Zu Den Namen Spätzeitlicher Usurpatoren, Fremdherrscher, Gegen- Und Lokalkönige*
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Originalveröffentlichung in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 129, 2002, S. 31-42 ZÄS 129 (2002) J. Kahl: Namen spätzeitlicher Usurpatoren 31 JOCHEM KAHL Zu den Namen spätzeitlicher Usurpatoren, Fremdherrscher, Gegen- und Lokalkönige* 0. Ausgangsüberlegungen formen" Thronfolgern, Usurpatoren, Fremd herrschern sowie Gegen und Lokalkönigen Daß ägyptische Könige in ihren Namen das hinsichtlich bestimmter legitimatorischer Aus politische Selbstverständnis ihrer Regierung in sagen miteinander verglichen werden. Denn offizieller Formulierung darlegten und einen insbesondere dort, wo Königsherrschaft prekär Hinweis auf ihr „Regierungsprogramm" gaben, wird fraglos beim Wechsel der Herrscher , ist ist allgemein bekannt'. Daß sie diese Namen zu vermuten, daß Legitimationsbemühungen der auch in der Spätzeit gezielt zur Legitimation Könige stattgefunden haben. Somit bietet eine benutzten, soll im folgenden exemplarisch ge Analyse der Königsnamen, die sich die neuen zeigt werden. Machthaber zumeist bei Herrschaftsbeginn Ausgehend von der im Sonderforschungsbe gelegentlich auch erst im Verlaufe ihrer Amts reich 493 entwickelten Fragestellung, ob und führung gaben (geben ließen) , die Möglich wie sich eine bestimmte Königstheologie auf die keit, eventuelle legitimatorische Funktionen der Ausübung monarchischer Herrschaft auswirkt Namen zu erkennen. und ob und wie Ereignisse und Zwänge, mit Hierbei wird der regelhafte Fall des Thron denen monarchische Herrschaft konfrontiert wechsels, der in Ägypten durch Patrifiliation wird, verändernd auf die Königstheologie ein und/oder Designation (gelegentlich auch göttli wirkten, sollen die Königsnamen von „regelkon che Erwählung) gerechtfertigt wurde, mit Spezi alfällen verglichen4. Die ägyptische Spätzeit, die in vorliegender * Dieser Artikel entstand im Rahmen des SFB 493 Arbeit als der Zeitraum von der Unterwerfung „Funktionen von Religion in antiken Gesellschaften des Ägyptens durch Pije bis einschließlich Alexander Vorderen Orients". 1 Vgl. z.B. Louise Gestermann, Kontinuität IV. definiert ist, ist durch zahlreiche Fremd und Wandel in Politik und Verwaltung des frühen Mittleren Reiches in Ägypten (GOF IV/18; Wiesbaden 1987) 4953 (zu den Horusnamen Mentuhoteps II.) und Rolf Gundlach, „Weltherrscher und Weltord ' Vgl. die naophore Statue des Udjahorresnet (Mu nung Legitimation und Funktion des ägyptischen seo Gregoriano Egizio Vaticano Inv. Nr. 196), auf der Königs am Beispiel Thutmosis III. und Amenophis erwähnt wird (B 13), daß Udjahorresnet die Titulatur III.", in: Rolf Gundlach Hermann Weber des Kambyses mit dessen Thronnamen entworfen hat. (Hrsg.), Legitimation und Funktion des Herrschers: Legitimation konnte der Herrscher auf verschie vom ägyptischen Pharao zum neuzeitlichen Diktator dene Art erlangen: (Schriften der Mainzer Philosophischen Fakultätsgesell 1. durch blutsmäßige Abstammung schaft 13; Stuttgart 1992) 36. 2. durch Designation Im SFB 493 „Funktionen von Religion in antiken 3. durch gottesähnliche Erwählung mittels Mythos Gesellschaften des Vorderen Orients" werden vier (dem König wurde beim Geburtsritual die Rolle des große Themenbereiche erforscht: „Religion und Regio Gottessohnes zuteil), Orakel (das Götterbild gab bei nalität", „Religion in der Krise", „Religion und Herr einer Festprozession durch ein Zeichen die Wahl des schaft" sowie „Religiöse Integration und Abgrenzung". Königs zu erkennen) oder Traum (dem König wurde Die Münsteraner Ägyptologie ist in der Abteilung im Traum die Königswürde verheißen) „Religion und Herrschaft" vertreten, genauer arbeitet 4. durch Leistungsfähigkeit und damit verbunden dem sie dort in der Gruppe „Thronwechsel und Usurpatio Besitz der tatsächlichen Regierungsgewalt (z. B. Usur nen in Kleinasien, Mesopotamien, Persien, Israel und pation). Ägypten". 5 Ca. 730306 v. Chr. 32 J. Kahl: Namen spätzeitlicher Usurpatoren ZÄS 129 (2002) Dynastie Fremdherr Gegen/ Usurpatoren Befreier „regelkonforme" scher Lokalkönige von Fremd Thronfolger herrschaft 25. Dyn. Kuschiten Lokalkönige (Kuschiten) Assyrer im Delta 26. Dyn. Psametik I. (Saiten) Necho EL Psametik II. Apries Amasis Psametik III. 27. Dyn. Perser Pedubaste IV. (Perser) Inaros 28. Dyn. Amyrtaios (Saiten) 29. Dyn. Nephorites I. (Mendesier) Muthis (?) Psamuthis Achoris (Usurpator?) Nephorites II. 30. Dyn. Nektanebis (I.) (Sebennyten) Teos Nektanebos (II.) 31. Dyn. Perser Chababasch (Perser) Makedonische Argeaden Zeit Abb. 1. Übersicht über die Könige der ägyptischen Spätzeit, aufgeteilt nach Mechanismen ihrer Amtsüber nahme herrschaften sowie durch mehrere Dynastie gemein, daß sie in Ägypten vor der gleichen wechsel und Usurpationen gekennzeichnet. Sie schwierigen Situation standen, sich zu legitimie bietet somit ein vielversprechendes Arbeitsfeld, ren und ihre Herrschaft anerkannt zu bekommen. um zu erforschen, ob und wie Ereignisse und Unregelmäßigkeiten in der Thronfolge dieser Zwänge, mit denen monarchische Herrschaft Dynastien bleiben unberücksichtigt, da die ein konfrontiert wurde, verändernd auf die Kö zelnen Herrscher ihren indigenen Thronfol nigstheologie einwirkten. geregeln unterlagen und nicht den ägyptischen7. Im folgenden werden die Herrscher der Spät Lokal bzw. Gegenkönige: Das sind Herr zeit in verschiedene Kategorien eingeteilt (s. scher, die im Schatten einer fremden Groß Abb. 1), um dann den Aussagen ihrer Königs macht operierten und nur über einen Teil des namen eventuelle Legitimationsstrategien zu Landes die Kontrolle hatten. Zur Zeit der entnehmen. 25. Dynastie waren dies im Delta unter anderen Es lassen sich grob unterscheiden: Gemnefchonsbak8 und Necho I. von Sais , zur Fremdherrscher: Das sind die Könige der 25., 27. und 31. Dynastie, und das sind die Argea Zu der Auswahl des Königs in Kusch vgl. Ange den . Stammten diese Herrscher auch aus ver lika Lohwasser, „Die Auswahl des Königs in schiedenen Kulturkreisen, so war ihnen dennoch Kusch", in: Beiträge zur Sudanforschung 7, Wien 2000, 85102. Vgl. Pierre Montet, Le lac sacre de Tanis (Paris Zur Einschätzung der 25. Dynastie als Fremdherr 1966) 7073. schaft vgl. zuletzt Karl JansenWinkeln, „Die ' Kenneth A. Kitchen, The Third Intermediate Fremdherrschaft in Ägypten im 1. Jahrtausend v. Chr.", Period in Egypt (1100650 B.C.) (Warminster 21986) in: Or 69, 2000, 1316. 145147. ZÄS 129 (2002) J. Kahl: Namen spätzeitlicher Usurpatoren 33 10 Zeit der 27. Dyn. waren dies Pedubaste IV. Nektanebis (I.), der Nephorites IL, den legi 18 und Inaros", zur Zeit der 31. Dynastie war dies timen Nachfolger des Achoris, absetzte , 2 Chababasch' . Nektanebos (IL), dessen Vater Tjahapimu ihn während eines Feldzugs seines Onkels Teos Usurpatoren: Das sind Könige, die ihre zum König erhob, und dem sich die Armee Vorgänger zum Teil unter massiver Gewalt anschloß". anwendung — absetzten und selbst die Macht 3 ergriffen' : Befreier von Fremdherrschaft: Das 20 21 Amasis, der nach Herodot II, 161162 vom sind Psametik I. und Amyrtaios , die jeweils als meuternden Heer zum König gegen Apries in Ägypten ansässige Potentaten den zuvor von 4 erhoben wurde' , Fremdherrschern besetzten Thron übernehmen Nephorites I. , der Amyrtaios gefangen und konnten. hingerichtet haben soll , „Regelkonforme" Thronfolger: Das Psamuthis, der John Ray zufolge ein Usur sind solche Herrscher, die sich insbesondere pator, nicht nur ein Gegenkönig zu Achoris 17 durch patrilineare Erbfolge oder Designation war , legitimierten, ohne daß eine Gewaltanwendung gegen den vorherigen König erkennbar ist. "' Jean Yoyotte, „Petoubastis III", in: RdE 24, Obwohl diese Einteilung an manchen Posi 1972, 216223; zur Zählung der Könige namens Pedu baste vgl. Jürgen von Beckerath, „Beiträge zur tionen mit Unsicherheiten behaftet ist, soll nun Geschichte der Libyerzeit: 3. Die Könige namens Pe der Versuch gewagt werden, verschiedene Auf dubaste", in: GM 147, 1995, 913 und ders., Handbuch fälligkeiten in den Königsnamen zu untersu der ägyptischen Königsnamen (MAS 49; Mainz "1999) chen. 222223. " Vgl. Friedrich Karl Kienitz, Die politische Geschichte Ägyptens vom 7. bis zum 4. Jahrhundert vor der Zeitwende (Berlin 1953) 6772. 1. Rückgriff auf alte Königsnamen Zu Chababasch vgl. u. a. Anthony Spalinger, „The Reign of King Chabbash: An Interpretation", in: ZÄS 105, 1978, 142154; ders., „Addenda to „The Als erstes Fallbeispiel sei der Rückgriff auf Reign of King Chabbash: An Interpretation" (ZÄS 105, Königsnamen vorgestellt, der wohl programma 1978, pp. 142154)", in: ZÄS 107, 1980, 87; Robert tisch und legitimierend interpretiert werden darf. K. Ritner, „Khababash and the Satrap Stela — A Dabei setze ich voraus, daß Zugang zu den Na Grammatical Rejoinder", in: ZÄS 107, 1980, 135137; Hans Goedicke, „Comments on the Satrap Stela", in: BES 6, 1985, 3354; Thomas Schneider, Lexi kon der Pharaonen (München 1996) 144145. 7 John D.Ray, „Psammuthis and Hakoris", in: ' Vgl. Manfred G. Schmidt, Wörterbuch zur JEA 72,1986,149158. Politik (Stuttgart 1995) 982, wonach Usurpation als 1 Vgl. die Stele von Hermopolis (Günther Roe „widerrechtliche Inbesitznahme von Leitungspositio der, „Zwei hieroglyphische Inschriften aus Hermopo nen in der Politik, z. B. durch Putsch, Staatsstreich oder lis", in: ASAE 52, 391392, C 911). Thronraub" definiert wird. " Vgl. Friedrich Karl Kienitz, Die politische 14 Vgl. Herman De Meulenaere, Herodotos Geschichte Ägyptens vom 7. bis zum 4. Jahrhundert over de 26ste Dynastie (11,147111,15) (Leuven 1951) vor der Zeitwende (Berlin 1953) 9697 und Hanna 7882; Elmar Edel,