uf den a DöblingerDöblinger g t e b r a c h Extrablatt usgabe Nr. Extrablatt 1 A 7 Winter 2017/2018 Wir schreiben Geschichte! © Privatsammlung Werner Neuwirth Werner © Privatsammlung Die Kirche am Leopoldsberg im Jahre 1945 - schwer von den Bomben getroffen

Das Döblinger Extrablatt Nr. 18 erscheint Anfang Mai 2018. 2 Der Leopoldsberg, die fast ewige Baustelle Unser Umschlagbild zeigt dieses Mal die Kirche am Leopoldsberg nach dem Fliegerbombentreffer am 7. Februar 1945, bei dem ein großer Teil der Kirche – darunter der Südturm – vollständig zerstört wurde. Die bald darauf einsetzenden Wiederaufbauarbeiten ließen das Gotteshaus in der damaligen Gestalt mit den barocken Turmspitzen (von 1729) anstelle der klassizistischen Türme von 1824 innerhalb von zwei Jahren wiedererstehen und die Kirche in vollster Pracht erstrahlen. Im Gegensatz dazu benötigt Architekt Alexander Serda jetzt schon fast zehn Jahre, um die Burg – zumindest den Innenhof und die Kirche – wieder betretbar zu machen. Die Umbaupläne sind längst vom Bundesdenkmalamt bewilligt, die Kirche innen und außen fein herausgeputzt, Geld dürfte auch genügend zur Verfügung stehen – und trotzdem schleppt sich die Revi- talisierung dahin. Man kann die Burganlage nach wie vor nicht betreten! Wieso genau, wissen wir bis heute nicht. Herr Alexander Serda ist trotz mehrerer Versuche per Mail und Telefon für ein Interview nicht erreichbar. Die Leopoldskirche teilt sich übrigens das Schicksal der schleppenden Revitali- sierung mit dem 1948 errichteten Heimkehrer-Gedächtnismal, das an das Leid der Kriegsheimkehrer aus dem Zweiten Weltkrieg erinnert. Es ist mit einer großen Feuerschale ausgestattet, die früher zum Gedenken an die in Kriegsgefangenschaft Verstorbenen entzündet wurde und weit ins Land leuchtete. Auch dieses wurde 2017 generalsaniert und ist für die ausblickwütigen Besucher auch nicht besuchbar.

Nicht nur die Döblinger, sondern auch viele Brautpaare, Erstkommunions- und Firmlingskinder sowie zahlrei- che Wanderer und Urlauber freuen sich jetzt schon auf die erste Heilige Messe von Herrn Pater Mag. Roman Krekora CR in der bereits fertiggestellten Leopoldsberg-Kirche. Und ich freue mich auch schon darauf, Ihr Wolfgang Schulz

Inhaltsverzeichnis Es war einmal und ist ... Seite 3 Vor den Vorhang Seite 18 Rätsel Seite 3 Rieden Seite 18 Panozzo - Die Döblinger Dynastie Seite 4 Mit spitzer Feder Seite 21 Die Welt der Zinnfiguren Seite 7 Glanzlicht Filmpremiere Seite 22 Die alte Feuerwehr Seite 8 Ambrosi – ein Lebenswerk Seite 24 Ein Bub vom Nußdorfer Spitz Seite 10 Bierdepot Gierster Seite 26 – Spendenerfolg Seite 11 Julius Schegel Seite 28 Veranstaltungseinladungen Seite 11 Die Buslinie O Seite 29 Die Kaiser-Franz-Josefs-Bahn Seite 12 Der Cottage-Eislaufverein Seite 30 Sex and Crime in Döbling Seite 14 Der letzte Milchmeier Seite 32 Schmetterlinge unterirdisch Seite 17 Der neue alte Grenzstein Seite 34

Aus Platzgründen verzeichnen wir Quellenangaben zu den Texten in stark gekürzter Form. Sollten Sie an den ausführlichen Quelleninformationen interessiert sein, erhalten Sie diese auf Anfrage unter [email protected].

www.döbling.com 3 Es war einmal und ist … Der Döblinger Heimat-Kreis arbeitet unermüdlich daran, dass Döblinger Kultur und Geschichte für Sie er- lebbar bleiben. Es war einmal ... das Jahr 2017, in dem unser Verein gelungene Filmpremieren (siehe S. 22), spannende Vorträge und feierliche Enthüllungen (siehe S. 34) für Sie auf die Beine stellte. Neben all unseren Aktivitäten wird unser Einsatz immer wieder belohnt: Milan K., der von der für unsere Mittel viel zu teuren Restaurierung des Zahnradbahnreliefs im Extrablatt Nr. 16 gelesen hat, überraschte den Heimat-Kreis mit der Nachricht, die Kosten für die Wiederherstellung der Wandtafel zu übernehmen – ein großes Danke im voraus!

Doch mittlerweile hat das Jahr 2018 begonnen: Neben hochinteres- santen Vorträgen (siehe Seite 11) erwartet Sie dieses Frühjahr auch die Veröffentlichung der „Döblinger Spaziergänge“ Band 3! Außerdem dürfen Sie sich auf die „Döblinger Bilderbücher“ freuen – das sind Themenbücher, in denen vorwiegend die uns zur Verfügung gestellten Bilder aus dem Privatbesitz unserer Bürger Zug um Zug in Buchform veröffentlicht werden. Ebenso arbeiten wir mit Hochdruck an der Fer- tigstellung des I. Sieveringer „Weinhauer-Kataloges“. Weiters wird der Döblinger Heimat-Kreis ab dem kommenden Jahr auch die internationale Zusammenarbeit vertiefen. Julia und Sergio Carrino (Bild) besuchten das Döblinger Heimat-Museum Ende 2017 und stellten ihr Beethoven-Museum, das sie in Triest besitzen, vor. Die beiden freuten sich sehr zu hören, dass sich auch unser Verein für das Andenken Beethovens einsetzt. Das sympathische Ehepaar hatte in 500 Kilometern Entfernung davon erfahren, dass Wolfgang Schulz die Beethoven-Spaziergänge in seinem zweiten Buch nachgezeichnet und auch eine Beethoven-Wanderkarte entworfen hat. Gemeinsam wird im kommenden Jahr ein deutschsprachiger Folder produziert werden, der österreichische, deutsche und italienische Beethoven-Interessierte verbinden und in allen Beethoven-Museen aufliegen soll. Für das kommende Frühjahr sind wir eingeladen worden, das Museum in Triest zu besuchen und in dieser schönen Stadt auch einige Tage zu verbringen. Der Höhepunkt der Vereinssaison 2018 ist wiederum eine Filmpremiere. Im Herbst präsentieren wir Ihnen die Dokumentation „Döbling unterirdisch“, auf die Sie auf Seite 17 bereits einen kleinen Vorgeschmack erhalten. Unser Verein sucht derzeit vermehrt Verbindungen zu anderen Bezirken, welche die Arbeiten der privaten Döblinger Heimatforscher unterstützen und fördern können. Deshalb freuen wir uns sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass der Döblinger Heimat-Kreis ab diesem Jahr eng mit Werner Neuwirth vom Ottakringer Heimat-Kreis kooperieren wird. Wir werden in Zukunft Fachliteratur, Pläne, Bilder und Ansichtskarten gegenseitig austauschen und planen gemeinsame Vortragstermine. Wenn Menschen für eine Sache brennen, können sie miteinander große Ziele erreichen. Wir möchten besonders all jenen danken, die uns dabei immer wieder unterstützen.

Unsere heutige Frage: Wo in Döbling befindet sich dieses Hochwasserschild? In unserem Bezirk gab es im Laufe der Jahrhunderte ja immer wieder verheerende Hochwasser, doch dieses Schild erinnert an eine ganz schreckliche Überschwemmung, die mit gewaltigen Regenmassen und Sturzfluten einherging – am 12. August im Jahre 1959 … Auf die ersten drei Gewinner wartet jeweils eine gute Flasche Weißwein. Wer zuerst kommt, trinkt zuerst! Schriftliche Lösungsvorschläge nur per E-Mail an: [email protected] In der vorigen Ausgabe haben wir gefragt: „Wie ist der korrekte zeit- liche Ablauf der Renovierung des Denkmals der Gräfin Gatterburg?“ Die richtige Reihenfolge lautet: 4, 3, 5, 2 und 1

Döblinger Extrablatt 4 Panozzo – Die Döblinger Dynastie Erinnerungen an den Sohn eines italienischen Gastarbeiters, der sein Glück in Döbling fand

„Mein Großvater hatte ein paar ganz besondere Eigenheiten: So musste er beim Heurigen mit dem Rücken zur Wand sitzen. Wenn dieser Platz nicht frei war, ist er wieder gegangen“, erzählt Richard Panozzo junior, Enkel der Döblinger Institution Anton Panozzo. Wenn er von seinem Großvater spricht, umspielt ein Lächeln der Erinnerung die Lippen des ehemaligen Polizisten, der im Haus in der Weinberggasse 79 aufgewach- sen ist. „Mir ist in Erinnerung – wie vielen Sieveringern auch –, dass mein Großvater bis zum Ende seiner Tage fünf Virginia geraucht und zwei Vierteln getrunken hat. Dabei stand er immer zwischen 15 und 16 Uhr vor unserem Haus – bestgekleidet bis zum Schluss (Bild rechts). Selbst als er schwerkrank war, durfte ihn der Arzt so lang nicht besuchen, bis er sich in seinen Anzug gekämpft hatte. Da zeigte mein Großvater sehr viel Stolz.“ Und so behielten auch die Döblinger Anton Panozzo in Erinnerung – würdevoll sowie stolz, fein gewandet und dabei immer bescheiden. „Mein Großvater gehörte zum Bezirksbild dazu. Stand er nachmittags nicht vor der Haustüre, kamen die Leute in den Flur und fragten erschrocken, ob ihm etwas passiert sei!“ Begonnen hat die Döblinger Geschichte der Panozzos bereits um die Jahrhundertwende 1900. Giovanni Panozzo – geboren 1848 in Treschè Conca, einem kleinen Ort südlich von Bozen in der Provinz Vicenza – war verheiratet mit Philomena (geboren 1855). Gemeinsam hatten die beiden fünf Kinder: Maria, Giovanni Jun., Antonio, Leopoldo und Angela. In Italien hatte Giovannis Familie eine kleine Pension mit angeschlossenem Gasthof, aus dem Giovanni ausbezahlt wur- de. Mit diesem Geld und mit vier der fünf Kinder (Maria war bereits nach Amerika gegangen) kamen er und seine Frau als Gastarbeiter nach Österreich, wo sie in die Krottenbachstraße 28 gezogen sind. „Da damals in Wien, bedingt durch die rege Bautätigkeit, Pferdefuhrwerke sehr gefragt waren, gründeten die Panozzos ein Fuhrwerksunternehmen in der Krottenbachstraße [Anm. Nr. 28, Ecke Friedlgasse] bzw. Zahnradbahnstraße [Eigenrecherche: Es handelte sich eher um die Barawitzkagasse 17, später Sillhaber]. Die Panozzofuhrwerke waren auf allen Wiener Baustellen anzutreffen [...] und dabei waren auch viele Kabs im Einsatz, jene einachsigen ,Pferdewagerl‘, die mit ihrem kistenähnlichen Aufbau jeweils 1m³ Material transportieren konnten (Kabs ist ein wienerischer Ausdruck und kommt von „Kabriolett“ – Droschke). [Die Kabskutscher wurden von den Kindern der Stadt bewundert: Riesengestalten in Ruderleiberln, von denen es hieß, dass das Messer ihnen sehr lose in der Tasche sitze.] Bei Erdtransportarbeiten verunglückte damals ein Kabs des Fuhrwerksunternehmens. Die Nachricht von die- sem Unglücksfall verbreitete sich rasch: ,Ein Pferd der Panozzos ist in der Lacke ertrunken.‘ Eigent- lich müsste die heute nach diesem Vorfall benannte ,Panozzalacke‘ im 22. Bezirk bei der Dechantlacke in Essling Panozzolacke heißen. Für den Wiener Dialekt war das P am Anfang, die zwei ZZ in der Mitte und speziell das O am Ende des Namens etwas

www.döbling.com 5 mühsam und so entwickelte sich – schlampig gesprochen –,BANOZALOGN‘. Auch amtlicherseits hat sich das A am Ende des Namens durchgesetzt“, schreibt Johannes Holba auf www.apern.at. Relevant für die Familie war, dass die Panozzos bis nach dem zweiten Weltkrieg offiziell Italiener waren und somit im Krieg nicht einrücken mussten, da die Familienmitglieder erst 1952 öster- reichische Staatsbürger wurden. Dennoch entgingen auch die Panozzos nicht den schrecklichen Kriegswirren, und so kam ein Teil der Familie bei Bombenangriffen auf Wien ums Leben. Genauer gesagt traf es am 10. 9. 1944 die Barbara-Kapelle, die gegenüber dem Haus der Panozzos in der Krottenbachstraße stand. Beim selben Bombenangriff starb einer von Giovannis Söhnen, Leopoldo – ein Bruder Antons –, und eines seiner Enkelkinder. Anton Panozzo verlegte schließlich das Fuhrwerksunternehmen in die Weinberggasse 79. Die Familie hatte bis zu 13 Pferde. „Ich glaub‘, die Lieblingspferde meines Großvaters waren Hansl, Schurl und Peppi (unten). Denn die drei Haflinger hat er einst sogar malen lassen“, erzählt Enkel Richard Panozzo. „In dem großen Mehrfamilienhaus gab es viel Platz, und es war ein besonders schönes Aufwachsen in dieser Umgebung mit dem Garten und dem Hof und mit den vielen Spielkameraden. Nur dass wir jeden Sonntag schon um 9 Uhr in die Krimkirche (Anm.: Judas-Thad- däus-Kirche) gehen mussten, das war vor allem im Jugendalter schon immer ein wenig mühsam. Aber mein Großvater hat akribisch und streng darauf ge- achtet, dass alle beim Kirchgang dabei waren! Wenn einer einmal gefehlt hat oder krank war, dann hat der Großvater schon missmutig geschaut – und so gingen wir Sonntag für Sonntag im auffälligen Zug Weinberggasse 79 – heute zur Kirche: zuerst die Großeltern, dann die Eltern und dann wir Enkerl.“ Dass die Panozzos für getragene Kirchenauftritte etwas übrig hatten, zeigte sich aber schon vor Richards Geburt. Und zwar am 15. September 1951. Denn Anton Panozzo hatte mit seiner Frau wiederum vier Kinder: Anton jun., Richard, Margarete und Anna. Das an sich wäre zu dieser Zeit kaum außergewöhnlich gewesen, doch dass die vier Geschwister beschlossen, ausgerechnet am gleichen Tag zu heiraten – DAS hatte es in Döbling noch nicht gegeben! Es war das Spektakel des Jahres oder möglicherweise sogar des Jahrzehnts. In mehreren Zeitungen wurde groß über dieses – heute würde man sagen – Event berichtet. So hieß es in den Illustrierten: „Große Hochzeit in Döbling – Ein Novum in der Wiener Lokalchronik. Am Vormittag traten Anton Panozzo junior und Melitta Fraihsl, Richard Panozzo und Frieda Berkowitsch, Grete Panozzo und Bertl Wokusch, Anni Panozzo und Kurt Kutschera im Amtsgebäude in der Martinstraße vor den Standesbeamten. Am Nachmittag versammelten sich im Hof des Panozzohauses in der Weinberggasse die Braut- leute und die Hochzeitsgäste, während vor dem Haus die ,Zeugeln‘ bereitstanden. Selbst die amerikanischen Soldaten aus einer nahen Unterkunft – unter ihnen

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ein Filipino – hielten die vierfache Hochzeit mit ihren Ka- meras fest. In offenen Fiakern fuhr die Hochzeitsgesellschaft zur Karmeliterkirche in Unter-Döbling, wo die kirchliche Zeremonie stattfand.“ Nach dieser Großhochzeit wohnten die Ehepaare ge- meinsam mit ihren Kindern in der Weinberggasse. Die Söhne Anton junior und Richard arbeiteten im Betrieb des Vaters: „Mein Vater und mein Onkel Anton sind mit den Pferden auch oft nach Zeiselmauer arbeiten gefahren. Und die Pferde des Großvaters waren so gescheit, dass sie den Weg zurück nach Wien immer ganz alleine gefunden haben. Vater und Onkel haben hinten in der Kutsche geschlafen, während die Pferde nach Wien zurückgewandert sind.“ Das letzte Pferd der Kabskutscherdynastie starb im Jahre 1954. Richard und Anton Panozzo führten aber ihre Fuhrwerksunternehmen später jeweils mit modernen LKWs fort, die noch lan- ge Jahre das Straßenbild in der Weinbergstraße prägten. Mit der Bebauung der Wohnhausanla- gen auf den ehemaligen Gräf & Stift-Gründen durften die Fuhrwerke in der Weinberggasse je- doch nicht mehr zufahren oder abgestellt werden, was das Geschäft an diesem Standort im Grunde unmöglich machte. „Noch Jahre nach dem Tod meines Großvaters im Jahr 1978 haben die Leute am Hauseingang nach ihm gefragt. Er hat eben einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, schwelgt sein Enkel Richard Panozzo in Erinnerungen. „Nur einmal, da hab ich’s ein bisserl mit der Angst zu tun gekriegt, als ich mir als junger Bub einen Streich mit meinem Großvater erlaubt habe. Er stand wie jeden Tag nachmittags vor unserer Tür, doch dann hat es zu regnen begonnen – und ich hab’ ihn aus- gesperrt. Da wurde er natürlich waschelnass. Ich hab dann aufg‘sperrt und bin g’rennt Richtung Garten, von dem aus ich ihn noch schimpfen gehört hab‘. Das Lustige war, er wusste natürlich, wer sich diesen Streich erlaubt hatte, und wartete auf mich, bis ich am späteren Nachmittag vom Fußballtraining zurückgekommen war. Er hatte das Haustor verschlossen, und ich musste mich dann über einen Nebeneingang ins Haus stehlen. Doch im Gang auf diesem Schleichweg – da wartete er schon mit seinem Stock auf mich. Nur diesmal nicht, um sich darauf zu stützen, sondern um mir damit deutlich zu machen, dass man seinen eigenen Großvater nicht im Regen stehen lässt – und erst recht nicht einen Herrn Antonio Panozzo.“ Wer weiß, ob es der große Fuhrwerkserfolg der Panozzos war oder doch die ganz besondere Aura von Anton Panozzo selbst oder mög- licherweise doch der leichte Hauch von Extravaganz, gepaart mit fast stoischer Bescheidenheit – für die meisten Döblinger ist und bleibt die Familie Panozzo wohl die sympathischste aller Dynastien. Und genau diese Sympathie trägt vor allem Richard Panozzo junior weiter – was in unserem Interview deutlich zu spüren war. Wir danken Herrn Richard Panozzo jun., dass er uns stundenlang so bereitwillig über seine Familie erzählt und uns viele Originalfotos überlassen hat. Die Redaktion

www.döbling.com 7 Ein Zinngießer in Döbling

Wer am Dienstag, den 7. November 2017, nicht bei Herrn Rieders Vortrag über die Zinnfigurenwelt Katzelsdorf war, der hat wirklich etwas versäumt. Auch leidenschaftliche Zinnfigurensammler konnten dabei noch viel dazulernen. Bei einem Schaugießen durften die Zuseher verfolgen, wie schnell so ein Guss eigentlich fertiggestellt ist. Genaugenommen braucht es nämlich nur zwei Sekunden, bis das Zinn in der jeweiligen Form hart wird. Zuvor wurde die Zinnlegierung von Herrn Rieder natürlich auf etwa 360 Grad in einem Behälter erhitzt und schließlich in Schiefersteinformen gegossen. Das Endpro- dukt, eine Beethovenfigur passend zu Döbling, wurde im Anschluss dem Leiter des Döblinger Heimat-Kreises, Herrn Wolfgang Schulz, als Geschenk von Herrn Franz Rieder überreicht (siehe Bild unten).

Doch was sagt Herr Rieder selbst über die Zinnfiguren? „Es gibt Vorurteile, die sich ganz hartnäckig bezüglich der Zinnfigur halten: Bis heute steht dieser Begriff für Zinnsoldaten und Kriegsspielzeug. Dabei hat es von Beginn der Zinnfigur an ebenso viele Figuren zu zivilen Themen gegeben wie zu militärischen. Zinnfiguren stellen nicht nur Geschichte dar, sie sind selbst ein Stück Kulturgeschichte. Die weite Verbreitung der flachen Zinnfiguren als Spielzeug begann am Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Zinnfiguren spiegeln immer ein Stück Zeitgeschichte, denn die Zinngießer konnten nur dann verstärkten Kaufwillen für ihre Erzeugnisse wecken, wenn sie möglichst rasch an die Ereignisse der Zeit anknüpften. Die an- nähernd 30.000 gezeigten Figuren im Zinnfigurenmuseum Katzelsdorf, teils als Einzelfiguren aufgestellt und teils zu Szenen komponiert ange- ordnet, bieten der ganzen Familie ein besonderes Erlebnis! Vom Publikum werden Schlachtenaufstellungen und Soldaten erwartet, aber die Themen der Objekte erstrecken sich vom Märchen bis zu Darstellungen aus Literatur, Kunst und Oper.

Es ist zu beobachten, dass die Frauen, die der Soldatenwelt meist wenig abgewin- nen, immer wieder ins Museum kommen! Natürlich fehlen auch Darstellungen, die besonders Kinder ansprechen, nicht. Es wird ein weiter Bogen gespannt, der die Entwicklung vom Massenspielzeug des 19. Jahrhunderts bis zum Sammlerobjekt der Gegenwart veranschaulicht. Zinnfiguren, und seien es auch Soldaten, haben an und für sich jedoch noch keinen Krieg begonnen. Heute findet man Zinnfiguren in vielen Museen, aber eine eigene Heimstätte haben sie nur in Katzelsdorf, in der Zinnfigurenwelt, dem zweitgrößten Fachmuseum der Welt.“ Franz Rieder ist Leiter der Zinnfigurenwelt Katzelsdorf/Leitha, Hauptstr. 69, 2801 Katzelsdorf. Öffnungszeiten: Sa., So. und Feiertag von 10 Uhr bis 17 Uhr. www.zinnfigurenwelt-katzelsdorf.at

www.wien-19-neustift.topothek.at

Unsere Geschichte, unser Archiv

Döblinger Extrablatt 8 Zufälle gibt,s – natürlich nur in Döbling! Wenn ich nicht am 16. September 2017 meinen Vetter in seinem Schreibwarengroß- handel in der Weimarerstraße 104 besucht hätte, um mir eine reparierte Füllfeder Marke Lamy abzuholen, wäre ich nicht anschließend Richtung Chimanistraße und weiter nach gefahren. An der Ecke Weimarer Straße/Chimanistraße musste ich verkehrsbedingt abhalten. Mein Blick fiel beim Einbiegen in die Chimanistraße am Haus Nr. 19 Se- kundenbruchteile auf eine verrostete Tafel, auf der ich das Wort „Feuer“ irgendwie entziffern konnte. Das musste ich mir genauer ansehen. Noch einmal um den Häuserblock gedüst, den Wagen abgestellt – und schon war ich mit der Kamera vor Ort: ein alter Hinweis, der besagt, dass sich der nächste Feuermelder in der Chimanistraße Nr. 28 befindet. Dass ein solcher dort nicht mehr aufzufinden ist, war mir klar. Doch auch wie er ausgesehen haben mochte, wusste ich nicht zu vermuten. Herr Molzer vom Wiener Feuerwehrmuseum Am Hof Nr. 7 wusste Rat – und natürlich befindet sich so ein Kohle Feuermelder im Museum. Fenster einschlagen und den richtigen Griff herausziehen ... schon löste der Feuertelegraph einen Alarm aus. Das Problem dabei war, dass die aufgeregten Betroffenen schnellstens zum Brandherd eilten, anstatt vor Ort auf die Feuerwehr zu warten, die ja von hier den Befehl zum Einsatz bekam. Um 1900 herrschte ein reger Wettbewerb zwischen der Freiwilligen und der Be- rufsfeuerwehr in Döbling. Unser spezieller Löschwagen kam um 1900 noch von der Freiwilligen Feuerwehr Oberdöbling. Zitat in der „Feuerwehr-Rundschau“: „Der erste Universal-Kohlensäure- Löschwagen war von seinem constructiven Aufbau und in der überaus sinnreichen Anordnung seiner Ausrüstung ein Werk des hochverdienten Feuerwehrcommandanten Eduard Müller. Mit dieser Erfindung, ein Feuerwehrgeräth zu schaffen, das von sehr großer Bedeutung ist, ist die freiwillige Feuerwehr Oberdöbling stolz drauf, das erste Geräth dieser Type zu besitzen (Anm.: Bei der Wiener Berufsfeuerwehr war schon seit längerer Zeit der Kohlensäure-Löschwagen in Verwendung). Das Prinzip dieses Löschwagens ist ein sehr einfaches und ist derselbe mit einem großen Sodawassersyphon zu vergleichen, da in beiden Fällen die comprimierte Kohlensäure die motorische Kraft Freiwillige Feuerwehr zur Fortbewegung des Wassers liefert. Der Universal-Kohlensäure-Löschwagen vereint nämlich die alte Fahrspritze, den Wasserwagen, die fahrbare Schiebleiter und den Rüstwagen in einem einzigen Fuhrwerk. Im Wesentlichen besteht dieser Löschwagen aus folgenden Theilen: Auf einem vierrädrigen, eisernen Wagengestell ruht ein aus Stahlblech festgenieteter, stehen- der Kessel von 600 Litern Inhalt. Vor diesem Kessel sind auf einer Brücke vier Stahlflaschen angeordnet, welche je 5 Kilogramm flüssige Kohlensäure unter einem Drucke von ca. 60 Atmosphären enthalten. Der Kohlensäure-Löschwagen Diese Stahlflaschen sind mittels Röhren und Gummischläuchen mit dem oberen Theile des Kessels verbunden. Mit diesem verticalen Kessel unmittelbar verbunden ist eine 16 Meter lange, aus drei Theilen hergestellte Schiebeleiter, so zwar, daß der Kessel gewissermaßen die Basis der Schiebeleiter bildet und diese Leiter in aufgeschobenen Zustande wie auf einer Drehscheibe um die veticale

www.döbling.com Achse des Kessels gedreht werden kann. Ober der Vorderachse sind 9 Sitze für sechs Mann untergebracht, ferner rechts und links Stand- brücken für je einen Mann. An sonstigen Ausrüstungen werden mitgeführt: Brechwerkzeuge, Krückenspritze mit kleinem Reservoir, Rettungskasten, Beleuchtungs-Materiale, Sprungtuch, Werkzeugkasten, Schlauchtrommel ect. Der vollständig bemannte und ausgerüstete Wagen kann von zwei kräftigen Pferden im raschen Tempo gezogen werden, da Bild: Hr. Eisenschien Hr. Bild: seine Lenkungsfähigkeit eine vorzügliche ist. Die kürzlich abgehaltene Austro Fiat 1925 500 Liter, 32 PS Übung der Döblinger Feuerwehr bezweckte, einem geladenen Publicum die eminenten Vortheile dieses Geräthes zu demonstrieren. Von Adolph Micheroli wurde ein Feuerwehrtrain, bestehend aus dem vorbeschrie- benen Kohlensäure-Löschwagen und einem Rüstwagen, bemannt. Die Übungsan- nahme lautete, dass das Dach des drei Stock hohen Steighauses des Feuerwehrdepots in Brand geraten wäre. In einer Minute war die Schiebleiter aufgestellt, das Dach erklettert, eine Schlauchlinie gelegt und ein mächtiger Wasserstrahl zeigte den Zuschauern den Beginn der Löschaktion an. Inzwischen war vom circa 300 Meter entfernten Straßenhydranten die Schlauchlinie gelegt, dieselbe mittels ei- ner sinnreichen Bahnanordnung mit dem Schlauche des Kohlensäurewagens verbunden, so dass der kontinuierliche Wasserzulauf hergestellt war. Die Bemannung des Rüstwagens griff auf der anderen Seite des Steighauses mit einer Schlauchgabelung vom Hydranten an. […] Symbolfoto Inspektor Franz drückte dem Kommandanten Architekten Micheroli (Anm.: Adolf Micheroli Just-Leiter war in Döbling eine geachtete Persönlichkeit, die aktiv am Leben der Gemeinde teilnahm. Er starb im 70. Lebensjahr und wurde am Döblinger Friedhof bestattet) sowohl, als dessen Stellvertre- ter Herrn Martin Hatzon sein vollstes Lob über die gute Schulung der Mannschaft aus. Der Bericht ist dem ,Illustrierten Wr. Extrablatt‘ (Anm.: Hört, hört!) entnommen. Das Cliché wurde uns von dem genannten Blatte freundlich zur Verfügung gestellt“. Aber nicht nur der erste Kohlensäure-Löschwagen kam aus Döbling, auch die Patentleitern einer Leiternfabrik. Die 1885 gegründete Firma Kerwien’s Wwe., Nachfolger Ernst Just, befand sich, seit ich mich erinnern kann, auf der Heiligenstädterstraße 125 und produzierte die ersten mechanischen Feuer- wehrleitern bis 30 Meter Höhe sowie unter ande- rem verschiebbare Anstell-Leitern. 1914 – infolge der Anerkennung erstklassiger Produkte – erhält die Firma das Recht, den Österreich-Ungarischen kaiser-königlichen Reichsadler zu führen. 1985 zu den 100-Jahr-Feierlichkeiten wird Just erneut geehrt und mit dem österrei- chischen Staatswappen ausgezeichnet. Der Sitz Just-Feuerwehrleiter heute der Firma ist heute in Zeiselmauer. (Bild: Just Leitern) Da freut sich das Döblinger Herz gleich zweimal! Die ersten FF in Döbling wurden 1868 in Nußdorf und im Kahlenberger- dorf gegründet. Darauf folgte 1871 Oberdöbling. 1925 wurden die meisten Freiwilligen Feuerwehren durch Bescheid des Magistrates der Stadt Wien Freiwillige Feuerwehr Grinzing wieder aufgelöst, und das verwendbare Gerät fiel an die Berufsfeuerwehr. Der Verfasser, Wolfgang Schulz, ist Inhaber des „Silbernen Feuerwehr-Leistungsabzeichens“, erworben beim Bundesheer 1962.

Beiträge aus verschiedenen Zeitungsausgaben um 1900. Auf Wunsch nähere Angaben beim Verlag. Döblinger Extrablatt 10 Ein Bub aus der Muthgasse Bis in die frühen 60er Jahre war die Muthgasse eine wenig befahrene Straße. Es gab kaum Autoverkehr, man konnte auf der Straße Fußballspielen und im Winter auf dem festgefahrenen Schnee Eislaufen. Im Sommer wurde im nahen, ungeklärten (!) Donaukanal gebadet, und die mutigen Burschen benützten die nicht mehr vorhandene Eisenbahnbrücke als Absprungbasis. Mit primitiven Angeln wurde gefischt, meistens im Bereich des amerikanischen Flugplatzes, dorthin kamen die Kontrolleure nicht. Gerhard Stächelin, Jg. 1943, wuchs in der Muthgasse Nr. 109a im Haus seiner Foto: F amilienbesitz Foto: Großeltern auf. Der Großvater leitete die Lehr- Gerhard Stächelin in werkstätten der Bundesbahn, damals noch mit seiner Zeit als Trainer hohem Schornstein. Auf der anderen Straßenseite waren in einem Barackenlager sudetendeutsche Flüchtlinge untergebracht. Eingekauft wurde im Greißlerladen der Familie Schwabl, Ecke Muth- gasse/Grinzinger Straße 177. Das Haus der Großeltern hatte einen großen Garten. Lange Zeit standen hier noch kleine Panzerabwehr- Foto: F amilienbesitz Foto: kanonen sowie zwei hohe Nussbäume – und auch der Bahndamm der Das Haus 109a, in der Muthgasse Verschubstrecke führte direkt am Haus gartenseitig, vor 1938 vorbei. Nicht nur einmal fing das Dach Feuer, das nur mühsam zu löschen war. Der Bahndamm wurde im Winter zur Abfahrtspiste, der Garten war die Sportarena. Die Großmutter war begeisterte Pianistin und Klavierlehrerin. In dieser Nachkriegsidylle wuch- sen Gerhard und seine fünf Jahre jüngere Schwester Gertraude auf. In der Muthgasse wurde der Grundstein für die spätere Karriere als Jazzmusiker und Sportlehrer gelegt. Nach dem Tod des Großvaters und dem Umzug seiner Familie in die Kahlenberger Straße Nr. 47a wurden die freiwerdenden Zimmer in der Muthgasse zu einem Probelokal für Jazzmusiker umfunktio- Frau Schwabl (zweite von links) niert. Heute bekannte Jazzmusiker wie Horst Bichler von der Barrelhouse Jazzband, Günther Graf und Gerhard Stächelin – damals zusammen Mitglieder der South West Philadelphia Jazzband – probten, und übten in der Muthgasse. Großen Einfluss auf Gerhards Leben hatte der Sportprofessor Alois Novak (siehe Extrablatt Nr. 15 auf S. 15), ein Nußdorfer und Schulkollege des Vaters. Durch ihn kam Gerhard zur Leichtathletik, studierte Sport, unterrichtete einige Jahre am Gymnasium Billrothstraße 73 und wechselte dann zu seinem Lebensberuf, dem Eishockeysport. Als staatlich geprüfter Trainer arbeitete Gerhard mehr als 20 Jahre für den Wiener Eislaufverein (WEV) und war Generalsekretär des österreichischen Eishockeyverbandes (ÖEHV). Heute ist er der Bandleader der Original Storyville Jazzband und Ehrenbürger der Geburtsstadt des Jazz – New Orleans. Begonnen hat alles in der Muthgasse. Heute sind die Häuser längst abgerissen, und Büro- und Industriebauten wurden hier errichtet. Am Eck bei der Frau Schwabl und der berühmten Mostquetsche thront heute die MA 48. Verfasst nach einem Gespräch mit Gerhard Stächelin, einem Jugendfreund, den ich lange aus den Augen verloren hatte. Wolfgang Schulz Informationen über die Jazzband entnehmen Sie bitte der Startseite: https://www.storyvillejazzband.at/ www.döbling.com 11 Eine etwas andere Ball-Spende Insgesamt kamen durch den Spendenaufruf „Bälle für den Nachwuchs“ des Döblinger Heimat- Kreises im Döblinger Extrablatt Nr. 16 genau 550 Euro für den Vienna- Nachwuchs zusammen. Wenn man bedenkt, dass so ein Fußball netto 15 Euro kostet, so ergibt das die erkleckliche Anzahl von 37 Bällen, die man um diesen Betrag kaufen kann. Der Gesamtbedarf für eine Spielsaison beläuft sich auf 150 Bälle – das heißt: Ein Viertel des Bedarfs wurde durch die Spenden über den Döblinger Heimat-Kreis gedeckt. Übergabe der bereits aufgeblasenen Bälle an den Vienna Nachwuchs. Am 5. Oktober 2017 wurden die „Fetznlaberln“ dem Trainer der Nachwuchs- mannschaften, Herrn Alex Schwarzl, direkt im Vienna-Nachwuchszentrum in der Brigittenau (Spielmanngasse 8) übergeben. Anschließend ging,s gleich auf den Trainingsplatz, wo die ersten Einheiten mit den neuen Bällen durchgeführt wurden. Während andere in alten Zeiten schwelgen und sich gegenseitig beweihräuchern, leisten wir einen Beitrag dazu, dem ältesten Fußballverein das Leben etwas zu erleichtern. Es lebe der Sport – er ist gesund …

Vortragsabende Frühjahr 2018 Wiener Gasthaus „Im Souterrain”, 1190, Iglaseegasse 40 Saaleinlass 17 Uhr – Beginn 18.30 Uhr Essen bis Vortragsbeginn

„Historisches Verkehrswesen in Döbling: Verkehr und Automobiles”

Ein Abend für Josef Weinheber

Die Geschichte des Ziegels

Eröffnung der sanierten Stefaniewarte durch die Döblinger Naturfreunde

Wolfgang Schulz

Döblinger Extrablatt 12 Mit Dampf durch Döbling – Teil 2 von Manfred Tuschel Der Kaiser als „Taufpate“ Die Dampfeisenbahn hielt – ebenso wie die Dampfschiffahrt Döblinger( Extrablatt Nr. 16, S. 28/29) – erst relativ spät in Döbling Einzug. Das erste Teilstück der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn (der ersten Dampfeisenbahn in Österreich) zwischen Floridsdorf und Deutsch-Wagram war schon 1837 eröffnet worden, und am 6. Jänner 1838 hatte der erste planmäßige Personenzug den Wiener Nordbahnhof verlassen. Bis die Eisenbahn Döbling erreichte, sollte es allerdings noch fast weitere 30 Jahre dauern. Einer der geld- und einflussreichsten Männer der österreichischen Aristokratie, Johann Adolf Fürst zu Schwarzenberg, hatte bereits 1863 den Plan einer Eisenbahnverbindung von Wien nach Westböhmen gefasst. Am 11. November 1866 erhielt er schließlich die Konzession „zum Bau und Betrieb einer Lokomotiv-Eisenbahn von Wien nach Eger mit der Zweigbahn von Gmünd nach Prag“. Einen werbewirksamen Coup hatte Fürst Schwarzenberg schon 1864 gelandet – eineinhalb Jahre, ehe die Bahn überhaupt kon- zessioniert wurde: Aufgrund seines Einflusses bei Hof hatte er die Zustimmung des Kaisers erlangt, die neue Bahn nach dem Monarchen benennen zu dürfen. Unter dem Namen „K. k. priv. Kaiser-Franz-Josef-Bahn“ wurde die Gesellschaft dann 1867 in die Register des k. k. Handelsgerichtes zu Wien eingetragen. Der Spatenstich fand am 18. November 1866 statt. Am 1. Sep- tember 1868 wurde das Teilstück Pilsen-Budweis eröffnet, am 1. November 1869 folgte die Strecke Budweis-Eggenburg, und im Jahr darauf wurde das letzte Stück Eggenburg-Wien vollendet. Probleme bereitete der Wiener Bahnhof: Als die Bahn am 23. Juni 1870 die Reichshauptstadt erreichte, gab es nämlich gar keinen richtigen. Die Züge fuhren nämlich noch von einem Provisorium ab, das aus zwei niedrigen Holzbaracken bestand, die etwa an der heutigen Kreu- zung Nordbergstraße/Tepserngasse gelegen waren – „ein wahrer Skandal für eine Stadt wie Wien“, wie das „Neue Fremdenblatt“ vom 22. Mai 1872 anmerkte. Zwei Jahre mussten die Fahrgäste mit dem Bahnhofsprovisorium leben. Schuld an der Misere waren aber nicht die Bauunternehmen, sondern ein sich scheinbar ewig hinziehender Diskurs zwischen Bahn und Gemeinde Wien, wo denn der Bahnhof errichtet werden sollte. Die KFJB wollte ihn auf den bil- ligen Liegenschaften entlang des Donaukanals im Bereich der Spittelau bauen; der Personenbahnhof wäre demnach etwa auf Höhe der heutigen Haltestelle „Spittelau“ zu liegen gekommen. Zur Verbin- dung mit der Stadt sollte eine Pferdetramway über die zur Nußdorfer Linie verlaufende Liechten- steinstraße dienen. Damit wäre der Bahnhof aber außerhalb der damaligen Wiener Gemeindegrenze gelegen; die Stadtpolitiker wünschten ihn aber möglichst nahe dem Stadtzentrum. Man einigte sich schließlich darauf, ihn auf dem Grund des Palais Althan zu errichten. Die Stadt Wien versüßte der Bahnverwaltung die Entscheidung allerdings durch einen kräftigen Kostenzuschuss von rund einer halben Million Gulden. Der endgültige, von den Prager Architekten Anton Barvitius und Ignaz Ull- mann Bahnhof geplante Bahnhof wurde dann 1870 bis 1872 im Neo-Rennaissance-Stil errichtet. Die erste Haltestelle war der vier Kilometer entfernte Bahnhof Nußdorf. (Der Bahnhof Heiligenstadt wurde erst 1898 im Zuge der Errichtung der Stadtbahn und der Vorortelinie erbaut.)

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Der erste Nußdorfer Bahnhof 1870–1900 (oben) Güterwagen im Nußdorfer Bahnhof. Im Hintergrund die Nußdorfer Brauerei (rechts)

1900 wurde der alte Nußdorfer Bahnhof durch ein groß- zügiges neues Gebäude ersetzt. Es wurde an jener Stelle errichtet, an der Franz Anton Graf Lamberg 1750 das sogenannte Lambergschlösschen erbauen hatte lassen. Ebenfalls auf heutigem Döblinger Gebiet lag der Bahn- hof , der auf Ersuchen der Gemeinde- verwaltung errichtet wurde. Den Baugrund dafür stell- te die Gemeinde zur Verfügung. Die Strecke bis Tulln wurde bis Dezember 1889 zweigleisig ausgebaut, als die Der Pfeil zeigt auf den neuen Bahnhof, der 1900 er- Strecke bis Tulln ins Wiener Stadtbahnnetz einbezogen richtet wurde; im Kreis das alte Gebäude. wurde, und im Jahr 1898 wurde ein Bahnhofsgebäude für das neue Streckengleis errichtet. 1970 kam das Aus für das alte Bahnhofsgebäude. Es wurde dem Ausbau der Schnellstraße nach Klosterneuburg geop- fert. Fast 15 Jahre mussten die Fahrgäste den Unbilden des Wetters im Freien trotzen, ehe 1984 auf beiden Bahnsteigen eine sogenannte „Unterstandshütte mit Sitzgelegenheit“ er- richtet wurden. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2002 hielten dann keine Züge mehr in der Haltestelle Kahlenber- gerdorf. 2009 zeugten nur mehr klägliche Schuttreste von der einstigen Haltestelle, und heute ist überhaupt nichts mehr erkennbar. Der Bahnhof Kahlenbergerdorf um 1912 Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Zerfall der Monarchie war auch die Glanzzeit der Franz-Josefs-Bahn zu Ende. Mehr als zwei Drittel des Streckennetzes lagen nun außerhalb Ös- terreichs. Außerdem musste ein Großteil der Lokomotiven und Waggons an die neuentstandene Tschechoslowakei abgetreten werden. Hatte man auf diesen Schienen einst die mondänen Kurorte Karlsbad, Marienbad und Franzensbad erreicht, so lagen die Ziele nun näher: die Donaustrandbäder in Klosterneuburg, Kritzendorf, Greifenstein und St. Andrä-Wördern. Heute bringt die Franz-Josefs-Bahn vorwiegend Pendler von und nach Wien und stellt die Ver- bindung zum Waldviertel her. Ihr einstiges Zielgebiet Böhmen ist jetzt auf anderen Schienenwegen besser und schneller zu erreichen ... Im nächsten Döblinger Extrablatt (Nr. 18), das Anfang Mai 2018 erscheint, werde ich Ihnen vom „Wett- rennen“ der Zahnradbahn und der Standseilbahn auf den Kahlenberg anlässlich der Weltausstellung 1873 berichten. Döblinger Extrablatt 14 Sex and Crime in der Hirschengasse/Billrothstraße – vor 130 Jahren Von Helga Maria Wolf Man schreibt Samstag, den 14. Jänner 1888. Gegen 21 Uhr brechen der Besitzer der Villa in der Hirschengasse 28 und ein Mitbewohner zu einem Ballbesuch auf. Beim Verlassen des Parks spürt der Privatier Schläge auf den Kopf. Sein Begleiter hat ihm mit einem bleigefüllten Spazierstock in mörderischer Absicht eine stark blutende Wunde zugefügt. Wer war das Opfer? Wer war der Täter?

Das Opfer Carl Josef Wilhelm Ferdinand Curio wurde am 24. Juni 1849 in Aachen (Deutschland) als ältestes von fünf Kindern eines königlichen Oberstleutnants geboren. Als Bergwerksbesitzer verfügte er über beträchtliches Vermögen. 1877 heiratete er in Dülken (Deutschland) Clara Johanna Jansen, die Tochter des wohlhabenden Kaufmanns Dr. Eduard Jansen. Seit 1881 lebte das Ehepaar im zweiten Bezirk in Wien und wurde Mitglied des Eislaufvereins. Sein in diesem Jahr geborenes Kind Ernst Faustus starb nach wenigen Tagen, jedoch hatten sie mehrere Söhne. Am 6. November 1883 schloss Carl Curio mit David Tannenbaum einen Kaufvertrag für die Villa in Oberdöbling, Hirschengasse 28. Hier veranstaltete er musikalische Abende. Als Mä- zen unterstützte er Künstler – so auch den spä- teren Attentäter, dem er auf seinem Besitz, dem Grundstück in der Hirschengasse 28, Atelier und Wohnung zur Verfügung stellte. Curio, der „stadt- bekannte Privatier“, war – so heißt es in einem Nachruf – „eine interessante Figur der Wiener Gesellschaft … ein bekannter Lebemann und gehörte zu den eifrigsten Stammgästen der vor- nehmen Wiener Unterhaltungsetablissements.“ Grundstück in der Hirschengasse 28 – um 1830 Nie ging er nachts ohne seinen Revolver aus.

Der Täter Josef Johann Kirchner wurde am 10. Juli 1846 in Wien als Sohn eines Tapezierers geboren. Er be- suchte die Unterrealschule, Handelsschule und die Malerakademie. Der Student galt als begabt und erhielt bei einem Wettbewerb einen ungarischen Kunstpreis. Er verließ das Elternhaus und heiratete 1870 Friederike Anna Ruffingshofer, Tochter einer Weinhändlerin; der 1855 verstorbene Vater war bürgerlicher Gastwirt in der Inneren Stadt. Kirchner und seine Frau Friede- rike waren Eltern zweier Kinder. Auf einer Landpartie lernte er Marianne Rössel kennen, die er als seine Frau ausgab, ohne geschieden zu sein. Auch sie hatten eine gemeinsame Tochter. Der als elegant und exzentrisch geltende Maler arbeitete als Illustrator u. a. für Zeitschriften und für das prominente Werk „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“. Mit einem Monatsverdienst von bis zu 500 Gulden (ca. € 5000,–), verdiente er genug, um beide Familien standesgemäß zu erhalten. Doch dann kündigte die „Neue Illustrierten Zeitung“ seinen Vertrag, und Freunde mussten ihm Geld borgen. 1886 zählte auch die Familie Curio dazu – der Hausherr bot ihm ständig Kost und Quartier an. Vom Verhältnis seiner Gattin mit dem Gast ahnte er nichts. Titelblatt Neue Illustrierte Zeitung www.döbling.com Letztlich hatte es der vermeintlich beste Freund aber weniger auf die Frau abgesehen als auf 15 das Vermögen des reichen Ehepaares. Clara Curio gab dem Maler ein Darlehen, ein Sparbuch, Geld und Schmuck, den er verpfändete.

Der Tatort Das Haus Billrothstraße 26 (Konskriptionsnummer 219, Hirschengasse 28, Grundbuch-Einlagezahl 305) in Oberdöbling besaß einen Garten, der einst Teil eines noch größeren war. In der Hofzeile 20 lag das Maria-Theresien-Schlössel in einem riesigen Park, der bis zur Hardtgasse reichte. Nach einer (archivalisch nicht be- legbaren) Tradition soll sich die Kaiserin gerne dort aufgehalten und dort sogar ihre Flitterwochen verbracht haben. Im Lauf der Zeit sind zahlreiche Besitzer überliefert, u. a. der Akademieleh- rer und Unterkämmerer (Stadtbaudirektor) Theodor Edler von Vallery (1724-1800). Er verkaufte den hinter seinem Gebäude gelegenen Gartengrund, der um 1828 „im Munde des Volkes der Park genannt“ und parzelliert wurde. Maria-Theresien-Schlössel 1838 ließen Wilhelm und Cäcilia Knepper „für das von Grund auf neu zu erbauende Haus Nr. 219 samt Nebengebäuden in der Hirschengasse“ den Baugrund vom Überländgrund 177, 808 und 809 mit 288 Quadratklafter abtrennen. Wilhelm Knepper (1800-1871) war Inhaber des Franz-Josefs- Ordens und betrieb – mit seinem Schwiegersohn als Kom­ pagnon – eine k. k. privil. Buntpapier- und Tapetenfabrik auf der Wieden. Schon bald, am 30. 10. 1839, schloss das Ehepaar einen Kaufvertrag mit Graf Franz Xaver (* 24. 4. 1778 † 7. 3. 1854) und Julia Gräfin von Nadasdy geb. Neu erbautes Gebäude in der Hirschengasse, Gf. Schmidegg (* 24. 6. 1789 verh. 1807 † 16. 6. 1845) über später Döblinger Mädchenschule das Haus samt Nebengebäuden, Garten und Weingärten. Ihr Erbe, Franz Graf Schmidegg, veräußerte diese am 6. 6. 1855 an Jakob Maurer. Zwischen 1867 und 1870 logierte in der „Cuza´schen Villa“ (1820-1873). Er ging in die Geschichtsschreibung ein, weil er nach der Vereinigung der Fürstentümer Walachei und Moldau 1861 den Staat Rumänien proklamiert hatte. Eine Gedenktafel mit seinem Porträt am Billrothgymnasium (GRG 19) erinnert daran.

Am 27. Juni 1876 kaufte der ehem. Lemberger Ziege- leibesitzer David Tannenbaum (1819-1885) den Besitz. Der Wert des Hauses wurde 1885 mit 68.500 Gulden angegeben. Am 3. November 1883 erwarb Carl Curio die Liegenschaft und behielt sie bis 1894. In der Folge kam sie an Lucian Brunner (1850-1914) aus Hohenems. Er war Industrieller, Bankier und liberaler Wiener Gemeinderat und engagierte sich als Zionist. Nachdem er kurz vor Beginn des Ersten Welt- kriegs verstorben war, kauften Ernst und Alice Klinger 1916 die Realität. Als Großindustrielle in der Textilbranche betrieben sie Fabriken in Tschechien und besaßen auch Häuser in der Nachbarschaft. 1941 erfolgte die Beschlagnahme der Villa durch die Gestapo, 1947 die Restitution an vier Nach- kommen. 1950 schlossen diese bzw. ihre Erben einen Kaufvertrag mit der Republik Österreich. 1958 übernahm die Bundesgebäudeverwaltung das Gymnasium, das zwei Jahrzehnte davor als drittgrößte Döblinger Extrablatt 16 Mädchenschule Österreichs galt und 1939 um die Villa erweitert wurde. Ältere Absolventinnen erinnern sich an den Unterricht darin. Nach Kriegsende musste sie dem 1960 eröffneten Neubau des Billrothgymnasiums weichen. Ein Brunnenbecken und wenige alte Bäu- me erinnern (Bild rechts) an den einstigen Park, der vor 130 Jahren fast Schauplatz eines Mordes geworden wäre.

Ein Hut als Lebensretter Wenige Monate nach dem Mordversuch fand eine dreitägige Schwur- gerichtsverhandlung statt; mehrere Zeitungen berichteten detailliert von dem Sensationsprozess. Dabei schilderte der Angeklagte wortreich, dass nicht er, sondern ein schmäch- tiger Fremder, der plötzlich hinter einem Baum hervorkam, das Opfer verletzt hätte. Er hätte den Freund stürzen sehen und selbst das Bewusstsein verloren. Kirchner verließ fluchtartig das Haus und wollte Selbstmord begehen. Erst dachte er an die Donau, dann plante er, seine Freundin Marianne Rössel samt Tochter und sich selbst zu erschießen. Am übernächsten Tag wurde er in deren Wohnung in Währing festgenommen. An jenem Samstag im Fasching 1888 hatte der Maler, wie üblich, bei Familie Curio Nachtmahl gegessen und mit dem Hausherrn Volkssängerlieder gesungen. Gut gelaunt und Arm in Arm verließen sie das Haus, um einen Maskenball in den Sophiensälen zu besuchen. Sie wähl- ten den Parkausgang in der Kreindlgasse (Bild rechts), „einer öden, meist zwischen Gärten sich hinziehenden Straße“. Bei einer schmalen Wegstelle ließ Josef Kirchner Carl Curio den Vortritt. Nach wenigen Schritten versetzte er ihm mit dem bleigefüllten Stock einige Schläge auf den Kopf. Das Opfer konnte sich zur Wehr setzen, in die Wohnung schleppen und drohte, Kirchner zu erschießen. Seine Frau reichte ihm Wasser, eilte aber sofort zum Täter, um ihn zu warnen. Der Gärtner holte den Gemeindearzt, der die Anzeige erstattete. Frau Curio wollte ihrem Mann aus- reden, dass ihn ihr Geliebter attackiert hätte. Hausangestellte wussten vom Verhältnis der beiden. Als Zeuginnen gaben sie an, Frau Curio hätte ihren Mann nicht geliebt und geäußert, es wäre besser gewesen, wenn ihn der Mörder erschlagen hätte. Dass dies nicht gelang, verdankte der Villenbe- sitzer seinem Chapeau Claque (Bild links), einem zusammenklappbaren Zylinderhut. Dessen Mechanik aus Metall hatte den ersten Schlag abgefangen. In seiner Zeugenaussage erinnerte sich Curio, dass ihm Kirchner von diesem Zylinder abgeraten hatte – er solle lieber einen Jägerhut aufsetzen und den Revolver daheim lassen. „Kirchner hatte Chapeau Claque offen und (unten) den Plan gefasst, den Mann zu töten, um sich zum faktischen Herrn zusammengeklappt des Vermögens der Frau zu machen“, kommentierte ein Reporter. Carl Curio war nach einer Woche wieder genesen. Er starb, fast auf den Tag genau, 27 Jahre nach dem Anschlag, am 12. Jänner 1915, geschieden. Josef Johann Kirchner wurde vom Schwurgericht für den versuchten Meuchelmord zu sechs Jahren schweren Kerkers verurteilt, erlebte aber das Ende der Haftzeit nicht. Sein Ausspruch von Wien als „Großstadt der Untreue“ wurde damals zum geflügelten Wort. Adalbert Goldscheider (1848-1916), von 1886 bis 1892 Chefredakteur der „Neuen Illustrierten Zeitung“ (die Kirchner gekündigt hatte) und unter dem Pseudonym Balduin Groller ein vielgelesener Unterhaltungsschriftsteller, widmete dem Kriminalfall 1897 einen Roman unter dem Titel „Schuldig?“ Quellen: ANNO (Historische Zeitungen), Matricula (Pfarrbücher),Wien Geschichte Wiki, Grundbücher Döbling

www.döbling.com Eulen, Spanner & Co. 17 Schmetterlinge und andere Bewohner der Döblinger Unterwelt Otto Moog und Erhard Christian Beim Wort Schmetterling denken wir spontan an bunte Tagfalter, die im Sonnenschein durch die Lüfte gaukeln. Aber bekanntlich gibt es auch Schmetterlinge, die in der Nacht aktiv sind und tagsüber rasten. Diese Nachtfalter „übertagen“ in Fels- oder Mauerspalten, in Baumhöhlen, unter loser Borke oder in Laubhaufen, manche aber auch gelegentlich in Hohlräumen unter der Erde. Vor allem an heißen Sommertagen ziehen sie sich in Höhlen, Stollen, Tunnel und Keller zurück. Es sind dies jene Quartiere, die von anderen Faltern zur Überwinterung genutzt werden. Höhlen im wissenschaftlichen Sinn – also größere natürliche Gesteinshohlräume – gibt es im Wiener Stadtgebiet vermutlich nicht. Die zwei im österreichischen Höhlenkataster verzeichneten Wiener Objekte Severinushöhle und Pro- bushöhle, beide im Bezirk Döbling, sind wahrscheinlich Menschenwerk und außerdem zerstört bzw. unzugänglich. Entsprechend muss der Höhlenbiologe in Wien seinen Tätigkeitsbereich auf künstliche Objekte erweitern. Unterirdische Räume, wenngleich nicht von der Natur geschaffen, gibt es in großer Vielfalt, ganz besonders in Döbling. Manche Tiere aus der Unterwelt des Neunzehnten sind dafür bekannt, dass sie regelmäßig in natürlichen Höhlen ruhen. In der Grotte im Gspöttgraben, im Eiskeller beim Schloss Cobenzl, in der sogenannten Camald- ulensergrotte am Kahlenberg und in den Einwölbungen des Krapfenwald- und Schreiberbaches wurden neben anderen Insekten die Zackeneule (dieser orange und zimtbraun gefärbte Nachtfalter zählt Zackeneule zu den häufigsten „Höhlenschmetterlin- gen“), die Schnabeleule und das Tagpfau- enauge angetroffen. Auch Spinnentiere waren nicht selten: Ziegel- Nesselbach-Durchlass rückenkanker (ein Weberknecht, der oft in Höhlen gesichtet wird), Große Winkelspinne, Kellerspinne und Große Höhlenspinne. Auch ein Feuersalamander wurde protokolliert. Der Nesselbach-Durchlass, oberhalb der Brücke der Höhenstraße über den Nesselbach, diente zur Vergrößerung des Auslaufbereiches der Sprungschanze am Cobenzl. Obwohl dort kein echtes Höh- lenklima herrscht, fanden sich zwei bemerkenswerte Schmetterlingsarten. Das Schwarze Ordensband, ein Eulenfalter, der tagsüber an geschützten Orten ruht, war in Österreich zuvor nur ein einziges Mal in einem unterirdischen Raum beobachtet worden. Und für den Olivgrünen Bindenspanner konnte sogar erst- mals für Österreich der Beleg erbracht werden, dass diese Nachtfalterart auch unter der Erde übertagt.

Olivgrüner Bindenspanner Die Döblinger „Höhlenfunde“ ermuntern zu einer Schwarzes Ordensband weiterführenden zoologischen Untersuchung. Die Verfasser, zwei Biologieprofessoren der Universität für Bodenkultur im Ruhestand, beschäftigen sich seit 45 Jahren mit der Höhlentierwelt. Mehr über die Forschungsergebnisse über Schmetterlinge und andere Bewohner der Döblinger Un- terwelt erfahren Sie in unserer neuen Film-Doku „Döbling unterirdisch“, die im Spätherbst des Jahres 2018 präsentiert wird. In diesem Film lernen Sie auch die beiden Forscher Dr. Otto Moog und Dr. Erhard Christian bei ihrer Arbeit kennen. Wenn Sie an den Forschungsarbeiten näher interessiert sind, wenden Sie sich bitte per E-Mail unter [email protected] an das Döblinger Extrablatt. Döblinger Extrablatt 18 Vor den Vorhang Dieses Mal möchten wir den Architekt Herrn Albrecht vor den Vorhang holen. Er zeichnete verantwortlich für die thermische Sanierung des Hauses am Nußdorfer Platz Nr. 1-2 A (wir berich- teten im Extrablatt Nr. 16). Durch ein Gespräch mit ihm stellte sich heraus, dass es nie geplant war, die historischen Mosaike an diesem Haus abzubrechen. „Denn die Mosaike gehören zum Haus und zum Stadtbild. Doch bei den thermischen Arbeiten ist bei den Säulen teilweise Verputz abgetragen worden, welcher den Mosaiken Verspannung gab. Im Zuge dessen haben sich die Steine teilweise gelöst“, erklärt der Architekt im Interview. Doch Herr Albrecht, der seit über zwei Jahrzehnten bei dem seit den 50er Jahren in Döbling ansässigen Architekturbüro (zuerst in der Chimanistraße, seit 1976 in der Formanekgasse) von Dipl. Ing. Michael Thajer tätig ist, legte so- gleich alles daran, das komplett heruntergekommene Mosaik zu erhalten. „Ich hielt Kontakt mit Frau Mag. Haider von der MA7, die meine Meinung und die der Döblinger teilte, dass es gut wäre, wenn die Mosaike erhalten blieben“, so Albrecht. Also machte er sich auf die Suche nach einem würdigen Restaurator, der schließlich im passi- onierten Inhaber der Firma Karner & Kosco aus Kritzendorf gefunden wurde. Das Döblinger Architekten- büro, das hauptsächlich für Sanierungen von Wohnbauten sowie auch für kirchliche Bauten (z. B. Umbauten in der Krim-Kirche) zuständig ist, kümmerte sich mit vollem Einsatz darum, dass die Mosaike erhalten bleiben. Für diese Würdigung des Döblinger Straßenbildes möchten wir Herrn Albrecht besonders danken!

Doch eine Frage konnte uns der Architekt nicht beantworten: wer eigentlich der Künstler ist, der die Mosaike gestaltet hat. Eine Frage, auf die selbst der Döblinger Heimat-Kreis noch keine Antwort hat. Vielleicht schaffen wir es mit Ihrer Hilfe, herauszufinden, wer für die Mosaikgestaltung verantwortlich zeichnet? Wenn Sie einen Hinweis für uns haben oder gar die Antwort kennen, schreiben Sie uns bitte unter [email protected].

Döblinger Ried- und Flurnamen Preussen Diese Ried in Nußdorf, auf dem Nußberg gelegen, grenzt im Osten an die Ried Langbrunner, im Südwesten an Dennen und im Norden an Platte. Die Flur ist nach dem königlichen Rat Heinrich Preussel benannt, der 1277–1288 das „urfâr“ von Nußdorf als Lehen besaß. Diese Ried, die am unteren nordwestlichen Rand bereits verbaut ist, gehört zu den besten Weingärten u. a. der Familie Diem, Fuhrgassel-Huber, Mayer am Pfarrplatz in Nußdorf und Wolfgang Wagner. Das Grundeigentum des „Teutschenhauß“ umfasst u. a. einen Weingarten am Nußberg, „das Nider Preußl“. [Nußdorf ] Reisern, Reissern mhd. rizen = „reissen, zerreissen“ könnte auf spröden Boden hinweisen, der bei Trockenheit leicht rissig wird. In Obersievering nördlich der Agnesgasse gelegen, grenzt im Westen an Neubergen und Mitter- bergen, im Norden an Ried Haseleck, im Süden an Ried Ortern. [Sievering] Traminer Die Flur liegt auf dem „Steinbüchel“ („steiniger Hügel“). Sie wird im Norden durch die Kahlenberger Straße, im Osten durch die Ziegeleien, im Süden durch die Grinzinger Straße und im Nordwesten durch die Armbrustergasse begrenzt. Der Name leitet sich vom Südtiroler Weinort Tramin her. Nach ihm ist auch die Traminergasse benannt. Ein Beamter am Kaiserhof, dem der Wein beim „Unteren Urban“ so gut schmeckte, ließ angeblich als Dank dafür die alte Augasse in die 20 Meter lange Traminergasse „umtaufen“. [Nußdorf ] Das ausführlichst kommentierte Verzeichnis der Fluren und Rieden von Döbling, verfasst von Herrn Wolfgang Schulz, ist für € 18,– erhältlich. Bestellungen per E-Mail: [email protected]. www.döbling.com Vielen Dank, ... 19 ... dass Sie schon einmal an die Möglichkeit gedacht haben, dem Archiv des Döblinger Extrablattes Ihre historischen Unterlagen zum Ablichten zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie uns Ihre Dokumente vorbeibringen, scannen wir diese ein. Die Originale verbleiben dabei selbstverständlich bei Ihnen. Bitte heben Sie also Bilder, Dokumente, Fotos, Zeitungsausschnitte, Broschüren und alte Telefonbücher auf. So tragen auch Sie dazu bei, die verschüttete Geschichte von Döbling zu erhellen, das Wissen darüber zu bereichern und an künftige Generationen weiterzugeben. Der Döblinger Heimat-Kreis unterstützt Sie dabei, dass ihre „Schätze“ den Stellenwert bekommen, den sie sich verdienen. Ihre Erinnerungsstücke werden auf unserer Homepage www.döbling.com Zug um Zug veröffentlicht und ebenso bei Vorträgen präsentiert sowie im Döblinger Extrablatt publiziert. Überdies freuen wir uns immer, wenn Sie zu den Artikeln im Döblinger Extrablatt zusätzliches Wissen oder Unterlagen zur Verfügung stellen können. Zeitzeugen zu ein- zelnen Ereignissen und Berichten sind wünschenswert! Kommen Sie auch gerne vorbei, wenn Sie eine ganz persönliche Döblinger Geschichte mit uns teilen wollen. In der neuen Rubrik „Lebenslinien“ sind Ihre Bezirks-Anekdoten und -Erlebnisse herzlich Willkommen! Bei Fragen und Terminvereinbarungen rufen Sie einfach unter 0650/35 739 44 an oder schreiben Sie eine E-Mail an: [email protected] Danke für Ihre Spende! Wir möchten auch weiterhin der immer größer werdenden Lesergemeinde das Döblinger Extrablatt kostenlos zur Verfügung stellen. Allerdings sind die Ausgaben dafür nicht unbeträchtlich: Ein Exemplar kommt in der Herstellung samt Postver- sand auf rund € 3,50. An dieser Stelle wollen wir ein kleines Dankeschön für die teilweise auch großzügigen Spenden sagen. Unser spezieller Dank gilt vor allem den Pensionisten, die uns immer wieder kleine Beträge als Anerkennung schicken. Solange Sie spenden, können wir schreiben!

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+3030 + +3030 30+ 20 Preisliste Döblinger Heimat-Kreis

Pos Artikel Preis 1 Doku – Die Wehr- und Schleusenanlage in Nußdorf bei Wien € 14,80 2 Dokumentarfilm – Die Zahnradbahn auf den Kahlenberg € 11,50 3 Döblinger Spaziergänge – Band 1 / Wolfgang Schulz € 17,8 4 Döblinger Spaziergänge – Band 2 / Wolfgang Schulz € 17,80 5 Döblinger Spaziergänge – Band 1 und 2 / Wolfgang Schulz € 30,– 6 Der Kahlenberg in historischen Fotografien / Johannes Sowa € 20,– 7 80 Jahre Wiener Höhenstraße / Johannes Sowa € 20,– 8 Wandern im Wienerwald / Peter Hiess € 22,90 9 Naturjuwel am Leopoldsberg - Prof. Kurt Zukrigl € 7,– 10 Straßenverzeichnis Döbling € 16,– 11 Riedenverzeichnis mit Riedenkarte 2018 (Nußberg, Kahlenbgdrf.) € 18,– 12 Winzer- und Wurst-ABC-Plakat € 7,– 13 Döblinger Extrablatt – Sammelband (Ausgaben 1 bis 4) € 16,– 14 Kopie Döblinger Extrablatt Nr. 5 (Original nicht mehr vorhanden) € 5,– 15 Nachdruck Döblinger Extrablatt ab Nummer 6 je € 3,– 16 Kugelschreiber „Döblinger Extrablatt“ – Minenfarbe blau € 1,– Original Wiener Weindeckel – mit wienerischen Ausdrücken 17 € 2,– Durchmesser: ca. 95 mm (4 Sammlerdeckel) 18 Döblinger Extrablatt-Kappe € 31,– 19 Döblinger Extrablatt-T-Shirt € 14,– 20 Einkaufssackerl Papier – mit Heimatkreis- und Extrablatt-Logo € 1,– 21 Wandervorschläge (z. B. Zahnradbahnweg, Hameau, Kahlenberg) € 0,– Porto klein (z. B. ein Döblinger Extrablatt A4) € 2,50 Porto groß € 5,– Spende Gesamt

Bitte entnehmen Sie der Liste Ihre gewünschten Artikel und bestellen Sie ganz einfach mittels der Positionsnummern in der linken Spalte beim Döblinger Heimat-Kreis telefonisch unter Tel.:+43 650 35 739 44 oder per Mal unter [email protected] Auch für das Döblinger Extrablatt gilt – so lange Sie spenden, können wir schreiben. Vielen Dank!

www.döbling.com 21 Mit Spitzer Feder Sie sollten noch wissen, … dass sich der Döblinger Heimat-Kreis die Heimatforschung im Sinne von Leopold Speta seit der Gründung zum Leitbild gemacht hat, ebenso bei jeder Veranstaltung sein Angedenken hochhält und er auch für die Namensgebung des Heimat-Kreises der Namenspatron war. Speta war der Begründer des Heimatgedankens, dessen Idee 1921 zu den drei Geschichts-Bänden des Bezirkes Döbling geführt hat. Wieso sich die Döblinger Museumsblätter, die im Rahmen des Bezirskmuseums erscheinen, jetzt plötzlich an Herrn Leopold Speta erinnern, ist mehr als irritierend, da man sich schon seit langer Zeit vom Namen Heimatmuseum bewusst verabschiedet hat und sich auch in dem putzigen Heftchen eher nur am Rande durch „verstaubte Beiträge“ mit echter Geschichtsaufarbeitung beschäftigt. (Löbliche Ausnahmen sind die Sonderausstellungen.) Viele Gaben von blauäugigen Spendern landen ausgelagert in baufälligen Gebäuden, verschlossenen und verstaubten Zimmern, ohne jemals das Licht der Welt wieder zu erblicken. Interviews für Filmaufnah- men oder gar das Abfotografieren von ausgestellten Gegenständen sind auf höchste Weisung gänzlich untersagt. So wie sich das alte Bezirksmuseum darstellt, ist es reiner Selbstzweck. Geschichte wird hier nur verwaltet. Das ist zu wenig – noch dazu, wenn man Förderungen (im Gegensatz zu unserem Hei- matverein) bekommt. Mehr als die Hälfte des Museumsblattes besteht aus Eigenwerbung. Wir meinen, ein Wechsel im Bezirksmuseum ist mehr als angesagt! Es kann nur besser werden – weil auch Geschichte leben muss. Sie sollten noch wissen, … dass man sich jetzt bemüht, den Kahlenberggrat unter Naturschutz zu stellen. Der Döblinger Heimat-Kreis hat sich damit bereits vor fünf Jahren beschäftigt und Unterlagen zur Unterschutzstellung geprüft. Diese wurde allerdings mit der Begründung wieder verworfen, dass mit dieser Schutz- stellung ein sehr starker „Ausflugsverkehr“ und damit eine hochgradige Verschmutzung und Beschädigung (es wird sicherlich versucht, Stücke des Basalts herauszubrechen oder zu beschädigen) des Kahlenberggrates die Folge wäre. Bei Schneelage und Vereisung kann der Grat seine ungeübten Kletterer darüber hinaus ganz schnell abwerfen. Neues aus Nußdorf Scheinbar gibt es doch noch Nächstenliebe und Dankbarkeit. Kurz nach Erschei- nen des Extrablattes Nr. 16 Anfang September rief mich nämlich Herr Peter N. – seines Zeichens Tischlermeister aus Nußdorf – an, um mir mitzuteilen, dass er gerne ein Marterl für den Döblinger Heimat-Kreis drechseln würde. Zu Weihnach- ten 2017 war es soweit. Ein neuer Marterl-Korpus und das edle „Spender-Kreuz“ (ein für uns unbekannter Mann brachte eines Tages ein großes Christuskreuz in der Redaktion des Extrablattes vorbei) wurden zusammengefügt und am ange- stammten „Marterlplatz“ fest verankert. Unser Nußdorfer Pfarrer, Herr Roman, hat mir versprochen, dieses wiederhergestellte Marterl im Frühjahr 2018 einzuweihen. Dann wird das zweite „Spenderkreuz“, das von unserem Herrn Kurt, dem Mann für alles, als sogenannter „Platzhalter“ an der Mauer nach der Eichelhofstraße 2 angebracht war, schon ausgetauscht sein. Wie man hier sieht, ist das „Roh-Marterl“ schon fertig. Der Döblinger Heimat-Kreis dankt allen heimatverbundenen Helfern! Wolfgang Schulz Döblinger Extrablatt 22 Die Premiere der „Wehr- und Schleusenanlage in Nußdorf bei Wien“ Es war mit Sicherheit das Glanzlicht der Döblinger Kulturver- anstaltungen im Jahr 2016. Ende Oktober ging die Premiere der brandneuen Dokumentation „Die Wehr- und Schleusenanlage in Nußdorf bei Wien“ fulminant über die Bühne. Unser Nachbericht nimmt Sie noch einmal mit auf die gelungene Uraufführung. Doch zuvor möchten wir darauf eingehen, wie es zu diesem neuen Stück Döblinger Heimatgeschichte überhaupt gekommen ist. Und dafür müssen wir einige Zeit im Kalender zurückreisen – genauer gesagt, in den Winter 2015. Vor exakt zwei Jahren also begann das Filmprojekt, vorerst einmal nur im Kopf des Heimatforschers Wolfgang Schulz: „Auslöser dafür war der humoristische Beitrag im Döblinger Extrablatt Nr. 15 ,Unser wunderbares Sperrschiff in Nußdorf‘. Der Zufall wollte es, dass mich Herr Kurt Zemsauer eines Tages einlud, mit ihm in den Hades, sprich den Turbinenraum unterhalb des Donaukanals, zu steigen. Dieser Besuch in der sogenannten Todeszone unter dem Kanal war die zündende Idee, das Filmkonzept endgültig Gestalt annehmen zu lassen“, erzählt Schulz. Turbinenraum unterhalb des Donaukanals Als die Idee für das Filmkonzept geboren war, ging die Arbeit freilich erst so richtig los. Es musste ein Kameramann gefunden werden – und das klingt vielleicht einfacher, als es tatsächlich ist, denn die wirklich guten Filmemacher sind rar. Doch die unermüdliche Suche seitens des Heimatforschers hat sich letztlich gelohnt, und so konnte Anfang April der erfahrene Film- und Fernsehexperte Christian Kreidl (ein Beutetiroler) für das Wehrprojekt gewonnen werden. Ja, und dann – dann ging es ans Drehbuchschreiben, das sich trotz kontinuierlicher Mühe über Wochen hinzog: Szenen mussten richtig eingetaktet, örtliche Gegebenheiten beachtet und zahlreiche Verbesserungen ein- gearbeitet werden. Mit Drehbuchversion Nummer 18 waren schließlich Wolfgang Schulz und auch Christian Kreidl zufrieden. Endlich konnte im April der erste Kameramann Drehtag starten. Christian Kreidl bei der Arbeit Gedreht wurde der Film dann bis in den Hochsommer hinein. Da man für eine Minute Film zumindest ein bis zwei Stunden Dreh- und Schnittarbeit benötigt, kön- nen Sie sich vielleicht schon vorstellen, wieviel Motivation und unermüdlichen Einsatz es seitens des gesamten Teams brauchte, um bei Temperaturen von weit über 30 Grad vielfach in der prallen Sonne alle Szenen abzudrehen. Selbst der ORF war angetan und führte mit Wolfgang Schulz ein Interview über seine Dreharbeiten. Und letztlich hängt so ein großes Filmprojekt nicht nur an der fleißigen Arbeit aller Mitarbeiter, sondern muss auch mit höherer Gewalt zu Rande kommen. Wenn endlich zehn verschiedene Mitwirkende (Dar- steller, Kameramann, Gestalter, Träger, …) einen gemeinsamen Schulz beim ORF-Interview an der Drehtermin gefunden hatten, konnte man sicher sein: Für diesen Schleusenanlage Tag wurde Regen angesagt. Und damit fiel die tägliche akribische Vorbereitung oftmalig wortwörtlich ins Wasser – was letztlich wieder zu Zeitnot führte. Doch dank des unermüdlichen Einsatzes aller Beteiligten konnte am 18. Oktober einem unglaublich großem Publikum das großartige Ergebnis präsentiert werden: ein gelungener Film voller Herzblut und Akribie, der auch die Mannschaft die www.döbling.com monatelangen Strapazen bald vergessen ließ! Das ganze Team freute sich besonders darauf, 23 endlich im Döblinger Amtshaus vor 130 Gästen das glanzvolle Ergebnis den Döblingerinnen und Döblingern zugänglich zu machen. Ab 17 Uhr strömten die Gäste in die Gatterburggasse 14 und fanden sich zu spannenden Gesprächen und gemütlichem Beisammensein bei herrlichen Schmankerln von der Familie Salzer ein, die mit besonderem Bedacht die kulinarischen Leckereien für die Gäste vorbereitet und mit gewohnt freundlichem sowie herzlichem Service serviert hatte. Auch der Weinstand von Werner Sirbu erfreute die Gäste, die sich von dem Topwinzer und Sirbu Firma Salzer – die Partyprofis von und seiner charmanten – im Dirndl gewandeten – Döbling! Kellnerin – mit köstlichen Weißweinen vom Nußberg verwöhnen ließen. Der gesamte Abend wurde musikalisch am Klavier von dem begnadeten Pianis- ten Kurt Nieratschker begleitet. Zum Rahmenprogramm vor der eigentlichen Premiere gehörte ein ganz besonderer Gastauftritt von Herrn Theo (rechts), der sein selbst getextetes Lied „Sieveringer Sternderl“ für die begeisterten Gäste zum Besten gab. Besonders Frau Elisabeth Kirchner (unten links) konnte mit ihrer engelsgleichen Stimme die Premie- renteilnehmer berühren – vor allem, als sie gemeinsam mit Herrn Schulz das von ihm selbst geschriebene und von Herrn Nieratschker interpretierte Lied „I hab mei Nußdorf so gern“ aus der Taufe hob, bei dem die Gäste dank ausgeteilter Liedtexte mitsingen konnten. Auch der liebevoll aufbereitete Verkaufstisch kam bei den Döblingern gut an, die das Angebot gerne annahmen und sich schon mit den ersten Weihnachtsgeschenken eindeckten. Danach wurden die Mitwirkenden des Films geehrt. Wolfgang Schulz über- reichte Geschenke als kleines Danke an (Bild unten v. l. n. r.) Friedrich „Donau Fritzi“ Hammermayer, Inhaber „Radsport Nußdorf“; Frau Monika Szabo, In- haberin des Cafés „Captain Otto“; Stefan Reitgruber, Obmann des Vereins zur Förderung Historischer Fahrzeuge; Helmut Fichtenbauer, Chauffeur des Gräf & Stift-Autos C12 im Film und Gottfried Moser, Maschinist (Störungsbehebung – Verbund). Un- ser Haus- und Hoffotograf Aemilian Feigl hielt die Ehrung mit seiner Kamera fest. Kurt Zemsauer, Schleusenwart der Via Donau, dem für seine großen Verdienste um den Film die goldene Nuss verliehen werden sollte, konnte nur aus der Ferne gedankt wer- den, da er erkrankt war. Ebenso wurde Herrn Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmut Habersack vom Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau in seiner Abwesenheit gedankt. Und dann ging es endlich los: Der Film begann schon in den ersten Sekunden mit herrlicher Filmmusik und zog die Zuschauer in der Folge für über eine Stunde in seinen Bann. Nach nicht endenwollendem Applaus konnte nur die Spannung der im Anschluss stattfindenden Tombola das Klatschen verstum- men lassen. Für die Gewinner der hochwertigen Preise ging der Abend noch glanzvoller zur Neige. Schon die begeisterten Rückmeldungen und das Strahlen in den Augen der Gäste zeigten dem Döb- linger Heimatforscher Wolfgang Schulz: „Die monatelange Knochenarbeit hat sich wieder einmal gelohnt.“ Und auch Sie können das Ergebnis bestaunen. Bestellen Sie einfach die DVD (Bestell- formular auf Seite 20), nehmen Sie sich eine Stunde Zeit und genießen Sie ein interessantes Stück Alle Fotos rechte Seite Feigl rechte © Aemilian Alle Fotos Döblinger Geschichte. Döblinger Extrablatt 24 Zwei erfüllte Leben Wenn ein junger Mann wie Wolf Plettenbacher aus der Hardtgasse 7 in den 80er Jahren nicht neben seinem Studium eine Teilzeitarbeit benötigt hätte, hätte ich seinen Vater Herrn Dr. Otto E. Plettenbacher, einen Ur-Döblinger, niemals kennengelernt. Er war Lehrer am Samesianum in der Billrothstraße 73 und – was viel wichtiger ist – Kustos des Ambrosi-Museums im Augarten, das er selbst 1978 gegründet hatte. Aber wer Dr. Plettenbacher links im Bild. In der Mitte weiß heute noch, wer Gustinus Ambrosi war? Auch ich Max Sames, der Schuldirektor des RG XIX lernte erst durch den Herrn Professor Plettenbacher die Werke dieses Universalgenies kennen und schätzen. Ambrosi-Geburtstag – 125 Jahre Gustinus Ambrosi wurde 1893 am 24. Februar in Eisenstadt (damals Kismarton, Ungarn) geboren. 1900 führte die lebensgefährliche Ge- hirnerkrankung des musikalisch begabten Kindes zur Ertaubung. Nach einer Ausbildung von 1902 bis 1907 in Prag übersiedelte die Familie nach dem Tod des Vaters nach Graz. Mit dem Werk „Der Mann mit dem gebrochenen Genick“ (Bild nebenste- hend) gelang dem 16jährigen Ambrosi der Durchbruch in die erste Reihe der österreichischen Bildhauer. Anschließend besuchte er die Meisterschule für Modelleure und erhielt 1912 den Staatspreis für Bildhauerei der österreichisch- ungarischen Monarchie. 1912 übersiedelte er nach Wien – zum Studium der Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste. Bei Müllner, Hellmer und Zumbusch erhielt er Privatunterricht. 1913 stellte ihm Kaiser Franz Joseph I. ein Staatsatelier auf Lebenszeit zur Verfügung. 1916 bis 1918 begann Ambrosi mit seinem Hauptwerk „Prome- thidenlos“ aus einem 31 Tonnen schweren Block aus pentelischem Marmor. In der wirtschaftlichen Not der Zwischenkriegszeit musste Ambrosi vielen Aufträgen in Europa nachreisen. Er widmete sich in dieser Zeit auch seinen Dichtungen. Durch die Kriegsereignisse wurden in seinem Wiener Atelier 663 unwiederbringlich Werke zerstört. In den darauffolgenden Jahren erfolgten zahlrei- che Ehrungen und Auszeichnungen. 1953 bis 1957 wurde das G. Ambrosi-Museum in Wien im Augarten errichtet. Zitat: „1978 wurde die G. Ambrosi-Gesellschaft gegründet. Sie hat sich die Aufgabe gestellt, Leben und Werk von Prof. G. Ambrosi zu erforschen und die Ergebnisse ihrer Forschungen auch zu publizieren. Im selben Jahr, am 20. Oktober 1978, wurde in Anwesenheit des Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger und der Bundesministerin Hertha Firnberg das Ambrosi-Museum eröffnet. Ambrosi erlangte vor allem wegen seiner ausdrucksstarken Skulpturen und Porträts in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Be- rühmtheit. Der Künstler schuf mehr als 2.000 bildhauerische Werke, davon ca. 650 Porträts.“ www.döbling.com 25

1986 schloss die Witwe des Künstlers, Berta Ambrosi, mit der Marktgemeinde Stallhofen einen Leibrentenvertrag ab und übergab die Liegenschaft in deren Besitz. Der Bildhauer und Dichter Gus- tinus hatte sich den Ort Stallhofen als Alterssitz gewählt. Nach eigenen bis ins Detail geplanten Ent- würfen wurde ein florentinisch anmutendes Haus inmitten eines Parkes errichtet. Die Fertigstellung aber erlebte der Künstler durch seinen Freitod im Jahre 1975 in Wien (Ehrengrab auf dem St. Leon- hard-Friedhof in Graz) nicht mehr. Das Haus wurde von seiner Frau Berta Ambrosi nach den Plänen ihres Gatten fertiggestellt und nach seinen Vorstellungen eingerichtet. 1988 wurde das Haus mit Grünanlage als Gedenkstätte und Museum eröffnet. (http://stallhofen.eu/systemdaten/ menue-rechts/museen-und-sehenswuerdigkeiten/ambrosi-museum/ Marktgemeindeamt Stallhofen, Tel.: 0664/9250333, Herr Dr. Hans Reiter) Herrn Otto E. Plettenbacher, dem promovierten Historiker, vertraute Frau Berta Ambrosi 1988 eine umfangreiche, noch nicht geordnete schriftliche Hinterlassenschaft der 1978 gegründeten Gustinus-Ambrosi-Gesellschaft an. Auch weitere unzählige Plastiken und Studien gibt es im Museum Stallhofen zu sehen. Bekannt- heit erlangte Ambrosi im fortgeschrittenen Alter nochmals durch seine Porträtbüsten berühmter Persönlichkeiten.

Dr. Karl Renner Gerhard Hauptmann Dr. Lorenz Böhler Adolf Schärf Im Frühjahr 2018 ist ein gemeinsamer Besuch im Ambrosi-Museum im Augarten geplant. Wenn Sie auch Interesse an dieser Museumsführung haben, schreiben Sie uns bitte ein Mail oder rufen Sie uns an. Wir werden dann versuchen, mit dem Museumsbesitzer – dem Belvedere – einen Besuchstermin mit einer Museumsführung zu erwirken. Alle Unterlagen (Bildnachweise und Dokumente), die das Leben von Dr. Plettenbacher und Gustinus Ambrosi betreffen, wurden mir freundlicherweise von Frau Roswitha Plettenbacher zur weiteren Be- arbeitung übergeben. Nähere Unterlagen und ausführliches Bildmaterial über Gustinus Ambrosi können jederzeit unter [email protected] angefragt werden. Ihr Wolfgang Schulz Döblinger Extrablatt 2626 Der Beginn der Oberdöblinger Brauerei

Von Christian Michael Springer Neu Gasse Nr. 60 (Hardtgasse 24)

Am 17. Juni 1812 lesen wir in der „Wiener Zeitung“, dass Anton Vincenz Frey hier – auf der sogenannten Ried Feldeln Ober-Döbling Nr. 60 – mit seiner »ori- entalischen Druckwaren-Fabrik« in Konkurs geraten ist. Danach errichtet Joseph Hofbauer an dieser Ad- resse eine Essigsiederei.

1824 erwirbt Leonhard Dreher, ein weitschichtig Verwandter der Schwechater Brauerdynastie, das An- wesen und baut die Essigsiederei zu einem Brauhaus um. Zu dieser Zeit kommen die englischen, komplett aus Gusseisen und Metall bestehenden Sudhausein- richtungen in Mode, die rasch die hölzernen und un- hygienischen alten Sudhäuser ablösen und eine echte Revolution darstellen. Im Trummelhof in Grinzing ist so ein Sudhaus bereits in Betrieb, doch sind diese sehr teuer. Die schweren Einzelteile müssen mühsam zuerst mit Schiff und dann mit Pferdefuhrwerk über Ein Sudwerk nach englischem Vorbild Berg und Tal aus England herbeigeschafft werden – eine Eisenbahn gibt es ja noch nicht. Sie werden von englischen Arbeitern vor Ort zusammengebaut, aufgestellt und die Braumeister wochenlang ein- geschult.

Doch wie üblich frisst die Revolution ihre Kinder, denn die neuen Brauanlagen spielen die hohen Kosten nicht so schnell wie erhofft und benötigt ein. So geraten sehr viele Neo-Brauereibesitzer, die zu wenig finanziellen Rückhalt haben – viele von ihnen sind Glücksritter und profitieren von einem Regierungsdekret vom 21. November 1815, das das Brauereigewerbe freigibt –, rasch in die Zahlungs- unfähigkeit und müssen ihre Betriebe weit unter ihrem Wert verkaufen, so auch Leonhard Dreher.

1828 erwirbt Braumeister Joseph Gierster sen. zusammen mit sei- ner Gattin Elisabeth den Betrieb. Gierster war zuvor Besitzer des Gaudenzdorfer Brauhauses, das sehr gut ging und welches er nun seinem Sohn mit gleichem Na- men überlassen hatte. Er selbst hat den finanziellen Polster und zieht sich nun auf seine alten Tage nach Oberdöbling zurück. 1830 heiratet seine Tochter The- resia Konrad Dreher, der neun Jahre später Besitzer des nahe- gelegenen Hernalser Brauhauses

www.döbling.com 27 wird. Konrad war zuvor Braumeister in Wiener Neudorf und ist der Sohn des Johann Nepomuk Dreher, der das Klein-Schwechater Brauhaus von Franz Anton Dreher gepachtet hatte. Er lebt noch lange mit seiner Frau, die am 13. November 1842 stirbt, im schwiegerelterlichen Haus in Oberdöbling Nr. 60, das ihm noch 1858 zu einem Zwölftel gehört.

Joseph Gierster sen. beginnt den Betrieb auf etwa die gleiche Größe wie Gaudenzdorf auszubauen. 1833 wird ihm eine Erwerbsteuer von 200 Gulden vorgeschrieben. Doch bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Am 8. Mai 1837 stirbt er, und seine Erben verpachten die Brauerei.

Nachdem Anton Dreher aus Schwechat von seiner »Spionagereise« nach England, die er gemeinsam mit Gabriel Sedlmayr aus Mün- chen und Georg Lederer aus Nürnberg un- ternommen hatte, zurückgekehrt war und 1841 durch vollkommen neue Mälzerei- und Brauverfahren das »Lagerbier« erfunden hat- te, wollten die Leute jetzt ein wohlschme- ckendes, helles Bier trinken. Der Gerstensaft aus Oberdöbling, wo sich der Braumeister dem nicht anpassen kann, ist immer weniger gefragt – und Geld für eine Modernisierung der Anlage ist nicht vorhanden. Wurden 1846 vom Pächter Bernhard Kaufried noch 11.750 hl Bier gebraut, sind es zwei Jahre später nur mehr 1.569 hl.

Am 4. Mai 1850 stirbt die Bräumeisters-Witwe Elisabeth Gierster. Sie ist auch Besitzerin des Hauses Nr. 61. In diesem Jahr werden zwar wieder magere 4.666 hl Bier gebraut, doch danach fällt die Produktion wieder, und die Brauerei gerät in finanzielle Schieflage. 1854 versetzt der Pächter Bernhard Kaufried dem Betrieb dann endgültig den Todesstoß. Nach nur 727 hl wird die Brauerei geschlossen und am 15. Mai die Realität „samt darauf befindlichen Bestandteilen“ öffentlich feilge- boten. Der Ausrufpreis beträgt 40.000 Gulden CM, aber es findet sich kein Käufer. 1855 bemüht man sich weiter um einen neuen Eigentümer. Am 5. April wird die Einrichtung der Brauhaus- Ausschank, die sich im Brauhaus befindet, versteigert: 150 Sessel, 40 Tische, Einfach- und Doppel- bänke, Gläser, eine Kalesche und Pferdegeschirr.

1856 erwerben die Brüder Ignaz und Jakob Kuffner das Brauhaus, nachdem sie bereits 1850 die Ottakringer Brauerei in ihren Besitz gebracht hatten, und bauen es zu einer modernen industriellen Brauerei aus, die sie bis 1907 betreiben. Aber das ist eine andere Geschichte …

Quellen: diverse Ausgaben der „Wiener Zeitung“; „Geschichte der österreichischen Land- und Forstwirt- schaft und ihrer Industrie 1848-1898“; Filek-Wittinghausen Werner: „Gut gewerkt in Döbling“. Christian Michael Springer befasst sich seit 1982 mit der Geschichte der österreichischen Brauereien (www.brautopo.at) und brachte Ende 2016 zusammen mit Alfred Paleczny und Wolfgang Ladenbauer das Buch „Wiener Bier- Geschichte“, ISBN 978-3-205-20437-4, erschienen im Böhlau-Verlag, heraus. Döblinger Extrablatt 28 Gedenktafel für Obstlt. Julius Schlegel Späte Ehrung des Retters von Montecassino – 2018 jährt sich sein Todestag zum 60. Mal In einer von der österreichischen Offiziersgesellschaft veranstalteten Feierstunde wurde 1969 in der Pokornygasse 5 im 19. Wiener Gemeindebezirk eine Gedenktafel für Obstlt. Julius Schlegel enthüllt, der in diesem Hause gewohnt hatte (rechts oben im letzten Stock) und dort im Jahre 1958 gestorben ist. Zitat aus DER SOLDAT, Nr. 21, 9. November 1969: Obstlt Julius Schlegel war jener Österreicher in der Deutschen Wehrmacht, der im Herbst 1943, als die Front immer näher rückte, unersetzliche Kunstschätze und Reliquien aus der Abtei Mon- tecassino nach Rom bringen ließ und dadurch vor der sicheren Zerstörung rettete. Er tat dies ohne Befehl, ja im Gegenteil: Er handelte ohne Wissen seiner Vorgesetz- ten, aus eigener Initiative, nur seinem eigenen Verantwortungsbewußtsein ent- sprechend. Daß er dabei Kopf und Kragen riskierte, wird einem sofort klar, wenn man bedenkt, daß er Soldaten und Transportmittel seiner Instandsetzungsabtei- lung ihrem eigentlichen Zweck „entfremdete“, was in jener Kriegslage schwerste Folgen nach sich ziehen konnte. Daß seine Tat so wenig bekannt ist – sowohl in seinem Vaterland Österreich als auch in der in altem Glanz wiedererstandenen Abtei –, ist bedauerlich. Umso dankenswerter ist die Initiative einiger weniger überlebender Kameraden Schlegels, die unter Führung von Dir. Weber nun diese Gedenktafel gestiftet haben. Welch hohe Achtung man vor dem Werk Obstlt Schlegels hat, geht daraus hervor, daß an der Einweihungsfeier auch der päpstliche Nuntius in Österreich, Erzbischof Dr. Rossi, der italienische Botschaftsrat d ‘Aragona, Verteidigungsminister Dr. Prader, zahlreiche hohe Offiziere mit GdPzTrp Rüling an der Spitze, Persönlichkeiten des öffentlichen und kulturellen Lebens und der Präsident der österreichischen Offiziersgesell- schaft, Hofrat Dr. Schmidt, mit einer starken Abordnung der OG teilgenommen haben. Sie alle wurden vom Generalsekretär der ÖOG, ObltdRes Neunteufel, begrüßt. Dir. Weber schilderte die Tat Schlegels in einer mitreißenden Rede, Minister Dr. Prader würdigte den verstorbenen Offizier als Vorbild für alle Soldaten. Militär- provikar Fritz segnete die Gedenktafel, die hierauf von der Witwe Obstlt Schlegels enthüllt wurde, während der Doppelposten des Gardebataillons das Sturmgewehr präsentierte. Schließlich übernahm Hofrat Dr. Schmidt die Tafel in die Obhut der ÖOG. Zum Schluß spielte der Musikzug der Musikkapelle des Gardebataillons, der die Feier musikalisch umrahmt hatte, das Lied vom Guten Kameraden. N. G. Tragischerweise verlor Schlegel im Juli 1944 bei einem Luftangriff ein Bein, wurde nach Kriegsende in Wien unter falschen Anschuldigungen in Untersuchungshaft genom- men, später rehabilitiert und in den Landtag gewählt. Er starb am 8. August 1958 in Wien, wo er in einem Ehrengrab auf dem Döblinger Friedhof beigesetzt und auf Betreiben seiner Söhne 1986 durch ein Denkmal im Wertheimsteinpark geehrt wurde. Die alljährlich von Herrn OSR Lang Josef organisierte Schlegel-Feier im Wert- heimsteinpark fand 2017 am 4. August um 10 Uhr statt (der Termin für 2018 ist der Freitag, 10. August um 10 Uhr). Zitat Herr Lang: „Aufgrund der Verdienste von Obstlt Julius SCHLEGEL zur Rettung der Kunst- schätze des Klosters MONTECASSINO wurde ab 2017 durch das BMLVS die Durchführung einer jährlichen Kranzniederlegung bei der SCHLEGEL-Büste im WERTHEIMSTEINPARK in 1190 WIEN angeordnet, wodurch diese Veranstaltung durch das Bundesministerium für Landesverteidigung institutionalisiert wurde.“ www.döbling.com 29

Buslinien nach Salmannsdorf von Johannes Sowa Kommen Sie mit uns auf eine Döblinger Reise zurück ins vorige Jahrhundert – und zwar mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von anno dazumal! Und steigen Sie erst aus den heutigen modernen Gelenksbussen wieder aus.

1908–1938 Stoll O-Buslinie von Pötzleinsdorf nach Salmannsdorf. Die von Ferdinand Porsche konstruierten und mit Radnabenmotoren ausgestatteten O-Busse ersetzten die bereits im 19. Jahrhundert eingesetzten, pferdebe- spannten Stellwagen mit gleicher Linienführung. © Wiener Linien

1928–1945 Autobuslinie 20 Man betrieb die Autobuslinie 20 von der Einmündung der Gymnasiumstraße in die Billrothstraße nach Salmanns- dorf. Nach Fertigstellung der Krottenbachstraße Mitte der 1920er Jahre konnte diese Linienführung gewählt werden. In den Kriegsjahren wurde der Autobus wegen Treibstoff- mangels mit Leuchtgas, welches in einem Anhänger mit- geführt wurde, betrieben. © Wiener Linien

1944–1958 O-Buslinie 22 von der Stadtbahnstation Nußdorfer Straße nach Salmanns- dorf. Der Bus fuhr bereits während des Krieges im Probebe- trieb. Nach schweren Kriegsschäden am Bahnhof Währinger Gürtel konnte die O-Buslinie 22 erst wieder 1946 in Betrieb genommen werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg und nach Einstellung der

O-Buslinie 22 gab es kurzzeitig auch eine Autobuslinie 22 © Wiener Linien nach Salmannsdorf. 1961 bis 1972 verkehrte die Autobuslinie 39A von der Stadtbahnstation Nußdorfer Straße nach Sal- mannsdorf. Hier kamen Stockautobusse zum Einsatz. Seit 1972 verkehrt die Autobuslinie 35A vorerst mit unterschiedlichen Abfahrtsstellen im 20. Bezirk, zuletzt von der U4-Station Spittelau nach Salmannsdorf. Diese Linie ist mit modernsten Gelenkau- tobussen ausgestattet. In den letzten paar Jahren verkehren in größeren Intervallen auch die Buslinien 39A von Sievering so- wie der Wienerwaldbus 43B von Hütteldorf nach – Agnesgasse. Auch der Autobus 43A aus Neuwaldegg zum Cobenzl hält in Salmannsdorf. Außerdem verkehrt in den Nächten Fr.–Sa. und Sa.–So., sowie vor Feiertagen vom Währinger Gürtel der Nachtbus N35.

Döblinger Extrablatt 30 Zwei Stationen mit der Bim 40 – Währing–Döbling Die Haltestelle der elektrischen Straßenbahn Nr. 40, Börseplatz– Türkenschanzpark, war schräg gegenüber am Währinger Park/Station Gymnasiumstraße. Die Straßenbahn verkehrte ab dem 19. März 1907 hier zweigleisig, mit dem Liniensignal „40“. Für damalige Zeiten eine Spitzenanbindung an die Stadt – und wir schreiben das Jahr 1913. Das heißt, man ist in Währing aus- und zugestiegen, doch in Döbling frönte © Privatarchiv Werner Neuwirth Werner © Privatarchiv man seinem Sport. Aber nicht immer. Der Cottage-Eislaufverein, erbaut nach Plänen von C. R. v. Borkowsky und H. Müller in der Hasenauerstraße 2–4 mit der Telefonnummer 15 251 besaß eine Freiluft-Kunsteisbahn von 2.440 m2 und einen zweiten Eisplatz mit 580 m2. Diese erste Bahn war größer als die berühmte Eisbahn beim Engelmann in Hernals. „Die Eröffnung ist Ende Oktober bis Mitte März täglich, ausgenommen an Regentagen. Geöffnet von 8 Uhr bis 9 Uhr abends. Donnerstag bis 10.30 – Militärkonzerte: jeden Sonn- und Feiertag, jeden Dienstag und Samstag von 5 bis 8 Uhr, jeden Donnerstag von 6 bis 10 Uhr abends.“ Auf der Rückseite der oben abgebildeten Karte vom 4. Dezember 1912 finden wir sehr passende Zeilen. Empfänger: Frau Grete Kronberger in Baden zu Wien. Text: „Hoffe, daß Sie bei Anblick dieser Karte doch Lust bekommen ,hereinzufahren‘ und es mir vergönnt ist unter den Klängen der Militärmusik hier mit Ihnen zu tanzen, mit Handkuß …“ Wenn man sich diese Idylle noch angezuckert mit Schnee vorstellt, konnte das vielleicht ein schöner Krampus oder Nikolo geworden sein … Und danach vielleicht noch ein Gläschen Punsch oder Glühwein – dann spürte man auch die beißende Kälte nicht so sehr. Im Winter, wie z. B. am Samstag, den 7. Jänner des Jahres 1928, veranstaltete der Cottage-Eislaufverein auf seinen beiden Plätzen ein Kostümfest. „Beginn 8 Uhr abends. Um 10 Uhr abends Schaulaufen der Kunstläufer und Links im Bild Frau Grimm, die Mutter Paarläufer – Eintritt nur in Kostüm oder mit entsprechendem Abzeichen. Die von Frau Brigitte L., am Eislaufplatz originellsten Figuren erhalten Preise!“ in der Leidesdorfgasse Nichts wie hin. Der Cottage-Eislaufverein fuhr auch Preise ein. Am 6. März im Jahre 1910 z. B. kam auf der Wiener Freilaufkunsteisbahn die Meisterschaft von Österreich im Kunstlaufen auf dem Eise zur Austragung. Ein gewisser Herr Kachler vom Cottage-Eislaufverein wurde Erster, ein gewisser Mejstrik vom Wr. Eislaufverein Zweiter und Hr. Schwarzenbach, wieder vom Cottage-Eislaufverein Dritter. Dem Herrn Kachler begegnen wir gleich noch einmal, nämlich am 1. März 1913, wo Hr. Ing. Fritz Kachler vom Cottage-Eislaufverein einstimmig zum Weltmeister im Kunstlaufen erklärt wurde. Dazu gibt es den hübschen Ausspruch einer Dame: “Ich weiß nicht, was die Leute an der Kür Kachlers zu nörgeln haben. Mir imponiert er. Die anderen kämpfen schneidig mit dem Eise, er b e h e r r s c h t es aber“.

www.döbling.com Und wissen Sie, wer am sechsten Platz landete? Ein gewisser Werner 31 Rittberger (Bild). War das nicht der erfolgreichste deutsche Eiskunstläufer, der insgesamt elfmal deutscher Meister wurde und nach dem der „Rittberger-Sprung“ (ein Kantensprung beim Eiskunst- und Rollkunstlauf ) benannt ist, der auch noch heute zum Kürprogramm jedes Wettbewerbes gehört? Ja, genau, das war er … geschlagen von einem Wahl-Döblinger! Die restliche Zeit des Jahres zog hier der Tennissport ein. Und wenn man sich die Karte näher anschaut, fallen einem auch Radfahrer im Vordergrund auf. In Döbling nannten sie sich „Herrenfahrer“. Sie wollten nämlich mit den „Proletariern“, die des schnöden Mammons wegen an Rennen teilnahmen, nichts zu tun haben. Bei denen war die Grazer Firma Mathias Allmer in der Beliebtheitsskala ganz oben, vertrieb diese doch als alleiniger Vertreter Österreichs Knall-Bomben, das sicherste Mittel gegen böswillige Hunde – vollkommen gefahrlos. Ja, ja, die guade alte Zeit! Dazu zählt auch schon die Schulzeit des Autors Wolfgang Schulz: „Da fällt mir ein, dass wir als sechzehnjährige Buben gleich bei der Haltestelle auf dem Sportplatze, ich schätze in der sechsten oder siebenten Schulstufe, auch Völkerball gespielt haben. Eine Klasse gegen die andere.“ Noch bei Friedrich Ludwig Jahn, dem Schöpfer der deutschen Turnbewegung (1778–1852), hat das von ihm als Turnspiel bezeichnete Völkerballspiel einen eindeutig wehrertüchtigenden Charakter. „Ich fühlte mich bei dem erwähnten Spiel durchaus als ein Krieger, allerdings am Ende seiner Kräfte. Denn an ein Spiel kann ich mich heute noch gut erinnern: Ich kämpfte alleine gegen eine Übermacht von zwölf Spielern. Und Sie werden es nicht glauben, nach einer ewigen Spieldauer stand ich irgendwann als Sieger fest!“ Ein Stück weiter oben in der Hasenauerstraße fuhr die Bim eingleisig – dann gleich wieder zweigleisig und anfänglich eingleisig um den Carl-Ludwig-Platz (XVIII. und XIX. Bezirk, früher Carl-Ludwig- Straße in Währing und Carl-Ludwig-Straße in Döbling – ein Straßenzug – bis zur Mariengasse, ab 1894 Chimanistraße) und später mit getrennter Gleisführung links und rechts um den Carl-Ludwig- Platz herum. Wo die Weimarerstraße die Hasenauerstraße kreuzt, an der Grenze von Währing und Döbling, befand sich einst das Erzherzog-Carl-Ludwig-Denkmal mit einem Brunnen von Edmund von Hofmann. Der Brunnen wurde 1906 von der Gemeinde Wien gestiftet. Der adlergekrönte Obelisk wurde im 2. Weltkrieg stark beschädigt und 1954 abgetragen. Das Denkmal stand genaugenommen fast immer in Währing. Und auch heute wäre es noch auf Währinger Boden, wenn man die aktuelle © Privatarchiv Werner Neuwirth Werner © Privatarchiv Grenzführung betrachtet. Die Linie 40 folgte immer der Katastralgrenze entlang, bis in die Gregor-Mendel-Staße/ Ecke Linnéplatz. Endstation – alles aussteigen! Gleich gegenüber am „Bankerl“ im Türkenschanzpark warteten schon unsere Damen, in der Mitte die Großmutter von Frau Brigitte L. und die Tanten, um mit der nächsten Bim wieder nach Hause zu kommen. Linie 40 geht zum Börseplatz – in zwei Minuten: „Alles einsteigen!“

Döblinger Extrablatt 3232 Das Stammtischjubiläum des Milchmeiers Der „letzte“ Döblinger Milchmeier befand sich in der Heiligenstädter Straße 145; er stellte erst im Jahre 1954, nachdem das Haus zum Abbruch bestimmt war, seine Milchproduktion ein. Zehn Joch Pachtgrund in der Wildgrube, in der Kahlenberger Straße und bei der Eisernen Hand waren das Futterreservoir dieses milchproduzierenden Betriebes. Es war dies der allen Heiligenstädtern und Nußdorfern bekannte Richard Steurer, der den Betrieb seines Vaters Anton mit seinen dreizehn Kühen trotz vieler Schwierigkeiten und Nöte über die Kriegstage – Bombentreffer und Requirierung von fünf Kühen durch die russische Besatzungs- macht – zu erhalten suchte, um die Döblinger mit Frischmilch zu versorgen. Ein wesentliches Merkmal der Abmelkbetriebe war das ständige Auswechseln der Kühe. Die Milchmeier kauften ihre Kühe bei Viehhändlern. Sobald die Milchleistung einer Kuh nicht mehr rentabel genug war, wurde sie an einen Fleischhauer verkauft. Den Döblinger Molkereien ist im Buch Döblinger Spaziergänge, Band 2 ein ausführliches Kapitel gewidmet. Die Seiten 95 bis 104 beschäftigen sich intensiv mit den „Schweizern in Döbling“ (Schweizer heißt „Melker“ oder „Pfleger der Kühe in Molkerein). In der Pantzergasse 11 und 1941 in der Döblinger Hauptstraße 4 befand sich die Molkerei Josef Rauscher, die im Zweiten Weltkrieg als „Franz Rauscher – Milch- und Sahne- großverteiler“ so manchem jungen Döblinger Erdenbürger auch ohne Milchkarte über die schwere Kriegs- und Nachkriegszeit hinweghalf. Und daher möchten wir Ihnen ebenjenen Herrn Rauscher an dieser Stelle näher vorstellen. Vielen Dank an Herrn Rudi Ferda, der dem Heimat-Kreis dieses Stück Döblinger Geschichte aus der „Illustrierten Kronen-Zeitung“ vom Freitag, 15. November 1935 (Seite 17) zur Verfügung stellte:

Gibt’s denn noch Milchmeier in Wien? Diese Frage kann man öfters hören, weil sich die Leute keine Erklärung dafür finden, wo denn inmitten der Zinskasernen für die milchspendenden Vierbeiner Platz wäre. Es würde sich auch nicht gut ausnehmen, wenn man auf den Straßen plötzlich das „Muh, Muh“ von Kühen vernähme oder wenn eine Rindviehherde die Opernkreuzung passieren würde. Man muss schon ein Stückerl weiter hinaus wandern, um in dem und jenem Außenbezirk Kuhställe zu finden. Die Milchmeier haben sich trotz der schweren Konkurrenz der Großmolkereien behaupten können, denn die „Kuhwarme“ hat immer noch ihre Liebhaber, und so manche Mutter sagt, dass ihr Baby nur durch eine Milch, die man aus erster Hand vom Kuhstall kauft, vom „Bauchweh“ kuriert wird.

Einer der ältesten Milchmeier Wiens wohnt draußen in Heiligenstadt und in Nuß- dorf kennt jedes Kind den „Steurervater“, der im Sommer dieses Jahres 75 Jahre alt geworden ist. Vor zwei Tagen hat er sein 50jähriges Jubiläum als Milchmeier feiern können und nebstdem noch ein zweites Jubiläum, wie es nicht alle Tage begangen wird. Auf den Tag genau waren es fünfzig Jahre, seit der Michmeier Anton Steurer Stammgast im Wirtshaus vom Nußdorfer Spitz ist. (Anm.: Gemeint ist das Lokal mit dem Namen J. Falmbigl.)

Vor 50 Jahren stand an der Ecke der Grinzingerstraße und der Heili- genstädterstraße Nr. 157 – damals hieß sie noch Nußdorferstraße – ein ebenerdiges Haus mit einem Gastlokal. An dem Tag, an dem sich der junge Steurer-Toni aus Weikersdorf ein paar Häuser weiter als Milchmeier etabliert hatte, kam er gleich ins Wirtshaus, um den Wein zu kosten. Er scheint zufrieden gewesen zu sein, denn von diesem Tag an ist er seinem Stammlokal treu geblieben. Das alte Haus wurde niedergerissen und ein neues aufgebaut, das Lokal wechselte des Öfteren den Besitzer oder Pächter, aber der Stammgast blieb treu.

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Blickt man in der Heiligenstädterstraße nach rechts, dann sieht man den wuchtigen, endlos schei- nenden Bau des Heiligenstädterhofes (Anm.: heute Karl- Marx-Hof ). Auf der Straße selbst jagen Autos dahin und so hat man ein echt großstädtisches Bild vor Augen. Wendet man aber den Blick, dann fühlt man sich in ein Dorf versetzt. In einem der niedrigen Häuschen, die sich ängstlich zu ducken scheinen, haust Vater Steurer mit den Seinen. Der Taubenkobel, die Hühner im Hof, der Wagenschuppen, das alles gibt ein ganz ländliches Bild. Und wenn dann erst der alte Milchmeier die Stalltür aufschließt, meint man, fern von Wien zu sein. Ein braves Rößlein und zwölf wohlgenährte Kühe beherbergt der Stall. Den Kühen schlägt die Wiener Luft gut an, es geht ihnen nichts ab und trotzdem hört man sie oft erbarmungswürdig brüllen. Sie haben Liebeskummer und dem kann schwer abgeholfen werden, weil’s in Heiligenstadt und in Nußdorf schon längst keinen „Gmoastier“ mehr gibt. Wenn man den alten Milchmeier fragt, wie’s Geschäft geht, dann sagt er: „Na ja, ma g’frett si halt so durch. Früher war’s freili besser, da hat ma zweimal im Jahr sei Steuer zahlt und guat war’s. Wann aber jetzt der Briefträger kummt, hab i jed’smal a Angst, ob er ned wieder irgendwas bringt, was dem Geldbörsel weh tuat!“ Soweit langt’s doch noch, dass der Vater Steurer ins Wirtshaus zum Nußdorfer Spitz spazieren und sich dort für die naturbelassene Milch, die er untertags verkauft hat, abends am Stammtisch ein oder mehrere Vierterl vom naturbelassenen Heurigen vergönnen kann. Und weil er so fesch beinand ist, wird der Vater Steurer ganz g’wiß noch einmal ein Milchmeier- und ein Stammtisch-Jubiläum feiern können.

Döblings Straßen von A bis Z Glatzgasse seit 1895, zuvor Mostler-, Rosina- und zuletzt Artariagasse (nach Dominik Artaria, dem Begründer der renommierten Kunst- und Landkartenhandlung). Führt von Döblinger Hauptstraße 8 zur Heili- genstädter Straße. Nach dem evangelischen Prediger und Jugendschriftsteller Jakob Glatz (1776–1831) benannt. [Oberdöbling] Hackhofergasse seit 1894, früher Färbergasse. Geht von Greinergasse 51/53 zur Heiligenstädter Straße 229. Benannt nach Ignaz Hackhofer (1785–1854), der in dieser Gasse 1820 eine Färberei errichtet hatte. Die Quelle, die seinerzeit die Färberei und die Nußdorfer Brauerei gespeist hat, ist heute noch aktiv. Das saubere Quellwasser wurde eine Zeitlang direkt in den Kanal geleitet. Seit 2014 wird das ursprüngliche Quell- wasser in einem neu gelegten Kanal bis zu einem Rohrausfluss in ein offenes Gerinne Richtung Donau abgeleitet. [Nußdorf] Neustift am Walde seit 1894, zur Wahrung des Ortsnamens. Führt von Khevenhüllerstraße 19/21 zur Hameaustraße 1/2. Diese Straße hieß bis 1860 Hauptstraße, dann bis 1894 Wiener Straße, da sie nach Wien führte. Damit der Ortsname des ehemals selbständigen Dorfes erhalten bleibe, erhielt sie den Namen Neustift am Walde. Dieser Name stammt von der am Wald gelegenen damals neuen Stiftung. [Neustift am Walde] Das ausführlichst kommentierte Straßenverzeichnis von Döbling, verfasst von Herrn Wolfgang Schulz, ist um € 16,- erhältlich. Bestellungen: [email protected]. Sie finden Auszüge aus dem Straßenverzeichnis auch auf der Homepage unter www.döbling.com/lexika Döblinger Extrablatt 34 Die fast unendliche Geschichte eines Grenzsteines Anfang Februar 2012 erreichte mich ein Anruf von Herrn Alfred Hengl, der gerade mit Herrn Christian Winkler (†) auf der Windmühlhöhe zu Fuß unter- wegs war, dass sie einen historischen Grenzstein entdeckt haben – in zwei Teile geborsten lag er am Wegesrand. Der zweite Teil – der Basisstein – steckte tief im Boden. Am 12. Februar 2012 hat diesen dann der Döblinger Heimat-Kreis unter der Leitung unseres Paradewinzers Werner Sirbu mit großer Mühe und Plage unter Zuhilfenahme schwerer Geräte geborgen.

Da sich der Grenzstein genau an der Grenze zu Pötzleinsdorf-Währing und Döbling befindet und wir in Döbling keinen einzigen Hinweis zu diesem Stein finden konnten, nahm Vereins- leiter Wolfgang Schulz die Hilfe des Museumsleiters von Währing, Herrn Kat, in Anspruch. Dieser wurde sofort fündig und überließ ihm die nachstehenden Zeilen: Zitat: „Die Erwähnung von Klosterneuburg führt zu zwei Steinen auf der Windmühlhöhe. Der eine steht in der Wiese gegenüber vom Haus Windmühlhöhe Nr. 21, der andere etwa hundert Schritte weiter östlich, ganz knapp vor der Ecke der dortigen Kleingartenanlage. Auf beiden ist das Stifts- wappen von Klosterneuburg eingraviert, von dem es verschiedene Varianten gibt, darunter steht auf dem westlichen die, leider nicht vollständig lesbare, Jahreszahl 1863. Der andere, weitgehend identische, steckt so tief im Boden, dass die Jahreszahl nicht sichtbar ist. Jemand sollte ihn wohl ausgraben, damit wir wissen, wie alt die beiden Steine sind.“

Jahre zogen ins Land, insgesamt sechs, dann war der wieder zusammengefüg- te Grenzstein ein zweites Mal bereit, seinen angestammten Platz auf der „windigen Höhe“ einzunehmen.

Die feierliche Grenzsteinenthüllung auf der Windmühlhöhe ge- genüber dem Haus Nr. 21 fand am 15. Oktober 2017 vormittags um 11 Uhr statt. Eine große Zahl an Schaulustigen und Geschichtsin- teressieren hatte sich – auch zu einem Glas Sekt – eingefunden. Nach ei- ner launigen Ansprache und einem passenden Gedicht durch den Leiter des Döblinger Heimat-Kreises, Herrn Wolfgang Schulz, wurde der Grenz- stein im Beisein der Museumsleiterin des Bezirksmuseums Währing Frau Doris Weiß (Bild links), der Öffentlichkeit übergeben.

Bei der Enthüllung lernten einander viele nette Menschen in persönlichen Gesprä- chen kennen. Darunter war auch der Leiter des Wiener Ziegelmuseums in Penzing, Herr G. Zutny, der gleich für einen Vortrag zu seinem Spezialgebiet der „Ziegelbestimmung“ am 6. März 2018 (siehe Seite 11) zu haben war. So fast nebenbei teilte Herr Zutny mit, dass es sich bei diesem Stein seiner Meinung nach nicht um einen Klosterneuburger Grenzstein handelt.

www.döbling.com Zitat: 35 „Dass es sich um ein Klosterneuburger Wappen handle, habe ich von Anfang an bezweifelt und ich bin der Meinung, dieses sei das Emblem des Bürger- spitals. Um das zu untermauern, habe ich ein wenig in den Bürgerspitalssachen nachgesehen und sende Ihnen in der Anlage die Abbildung eines BS-Siegels und eines eindeutigen Grenzsteins. Euer Grenz- stein sieht nicht anders aus! Die eigentlich sehr späte Jahreszahl könnte bei einer späteren Grenzfestset- zung eingemeißelt worden sein, was ja immer wie- der vorkam.“ Das Forscherherz des Wolfgang Schulz war sehr froh, wieder einmal in einer Sache nicht nur fün- dig, sondern auch der Wahrheit ein Stückchen Ab Mitte April 2018 wieder Heurigen- nähergekommen zu sein. Jetzt begann auch er zu betrieb in der Kahlenbergerstraße 210 graben und stieß bei seinen Recherchen auf Frau Im Winter Flaschenweinverkauf und Mag. Sarah Pichlkastner. Sie wusste mehr, be- Feiern im Presshaus (RÖMERKELLER), fasst sie sich doch gerade mit einer Dissertation in dem für 20–25 Personen Platz ist. über das Wiener Bürgerspital. 1190 Wien, Greinergasse 39, von 9 bis 16 Zitat: Uhr. Für Reservierungen rufen Sie uns an. „Ich kann Ihnen bestäti- Telefon: 01 320 59 28 oder 01 370 13 19 gen, dass es sich um einen Besuchen Sie uns auch im Internet: Grenzstein des Wiener www.sirbu.at Bürgerspitals handelt. Auf diesen ist immer ein Reichsapfel (ein Kreis Wein- Quiz mit einem Kreuz darauf ) und meist das Kürzel BS Wählen Sie aus den jeweils vier Antworten aus. zu sehen. Bisher kannte Wenn Sie beide Fragen richtig beantworten, ich erhaltene Grenzsteine des Bürgerspitals nur aus winkt als Belohnung ein Flascherl besten ös- Wäldern im heutigen 14. Bezirk, wo sie die Gren- terreichischen Weins. zen der sich im Besitz des Bürgerspitals befindlichen Frage Œ: Welches ist der Fläche nach die größte Wälder markieren. So wie diese Grenzsteine hat Ihr Einheit gemäß dem österreischische Weingesetz? Grenzstein (auf der Wilbrandthöhe) sicher nichts mit der Burgfriedensgrenze zu tun. Es ist mit gro- a) Großlage ßer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die b) Weinbauregion Grenzsteine damals Weingärten des Bürgerspitals c) Weinriede markierten. Im heutigen 18. und 19. Bezirk besaß d) Weinbaugebiet das Spital zahlreiche Weingärten.“ Frage : Welches österreichische Weinbaugebiet Nach dieser Erkenntnis bleibt jetzt noch die Fra- ist vor allem für die Lieferung von Sektgrund- ge offen, ob es sich nach wie vor um einen Grenz- weinen bekannt? stein handelt, der zufällig auch an der Grenze a) Carnuntum Pötzleinsdorf-Währing steht, oder ob der Stein b) Weinviertel nur das Grundstück des Bürgerspitales markiert. c) Thermenregion Wenn auch Sie einmal, vielleicht mit einem d) Kremstal Hunderl, dort oben vorbeiwandern, dann passen Die richtigen Antworten senden Sie bitte Sie bitte auf, dass Ihr vierbeiniger Freund nicht nur per E-Mail an: [email protected] auf den Grenzstein pieselt – er hat es so und so Die richtigen Antworten aus dem vorigen Heft: die letzten sieben Jahre genug schwer gehabt. 1 – a): Bacchus 2 – d): Jungwein aus der Steiermark Döblinger Extrablatt 36 Das nächste Döblinger Extrablatt erscheint Anfang Mai 2018. Bedienen Sie sich nach Herzenslust in den Abgabestellen und nehmen Sie für Ihre Freunde entsprechend viele Exemplare mit. Wir ersparen uns dadurch Arbeit, und Sie schenken Freude. Hier liegt das Extrablatt für Sie bereit: Heiligenstadt Unter-Döbling Pfarre Heiligenstadt, Pfarrplatz 3, Mo, Di, Do 9–12 Uhr, Tabak Trafik, Silbergasse 4, durchgehend offen Mi 14.30–18.30 Uhr Reifen Seibold, Nusswaldgasse 5, Mo–Fr 8–17 Uhr Thalia Buch & Medien, Grinzinger Straße 112 (Q19), Heuriger Eberl, Ecke Iglaseegasse/Zehenthofgasse, Mo–Fr 9–19.30 Uhr, Sa 9–18 Uhr 16–24 Uhr, Mi geschlossen; Tel. 01/3206251 Apotheke Nussdorf, Heiligenstädter Straße 140, Wiener Gasthaus vulgo „Gruam“, Iglaseegasse 40, Mo–Fr Mo–Do 8–19 Uhr, Fr 8–18 Uhr, Sa 9–12 Uhr 7–21 Uhr, Sa u. So 8–14 Uhr Nußdorf Ober-Döbling „Zum Renner“, Nußdorfer Platz 4, Mo–Sa 10–20 Uhr, Magistratisches Bezirksamt, Gatterburggasse 14, So Ruhetag; Tel. 01/3785858 Zeitungsständer im Eingangsbereich rechts Heuriger Kierlinger, Kahlenberger Straße 20, Juwelier Hansel, Döblinger Hauptstraße 60, Mo–Sa 15.30–24 Uhr, So bis 23 Uhr 10–12.30 Uhr und 14–18 Uhr Heuriger Sirbu, Greinergasse 39, Verteilerkasten an der Haustüre Dr. Rainer Balduin, prakt. Arzt, Döblinger Hauptstraße 33, „Einkehr zur Zahnradbahn“, Zahnradbahnstraße 8, Ordination Mo, Mi, Fr 15–17 Uhr, Di und Do 9–12 Uhr Di–So 10–22 Uhr, Tel. 0660/6395900 Cafe-Konditorei Kolbinger-Wannenmacher, Grinzing Billrothstraße 57, täglich 8–18 Uhr, außer Do Zum Berger, Bio-Weinbau & Heurigenschank, s’Eckbeisl, Gatterburggasse 4, Mo–Fr 11–23 Uhr, Himmelstrasse 19, Do-Sa ab 15.30 Uhr, So ab 11 Uhr; Sa, So u. Feiertag 11–21 Uhr, Tel. 01 368 43 44 Tel. 01/3205893 Friseur Fuchs, Weinberggasse 2, Montag geschlossen; Café Konditorei Nöbauer, Himmelstraße 7, täglich 8–18 Uhr Tel. 01/3281217 Pucco’s Vienna – Bar Café, Cobenzlgasse 6, Mo–Fr 7–24 Uhr, Schuller Mode, Krottenbachstraße 40, Sa 7.30–24 Uhr, So 8–24 Uhr; Tel. 01/3287517 Mo–Fr 10–18 Uhr, Sa 10–13 Uhr Gärtnerei Fassl, Weinberggasse 81–83; Tel 01/3282816 Unter-Sievering Alles Grüne für Ihr Zuhause in einer Hand Stöger – Papier – Buch – Büro, Billrothstraße 85, Tel. 01/3203137, Mo–Fr 9–18 Uhr, Sa 9–17 Uhr Kahlenbergerdorf Optiker Biela, Sieveringer Straße 9, Mo–Fr 10–18 Uhr Karins Radlertreff, Kuchelauer Hafenstraße 1, Kosmetik Else, Sieveringer Straße 13, 9–18 Uhr; (bei Schlechtwetter geschlossen) Tel. 01/3209886 Heuriger Taschler, Geigeringasse 6, Do–Sa ab 15 Uhr, Bäckerei Wannenmacher, Sieveringer Straße 76, So und Feiertag ab 10 Uhr; Tel. 0664/4471396 Mo–Sa 6–19 Uhr, So 7.30–19 Uhr Braunsberger-Kroiss, Sieveringer Straße 108, Imbiss-Stand’l Sobieski, neben der St.-Josefs-Kirche geöffnet in den ungeraden Monaten 1, 3, 5, 7, 9, 11 (Herr Gerhard), täglich 10–19 Uhr Ober-Sievering Neustift am Walde Buschenschank Haslinger, Agnesgasse 3, 8. 8. – 19. 11./ Heuriger Eischer, Neustift am Walde 87, 28. 11. – 30. 12. 2017, Di–Fr ab 14 Uhr, Sa, So und Feiertag täglich ab 12 Uhr; Tel. 01/4402938 ab 11.30 Uhr, Mo Ruhetag Weinhof Zimmermann, Mitterwurzergasse 20, Grüass Di a Gott Wirt, Sieveringer Straße 236, Di–Sa 15–24 Uhr, So 13–22 Uhr; Tel. 01/4401207 täglich (außer Mo) 11–20 Uhr Salmannsdorf Gasthaus zum Agnesbründl, auf der Jägerwiese, Dorfschenke, Dreimarksteingasse 1, Do–Fr 15–23 Uhr, täglich 9–19 Uhr, im Winter 9–18 Uhr Sa, So und Feiertag ab 11.30–23 Uhr Häuserl am Roan, Am Dreimarkstein, Sa–Mi ab 10 Uhr geöffnet Häuserl am Stoan, Zierleitengasse 42 a, Do–So geöffnet, warme Küche von 11 – 21 Uhr Liebe Leserin, lieber Leser! Wir möchten auch weiterhin das Döblinger Extrablatt der immer größer werdenden Lesergemeinde kostenlos zur Verfügung stellen. Allerdings sind die Ausgaben dafür nicht unbeträchtlich: Ein Exemplar kommt in der Herstellung samt Postversand auf rund € 3,50. Solange Sie spenden, können wir schreiben: Zahlungsanweisung auf Seite 19 Wir halten uns im Döblinger Extrablatt an die Regeln der alten Rechtschreibung – mit Ausnahme von „ß“ und „ss“, wo wir die angepasste Schreib- weise übernommen haben. Auf die Verstümmelung der deutschen Sprache durch die unsägliche „Genderei“ verzichten wir jedoch dankend ... an einer hässlichen Sprache erkennt man hässliche Zeiten. Exaktere Quellenangaben, als Sie in der gedruckten Ausgabe vorfinden, erhalten Sie auf Anfrage jederzeit gerne per E-Mail. Impressum: Inhaber, Verleger und Herausgeber: Döblinger Heimat-Kreis. Für den Inhalt verantwortlich: Wolfgang E. Schulz. Alle: 1190 Wien, Eroicagasse 43. 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