Bilder in Martin Luthers Tischreden
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Bilder in Martin Luthers Tischreden Argumente und Beispiele gegen die Laster Hochmut, Abgötterei und Betrug Inaugural–Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde an der Philosophischen Fakultät der Universität Trier im Fach Kunstgeschichte vorgelegt bei Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke und Prof. Dr. Johannes Tripps von Susanne Zeunert M.A. Hemsbach, August 2016 Mit der vorliegenden Arbeit bin ich im September 2017 an der Universität Trier promo- viert worden. Mein aufrichtiger Dank gilt Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke und dem dortigen Lehrstuhl Kunstgeschichte, Frau Prof. Eichberger und Frau Prof. Münch. Angeregt wurde die Arbeit von Herrn Prof. Johannes Tripps, der ein wichtiges For- schungsvorhaben erkannt und mir anvertraut hat. Ebenso danke ich der Luthergesell- schaft für das Stipendium, das die Recherchen im ersten Jahr ermöglicht hat. Zu tiefstem Dank verpflichtet bin ich Dr. Helga Kaiser Minn und Dr. Holger Kaiser für die ständige Ermutigung und theologischen Beistand. Wertvolle Hinweise verdanke ich Herrn Georg Machauer, Dr. Hanns Hubach, Dr. Tino Licht und Dr. Sarah Kohl. Gewidmet ist die Dissertation meiner Mutter. !2 TR 4714. (1539). Illa vespera fuit cum multis egregiis viris in depositione ipseque tres adolescentes a beanio absolvebat, tandem dicens: Haec est ceremonia, ut vos humiliemini, ne insolenter superbiatis et malo assuescatis. Nam talia vitia sunt cornuta et monstrosa membra, quae non decent hominem scholasticum. Darumb demutigt euch. Lernet dulden. Jhr werdet ewer lebenlang deponiret werden. In magnis officiis in futurum deponent vos cives, rustici, nobiles, uxores variis molestiis; haec cum acciderunt, nolite frangi impatientia, sed aequo ferte animo crucem et molestiam sine murmuratione. Mementote vos esse Vitebergae initiatos ad molestias. Jch habe zu Witenbergk erstlich angefangen zu deponiren, dum eram adolescens; nunc gravior graviores habeo depositiones. Ita haec vestra depositio tantum est figura vitae humanae in calamitatibus et castigationibus. — Et ita fuso vino in capite eorum absolvit eos a beanio. FB. Von der Deposition. Und da er, D. M. sammt etlichen furtrefflichen Gelehrten auf einer Deposition war, absolvirt er drey Knaben, und sprach: „Diese Ceremonie wird darum also gebraucht, auf daß ihr gedemüthiget werdet, nicht hoffärtig und vermessen seyd, noch euch zum Bösen gewöhnet. Denn solche Laster sind wünderliche, ungeheure Thier, die da Hörner haben, die einem Studenten nicht gebühren und ubel anstehen. Darum demüthiget euch und lernet leiden und Geduld haben, denn ihr werdet euer Lebenlang deponiret werden. Jn großen Aemtern werden euch ein Mal die Bürger, Baurn, die vom Adel, und eure Weiber deponiren und wol plagen. Wenn euch nun solches widerfahren wird, so werdet nicht kleinmüthig, verzagt und ungedüldig, dieselbigen lasset euch nicht uberwinden; sondern seyd getrost, und leidet solch Creuz mit Geduld, ohne Murmelung; gedenkt dran, daß ihr zu Wittenberg geweihet seyd zum Leiden, und könnt sagen, wenns nu kömmt: Wolan, ich habe zu Wittenberg erstlich angefangen deponirt zu werden, das muß mein Lebenlang währen. Also ist diese unser Deposition nur ein Figur und Bilde menschlichs Lebens, in allerley Unglück, Plagen und Züchtigung.” Goß ihnen Wein aufs Häupt, und absolvirte sie vom Bean und Bachanten. !3 Inhaltsverzeichnis Einleitung 7 1 Die Tischreden als Quelle 11 2 Luthers Stellung zur Bilderfrage 17 3 In den Tischreden erwähnte Bilder und ihre Funktion – Mahnung, Argumentationshilfe und Warnung 28 3.1 Der Ölberg zu Speyer – Ein spöttischer Kommentar über den Wucher der Juden 28 3.2 Das Bild des schlafenden Jesuskindes – Eine Mahnung zur Wachsamkeit 33 3.3 Das Doppelporträt von Katharina von Bora und Martin Luther – Eine Argumentationshilfe gegen den Zölibat 38 3.4 Das Porträt des Erasmus von Rotterdam – Ein Beweis für seinen listigen und tückischen Charakter 48 4 Das Laster der Superbia in Luthers Tischreden 58 4.1 Superbia – Das schlimmste aller Laster 58 4.2 Luthers theologische Auseinandersetzung mit der Superbia und ihre Differenzierung 69 5 Bildargumente in den Tischreden als Beispiele der Superbia 80 5.1 Weltlicher Hochmut und Demütigung der Herrscher 80 5.1.1 Karl V. – Die Reue vor seinem Bildteppich mit der Schlacht von Mühlberg 80 5.1.2 Heinrich von Braunschweig – Die Scheinbestattung der Eva von Trott 89 5.1.3 Christian II. von Dänemark – Die Demütigung des Königs im Bild seiner Vertreibung 94 5.2 Weltlicher Hochmut und Bestrafung der Städte 100 5.2.1 Venedig und Florenz – Die Umzüge zur Verspottung des Kaisers 100 5.2.2 Antwerpen – Ihr Sich-Rühmen als Königin der Welt 108 5.2.3 Utrecht und Löwen – Das Prahlen mit der Herkunft und Ausbildung von Papst Hadrian 115 !4 5.3 Geistlicher Hochmut und Betrügereien des Papstes und der Kurie 120 5.3.1 Luthers Bildkritik am Papst 120 5.3.1.1 „Figuren und Gemälde“ – Papstkritik in alten Quellen 120 5.3.1.2 Judasbeutel – Die Verspottung der Insignien des Papstes 127 5.3.1.3 Der Sauritt – Eine Karikatur der Hinhaltetaktik des Papstes 134 5.3.1.4 „Papst, Cardinäl und Mönche abgemalet“ – Luther korrigiert und ergänzt ein Bild 139 5.3.2 Die Blasphemien Roms, der „Heiligen Haupstadt der Laster“ 141 5.3.2.1 Das Pantheon – Seine Umweihung zu einer Kirche für alle Heiligen außer für Christus 151 5.3.2.2 „Der Kirche Schifflein“ – Ein Bild der Anmaßung des Klerus 157 5.3.2.3 Die Veronika – Ein Betrug mit dem angeblichen Porträt Christi 163 5.3.2.4 Die Schnitzbilder Petri und Pauli – Ein Betrug mit den angeblichen Häuptern der Apostelfürsten 167 5.3.2.5 ,Ecclesiam pro mari rego‘ – Eine weitere Inschrift der „Navicella“ 172 5.3.2.6 Die Päpstin Johanna – Ein Betrug an den Betrügern 177 5.4 Geistlicher Hochmut, Blasphemie und Betrug der Mönche 183 5.4.1 Das Altarbild mit Franziskus-Christus-Typologie – Eine Anmaßung der Franziskaner 183 5.4.2 Handelnde „Gnadenbilder“ – Betrug und Verführung zur Idolatrie 196 5.4.2.1 Das „Rood of Grace“ von Boxley – Ein bewegliches Kruzifix 198 5.4.2.2 „Our Lady of Walsingham“ – Die Hochzeit der Bilder 206 5.4.2.3 Signum quod habet elector – Das Beweismittel in der Hand des Kurfürsten 214 Schluss – Ergebnisse der Arbeit 221 Literaturverzeichnis 228 Abbildungsverzeichnis 257 !5 Siglenverzeichnis ARG Archiv für Reformationsgeschichte AWA Archiv zur Weimarer Lutherausgabe BBLK Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon BS(E)LK Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche DWb Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm KKK Katechismus der Katholischen Kirche LCI Lexikon für christliche Ikonographie LMA Lexikon des Mittelalters LThK Lexikon für Theologie und Kirche LuJ Lutherjahrbuch ML Marienlexikon TRE Theologische Realenzyklopädie WA Martin Luthers Werke: Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe) WA Br WA Briefwechsel WA DB WA Deutsche Bibel WA TR WA Tischreden !6 Einleitung Die vorliegende Arbeit ging aus den Forschungen zu meiner Magisterarbeit, die sich mit den kunsthistorischen Aspekten im Werk Martin Luthers beschäftigt hat, hervor. Das damals gesichtete Material erwies sich als so ergiebig, dass sich eine Erweiterung zu einer Dissertation anbot. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, die Tischreden Luthers für die Kunstgeschichte auszuwerten, auf Erwähnungen, die kunst- und kulturhistorisch relevant sind, zu überprüfen und die Stellen so aufzubereiten, um neues bzw. wenig beachtetes Quellenmaterial für die Frühe Neuzeit-Forschung bereitzustellen. Da die Tischreden bisher nicht systematisch auf Aussagen zu Kunst und Kultur überprüft worden sind, einzelne, der Forschung bekannte Stellen aber auf mehr relevantes Material schließen ließen, ist das Thema ein Forschungsdesiderat. Das Corpus der Tischreden von über 7000 Einzeltexten bzw. Passagen und Kombinationen wurde gesichtet, die gefundenen Stellen auf Relevanz überprüft, nach Themen gebündelt und in Kapitel eingeteilt. Jedes Kapitel wird mit dem Zitat der Tischrede samt ihren Parallelstellen eingeleitet, der Inhalt paraphrasiert, in den historischen Zusammenhang gestellt und nach kunsthistorischen Gesichtspunkten ausgewertet. Als Textgrundlage wurde die Weimarer Ausgabe1 der Werke Luthers herangezogen. Im Anschluss erfolgte eine ergänzende Stichwortsuche in der Datenbank Luthers Werke im www,2 die jedoch nicht so ergiebig war wie die systematische Durchsicht der Texte. Auch das Lutherregister3 war zur Überblicksrecherche nur von begrenztem Nutzen; denn es zeigte sich, dass eine Vielzahl von Begriffen für die Suche zwar in Frage kommt, aber zugleich die Schwierigkeit besteht, dass diese bei Luther nicht ohne weiteres unsere heutige Bedeutung haben. So finden sich in den Registern zum Beispiel unter „Bild“ und „malen“ überwiegend Texte, die sich nicht auf Bildwerke, sondern auf innere Vorstellungsbilder, sprachliche Veranschaulichungen, biblische Ereignisse und deren typologisches Verhältnis beziehen.4 Auch die Sakramente kann Luther als Bilder 1 Die kritische Gesamtausgabe der Werke Luthers (Weimarer Ausgabe im Folgenden als WA abgekürzt) wurde 1883 begonnen und 2009 abgeschlossen. 2 http://luther.chadwyck.co.uk.ubproxy.ub.uni-heidelberg.de. Die Datenbank war zu Beginn meiner Arbeit nur in Leipzig zugänglich, jetzt ist sie aber dank DFG-Förderung auch in Heidelberg verfügbar. 3 Im Tübinger Institut für Spätmittelalter und Reformation sind ca. 3 Millionen Belegkarten gesammelt, die ein Orts-, Personen- und Zitatenregister sowie ein lateinisches Sachregister und ein fünfbändiges deutsches Sachregister umfassen. Das Orts- und das Personenregister erfassen die Textbelege vollständig, das Sachregister gibt lediglich eine Auswahl wieder. 4 Kantzenbach,