überwiegend naturwissenschaft- gramms im Wattenmeer“ wird das Sozio- 1998). lich geprägte Spektrum der Vorträge. Es ökonomiemonitoring als einer der Bereiche Die von der Trilateralen Monitoring-Ar- zeichnet sich ab, dass im Rahmen einer Er- genannt, die Aufgabe des Nationalpark- beitsgruppe (TMAG) vorgeschlagene Pa- weiterung des Trilateralen Wattenmeermo- amts sind. Unter der Rubrik „Zusammen- rametergruppe „Human activities“ (ent- nitoring (TMAP) zusätzliche sozioökonomi- stellung nationalparkrelevanter Erhebun- spricht d) Menschliche Aktivitäten) wurde sche Untersuchungen Teil des Programms gen“ sind dort folgende Parameter aufge- zunächst nicht in das „Common Package“ werden. Eine dahingehende Empfehlung führt: der trilateralen Vereinbarung aufgenom- an die nächste Ministerkonferenz wurde auf dem Symposium verabschiedet. Im folgenden wird die Datenlage und die Entwicklung von zwei der genannten so- zioökonomischen Parameter – a) Anzahl Schiffe und c) Flugverkehr – dargestellt. Er- gebnisse zu Parametern „Anzahl Watt- führungen“ (b) und „Menschliche Aktivitä- ten“ sind im Sonderheft „Wattenmeermo- nitoring 1999“ (LANDESAMT FÜR DEN NATIONALPARK SCHLESWIG-HOLSTEI- NISCHES WATTENMEER 2000) nachzule- sen.

Schiffsverkehr

Nationalparkgrenze

Husum Für diesen SÖM Watt Parameter werden im wesentlichen zwei Datenquellen ge- nutzt: • Hafen- oder Schleusenstatistiken des

St. Peter- Amt für Ländliche Räume (ALR) Husum Ording Eider und Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Tönning. Die Statistiken geben die Zahl Heide der ein- und ausgehenden Wasserfahr- zeuge und die Zahl der Liegeplätze in den Häfen wieder. • Schiffsverkehrszählungen des WSA. Die Zählungen werden seit 1986 auf einer g Abbildung 1: Flug- route des Wasser- und festgelegten Flugroute (Abbildung 1) in Schifffahrtsamtes Tön- den drei Sommermonaten vom Flug- ning zur Zählung von zeug aus durchgeführt. In der Regel fin- 10 km Wasserfahrzeugen im Nationalpark. den jährlich acht Befliegungen des Na-

38 tionalparks in den Monaten Juni, Juli Wyk/Föhr mit bis zu 16.000 Ein- und Aus- um danach wieder etwas abzufallen (Abbil- und August (je zur Hälfte bei Niedrigwas- gängen pro Jahr. dung 5). Werden nur die Eingänge der In- ser und bei Hochwasser oder an Wo- Die Zahl der beförderten Personen spie- selhäfen betrachtet, wurden in 1999 insge- chentagen und an Wochenenden) statt. gelt in etwa die Entwicklung der Fahrgast- samt rund 170.000 PKW auf die Inseln Differenziert werden schiffsbewegungen wieder (Abbildung 4). Pellworm (19.378), Föhr (105.646) und fahrende Sportfahrzeuge, Im Jahr 1995 wurde mit 5,35 Mio. die Amrum (46.423) transportiert. Surfer (seit 1997) höchste Zahl erreicht. Werden nur die Hä- Die Zahl der Kuttereingänge fiel in 1990 stilliegende inklusive trockengefallener fen an der Festlandsküste betrachtet und – parallel zu einem starken Rückgang der Sportfahrzeuge, die Zahl der Ein- und Ausgänge halbiert, Krabbenanlandungen (starkes Wittlingjahr) Fischereifahrzeuge, um Weiterfahrten und die Doppelzählung – im Vergleich zu den Vorjahren um 25 Pro- Behördenfahrzeuge und von Hin- und Rückfahrt zu eliminieren, er- zent ab und erreichte einen Tiefstand im andere Fahrzeuge. gibt sich eine Zahl von 1,3 Mio. beförderten Jahr 1998 (Abbildung 6). Besonders in Eine Schwierigkeit bei der Interpretation Personen in 1999. Friedrichskoog, an der Eider (Sperrwerk der Daten liegt darin, dass Hafen- Auch die Zahl der beförderten PKW er- und Tönning) und in Husum gingen die und Schleusenstatistiken keine Auskunft reichte den höchsten Wert im Jahr 1995, Kuttereingänge zurück, während in den über Aufenthaltsdauer und zurückgelegte Strecken der Wasserfahrzeuge im Natio- 60.000 nalpark geben. Die Erfassungen des WSA ohne Hörnum/Sylt, da nur Dagebüll bis 1993 Daten vorliegen vom Flugzeug aus liefern zwar Karten mit 50.000 Schlüttsiel den Aufenthaltsorten der Wasserfahr- Wyk zeuge, stellen jedoch nur eine Momentauf- 40.000 Wittdün nahme dar. Die verfügbaren Daten sind Pellworm folglich nicht geeignet, um repräsentative 30.000 Aussagen über Anzahl, Verteilung und Be- Strucklahnungshörn wegungen von Wasserfahrzeugen im Na- 20.000 Husum tionalpark zu machen oder absolute Be- Eidersperrwerk fahrensintensitäten anzugeben. Allerdings 10.000 Büsum ist es möglich, mit Hilfe dieser Erhebungen, Friedrichskoog die jedes Jahr mit der gleichen Methodik 0 am gleichen Ort oder auf gleicher Fläche 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 durchgeführt werden, relative Trends zu er- d Abbildung 2: Gesamt- f Abbildung 3: Fahr- kennen. schiffverkehr (Zahl der gastschiffverkehr (Zahl Die Entwicklung des Schiffsverkehrs Ein- und Ausgänge) in der Ein- und Ausgänge) den Häfen am National- in den Häfen am Natio- in den Häfen der Westküste war in den park von 1985 bis 2000. nalpark von 1985 bis letzten Jahren keinen gravierenden Ver- Daten: ALR Husum, 2000. Daten: ALR Hu- WSA Tönning/Eider- sum, WSA Tönning/ änderungen unterworfen. Im Zeitraum seit sperrwerk. Eidersperrwerk. Einrichtung des Nationalparks 1985 bis 50.000 1999 wurde mit 48.500 Ein- und Aus- Ohne Hörnum, Wittdün, Dagebüll 45.000 Schlüttsiel, da Daten Wyk gängen in 1987 die niedrigste Zahl im Ge- unvollständig, ohne Pellworm samtschiffsverkehr und im Jahr 1993 mit 40.000 Friedrichskoog, da Zahlen vernachlässigbar. Strucklahnungshörn rund 60.000 Ein- und Ausgängen die 35.000 Husum höchste Zahl erreicht (Abbildung 2). Seit- 30.000 Eidersperrwerk dem nimmt die Zahl fast kontinuierlich und Büsum 25.000 langsam ab. Der Fahrgastschiffsverkehr (Abbildung 20.000 3) verzeichnete ebenfalls in 1987 ein Mini- 15.000 mum. Seit 1991 liegt die Zahl der Ein- und 10.000 Ein- und Ausgänge der Fahrgastschiffe

Ausgänge von Fahrgastschiffen relativ 5.000 konstant zwischen 40.000 und 43.000. 0 Am stärksten von Fahrgastschiffen fre- quentiert ist regelmäßig der Hafen von 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

39 6 Mio. Häfen Wyk und Büsum über den Zeitraum Ohne Hörnum/Sylt, da nur Dagebüll bis 1993 Daten vorliegen. 1985 bis 1999 ein Anstieg zu verzeichnen Ohne Husum, Tönning, Schlüttsiel Friedrichskoog, da Zahlen ist. 5 Mio. vernachlässigbar. Wyk Um einen Vergleich der Zählungen aus Wittdün den Befliegungen des WSA der Jahre 1986 4 Mio. Pellworm bis 2000 zu ermöglichen, ist in Abbildung 7 Strucklahnungs- die durchschnittliche Zahl der Wasserfahr- 3 Mio. hörn Büsum zeuge pro Flug dargestellt. Die Grafik läßt keinen signifikanten Trend erkennen, es 2 Mio. deutet sich aber eine tendenzielle Ab-

Zahl der beförderten Personen g Abbildung 4: Zahl nahme der Gesamtzahl der Wasserfahr- der beförderten Per- 1 Mio. sonen (Zahl der Ein- zeuge (im Sommer) an. und Ausgänge) in den Die absolute Zahl der Fischereifahr- Häfen am National- zeuge (durchschnittlicher Anteil von 19 park von 1985 bis 2000. Daten: ALR Hu- Prozent in den Jahren 1986 bis 2000) ging 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 sum. bis 1998 zurück, in 1999 und 2000 war wieder ein Anstieg zu verzeichnen. Sportboote haben mit 55 Prozent (Durchschnitt 1986–2000) den größten 800 Ohne Steenodde, Husum. Friedrichskoog, da keine Dagebüll Anteil an der Gesamtzahl der Wasserfahr- Daten vorliegen. 700 Ohne Büsum, da Zahlen Schlüttsiel zeuge (in den Sommermonaten), ihre ab- vernachlässigbar. Wyk solute Zahl ist jedoch wetterabhängig und 600 Wittdün schwankt daher von Jahr zu Jahr sehr 500 Pellworm stark. Strucklahnungshörn Das WSA hat zusätzlich am 8. Juli 1998 400 (ein Mittwoch) bei einer Befliegung die 300 Sportboote in den Häfen gezählt. In 22 Hä- fen der Westküste mit insgesamt 1.302 200 g Abbildung 5: Zahl der Liegeplätzen wurden 1.003 Sportboote Zahl der beförderten PKW (x 1.000) beförderten PKW (Zahl 100 der Ein- und Ausgänge) gezählt, dazu 16 im Nationalpark fahrende in den Häfen am Natio- Boote. Daraus läßt sich ableiten, dass die 0 nalpark von 1985 bis 2000. Daten: ALR Zahl der während der Saison abwesenden 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Husum. einheimischen Sportboote größer ist, als die Zahl der zusätzlich anwesenden Boote von Urlaubsgästen. Bei den Befliegungen des WSA werden

15.000 auch alle Fahrzeuge erfaßt, die sich außer- Dagebüll halb der Fahrwasser in den Robben- und 13.000 Wyk Vogelschutzgebieten der Zone 1 befinden Pellworm und damit gegen die Befahrensverordnung 11.000 Strucklahnungshörn verstoßen. Dabei lag der Anteil dieser Was- 9.000 Eidersperrwerk serfahrzeuge in den letzten Jahren immer Tönning unter einem Prozent (max. 0,7 %) der ge- 7.000 Husum zählten Boote. In 1999 und 2000 gab es Kuttereingänge 5.000 Büsum darüber hinaus jeweils zwei beobachtete Friedrichskoog Verstöße gegen die freiwillige Vereinbarung 3.000 im Brandentenmausergebiet. Die Zahlen g Abbildung 6: Zahl der 1.000 Kuttereingänge in den zeigen, dass die Befahrensverordnung und 0 Häfen am Nationalpark die freiwillige Vereinbarung weitgehend re- von 1985 bis 2000. Da- spektiert werden und die Schiffsführer sich 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 ten: ALR Husum, WSA Tönning. entsprechend umsichtig verhalten.

40 160 90 Andere Fahrzeuge 140 Behördenfahrzeuge 80 Fischereifahrzeuge Sportfahrzeuge 70 120 Daten: WSA Tönning 60 100 50

80 (x 1.000) 40 30 60

40 Zahl der Starts und Landungen 10

Wasserfahrzeuge pro Zählflug 1986 20 1996 1997 1998 1999 0 2000 Summe

1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Wyk/Föhr Westerland/Sylt BordelumPellworm St.MichaelisdonnHeide - Büsum St. Peter-Ording Husum Schwesing d Abbildung 7: Entwick- d Abbildung 8: Zahl der Jahr 1999. Ebenso verringerte sich dort Luftverkehr lung der Zahl an Wasser- Flugbewegungen 1986 fahrzeugen pro Flug in und 1996 bis 2000 auf der Anteil des Flugverkehrs unterhalb einer den Sommermonaten Flugplätzen in National- 1986 bis 2000. Daten: parknähe. Daten: Minis- Flughöhe von 600 m deutlich. Die Zahl der Starts und Landungen auf WSA Tönning. terium für Wirtschaft, Flughäfen an der schleswig-holsteinischen Technologie und Verkehr. Literatur Westküste wird vom Ministerium für Wirt- CWSS (Hrsg.) (1998): Erklärung von Stade. Trila- schaft, Technologie und Verkehr zusam- Allerdings kann aus diesen Zahlen nicht teraler Wattenmeerplan. Ministererklärung der mengestellt. auf die Häufigkeit und Intensität der Achten Trilateralen Regierungskonferenz zum Insgesamt liegen die Zahlen 1996 bis Störungen durch Flugverkehr über emp- Schutz des Wattenmeeres. Wilhelmshaven. 2000 deutlich niedriger als im Jahr 1986 findlichen Gebieten im Nationalpark ge- KEMPF, N., TODT, P., HÄLTERLEIN, B. & K. (Abbildung 8). Das ist besonders auf Rück- schlossen werden. Solche Daten können ESKILDSEN (2000): – Perle im Na- gänge der Flugbewegungen auf den Flug- nur mit sehr großem Aufwand ermittelt tionalpark. – Schriftenreihe des Nationalparks plätzen in Westerland, Wyk und St. Peter- werden. So hat Peter Todt, der NABU-Vo- Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Heft 13, Ording zurückzuführen. Die Gesamtzahl gelwart auf Trischen, die Entwicklung des Boyens, Heide, 40 S. der Starts und Landungen in Nationalpark- Flugverkehrs über der Vogelinsel im Dith- LANDESAMT FÜR DEN NATIONALPARK nähe lag 1986 noch bei rund 86.000, marscher Wattenmeer von 1993 bis 1999 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES WATTENMEER während sie sich in den letzten vier Jahren differenziert erfaßt (KEMPF et al. 2000). Da- (Hrsg.) (2000): Wattenmeermonitoring 1999 – zwischen 60.000 und knapp 70.000 jähr- bei verzeichnete er einen Rückgang der Schwerpunktthema: Der Mensch im National- park. – Schriftenreihe des Nationalparks Schles- lich bewegte, im Durchschnitt 160 bis 190 von Trischen aus registrierten Flugzeuge wig-Holsteinisches Wattenmeer, Sonderheft, pro Tag. von rund 4.300 im Jahr 1993 auf 2.600 im Tönning, 51 S.

41 Atmosphärische Stoffeinträge in Schleswig-Holstein Uwe Eckermann, Gerhard Köhler & Carola Pommerening

Die sensorgesteuerte Trichterab- Einführung Depositionsmessnetz deckung wird nur bei Niederschlagsereig- nissen geöffnet, so dass die nasse Deposi- Die Aufgabe der messtechnischen Über- Das Depositionsmessnetz der LÜSH um- tion gesammelt werden kann. Die Tempe- wachung der Luft in Schleswig-Holstein fasst acht Messstellen. Es wurde im Rah- ratur wird von April bis November durch liegt bei der Lufthygienischen Überwa- men eines inzwischen abgeschlossenen eine nachträglich eingebaute Kühlung (ab chung Schleswig-Holstein (LÜSH) im Forschungsvorhabens für die „Erarbeitung 1997) im Probenraum beziehungsweise Staatlichen Umweltamt Itzehoe. und Erprobung einer Konzeption für die in- bei Frost durch Beheizung im Sammler auf Neben der Ermittlung der Grundbelas- tegrierte, regionalisierende Umweltbeob- circa 5°C gehalten. tung durch Luftschadstoffe zur Beobach- achtung Schleswig-Holstein“ konzipiert Die Probenbehälter werden monatlich tung und Dokumentation der langfristigen und zu Beginn des Jahres 1997 noch ein- von Mitarbeitern der LÜSH gewechselt. Entwicklung ist die Erfassung lokaler Im- mal modifiziert. Transport und Lagerung der Proben erfol- missionsbelastungen in Emittentennähe Bei der Wahl der Standorte wurde die gen unter Kühlung. Im Labor der LÜSH in und an Verkehrsschwerpunkten von be- Lage von sogenannten integrierten Dauer- Itzehoe werden die aufgefangenen Re- sonderer Bedeutung. Hierfür wird ein beobachtungsflächen (IDF) des Landes- genmengen ermittelt, sowie pH-Wert und Messnetz aus zur Zeit 18 ortsfesten und amtes für Natur und Umwelt berücksichtigt. Leitfähigkeit gemessen. mobilen automatischen Messstationen be- Weiterhin wurden jeweils repräsentativ für In den filtrierten Proben werden die Kon- trieben. städtische, industrienahe und ländliche Ge- zentrationen von Chlorid, Nitrat, Sulfat, Na- Insbesondere die Messstation Born- biete Probenahmestandorte in Lübeck, im trium, Ammonium und Kalium ionenchro- höved ist in ihrer Funktion als Referenz- Industriegebiet Brunsbüttel und im Bereich matografisch bestimmt. Die Gehalte an standort Schnittstelle zum Ökosystemfor- der Bornhöveder Seenkette eingerichtet. den Kationen Magnesium und Calcium schungsraum Bornhöveder Seenkette so- Ein weiterer Standort befindet sich in werden atomabsorptionsspektrometrisch wie zu den Untersuchungen von Waldöko- unmittelbarer Nähe zur Nordsee in St. Pe- ermittelt. systemen im Rahmen des europäischen ter-Ording. Dort ist auch eine Ozonmess- Level II-Programms. station des automatischen Messnetzes in- Räumliche Verteilung Das Basismessnetz wird durch ein stalliert. Messnetz zur Erfassung atmosphärischer Die Stoffe Chlorid, Natrium und Magnesium Stoffeinträge ergänzt. Ergebnisse aus die- Methode sind meerbürtige Komponenten, Kalium sem Messprogramm können in das Wat- und Calcium sind erdgebunden. Stickstoff- tenmeermonitoring einbezogen werden An den beschriebenen acht Probenahme- verbindungen entstammen hauptsächlich und werden im folgenden Beitrag vorge- standorten des Depositionsmessnetzes Verbrennungsprozessen (Kraftwerke, Au- stellt. wird die nasse Deposition durch Wet-Only- toverkehr) beziehungsweise der Landwirt- Sammler vom Typ ARS 721 ermittelt, der in schaft. Schwefelverbindungen entstehen der VDI-Richtlinie 3870, Blatt 2 beschrie- ebenfalls hauptsächlich bei der Verbren- ben ist. nung fossiler Brennstoffe. Die Abbildung 3 zeigt die räumliche Ver- teilung der Spannweiten der Konzentratio- nen, wobei für jede Komponente mit dem Schleswig OSTSEE

St. Peter- Ording Erfde g Abbildung 1: Stand- orte des Depositions- NORDSEE messnetzes der Luft- Bornhöved hygienischen Über- wachung Schleswig- Brunsbüttel Itzehoe Lübeck Holstein.

Barsbüttel h Abbildung 2: Wet- Only-Sammler vom Typ ARS 721 am Messpunkt St. Peter-Ording.

42 jeweiligen Median über alle Standorte nor- 3,0 miert wurde. h h Starke räumliche Unterschiede fallen 2,5 h insbesondere bei den meerbürtigen Kom- ponenten Chlorid, Natrium und Magne- 2,0 sium auf. Die Streuung beträgt hier 54 bis

57 Prozent. Die in der Nähe der Nord- oder 1,5 h mg/l h Ostsee gelegenen Standorte St. Peter-Or- a a f b a b b e b g h a a g c g b c e b ding, Erfde, Brunsbüttel, Schleswig und It- g e c g g a g c b e 1,0 e b e e e g e a d h a f c f g h a d b f c zehoe weisen deutlich höhere Einträge be- d h d f d d d d f d f c c ziehungsweise Konzentrationen auf. c f f 0,5 Bei den Komponenten Sulfat-Schwefel und Gesamt-Stickstoff (Nitrat- und Ammo- 0 nium-Stickstoff) sind die räumlichen Unter- Cl NO3-N SO4-S Na NH4-N K Mg Ca NS schiede deutlich geringer. Die Streuung a Westerbüttel/Brunsbüttel b Erfde c Barsbüttel d Bornhöved beträgt hier nur neun bis elf Prozent. Auch e Itzehoe f Lübeck g Schleswig h St. Peter-Ording bei Sulfat-Schwefel, der nicht Seesalz-kor- d rigiert wurde, ist ein Einfluss der Küs- Abbildung 3: Spann- weite der Konzentratio- 2,0 20 tennähe zu erkennen, der allerdings sehr nen, normiert mit dem 1,8 18 gering ausfällt. Median aller Standorte 1,6 16 und gemittelt über die 1,4 14 Abgesehen von der Konzentration der Jahre 1997 bis 1999. 1,2 12 Komponenten im Niederschlag ist die Ver- 1,0 10 mg/l teilung der Einträge entscheidend vom re- 0,8 8 kg/ha*a gionalen Niederschlagsprofil abhängig. 0,6 6 Da die Einträge von der Konzentration 0,4 4 von Schadstoffen im Niederschlag und der 0,2 2 h Abbildung 4: Mittlere 0,0 0 jährlich schwankenden Niederschlags- Konzentration und Ein- trag von Sulfat-Schwefel, menge abhängen, können sie trotz Ab- 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 1988–1999, gemittelt mittllere Konzentration Eintrag nahme der mittleren Konzentrationen an- über alle Standorte. steigen. Abbildung 4 zeigt als Beispiel die mittlere Konzentration und die daraus re- 25 sultierenden Einträge an Sulfat-Schwefel 20 von 1988 bis 1999, jeweils gemittelt über alle Standorte. 3 15 g/m

Die mittleren Konzentrationen im Nie- µ 10 derschlag zeigen im Verlauf der Jahre eine deutliche Abnahme von circa 1,5 mg/l bis 5 auf circa 0,7 mg/l. h Abbildung 5: Schwe- 0 Ein Rückgang der Vorläufersubstanz feldioxidkonzentration in 1999 1985 1987 1991 1993 1981 1983 1989 1995 Schwefeldioxid wird an den Messstationen µg/m3 (20°C, 1013 1979 1997 mbar), Jahresmittelwerte Westerbüttel / Brunsbüttel Bornhöved Lübeck der LÜSH ebenfalls beobachtet. Dort ist 1979–1999. seit Beginn der Messungen eine Abnahme der Belastung von 20 bis 40 µg/m3 auf jetzt circa drei bis sechs µg/m3 feststellbar. Ab- des Katalysators und anderer Maßnahmen eine Verkehrszunahme auf der nahegele- bildung 5 verdeutlicht diese Entwicklung, noch kein deutlicher Rückgang festzustel- genen Autobahn Lübeck–Hamburg nach die auf vielfältige Maßnahmen zur Emissi- len (Abbildung 6). der Grenzöffnung zurückzuführen. onsreduktion (zum Beispiel Großfeue- Auch für Stickstoffdioxid als Vorläufer Der Protoneneintrag für die Standorte rungsanlagenverordnung) sowie auf Sa- des Nitrats ist noch keine Abnahme er- Westerbüttel, Bornhöved und Lübeck nierungen und Stillegungen in den „neuen kennbar (Abbildung 7). Die Zunahme am zeigt eine deutliche Abnahme, hervorgeru- Bundesländern“ zurückzuführen ist. Standort Lübeck-Schönböcken seit An- fen durch die Veränderung der ph-Werte Für Nitrat-Stickstoff ist trotz Einführung fang der 90er Jahre ist möglicherweise auf wie aus Abbildung 8 hervorgeht.

43 1,0 10 30

25

20 3

g/m 15

0,5 5 µ mg/l kg/ha*a 10

5

0 0,0 0 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 mittllere Konzentration Eintrag Westerbüttel / Brunsbüttel Bornhöved Lübeck

d Abbildung 6: Mittlere d Abbildung 7: Stick- Für die folgende Grafik wurden zu- Konzentration und Ein- stoffdioxidkonzentration sich die Höhe der Deposition an den Ei- nächst aus den vorhandenen Konzentra- trag von Nitrat-Stickstoff, in mg/m3 (20°C, 1013 genschaften des Ökosystems orientiert. 1988–1999, gemittelt mbar), Jahresmittelwerte tionen eines Monats über alle Standorte ein über alle Standorte. 1979–1999. Nach diesem Ansatz bestimmt die Belast- Mittelwert gebildet. Aus diesen Werten barkeit der Ökosysteme die Maßnahmen wurde über zwölf Jahre ein Durchschnitts- zur Schadstoffreduzierung. Allgemein wird wert für jeden Monat ermittelt. Auf eine 0,4 die Gesamtsäurebelastung zunehmend Wichtung wurde verzichtet. Die zu beob- durch den Stickstoffeintrag beeinflusst, achtenden Jahresgänge der Konzentratio- was zu abnehmender Nährstoffverfügbar- nen von Nitrat- und Ammonium-Stickstoff keit und zunehmender Stickstoffsättigung und Sulfat-Schwefel sind in Abbildung 9 0,2 in Öko- und Agrarsystemen führt (BML dargestellt. kg/ha*a 1999). Westerbüttel/ Die höchsten Werte treten im Frühjahr Brunsbüttel Die vorliegenden Studien zur Bewer- auf. Vermutlich ist dies auf die noch relativ Bornhöved tung von Säureeinträgen und von eu- Lübeck hohen Emissionen der Vorläufersubstan- 0 trophierendem Stickstoff beziehen sich zen Schwefeldioxid und Stickstoffoxide im wesentlichen auf Waldökosysteme, 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 zurückzuführen, die durch die schon starke Feuchtgebiete wie Nieder- und Hoch- photochemische Aktivität der Atmosphäre d Abbildung 8: Proto- f Abbildung 9: Mittlere moore sowie verschiedene Heideland- neneintrag, Jahresmittel- Jahresgänge der Kon- umgesetzt werden. werte 1988–1999. zentrationen von Nitrat- schaften (BML 2000). Eine Ableitung von Auch die im Frühjahr verstärkt einset- Stickstoff, Ammonium- wirkungs- und stoffbezogenen Belas- Stickstoff und Sulfat- zenden Düngemaßnahmen in der Land- Schwefel gemittelt über tungsgrenzen (Critical Loads) für das Öko- wirtschaft können zur Konzentrationser- alle Standorte. system Wattenmeer bedarf wegen seines höhung beitragen. 3,0 grundsätzlich zum Festland unterschied- 2,5 lichen Bodenhorizonts noch eingehender

Bewertung 2,0 wissenschaftlicher Untersuchungen. Dies gilt auch für die methodischen An- 1,5 Im sogenannten BAT-Konzept (Best Avai- mg/l sätze zur Bestimmung der kritischen Im- 1,0 lable Technology) wird festgelegt, mit wel- missionsbelastungen (Critical Levels) ge- chen in Europa verfügbaren Technologien 0,5 genüber verschiedener Rezeptoren, wie der geringste Schadstoffausstoß zu erwar- 0,0 Wald, landwirtschaftliche Nutzpflanzen Jul. Mai Apr. Okt. Jan. Jun. Feb. Dez. Mär. Aug. Sep. ten ist (NAGEL et al. 1994). Nov. und landgestützter natürlicher Vegetation Ammonium-Stickstoff Nitrat-Stickstoff Zur Einschätzung des von Luftschad- Sulfat-Schwefel (NAGEL et al.1994). Inwieweit Schwefel- stoffkonzentrationen ausgehenden Ge- dioxid, Stickstoffoxide und Ozon sich auf fährdungspotentials auf die betroffenen die internen Wachstumsfaktoren wie Ent- Ökosysteme haben die methodischen An- Loads Abschätzungen des maximal zuläs- wicklung und genetischer Aufbau der im sätze zur Bestimmung von Critical Loads & sigen Eintrages eines oder mehrerer ver- Ökosystem Wattenmeer beheimateten Levels in der europäischen Umweltpolitik sauernd wirkender Schadstoffe dar, bei Pflanzen und Pflanzengemeinschaften zunehmend an Bedeutung gewonnen. Be- deren Einhaltung nach heutigen Stand des auswirken können, müssen intensive For- züglich der Deposition stellen die Critical Wissens keine Schäden auftreten, wobei schungen noch aufklären.

44 Loads & Critical Levels. – Materialien zur Um- Auswertekonzepte in Bonn-Röttgen, 29.–30. Literatur weltforschung beim Rat von Sachverständigen November 1999: 1–48. für Umweltfragen. – Metzler-Poeschel, Stuttgart. NAGEL, H. D., SMÅTEK, G., WERNER, B. BML (2000): Critical Loads für Waldökosysteme (1994): Das Konzept der kritischen Eintragsra- BML (1999): Dauerbeobachtungsflächen zur – Methoden und Ergebnisse für Standorte des ten als Möglichkeit zur Bestimmung von Um- forstlichen Umweltkontrolle (Level II). – Work- Level II-Programms, – Arbeitskreis A der Bund- weltbelastungs- und -qualitätskriterien – Critical shop zur wissenschaftlichen Diskussion der Länder-Arbeitsgruppe Level II.

45 Umweltprobenbank des Bundes – Langfristtrends der Schadstoffbelastung in Wattenmeerorganismen Umweltbundesamt, bearbeitet von Gerhard Wagner und Heinz Rüdel

Tabelle 1: Aufgabenverteilung in der Umweltprobenbank des Bundes (mariner Bereich). Ziele und Konzeption Auftraggeber: Umweltbundesamt

Die Umweltprobenbank des Bundes ist Betrieb 1984 – 1999 seit 2000 ein Archiv für ein retrospektives Monitoring Probenahme Forschungszentrum Universität des Saar- der Umweltsituation. Durch die kontinu- Jülich landes ierliche Gewinnung, Lagerung und retro- Institut für Angewandte Institut für spektive Analyse relevanter Umweltpro- Physische Chemie Biogeographie ben ermöglicht die Umweltprobenbank Probenaufbereitung Forschungszentrum Fraunhofer-Institut für und Lagerung Jülich Umweltchemie und Öko- Aussagen über den derzeitigen Stand und Institut für Angewandte toxikologie, Schmallen- die Entwicklung der Belastungssituation Physische Chemie berg in den verschiedenen Ökosystemen Anorganische Analytik Forschungszentrum Fraunhofer-Institut für durch bekannte und „neue“ (Schad-)Stof- Jülich Umweltchemie und fe und die Ermittlung von langfristigen Institut für Angewandte Ökotoxikologie Trends. Physische Chemie Schmallenberg Als Beispiele hierfür werden ausge- CKW-Analytik GSF Neuherberg ERGO Forschungsge- wählte Daten aus dem Routinebetrieb für Institut für Ökologische sellschaft. mbH, Ham- die marinen Ökosysteme sowie Ergeb- Chemie burg nisse eines begleitenden F+E-Vorhabens PAH-Analytik Biochem. Institut für ERGO Forschungsge- Umweltcarcinogene, sellschaft. mbH, Ham- mit dem Titel „Verfolgung von Umweltbe- Großhansdorf burg lastungen durch Alkylphenole, Bisphenol A Zusätzliche Auftrags- Fraunhofer-Institut für und organische Zinnverbindungen in re- analytik Umweltchemie und präsentativen Umweltproben – Methodi- Ökotoxikologie, sche Entwicklungen und aktuelles sowie Schmallenberg retrospektives Monitoring“ (RÜDEL et al. 1999) vorgestellt. Dieses Forschungspro- Vorpommersche jekt wurde in den Jahren 1998 und 1999 Boddenlandschaft durch das Fraunhofer-Institut für Umwelt- Wattenmeer chemie und Ökotoxikologie in Schmallen- Bornhöveder Greifswald berg im Auftrag des Umweltbundesamtes Seen durchgeführt. Die mit der Durchführung g Blankenese Elbe Abbildung 1: Probe- der jeweiligen Aufgaben der Umweltpro- nahmegebiete der Um-

Weser Cumlosen Oder weltprobenbank des Ems benbank betrauten Institutionen und die Havel Bundes. den berichteten Daten zugrundeliegende

Barby Aufgabenverteilung sind in Tabelle 1 ange- Bimmen Münster geben. Den jeweiligen Urhebern und dem Hochharz Dübener Lippe Heide Spree Umweltbundesamt wird für die Überlas- Solling Zehren Halle Rhein sung der Daten gedankt. Prossen Die Konzeption der Umweltprobenbank Werra Molde des Bundes wurde 1985 der Aufbauphase Saale Naturnahe terrestrische Ökosysteme zugrundegelegt, 1993 mit der Aufnahme Koblenz des Dauerbetriebs konkretisiert und 1999 Main Forst-Ökosysteme Mosel in ihre derzeit gültige Form gebracht Gebietszuschnitt im limnischen Ökosystem (Bundesministerium für Umwelt und Re- Pfälzer Wald Marine Ökosysteme aktorsicherheit/Umweltbundesamt 1993, Bayerischer Saarländischer Wald Ballungsraumnahe Ökosysteme 2000). Sie beinhaltet neben der Zielbestim- Verdichtunggs- Iffezheim Donau Humanproben raum mung und Organisation die Festlegung der Inn Agrarökosysteme Ulm Probenahmegebiete und -flächen (siehe Oberbayerisches Abbildung 1) sowie der Probenarten und Weil am Tertiärhügelland Berchtesgaden der Probenahmepläne. Weiterhin enthält Rhein sie die Methoden und Qualitätssicherungs-

46 maßnahmen in Form von Richtlinien, die für eines Jahres werden die Einzelproben der Umweltprobenbank sowie speziellen die Durchführung der Aufgaben der Um- zu einer Jahresprobe zusammenge- Mitteilungen oder der Homepage des Um- weltprobenbank bindend und für die lang- führt. weltbundesamtes (www.umweltbundes- fristige Zuverlässigkeit und Vergleichbar- • Aalmuttern werden im Wattenmeer und amt.de/umweltprobenbank) entnommen keit ihrer Ergebnisse ausschlaggebend in der Ostsee einmal pro Jahr im Früh- werden. sind (Umweltprobenbank des Bundes, sommer (Mai bis Juni) gesammelt. Der Blasentang (Fucus vesiculosus) 1996). • Die Probenahme von Silbermöweneiern steht als Produzent am Anfang der Nah- erfolgt einmal im Jahr im Mai im Zeit- rungskette und weist im Allgemeinen die Marine Ökosysteme raum der Eiablage. geringsten Konzentrationen auf, aber auch in der UPB am unmittelbarsten den Verlauf der Ein- Ausgewählte Ergebnisse träge von potentiellen Schadstoffen in das Die Umweltprobenbank des Bundes bear- (Routineanalytik) Ökosystem. In Abbildung 2 sind die Blei- beitet regelmäßig drei marine Probenah- konzentrationen im Blasentang von 1985 megebiete, die mit den entsprechenden Die routinemäßig durchgeführte Charakte- Probenahmeflächen und Probenarten in risierungsanalytik der für die Umweltpro- 2,0 Tabelle 2 wiedergegeben sind. benbank gewonnenen und eingelagerten Blei (Blasentang) Für die einzelnen Probenarten gelten die Proben ergibt Zeitreihen, die aufgrund der folgenden Probenahmepläne: Anwendung der speziellen UPB-Richtlinien 1,0

• Blasentang wird im zweimonatigen die zeitliche Entwicklung der Umweltbelas- g/g TG µ (Wattenmeer) oder im halbjährlichen tung durch die untersuchten Stoffe doku- Rhythmus (Vorpommersche Bodden- mentieren. Dabei können die unterschiedli- landschaft) gesammelt aufgrund der chen Stufen der Nahrungskette repräsen- 0 saisonalen Variation der Schadstoffe in tierenden Probenarten durchaus unter- 1985 1987 1989 1991 1993 1994 1995 1996 1997 1998 südl. Lister Hafen Eckwarderhörne den Thalli. Am Ende eines Jahres wer- schiedliche Trends ergeben. Nachfolgend Königshafen den die Einzelproben zu einer Jahres- werden einige exemplarische Zeitreihen d Abbildung 2: Bleikon- probe zusammengeführt. dargestellt. Überschreitungen gesetzlicher zentrationen im Blasen- • Miesmuscheln werden ebenso im zwei- Grenzwerte wurden in Proben aus dem tang aus Probenahme- flächen des Watten- monatigen (Wattenmeer) oder halbjähr- Bereich des Wattenmeeres nicht festge- meeres. lichen (Vorpommersche Boddenland- stellt. Einzelergebnisse können den regel-

schaft) Rhythmus gesammelt. Am Ende mäßig erscheinenden Zweijahresberichten 100 Quecksilber(Blasentang)

50

Tabelle 2: Probenahmegebiete, Gebietsausschnitte, Probenahmeflächen und Probenarten der Umweltproben- ng/g TG bank im marinen Bereich. 0 Probenahmegebiet Gebietsausschnitt Probenahmefläche Probenart 1985 1987 1989 1991 1993 1994 1995 1996 1997 1998 Nationalpark Sylt-Rømø-Watt Südlich Lister Hafen • Blasentang südl. Lister Hafen Eckwarderhörne Schleswig- (1985–1992) • Miesmuschel Königshafen Holsteinisches Königshafen • Blasentang Wattenmeer d Abbildung 3: Queck- f Abbildung 4: Queck- (seit 1992) • Miesmuschel silberkonzentrationen im silberkonzentrationen in Meldorfer Bucht Norderpiep • Aalmutter Blasentang aus Probe- der Muskulatur von Aal- mit Trischen nahmeflächen des Wat- muttern aus Probenah- Trischen • Silbermöwenei tenmeeres. meflächen des Watten- meeres. Nationalpark Jadebusen Eckwarderhörne • Blasentang Niedersächsisches mit • Miesmuschel 700 Quecksilber (Aalmutter) Wattenmeer Transekt Varel-Mellum • Aalmutter 500 Mellum • Silbermöwenei

Nationalpark Halbinsel Fischland/ Darßer Ort • Aalmutter ng/g TG 300 Vorpommersche Darß/Zingst • Miesmuschel Boddenlandschaft 100 Kubitzer Bodden Heuwiese • Silbermöwenei 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Vorpommersche Rügen Kap Arkona/ • Blasentang Hauptprielsystem Transekt Ostseeküste Varnewitz Meldorfer Bucht Varel-Mellum

47 bis 1998 aufgetragen. Dabei zeigt sich ein ähnlich, wenn auch in höheren Konzentra- organische Zinnverbindungen offensicht- deutlich abnehmender Trend, bei deutlich tionsniveaus, auch im Weichkörper von lich, die sich insbesondere in der reduzier- unterschiedlichem Belastungsniveau der Miesmuscheln und in Aalmuttermuskulatur ten oder ausbleibenden Fortpflanzungs- drei Probenahmeflächen und starken (Abbildung 4) erkennbar sind. In Silber- fähigkeit von Schnecken und Austern ma- Schwankungen im Bereich Eckwarder- möweneiern (Abbildung 5) dagegen ist für nifestierte. Aus diesem Grunde wurden im hörne. Andere unweltrelevante Metalle wie die im Elbeinflussbereich gelegene Insel Rahmen eines F+E-Vorhabens Probense- Arsen und Cadmium zeigen deutlich gerin- Trischen im Untersuchungszeitraum ein rien der Umweltprobenbank vom Fraunho- gere regionale Unterschiede und keine er- stetiger Rückgang der Gesamt-Quecksil- fer-Institut für Umweltchemie und Ökotoxi- kennbaren zeitlichen Trends. berkonzentrationen zu verzeichnen, die kologie, Schmallenberg im Auftrag des Die Quecksilberkonzentrationen im Bla- von fast 5.000 ng/g Trockensubstanz Umweltbundesamtes auf diese Stoff- sentang (siehe Abbildung 3) zeigen cha- (1988) bis 1991 steil auf circa 2.000 ng/g, gruppe untersucht. Um eine Bewertung rakteristische zeitliche Schwankungen, die danach kontinuierlich weiter auf circa der Ergebnisse der Analysen zu ermögli- 1.200 ng/g (1999) abgefallen sind. Die Sil- chen, soll zunächst auf Einträge, Umwelt- bermöweneiproben von der Insel Mellum verhalten und Toxizitätspotential der Orga- 5.000 weisen dagegen bei deutlich niedrigerem nozinnverbindungen eingegangen wer- Quecksilber (Silbermöwe) Niveau nach einem Minimum um das Jahr den. Trischen 1995 wieder leicht ansteigende Queck- Organozinnverbindungen besitzen die 3.000 Mellum silberkonzentrationen auf. Neben den allgemeine Struktur: R(n)SnX(4-n) (mit R =

ng/g TG Quecksilbereinträgen der Elbe in die Nord- Aryl- oder Alkylgruppen, X = z. B. Chlor see zeigen sich hier auch deutliche Nah- oder Sauerstoff; n = 1 – 4). Die wichtigsten 1.000 rungsketteneffekte: Je höher die Position Verbindungen sind Tri-, Di- und Monobutyl- 0 einer Art in der Nahrungskette, um so zinn (TBT, DBT, MBT) sowie die entspre- 1988 1990 1992 1994 1996 1998 höher sind die Anteile organischer Queck- chenden Phenylzinnverbindungen (TPhT, d Abbildung 5: Queck- silberverbindungen mit lipophilen Eigen- DPhT, MPhT). Die Weltproduktion an zinn- silberkonzentrationen im schaften und um so höher auch die Ge- organischen Verbindungen lag 1996 bei Eiinhalt von Brutkolonien auf Trischen und Mellum. samt-Quecksilbergehalte. rund 50.000 Jahrestonnen (BENNETT Die Gehalte verschiedener organischer 1996). Zu etwa 70 bis 90 Prozent werden 6,0 PCB (Miesmuschel) Kontaminanten im Weichkörper von Mies- zinnorganische Verbindungen als Stabili- muscheln zeigen nach ebenfalls deutli- satoren in Kunststoffen eingesetzt, wie 4,0 chem Rückgang bis 1992 seither stagnie- Mono- und Dibutylzinnderivate als Licht- rende oder uneinheitliche Tendenz. Abbil- und Hitzestabilisatoren für PVC-Kunst- ng/g TG 2,0 dung 6 demonstriert dies am Beispiel der stoffe. Weitere 15 bis 20 Prozent der Pro- Zeitreihe des polychlorierten Biphenyls duktion werden als Biozide verwendet. In

0 (PCB) B-138. Ähnliche Zeitreihen zeigen der Landwirtschaft werden TBT und TPhT

1985 1986 1988 1990 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 auch andere Chlorierte Kohlenwasser- als Fungizide gegen Kartoffelfäule oder südl. Lister Hafen Eckwarderhörne stoffe (CKW) sowie Polyzyklische Aromati- Schimmelpilze eingesetzt. Den Hauptanteil Königshafen sche Kohlenwasserstoffe (PAK). hat die Verwendung von TBT in bewuchs- d Abbildung 6: Polychlo- Abbildung 7 zeigt die Zeitreihe der p,p- hemmenden Anstrichen von Schiffen (Anti- rierte Biphenyle (PCB, hier B-138) im Weichkör- f Abbildung 7: p,p-DDE DDE-Gehalte in Silbermöweneiern, eines fouling-Beschichtungen; bis 1985 wurde per von Miesmuscheln im Eiinhalt von Brutkolo- Abbauproduktes des Dichlordiphenyl- teilweise auch TPhT eingesetzt). Natürliche aus Probenahmeflächen nien auf Trischen und des Wattenmeeres. Mellum. trichlorethan (DDT), das in den 70er Jah- Quellen gibt es nur für geringe Mengen an ren in der Bundesrepublik Deutschland Methylzinnverbindungen. verboten, in der DDR jedoch noch in den Das Verhalten von Organozinnverbin- 300 p,p-DDE (Silbermöwe) 80er Jahren angewendet wurde. dungen in der Umwelt wird von der gerin- Trischen Mellum gen bis mäßigen Wasserlöslichkeit be- 200 Retrospektives Monitoring mit stimmt, die von Mono- zu Triorganozinn- ng/g TG UPB-Proben verbindungen fällt. Die Stoffe adsorbieren 100 an Schwebstoffe und werden daher in Ge- Organozinnverbindungen wässersedimenten akkumuliert. Bei Auf- 0 Seit Anfang der 80-er Jahre wurde die nahme durch Organismen kann eine Akku- 1988 1990 1992 1994 1996 1998 Schädigung mariner Organismen durch mulation im Fettgewebe erfolgen. Litera-

48 turangaben für Biokonzentrationsfaktoren Reagenz derivatisiert und nach gas- Frischgewicht festgestellt. Weitere Unter- betragen bis zu 10.500 für TBT oder bis zu chromatografischer Auftrennung mit einem suchungen an Blasentang und Silber- 36.000 für TPhT in Miesmuscheln (SUZUKI Atomemissionsdetektor nachgewiesen möweneiern ergaben relativ niedrige Ge- et al. 1998) und bis zu 52.000 für TBT in (RÜDEL et al. 1999). Erfasst wurden TBT, halte an TBT und TPhT (1990–1996 ca. Fischgewebe (STACHEL et al. 1996). Der DBT, MBT sowie TPhT. In den meisten un- 2,0–6,0 µg/kg TBT, < 5,0 µg/kg TPhT). Abbau von Organozinnverbindungen in tersuchten Proben wurden organische Die untersuchten Organismen sind Re- der Umwelt kann durch Mikroorganismen Zinnverbindungen, hauptsächlich TBT, präsentanten verschiedener Stufen des sowie durch Photolyse erfolgen. Die Halb- oberhalb der jeweiligen Bestimmungs- marinen Nahrungsnetzes. Bei Umrech- wertzeiten in der Umwelt werden für Was- grenze (BG) nachgewiesen. Die Bestim- nung der Gehalte der verschiedenen Pro- ser in Tagen, für anaerobe Sedimente da- mungsgrenzen für TBT und TPhT lagen je benarten auf die Trockengewichte zeigt gegen in Jahren beziffert (MAGUIRE 1996). nach Probenart bei 1,0 bis 5,0 µg/kg sich, dass eine Biomagnifikation, also eine TBT ist ein weltweit vorkommender Frischgewicht oder bei 5,0 bis 15 µg/kg Anreicherung in der Nahrungskette, nicht Schadstoff. Hohe Gehalte treten insbeson- Trockengewicht. Wenn nicht anders ange- festzustellen ist (Abbildung 9). So sind die dere in der Nähe von Emissionsquellen geben, beziehen sich die Gehaltsangaben Gehalte in Aalmuttern nicht höher als in (z. B. Dockanlagen und Häfen) auf. 1989 im Text jeweils auf den Gehalt an Organo- Miesmuscheln und die Gehalte in den Sil- wurde in Deutschland die Verwendung zinnkation pro Kilogramm Frischgewicht. bermöweneiern sind niedriger als in den zinnorganischer Verbindungen zur Be- Die Untersuchungsergebnisse an Pro- anderen untersuchten Probenarten, die wuchshemmung von Schiffen unter 25 m ben aus Nord- und Ostsee zeigen, dass niedrigere Stufen des Nahrungsnetzes re- Länge verboten. Organozinnverbindungen sowohl in Mu- präsentieren. Allgemein wirken Organozinnverbin- scheln als auch in Fischen in erheblichem Die gleichbleibende Belastung mit TBT dungen als Zell- und Stoffwechselgifte. Ein Maße akkumulieren, wobei TBT und TPhT dürfte ihre Ursache in der anhaltenden und besonderes Problem stellt hierbei die An- die vorherrschenden Komponenten dar- unverminderten Verwendung von TBT-hal- wendung von Triorganozinnverbindungen stellen. Abbildung 8 zeigt die Zeitreihen für zum Bewuchsschutz von Schiffsrümpfen die drei marinen Probenahmegebiete. Von 100 dar, da in diesem Fall ein zielgerichteter 1985 bis 1996 ging die Belastung der Eckwarderhörne Lister Hafen/ Darßer Ort Eintrag in die Gewässer erfolgt. Durch TBT Miesmuscheln mit Triphenylzinnverbindun- Königshafen verursachte Effekte bei Schnecken und gen deutlich zurück, so im Niedersächsi- 50 Muscheln gehören zu den am besten do- schen Wattenmeer (Eckwarderhörne) von kumentierten, durch Schadstoffe ausge- 98,0 auf 10,0 µg TPhT pro Kilogramm lösten hormonellen Wirkungen. TBT kann Frischgewicht. Im Nordfriesischen Watten- bei Schnecken und Muscheln zur zusätzli- meer (Südlich Lister Hafen/Königshafen) 1985 1988 1992 19941996 1986 1992 1994 1996 chen Ausbildung männlicher Geschlechts- waren die Konzentrationen deutlich niedri- 19921994 TBT TPhT 1996 organe bei Weibchen (Imposex) und zur ger und in Muscheln aus der Ostsee Ausbildung männlicher Geschlechtscha- (Darßer Ort) konnte TPhT nicht nachgewie- d Abbildung 8: Organo- zinnverbindungen in rakteristika bei Weibchen oder weiblicher sen werden. Miesmuscheln von Pro- f Abbildung 9: Organo- Organe bei Männchen (Intersex) führen. Demgegenüber blieben die Gewebe- benahmeflächen in zinnverbindungen in ma- Nord- (Links, Mitte) und Beides führt zur Sterilität der weiblichen In- konzentrationen von TBT in allen Probe- rinen Organismen aus Ostsee (Rechts). dem Wattenmeer 1994. dividuen einer Population. Bei einer Reihe nahmegebieten auf hohem Niveau faktisch 280 von Molluskenarten wird ein durch den Ein- konstant. 1996 waren Miesmuscheln des trag von TBT ausgelöstes Auslöschen der Niedersächsischen Wattenmeeres (Eck- 240 Population befürchtet. Bei der - warderhörne) mit 20 µg TBT/kg Frischge- 200 schnecke und der Wattschnecke lassen wicht doppelt so hoch belastet wie Mies- 120 sich im Bereich der deutschen Nord- und muscheln des schleswig-holsteinischen Ostseeküste gravierende, teilweise bis zur Wattenmeeres (Südlich Lister Hafen/Kö- 80 g/kg Trockenmasse Sterilität führende Vermännlichungsten- nigshafen) mit 10,0 µg TBT/kg Frischge- µ 40 denzen weiblicher Individuen nachweisen wicht. Muschelproben aus dem National- (OEHLMANN et al. 1998). park Vorpommersche Boddenlandschaft 0

Für die Untersuchungen wurden UPB- (Darßer Ort) wiesen zwischen 1992 und Aalmutter Blasentang Silbermöwen-eier Standardproben aus dem Zeitraum 1985 1995 um 10,0 µg TBT/kg Frischgewicht Miesmuschel Tributylzinn (TBT) Triphenylzinn (TPhT) bis 1998 eingesetzt. Die organischen Zinn- auf. In Proben aus 1996 wurde dann ein Dibutylzinn (DBT) Diphenylzinn (DPhT) verbindungen wurden mit einem Grignard- Anstieg der Gehalte auf 17 µg TBT/kg Monobutylzinn (MBT)

49 tigen Antifoulinganstrichen in der Handels- erst ab etwa 20 ng/L TBT nachgewiesen Alkylphenolethoxylate und schifffahrt haben. Das Verwendungsverbot (ALZIEU 1996). Die abgeschätzten maxi- Alkylphenole für TBT-haltige Anstriche an Booten mit malen Konzentrationen lagen damit in ei- Alkylphenolethoxylate (APEO) sowie ihre weniger als 25 Meter Länge hat sich zwar nem Bereich, der bei empfindlichen Orga- Abbauprodukte Alkylphenolmonoethoxy- in Yachthäfen und ähnlichen Bereichen, wo nismen erste Wirkungen erwarten lässt. late (AP1EO) und Alkylphenole (AP) erwie- Freizeitschifffahrt massiv betrieben wird, Die Relevanz der Ergebnisse für die sen sich in Labortestsystemen als hormo- positiv ausgewirkt. Eine über den lokalen menschliche Ernährung oder Gesundheit nell wirksam (endokrine Disruptoren; JOB- Bereich hinausgehende deutliche Verrin- ergibt sich aus der Menge an TBT und LING & SUMPTER 1993). Durch retro- gerung der Belastung mariner Ökosy- TPhT, die von Konsumenten durch den spektives Monitoring von Proben aus der steme ist von dieser Maßnahme jedoch Verzehr von Nordseefisch oder Muscheln Umweltprobenbank sollte untersucht nicht zu erwarten, da der Marktanteil der aufgenommen werden kann. Die tolerier- werden, welche Gewebekonzentrationen Freizeitboote am Absatz von Antifouling- baren täglichen Aufnahmemengen (TDI) für an APEO-Abbauprodukten marine Or- farben nur rund zehn Prozent beträgt. beide Verbindungen sind in Tabelle 3 ange- ganismen aufweisen und wie diese in Rela- Die Mitte der 80er Jahre extrem hohe geben. Da der durchschnittliche tägliche tion zum Wirkungspotential zu bewerten und danach kontinuierlich sinkende Konta- Fischverzehr in Deutschland je nach Re- sind. mination mariner Lebewesen mit Triphenyl- gion nur zwischen 200 und 400 Gramm APEO gehören zur Gruppe der nichtio- zinn beruht wahrscheinlich darauf, daß Tri- liegt, ist eine Gefährdung der Konsumen- nischen Tenside. Sie werden als Industrie- phenylzinnverbindungen bis 1985 als zu- ten nicht zu erwarten. Die so aufgenomme- reiniger, Bohr- und Flotationshilfsstoffe, als sätzlicher Wirkstoff in Antifoulings einge- nen Mengen an TBT und TPhT liegen un- Verlaufsmittel in der Fotoindustrie sowie als setzt wurden, seither jedoch nicht mehr terhalb der von der Weltgesundheitsorga- Lösungsvermittler und Benetzungsmittel in (UMWELTBUNDESAMT 1999). nisation WHO als kritisch angesehenen Ta- technischen Prozessen überwiegend in Auf Basis von Literaturdaten wurde die gesdosen. Form wässriger Lösungen angewendet toxikologische und ökotoxikologische Re- Zusammenfassend lassen die Ergeb- und gelangen daher über industrielle sowie levanz der gefundenen Organozinnkon- nisse eine Anwendungseinstellung für TBT kommunale Abwässer und die jeweiligen zentrationen in den marinen Proben be- als Wirkstoff in Antifoulinganstrichen als Kläranlagen in die aquatische Umwelt. Ein- wertet. Mittels der Biokonzentrationsfakto- notwendig erscheinen, um Populationen träge in die Nord- und Ostsee erfolgen vor- ren (BCF) für Miesmuscheln können die empfindlicher Organismen in den marinen wiegend über die großen Flüsse. maximalen Wasserkonzentrationen für die Ökosystemen zu schützen. Eine weltweite Durch Abbauprozesse entstehen aus Nordsee mit etwa 2,0–4,0 ng/L für TBT Anwendungsbeschränkung von TBT ist für den Alkylphenolethoxylaten die relativ und etwa 3,0 ng/L für TPhT geschätzt wer- 2003 geplant. Die Umweltprobenbank langlebigen, lipophilen Alkylphenoldi- und den. Ab 1,0 ng/L TBT ist mit Effekten bei kann ein Instrument zur Erfolgskontrolle ei- Alkylphenolmonoethoxylate sowie die ent- Phyto- und Zooplanktonarten (ALZIEU ner solchen Maßnahme sein. Hierzu sollten sprechenden Alkylphenole, die persisten- 1996) sowie mit „Imposex“-Effekten in in den nächsten Jahren regelmäßig Aal- ter und lipophiler und für Wasserorganis- Meeresschnecken zu rechnen (GIBBS & muttern und evtl. Miesmuscheln auf ihren men giftiger sind als die Ausgangsverbin- BRYAN 1996). Dagegen wurden negative Gehalt an organischen Zinnverbindungen dungen. Sie sind gut wasserlöslich und Effekte auf die Reproduktion von Austern untersucht werden. werden in Kläranlagen nicht zurückgehal- ten. Von den Alkylphenolen und Alkylphen- olethoxylaten kommen den 4-Nonylverbin- Tabelle 3: Relevanz der Organozinnbelastung mariner Biota für die menschliche Ernährung. dungen und 4-tert.-Octylverbindungen die Angegeben ist die Menge an Nordseefisch oder Muscheln, die von einer Person mit einem Gewicht von 70 kg unbedenklich aufgenommen werden kann; TDI: tolerierbare tägliche Aufnahme. größte wirtschaftliche Bedeutung zu. 4- Nonylphenol wird für die Herstellung von Organozinn- Probe Maximale Gewebe- Unbedenkliche Kunststoffprodukten und Hilfsstoffen so- verbindung konzentration [µg/kg] Menge [kg/d] wie für die Synthese der Nonylphenol- Tributylzinn (TBT als TBTO) ethoxylate verwendet und kann so auch di- rekt in die Umwelt eingetragen werden TDI 0,25 µg/kg*d Miesmuscheln 21 0,8 (STAPLES et al. 1998). (WHO 1993) Aalmutter 22 0,8 In Deutschland besteht seit 1986 eine Triphenylzinn (TPhT) freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie zum Verzicht auf Alkylphenolethoxylate in TDI 0,5 µg/kg*d Miesmuscheln 98 0,4 Haushaltswaschmitteln und -reinigungs- (WHO/FAO 1971) Aalmutter 60 0,6 mitteln, die 1992 auf industrielle Reini-

50 10 g Abbildung 10: 4-No- onsfaktoren für Alkylphenole und Alkyl- Eckwarderhörne Lister Hafen/ Darßer Ort nylphenol in Miesmu- Königshafen phenolmonoethoxylate die durchschnittli- scheln (Jahreshomoge- nate) von Probeflächen chen Wasserkonzentrationen ab, denen in Nord- (Links, Mitte) die marinen Organismen während ihrer und Ostsee (Rechts). Entwicklung ausgesetzt waren, so liegen 5

g/g FG diese Werte deutlich unterhalb der Kon- µ zentrationen, die in Testsystemen toxische oder hormonelle Wirkungen erzeugen. Da aber Messwerte über die Gewebekonzen-

0 trationen von Alkylphenolen und Alkylphe- nolmonoethoxylaten in diesen Testsyste- 19851986198819901992 1994 1996 1986198819901992 1994 1996 1992 1994 1996 men fehlen, ist eine Bewertung der in den marinen Proben nachgewiesenen Konzen- gungsmittel und Anwendungen erweitert halt von 5,2 µg/kg Frischgewicht festge- trationen zur Zeit nur eingeschränkt mög- wurde, soweit diese dem Waschmittelge- stellt (Abbildung 10). lich. setz von 1975 oder dem Anhang von 1987 Miesmuscheln des schleswig-holsteini- Die zeitlichen Trends der 4NP und unterliegen. Durch diese Vereinbarung schen Wattenmeeres (Probenahme süd- 4tOP-Verbindungen sollten in Zukunft wei- wurde der Einsatz von APEO in Reini- lich Lister Hafen/Königshafen) waren Ende ter verfolgt werden. Dazu wurde vorge- gungsmitteln von 1986 bis 1997 um etwa der 80er Jahre deutlich geringer mit Alkyl- schlagen, zumindest Analysen von Mies- 85 Prozent gesenkt (UMWELTBUNDES- phenolen kontaminiert als die Muscheln muscheln und Aalmuttern auf 4-Nonylphe- AMT 1999). des Niedersächsischen Wattenmeeres. nol und 4-tert-Octylphenol in das Routi- Das Untersuchungsprogramm umfass- Auch hier konnte eine leichte Abnahme der neprogramm der Umweltprobenbank auf- te Proben von Blasentang, Miesmuschel, Belastung von 1986 auf 1990 beobachtet zunehmen. Aalmutter und Silbermöweneiern der Jahre werden. Seit 1992 stiegen allerdings die 1985 bis 1998. Nach Extraktion mit einem 4NP-Gehalte wieder leicht an. 1996 wur- organischen Lösungsmittel und Aufreini- den mit 4,5 µg/kg 4NP Konzentrationen in Literatur gung der Extrakte erfolgte die analytische der gleichen Größenordnung wie 1988 ALZIEU, C. (1996): Biological effects of tributyl- Bestimmung der silylierten Zielverbindun- nachgewiesen. tin. – In: S. J. DE MORA (Hrsg.): Tributyltin: case gen 4-Nonylphenol (4NP), 4-Nonylphenol- Miesmuscheln aus dem NP Vorpom- study of an environmental contaminant. Cam- monoethoxylat (4NP1EO), 4-tert.-Octyl- mersche Boddenlandschaft (Darßer Ort) bridge University Press, Cambridge: 167–211. phenol (4tOP) und 4-tert.-Octylmono- sind deutlich geringer mit 4-Nonylphenol BENNETT, R. F. (1996): Industrial manufacture ethoxylat (4tOP1EO) mittels Gaschroma- belastet als die Proben aus dem Nord- and applications of tributyltin compounds. – In: tografie-Massenspektrometrie-Kopplung. seeküstenbereich; zwischen 1992 und S. J. DE MORA (Hrsg.): Tributyltin: case study of Insgesamt lagen die Gehalte der Alkyl- 1996 wurden Gehalte um 3,0 µg/kg Frisch- an environmental contaminant. – Cambridge phenole und Alkylphenolmonoethoxylate gewicht bestimmt. University Press, Cambridge: 21–61. in den marinen Proben relativ niedrig. Die Von den untersuchten marinen Proben- GIBBS, P. E. & G. W. BRYAN (1996): TBT-indu- Konzentrationen von 4NP und 4tOP waren arten waren die Miesmuscheln am höch- ced imposex in neogastropod snails: masculi- in den meisten Proben höher als die der sten belastet. Vergleichsanalysen von nization to mass extinction. In: S. J. DE MORA entsprechenden Monoethoxylate. Der be- Brassenmuskulatur und Dreikantmuscheln (Hrsg.): Tributyltin: case study of an environ- schriebene Verwendungsrückgang lässt aus den limnischen Probenahmegebieten mental contaminant. – Cambridge University sich anhand der Untersuchungen archi- der Umweltprobenbank zeigen, dass Pro- Press, Cambridge: 212–236. vierter Miesmuschelproben aus dem Nord- ben aus Fließgewässerökosystemen oft JOBLING, S. & J. P. SUMPTER (1993): Deter- seeküstenbereich allerdings nicht nach- deutlich höher mit Alkylphenolen und gent components in sewage effluent are weakyl vollziehen. Zwar sank die Konzentration Alkylphenolmonoethoxylaten belastet sind estrogenic to fish: an in vitro study using rain- von 4NP in Miesmuscheln des Nieder- als marine Proben. Die höchsten Konzen- bow trout hepatocytes. – Aquatic Toxicol. 27, sächsischen Wattenmeeres (Eckwarder- trationen mit 324 g/kg 4NP1EO und 112 361–372. hörne) zwischen 1985 und 1992 von 9,7 g/kg 4NP wurden in Brassenmuskulatur MAGUIRE, R. J. (1996): Occurrence, fate and auf 3,5 µg/kg Frischgewicht; in den folgen- aus der Saar bei Güdingen gefunden (An- toxicity of tributyltin. – In: S. J. DE MORA (Hrsg.): den Jahren wurden aber schwankende gaben für 1994, bezogen auf das Frischge- Tributyltin: case study of an environmental con- Konzentrationen mit steigender Tendenz wicht). taminant. Cambridge University Press, Cam- nachgewiesen. 1996 wurde wieder ein Ge- Schätzt man mittels der Biokonzentrati- bridge: 94–138.

51 OEHLMANN, J., I. IDE, B. BAUER, B. WATER- STACHEL, B., H. REINCKE, J. KUBALLA, ganotin Compounds in the Marine Mussels My- MANN, U. SCHULTE-OEHLMANN, S. LIEBE, P. E. JANTZEN, M. HEMPEL (1996): Bio- tilus graynus and Mytilus edulis under Natural FIORONI (1998): Erfassung morpho- und histopa- akkmulation von Organozinnspezies in Conditions. Journal of Agricultural Food Chemi- thologischer Effekte von Organozinnverbindungen Elbe-Brassen. Poster auf dem 7. Magdebur- stry 46: 304–313. auf marine Mollusken und Prüfung ihrer Verwend- ger Gewässerschutzseminar vom 22.–25. barkeit für ein zukünftiges biologisches Effekt- Oktober 1996 in Budweis, Tschechische Repu- UMWELTPROBENBANK DES BUNDES (1996): monitoring. – Texte 46/98, Umweltbundesamt, blik. Verfahrensrichtlinien für Probenahme, Trans- Berlin. port, Lagerung und chemische Charakterisie- STAPLES, C. A., J. WEEKS, J. F. HALL, C. G. rung von Umwelt- und Human-Organproben. – RÜDEL, H., W. BÖHMER, H.-J. BRUCKERT, P. NAYLOR (1998): Evaluation of aquatic toxicity Umweltbundesamt, Berlin, Erich Schmidt Ver- LEPPER, H. SOHN, J. STEINHANSES, A. WEN- and bioaccumulation of C8- and C9-alkylphenol ZEL (1999): Verfolgung von Umweltbelastungen ethoxylates. Environ. Toxicol. Chem. 17: lag. durch Alkylphenole, Bisphenol A und organische 2470–2480. Zinnverbindungen in repräsentativen Umweltpro- UMWELTBUNDESAMT (1999): Schwerpunkte ben – Methodische Entwicklungen und aktuelles SUZUKI, T, I. YAMAMOTO, H YAMADA, N KA- der Umweltprobenbank, Archiv für ein retro- sowie retrospektives Monitoring. – Forschungs- NIWA, K KONDO, M MURAYAMA; (1998): Ac- spektives Monitoring – Ausgewählte Ergeb- bericht 297 63 155, Umweltbundesamt, Berlin. cumulation, Metabolism, and Depuration of Or- nisse. www.umweltbundesamt.de.

52 Das Algenfrüherkennungssystem (AlgFES) des Landes Schleswig-Holstein Jeanette Göbel

Seit 1989 werden im Rahmen des Algen- ein, um eine kurzfristige Prognose über die dophyceen Herterosigma sp., Chattonella früherkennungssystems die Küstenge- zukünftige Entwicklung geben zu können. spp. und Fibrocapsa japonica sowie der wässer Schleswig-Holsteins beprobt (Ab- Besondere Berücksichtigung finden dabei Dinoflagellaten Ceratium massiliense und bildung 1) und die qualitative und quantita- die blütenbildenden und giftigen Mikro- Dinophysis sp. tive Zusammensetzung der Mikroalgenge- algenarten. Mit Strömungen aus Nordwesten und meinschaften analysiert. Neben den oben genannten Schwer- besonders Südwesten (aus Richtung Ein Teil der festen Stationen in Nord- punkten Mikroalgenmonitoring und Bade- Englischem Kanal) werden immer wieder und Ostsee gehört zum Bund-Länder- wasserqualität werden die Ergebnisse auch Arten in das Wattenmeer eingetra- Messprogramm (BLMP) und wird ganz- über das Vorkommen bestimmter giftiger gen, die dort in den Folgejahren zwar keine jährig beprobt. Mikroalgen, besonders während Spät- Algenblüten verursachen, aber saisonaler Die Beprobungen im Rahmen des Al- sommer und Herbst, von den Veterinär- Bestandteil des Artenspektrums werden. genfrüherkennungssystems finden in ei- und Gesundheitsämtern als Zusatzinfor- Dazu gehören beispielsweise die Dino- nem engeren zeitlichen Rahmen, nämlich mationen für die Muscheluntersuchungen flagellaten Gyrodinium cf. aureolum, von April bis Oktober vierzehntägig (Nord- genutzt. Gymnodinium chlorophorum, Prorocen- see) oder wöchentlich (Ostsee) statt. Die Der Vergleich der jährlich vorkommen- trum triestinum, die Diatomee Campylo- Ergebnisse, die im Zeitraum April bis Sep- den Arten unterliegt in den Küstengewäs- discus sp. und der Flagellat Fibrocapsa tember vorliegen, werden im Algenreport sern von Nord- und Ostsee einer hohen japonica. dargestellt, jeweils wöchentlich alternie- Variabilität. Es ist nicht auszuschließen, dass einige rend für Nordsee und Ostsee. Der Algen- Das erklärt sich daraus, dass in das Arten mit Ballastwasser erstmals in die report wird versandt an zuständige Äm- Wattenmeer der Nordsee und in die Kü- Nordsee gelangten, insbesondere Arten ter, Ministerien, meereskundliche Institute stengewässer der Ostsee fortlaufend Was- aus eutrophierten Küstengewässern ande- und alle öffentlichkeitswirksamen Einrich- serkörper aus der Deutschen Bucht bezie- rer Länder (NEHRING 2001; ROSENTHAL tungen wie Kurverwaltungen, Natur- hungsweise aus der offenen Ostsee einge- pers. Mittlg.). schutzvereine, Infozentren und Schutzsta- tragen werden und damit auch die ent- Das Vorkommen giftiger Mikroalgen tionen. Im Algenreport wird unter der „aktu- sprechenden Mikroalgenarten. (zum Beispiel: Dinophysis spp., Alexan- ellen Situation“ das derzeitige Planktonvor- In der Nordsee wird dieses besonders drium spp., Pseudo-nitzschia pseudodeli- kommen beschrieben und im Hinblick auf an der Verdriftung von Algenblüten in das catissima) ist seit langem bekannt. Bis auf den möglichen Einfluss auf die Badewas- Wattenmeer deutlich. Die Vermehrung der die Gifte von Dinophysis in Miesmuscheln serqualität bewertet. Mikroalgen wird in den stark turbiden, sind in den schleswig-holsteinischen Ge- In die Bewertung fließen auch die Er- sedimenthaltigen Wattenmeergewässern wässern jedoch noch keine weiteren gebnisse der vorherigen Probenahmen gestoppt, und es kommt zu einer rapiden Giftarten im Zusammenhang mit dem Vor- Zellzahlenabnahme innerhalb weniger kommen der potentiell toxischen Arten Tage. Dazu zählen Algenblüten der Raphi- nachgewiesen worden. Neu ist seit 1998 das Auftreten einer großflächigen Algen- blüte der Raphidophyceae Chattonella spp., die in Südnorwegen einen erhebli- chen Anteil der Zuchtlachse vergiftete. Ob- OSTSEE wohl die Mikroalgen im Jahr 2000 erneut großflächig blühten, wurde kein Fischster- ben beobachtet (dafür aber im April 2001 in Südnorwegen: 680 t Zuchtlachs, TAN- GEN, pers. Mittlg.). Es ist davon auszuge- NORDSEE hen, dass sich diese Mikroalge in den Nordseegewässern angesiedelt hat und auch in Zukunft eine ungewöhnlich großräumige Algenblüte in der kalten Jah- reszeit April bis Anfang Mai ausbilden wird. Durch wolkenfreies Wetter konnten Ort g Abbildung 1: Lage der und Ausbreitung der Algenblüte sehr gut Probenahmestellen für auf Satellitenbildern verfolgt werden (Abbil- das Algenfrüherken- nungssystem AlgFES. dung 2).

53 g Abbildung 2: Links: sie in die Küstengewässer gelangen kön- lichtmikroskopische Auf- nen: der Dinoflagellat Ceratium tripos, die nahmen von Chattonella- Zellen, Zelllänge 20-30 Arten der Gattung Pseudo-nitzschia (teil- µm. Die zweite Zelle von weise potentiell toxisch), die potentiell toxi- unten ist ein unbekannter Flagellat. schen fädigen Blaualgen Nodularia spumi- Rechts: Satellitenbild der gena, Anabaena spp. und die in unseren Chlorophyllverteilung der Chattonella-Blüte (bear- Gewässern bislang ungiftige Aphanizome- beitet und überlassen non sp. sowie der potentiell toxische Fla- von M. Hetscher, DLR, Berlin). gellat Chrysochromulina polylepis. Die po- tentiell giftige Dinoflagellatengattung Dino- physis ist in der Ostsee relativ häufig, spielt jedoch für Schleswig-Holstein keine wei- tere Rolle, da es hier keine kommerzielle Muschelernte gibt.

Literatur

GÖBEL, J. (1996): Kleine Algen – Große Wir- kung. – In: Landesamt für Natur und Umwelt (Hrsg.): Jahresbericht 1996, Flintbek: 27–30.

HORSTMANN, U. (1998): Tracing a toxic algal bloom of Chattonella around southern Norway and West of Juetland, using MOS and SeaWiFs satellite data. – 2nd International Workshop on MOS-IRS and Ocean Colour, 1998, ed. by Space Sensor Technology, DLR: 303–311. Auch in den Küstengewässern der Ost- spiel die Dinoflagellaten Prorocentrum mi- see unterscheiden sich Algenblüten der nimum, Prorocentrum balticum, Hetero- NEHRING, S. (2001): Ästuare: Das Habitat für Küstengewässer, insbesondere die der in- capsa triquetra und Heterocapsa minima, eingeschleppte Makroinvertebraten. – In: Lan- desamt für den Nationalpark Schleswig-Holstei- neren Förde- und Buchtenbereiche, von die Diatomee Skeletonema costatum und nisches Wattenmeer (Hrsg.): Wattenmeermoni- denen der offenen Ostsee. Mikroalgen- der kleine Flagellat Chrysochromulina par- toring 2000. – Schriftenreihe des Nationalparks arten, deren Algenblüten auf die Fördebe- keae. Folgende Arten verursachen Algen- Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Sonder- reiche beschränkt bleiben, sind zum Bei- blüten in der offenen Ostsee, auch wenn heft, Tönning: 12–17.

54 Algen und Seegras: grüne Matten und Wiesen im Watt Karsten Reise

2000). Weitere Untersuchungen sind not- 60 Einführung wendig, um zu klären, warum die Seegrä- ser bisher nur im südlichen Wattenmeer Im Wattenmeer waren Grünalgen von nur vom dramatischen Rückgang der Be- 2 30 geringer Bedeutung im vergangenen Jahr- stände erfaßt wurden und weiter nördlich km hundert, bis sie erstmals vor zwanzig Jah- nicht. ren in großen, zusammenhängenden Mat- ten auftraten. Zehn Jahre später erfolgte Methodik 0 eine zuvor nie beobachtete Massenent- Juni Juli August wicklung. Grünalgen bedeckten mehr als Grünalgen und Seegras wurden durch f Abbildung 1: Watt- und dichten (>50 % Be- 15 Prozent der Wattflächen und die über- Kartierungen vom Flugzeug erfaßt. Dreimal flächen in Schleswig- deckung; dunkel) Matten von Grünalgen im Som- deckte Bodenfauna starb durch Mangel an wird im Sommer das gesamte Wattgebiet Holstein mit lockeren (1–50% Bedeckung; hell) mer 2000. Sauerstoff ab (REISE 1983; REISE & SIE- bei Niedrigwasser überflogen. Drei Beob- BERT 1994). Dieses Massenvorkommen achter sind an Bord und tragen Ausdeh- wiederholte sich über drei Sommer und die nung und Bedeckungsgrad von Algenmat- Flächenausdehnung von Watten mit Grünalgenmenge blieb auch danach auf ten und Seegraswiesen auf Karten ein. Grünalgen. Dieser Anstieg setzte sich aber relativ hohem Niveau, so dass ein erneutes Wesentliche Fehlerquelle ist dabei die nicht 2000 nicht fort (51 km2). Auf drei Test- Massenvorkommen jederzeit möglich er- immer mögliche Unterscheidung zwischen flächen wurde die Biomasse der Grünalgen scheint. Die Ursache dieser auch an ande- Grünalgen und Seegras aus der Luft, zu- seit 1991 bestimmt. Auf zweien davon ren Küsten beobachteten ‘Green Tides’ mal diese auch gemischt auftreten können. spiegelte sich die Entwicklung im Gesamt- sind erhöhte Nährstoffeinträge (FLET- Die Biomasse der Grünalgen wird auf drei gebiet gut wieder: ein massenhaftes Auf- CHER 1996). Testflächen im Königshafen bei Sylt über treten Anfang der 90er Jahre, danach eine Im Gegensatz zu den Grünalgen sind den gesamten Jahresgang seit 1991 er- Abnahme und schließlich 1999 und 2000 die Bestände der Seegräser rückläufig. mittelt. wieder etwas mehr Grünalgen. Dabei sind im Wattenmeer zwei Phasen zu Die Kartierungen vom Flugzeug und die unterscheiden. Vermutlich ausgelöst durch Grünalgen Bestimmung der Biomasse zeigen über- eine klimatische Anomalie in den 30er Jah- einstimmend, dass das Aufkommen der ren, befiel der Protist Labyrinthula zosterae Die meisten Grünalgen wurden im Sommer Grünalgen weiterhin erhöht ist. Dies wäre das Seegras an den Küsten des Nordatlan- 2000 nördlich der Halbinsel Eiderstedt be- auch bei den nach wie vor hohen Stick- tiks (HARTOG 1996). Davon erholten sich obachtet, wo sich 84 Prozent der Algen- stoffeinträgen in das Küstenwasser der die Seegrasbestände im Wattenmeer im matten befanden. Ausgedehnte Vorkom- Nordsee zu erwarten. Für das Auftreten Bereich der Niedrigwasserzone und dar- men zeigten sich in der Meldorfer Bucht einer Massenentwicklung wie Anfang der unter nie wieder. Nur die im oberen Gezei- und zwischen Nordstrand und den 90er Jahre bedarf es offenbar außer des tenbereich überlebten. In einer zweiten Außensänden. Kartiert wurde in den Mo- Stickstoffs eines Zusammentreffens meh- Phase seit den 70er Jahren, nehmen nun naten Juni, Juli und August, wobei die rerer Bedingungen. Dazu gehören eine auch diese Bestände ab. Zuerst erfolgte meisten Algen im August festgestellt wur- hohe Sonneneinstrahlung und hohe Was- ein allmählicher Rückgang der Seegras- den (Abbildung 1). Im Vorjahr lag das saiso- sertemperatur, wenig Seegang, ausrei- wiesen im niederländischen, dann im nie- nale Maximum im Juli. Überwiegend waren chend Möglichkeiten der Anheftung und dersächsischen Wattenmeer. Das nörd- es lockere Algenmatten mit einer Be- Verankerung für die Algen im Wattboden liche Wattenmeer scheint bisher nicht be- deckung des Wattbodens zwischen einem und nicht zu viele algenfressende Tiere. troffen zu sein. Vermutet wird, dass die an und 50 Prozent. Nur auf etwa neun km2 Das ist wohl eine nicht häufige Koinzidenz, nährstoffarme Küstengewässer angepaß- Fläche wurden kompakte Algenmatten be- aber so lange die Nährstoffeinträge hoch ten Seegräser bei den heutigen Verhältnis- obachtet, die mehr als 50 Prozent Be- sind, kann sich eine Massenentwicklung sen im Wattenmeer geschwächt sind, ent- deckung des Wattbodens erreichten. Das wie von 1989 bis 1992 wiederholen. weder direkt durch hohe Ammoniumkon- ist weniger als ein Prozent der gesamten zentrationen (KATWIJK et al. 1997) oder in- Wattfläche im Nationalpark und kann da- Seegras direkt durch die deshalb verstärkt wach- her als geringfügig angesehen werden. senden Kleinalgen auf den Seegrasblät- Erstmals seit Beginn des regelmäßigen Vom Flugzeug aus wurde im Sommer 1998 tern (PHILIPPART 1994; SCHANZ et al. Algenmonitoring mit gleichbleibender Me- eine Fläche von 51 km2 für den gesamten 2000). Andere Faktoren gelten aber eben- thodik, ab 1995, gab es im vergangenen Seegrasbestand im Wattenmeer ge- falls als wahrscheinlich (ASMUS & ASMUS Jahr mit 64 km2 wieder einen Anstieg in der schätzt. Das entspricht etwa einem Pro-

55 Ostfriesland Elbe - Jade kungen im Bestand von Z. noltii gering lichen Wattenmeer die Seegraswiesen dra- Niederlande sind. Das gleichzeitige Massenvorkommen matisch abgenommen haben, während Dänemark der Grünalgen könnte 1991 auch zu einem dies nördlich von Eiderstedt bisher nicht Fehler in der Abschätzung der Fläche bei- der Fall ist, kann nicht erklärt werden. Dazu getragen haben. wäre es hilfreich, eine umfassende Bege- Die Flächenangaben von Seegrasbe- hung im nordfriesischen Wattenmeer vor- Nordfriesland ständen gelten nur für dichte Wiesen. Aus zunehmen, um den Zustand der Seegräser der Luft kann verstreuter Bewuchs nicht zu protokollieren und mit dem der Seegrä- d Abbildung 2: Von den f Abbildung 3: Nordfrie- 51 km2 Seegraswiesen sische Wattflächen mit erfaßt werden und eine Unterscheidung ser weiter im Süden vergleichen zu kön- im gesamten Watten- Seegras nach Befliegun- der beiden Arten ist auch nicht möglich. nen. meer befanden sich im gen im August oder Sep- August 1998 drei Viertel tember zwischen 1978 Gerade weil sich zwischen Eiderstedt und im nordfriesischen Teil. und 2000. Sylt das größte Vorkommen der Seegräser Literatur 70 im Wattenmeer befindet, wäre es notwen- ASMUS, H. & ASMUS, R. (2000): ECSA-work- dig, diese Wiesen einmal durch Begehun- shop on intertidal seagrass beds and algal mats: gen gründlich zu kartieren. Dies würde der organisms and fluxes at the ecosystem level. – Helgol. Mar. Res. 54: 53–54. 2 Kontrolle von Flugkartierung dienen, 35 km könnte die zwei Seegrasarten gesondert FLETCHER, R. L. (1996): The occurrence of und sicher getrennt von Grünalgen auf- „green tides“ – a review. – In: SCHRAMM & führen sowie Angaben über den Zustand NIENHUIS (Hrsg.): Marine benthic vegetation. – 0 der Seegräser liefern. In der Vergangenheit Ecological Studies, Springer-Verlag 123: 7–43. gelang es wegen der weiten Wege bisher 1978 1991 1994 1996 1998 2000 HARTOG, C. DEN (1996): Sudden declines of noch nie, in einem Sommer sämtliche See- seagrass beds: „wasting disease“ and other di- graswiesen Nordfrieslands zu erfassen. sasters. – In: KUO, J. et al. (Hrsg.) Seagrass bio- zent der ganzen Wattfläche. Rund drei Neben der Inventur könnte auch ein Ver- logy: proceedings of an international workshop. Viertel befinden sich in Nordfriesland (Ab- gleich mit den rückläufigen Seegraswiesen – Rottnest Island, Western Australia. Univ. of Western Australia, Nedlands: 307–314. bildung 2). Große Seegraswiesen sind folg- im südlichen Wattenmeer Hinweise liefern, lich eine Besonderheit des schleswig-hol- warum im Norden die Entwicklung anders KATWIJK, M. M. VAN, VERGEER, L. H. T., steinischen Wattenmeeres. Nur im däni- verläuft als im Süden. SCHMITZ, G. H. W., ROELOFS, J. G. M. (1997): schen Wattenmeer ist der Flächenanteil Ammonium toxicity in eelgrass Zostera marina. – Mar. Ecol. Prog. Ser. 157: 159–173. ähnlich hoch wie zwischen den nordfriesi- Schlussbetrachtung schen Inseln. PHILIPPART, C. J. M. (1994): Eutrophication as Im Sommer 2000 wurde die Wattfläche Bei den Grünalgen setzte sich der Anstieg a possible cause of decline in the seagrass Zo- mit Seegraswiesen im nordfriesischen Be- von 1999 im Sommer 2000 nicht weiter stera noltii of the Dutch Wadden Sea. – Kononk- lijke Bibliothek, Den Haag: 157 S. reich auf insgesamt 49 km2 geschätzt (Ab- fort. Die von 1989 bis 1992 beobachteten bildung 3). Gegenüber der ersten Beflie- Massen wurden bisher nicht wieder festge- REISE, K. (1983): Sewage, green algal mats an- gung im Sommer 1978 ist keine wesentli- stellt, aber der Wattflächenanteil mit chored by lugworms and the effect on Turbella- che Veränderung festzustellen. Der hohe Grünalgen blieb höher als dies früher der ria and small Polychaeta. – Helgoländer Mee- Wert in 1991 fällt nach Beobachtungen am Fall war. Die Flugkartierung der Grünalgen- resunters. 36: 151–162.

Boden mit einem hohen Anteil der Art Zo- matten ist geeignet, Folgen der weiterhin REISE, K. & SIEBERT, I. (1994): Mass occur- stera marina zusammen. Dieses Seegras überhöhten Nährstoffeinträge in die Nord- rence of green algae in the German Wadden breitet sich im Watt vorwiegend über Sa- see für das Benthos der Watten zu doku- Sea. – Dt. Hydrogr. Z. Suppl. 1: 171–180. men aus, während sich Z. noltii meistens mentieren. SCHANZ, A., POLTE, P., ASMUS, H., ASMUS, nur vegetativ ausbreitet. Entsprechend ist Erfreulich ist der starke Seegrasbestand R. (2000) Currents and turbulence as a top- das Vorkommen von Z. marina von Jahr zu in Nordfriesland, der auch im August 2000 down regulator in intertidal seagrass communi- Jahr sehr variabel, während die Schwan- festgestellt werden konnte. Warum im süd- ties. – Biol. Mar. Medit. 7: 278–281.

56 Flächenentwicklung der Festlandsalzwiesen in Schleswig-Holstein Martin Stock, Sabine Gettner, Jörn Kohlus & Hartmut Stumpe

im Rahmen des Vorlandmonitoring (HOF- meter unterhalb der mittleren Tidehoch- Einleitung STEDE & SCHIRMACHER 1996). Eine de- wasserlinie. Dieser Bereich wird überwie- taillierte Beschreibung der Erhebungsme- gend von Watt-Queller und Schlickgras be- Salzmarschen bedecken an der schles- thode ist in der genannten Literatur zu fin- siedelt. Mancherorts treten auch Vegeta- wig-holsteinischen Westküste eine Ge- den. Die Vegetationsdaten wurden digitali- tionskomplexe mit Arten der unteren samtfläche von über 10.000 Hektar. Die siert und in einem Geographischen Infor- Salzwiese auf. Kartiert wurden Pflanzenbe- meisten Salzmarschen liegen vor der Fest- mationssystems (ARC-INFO) verarbeitet. stände des bestandsbildenden Schlickgra- landsküste und sind dem Typ schlickreiche Topographische Grundlage sind digitale ses (Spartina anglica) mit einer Deckung Vorlandsalzwiese (DIJKEMA 1987) zuzu- Karten auf Basis der Deutschen Grund- von zehn bis 40 Prozent und größer. Das ordnen. Das Gros der Flächen liegt im Na- karte (1:5.000) sowie Luftbildauswertun- Vorkommen von weiteren Arten wurde ab tionalpark. Etwa 40 Prozent der Salzmar- gen. Korrekturen wurden jeweils anhand einer Bedeckung von fünf Prozent erfasst. schen an der Westküste werden nicht der aktuellen CIR-Luftbilder vorgenom- Die Vorlandzone beginnt in Höhe der mehr beweidet. Gemäß der Nationalpark- men. mittleren Tidehochwasserlinie und ist ge- zielsetzung kann sich hier die Vegetation Die Ansprache der Vegetationsgesell- kennzeichnet durch eine weitgehend ge- wieder den jeweiligen Standortbedingun- schaften erfolgte in beiden Kartierungen schlossene Vegetation. Lediglich die tiefer gen entsprechend entwickeln. In den still- nach dem von Braun-Blanquet (1964) be- liegenden Bereiche im Übergang zur Pio- gelegten Salzmarschen ist die ehemals gründeten Kennartenprinzip. Die Zuord- nierzone zeigen eine lückige Vegetati- flächig betriebene Entwässerung einge- nung und Benennung der Einheiten folgt onsdecke. Charakaterische Einheit der un- stellt worden. Vorlandsicherungsarbeiten SCHAMINÉE et al. (1998). Die Flächenbi- teren Salzwiese ist bei Beweidung der An- in Form von Lahnungsbau finden im über- lanzierung richtet sich nach der Unterglie- delrasen. Neben Andel traten Vorland- wiegenden Teil weiterhin statt. Unter güns- derung der Salzmarschen von HÄLTER- Queller (Salicornia ramosissima) und tigen Sedimentationsverhältnissen ist so- LEIN et al. (1991), um einen Flächenbezug Strandsode (Suaeda maritima) in großer mit ein Flächenwachstum der Salzmarsch zu Brut- und Rastvogeldaten zu gewährlei- Deckung auf. In den unbeweideten Andel- im Übergangsbereich vom Land zum Meer sten. rasen erreichten beweidungsempfindliche zu erwarten. Veränderungen in der Salzwiesenfläche Arten wie Strand-Aster (Aster tripolium) zu- Der Erfassung von Flächengrößen und zwischen den beiden Kartierungsjahren nehmend mehr Deckung. An geeigneten landwirtschaftlicher Nutzung (STOCK 2000) 1988 und 1996 wurden auf die Flächen- Standorten innerhalb der unteren waren ebenso wie der exemplarischen Be- größe des jeweiligen Gebietes aus dem Salzwiese siedelte sich in den unbeweide- schreibung der Vegetationstypen und -zo- Ausgangsjahr bezogen. Damit wurde ein ten Bereichen Portulak-Keilmelde (Atriplex nierung am Beispiel der Hamburger Hallig Bezug zur Gesamtfläche des Gebietes portulacoides) an und begann stellenweise (GETTNER et al. 2000, STOCK et al. 2000) hergestellt. das Erscheinungsbild zu prägen. bereits früheren Veröffentlichungen gewid- Bei der Analyse der realen Flächenver- Höher aufgelandete Flächen der Vor- met. In diesem Beitrag wird die Flächen- änderung der Salzwiesenvegetation in den landzone wurden je nach Beweidung von entwicklung der Salzwiesenvegetation an einzelnen Gebieten wurde zwischen der Rotschwingel- oder Bottenbinsenrasen, der Festlandsküste von Schleswig-Hol- Pionierzone (Anwachs) und der Vorland- Strand-Wermut- oder Queckenbestän- stein zwischen 1988 und 1996 vorgestellt. zone entsprechend Vorlandmanagement- den, in brackwasserbeeinflussten Ästua- konzept (HOFSTEDE & SCHIRMACHER ren von Schilfröhrichten geprägt. Methode 1996) unterschieden. Quellerbestände wurden bei der Bilanzierung in der Pionier- Ergebnisse Ausdehnung und Vegetationsbedeckung zone nicht berücksichtigt, da sie im ersten der Salzwiesen wurden auf der Grundlage Erhebungsjahr nicht erfasst wurden. Gesamtbilanz von Color-Infrarot-Luftbildern im Maßstab In der Pionierzone beginnt die Ansied- Als Ergebnis der ersten flächendeckenden 1:5.000 oder 1:10.000 ermittelt, die im Tur- lung von Salzwiesenarten etwa 40 Zenti- Kartierung der Salzwiesenvegetation an nus von fünf Jahren aufgenommen wer- den. Im Folgejahr der Befliegung wird eine Tabelle 1: Flächenbilanz der Salzwiesenvegetation in den Vorländern der schleswig-holsteinischen Westküste (Werte gerundet). Kartierung der Vegetation durchgeführt. Eine erste flächendeckende Kartierung Gebiet 1988 1996 fand nach Gründung des Nationalparks Festland Dithmarschen 2.400 2.700 1988 statt (HAGGE 1989). Die erste Wie- Festland Nordfriesland 3.700 4.100 derholung der Vegetationskartierung er- Gesamt 6.100 6.800 folgte 1996 (GETTNER & HEINZEL 1997)

57 g der Festlandküste von Schleswig-Holstein ha -10 0 10 20 30 40 50 60 Abbildung 1: Entwick- lung der Salzwiesenve- im Jahr 1988 resultiert eine Gesamtfläche Rickelsbüller Koog getation an der Festland- Lübke-Koog Nord von rund 6.100 Hektar. küste von Nordfriesland. Lübke-Koog Süd Dargestellt sind die je- Die erste Wiederholungskartierung im Marienkoog weiligen Zuwächse oder Galmsbüllkoog Jahr 1996 erbrachte eine Gesamtfläche Verluste der Vegetation Osewoldter Koog (in ha) in den einzelnen von rund 6.800 Hektar. Dies entspricht ei- Sönke-Nissen-Koog Nord Vorlandabschnitten nem Zuwachs der Salzwiesenvegetation Hamburger Hallig (nach HÄLTERLEIN et al. Sönke-Nissen-Koog Süd von zehn Prozent innerhalb von acht Jah- 1991). Der Anteil der Süderhafen Südwest Pionier- und der Vorland- ren (Tabelle 1). Bezogen auf die Vorland- Süderhafen Nordost zone sind getrennt abge- salzwiesen am Festland lag der Zuwachs in Nordstrander Damm bildet. Die dunkel unter- Schobüll legten Vorlandabschnitte Dithmarschen mit 11,0 Prozent geringfügig Porrenkoog - Dockkoog kennzeichnen Vorländer, über dem in Nordfriesland mit 9,8 Prozent Husum Süd in denen in Teilgebieten Simonsberg (ausgenommen die Sandsalzmarschen St. auf Küstenschutzmaß- Ülvesbüller Koog nahmen verzichtet wird. Peter-Ordings). Jordflether Koog Norderheverkoog Ost Norderheverkoog West Veränderungen in den einzelnen Westerhever Vorland Gebieten Tümlauer Bucht St. Peter Nord In den einzelnen Vorlandbereichen wird St. Peter Mitte eine unterschiedliche Entwicklung deut- St. Peter Süd lich. Von den 37 untersuchten Einzelgebie- St. Peter Böhl Ehstenkoog ten zeigten 32 eine positive Flächenbilanz. Grothusenkoog Im nordfriesischen Teil des Wattenmee- Anteil Vorlandzone Anteil Pionierzone res betrug der Zuwachs der mit Salzwie- senvegetation bestandenen Fläche drei bis 46 Hektar (Abbildung 1). Der Anteil der Pio- nier- oder Vorlandzone am Flächenzu- Sedimentationsbilanz oder auf erosive Gesamtbilanz ein Rückgang der Salzwie- wachs variiert von Gebiet zu Gebiet. Mit Kräfte in den vorgelagerten Wattbereichen senvegetation zu verzeichnen. Der Rück- Ausnahme der Sandsalzwiese vor St. Pe- hin. Allein vor dem Uelvesbüller Koog war gang im Osewoldter Vorland fand außer- ter-Ording ist der überwiegende Teil des ein realer Flächenverlust in der Vorland- halb des Vorranggebietes und innerhalb Zuwachses auf eine Ausdehnung der zone durch Erosion zu verzeichnen. Die bestehender Lahnungsfelder statt. Pionierzone innerhalb der Lahnungsfelder Verluste in der Pionierzone vor dem Ose- Vor der Dithmarscher Küste (Abbildung und innerhalb der bestehenden Salzwie- woldter Koog dagegen sind ein Effekt der 2) war in allen Vorlandabschnitten ein Zu- senvegetation zurückzuführen. Vor dem Fahretofter Vordeichung. wachs zu verzeichnen. Der flächenmäßig Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog und dem Die grau unterlegten Vorlandabschnitte größte Zuwachs trat in der Pionierzone des Galmsbüller Koog beruht der Zuwachs auf in Abbildung 1 weisen auf Vorranggebiete Friedrichskooger Vorlandes auf. Vor dem einem Anwachs der Vorlandzone. Auf der für den Naturschutz hin, in denen in Teilbe- nördlichen Teil des Dieksander Kooges war Hamburger Hallig, im Bereich Husum-Süd reichen kein Lahnungsbau mehr betrieben neben der Ausdehnung der Pionierzone und im Simonsberger Vorland sind sowohl wird. In keinem dieser Bereiche war in der auch eine große Ausweitung der Vorland- die Pionierzone als auch die Vorlandzone angewachsen. Im Vorland südlich des Husumer Hafens ist der Salzwiesenzu- 0ha 20 40 60 80 100 wachs auf eine Vegetationsbesiedlung des -Nord dortigen Spülfeldes zurückzuführen. Hedwigenkoog-Süd Im nordfriesischen Wattenmeer wiesen Helmsand fünf Teilgebiete in der Gesamtbilanz einen Friedrichskoog-Vorland Flächenverlust (Pionierzone + Vorland) in Dieksanderkoog-Nord einer Größe von fünf bis zehn Hektar über Dieksanderkoog-Süd Kaiser-Wilhelm-Koog den Zeitraum von acht Jahren auf. In allen g Abbildung 2: Entwick- Neufeld West Fällen ereigneten sich die Flächenverluste lung der Salzwiesenve- Neufeld Ost innerhalb von bestehenden Lahnungsfel- getation an der Festland- küste von Dithmarschen dern. Dies deutet auf eine unzureichende Anteil Vorlandzone Anteil Pionierzone (vgl. Abbildung 1).

58 % -20-100 1020304050607080 g Abbildung 3: Verän- zone festzustellen. Mit Ausnahme der Vor- Rickelsbüller Koog derungen der Salzwie- landbereiche vor dem nördlichen Hedwi- Lübke-Koog Nord senfläche in Relation zur Lübke-Koog Süd jeweiligen Vorlandgröße. genkoog und der Hallig Helmsand ist in al- Marienkoog Galmsbüllkoog len Gebieten ein Anwachs der Pionierzone Osewoldter Vorland von 20 Hektar und mehr im achtjährigen Sönke-Nissen-Koog Nord Hamburger Hallig Untersuchungszeitraum zu bilanzieren. Sönke-Nissen-Koog Süd Süderhafen Südwest Süderhafen Nordost Veränderungen in Relation zur Nordstrander Damm Schobüll Vorlandgröße Porrenkoog - Dockkoog Die Veränderungen in der Salzwiesen- Husum Süd Simonsberg fläche der einzelnen Gebiete weisen keine Uelvesbüller Koog Jordflether Koog Beziehung zur jeweiligen Ausgangsgröße Norderheverkoog Ost der Vorländer auf. Die Zuwächse der Norderheverkoog West Westerhever Vorland einzelnen Flächen schwanken zwischen Tümlauer Bucht zwei und 75 Prozent, die Flächenrück- St.Peter Nord St.Peter Mitte gänge zwischen zwei und 19 Prozent (Ab- St.Peter Süd St.Peter Böhl bildung 3). Die ausgeprägten Zuwächse Ehstenkoog vor dem Rickelsbüller Koog, dem Jord- Grothusenkoog Hedwigenkkog Nord flether Koog und dem Grothusenkoog Hedwigenkoog Süd Helmsand dürften auf intensiven Lahnungsbau in den Friedrichskoog Vorland jeweiligen Gebieten zurückzuführen sein. Dieksanderkoog Nord Dieksanderkoog Süd Vor dem Rickelsbüller Koog ist die Auswei- Kaiser-Wilhelm-Koog tung der Salzwiesenfläche auf die Ausdeh- Neufeld West Neufeld Ost nung der Pionierzone zurückzuführen. Diese wiederum ist eine Folge von intensi- ven Grüpparbeiten bei gleichzeitigem Rückgang der Vorlandzone in dem Gebiet. g Abbildung 4: Verän- Der starke Zuwachs im Vorland südlich von Pionierzone 1988 derungen der einzelnen 1996 Vegetationszonen zwi- Husum ist auf die Besiedlung des dortigen Pionierzone/untere Salzwiese schen 1988 und 1996 in Spülfeldes zurückzuführen. Untere Salzwiese den nordfriesischen Festlandsalzwiesen. Der auffällige Rückgang der Salzwie- Untere Salzwiese/obere Salzwiese senfläche vor dem Porrenkoog und Dock-

Obere Salzwiese koog beträgt 19 Prozent der ehemaligen Vorlandfläche. In diesem Gebiet ist es trotz Brackwasservegetation Lahnungsbau und -unterhaltung aufgrund Dünen und Strandwall erosiver Bedingungen im vorgelagerten ha Wattbereich nicht gelungen, das Vorland 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 mit seiner Anwachszone (Pionierzone) zu halten.

Veränderungen in der Zonierung Pionierzone 1988 1996 Im Bilanzierungszeitraum wurde in Teilen Pionierzone/untere Salzwiese der Festlandsalzwiesen die Beweidung

Untere Salzwiese und die flächenmäßige Entwässerung ein- gestellt. Die Salzwiesenvegetation konnte Untere Salzwiese/obere Salzwiese sich dort entsprechend der standörtlichen Obere Salzwiese Bedingungen entwickeln. Dies hat eine g Abbildung 5: Verän- Brackwasservegetation derungen der einzelnen Veränderung in der Zusammensetzung der Dünen und Strandwall Vegetationszonen zwi- Vegetation und damit der Zonierung zur schen 1988 und 1996 in Folge. Parallel zu dieser Entwicklung ist im ha den Dithmarscher Fest- 200 400 600 800 1.000 1.200 landsalzwiesen. Untersuchungszeitraum die horizontale

59 Ausdehnung der Salzwiesenvegetation drei Küstenbereichen mit Salzwiesenrück- nen Zeitraum von 18 Jahren. Zu berück- vorangeschritten. gang fand dieser innerhalb von bestehen- sichtigen ist bei dieser Bilanz jedoch, dass Sowohl in Nordfriesland als auch in den Lahnungsfeldern statt. Diese Tatsache zwischen der ersten und letzten Erhebung Dithmarschen wird dies in der Zunahme deutet auf ungünstige Sedimentationsbe- Salzwiesenverluste in einer Größenord- der Pionierzone deutlich (Abbildungen 4 dingungen oder auf besonders starke ero- nung von etwa 1500 Hektar durch Eindei- und 5). In beiden Regionen ist annähernd sive Kräfte in den vorgelagerten Wattberei- chungen stattgefunden haben. Eine jährli- eine Verdoppelung der Pionierzone erfolgt. chen hin und hängt nicht mit mangelnden che Zuwachsbilanz kann daher aus dieser Der Anteil der unteren Salzwiese zeigt in Lahnungsarbeiten zusammen (z. B. DI- Datenreihe nicht abgeleitet werden. beiden Betrachtungsräumen einen nahezu JKEMA et al. 1990). Bei der Kartierung von HAGGE (1988) identischen Rückgang in der Fläche. Der In Abbildung 6 sind die vorgestellten ermöglichten deutliche Dominanzverhält- Anteil der oberen Salzwiese nimmt im bei- Ergebnisse in einen größeren zeitlichen nisse in den intensiv beweideten Salzwie- den Regionen zu. Wiederum war die Ände- Zusammenhang gestellt. Die Darstellung sen eine klare Zuordnung zu Pionierzone rung in den Vorländern von Dithmarschen zeigt die Entwicklung der Salzmarsch- oder unterer Salzwiese. Nach Aufgabe der stärker ausgeprägt als in denen von Nord- fläche an der Festlandsküste von Beweidung und der systematischen friesland. Schleswig-Holstein (Vorland- und Pionier- Flächenentwässerung ist es seit 1991 in zone). Unberücksichtig geblieben sind die vielen tiefliegenden Gebieten zu einer stär- Diskussion im Darstellungszeitraum stattgefundenen keren Wassersättigung des Bodens ge- Flächenverluste der Salzmarsch durch Ein- kommen (siehe EISCHEID et al. 1994, Die Ausdehnung des Salzwiesenareals an deichungen. Die Sandsalzwiese vor St. Pe- KIEHL 1997). Infolge dessen ist Schlick- der schleswig-holsteinischen Festland- ter ist in der Bilanz nicht aufgeführt; Quel- gras in den Andelrasen eingedrungen, in küste hat zugenommen. Diese horizontale lerfluren blieben unberücksichtigt. dem es unter Beweidung zurückgedrängt Ausweitung fand überwiegend seeseitig Eine erste flächendeckende Erhebung worden ist (RAABE 1981). Aufgrund der und innerhalb von Lahnungsfeldern und in des Salzwiesenareals an der Westküste sich ändernden Standortfaktoren (Bewei- strömungsberuhigten Buchten mit positi- wurde von HEYDEMANN & MÜLLER- dung, Vernässung, Salzgehalt) und der ver Sedimentbilanz statt. Die Flächenzu- KARCH (1980) veröffentlicht. Ihre Daten sich damit verschiebenden Konkurrenz- nahme ist somit überwiegend ein Effekt wurden 1978 erhoben. KEMPF et al. bedingungen ist es in einigen wattnahen von Lahnungsarbeiten. In den einzelnen (1987) bilanzierten die Fläche im Jahr 1986 Andelrasen sogar zum Dominanzwechsel Teilgebieten ist die Gesamtbilanz auch erneut. Angaben zu den planimetrierten gekommen. Diese Bestände enthalten dann positiv, wenn lokal Verluste an Ab- Salzwiesenbeständen fehlen bei HEYDE- zwar noch Andel, sind aber nunmehr den bruchkanten auftreten (z. B. südlich der MANN & MÜLLER-KARCH (1980) sowie Schlickgrasfluren zuzuordnen oder als Hamburger Hallig, südliches Norderhever- bei KEMPF et al. (1987). Es ist aber davon Komplexe zwischen Schlickgrasfluren und koog-Vorland, in der inneren Tümlauer auszugehen, dass die gesamte Salzwie- Andelrasen anzusprechen (GETTNER & Bucht). In zwei Teilgebieten können senfläche inklusive der Schlickgrasbe- HEINZEL 1997). Die Pioniervegetation ist Flächenverluste als Folge von stattgefun- stände erfasst wurde, da bei den Autoren demnach sowohl seeseitig angewachsen denen Vordeichungen in den beiden Ge- ausdrücklich erwähnt wird, dass lediglich als auch landseitig in die Vorlandzone ein- bieten angesehen werden. In den übrigen die Quellerbestände unberücksichtigt ge- gedrungen, wie es REISE (1994) vermutet blieben sind. Die von HEYDEMANN & hatte. Das Schlickgras besiedelte 1996 MÜLLER-KARCH (1980) und KEMPF et al. eine erweiterte Höhenamplitude, die von f Abbildung 6: Größe 1986 gibt es nur eine Ge- (1987) ermittelten Salzwiesenflächen sind der Quellerzone bis in die untere Andelzone der Salzwiesenfläche samtfläche (dunkle Planimetrierungen aus Kartenwerken. Die reichte. Heute prägt das Schlickgras in vie- (ohne Quellerzone) von Punkte) 1988 und 1996 1978 bis 1996 nach Lite- ist der Anteil der Pionier- Bilanzierung der Salzwiesenvegetation in len Gebieten das Erscheinungsbild der raturangaben und vegetation (helle Punkte) den Jahren 1988 und 1996 wurde hinge- Pionierzone. Die Ausbreitung hat nicht eigener Bilanzierung. Aus separat dargestellt. den Jahren 1978 und Näheres im Text. gen auf der Grundlage von Vegetationskar- dazu geführt, dass Quellerfluren (Salicor-

7.000 tierungen ermittelt. Die Methoden sind da- nietum strictae) verdrängt wurden (GETT- mit nur bedingt vergleichbar. NER & HEINZEL 1989, SCHERFOSE ha Aus der Analyse der vorhandenen 1989). Inwiefern die Ausbreitung und öko- 6.000 flächendeckenden Daten resultiert eine logische Einnischung des Neophyten Flächenänderung der Salzwiesenvegeta- Spartina anglica in der Andelzone (Pucci- 5.000 tion von 5.100 Hektar im Jahr 1978 auf nellietum maritimae) noch weiter voran- 6.800 Hektar im Jahr 1996. Dies entspricht schreiten wird, bleibt weiter zu beobach- 4.000 78 86 88 96 einer Zunahme von 1.700 Hektar über ei- ten. Die Pioniervegetation nahm in der

60 jüngsten Kartierung einen Anteil von 22 BEUKEMA, J. J., W. J. WOLFF & J. J. W. M. tion. In: STOCK, M. & K. KIEHL (Hrsg.): Die Prozent der Gesamtvegetation ein; 1988 BROUNS (Hrsg..): Expected effects of climatic Salzwiesen der Hamburger Hallig.– Schriften- changes on marine coastal ecosystems. – Klu- reihe des Nationalparks Schleswig-Holsteini- betrug der Anteil hingegen nur neun Pro- wer Academic Publ.: 173–188. sches Wattenmeer 11, Boyens, Heide: 34–42. zent. Damit zeigt sich, dass mit Aufgabe von Beweidung und Entwässerung die GETTNER, S., K. HEINZEL & K. DIERSSEN KIEHL, K., S. GETTNER, C. HEINZE & M. Standortgerechtigkeit der Vegetation zu- (1997): Kartierung der realen Vegetation der STOCK (2000b): Langfristige Vegetationsverän- nimmt oder der Grad der Kulturbeeinflus- Festland-Salzmarschen an der Westküste derungen im Vorland der Hamburger Hallig und sung (Hemerobie) abnimmt. Schleswig-Holsteins sowie des Vorlandes von ihre Bedeutung für herbivore Vögel. – In: , Langeneß, Föhr und Pellworm (im Maß- STOCK, M. & K. KIEHL (Hrsg.): Die Salzwiesen Gleichzeitig, aber in noch stärkerem stab 1:5000). – unveröffentl. Bericht, 106 S. der Hamburger Hallig. – Schriftenreihe des Na- Maße als die Ausdehnung der Pioniervege- tionalparks Schleswig-Holsteinisches Watten- tation ist die Flächenausdehnung der Ve- GETTNER, S., K. HEINZEL & J. KOHLUS meer 11, Boyens, Heide: 66–73. getationseinheiten der unteren Salzwiese (2000): Die Entwicklung der aktuellen Vegeta- zurückgegangen. Andelrasen wird durch tion auf der Hamburger Hallig nach Änderung RAABE, E.-W. (1981): Über das Vorland der öst- lichen Nordsee-Küste. – Mittlg. der AG Geobo- eine Beweidung gefördert. Entfällt die Nut- der Nutzung. – In: STOCK, M. & K. KIEHL (Hrsg.): Die Salzwiesen der Hamburger Hallig.– tanik Schleswig-Holstein und Hamburg 31: zung, so differenziert sich die Vegetation Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig- 1–118. nicht nur an der unteren, sondern auch an Holsteinisches Wattenmeer 11, Boyens, Heide: der oberen Grenze der unteren Salzwiese 24–33. REISE, K. (1994): Das Schlickgras Spartina entsprechend der Standortfaktoren aus. In anglica: die Invasion einer neuen Art. – In: LO- die tiefliegenden Flächen dringt Schlick- HAGGE, H. (1989): Kartierung der realen Vege- ZÁN, J. L., E. RACHOR, K. REISE, H. VON tation der schleswig-holsteinischen Festland- WESTERNHAGEN & W. LENZ (Hrsg.): Warn- gras ein, in die höher gelegenen und bes- salzwiesen. – unveröffentl. Bericht, 26 S. signale aus dem Wattenmeer. – Blackwell, Ber- ser durchlüfteten Flächen Arten der oberen lin: 211–214. Salzwiese (z. B. GETTNER et al. 2000, HÄLTERLEIN, B., D. M. FLEET & H.-U. RÖSNER KIEHL 1997, KIEHL et al. 2000 a und b). (1991): Gebietsdefinitionen für Brut- und Rast- SCHAMINÉE, J. H. J., E. J. WEEDA & V. WEST- Die Ausdehnung der oberen Salzwiese vogelzählungen an der schleswig-holsteini- HOFF (1998): De Vegetatie van Nederland, Deel nimmt demzufolge zu (siehe Abbildungen schen Westküste. – Seevögel 12: 21–25. 4. Plantengemeenschappen van de kust en van de binnenlands pioniermillieus. – Opulus Press, 4 und 5). Diese standortbedingte Verschie- HEYDEMANN, B. & J. MÜLLER-KARCH (1980): 346 S. bung der einzelnen Vegetationszonen ist Biologischer Atlas Schleswig-Holstein. – Wach- die Ursache dafür, dass mit Einstellung von holtz, Neumünster. SCHERFOSE, V. (1989): Salzmarsch-Pflanzen- Beweidung und flächenhafter Entwässe- gesellschaften der Leybucht – Einflüsse der Rin- rung der Anteil der eigentlichen Vorland- HOFSTEDE, J.L.A. & R. SCHIRMACHER derbeweidung und Überflutungshäufigkeit. – (1996): Vorlandmanagement in Schleswig-Hol- Drosera 89 (1/2): 105–112. zone nur unwesentlich angewachsen ist, stein. – Küste 58: 61–73. obwohl der Anteil der Pionierzone sich STOCK, M. (2000): Salzwiesen im Schleswig- deutlich erhöht hat (siehe Abbildung 6). KEMPF, N., J. LAMP & P. PROKOSCH (1987): Holsteinischen Wattenmeer: Langfristige Nut- Salzwiesen: Geformt von Küstenschutz, Land- zungsänderungen. – In: Landesamt für den Na- Literatur wirtschaft oder Natur? – Tagungsbericht WWF tionalpark Schleswig-Holsteinisches Watten- Heft 1. meer (Hrsg.): Wattenmeermonitoring 1998. – BRAUN-BLANQUET, J. (1964): Pflanzensozio- Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig- logie, Wien. KIEHL, K. (1997): Vegetationsmuster in Vorland- Holsteinisches Wattenmeer, Sonderheft, Tön- salzwiesen in Abhängigkeit von Beweidung und ning: 8–10. DIJKEMA, K. J. (1987): Geography of salt mar- abiotischen Standortfaktoren. – Mittlg. der AG shes in europe. – Z. Geomorph. N. F. 31: Geobotanik in Schleswig-Holstein und Ham- STOCK, M., J. KOHLUS & H. STUMPE (2000): 489–499. burg, H. 52, 142 S. Salzwiesenentwicklung im Nationalpark. – In: Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Hol- DIJKEMA, K. S., J. H. BOSSINADE, P. BOUW- KIEHL, K., H. SCHRÖDER, B. BREDEMEIER & steinisches Wattenmeer (Hrsg.): Wattenmeer- SEMA & R. J. DE GLOPPER (1990): Salt mar- A. WIGGERSHAUS (2000a): Der Einfluss von monitoring 1999. – Schriftenreihe des National- shes in the Netherlands wadden sea: rising high- Extensivierung und Beweidungsaufgabe auf Ar- parks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, tide levels and accretion enhancement. – In: tenzusammensetzung und Struktur der Vegeta- Sonderheft, Tönning: 6–8.

61 Brutvögel 2000 Bernd Hälterlein

Aufgrund der Besiedelungsgeschichte mäßig zum Hauke-Haien-Koog. Die Eta- Nichtbrüter, aus deren Bestand frei wer- anderer Arten lange erwartet brütete im blierung eines dauerhaften Brutbestandes dende Reviere wieder aufgefüllt werden, Jahre 2000 mit dem Löffler (Platalea leu- kann in den nächsten Jahren sicher erwar- zeigten nach den Springtidenzählungen im corodia) die letzte der 33 Küstenvogelarten tet werden. schleswig-holsteinischen Wattenmeer be- des Trilateralen Wattenmeermonitoring- Als weiterer Neubürger des Watten- reits seit Anfang der 1990er Jahre eine programms für Brutvögel erstmalig auch meeres deutet sich bereits der Seidenrei- rückläufige Tendenz (GÜNTHER 1998). im schleswig-holsteinischen Teil. her (Egretta garzetta) an, der bei nördlicher In den Niederlanden wurde bereits ab In den Niederlanden wuchs die bisher Arealerweiterung – möglicherweise in 1992, mit 20 Prozent gegenüber dem Vor- einzige bedeutende Löfflerpopulation Folge der Klimaerwärmung – seit 1995 in jahr besonders krass nach dem Kältewin- Nordwesteuropas nach einem Tiefpunkt den Niederlanden und seit 1999 dort auch ter 1995/96, ein Abnahmetrend der Brut- mit rund 150 Paaren Ende der 60er Jahre im Wattenmeer brütet (RASMUSSEN et al. bestände registriert. Noch krassere Aus- als Folge der hohen Belastung mit Chlor- 2001). Brutzeitbeobachtungen gab es dar- wirkungen werden beim Nichtbrüterbe- kohlenwasserstoffen ab den 70er Jahren über hinaus zunehmend auch in anderen stand vermutet. Diese Tendenz dürfte bei wieder an bis auf 1.270 Paare (davon 740 Wattenmeerbereichen (2000: Föhr, Sylt, der Langlebigkeit der Austernfischer ver- im Wattenmeerbereich) im Jahre 1998 Eiderstedt). mutlich eher auf eine erhöhte Altvogel- (RASMUSSEN et al. 2000). Parallel mit der Die Brutbestände des Austernfischers sterblichkeit als auf geringen Bruterfolg in Bestandszunahme gab es zahlreiche Kolo- haben im Wattenmeer nach dem Tiefpunkt den letzten Jahren zurückzuführen sein, nieneugründungen und eine allmähliche um 1900 im 20. Jahrhundert mehr oder zumal sich die Brutbedingungen und die Arealerweiterung. Löffler brüten aktuell auf weniger kontinuierlich zugenommen, im Verfügbarkeit der Jungvogelnahrung (Wür- allen westfriesischen Inseln, zumeist inner- schleswig-holsteinischen Teil haben sie mer und Insekten) sicher nicht verschlech- halb von Großmöwenkolonien. Die ostfrie- sich seit 1910 mit schätzungsweise kaum tert haben. Als eine mögliche Ursache wird sischen Inseln wurden 1995 besiedelt, fünf mehr als 2.000 Paaren bis heute der hohe Jagddruck in Frankreich ange- Jahre danach brüten hier auf fünf Inseln annähernd verzehnfacht. 1999 wurde im nommen, wohin die niederländischen Aus- insgesamt bereits etwa 50 Paare. In Däne- deutschen Wattenmeer erstmalig ein deut- ternfischer bei Kälteeinbrüchen zahlreich mark kam es 1996 zur Wiederansiedlung licher Rückgang festgestellt. Da die Aus- ausweichen. Vor allem kam es aber unter einiger Paare in Nordwestjütland. ternfischer nicht alljährlich flächendeckend den im Wattenmeer verbliebenen Vögeln Im schleswig-holsteinischen Watten- erfaßt werden und Hochrechnungen im Winter 1995/96 zu hohen Verlusten, die meer hielten sich ab Mitte der 90er Jahre größerer Bestandsanteile einen falschen wie bei der Eiderente (Somateria mollis- während der Brutzeit zunächst einzelne Eindruck der Gesamtbestände vermitteln sima) im Zusammenhang mit einer Ver- Löffler mehr oder weniger dauerhaft auf, in- können, wurde diese Tendenz anhand der knappung der Nahrungsverfügbarkeit (ins- zwischen liegt dieser Bestand mit einem Befunde aus den intensiver untersuchten besondere von Muscheln) zu sehen sind Schwerpunkt im Hauke-Haien-Koog bei Probeflächen („Census Areas“) überprüft. (KOKS & HUSTINGS 1998, RASMUSSEN etwa 50 Tieren. Farbringablesungen eini- Bei den zwölf Salzwiesenflächen an der et al. 2000). Aktuelle Untersuchungen in ger Vögel belegen ihre niederländische schleswig-holsteinischen Festlandsküste, britischen Ästuarbereichen kommen zu Herkunft. Die ersten Bruten gab es dann im die seit 1996 mit personeller Kontinuität er- dem Schluss, dass die dortige Intensität Jahr 2000 mit zwei noch erfolglosen Paa- faßt werden, zeigt sich in der Tat 1999 und der Muschelfischerei unter normalen Um- ren im Salzwiesenbereich der Hallig Oland. 2000 eine Bestandsabnahme um jeweils ständen noch keinen nachweisbaren Ein- Die Vögel pendeln von hier offenbar regel- etwa zehn Prozent (Abbildung 1). Die fluss auf die Austernfischerbestände hat, in Extremsituationen wie Kältewintern und bei Veränderungen der Muschelfischerei- 1.000 praxis aber mit Auswirkungen gerechnet Austernfischer werden muss (STILLMAN et al. 2001). Im schleswig-holsteinischen Watten- 900 meer sind in vielen Bereichen mit bis etwa 20 Revieren je zehn Hektar (/10 ha) sehr

g Abbildung 1: Brutbe- hohe Siedlungsdichten erreicht. Austernfi- standsentwicklung des

Revierpaare 800 scher sind zwar bei der Brutplatzwahl nicht Austernfischer in zwölf Salzwiesenprobeflächen sehr wählerisch und nutzen in den Vorlän- („Census Areas“) an der dern nicht nur die Salzwiesen, sondern schleswig-holsteinischen vielfach auch den Deichkörper und die 700 Festlandsküste. Daten: 1996 1997 1998 1999 2000 Blew/Klinge. Buschlahnungen zur Nestanlage, dennoch

62 500 g Abbildung 2: Brutbe- gen Bereiche mit Schlammflächen gute standsentwicklung des Brutmöglichkeiten für See- und Sandre- Rotschenkel Rotschenkel in zwölf Salzwiesenprobeflächen genpfeifer (BRUNS 2000, PETERSEN- 450 („Census Areas“) an der ANDRESEN mdl.). schleswig-holsteinischen Festlandsküste. Daten: 400 Blew/Klinge. Literatur Revierpaare 350 BRUNS, H. A. (2000): Ornithologisches Gutach- ten Nordstrander Bucht/Beltringharder Koog – Jahresbericht 2000. – unveröff. Ber. im Auftrag 300 des Staatlichen Umweltamtes Schleswig. 1996 1997 1998 1999 2000 GÜNTHER, K. (1998): Rastvogelmonitoring im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer – Be- begrenzt hier sicher auch das Brutplatzan- Areas“ der Festlandsküste (s.o.) zeigt, dass richt 1996/97. – unveröff. Ber. des WWF-Pro- jektbüros Wattenmeer, Husum im Auftrag des gebot ein weiteres Wachstum. In den hier von 1996 bis 2000 Zuwächse um 40 Landesamtes für den Nationalpark Schleswig- Salzwiesenbereichen, die seit 1991 nicht bis 50 Prozent auftraten (Abbildung 2). Holsteinisches Wattenmeer, Tönning. mehr oder nur noch reduziert mit Schafen Während der dänische Wattenmeerbe- beweidet werden, konnten bis heute keine stand des Seeregenpfeifers (Charadrius HÖTKER, H., J. BLEW, H. A. BRUNS, S. GRU- ungewöhnlich starken Rückgänge festge- alexandrinus), insbesondere auf Rømø, in BER, B. HÄLTERLEIN & W. PETERSEN-AN- stellt werden. Vielfach sind die Dichten hier den 1990er Jahren von etwa 20 auf 105 DRESEN (2001): Die Bedeutung der „Natur- schutzköge“ an der Westküste Schleswig-Hol- höher als in intensiv beweideten Gebieten. Paare (2000) anstieg (RASMUSSEN et al. steins für brütende Wiesen-Limikolen. – Corax Kapazitätsgrenzen könnten darüber hin- 2000, 2001), ging der schleswig-holsteini- 18, Sonderheft 2: 39–46. aus auch bei der Nahrungsverfügbarkeit sche Brutbestand 1996 bis 1999 von über erreicht sein. 500 auf weniger als 200 Paare zurück. Im KOKS, B. & F. HUSTINGS (1998): Broedvogel- Neben der Uferschnepfe (Limios limosa) Jahre 2000 deutet sich eine Stabilisierung monitoring in het Nederlandse Waddengebied in profitierte aufgrund der Notwendigkeit zur auf niedrigem Niveau an. In den meisten 1995 en 1996. – SOVON-monitoringrapport 1998/05. Nestanlage in höherer Vegetation vor allem Gebieten gab es gegenüber dem Vorjahr der Rotschenkel (Tringa totanus) von der nur geringe Veränderungen, im Vorland RASMUSSEN, L. M., D. M. FLEET, B. HÄLTER- Rücknahme der Beweidung mit Schafen in von St. Peter eine weitere Abnahme. LEIN, B. J. KOKS, P. POTEL & P. SÜDBECK den schleswig-holsteinischen Salzwiesen Die Zunahme des Gesamtbestandes (2000): Breeding Birds in the Wadden Sea in ab 1991. So wurde in den 1990er Jahren um immerhin etwa 20 Prozent ist aus- 1996 – Results of a total survey in 1996 and of auf der Hamburger Hallig eine Verfünffa- schließlich auf die Entwicklung im Rickels- numbers of colony breeding species between 1991 and 1996. – Wadden Sea Ecosystem No. chung der Rotschenkelbestände regi- büller Koog und Beltringharder Koog zu- 10, Common Wadden Sea Secretariat, Trilateral striert, in anderen Vorländern Dichten bis rückzuführen. Nachdem die eingedeichten Monitoring and Assessment Group, Joint Moni- etwa 30 Reviere/10 ha erreicht. Dennoch Wattflächen mit fortschreitender Sukzes- toring Group of Breeding Birds in the Wadden erbrachten die Standarderfassungen bei sion immer ungeeigneter wurden, brüten Sea, Wilhelmshaven. den Gesamtbeständen in dieser Zeit kei- die Vögel hier jetzt auf Grünlandflächen, in nen nennenswerten Anstieg. Zum einen denen ab Juni eine extensive Beweidung RASMUSSEN, L. M., L. DIJKSEN, B. HÄLTER- LEIN, B. KOKS, P. POTEL & P. SÜDBECK war binnendeichs in den meisten „Natur- mit Galloway-Rindern, später auch mit (2001): The Breeding Season in the Wadden Sea schutzkögen“ und im Eiderästuar ein ge- Schafen, betrieben und im Winter und in 2000. – Wadden Sea Newsletter 2001-2: 7–9. genläufiger Trend zu verzeichnen (HÖT- Frühjahr ein hoher Wasserstand gehalten KER et al. 2001), zum anderen können be- wird. Vor allem werden diese Flächen aber STILLMAN, R. A., J. D. GOSS-CUSTARD, kanntermaßen gerade bei hoher Dichte er- sehr intensiv von Nonnengänsen (Branta A. D. WEST, S. E. A. LE V. DIT DURELL, S. hebliche Bestandsunterschätzungen auf- leucopsis) zur Nahrungssuche genutzt. Die MCGRORTY, R. W. G. CALDOW, K. J. NORRIS, I. G. JOHNSTONE, B. J. ENS, J. VAN DER treten (die realen Bestände können um den Gänse verweilen hier auf dem Heimzug in MEER & P. TRIPLET (2001): Predicting shorebird Faktor 3,0 bis 3,5 höher liegen). Ein Blick den letzten Jahren zunehmend länger, bis mortality and population size under different re- auf die zuverlässig dokumentierte Entwick- etwa Mitte/ Ende Mai. Nach dem Absinken gimes of shellfishery management. – J. Appl. lung in den zwölf Salzwiesen-„Census- des Wasserspiegels bieten diese kurzrasi- Ecol. 38: 857–868.

63 Rastvögel im schleswig-holsteinischen Wattenmeer Klaus Günther

April bis 31. Oktober). Vogeltage werden Vogeltagen den Indexwert 100 erhält. Die Einführung als die Summe der täglich innerhalb eines Veränderung der Rastbestände wird durch bestimmten Zeitraums (hier ein Jahr) anwe- die Differenz des Index-Mittelwertes der er- Die riesigen Vogelschwärme im Watten- senden Vögel definiert. Die Jahres-Vogel- sten vier (1988–1991) mit dem der letzten meer scheinen auf den ersten Blick nicht tage werden in Indexwerte umgerechnet, vier (1996–1999) Untersuchungsjahre be- quantifizierbar und Änderungen in ihrer Zahl wobei das Jahr mit dem Maximalwert an schrieben. Eine Erhöhung um mehr als 15 kaum wahrnehmbar. Die Ergebnisse aus dem Monitoring der Vogelbestände zeigen Eiswinter aber deutlich, dass bei etlichen Arten Ten- h Abbildung 1: Vogelbe- 700.000 denzen immer deutlicher erkennbar und Er- stände bei Mittwinterzäh- gebnisse damit besser interpretierbar wer- lungen im schleswig-hol- steinischen Wattenmeer den. Besonders die in den letzten Jahren von 1981–2000 (dunkel rückläufigen Bestände einiger typischer = gezählter Anteil; hell = und zahlenmäßig bedeutender Watten- berechneter Anteil). 0 meerarten geben Anlass zur Sorge. Dem- 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 gegenüber stehen aber auch positive Ent- h Abbildung 2: Rastbe- Kormoran wicklungen der Rastbestände einiger Arten standsveränderungen Heringsmöwe gegenüber, die vor allem die eingedeichten von 48 Wat- und Was- Zwergmöwe servögeln in 24 Spring- Graugans Feuchtgebiete am Rande des Wattenmee- tidenzählgebieten im Knäkente res vermehrt als Brut- oder Rastgebiete schleswig-holsteinischen Schnatterente Wattenmeer zwischen Mittelsäger nutzen oder deren Brutbestände nicht nur 1988–91 und 1996–99. Flufluferläufer im Wattenmeer stark angewachsen sind. Tafelente Reiherente Das Rastvogelmonitoring wurde auch im Höckerschwan Jahr 2000 vom WWF-Projektbüro Watten- Schellente Haubentaucher meer in Husum organisiert. Von hier aus Dkl. Wasserläufer werden die etwa 60 Zählerinnen und Zähler Seeregenpfeifer der Naturschutzverbände im Wattenmeer Nonnengans + Sandregenpfeifer ausgebildet und betreut, die Zählungen ko- Uferschnepfe ordiniert und die Datenverarbeitung durch- Grünschenkel geführt. Allen Vogelzählern und allen ander- Kiebitz Bläflhuhn weitig am Rastvogelmonitoring beteiligten Sturmmöwe Personen sei an dieser Stelle für die gute Silbermöwe Lachmöwe Zusammenarbeit herzlich gedankt. Sichelstrandläufer Sanderling Methode Graureiher Löffelente = Großer Brachvogel Steinwälzer Eine allgemeine Einführung in das Rastvo- Kampfläufer gelmonitoring im Wattenmeer und eine Mantelmöwe Rotschenkel ausführliche Beschreibung der Methoden Kiebitzregenpfeifer findet sich in den Vorjahresberichten (RÖS- Alpenstrandläufer NER 1998, GÜNTHER 1999, GÜNTHER Goldregenpfeifer 2000a, GÜNTHER 2000b). Die Entwick- Säbelschnäbler Pfeifente lung der Vogelbestände von 1988 bis 1999 Pfuhlschnepfe wird für 48 Wat- und Wasservogelarten auf Krickente Eiderente der Basis der ganzjährig in insgesamt 24 Spießente gut abgrenzbaren und repräsentativ verteil- Austernfischer Ringelgans - ten Rastgebieten durchgeführten „Spring- Brandgans tidenzählungen“ ermittelt. Als Maß für die Bekassine Knutt Häufigkeit einer Art werden die „Vogeltage“ Stockente eines Jahres berechnetet (1. Januar bis 31. -50 -25 0 25 50 75 Dezember; für das Zählgebiet „Trischen“ 1. Index

64 g Abbildung 3: Rastvo- Indexpunkte wird als eindeutige Zunahme, Kormoran Nonnengans gelbestandsveränderun- 100 ein Abfall um mehr als 15 Indexpunkte als 299.000 3.611.000 gen von acht ausgewähl- ten Wat- und Wasservo- eindeutige Abnahme des Rastbestandes gelarten in 24 Spring- 50 einer Art bewertet (RÖSNER 1998, tidenzählgebieten im schleswig-holsteinischen GÜNTHER & RÖSNER 2000). Wattenmeer zwischen 1987 und 1999. Ringelgans Pfeifente Ergebnisse 100 5.486.000 16.479.000 Synchronzählungen 50 Bei der Synchronzählung im Januar 2000 waren mit 450.000 Vögeln zwar gegen- über dem Vorjahr wieder relativ viele Vögel Austernfischer Sandregenpfeifer als Wintergäste im Wattenmeer, aber nur 100 22.508.000 532.000 etwa 75 Prozent des bisherigen Maximal- bestandes in ähnlich milden Wintern (Ab-

Index (Vogeltage) 50 bildung 1, GÜNTHER 2000c). Allerdings herrschte bei der Synchronzählung mäßi- ger Frost mit parzieller Vereisung der Watt- Kiebitzregenpfeifer Knutt 100 flächen und binnendeichs gelegener Was- 23.214.000 4.829.000 serflächen, was anscheinend doch einen 50 Teil der überwinternden Vögel zum Verlas- sen der Region veranlasst hatte. Mitte März wurden 60.000 Non- 87 91 95 99 87 91 95 99 nengänse an der Festlandsküste bei der Jahr synchronen Gänsezählung festgestellt. Gegenüber den Vorjahren ist dies wieder ein hoher Wert im März, das Bestandsma- # g Abbildung 4: Entwick- Nonnengans lung der Populations- ximum wird aber erst im April erreicht. Bei größen von Nonnen- der Ringelganszählung Anfang Mai wurden (März) und Ringelgänsen 200.000 (Mai) und der bei Syn- mit 84.000 Vögeln wieder ähnlich viele wie chronzählungen erfasste in den Vorjahren registriert, über 90 Prozent Anteil im schleswig-hol- steinischen Wattenmeer auf den und Inseln. (* MADSEN et al. 1999, # Etwa 20.000 Sanderlinge hielten sich 100.000 KOFFJEBERG mündl. Ende Mai im Berichtsgebiet auf, was dem Mittlg.). Mittelwert der letzten Jahre entspricht. Al- lerdings gab es deutliche Unterschiede zu den Vorjahren in der Verteilung der für

Anzahl 300.000 Sandbänke typischen Sanderlinge (Abbil- Ringelgans dung 5). Auf Trischen gab es wesentlich weniger Sanderlinge als in anderen Jahren, nur etwa 3.000 Individuen, dagegen wur- 200.000 # den im Dieksanderkoog-Vorland mit 8.000 Vögeln deutlich mehr als normal registriert. Erstaunlich und neu war, dass in diesem 100.000 Jahr auf den sehr schlickigen Wattflächen in der Eidermündung zwischen Sperrwerk und Tönning in der zweiten Maihälfte bis zu 1.800 Sanderlinge ständig der Nahrungs-

60/61 70/71 80/81 90/91 suche nachgingen, eine für diesen Ort bis- 55/56 65/66 75/76 85/86 95/96 lang kaum vorstellbare Anzahl! Die bevor- NW-Europa (Winter)* Schleswig-Holstein (Frühjahr) zugte Nahrung waren wohl hier massen-

65 haft vorkommende Schlickkrebse. An den Ausfall, anscheinend weil die Lemmingpo- Ringelgänse zu erwarten. Nonnengänse gleichen Stellen wie die Sanderlinge fraßen pulation schon in diesem Jahr zusammen- hatten mit etwa 15 Prozent Jungvogelan- auch viele männliche Pfuhlschnepfen, die gebrochen war und sich daher die Beute- teil weitaus mehr Erfolg. Während bei den möglicherweise ebenfalls das große greifer wohl auf die Vögel konzentriert ha- Limikolen noch das Vorjahr (1999) ein her- Schlickkrebsangebot nutzten. ben. Hier zeigt sich eine Abweichung von ausragend gutes Brutjahr mit extrem vielen der bisherigen Regel, denn entsprechend Jungvögeln im Herbst war, was im Jahr Bruterfolg arktischer Vögel des dreijährigen Lemmingzyklus und den 2000 dann erneut durch die in ausserge- Der Bruterfolg bei den arktischen Vögeln „Lemmingjahren“ 1994 und 1997 war im wöhnlich großer Anzahl übersommernder, war im Jahr 2000 insgesamt mäßig bis Jahr 2000 eigentlich wieder ein Lemming- einjähriger Knutts, Kiebitzregenpfeifer und schlecht. Ringelgänse hatten einen totalen jahr und damit ein gutes Brutjahr für die Pfuhlschnepfen deutlich wurde, war das Jahr 2000 eher ein mäßiges bis schlechtes Brutjahr. Auffällig viele Jungvögel gab es nur bei den Kampfläufern. Mindestens bei Sanderling Kiebitzregenpfeifern und Alpenstrandläu- Mittelwerte1992-1999 fern war es mäßig gut. deutliche Unterschiede 2000 zu Vorjahren Bestandsentwicklung Die Entwicklung der Vogelbestände wurde anhand der Ergebnisse der Springtiden- zählungen von 1988 bis 1999 analysiert. Unter 48 untersuchten Arten entwickelten sich die Bestände in diesem Zeitraum bei 19 Arten eindeutig positiv und bei zwölf Ar- ten eindeutig negativ (GÜNTHER & RÖS- NER 2000). Deutliche Bestandsrückgänge wurden vor allem bei den wattenmeertypi- 1 schen und zahlenmäßig bedeutenderen Arten wie Knutt, Ringelgans und Pfuhl- schnepfe aus arktischen Brutgebieten so-

Nationalparkgrenze wie bei Eiderente und Austernfischer regi- Husum striert. Die Ursachen für diese negativen Trends sind sicherlich vielschichtig und derzeit nicht ausreichend erklärbar. Auffäl- lig ist aber, dass besonders muschelfres- 2 sende Arten (Knutt, Austernfischer, Eider- ente) betroffen sind und möglicherweise die Muschelfischerei in Teilen des Watten- 1 Eider 2 2 meeres die Nahrungsgrundlage für diese Arten in zu großem Ausmaß reduziert Heide (BERK et al. 2000). Das Durchpflügen des 1 Wattbodens bei der Herzmuschelfischerei führt anscheinend neben der direkten Schädigung der Makrozoobenthosge- meinschaft auch zu einer Veränderung der 2 8 Sedimentzusammensetzung und damit zu einer geringeren Wiederbesiedelbarkeit

Abbildung 5: Sanderling- durch junge Muscheln, welche von den bestände bei Synchron- 8 Knutts bevorzugt gefressen werden zählungen Ende Mai im schleswig-holsteinischen (PIERSMA & KOHLHAAS 1997). Nah- Wattenmeer (Zahlen x rungsengpässe entstehen vor allem im 1.000). 10 km Winter bei extremen Kälteperioden, was zu

66 erheblich höherer Mortalität bei den Vögeln reicher geworden (außer Schellente und GÜNTHER, K. (1999): Rastvogelbericht im führen kann. Dies ist für die niederländi- Zwergmöwe, keine Brutvögel an der West- Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer – Be- richt 1997/98. – Unveröff. Gutachten im Auftrag schen Watten, wo die Fischerei auf Mies- küste). des Landesamtes für den Nationalpark Schles- und Herzmuscheln noch deutlich intensi- Eine erfreuliche Entwicklung zeichnet wig-Holsteinisches Wattenmeer. 183 S. ver ist als in Deutschland, für Austern- sich beim Seeadler ab, denn erstmals hiel- fischer und Eiderenten mehrfach nachge- ten sich im Herbst 2000 etwa drei bis fünf GÜNTHER, K. (2000a): Rastvögel im schleswig- wiesen worden (SMIT et al. 1998). Seeadler ständig am und im schleswig- holsteinischen Wattenmeer. – In: LANDESAMT FÜR DEN NATIONALPARK SCHLESWIG-HOL- Der Rückgang der Ringelgans- und holsteinischen Wattenmeer auf, besonders STEINISCHES WATTENMEER (Hrsg.): Watten- Pfeifentenbestände könnte mit erhöhter im Beltringharder Koog (2–3 Vögel), zeit- meermonitoring 1998, Schriftenreihe des Natio- Mortalität in Kältewintern, Mortalität oder weise auch im Rickelsbüller Koog, im Mel- nalparks Schleswig-Holsteinisches Watten- Brutverluste durch extreme Wetterlagen dorfer Koog, an der Eider- und Elbmün- meer, Sonderheft, Tönning: 23–26. oder hohe Prädation in den arktischen dung. In den vorigen Jahren nahm die Zahl GÜNTHER, K. (2000b): Rastvögel im schleswig- Brutgebieten und Habitatveränderungen der Beobachtungen zwar auch schon zu, holsteinischen Wattenmeer. – In: LANDESAMT im Wattenmeer zusammenhängen. Beim aber meist verweilten einzelne Vögel nur für FÜR DEN NATIONALPARK SCHLESWIG-HOL- Graureiher ist der Einfluß erhöhter Mortalität wenige Tage. Im Beltringharder Koog wa- STEINISCHES WATTENMEER (Hrsg.): Watten- in Kältewintern offensichtlich (KNIEF 1999), ren ein Alt- und ein Jungadler von August meermonitoring 1999, Schriftenreihe des Natio- nalparks Schleswig-Holsteinisches Watten- wahrscheinlich, aber weniger deutlich, bis zur Jahreswende durchgehend zu be- meer, Sonderheft, Tönning: 17–19. auch bei Haubentaucher, Krick-, Tafel-, obachten. Reiher-, Schell- und Stockente sowie bei In Ermangelung großer Bäume sind GÜNTHER (2000c): Rastvogelmonitoring im der Bläßralle. Zaunpfosten beliebte Sitzwarten der Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer, Bericht Bestandszunahmen sind vor allem bei mächtigen Adler. Futter gibt es in Hülle und 1998/99. – Unveröff. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für den Nationalpark Schleswig- den Arten festzustellen, die in den letzten Fülle: Tausende von Enten und Gänsen. Holsteinisches Wattenmeer. 50 S. Jahren als Brutvögel im Wattenmeer selbst Den Adlern scheint es am Wattenmeer zu oder auch in ihrem gesamten Verbrei- gefallen und möglicherweise schauen sich GÜNTHER, K. & H.-U. RÖSNER (2000): Be- tungsgebiet wieder zahlreicher geworden die ersten Adler nach neuen Brutplätzen standsentwicklung der im Schleswig-Holsteini- sind. Dazu gehören besonders Kormoran, um. Eine Ausbreitung nach Westen findet schen Wattenmeer rastenden Wat- und Was- servögel von 1988 bis 1999. – Vogelwelt 121: Heringsmöwe, Graugans und Nonnen- in den letzten Jahren statt, allerdings sind 293–299. gans (GANTER et al. 1999). Bei der Non- die nächsten Brutpaare noch 40 bis 50 km nengans kommt sicherlich noch hinzu, vom Wattenmeer entfernt und geeignete KNIEF, W. (1999): Graureiher. – In: MINISTE- dass sich die Aufenthaltsdauer der Vögel Nestbäume scheinen in direkter Umge- RIUM FÜR UMWELT, NATUR UND FORSTEN im Wattenmeer in den letzten Jahren be- bung auch nicht vorhanden zu sein. Wir DES LANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.): Jagd und Artenschutz – Jahresbericht 1998/99, sonders im Frühjahr deutlich verlängert können gespannt sein, ob und wo die Ad- Kiel: 35–36. hat. Stark haben auch die Bestände von ler das Wattenmeer besiedeln werden. den Arten zugenommen, die eigentlich PIERSMA, T. & A. KOHLHAAS (1997): Shore- eher typisch für binnenländische Feucht- birds, Shelfish(eries) and Sediments around Literatur , Western Wadden Sea, 1988–96. – gebiete sind (vor allem Haubentaucher, NIOZ-Rapport 1997–7. Höckerschwan, Schnatter-, Knäk-, Tafel-, BERK, V. M. VAN DEN, S. DIRKSEN, M. J. M. Reiher- und Schellente sowie Zwerg- POOT (2000): Sterfte onder eidereenden in de RÖSNER, H.-U. (1998): Ökosystemforschung möwe). Diese Arten haben die in den letz- Waddenzee 1999/2000. – Ministerie van Land- Wattenmeer, Teilvorhaben Schleswig-Holsteini- ten Jahrzehnten neu eingedeichten und bouw, Natuurbeheer en Visserij. sches Wattenmeer: Rastvögel im Wattenmeer: Bestand, Verteilung und Raumnutzung (Band 1 somit dem Salzwassereinfluss weitgehend und 2). – Texte 75/97, Umweltbundesamt, Ber- GANTER, B., K. LARSSON, E. V. SYROECHKO- entzogenen Gebiete, bei denen wie im Bel- lin. tringharder Koog, Rickelsbüller Koog, Mel- VSKY, K. E. LITVIN, A. LEITO & J. MADSEN (1999): Barnacle Goose Branta leucopsis: – In: dorfer Koog und Hauke-Haien-Koog teil- SMIT, C. J., N. DANKERS, B. J. ENS & A. MEIJ- MADSEN, J., G. CRACKNELL & A. D. FOX weise ein hoher Wasserstand aufrechter- BOOM (1998): Birds, mussels, cockles and (Hrsg.): Goose populations of the Western Pale- shellfish fishery in the Dutch Wadden Sea: How halten wurde, immer stärker als Mauser- arctic. A review of status and distribution. Wet- to deal with low food stocks for Eiders and Oy- und Rastgewässer angenommen. Zu- lands International Publ. No. 48 / National Envi- stercatchers? – Senckenbergiana marit. 29: gleich sind sie dort auch als Brutvögel zahl- ronmental Research Institute, Rønde: 270–283. 141–153.

67 Eiderenten und mausernde Brandenten im schleswig-holsteinischen Wattenmeer 2000 Norbert Kempf

h Abbildung 1: Ergeb- 175 Anzahl und Verteilung nisse der vier Eiderenten- 1986 bis 1996 zählungen 2000 im Ver- 150 der Eiderenten Nordfriesland gleich zum langjährigen Dithmarschen Mittel. 125

Im Jahr 2000 fanden vier Eiderentenzähl- 100 flüge statt – 24. Januar (Winterbestand), 75

22. Juli und 8. August (Mauserzeit) und 19. Anzahl (x 1.000) Oktober (Jahresmaximum). Die Ergeb- 50 Ergebnisse 2000 nisse sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Nordfriesland 25 Dithmarschen Aufgrund der relativ hohen Eiderenten- 0 zahl im Dithmarscher Wattenmeer lag der JFMAMJJASOND

Januarbestand im schleswig-holsteini- h Abbildung 2: Vertei- 2. August 2000 Mausernde Brandgänse: 213.110 Niedrigwasser schen Wattenmeer etwas über dem lung von Brandenten so- Brandgänse insgesamt: 216.280 Cuxhaven 10:17 wie von Wasserfahrzeu- bedeckt, diesig, warm langjährigen Mittel (Abbildung 1). Bei den Wind 2-3 NNE gen und Personen im Schwarmgröße: anderen drei Zählungen im Jahr 2000 Mausergebiet bei Nied- 1 bis <50 A wurde jeweils nur etwa die Hälfte des rigwasser am 2. August 50 bis <250 Kl K Krabbenkutter 2000. 250 bis <1.000 Kl kleiner Krabbenkutter (Hobby oder Nebenerwerb) langjährigen Mittels für die entsprechen- S 5 1.000 bis <10.000 B S M Motorboot (Sportboot) S Segelboot den Monate erreicht. Die Werte lagen da- 15 über 10.000 Brandgänse K A Ausflugsschiff mit auch deutlich niedriger als im Vorjahr. Schwarze Kreise: B Behördenschiff Mausernde (flugunfähige) Brandgänse K Fr Frachtschiff Weiße Kreise: P Personen zu Fuß Anzahl und Verteilung der Flugfähige Brandgänse Wattflächen mit vielen S Personen Zahlen in Kreisen: 2P mausernden Brandenten Anzahl in Tausend, gerundet K A B Kl Kl Ende Juli/Anfang August wurden im Jahr M 2000 zwei Befliegungen mit vollständiger 3 9 Kl Kl fotographischer Dokumentation und Aus- 2P 6 Kl wertung durchgeführt. Die Eiderentenzähl- 3 1 4 3 flüge kurz davor und danach wurden zur Kl Fr K Fr Fr 5 1 Gewinnung von Schätzwerten für den Fr S K 15 2 72 Brandentenbestand genutzt. Die Ergeb- Fr K 5 S B 3 B Kl nisse sind in Tabelle 2 dargestellt. Fr 54 3 Kl2 2 Kl 2 Bei der Zählung am 2. August wurde ein 6 K6 P 8P K P P Brandentenbestand im Mausergebiet von 33 Wagen P Fr 8 Reiter P B S S 55 P Kl Kl 216.280 Individuen ermittelt (Abbildung 2). Kl P S Fr Kl 3 P P Fr 3P Fr A S Tabelle 1: Ergebnisse der Eiderentenzählungen im Jahr 2000.

24. Januar 22. Juli 8. August 19. Oktober

Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 88.267 50.611 82.740 77.689 Nordfriesland 63.870 44.427 64.310 70.610 Dithmarschen 24.397 6.184 18.430 7.079

nördlich Hindenburgdamm 5.170 5.202 3.890 17.210 Hörnumtief 16.640 9.480 16.550 21.215 Norderaue 9.940 9.200 9.950 16.635 Süderaue 1.570 5.365 5.550 3.745 Hever, Rummelloch 28.090 15.160 28.370 11.720 Eider 12.120 429 1.010 2.245 , Wesselburener Loch 5.375 3.900 7.190 1.260 D-Steert, Flackstrom, Meldorfer Bucht 6.382 1.107 5.420 1.734 Trischen bis Elbe 375 750 4.810 2.060

68 Tabelle 2: Ergebnisse der Brandentenzählungen im Sommer 2000. Die Zahl der flugunfähigen mausernden Tiere ist von denen der flugfähigen Tiere vor oder nach der Flü- gelmauser getrennt angegeben (Zahlen für Flugfähige auf grauem Grund). Die Brandentenzahlen vom 22. Juli und 8. August wurden bei Eiderentenzählflügen direkt durch Schätzungen gewonnen. Sie basieren nicht auf Auszählungen von Fotos und sind daher weniger genau als die Zahlen vom 26.7. und 2.8. Die Gebiete Scharhörn und Knechtsand wurden dabei nicht erfaßt (n.e.).

22. Juli 26. Juli 2. August 8. August Wesselburener Loch (Dithmarschen Nord) 220000 370 180 100 350 Flackstrom (inkl. Bielshövensand) 10.750 4.770 11.780 8.400 980 480 180 380 Neufahrwasser Trischenflinge 20.350 13.410 17.060 20.650 2.370 2.400 160 2.300 Schatzkammer 53.400 115.630 104.230 77.500 2.090 2.985 530 370 Klotzenloch (inkl. Elbkante/Medemsand) 31.580 24.090 76.950 51.450 2.180 1.445 1.950 3.340 Scharhörn n.e. 2.000 3.090 n.e. n.e. 230 250 n.e. Knechtsand n.e. 0 0 n.e. n.e. 20 0 n.e. Mausernde Tiere 116.300 159.900 213.110 158.000 Flugfähige Tiere 7.990 7.740 3.170 6.740 Anteil am Bestand 6,4% 4,6% 1,5% 4,1% Gesamtbestand 124.290 167.640 216.280 164.740

Klotzenloch (27 % der flugunfähigen Tiere Anzahl g Abbildung 3: Be- 200.000 standsentwicklung der für 26. 7. und 2. 8. zusammengenommen), Summe mausernden Brandenten Neufahrwasser (5,5 %), Flackstrom (4,5 %) von 1988 bis heute – Ge- 150.000 samtbestand und die und Scharhörn (1,4 %). Im Teilbereich fünf historischen Haupt- Scharhörn wurde der niedrigste Bestand teilgebiete: Wesselbure- seit Beginn der systematischen Flugzäh- 100.000 ner Loch, Trischengebiet (Flackstrom und Neu- lungen festgestellt. Das Wesselburener fahrwasser/Trischen- flinge). Dithmarschen- Loch und das Knechtsandgebiet haben in 50.000 Süd (Schatzkammer und den letzten zwölf Jahren für mausernde Klotzenloch), Scharhörn Brandenten kaum mehr eine Bedeutung und Knechtsand. 0 gehabt. Insgesamt zeigt die Brandentenmauser 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Knechtsand Dithmarschen-Süd Wesselburener Loch im Jahr 2000 keine prinzipiellen Abwei- Scharhörn Trischengebiet chungen vom räumlichen und zahlenmäßi- gen Bild der letzten Jahren. Der Trend zur Konzentration in Schatzkammer und Klot- Damit wurde offensichtlich das Mauserma- Die größten Konzentrationen mit bis zu zenloch setzt sich fort. Seit 1992 befanden ximum in der Saison 2000 gut getroffen, 115.000 flugunfähigen Enten wurden – wie sich in diesen beiden Prielen zum Höhe- wie die erheblich geringeren Werte der Er- schon in den Vorjahren – in der Schatz- punkt der Mauser meist über zwei Drittel al- fassungen kurz davor und danach nahele- kammer erreicht. Dort befanden sich am ler Brandenten im Mausergebiet. Der sich gen. Dieses Ergebnis ist die höchste seit 26. Juli 72 Prozent und am 2. August 49 seit Jahren andeutende leichte Anstieg des Beginn der Zählungen 1988 ermittelte Zahl Prozent aller mausernden Tiere. In der Be- Gesamtbestandes scheint sich zu bestäti- (Abbildung 3). deutung als Mausergebiet folgten dann gen.

69 Notwendigkeit ungestörter Mausergebiete für die Trauerente (Melanitta nigra) Veit Hennig & Kai Eskildsen

Von den Entenarten im Bereich des Natio- Wattenmeerstaaten. Dies ist um so be- der Verölung ausgesetzt. Die Trauerente ist nalparks Schleswig-Holsteinisches Wat- deutsamer als es Hinweise für einen erheb- eine der Arten, die am häufigsten mit Verö- tenmeer ist die Trauerente (Melanitta nigra) lichen Austausch sowohl zwischen däni- lungen aufgefunden wird (FLEET 2000). am weitesten seewärts zu finden. Wie alle schen und schleswig-holsteinischen als Bei der Analyse von Literatur- und un- Entenarten ist sie während der Mauserzeit auch zwischen westfriesischen und ost- veröffentlichten Daten sowie den Ergebnis- sehr empfindlich und reagiert auf mensch- friesischen Gebieten gibt. Die Anzahl mau- sen eigener Erhebungen ab 1999 lassen liche Störungen, etwa durch Boote und sernder Trauerenten scheint dabei sowohl sich bereits grob einige Gebiete identifizie- Schiffe sowie Flugzeuge und Helikopter, in Schleswig-Holstein als auch in Nieder- ren, die als Mausergebiete der Trauerenten schon auf weite Distanz mit Flucht. Trauer- sachsen und den Niederlanden unter- dienen oder geeignet sein könnten (Abbil- enten tauchen bei Annäherung von Schif- schätzt zu werden. dung 2). Menschliche Störungen sollten fen – abhängig von der Geschwindigkeit – Nach den Seabirds at Sea-Daten (SAS), zumindest in diesen Bereichen bestmög- oder Flugzeugen bereits bei Entfernungen den vorhandenen Flugerfassungen, Land- lich minimiert werden. Als Mauserzentren von bis zu 2.000 Meter ab. Nur etwa 20 zählungen und Literaturdaten nimmt die sind die Gebiete ausgewiesen, in denen Prozent der mausernden Population las- Bedeutung der Gebiete mit Mausernach- mausernde Trauerenten kontinuierlich und sen sich daher vom Flugzeug aus erfassen. weisen von Dänemark über Schleswig- in bedeutender Größenordnung nachge- Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Holstein bis Niedersachsen und in die Nie- wiesen wurden. Die anderen markierten Tatsache, dass Entenvögel ihre Mauserge- derlande für die Trauerente ab. Trauerenten Bereiche dagegen sind potenzielle Mau- biete nach einer Art „Risikoabschätzung“ weisen aufgrund der unterschiedlichen sergebiete. Hier liegen entweder nur we- auswählen, ist anzunehmen, dass die ak- Mauserzeiten von Immaturen, Männchen nige Daten zur Mauser vor oder die Daten tuelle Mauserverbreitung der Trauerente in- und Weibchen eine insgesamt sehr lange stammen aus Zeiten, die direkt an die Mau- folge menschlicher Störungen aber auch Mauserperiode auf (Abbildung 1). Die Mau- serperiode anschließen. Zufällige Beob- der Nahrungsverfügbarkeit nicht die natür- serzeit der Flügelfedern beginnt Mitte Juni achtungen, die zwar zur Mauserzeit ge- liche ist. So besteht die Gefahr, dass künf- und endet erst Ende Oktober. macht wurden, aber keinen Hinweis auf tige Einflüsse wie Hochgeschwindigkeits- Die Mausergebiete scheinen durch die Mauser enthalten, bleiben unberücksich- fähren und Offshore-Windparks aktuelle kommerzielle Muschelfischerei, Offshore- tigt. und potenzielle Mausergebiete unbrauch- Windenergieanlagen und Hochgeschwin- Zur Ergreifung sinnvoller Schutzmaß- bar machen könnten. digkeitsfähren beeinträchtigt werden zu nahmen für Trauerenten während der Mau- Die Trauerente ist aber wegen ihrer können. Weitere Forschungen dazu sind ser bedarf es zuvor noch der Klärung eini- landfernen, den Ornithologenaugen nor- dringend erforderlich. Das ganze Jahr hin- ger wesentlicher Aspekte: malerweise unzugänglichen Nahrungs- durch sind Trauerenten aufgrund ihrer Le- • In den nachgewiesenen Mausergebie- und Mauserhabitate immer noch eine der bensweise besonders stark dem Risiko ten vor der Küste ist nach wie vor über- „unbekanntesten“ Vogelarten Mitteleuro- pas. Außerdem erschweren die Unkennt- nis der verschiedenen Mauserphasen und e z

en die verschiedenen methodischen Ansätze r g zur räumlichen und zeitlichen Erfassung ei- ark

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a nen quantitativen Vergleich der wenigen n

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t vorhandenen Daten. a

N Bekannt ist daher lediglich, dass große Teile der Population in der Offshore-Zone unmittelbar vor dem eigentlichen Watten- meer mausern und überwintern. Aufgrund der hohen Individuenzahlen der Trauerente sowohl während der Mauser als auch Mauserzentrum während der anschließenden Überwinte- Mausergebiet rung besteht eine internationale Verant- (peripher) wortung Schleswig-Holsteins für diese Art. h Abbildung 1: Überblick über vorhan- Wichtiges Gebiet Nicht zuletzt deshalb muss die Erfas- dene und potentielle nach Mitschke et al. (2001) sungsmethodik für diese Entenart verbes- Mausergebiete der Gebietsvorschlag Trauerente vor der Küste sert werden. Unter anderem fehlen nach Schleswig-Holsteins 10 km wie vor Synchronzählungen in allen drei (nach HENNIG 2001).

70 Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Adult Quelle oberer Teil 1 unterer Teil 1 Schwanz 1 Schwanz 2 Flügelfedern 1 Kopf und Nacken 1 Körperfedern 2 Adult männlich oberer Körper 2 Flügelfedern 2

Adult weiblich Flügelfedern 2 oberer Körper 2 Post-Juvenile Körper (partiell) 1, 2 Immature oberer Teil 1 mittlerer Teil 1 Unterseite 1 Schwanz 1, 2 Flügelfedern 1

Hauptphase Nebenphase d Abbildung 2: Ver- schiedene Mauserzeiten und -stadien der Trauer- duen während der Mauser sehr stark FLEET, D. M.(2001): Spülsaummonitoring an der ente. Der Prozess wird und sind nur noch schwer zu erfassen. deutschen Nordseeküste im Winter 1999/2000. von den Autoren unter- – In: LANDESAMT FÜR DEN NATIONALPARK schiedlich angegeben Der Grund für diese Verhaltensweisen (CRAMP & SIMONS SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES WATTEN- 1987 = 1; VON BLOTZ- ist nicht bekannt. MEER (Hrsg.): Wattenmeermonitoring 2000. – HEIM 1969 = 2). • Die Anzahl mausernder Trauerenten- Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig-Hol- weibchen ist weitgehend unbekannt. steinisches Wattenmeer, Tönning, Sonderheft: 36–37. • Art und Umfang der Störungssensibilität wiegend unbekannt, welche Nah- von Trauerenten ist erst in Ansätzen be- HENNIG, V. (2001): An evaluation of available knowledge on the necessity of undisturbed rungsressourcen die Trauerente nutzt. kannt. moulting sites for seaducks in the offshore area, Da Trauerenten in dieser Hinsicht sehr in order to investigate the possibilities for crea- opportunistisch zu sein scheinen, Literatur ting such undisturbed moulting sites. – Unveröf- könnte sich grundsätzlich jedes Gebiet fentlichtes Gutachten im Auftrag des Landes- amtes für den Nationalpark Schleswig-Holstei- mit einer höheren Muscheldichte in er- BLOTZHEIM, U. N. G., Ed. (1969): Anserifior- nisches Wattenmeer, 36 S. + Annex. reichbarer Wassertiefe potenziell zu ei- mes. Handbuch der Vögel Mitteleuropas. – Aka- HENNIG, V. & HÄLTERLEIN, B. (2000): Trauer- demische Verlagsgesellschaft, Frankfurt am nem Mausergebiet entwickeln. ente – Erfassungsschwierigkeiten einer Off- Main. 503 S. • Trauerenten ändern ihr Aggregations- shore-Vogelart. – In: LANDESAMT FÜR DEN verhalten zur Mauser. Während die Vö- NATIONALPARK SCHLESWIG-HOLSTEINI- CRAMP, S. & K. E. L. SIMMONS (1987): Hand- gel im Winter in großen Trupps wie SCHES WATTENMEER (Hrsg.): Wattenmeer- book of the Birds of Europe and the Middle East monitoring 1999. – Schriftenreihe des National- „Fettaugen“ auf dem Wasser schwim- and North Africa. – Vol. I, Oxford University parks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, men, verteilen sich die einzelnen Indivi- Press, Oxford, London, New York: 199–207. Tönning: 20–23.

71 Zusammenfassende Bewertung des Monitoringjahres 2000 Adolf Kellermann

Trend stabil, zur Zeit kein Anlaß zur Sorge Hintergrund des Rückgangs in den übrigen allerdings manche Gehalte wieder leicht Wattgebieten ist dennoch Aufmerksamkeit an. Da aber Messwerte über die Gewebe- Trend negativ, Aufmerksamkeit nötig nötig. Ähnlich ist die Situation hinsichtlich konzentrationen dieser Substanzen in Trend positiv, Entwicklung erfreulich der Bewertung bei den atmosphärischen Testsystemen fehlen, wäre eine Bewertung ? (noch) kein Trend; Trend unklar Schad- und Nährstoffeinträgen, wo bis- der in den marinen Proben nachgewiese- lang allein für terrestrische Systeme sichere nen Konzentrationen zur Zeit nur einge- Kriterien vorliegen. schränkt möglich. : Wattenmeer Eine Gesamtbewertung unseres Watten- Die einzelnen Programmbereiche liefern meergebiets lässt derzeit kaum Anlass zur folgende Befunde und Bewertungen: Atmosphärische Stoffeinträge Sorge erkennen. Problembereiche, die (ECKERMANN et al., S. 42) ? auch künftig besondere Aufmerksamkeit Zur Einschätzung des von Luftschadstoff- verdienen, sind Nährstoffgehalte konzentrationen ausgehenden Gefähr- • die nach wie vor hohen Nährstofffrach- (v. BEUSEKOM, S. 8) f dungspotentials auf die betroffenen Öko- ten des Wattenmeers insgesamt, Die Jahreszyklen des Ammoniums und systeme, haben die methodischen An- • das anhaltende Auftreten endokrin wirk- des Nitrits sind Indikatoren für den Eutro- sätze zur Bestimmung von Critical Loads & samer, synthetischer Substanzen im phierungsstatus des Wattenmeeres. Kurz- Levels in der europäischen Umweltpolitik System sowie die nach wie vor vorhan- fristige interannuelle Unterschiede konnten an Bedeutung gewonnen. Eine Ableitung denen und wirksamen Organozinnver- im niederländischen Wattenmeer mit Varia- von wirkungs- und stoffbezogenen Belas- bindungen (TBT und Derivate), tionen der jährlichen Nährstofffrachten in tungsgrenzen (Critical Loads) für das Öko- • die weiterhin nicht vollständig geklärten Verbindung gebracht werden, die stark system Wattenmeer bedarf wegen seines Ursachen für den Rückgang der See- durch die Abflussmengen bestimmt wer- grundsätzlich zum Festland unterschied- gräser, den. Langfristig betrachtet, hat neben den lichen Bodenhorizonts noch eingehender • das Auftauchen neuer Arten im Watten- erhöhten Flussfrachten vor allem die Zu- wissenschaftlicher Untersuchungen. In- meer sowohl in der Wassersäule (toxi- nahme der atmosphärischen Stickstoffde- wieweit beispielsweise Schwefeldioxid, sches Phytoplankton) als auch in der position zur Eutrophierung des Watten- Stickstoffoxide und Ozon sich auf die inter- Bodenfauna (Pazifische Auster), meeres beigetragen. Weitere Ursachen ei- nen Wachstumsfaktoren, wie Entwicklung • bei der Avifauna der Rückgang einiger ner erhöhten Eutrophierung des Wattenge- und genetischer Aufbau der im Ökosystem Brut- und Rastvogelarten sowie bietes sind eine Abnahme des Denitrifizie- Wattenmeer beheimateten Pflanzen und • das Massensterben muschelfressender rungspotentials der Flüsse und eine Zu- Pflanzengemeinschaften auswirken kön- Enten, wenn auch zum Großteil im nie- nahme der Stickstofffrachten durch den nen, müssen intensive Forschungen noch derländischen Bereich beobachtet. Ärmelkanal. aufklären. Positive Trends sind weiterhin im Bereich der Salzwiesenentwicklung sowie bei der Entwicklung des Seehundbestands zu ver- Schadstoffgehalte Primärproduktion und zeichnen. Schiffsverkehr und Luftfahrt über (WAGNER & RÜDEL, S. 46) ? Phytoplankton dem Wattenmeer haben nicht zugenom- Schwermetallgehalte in den Biota sind der- (GOEBEL, S. 53) : men, womit zumindest kein erhöhtes zeit rückläufig oder stagnieren auf unbe- Toxische Mikroalgen treten bereits seit län- Störungspotential speziell für Vögel und denklichem Niveau. Organozinnverbin- gerem vor der schleswig-holsteinischen Seehunde anzunehmen ist. Bei den Mies- dungen in Miesmuscheln waren von 1985 Westküste auf. Bis auf die Gifte von Dino- muschelvorkommen ist derzeit noch keine bis 1996 rückläufig, während die Konzen- physis in Miesmuscheln, sind jedoch noch belastbare Trendanalyse der Bestandsent- trationen in Muscheln und Fischen seit keine weiteren Giftarten im Zusammen- wicklung möglich. Ereignisse wie das Or- 1996 stagnieren, wenngleich in geringeren hang mit dem Vorkommen der potentiell kantief „Anatol“ im Dezember 1999 hatten Gehalten als andernorts. Die abgeschätz- toxischen Arten nachgewiesen worden. zwar tiefgreifende Wirkung auf Größe und ten maximalen Konzentrationen lagen in ei- Neu ist seit 1998 das Auftreten einer Verteilung der Bänke in Schleswig-Hol- nem Bereich, der bei empfindlichen Orga- großflächigen Algenblüte der Raphidophy- stein, jedoch ist die Wirkung mittelfristig nismen erste Wirkungen erwarten lässt. ceae Chattonella spp., die in Südnorwe- noch nicht prognose- und bewertungs- Die Belastung von Miesmuscheln mit hor- gen einen erheblichen Anteil der Zucht- fähig. Eine Abnahme der Bestände auf- monell wirksamen Substanzen (endokrine lachse vergiftete. Obwohl die Mikroalgen grund natürlicher Mortalität ist für sich allein Disruptoren, z. B. APEO) war von 1986 auf im Jahr 2000 erneut großflächig blühten, noch nicht besorgniserregend. Vor dem 1990 leicht abnehmend. Seit 1992 stiegen wurde bei uns kein Fischsterben beobach-

72 tet. Es ist davon auszugehen, dass sich am Festland lag der Zuwachs in Dithmar- stätigten sich langjährige Trends bei den diese Mikroalge in den Nordseegewässern schen mit 11,0 Prozent geringfügig über pelagischen Fischen wie die Dominanz der angesiedelt hat und auch in Zukunft dem in Nordfriesland mit 9,8 Prozent (ohne Schwarmfische, wobei auch kleinräumige großräumige Algenblüten in der Zeit von die Sandsalzmarschen St. Peter-Ordings). Veränderungen auftraten, wie eine stellen- April bis Anfang Mai ausbilden werden. In einzelnen Vorlandbereichen wird eine weise erhöhte Abundanz von Plattfischen. unterschiedliche Entwicklung deutlich: Von Bei den Bodenfischen waren bei Schollen 37 untersuchten Einzelgebieten zeigten 32 und Seezungen regionale Differenzierun- Seegräser eine positive Flächenbilanz. gen nach Tidebecken möglich. (REISE, S. 55) s Wie schon im Vorjahr stabilisierte sich der Seegrasbestand in Nordfriesland auch im Miesmuschelbestände im Eulitoral Meeresenten August 2000 mit Tendenz zur Zunahme. (NEHLS, S. 18) f Eiderente Die dramatische Abnahme der Bestände Der Orkan „Anatol“ im Herbst 1999 hat (FLEET, S. 36 u. KEMPF, S. 68) f im südlichen Wattenmeer im Gegensatz zwischen zehn und 20 Prozent der eulito- Im Winter 1999/2000 wurde hauptsächlich zur Stabilität nördlich von Eiderstedt bleibt ralen Muschelbänke abgetragen. Dabei ist im niederländischen Teil des Wattenmeers weiterhin nicht erklärbar. Es wäre aber hilf- etwa die Hälfte der im Sommer 1999 neu ein Massensterben der Eiderenten beob- reich, eine umfassende Begehung im angesiedelten Muschelbänke verloren ge- achtet. Als Ursache kommen mehrere Fak- nordfriesischen Wattenmeer vorzuneh- gangen. Der Rückgang durch dieses sin- toren in Betracht. Fressgründe und -res- men, um den Zustand der Seegräser zu guläre Orkanereignis erscheint zwar im sourcen nehmen beständig ab. Die ver- protokollieren und mit dem der Seegräser Vergleich zu den Stürmen im Frühjahr 1990 mehrte Nutzung der Ersatznahrung Spi- weiter im Süden vergleichen zu können. hoch, wird jedoch für muschelfressende sula infolge Fischerei Anfang der 90-er Meerenten nicht als kritisch beispielsweise Jahre führten schließlich zu Nahrungskon- eingestuft. kurrenz bei den Enten. Den Ausschlag gab Grünalgen eine Verschlechterung der Nahrungsqua- (REISE, S. 55) s lität im Winter 1999/00, gekoppelt mit vor- Die Bedeckung mit Grünalgen war nach Neobiota heriger fischereilicher Entnahme größerer dem Anstieg des Vorjahres im Sommer (NEHRING, S. 12) f Spisula-Vorkommen. Diese Verschlechte- 2000 nach wie vor hoch, jedoch mit ab- Seit der ersten Hälfte der 90-er Jahre wird rung und damit einhergehender Parasiten- nehmender Tendenz. Die von 1989 bis das Auftreten der Pazifischen Auster im befall führte zu einer Hungersnot unter den 1992 beobachteten Massen wurden bis- Benthos des schleswig-holsteinischen Na- Enten. Die Mortalität im schleswig-holstei- her nicht wieder festgestellt, aber der Watt- tionalparks beobachtet. Eine Änderung nischen Wattenmeer hatte jedoch weitaus flächenanteil mit Grünalgen blieb höher als der Wattenmeerbiozoenose durch die Pa- geringere Ausmaße als im westlichen Teil dies früher der Fall war. Die Flugkartierung zifische Auster verbunden mit einer bereits des Wattenmeers. der Grünalgenmatten ist geeignet, Folgen jetzt zu beobachtenden großflächigeren der weiterhin überhöhten Nährstoffein- Etablierung des – ehemals – wattenmeer- Brandente träge in die Nordsee für das Benthos der typischen Biotops Austernbank – wenn (KEMPF, S. 68) s Watten zu dokumentieren. auch vor allem im Eulitoral – scheint bei Die Brandentenmauser zeigt im Jahr 2000 den jetzigen abiotischen Bedingungen keine prinzipiellen Abweichungen vom langfristig möglich. Die Bestandsentwick- räumlichen und zahlenmäßigen Bild der Salzwiesen lung sollte überwacht werden, um die Aus- letzten Jahren. Der sich seit Jahren andeu- (STOCK, S. 57) s wirkungen auf die einheimischen Lebens- tende leichte Anstieg des Gesamtbestan- Die erste flächendeckende Kartierung der gemeinschaften eindeutig dokumentieren des scheint sich zu bestätigen. Salzwiesenvegetation an der Festlands- zu können. küste von Schleswig-Holstein im Jahr Trauerente 1988 erbrachte eine Gesamtfläche von (HENNIG & ESKILDSEN, S. 70) ? rund 6.100 ha. Die erste Wiederholungs- Fische Die Analyse von Literatur- und unveröffent- kartierung im Jahr 1996 ergab eine Ge- (VORBERG, S. 21, lichten Daten sowie den Ergebnissen der samtfläche von 6.800 ha. Dies entspricht NEUDECKER, S. 24) : Erhebungen seit 1999 identifiziert einige einem Zuwachs der Salzwiesenvegetation Das räumliche Verbreitungsbild der Fische Gebiete, die als Mausergebiete der Trauer- von zehn Prozent innerhalb von acht Jah- im Dithmarscher Wattenmeer konnte wei- enten dienen. Ihre Habitatansprüche blei- ren. Bezogen auf die Vorlandsalzwiesen ter differenziert werden. Stellenweise be- ben jedoch weiterhin unscharf, da bei-

73 spielsweise Erkenntnisse zur Art der Nah- deutend. Während die Sylt-Rømø-Bucht wurde 2000 anhand der Befunde aus den rungsressourcen und zum Grad der verliert, nimmt der Anteil der in der Hever intensiver untersuchten Probeflächen Störungssensibilität erst in Ansätzen vorlie- und in den Elbmündungsgebieten gebore- („Census Areas“) überprüft. Bei den zwölf gen. nen Seehunde in den letzten Jahren zu. Salzwiesenflächen an der schleswig-hol- Die Gesamtdatenlage spricht für eine Än- steinischen Festlandsküste, die seit 1996 derung von Vitalparametern (Mortalität, mit personeller Kontinuität erfasst werden, Spülsaummonitoring Populationswachstum) der Seehunde seit zeigt sich in der Tat 1999 und 2000 eine (FLEET, S. 36) s 1997. Innerhalb der nächsten Jahre dürfte Bestandsabnahme um jeweils etwa zehn Die Verölungsraten der Hauptzielarten wa- die Mortalität ansteigen und das Be- Prozent (Abbildung 1). Beim Seeregenpfei- ren im Winter 1999/2000 niedriger als der standswachstum entsprechend nachlas- fer deutet sich eine Stabilisierung auf nied- Durchschnitt der sechs Jahre zuvor. Ledig- sen. rigem Niveau an. In den meisten Gebieten lich beim Eissturmvogel ist eine höhere gab es gegenüber dem Vorjahr nur geringe Verölungsrate 1999/2000 als in einigen Veränderungen, im Vorland von St. Peter Wintern zuvor zu verzeichnen, vermutlich Rastvögel eine weitere Abnahme. Die Zunahme des aufgrund höherer Sterblichkeit dieser Art in (GÜNTHER, S. 64) : Gesamtbestandes um immerhin etwa 20 diesen Wintern und in dem extrem kalten Die Ergebnisse aus dem Monitoring der Prozent ist ausschließlich auf die Entwick- Winter 1995/96. Bei Bereinigung der Da- Rastvogelbestände zeigen deutlich, dass lung im Rickelsbüller Koog und Beltring- ten für den Eissturmvogel liegt die durch- bei etlichen Arten Tendenzen immer besser harder Koog zurückzuführen. schnittliche Verölungsrate jedoch deutlich erkennbar und Ergebnisse damit interpre- höher als im letzten Winter. Inwieweit die tierbar werden. Unter 48 untersuchten Ar- reduzierten Ölraten auf das Inkrafttreten ten entwickelten sich die Bestände in die- Sozioökonomie der Sondergebietsregelung nach Anlage 1 sem Zeitraum bei 19 Arten eindeutig posi- (GÄTJE, S. 38) s des Übereinkommens zur Verhütung der tiv und bei zwölf Arten eindeutig negativ. Die Entwicklung des Schiffsverkehrs in den Meeresverschmutzung durch Schiffe Besonders die wie im Vorjahr rückläufigen Häfen der Westküste war seit 1985 keinen (MARPOL) zurückzuführen sind, wird sich Bestände einiger typischer und zahlen- gravierenden Veränderungen unterworfen. in Verlauf der nächsten Winter zeigen. mäßig bedeutender Wattenmeerarten wie Seit 1993 nimmt die Zahl der Ein- und Aus- Knutt, Ringelgans und Austernfischer ge- gänge an Schiffen fast kontinuierlich ab. ben Anlass zur Sorge. Demgegenüber ste- Bei den Wasserfahrzeugen auf See deutet Seehunde hen wie im Vorjahr positive Entwicklungen sich eine tendenzielle Abnahme der Ge- (ABT, S. 31) s der Rastbestände einiger Arten gegenü- samtzahl der Wasserfahrzeuge (im Som- Der Seehundsbestand hat mit 6.700 Tie- ber, die vor allem die eingedeichten mer) an. Die Zahl der Starts und Landun- ren (davon 1.640 Neugeborene) gegenü- Feuchtgebiete am Rande des Wattenmee- gen auf Flughäfen an der schleswig-hol- ber dem Vorjahr um 9,2 Prozent zugenom- res vermehrt als Brut- oder Rastgebiete steinischen Westküste liegt 1997 bis 1999 men. Damit bewegt sich die Zunahme nutzen oder deren Brutbestände nicht deutlich niedriger als im Jahr 1986. Be- großräumig gesehen auf dem Niveau der nur im Wattenmeer stark angewachsen trachtet man nur den von Trischen aus re- Jahre 1994 bis 1998. Nach dem Einbruch sind. gistrierten Flugverkehr, wird auch hier eine von 1999 gegenüber dem Vorjahr übertrifft Abnahme seit 1993 registriert. Ebenso ver- dies die Erwartungen. Offensichtlich rekru- ringerte sich dort der Anteil des Flugver- tierte sich der 1999-er Geburtsjahrgang Brutvögel kehrs unterhalb einer Flughöhe von 600 besser als der stark reduzierte 1998-er (HÄLTERLEIN, S. 62) : Metern deutlich. Anhand dieser Zahlen al- Jahrgang. Innerhalb des Nationalparks 1999 wurde im deutschen Wattenmeer lein ist jedoch derzeit noch keine Aussage werden einige Wattgebiete als Aufzucht- erstmalig ein deutlicher Rückgang der über die von Flug- und Schiffsverkehr ver- gebiet tendenziell mehr oder weniger be- Austernfischer festgestellt. Diese Tendenz ursachten Störungen möglich.

74 Die Autorinnen und Autoren

Kai F. Abt Klaus Günther Stefan Nehring Institut für Meereskunde WWF-Projektbüro Wattenmeer Bundesanstalt für Gewässerkunde Düsternbrocker Weg 20 Norderstr. 3 Kaiserin-Augusta-Anlagen 15-17 24105 Kiel 25813 Husum 56068 Koblenz [email protected] [email protected] [email protected]

Thomas Neudecker Justus van Beusekom Bernd Hälterlein Bundesforschungsanstalt für Fischerei Alfred-Wegener-Institut Landesamt für den Nationalpark Institut für Seefischerei für Polar- und Meeresforschung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Palmaille 9 Wattenmeerstation Sylt Schloßgarten 1 22767 Hamburg 25832 Tönning Hafenstraße 43 [email protected] 25992 List auf Sylt [email protected] [email protected] Carola Pommerening Veit Hennig Staatliches Umweltamt Itzehoe Uwe Eckermann Institut für Zoologie der Universität Hamburg Oelixdorfer Str. 2 Staatliches Umweltamt Itzehoe Martin-Luther-Platz 3 25524 Itzehoe Oelixdorfer Str. 2 20146 Hamburg [email protected] 25524 Itzehoe [email protected] [email protected] Karsten Reise Adolf Kellermann Alfred-Wegener-Institut für Polar- Willfried Ellmer Landesamt für den Nationalpark und Meeresforschung Wattenmeerstation Sylt Bundesamt für Seeschiffahrt Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Schloßgarten 1 Hafenstrasse 43 und Hydrographie 25832 Tönning 25992 List auf Sylt Dierkower Damm 45 [email protected] [email protected] 18146 Rostock [email protected] Norbert Kempf Heinz Rüdel Bernstorffstr. 155 Fraunhofer-Institut für Umweltchemie Kai Eskildsen und Ökotoxikologie 22767 Hamburg Landesamt für den Nationalpark Postfach 12 60 [email protected] Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 57392 Schmallenberg Schloßgarten 1 [email protected] Gerhard Köhler 25832 Tönning Staatliches Umweltamt Itzehoe [email protected] Ursula Siebert Oelixdorfer Str. 2 Forschungs- und Technologiezentrum 25524 Itzehoe David M. Fleet der Universität Kiel gerhard.kö[email protected] Landesamt für den Nationalpark Hafentörn 25761 Büsum Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Jörn Kohlus [email protected] Schloßgarten 1 Landesamt für den Nationalpark 25832 Tönning Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Martin Stock [email protected] Schloßgarten 1 Landesamt für den Nationalpark Schleswig- 25832 Tönning Holsteinisches Wattenmeer Christiane Gätje [email protected] Schloßgarten 1 Landesamt für den Nationalpark 25832 Tönning Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Klaus Lucke [email protected] Schloßgarten 1 Forschungs- und Technologiezentrum 25832 Tönning der Universität Kiel Hartmut Stumpe [email protected] Hafentörn Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 25761 Büsum Schloßgarten 1 Sabine Gettner [email protected] Heinzel & Gettner Büro Westküste 25832 Tönning [email protected] Feldhausweg 4 Harald Marencic 25826 St Peter-Ording Common Wadden Sea Secretariat Ralf Vorberg [email protected] Virchowstr. 1 Fasanenweg 12 26382 Wilhelmshaven 21521 Dassendorf Jeanette Göbel [email protected] [email protected] Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein Georg Nehls Gerhard Wagner Hamburger Chaussee 25 Alte Landstr. 2 Geozentrum der Universität Trier 24220 Flintbek 25875 Hockensbüll 54286 Trier [email protected] [email protected] [email protected]

75 Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Bisher sind in dieser Reihe erschienen: Als Sonderhefte erschienen:

Heft 1 (1989): Heft 8 (1996): 10 Jahre Nationalpark Bewertung der Jagd im Ökosystemforschung Wattenmeer Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer Synthesebericht 71 Seiten 27 Seiten Grundlagen für einen Nationalparkplan vergriffen vergriffen 716 Seiten € 49,–/sFr 86,30 Faunistik und Naturschutz auf Taymir Heft 2 (1989): Expeditionen 1989–1991 Brut- und Rastvogelzählungen im Heft 9 (1996): 264 Seiten Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer Ökosystemforschung Wattenmeer € 19,90 1987/1988 Synthesebericht 96 Seiten Grundlagen für einen Nationalparkplan Brutvögel des Wattenmeeres 1991 € 5,–/ sFr 10,– – Kernpunkte – 108 Seiten 32 Seiten kostenlos Heft 3 (1992): € 4,90/sFr 9,80 Eiderenten im Wattenmeermonitoring 1998 Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer Heft 10 (1999): 44 Seiten 64 Seiten Atlas der Fische vergriffen vergriffen im schleswig-holsteinischen Wattenmeer 178 Seiten Chronik des Nationalparks Heft 4 (1994): € 18,–/sFr 32,40 1985–2000 Middendorffs Sibirische Reise 20 Seiten mit ergänzenden Beiträgen Heft 11 (2000): kostenlos 313 Seiten Die Salzwiesen der Hamburger Hallig vergriffen 88 Seiten Wattenmeermonitoring 1999 € 9,90/sFr 18,60 Schwerpunktthema: Der Mensch in der Heft 5 (1994): Nationalparkregion Ökosystemforschung Heft 12 (2000): 51 Seiten Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Robben im Nationalpark kostenlos Eine Zwischenbilanz 40 Seiten 122 Seiten € 6,40/sFr 12,– vergriffen Heft 13 (2000): Heft 6 (1997): Trischen – Perle im Nationalpark Garnelenfischerei und Naturschutz 40 Seiten im Nationalpark € 6,40/sFr 12,– 88 Seiten € 9,90/sFr 18,60 Die Hefte 6 bis 13 sind lieferbar über den Verlag Boyens & Co. Heft 7 (1997): Salzwiesenschutz im schleswig- holsteinischen Wattenmeer 48 Seiten € 7,40/sFr 13,90 Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Auch für das Jahr 2000 werden die Er- gebnisse aus dem Monitoringprogramm im Wattenmeer wieder von den einzelnen Disziplinen dargestellt. In der Zusammen- schau gibt die Gesamtbewertung des Na- tionalparks derzeit kaum Anlass zur Sorge, da in den meisten Bereichen gleichblei- bende oder positive Entwicklungen festzu- stellen sind. Trotzdem bleiben Problembe- reiche, die auch künftig Aufmerksamkeit verdienen: • nach wie vor hohe Nährstofffrachten des Wattenmeers insgesamt, • anhaltendes Auftreten synthetischer Substanzen im System, • Vorhandensein der hormonell wirksa- men Organozinnverbindungen wie TBT, • nicht vollständig geklärte Ursachen für den Rückgang der Seegräser, • neue Arten im Wattenmeer sowohl im Wasser (toxisches Phytoplankton) als auch am Boden (Pazifische Auster), • Rückgang einiger Brut- und Rastvogel- arten • Massensterben muschelfressender En- ten.

Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist • Biosphärenreservat der UNESCO • Feuchtgebiet internationaler Bedeutung (Ramsar-Abkommen) • Schutzgebiet der Europäischen Union (NATURA 2000) • Schutzgebiet der trilateralen Wattenmeerzusammenarbeit