“Worin Lag Dieses Lockende Und Drohende Geheimnis Im Leben [...] ?”
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Universiteit Gent Academiejaar 2006-2007 “worin lag dieses lockende und drohende Geheimnis im Leben [...] ?” Eine Untersuchung nach dem ästhetizistischen und dekadenten Gehalt von Leopold von Andrians Der Garten der Erkenntnis Promotor: Prof. Dr. J. De Vos Verhandeling voorgelegd aan de Faculteit Letteren en Wijsbegeerte voor het behalen van de graad van licentiaat in de Taal- en Letterkunde: Germaanse talen door Sofie Van Damme 2 3 Mein aufrichtiger Dank gilt jedem, der irgendwie zu dieser Arbeit beigetragen hat, an erster Stelle meinem Promotor Prof. Dr. Jaak De Vos, auf den ich mich jederzeit verlassen konnte, und dessen wertvolle inhaltliche und stilistische Suggestionen und Hilfe bei der sprachlichen Korrektur eine andauernde Ermutigung bedeuteten. Auch darf ich innerhalb des Fachbereiches Deutsch sicherlich nicht unerwähnt lassen: Frau Annelies Lefebvre, für die Verfügbarkeit der herangezogenen Literatur, und Prof. Dr. Benjamin Biebuyck, für seine Ratschläge beim ersten Beginn dieser Arbeit. Auch meinen Eltern und meinem Freundenkreis, die mir den Rücken gestärkt haben, will ich herzlich bedanken. 4 5 Inhalt 1. Einleitung ...................................................................................................................... 7 2. Das sozial-politische Leben ........................................................................................ 13 2.1. Werteverlust und Wertesuche .............................................................................. 14 2.1.1. Erwins Streben nach Orientierung ................................................................ 15 2.1.2. Identitätssuche ............................................................................................... 17 2.1.3. Rückfall oder Fortschritt? ............................................................................. 18 2.2. Narzissmus ........................................................................................................... 20 2.2.1. Die narzisstische Selbstspiegelung ............................................................... 22 2.2.2. Innere Welt versus reale Welt ....................................................................... 27 2.2.3. Begrenzung versus Entgrenzung ................................................................... 30 3. Das scheinhafte Leben ................................................................................................ 39 3.1. Tabuisierung ........................................................................................................ 40 3.1.1. Homosexualität ............................................................................................. 40 3.1.1.1. Das Andere............................................................................................. 41 3.1.1.2. Clemens ................................................................................................. 51 3.1.1.3. Das Konvikt ........................................................................................... 55 3.1.1.4. Der Fremde ............................................................................................ 60 3.1.1.5. Eine weibliche Erzählung ...................................................................... 63 3.1.2. Die inzestuöse Neigung zur Mutter .............................................................. 69 3.2. Das Schauspielmotiv ............................................................................................ 80 3.2.1. Rollenspiel, Wirklichkeit und Lüge .............................................................. 81 3.2.2. Zuschauer ...................................................................................................... 87 3.2.3. Bühne oder Leben? ....................................................................................... 92 4. Leben und Kunst ......................................................................................................... 98 4.1. Der Garten der Erkenntnis als dekadentes Werk? .............................................. 99 4.1.1. Das Unnatürliche: “Es ist ihre Natur, unnatürlich zu sein” ........................ 101 4.1.1.1. Der Garten (der Erkenntnis) ................................................................. 104 4.1.1.2. Das Fest (des Lebens/der Jugend) ........................................................ 109 4.1.2. Das Krankhafte: “Sie lieben alles was seltsam und krank ist” ................... 112 4.2. Der Garten der Erkenntnis als ästhetizistisches Werk? .................................... 121 4.2.1. Lockruf der Schönheit ................................................................................. 122 6 4.2.2. Gesellschaftliche Anspielungen .................................................................. 130 5. Schluss ...................................................................................................................... 140 6. Bibliographie............................................................................................................. 144 7 1. Einleitung Der Garten der Erkenntnis, Leopold von Andrians Prosadichtung, entstanden 1893/1894 und 1895 bei S. Fischer in Berlin erschienen, wurde zum Kultbuch der Zeit um die Jahrhundertwende.1 Vor allem durch diese kurze Erzählung bekam Andrian den Ruf eines tonangebenden Poeten vom Jung Wien, der literarischen Gruppe, die sich in Café Griensteidl traf.2 Die Erzählung wurde von Hermann Bahr – “Organisator” des Jung Wien-Kreises, und verantwortlich für die Veröffentlichung der Erzählung3 – als “das beste Werk nach meinem Urteile, was bisher die europäische Moderne hervorgebracht hat, unsäglich tief und schön” gelobt.4 Auch die Jung Wiener Hugo von Hofmannsthal und Stefan George schätzten es. Hofmannsthal, der in einem Brief aus 1913 an Andrian schrieb, dass er das Werk “fast in jedem Jahr einmal”5 wiederlas, komponierte das Gedicht Mit Handschuhen für Leopold Andrian, in dem die Bewunderung für Andrian ausgesprochen wird.6 George, von dem die Aussage “Wenn der Poldi [Andrian] wüsste, wie ich ihn lobe!”7 stammt, und der während eines Spaziergangs in 1905 Passagen aus der Erzählung zitierte, nahm nicht nur einige von Andrians frühen Gedichten in seine Blätter für die Kunst auf, er übersetzte auch die Erzählung ins Niederländische.8 Andere bewerteten Der Garten der Erkenntnis und seinen Verfasser aber weniger positiv. So sah Arthur Schnitzler, auch ein prominenter 1 Vgl. Leopold Andrian: Der Garten der Erkenntnis und andere Dichtungen. Mit einem Nachwort herausgegeben von Dieter Sudhoff. Oldenburg: Igel Verlag Literatur 2003, S. 197. / Christiane Bucher- Drechsler: “Leopold Andrian. Der Garten der Erkenntnis (1895)”. In: Erzählkunst der Vormoderne. Hg. von Rolf Tarot unter Mitarbeit von Gabriela Scherer. Narratio Band 11. Bern e.a.: Peter Lang 1996, S. 305. 2 Vgl. Allan Janik / Stephen Toulmin: Wittgenstein’s Vienna. New York: Simon and Schuster 1973, S. 45. / Hans Rudolf Klieneberger: “Hofmannsthal and Leopold Andrian”. In: The Modern Language Review 80 (1985), S. 622. 3 Bahr wurde von den Zeitgenossen als “Organisator” des Jung Wien-Kreises betrachtet, weil er die Werke des Jungen Wien immer wieder propagierte. So erschien Andrians Erzählung Der Garten der Erkenntnis – die Bahr sehr schätzte – beim Fischer Verlag (in Berlin), weil er das Werk dem Verleger empfohlen hat. Vgl. Jens Rieckmann: Aufbruch in die Moderne. Die Anfänge des Jungen Wien. Österreichische Literatur und Kritik im Fin de Siècle. Königstein/Ts.: Athenäum Verlag 1986, S. 85-87. 4 Zitiert nach Rieckmann: Aufbruch in die Moderne. S. 87. Rieckmann übernimmt das Zitat – Hermann Bahr hat es am 25. Januar 1895 an S. Fischer geschrieben – von Peter de Mendelssohn: S. Fischer und sein Verlag. Frankfurt: S. Fischer 1970, S. 210. 5 Zitiert nach Andrian: Garten, Nachwort, S. 215. Sudhoff deutet für dieses Zitat keine Quelle an. Er teilt nur mit, dass Hofmannsthal diese Worte am 24. August 1913 in einem Brief an Andrian geschrieben hat. 6 Klieneberger: “Hofmannsthal and Leopold Andrian”, S. 625. 7 Zitiert nach Klieneberger: “Hofmannsthal and Leopold Andrian”, S. 626. Klieneberger übernimmt das Zitat von Robert Boehringer: Mein Bild von Stefan George. Düsseldorf/München: Helmut Küpper vormals Georg Bondi 1967, S. 51. 8 Vgl. Andrian: Garten, Nachwort, S. 197, 214. / Klieneberger: “Hofmannsthal and Leopold Andrian”, S. 626. 8 Jung Wiener, Andrian nur als einen “unreife[n] Loris [Hofmannsthal]”9 und Karl Kraus, Gegner der Jung Wiener, benannte die Erzählung zu Der Kindergarten der Unkenntnis um.10 Bemerkenswert ist, dass diese Erzählung, die Andrian als 19jähriger geschrieben hat, nicht am Anfang, sondern am Ende seiner dichterischen Produktion zu situieren ist.11 Nach diesem Werk ist er nämlich dichterisch verstummt.12 Obwohl Andrian in den Jahren nach dem Garten der Erkenntnis eine Fortsetzung der Erzählung beabsichtigte, schrieb er nur noch kleinere theoretische Werke und zwei große Werke, deren patriotischer und religiöser Konservatismus stark kontrastieren mit seinen früheren modernen Gedichten, und mit dem Garten der Erkenntnis: Die Ständeordnung des Alls, Weltbild eines katholischen Dichters (1930), ein philosophisch-theologisches Buch, und Österreich im Prisma der Idee (1937), das aus Gesprächen dreier Abende besteht und in der Art von platonischen Dialogen geschrieben ist; Andrian widmete es seinem verstorbenen Freund Hofmannsthal.13 Trotz allem kannte Der Garten der Erkenntnis eine starke Nachwirkung bei verschiedenen Autoren. So wird ihm nicht nur ein direkter Einfluss auf Hofmannsthals Märchen der 672. Nacht