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EisenTR und Stahl 27 2 3

Themenroute 27 EisenTR und Stahl

ThyssenKrupp , Werk -Bruckhausen. Foto: Jochen Hinzer 27 4 5

Inhalt Standorte der Themenroute 27

Einleitung Duisburg Ehemaliges Press- und Hammerwerk . . 67 Dortmund Vor- und frühindustrielle Alsumer Berg ...... 23 Lokomotivfabrik und Werksbahn . 68 Verwaltungsgebäude Union ...... 108 Produktionsweisen in Südwestfalen . . . 6 –Hütte ...... 24 WIDIA-Fabrik ...... 69 DASA Arbeitswelt Ausstellung . . . . . 109 Der industrielle Take off im Ruhrgebiet . . 7 Thyssen-Werksbahn ...... 25 Alfred Krupp-Denkmal an der Gräber der Familie Hoesch auf dem Duisburg als idealer Standort für die Alte Thyssen-Hauptverwaltung . . . . . 26 Marktkirche ...... 70 Ostfriedhof ...... 110 Hüttenindustrie ...... 9 Neue Thyssen-Hauptverwaltung . . . . 27 Gedenkstein Walkmühle ...... 71 Westfalenhütte ...... 111 Oberhausen und die Gutehoffnungshütte 11 Matenatunnel ...... 28 Villa Hügel ...... 72 Hoesch-Museum ...... 112 Eine Unternehmerfamilie prägt Haus Hartenfels ...... 29 Krupp-Familienfriedhof ...... 74 Phoenix West ...... 113 die Geschichte der Stadt . . . . . 13 Tausendfensterhaus ...... 30 Margarethenhöhe ...... 75 Hörder Burg ...... 114 Gelsenkirchen: „Die Stadt der ArcelorMittal Ruhrort ...... 31 Halbachhammer ...... 76 Phoenix-See ...... 115 tausend Feuer“ ...... 16 Landschaftspark Duisburg-Nord . . . . 34 Eisenhammer im Deilbachtal ...... 77 Weichenbauhalle der ehemaligen Bochum: Die Stahlstadt inmitten des DK Recycling ...... 35 Schloss Landsberg ...... 78 Maschinenfabrik Deutschland . . . . . 116 Reviers ...... 17 DEMAG (Siemens) ...... 36 Eisen und Stahl aus Dortmund . . . . . 20 Klöckner Silberpalais ...... 37 Bochum Hagen/EN-Kreis Tiger & Turtle ...... 38 Ehemaliges Verwaltungsgebäude Haus Harkorten ...... 117 Literaturempfehlungen ...... 22 Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) 40 Gussstahlwerk ...... 79 Harkortsche Kohlenbahn ...... 118 Siedlung Hüttenheim ...... 41 Schalker Verein, Torhäuser ...... 80 Freilichtmuseum Hagen ...... 119 Krupp-Hüttenwerke Tor 1 ...... 42 Ehemaliges Verwaltungsgebäude Deutsche Edelstahlwerke, Werk Hagen . 120 „Beamtensiedlung“ Bliersheim und Thyssen-Draht ...... 81 ThyssenKrupp Hohenlimburg . . . . . 121 Casino Krupp ...... 43 Bochumer Verein Verkehrstechnik . . . 82 Kaltwalzindustrie im Nahmertal . . . . 122 Margarethen-Siedlung ...... 44 Jahrhunderthalle Bochum ...... 83 Industrie-Museum Ennepetal . . . . . 123 Brücke der Solidarität ...... 45 Westpark ...... 86 Krenzer Hammer ...... 124 Colosseum ...... 87 Straßenindustriemuseum Ennepetal . . 125 Oberhausen Mechanische Werkstätten des Siedlung Eisenheim ...... 46 Bochumer Vereins ...... 88 Fröndenberg Siedlung Grafenbusch ...... 47 Siedlung Stahlhausen ...... 89 Kettenschmiedemuseum ...... 126 Gasometer Oberhausen ...... 48 Erzbahn ...... 90 Werksgasthaus der GHH ...... 49 Villa Baare ...... 91 Lünen Gusseiserner Eingangsbogen der GHH . 50 Bochumer Verein, Werk Stahlindustrie . 92 „Kantine Westfalia“ ...... 127 Hauptlagerhaus der GHH ...... 51 Bochumer Verein, Werk Höntrop . . . . 93 Hauptverwaltung der GHH ...... 52 Rombacher Hütte ...... 94 Hamm Turbinenhalle ...... 53 Stahlwerke Bochum ...... 95 Böhler Welding ...... 128 Siedlung Ripshorster Straße ...... 54 Opel ...... 96 Westfälische Drahtindustrie ...... 129 HOAG-Bahntrasse ...... 55 St. Antony-Hütte ...... 56 Hattingen Impressum ...... 130 Henrichshütte ...... 97 Der Autor ...... 130 Mülheim an der Ruhr Gartenstadt Hüttenau ...... 100 Friedrich Wilhelms-Hütte ...... 58 Mannesmannröhren-Werke ...... 59 Witten Villa Josef Thyssen ...... 60 Steinhauser Hütte ...... 101 Villa ...... 61 Edelstahlwerk Witten ...... 102 Berger-Denkmal ...... 103 Essen Haus Berger ...... 104 ThyssenKrupp Quartier ...... 62 Edelstahlfabrik Lohmann ...... 105 Stammhaus Krupp ...... 63 Ehemalige Krupp-Hauptverwaltung . . . 64 Wetter Tiegelgussdenkmal ...... 65 Burg Wetter ...... 106 Ehemaliges Colosseum Theater Essen . . 66 DEMAG Cranes, Wetter ...... 107 6 7

Bis etwa 1850 bestimmten Eisenerzvorkom- men, Holzkohle und Wasser als Produktions- faktoren die Standorte der Hüttenwerke. Das Eisenerz wurde vorwiegend vor Ort verarbei- tet und auch das Holz, aus dem man die für die Schmelze notwendige Holzkohle gewann, stammte aus den umliegenden Wäldern. Flüsse lieferten die notwendige Wasserkraft, um die Hammerwerke zu betreiben. Die 1758 in Betrieb genommene Luisenhütte in Balve-Wocklum im Sauerland, die über ein Jahrhundert lang aktiv war, kann als Parade- beispiel eines solchen Produktionsstandortes angesehen werden. Komplett bis ins kleinste Detail erhalten, führt sie dem Besucher ein- drücklich vor Augen, wie effizient die vor- und frühindustriellen Eisenschmelzen die Luisenhuette Wo- damaligen Energiequellen Wasserkraft und Gute Hoffnung und Neu-Essen die einzigen cklum, Simulation Holzkohle nutzten. Neben anderen wichtigen bedeutenden Eisen erzeugenden Werke. eines Hochofen- Standorten der Eisen- und Stahlproduktion Einer schnellen Verbreitung dieses Indus- abstichs. Foto: in Südwestfalen und im Ruhrgebiet gehören triezweiges standen mehrere Hemmnisse Stephan Sensen diese musealen Präsentationsorte zum ge- im Weg: die geringen einheimischen Erz- planten Themenfeld „Eisen und Stahl“ des vorkommen, die hohen Zölle bei Import- touristischen Kooperationsprojektes „Was- erzen und der durch Raubbau verursachte serEisenLand“, das vom Regionalverband Mangel an Holzkohle als Brennstoff. Erst Ruhr und vom Verein WasserEisenLand die Erschließung der riesigen, tiefliegenden Friedrich Wilhelms-Hütte in Mülheim. Foto: Uwe Niggemeier getragen wird (www.wassereisenland.de). Fettkohlevorkommen nördlich der Ruhr mit Hilfe der Dampfmaschine veränderte ab etwa 1850 die Situation grundlegend. Das Einleitung mobilindustrie etabliert und zählt heute zu Der industrielle Take off im Ruhrgebiet Ruhrgebiet wurde jetzt für die Eisenhütten- den größten Arbeitgebern im Raum Hagen. industrie attraktiv, weil sich aus der Fettkohle Vor- und frühindustrielle Erst ab 1849, als es auch in Preußen gelang, Hüttenkoks als Brennstoff für die Hochöfen Produktionsweisen in Südwestfalen Auch die museale Präsentation dieser anstelle von Holzkohle Koks für die Roh- herstellen ließ und damit die Holzkohle für den Raum Südwestfalen so wichti- eisenherstellung zu nutzen, wurde das Ruhr- entbehrlich wurde. 1848/49 wurde auf der Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts spielte das gen Industriegeschichte hat mittlerweile gebiet mit seinen reichen Steinkohlevorräten Friedrich Wilhelms-Hütte in Mülheim der Ruhrgebiet als Erzeuger von Eisen für die ein ebenso vielfältiges wie hohes Niveau ein idealer Standort für die Hüttenindustrie. erste Kokshochofen in Betrieb genommen, deutsche Industrie nur eine untergeordnete erreicht. An erster Stelle ist dabei das Zunächst mangelte es im Ruhrgebiet am über hundert Jahre später als in England. Rolle. Der Schwerpunkt des Eisenhüttenwe- Freilichtmuseum in Hagen zu nennen, technischen Know-how und dem wichtigem sens lag damals in Südwestfalen. Dort prägte aber auch das Deutsche Drahtmuseum in Rohstoff Eisenerz. Hüttentechnologie und Ei- Ebenfalls mit zeitlicher Verzögerung gelang- eine teilweise bis heute noch vorhandene eher Altena und das Kettenschmiedemuseum in senerze kamen zunächst aus dem Siegerland ten auch die wichtigsten modernen Stahlge- kleinbetrieblich-mittelständisch orientierte Fröndenberg geben wichtige Einblicke in aber auch zum Beispiel vom Mittelrhein/ winnungsverfahren in das Ruhrgebiet. 1784 Gewerbestruktur die Region, die sich auf die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Lahn-Dill-Gebiet und waren eine wichtige entwickelte der Engländer Henry Cort das Schmiede-, Draht- und Walzprodukte der Region. Den für die damalige Industrie be- Voraussetzung für den industriellen Take off. Puddelverfahren. Er ließ Eisen unter einer Kleineisenindustrie und deren Verfeinerung deutenden Themen wie Holzkohleherstel- Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden Steinkohleflamme aufkochen und so lan- spezialisiert hatte. Zu den heute noch erfolg- lung, Eisenverhüttung und Wasserkraftnut- aber auch eine Reihe von Verfahrenstech- ge rühren, bis der Kohlenstoffanteil soweit reich produzierenden Unternehmen gehören zung widmet sich das Industrie-Museum niken aus den damals führenden Industrie- herausoxidiert war, dass Stahl entstand. zum Beispiel die Werkzeugfabrik Krenzer, Ennepetal. Ein Museum der besonderen staaten England und Belgien übernommen. 1826 wandte der Industriepionier Friedrich deren bauliche Ursprünge auf den bereits Art stellt das Straßenindustriemuseum Zu Beginn des 19. Jahrhunderts steckte das Harkort das Verfahren erstmalig in seiner 1754 urkundlich erwähnten Peddenöder Ennepetal dar, das im öffentlichen Stra- Hüttenwesen des Ruhrgebiets im Unter- Firma „Mechanische Werkstätte Harkort & Hammer im gleichnamigen Enneper Ortsteil ßenraum der Ortsteile Milspe, Altenvo- schied zum Bergbau noch in den Anfängen. Co.“ in der Burg Wetter an. Der sehr arbeits- zurückgehen, und die seit 1829 existierende erde und Voerde mit dort aufgestellten aufwendige Puddelprozess wurde ab den Firma C.D. Wälzholz. Sie hat sich mittlerwei- Hämmern, Pressen und Pflügen in die Um 1830 waren im Raum Oberhausen/ 1860-Jahren vom stärker mechanisierten le weltweit als wichtiger Zulieferer der Auto- regionale Industriegeschichte einführt. Essen die St. Antony-Hütte und die Hütten Bessemer-Verfahren abgelöst. Das Stahlge- 8 9

Werk von Thys- Alte Thyssen- senKrupp Steel Hauptverwaltung in Duisburg- in Duisburg. Bruckhausen. Foto: RIK/Budde Foto: Rolf Reich

winnungspatent des ebenfalls aus England waren bereits 56 Bessemer-Konverter im Duisburg als idealer Standort reichen Fettkohlevorkommen ermöglichten stammenden Ingenieurs Henry Bessemer, Betrieb. Die Stahlproduktion des Ruhrgebiets für die Hüttenindustrie einen engen betrieblichen Verbund zwischen von Alfred Krupp 1856 in Essen erworben, stieg von 157.000 Tonnen im Jahr 1860 auf Zechen, Kokereien und Hüttenwerken. Da- sah vor, Luft von unten durch einen Kon- 550.000 Tonnen im Jahr 1870. Wichtigste Die Lage von Duisburg und Ruhrort an mit konnte die für den Betrieb der Hochöfen verter mit flüssigem Roheisen zu blasen, Abnehmer für die Eisen- und Stahlindustrie Rhein und Ruhr hatte schon im 18. Jahr- notwenige Koksversorgung kostengünstig um den Kohlenstoffanteil im Roheisen zu des Ruhrgebiets waren die Eisenbahn, der hundert dem Handel Auftrieb gegeben. Als und problemlos sichergestellt werden. reduzieren und dadurch Stahl zu gewinnen. Steinkohlebergbau, der Maschinenbau, die der Kohlentransport auf der Ruhr zunahm, Damit ließ sich in wesentlich kürzerer Zeit Bauindustrie und das Militär. Beim Absatz begann man Anfang des 19. Jahrhunderts Zum bedeutendsten Montanbetrieb, haupt- vor allem die Menge an gewonnenem Stahl in weiter entfernt liegende Gebiete erwies in Ruhrort mit dem Ausbau der Hafenan- sächlich in den nördlichen Stadtteilen erhöhen. 1879 erwarben der Hörder Verein sich die verkehrsgünstige Lage des Ruhr- lagen. Duisburg folgte rasch mit dem Bau des Duisburgs, entwickelte sich das Unterneh- in Dortmund und die Rheinischen Stahl- gebiets an Rhein und Ruhr als vorteilhaft. Rhein- und Ruhrkanals, des Innen- und Pa- men von August Thyssen. Thyssen wurde werke in Duisburg die Patente des Tho- Ab Mitte des Jahrhunderts kam das immer rallelhafens. Daneben entstanden zahlreiche am 17. Mai 1842 in bei masverfahrens. Diese Technik stellte eine weiter ausgebaute Streckennetz der Eisen- Firmenhäfen auch für die Eisen- und Stahl- geboren. Er studierte Maschinentechnik Weiterentwicklung des Bessemer-Verfah- bahn und der Kanalbau für die Binnen- industrie, zum Beispiel der 1907 eröffnete und Bauwesen. Sein väterliches Erbe ermög- rens dar. Eine Auskleidung des Konverters schifffahrt als Standort fördernd hinzu. Werkshafen im Ortsteil Schwelgern für das lichte es ihm 1867 sich an der Gründung des mit gebranntem Dolomit ermöglichte auch Hüttenwerk von August Thyssen in Bruck- Bandeisenwalzwerkes Thyssen, Fossoul & Co die Verarbeitung phosphorreicher inländi- Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich hausen. Besonders wichtig für die industrielle zu beteiligen. Nach Differenzen mit seinen scher Erze. Damit ließ sich weicher Stahl die Eisen- und Stahlindustrie im gesamten Entwicklung Duisburgs war der Anschluss Partnern verließ August Thyssen 1871 die erzeugen, der zur Herstellung billiger Mas- Ruhrgebiet zu etablieren. Die Produktions- an die Eisenbahn. 1846 wurde Hochfeld, der Firma, um in Mülheim neu zu beginnen. senstahlprodukte benutzt werden konnte. standorte konzentrierten sich im Westen industrielle Entwicklungskern Duisburgs, Wiederum mit Unterstützung seines Vaters vor allem auf den Raum Duisburg/Ober- durch die Rheinische Bahn erreicht. Der gründete er das Stahl- und Walzwerk Thys- Die technischen Fortschritte bei der Roh- hausen/Essen, im mittleren und östlichen Duisburger Norden wurde ab 1848 durch die sen & Co in Styrum bei Mülheim. Das kleine eisen- und Stahlerzeugung und die Er- Ruhrgebiet auf die Städte Gelsenkirchen, Köln-Mindener Eisenbahn erschlossen. Die Unternehmen wurde immer weiter ausge- schließung neuer Märkte führten nach 1850 Bochum und Dortmund. Aber auch im ersten Werke der Eisenhüttenindustrie wur- baut, 1883 wurde die Mülheimer Maschinen- zu einer Phase schnellen wirtschaftlichen Ruhrtal wie zum Beispiel in Hattingen, den ebenfalls in Hochfeld errichtet: die Nie- fabrik AG erworben: die Keimzelle für den Wachstums. Innerhalb von zehn Jahren ent- Witten und Wetter entwickelten sich wichtige derrheinische Hütte (1851), die Hütte Vulkan späteren Maschinenbau der Firma Thyssen. standen im Ruhrgebiet elf Hochofenwerke Standorte der Eisen- und Stahlindustrie. (1855) und die Johannishütte (1856). Im mit 27 Hochöfen, darunter 25 Kokshochöfen. Duisburger Norden fand die schnell wach- Zur Versorgung seiner Eisenwerke mit Kohle Im Zeitraum von 1851 bis 1868 nahmen 25 sende Schwerindustrie ideale Standortbedin- und Koks begann August Thyssen früh, sich Puddelwerke die Produktion auf, und 1876 gungen. Die in diesem Gebiet vorhandenen umfangreiche Rechte an Kohlefeldern und 10 11

terließ ebenfalls seine Spuren in Duisburg- Am Anfang stand die „Hüttengewerkschaft Rheinhausen: die Firma Krupp aus Essen. und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen“ Heute lässt sich nur noch erahnen, dass sich (JHH), die sich 1810 aus dem Zusammen- hinter dem Tor 1 früher das größte Hütten- schluss dreier Hüttenwerke bildete. Diese werk Europas erstreckte. Erbauer und späte- standen ursprünglich in Konkurrenz zu- rer Namensgeber war der Industrielle Fried- einander und befanden sich in den heutigen rich Alfred Krupp aus Essen. Gegen Ende des Oberhausener Stadtteilen Osterfeld, Sterkra- 19. Jahrhunderts reichten die Kruppschen Hüttenwerke am Mittelrhein und in Hoch- feld nicht mehr aus, um den Roheisenbedarf der expandierenden Gussstahlfabrik in Essen zu decken. Der Bau eines neuen integrierten Hüttenwerks versprach durch die Kombina- tion von Hochöfen, Stahl- und Walzwerken an einem Ort die weitestgehende Deckung Fackelführung des Bedarfs. Nachdem gegen Mitte der im Landschafts- 1970er-Jahre die weltweite Stahlkrise ein- park Duisburg- setzte, wurden im Werk massiv Arbeitsplätze Nord, Foto abgebaut. Um die befürchtete endgültige Jochen Schlutius Stilllegung zu verhindern, wurden Ende der 1980er-Jahre große Protestdemonstrationen Gottlob Jacobi. Quelle: LVR-Industriemuseum organisiert. Sie fanden im Winter 1987/88 Bergwerken zu sichern. Zu seinem ältesten Jahrzehnten im Rahmen von Umstrukturie- ihren Höhepunkt, als die Rheinhauser Brü- de und Lirich. In Osterfeld war 1758 die St.- Bergwerksbesitz zählte seit 1876 die Gewerk- rungen und Neuorientierungen hauptsäch- cke von Stahlarbeitern besetzt wurde und in Antony-Hütte gegründet worden und damit schaft Vereinigte Gladbeck. Bedeutsamer war lich infolge der immer wiederkehrenden „Brücke der Solidarität“ umbenannt wurde. die erste Eisenhütte des Ruhrgebiets. In Ster- aber seine Beteiligung an der Zeche Gewerk- Stahlkrise aufgegeben, wie zum Beispiel das krade kam 1781 die Hütte Gute-Hoffnung schaft Deutscher Kaiser (GDK) im Ham- ehemalige Hochofenwerk Ruhrort/Meide- hinzu und zehn Jahre später nahm die Eisen- borner Raum seit 1883. 1889 übernahm er rich. Heute betreibt dort der Konzern Arce- Oberhausen und die Gutehoffnungshütte hütte Neu-Essen an der Emscher in der Nähe die Mehrheit der Unternehmensanteile und lorMittal die modernste Drahtwalzstraße der von Schloss Oberhausen den Betrieb auf. wurde Vorsitzender der GDK. Bereits 1887 Welt. Bauliche Spuren anderer Art hat das Über Jahrzehnte war das Schicksal Ober- plante August Thyssen auf seinen Kohlefel- Traditionsunternehmen mit seinen beiden hausens mit der Gutehoffnungshütte (GHH) Dank der Aufträge der Eisenbahngesell- dern der GDK am Rhein ein großes Hütten- repräsentativen Verwaltungsgebäuden in verbunden. Als einer der größten Arbeit- schaften und der Transportmöglichkeiten, werk zu errichten. 1889 erwarb er in einem Hamborn hinterlassen: die 1903/04 von Au- geber an Rhein und Ruhr war die GHH seit die das neue Verkehrsmittel bot, entwickelte Zeitraum von nur zwei Monaten fast das gust Thyssen in norddeutscher Backsteingo- der Mitte des 19. Jahrhunderts das wirt- sich die JHH bis Ende der 1850er-Jahre zu gesamte Gelände der Bauernschaft Bruck- tik gebaute „Alte Verwaltung“ und die im Stil schaftliche Zentrum Oberhausens. Ähn- einem der führenden Hüttenunternehmen hausen. Dort ließ er ein integriertes Hütten- der Bauhausarchitektur in den 1960er-Jahre lich wie man Essen als die „Krupp-Stadt“ des Ruhrgebiets. Die JHH wurde 1873 in eine werk errichten, das der GDK angegliedert errichtete „Neue Verwaltung“, heute Haupt- bezeichnet, könnte man Oberhausen die Aktiengesellschaft mit dem Namen Gute- wurde. Am 17. Dezember 1891 wurde der verwaltung von ThyssenKrupp Steel. Eine „Stadt der Guten Hoffnung“ nennen. hoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau erste Stahl im Bruckhauser Siemens-Martin- vollkommen andere Nutzung war dem 1985 und Hüttenbetrieb (GHH) umgewandelt. Mit Werk erzeugt. Um der wachsenden Nachfra- von Thyssen stillgelegten Hochofenwerk in Bergwerken, Eisen- und Stahlproduktion, ge nach Roheisen Ende des 19. Jahrhunderts Meiderich beschieden: Seit den 1990er-Jah- Brücken-, Maschinen-, und Schiffsbaus sowie zu begegnen, gründete August Thyssen ein ren wurde das nunmehr denkmalgeschützte Kohlechemie umfasste die GHH vom Roh- weiteres Werk zur Versorgung seiner Gieße- Hüttenwerk unter dem Namen Landschafts- stoff bis zum Fertigprodukt alle Produktions- reien in Hamborn und Mülheim, die Aktien- park Duisburg-Nord in einem „Park neuen sparten der Schwerindustrie. Sie wies damit gesellschaft für Hüttenbetrieb in Meiderich. Typs“ umgewandelt. Als Erholungs-, Frei- ein Höchstmaß an vertikaler Konzentration zeit-, und Kulturort zieht das abends be- auf - ein Merkmal, das die Ruhrkonzerne bis Das heute unter dem Namen ThyssenKrupp leuchtete Hüttenwerk jährlich über eine nach dem Zweiten Weltkrieg kennzeichnete Steel mit ca. 14.000 Beschäftigten betriebe- Million Besucher in seinen Bann und darf ne größte europäische Hüttenwerk ist mit wohl als das derzeit erfolgreichste touristi- Während sich das Werk in Sterkrade auf den seiner Fläche von zehn Quadratkilometern sche Projekt in Duisburg bezeichnet werden. Maschinen- und Brückenbau verlegte, und nicht nur für den Duisburger Norden wei- auf diesen Gebieten bald eine führende Stel- terhin Stadtteil prägend. Etliche Standorte Ein anderes großes Unternehmen der Eisen- Protestaktionen 1987 gegen die Schließung des Krupp- lung einnahm, siedelte sich die Eisen- und der Firma wurden allerdings in den letzten und Stahlindustrie aus dem Ruhrgebiet hin- Hüttenwerks Rheinhausen, Foto Manfred Vollmer Stahlherstellung der GHH an der Essener 12 13

Schmelzbau der Gutehoffnungshüt- Kruppschen Guß- te in Oberhausen. stahlfabrik 1819. Quelle: Stadtarchiv Quelle: Histori- Oberhausen sches Archiv Krupp

Straße in Oberhausen an. Nach der Eröff- Eisenhütte Oberhausen. Die Ausweitung der 1998 als Depot und Ausstellungsgebäude Eine Unternehmerfamilie prägt nung der Köln-Mindener Eisenbahn befand Roheisenproduktion führte zu einem Aufbau vom LVR-Industriemuseum genutzt wird. die Geschichte der Stadt Essen sich die Gegend in einer ausgesprochen neuer Stahl- und Walzwerkskapazitäten. Die Auch ein ehemaliger Werksgasthof der verkehrsgünstigen Lage. Hinzu kam eine ehemaligen Produktionsanlagen existieren GHH existiert noch. Er wurde im Rah- Am 20. November 1811 gründete Fried- technische Neuerung, die der Eisenindustrie heute nicht mehr. Erhalten aber ist der über men der Internationalen Bauausstellung rich Krupp gemeinsam mit zwei Teilhabern zu einem ungeahnten Aufschwung verhalf. 117 Meter hohe Gasometer am Rhein-Her- Emscher Park (IBA Emscherpark) im eine Fabrik zur Herstellung von Gussstahl. Auf der Friedrich Wilhelms-Hütte in Mül- ne-Kanal, den die Maschinenfabrik Augsburg Zeitraum 1989 bis 1999 zum Technolo- Die erste Schmelzhütte errichtete er 1812 heim war es 1848/49 gelungen, Eisen mit Nürnberg für die Gutehoffnungshütte zur giezentrum Umwelt (TZU) umgebaut. im heutigen Essener Stadtteil Vogelheim auf Koks aus Ruhrkohle zu erschmelzen. Damit Speicherung von Hochofen-Gichtgas entwi- der Walkmühle am Flüsschen Berne. Das lohnte sich die Roheisenproduktion wieder. ckelt hatte. Heute dient der „Riese am Kanal“ Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Flusswasser lieferte die Energie zum An- Siedlung Eisenheim Statt weiter belgisches und englisches Roh- als ungewöhnliche Ausstellungshalle. In der GHH-Konzern 1947 im Rahmen der Ent- trieb eines Hammerwerkes. 1818/19 wurde in Oberhausen. eisen zu verarbeiten, errichteten die meisten Nähe des Gasometers befindet sich die älteste flechtungsmaßnahmen der Alliierten in vier das Unternehmen um eine Fabrik an der Foto: Jochen Hoff- Werke jetzt ihre eigenen Hochöfen. Auch Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets, die Sied- Sparten aufgeteilt. Die Eisen- und Stahl- heutigen Altendorfer Straße erweitert, die mann, Quelle: LVR- die JHH gründete ein Hochofenwerk, die lung Eisenheim, ab 1846 erbaut. Mit phanta- produktion ging auf die neu gegründeten dann zum Hauptstandort wurde. Die finan- Industriemuseum sievollen Protestaktionen erwarben sich die Hüttenwerke Oberhausen AG (HOAG) über. zielle Situation blieb aber angespannt.1824 Bewohner der Siedlung in den 1970er-Jahren 1969 übernahm der Thyssen-Konzern die musste Friedrich sein Wohnhaus in der einen legendären Ruf, als sie sich erfolgreich HOAG. Im Zuge der Rationalisierungsmaß- Essener Innenstadt verkaufen. Er zog mit gegen den geplanten Abriss ihrer Kolonie nahmen ab Mitte der 1970er-Jahre wurde seiner Familie in das Haus des Betriebslei- wehrten. Ebenfalls im nahen Umfeld des die Eisen- und Stahlproduktion in Ober- ters, das sich auf dem Firmengelände an der Gasometers erhalten ist die Siedlung Grafen- hausen Schritt für Schritt aufgegeben und Altendorfer Straße befand. Das Haus, später busch, die ab 1910 im Auftrag der GHH für 1979 der letzte Hochofen stillgelegt. Nach- Stammhaus genannt, sollte im Verlauf der die leitenden Angestellten des Unternehmens dem auch das verbliebene Elektrostahlwerk weiteren Geschichte eine hohe symbolische von dem renommierten Berliner Archi- 1997 den Betrieb eingestellt hatte, ist die Bedeutung für die Familie und das Unterneh- tekten Bruno Möhring realisiert wurde. Produktion an einem der einst bedeutends- men erlangen. Deshalb ließ Alfried Krupp ten Eisen- und Stahlstandorte des Ruhr- von Bohlen und Halbach das Stammhaus An der Essener Straße finden sich noch gebiets erloschen. Zum Thema “Ursprünge nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg weitere architektonische Spuren des ehe- der Ruhrindustrie“ zeigt ein Museum des anlässlich der 150-Jahr-Feier des Unterneh- maligen Großbetriebes. Unter anderem ein Landschaftsverbandes Rheinland auf dem mens 1961 originalgetreu wiederaufbauen. monumentales Lager- und Verwaltungs- Gelände der ehemaligen St. Antony-Hüt- gebäude, das für die Gutehoffnungshütte te die Geschichte der dort 1758 gegrün- Nach dem Tod von Friedrich Krupp 1826 in den 1920er-Jahren von dem Stararchi- deten ersten Eisenhütte im Ruhrgebiet. übernahm sein ältester Sohn Alfred das Un- tekten Peter Behrens gebaut wurde und seit ternehmen. Bis zu seinem Tod 1887 gelang es 14 15

eine entscheidende Voraussetzung für eine Neuentwicklung von Transformatoren- blechen, einem wichtigen Produkt für die wachsende Elektroindustrie. Als Großkunde konnte dafür die AEG gewonnen werden. 1910 konnten die ersten Büros im neuen Hauptverwaltungsgebäude (dem Gebäude, das bis zu seinem Abriss 1976 an der heu- tigen Altendorfer Straße stand) bezogen werden. 1911 beteiligte sich Krupp an der Westfälischen Drahtindustrie AG in Hamm. Während des Ersten Weltkrieges konzen- Links: Innenansicht trierte man sich fast ausschließlich auf die des Stammhauses ihm, aus einer Fabrik mit anfänglich sieben gen einschloss. Nach dem Tod von Fried- Produktion von Rüstungsgütern. Hierbei Krupp. Quel- Beschäftigten ein Unternehmen mit 20.000 rich Alfred 1902 übernahm seine Ehefrau spielten auch die engen Beziehungen zum le: Historisches Arbeitnehmern aufzubauen. Zeitweilig war Margarethe die Unternehmensleitung. Sie deutschen Kaiserhaus eine wichtige Rolle. Archiv Krupp die Kruppsche Fabrik die größte Gussstahl- gründete anlässlich der Heirat ihrer Tochter Nach dem Ende des Krieges waren auf Grund fabrik in Europa. Sein geschäftlicher Erfolg Bertha mit Gustav von Bohlen und Halbach der Bestimmungen des Versailler Vertrages Rechts: Villa beruhte nicht nur auf seinem unternehmeri- 1906 die Margarethe Krupp-Stiftung, die ab nur noch zivile Produkte erlaubt. Zu den Hügel in Essen. schen Geschick, Alfred profilierte sich auch 1909 mit dem Bau der berühmten Garten- neuen Produkten gehörten ab 1919 Loko- Foto: RIK/Budde als Erfinder. Seine Erfindung des sogenann- stadtsiedlung Margarethenhöhe begann. motiven, die in den Maschinenbauhallen 2 ten nahtlosen Radreifens für die Eisenbahn und 3 an der heutigen Helenenstraße und ab erwies sich als Bahn brechend und auch die Auch unter der neuen Generation Krupp 1938 in der berühmten Maschinenbauhalle Entwicklung der Gussstahlkanone war für - ab 1909 leitete Gustav Krupp von Bohlen 1 (M 1) gebaut wurden. Diese war seinerzeit ihn profitabel. Das spiegelte sich auch im Bau und Halbach das Unternehmen - wurde der Europas größte Maschinenbauhalle. Erhalten seines letzten und zugleich größten Wohn- Konzernausbau fortgesetzt. Kurz nach der ist nur noch die Maschinenbauhalle 3 (heute sitzes, der Villa Hügel wider, die er 1873 zu- Jahrhundertwende schuf Krupp in Zusam- gewerblich unterschiedlich genutzt) und als sammen mit seiner Frau Bertha und seinem menarbeit mit der Benrather Firma Capito & Symbol für die Größe und Bedeutung der einzigen Sohn Friedrich Alfred bezog. Klein durch den Einsatz von Siliziumstählen Halle M 1 ein Stahlträger des Gebäudes, der nachts angestrahlt wird. Die Herstellung und Als Alfred Krupp 1887 starb, folgte ihm Verarbeitung von Stahl blieben jedoch mit sein Sohn Friedrich Alfred Krupp in der Abstand das wichtigste Geschäft. Insbeson- Unternehmensleitung. Ihm gelang es bis dere Innovationen in den 1920er-Jahren wie zu seinem frühen Tod im Jahr 1902, die nichtrostende und säurebeständige Edelstäh- Lokomotivfabrfik Beschäftigtenzahl des Unternehmens von le mit Markennamen wie Nirosta, WIPLA erst 1929 errichtete Hüttenwerk in Essen- Krupp, Essen. 20.000 auf über 42.000 zu verdoppeln. und V2A oder Produkte aus WIDIA-Hart- Borbeck am Rhein-Herne-Kanal vollständig Quelle: Archiv Er setzte auf konsequente Expansion der Fir- metall fanden weltweit Absatz. Einsetzbar demontiert und als Reparationsleistung in die der DGEG ma. Innerhalb eines Jahrzehntes verwandelte waren diese harten, korrosions- und säurefes- Sowjetunion verbracht. Die 15.000 Tonnen- sich die Gussstahlfabrik in einen vertikal und ten Stähle unter anderem im Fassaden- und Schmiedepresse aus dem großen Press- und horizontal gegliederten Konzern. Anfang Dachbau, im chirurgischen Bereich und der Hammerwerk am heutigen Limbecker Platz, des 20. Jahrhunderts gehörten zum Unter- Zahntechnik sowie in der Werkzeugbranche. heute IKEA-Parkhaus, wurde als Wiedergut- nehmen das Hüttenwerk in Rheinhausen machung nach Jugoslawien transportiert. bei Duisburg (1897) – die spätere Friedrich- Auch im Zweiten Weltkrieg wurden bei Alfred-Hütte -, das Magdeburger Gruson- Krupp in Essen wieder Rüstungsgüter pro- Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, werk (1892/93), die Kieler Germaniawerft duziert, allerdings nicht in einem solchen ältester Sohn von Gustav und Bertha Krupp (1896/1902), zahlreiche Kohle- und Erzgru- Umfang wie im Ersten Weltkrieg. Trotzdem von Bohlen und Halbach, hatte seit 1943 die ben sowie weitere Tochtergesellschaften. Wie gehörte die Fabrik zu den Hauptangriffszielen Firma als Alleininhaber geführt. Nach dem sein Vater Alfred sah sich Friedrich Alfred der alliierten Bomberverbände. Bei Kriegs- Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er 1947 zusammen mit seiner Ehefrau Margarethe ende im Mai 1945 waren fast zwei Drittel der im Nürnberger Prozess wegen Plünderung zu gesellschaftspolitischem und sozialem Werksgebäude und Anlagen der Gussstahl- fremder Länder und Beschäftigung soge- Engagement verpflichtet. Er setzte die be- fabrik in Essen vollständig zerstört oder be- nannter Sklavenarbeiter angeklagt. Um den triebliche Sozialpolitik seines Vaters fort, die schädigt. Was übrig blieb, wurde demontiert, kriegsbedingten Arbeitskräftemangel auszu- auch den weiteren Bau von Werkssiedlun- Marktplatz Margarethenhöhe in Essen. Foto: RIK/Budde beschlagnahmt oder enteignet. So wurde das gleichen, hatte die Firma Krupp im Zweiten 16 17

Weltkrieg rund 100.000 Ausländer, darunter konzern entwickelt, der heute weltweit etwa zivile Zwangsarbeiter aus ganz Europa, 100.000 Mitarbeiter beschäftigt (Stand 2021). sowjetische Kriegsgefangene und im geringe- Einen wichtigen Schwerpunkt im Bereich ren Umfang auch KZ-Häftlinge beschäftigt. des Werkstoffes bildet die Flachstahlproduk- Nach seiner Verurteilung im Nürnberger tion. Abnehmer der hochwertigen Stähle, Prozess 1948 und seiner vorzeitigen Haftent- die in Form von aufgerollten Stahlblechen lassung 1951 berief Alfried Krupp 1953 den (Coils) verkauft werden, sind die weiter- branchenfremden Berthold Beitz zu seinem verarbeitende Industrie, die Auto- und Generalbevollmächtigten. Berthold Beitz und Nahrungsmittelbranche sowie die Hersteller Alfried Krupp begannen in der Folgezeit, das von Haushaltsgeräten. Zum Bereich Techno- Unternehmen wiederaufzubauen und zu re- logie gehören unter anderem der Bau von strukturieren. Bis Mitte der 1960er-Jahre war schlüsselfertigen Fabriken und Anlagen (zum dieser Rekonstruktionsprozess abgeschlossen, Beispiel Zementwerke und Parkhäuser), die sinnfällig nach der Übernahme des Bochu- Belieferung der Automobilindustrie unter mer Vereins im Jahr 1965. Die Firma hatte anderem mit Kurbelwellen und Bremsan- ihre traditionelle Stahlbasis wiedergewonnen. lagen und die Entwicklung von Großwälz- lagern und Ringen für Windkraftanlagen. In den 1970er-Jahren büßte die Stahlindus- Auch der Bau von Überwasserkriegsschiffen trie in Westeuropa immer mehr ihre Be- und U-Booten gehört zu diesem Bereich. Luftbild des deutung ein. Überkapazitäten und billige Schalker Vereins, ausländische Massenstähle begründeten 1926. Quelle: RVR eine strukturelle Krise im Stahlbereich. Um Gelsenkirchen: „Die Stadt international konkurrenzfähig zu sein und der tausend Feuer“ um Überkapazitäten abzubauen, suchte man stahl), die wiederum 1974 von der August formieren. Die Einsatzbreite reicht dabei von verstärkt die Kooperation bzw. den Zusam- Kein anderer Industrieller hat die Geschichte Thyssen-Hütte AG (ATH) erworben wurde. Umspannanlagen für Kraftwerke über Indus- menschluss mit anderen Stahlunternehmen. der Montanindustrie in Gelsenkirchen im Die Stilllegung des letzten Hochofens im trieanwendungen bis zu Privathaushalten. 1991 erwarb Krupp die Aktienmehrheit des 19. Jahrhundert so geprägt wie der Essener Hüttenwerk des Schalker Vereins 1982 Dortmunder Konkurrenten Hoesch. Im Ver- Industriepionier Friedrich Grillo. Mit seinen bedeutete das Ende der Roheisengewin- lauf der 1990er-Jahre wurde aber zunehmend zahlreichen Firmengründungen löste er die nung in Gelsenkirchen. Seit der Einstellung Bochum: Die Stahlstadt deutlicher, dass auch der Zusammenschluss Entwicklung der Bauernschaft Schalke zur der Gussrohrproduktion 2004 gehört der inmitten des Reviers von Krupp und Hoesch nicht ausreichen Industriegemeinde aus. Unter seiner maßgeb- Schalker Verein der Vergangenheit an. würde, um langfristig national und internati- lichen Beteiligung wurde 1872 der Schalker Auf dem heutigen Areal des über 35 Hektar Zu den ältesten Montanunternehmen des onal konkurrenzfähig zu sein. Deshalb wagte Gruben- und Hüttenverein gegründet. Bis großen Geländes ist seit 2008 ein Solarkraft- Ruhrgebiets gehörte die 1842 gegründete Krupp eine erneute „feindliche Übernah- 1903 wurden dort sechs Hochöfen in Betrieb werk in Betrieb, das jährlich etwa 320.000 Firma Mayer & Kühne in Bochum. Gleich- me“, diesmal des Duisburger Konkurrenten genommen. Vor dem Ersten Weltkrieg galt KWh erzeugt. Die Anlage wurde auf den ehe- zeitig war das Unternehmen fast 130 Jahre Thyssen. Da aber die Übernahmepläne durch der Schalker Verein als größte Eisengießerei maligen Erz- und Kohlebunkern realisiert. lang der größte schwerindustrielle Betrieb Indiskretionen vorzeitig bekannt wurden, auf dem europäischen Kontinent.1889 wurde An die Geschichte des für Gelsenkirchen so in der Stadt. Aufgrund der hohen Qualität kam es zu einer langanhaltenden Kontrover- August Thyssen Vorsitzender des Grubenvor- bedeutenden Werkes erinnert sonst nur noch seiner Produkte erlangte das Unternehmen se, die schließlich am 17. März 1999 durch standes. Er setzte auf Expansion und Fusion: ein denkmalgeschütztes Torhaus von 1923 bald überregionale Bedeutung. Dazu trug Fusion zur ThyssenKrupp AG führte. Größ- 1897 übernahm der Verein das Hochofen- insbesondere das 1850 von Jacob Mayer ter und wichtigster Einzelaktionär ist seit- werk Vulkan in Duisburg, 1899 die Zeche An einem anderen Ort im Gelsenkirchener entwickelte Stahlformgussverfahren bei, das dem die 1967 von Alfried Krupp gegründete Pluto in Wanne-Eickel. 1907 kam es auf Be- Stadtteil Schalke wird seit 50 Jahren Elektro- die Herstellung von hochwertigen Stahlpro- Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stif- treiben August Thyssens und des Mülheimer band hergestellt. Das ursprünglich aus dem dukten ohne das aufwendige Schmiedever- tung. 2010 verlegte die Firma ihre Haupt- Industriellen Emil Kirdorf zum Zusammen- Walzwerk Grillo Funke hervorgegangene fahren erlaubte. Bis 1860 wurden ausschließ- verwaltung von Düsseldorf nach Essen in schluss mit der Gelsenkirchener Bergwerks Unternehmen produziert heute unter dem lich Anlagen gebaut, die zur Herstellung das neu gebaute ThyssenKrupp Quartier just AG (GBAG). Mit der GBAG ging das Hütten- Namen ThyssenKrupp Electrical Steel mit von Eisenbahnmaterial gebraucht wurden, an den Standort, an dem 1818/19 Friedrich werk nach 1926 in die Vereinigten Stahlwerke etwa 600 Mitarbeitern ca. 80.000 Tonnen denn speziell in dieser Branche hatte die Krupp seine zweite Gussstahlfabrik gebaut AG auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Elektroband pro Jahr (Stand 2021). Von hier Verfahrenstechnik von Mayer einen Inno- hatte und er und sein Nachfolger Alfred im der Betrieb im Rahmen der alliierten Ent- aus liefert die Firma weltweit, als einer der vationsvorsprung. Hinzu kamen Erfolge sogenannten Stammhaus gewohnt hatten. flechtungspolitik zunächst ausgegliedert. Zu führenden Anbieter, kornorientiertes Elekt- auf neuen Anwendungsgebieten. Auf der der Zeit arbeiteten etwa 5.000 Beschäftigte roband. Ein Hightech-Kernwerkstoff, der in Weltausstellung von 1855 in Paris erhielt ThyssenKrupp hat sich inzwischen zu einem im Werk. 1957 erfolgte eine Eingliederung Transformatoren eingesetzt wird, um elek- das Unternehmen für die bis dahin größ- integrierten Werkstoff- und Technologie- in die Rheinische Stahlwerke AG (Rhein- trische Spannungen und Ströme zu trans- te aus einem Guss gewonnene Stahlglocke 18 19

Jahrhunderthalle Bochum, Gas- kraftzentrale, 1924, Quelle: Presse- und Informations- amt Bochum

Bochumer Ver- die Goldene Ehrenmedaille. Trotz dieser gesellschaft aufgefangen werden sollte. Das rie mit ihren Anlagen an der Bessemerstraße Beschäftigte im Bochumer Stammwerk. ein um 1955. Erfolge geriet die Firma infolge einer ver- Unternehmen hieß jetzt Bochumer Ver- übernommen. Auch die Rohstoffbasis des 1945 war ein großer Teil der Werksanlagen Quelle: Presse- und fehlten Geschäftspolitik und konjunktureller ein für Bergbau und Gussstahlfabrikation, Unternehmens wurde durch den Ankauf infolge alliierter Bombenangriffe zerstört, Informationsamt Schwankungen in eine Finanzkrise, die 1854 später kurz Bochumer Verein genannt. benachbarter Zechen, wie zum Beispiel die Produktion war zum Erliegen gekom- Bochum durch die Umwandlung in eine Aktien- Carolinenglück und Engelsburg, erweitert. men. Es folgten Demontagen und die Aus- Großen Anteil an diesen Umstrukturierungs- gliederung aus den Vereinigten Stahlwerken maßnahmen hatte der bis 1895 agierende Nach dem Ersten Weltkrieg verlor der Bo- im Rahmen der alliierten Entflechtungs- Generaldirektor Louis Baare. Unter seiner chumer Verein durch die Übernahme der maßnahmen. Mitte der 1960er-Jahre wurde Leitung etablierte sich der Bochumer Verein Aktienmehrheit durch einen der führenden der mittlerweile neugegründete Bochumer als Qualitätsstahlwerk. Hauptprodukte waren Industriellen seiner Zeit, , Verein auf Betreiben der Firma Krupp mit Eisenbahnschienen, Gussstahlräder für Loko- seine Selbstständigkeit. Er war jetzt Teil der deren Konzerntochter Hütten- und Berg- motiven und Waggons sowie schwere Guss- Siemens-Rheinelbe-Schuckert-Union, einer werke Rheinhausen AG zur Friedrich und Schmiedestücke für den Maschinen- und Interessengemeinschaft mehrerer Unterneh- Krupp Hüttenwerke verschmolzen. Nach Schiffsbau. Ähnlich wie sein damals größter men der Montan- und Elektroindustrie. 1926 der endgültigen Übernahme durch Krupp Konkurrent aus der Nachbarstadt Essen, wurde der Bochumer Verein im Rahmen der im Jahr 1965 wurden sukzessive die meisten Alfred Krupp, führte Louis Baare das Unter- allgemeinen Rationalisierungs- und Konzen- Produktionsanlagen stillgelegt. Als Produk- nehmen patriarchalisch, investierte aber auch trationsbestrebungen in der Montanindustrie tionsstandort erhalten blieb das heute zu in das betriebliche Sozialwesen. 1860 begann Teil des neu gegründeten Mammutkonzerns ThyssenKrupp Steel gehörige Warm- und man mit dem Werkswohnungsbau. Ab 1865 AG (VSt). Ab 1934 Kaltbandwalzwerk im Bochumer Stadtteil initiierte Baare die in unmittelbarer Werks- bildete der Bochumer Verein eine Tochter- Höntrop und das vom Bochumer Verein nähe gelegene Kolonie Stahlhausen, die in gesellschaft der VSt, zu der auch das kurz Verkehrstechnik genutzte Schmiedewerk den folgenden Jahrzehnten immer weiter aus- zuvor in Betrieb genommene Zweigwerk an der Alleestraße. An der gleichen Straße gebaut wurde. Zu seiner Sozialpolitik gehörte in Höntrop an der Essener Straße und das befinden sich die Gebäude der ehemaligen die Einrichtung einer Pflichtkrankenkasse so- ehemalige Werk der Westfälischen Stahl- Mechanischen Werkstätten des Bochumer Louis Baare in wie einer Pensions- und Unterstützungskasse werke (Rombacher Hütte) in Weitmar an der Vereins aus den 1930er-Jahren, die heute als Marienbad. Foto: für die Beschäftigten seines Unternehmens. Kohlenstraße gehörten. Das Produktions- Lager der ThyssenKrupp AG genutzt werden. Ernst Pflanz, Bis zum Ersten Weltkrieg folgten weitere programm umfasste weiterhin Qualitäts- und Quelle: Histori- Jahre der Expansion und Modernisierung. Edelstähle sowie den Bereich der Stahlform- In den 1990er-Jahren wurden die ehemalige sches Archiv Krupp 1889 wurde die Gesellschaft für Stahlindust- güsse. Zu der Zeit arbeiteten fast 10.000 Gaskraftzentrale (Jahrhunderthalle), deren 20 21

Stadt“ entsteht ein Naherholungsgebiet mit Wohn- und Gewerbebebauung, gleichzeitig dient der See der Renaturierung der Emscher.

1871 gründete die Eifeler Familie Hoesch ein Eisen- und Stahlwerk in Dortmund. Mit Hoesch, der Dortmunder Union und dem Hörder Verein entwickelten sich drei der größten eisen- und stahlproduzierenden Hochofenanlage Betriebe im damaligen Deutschen Reich in Hörde. Quelle: in unmittelbarer Nachbarschaft. Nach dem Denkschrift Phoe- Ersten Weltkrieg bildeten sich immer grö- nix Actien-Gesell- ßere Unternehmen in der Schwerindustrie schaft für Bergbau des Ruhrgebiets. Im Dortmunder Raum kam und Hüttenbetrieb es 1930 zur Fusion von Hoesch und dem 1852-1912, o.J Köln-Neu-Essener Bergwerksverein, 1933 (1912). Hörde schlossen sich Union und Phoenix zur Dort- mund-Hörder-Hüttenverein AG zusammen. Phoenix West, Anlagen in den Betriebszeiten des Werkes schäftigten nach Düsseldorf umzog. Ab den 1960er-Jahren erfassten Umstruktu- und Thyssen, mit dem letzten Hochofen- Dortmund. Foto: den Hochofenwind erzeugten und die Strom- Der eigentliche wirtschaftliche Aufschwung rierungen auch die Eisen- und Stahlindustrie abstich in Dortmund am Hochofen 7 der RIK/Budde versorgung sicherstellten, und die meisten in Dortmund setzte zwischen 1850 und im Dortmunder Raum. Sie führten zu einer Westfalenhütte am 27. April 2001 sein Ende. der angrenzenden Maschinenhallen unter 1876 ein. Der Bau der Köln-Mindener und weiteren Konzentration der Stahlaktivi- Heute zeugen auf dem Areal der Westfalen- Denkmalschutz gestellt. Die Jahrhunderthalle Bergisch-Märkischen Bahn in den Jahren täten unter dem Konzerndach von Hoesch. hütte unter anderem ein von ThyssenKrupp ist heute einer der wichtigsten Veranstal- 1847/1849 war dabei ein wichtiger Im- Die Übernahme von Hoesch durch Krupp betriebenes Kaltwalzwerk mit Kontiglühe tungsorte der Ruhrtriennale. Im Rahmen des puls. Damit wurde Dortmund zum ersten 1991 war nur eine Zwischenetappe beim sowie Anlagen zur Oberflächenveredelung Projektes „Innenstadt West“ folgte die Um- Eisenbahnknotenpunkt des entstehenden Niedergang der Eisen- und Stahlindustrie in von Blechen vor allem für die Automo- nutzung des ehemaligen Industriegeländes Industriereviers. Der Ausbau der Eisen- Dortmund. Dieser fand, unmittelbar nach bilindustrie von der schwerindustriellen zu einem 38 Hektar großen Park. Die impo- bahn steigerte die Nachfrage nach Kohle, dem erfolgten Zusammenschluss von Krupp Vergangenheit der Stadt Dortmund. Dass sante Stützmauer am Eingang des Westparks, Stahl und Maschinen und förderte damit ursprünglich für das Siemens-Martinwerk die Entstehung weiterer Industrieanlagen. II des Bochumer Vereins gebaut, ist heute unter dem Namen Colosseum Präsentations- So fand in der 1852 in „Hoerder Bergwerks- ort für die farbigen Stahlrohrskulpturen und Hüttenverein Aktiengesellschaft“ umfir- des Bochumer Künstlers Friedrich Gräsel. mierten Hermannshütte 1854 der erste Hoch- ofenabstich in Dortmund statt. Im Laufe der Jahrzehnte wurden die Hochöfen immer Eisen und Stahl aus Dortmund wieder umgebaut und modernisiert. Zuletzt gab es drei Hochöfen, genannt Phoenix-West, Die Geburtsstunde der Dortmunder Mon- die das benachbarte Stahlwerk (Phönix Ost) tanindustrie schlug in dem Moment, als der an der Hörder Burg mit Roheisen versorg- Iserlohner Fabrikant Hermann Diedrich ten. Von denen wurden wesentliche Teile Piepenstock, ein Pionier im Eisen- und nach der Stilllegung des Werkes 1998 unter Stahlbereich, 1841 die Konzession für die Denkmalschutz gestellt. Die Hochöfen 5 und Hermannshütte erhielt. Auf dem Gelände 6 aus den 1960er-Jahren dominieren heute der mittelalterlichen Hörder Burg errich- den Standort. Während Hochofen 6 entkernt tete er ein Puddel- und Walzwerk, in dem wurde, kann Hochofen 5 heute im Rahmen Eisenbahnschienen produziert wurden. Das eines Erlebnispfades (Skywalk) mit Führun- heute noch erhaltene Burggebäude diente gen begangen werden. Auf dem Gelände nach mehreren Umbauten als Verwaltungs- des ehemaligen Stahlstandortes Phönix Ost sitz des Unternehmens, bis die Hauptver- wurde 2010 ein See angelegt. Damit wurde Hoesch-Museum waltung des damals fünftgrößten deutschen eines der größten Strukturwandelprojekte im in Dortmund. Unternehmens 1922 mit über 30.000 Be- Ruhrgebiet eingeleitet. Um das „Wasser in der Foto: RIK/Budde 22 23

Stahl heute immer noch einen hohen Stellen- können Besucher wesentliche Produktions- wert im Rahmen von High-Tech-Produk- stufen der Stahlerzeugung nachvollziehen. Zu Standorte der Themenroute 27 tionsverfahren hat, zeigt das 2005 eröffnete den besonders attraktiven Exponaten dieses Hoesch-Museum. Es möchte die Erinnerung Themenbereiches gehören ein Elektrostahl- an eineinhalb Jahrhunderte Stahlindustrie ofen der Firma Hoesch, der zuletzt auf der in Dortmund erhalten und den Struktur- ehemaligen Westfalenhütte betrieben wurde, wandel im lebendigen Dialog begleiten. der Mittelteil einer Walzstraße, die noch bis 1988 bei der Krupp Stahl AG in Siegen in Stahl ist auch ein wichtiges Thema der DASA Betrieb war und eine Bessemer-Birne von Arbeitswelt Ausstellung. In der „Stahlhalle“ 1924 aus einer Stahlgießerei in Hagen. Duisburg

Alsumer Berg. Foto: Ralph Lueger

Literaturempfehlungen 1 Alsumer Berg lichen Bewohner ab 1954 umgesiedelt. Die Buschmann, Walter (Hrsg.): Eisen und Köhne-Lindenlaub, Renate: Die Villa Hügel. Stadt Duisburg nutzte das Gelände einerseits Stahl. Texte und Bilder zu einem Leit- Unternehmerwohnsitz im Wandel der Zeit, 7. Früher war Alsum ein idyllisches Fischer- zur Ablagerung von Schutt und Kriegstrüm- sektor menschlicher Arbeit und des- überarbeitete Auflage, Berlin München 2019 dörfchen, danach im Zweiten Weltkrieg mern und andererseits als Erweiterungs- sen Überlieferung, Essen 1989 fast völlig zerstört. Heute befindet sich hier fläche für Industriebetriebe. Heute erinnert König, Otto/Laube, Robert/Strat- eine begrünte Halde mit imposantem Pa- neben einem Gipfelkreuz nur noch der Name Clarke, Michael: Zugänge zum Ei- mann, Egon (Hrsg.): Das Ende der noramablick über den Rhein und die In- Alsumer Berg an das frühere Fischerdörf- sen. Die Geschichte des Meidericher Stahlzeit. Die Stilllegung der Hen- dustriekulisse von ThyssenKrupp Steel. chen. Die Schuttdeponie wurde inzwischen Hüttenwerks bis zum Landschafts- richshütte Hattingen, Essen 1997 zu einer begehbaren Grünfläche umgestaltet. park Duisburg-Nord, Essen 2020 Hoch über dem Rhein mit Blick Rasch, Manfred: Zur Geschichte der auf ThyssenKrupp Steel Von zwei Aussichtsplattformen bietet sich ein Dascher, Ottfried/Kleinschmidt, Chris- Stahlindustrie im Ruhrgebiet, in: Far- imposanter Rundblick Richtung Norden und tian (Hrsg.): Die Eisen- und Stahlindus- renkopf, Michael/Goch, Stefan/Rasch, An der Stelle des ehemaligen Schiffer- und Westen: Im Westen der Rhein, im Norden trie im Dortmunder Raum. Wirtschaft- Manfred/Wehling, Hans-Werner (Hrsg.): Fischerdörfchens Alsum an einem der Em- und Nordosten die beeindruckende Indus- liche Entwicklung, soziale Strukturen Die Stadt der Städte. Das Ruhrgebiet scher- Mündungsarme erhebt sich heute ein triekulisse von ThyssenKrupp Steel mit den und technologischer Wandel im 19. und und seine Umbrüche, Essen 2019 „Berg“. Ab 1892 nutzte das Bergbauunter- beiden Großhochöfen und der Kokerei in 20. Jahrhundert, Dortmund 1992 nehmen Gewerkschaft Deutscher Kaiser den Schwelgern, mit dem Hochofenwerk Ham- Schmidt-Rutsch, Olaf: Reinheit und Här- Alsumer Hafen als Kohleumschlagplatz. Bei born und dem Stahlwerk in Bruckhausen. Demag Cranes & Components GmbH te. Erinnerungsort Stahl, in: Berger, Ste- einem Hochwasser im Winter 1925/26 ver- (Hrsg.): DEMAG Von der mechani- fan/ Borsdorf, Ulrich/Claßen, Ludger/ sank der Hafen im Rhein. Daraufhin wurde Kontakt & Infos schen Werkstätte zum Global Play- Grütter, Heinrich Theodor/Nellen, Dieter das Hafenbecken verfüllt und der Hafenbe- er 1819-2019, Wetter o.J. (2019) (Hrsg.): Zeit-Räume Ruhr. Erinnerungs- trieb vollständig in den nördlich gelegenen orte des Ruhrgebiets, Essen 2019 Hafen Schwelgern verlagert. In der Folge- Alsumer Berg Ellerbrock, Karl-Peter/Framke, Gisela/ zeit drohte auch das nunmehr zu Duisburg Alsumer Steig Heese, Alfred (Hrsg.): Stahlzeit in Dort- Stremmel, Ralf: Industrie und Fotografie. Der gehörende Alsum durch die Bergsenkungen 47166 Duisburg-Bruckhausen mund. Begleitbuch zur Dauerausstellung „Bochumer Verein für Bergbau und Guss- immer weiter im Rhein zu versinken, da des Hoesch-Museums, Dortmund 2005 stahlfabrikation“, 1854 -1926, Münster 2017 die Kohle im Erdreich unterhalb des Or- tes abgebaut wurde. Im Zweiten Weltkrieg James, Harold: Krupp. Deutsche Legende Uebbing, Helmut: Wege und Wegmarken. wurde der Ort Alsum fast völlig zerstört und und globales Unternehmen, München 2011 100 Jahre Thyssen 1891-1991, Berlin 1991 anschließend nicht wiederaufgebaut, die rest- 24 DU DU 25 bereits alle Anteile der GDK in der Hand von 3 Thyssen-Werksbahn August Thyssen, der seit 1883 seine Herr- schaft im Unternehmen systematisch aus- Seit 1878 eine Werksbahn für Eisen, Stahl gebaut hatte. Insofern kann man diesen Tag und Kohle, heute einer der wichtigsten Lo- als den Anfang der Geschichte der heutigen gistikbereiche von ThyssenKrupp Steel. Auf ThyssenKrupp Steel Europe AG bezeichnen. einem weit verzweigtem Gleisnetz von über 400 Kilometern Länge werden auf dem Bereits 1889 hatte Thyssen innerhalb von riesigen Industrieareal jährlich über 65 nur zwei Monaten fast alle Bauernschaften in Millionen Tonnen Güter transportiert. Bruckhausen aufgekauft, die er für sein ge- plantes Stahl- und Walzwerk benötigte. Der Schwerlasten im Schienenverkehr: Standort am Rhein, auf Kohlefeldern gelegen, Roheisen, Schlacke, Erze und Kohle mit eigenem Werkshafen, hat sich bis heute als ideal für die Stahlproduktion erwiesen. Die Werksbahn, lange Zeit unter „Eisen- Mit seinem Ziel, alle Produktionsstufen von bahn und Häfen (EH)“ firmierend, gehört der Zeche bis zum Walzwerk in einer Hand seit 2011 zum Bereich Logistik der Thyssen- zu konzentrieren, war August Thyssen einer Krupp Steel Europe AG (TKSE). Die Wur- der wichtigsten Pioniere des integrierten zeln der Bahn reichen bis in das Jahr 1878 Hüttenwerks. 1913 gehörte die GDK, unter zurück, als in Hamborn eine zwei Kilometer deren Dach alle unternehmerischen Aktivi- lange Kohlentransportverbindung von der täten zusammengefasst waren, zur Spitzen- zur Gewerkschaft Hamborn (ab 1871 Ge- Konverterbefüllung gruppe der Stahlindustrie im Ruhrgebiet. werkschaft Deutscher Kaiser (GDK)) ge- im Stahlwerk 2 August Thyssen–Hütte Außer den Produktionsanlagen verfügte hörenden Schachtanlage „Deutscher Kaiser“ Torpedopfannen Beeckerwerth. Foto: der Konzern mit Kohle, Gas und Wasser zum Bahnhof Neumühl gebaut wurde. Mit Bruckhausen und Beeckerwerth sowie den am Stahlwerk Uwe Niggemeier Ein Industriepionier und sein Werk: 1891 auch über die notwendige Energiebasis. dem Abteufen weiterer Schächte sowie dem Häfen Schwelgern und Walsum Süd am Beeckerwerth. gründete August Thyssen die später nach ihm Das eigene Transportunternehmen „Eisen- Bau des Hüttenwerkes in Bruckhausen war Rhein wird von einem dichten Gleisnetz Foto: benannte August Thyssen-Hütte. Bereits in den bahn und Häfen“ übernahm die Transporte ein starker Anstieg des Werksbahnverkehrs von über 400 Kilometer Länge durchzogen. Uwe Niggemeier 1960er-Jahren der bedeutendste europäische von Rohstoffen und Produkten. Nach dem verbunden. Die Übernahme der GDK durch In Schwelgern werden für den flüssigen Stahlerzeuger, ist das Werk heute mit etwa Ersten Weltkrieg gliederte sich der Konzern August Thyssen und der gleichzeitige Ausbau Roheisentransport ausschließlich Torpedo- 14.000 Beschäftigten auf einer Fläche, die dem neu. Die August Thyssen-Hütte (ATH) und zum Hüttenwerk im Jahre 1891 gilt als Grün- pfannenwagen genutzt, die bis zu einem Fünffachen des Staates Monaco entspricht, die Gewerkschaft Friedrich Thyssen über- dungsdatum des Thyssen-Stahlkonzerns. Der Gesamtgewicht von 600 Tonnen mit Roh- das größte integrierte Hüttenwerk Europas. nahmen mit Stahlerzeugung und Energie- Bau des Hochofenwerks in Meiderich - der eisen beladen werden können. Aufgrund lieferungen eigenständige Geschäftsbereiche. heutige Landschaftspark Duisburg-Nord - im ihrer hohen Achslast können sie beladen Von der August Thyssen-Hütte 1926 wurde der Eisen und Stahl erzeugende Jahr 1901 brachte dem Bahnbetrieb weite- nur im internen Gleisnetz von TKSE ver- bis zu ThyssenKrupp Steel Bereich in die Vereinigte Stahlwerke AG ren erheblichen Transportmengenzuwachs. kehren, das für solche Belastungen ausgelegt (VSt) eingebracht. Dieser Mammutkonzern Nach Gründung des Mammutunternehmens ist. Der Gütertransport auf dem Gleisnetz Am 29. September 1891 trafen sich die wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aufge- Vereinigte Stahlwerke AG (VSt) 1926 ge- liegt jährlich bei 65 Millionen Tonnen und Anteilseigner der als Bergwerksunterneh- löst. 1953 wurde die ATH neu gegründet und hörten in Duisburg mehrere Hüttenwerke erreicht damit rund ein Viertel der Gü- men gegründeten Gewerkschaft Deutscher entwickelte sich bis Mitte der 1960er-Jahre unter der Bezeichnung Hüttengruppe West termenge, die von der Deutschen Bahn Kaiser (GDK) zu ihrer Jahresversammlung zum größten europäischen Stahlerzeuger. zur VSt. Die Werksbahnen und Hafenan- AG in Deutschland transportiert wird. in Duisburg. Zu diesem Zeitpunkt waren lagen dieser Industrien wurden seinerzeit zu Auch heute noch hält ThyssenKrupp Steel einer Betriebsabteilung zusammengefasst. Kontakt & Infos diese Spitzenposition inne: Mit vier Hoch- In der Nachkriegszeit zerfiel der Großkon- Kontakt & Infos öfen, zwei Oxygenstahlwerken, jeweils zern infolge Entflechtung und Demontage. zwei Warmband- und Kaltbandwerken, Davon betroffen war auch die EH, deren Steel Europe AG Gießwalzanlage, drei Feuerbeschichtungs- erste Gesellschafter 1949 die Gelsenkirche- thyssenkrupp Steel Europe AG Kaiser-Wilhelm-Straße 100 anlagen, Kokerei, werkseigenem Hafen ner Bergwerks AG und die Hüttenwerke Kaiser-Wilhelm-Straße 100 47166 Duisburg-Bruckhausen und zwei Kraftwerken (eines davon in Ruhrort-Meiderich waren. Erst 1953 trat 47166 Duisburg-Bruckhausen Anmeldungen für Besichtigungen Duisburg-Ruhrort), ist der Produktions- Thyssen in den Gemeinschaftsbetrieb ein. www.thyssenkrupp-steel.com Besucherzentrum standort konzentriert auf einer Fläche [email protected] von fast zehn Quadratkilometern mit Das riesige TKSE-Areal mit den zusammen- www.thyssenkrupp-steel.com etwa14.000 Beschäftigten das größte integ- hängenden Standorten der Hochofenbetriebe rierte Hüttenwerk in Europa (Stand 2021). Schwelgern und Hamborn, der Stahlwerke 26 DU DU 27 Die Anfänge der Werksverwaltung

Schon frühzeitig hatte August Thyssen be- gonnen, sich zur Versorgung seiner Hüt- ten- und Stahlwerke mit Kohle und Koks umfangreiche Rechte an Kohlefeldern und Bergwerken zu sichern. 1889 übernahm er die Mehrheit an der Bergbaugesellschaft Gewerkschaft Deutscher Kaiser (GDK) und wurde ihr Vorsitzender. In den Jahren 1903/1904 ließ Thyssen an der heutigen Franz-Lenze-Straße das „Centralbüro“ der GDK errichten. Mit dem Bau beauftragt wur- de der Dortmunder Architekt Carl Bern. Das Gebäude, das später auch unter dem Namen Neue Thyssen- Thyssen Hauptverwaltung bekannt wurde, Hauptverwaltung. ist im Stil der norddeutschen Backstein- Foto: RIK/Budde gotik gebaut worden. Bereits 1909 und 1916 wurden Erweiterungsbauten hinzugefügt. 5 Neue Thyssen-Hauptverwaltung Bürofläche wurde mit einer verzinkten Nach Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg Stahlrahmenkonstruktion mit integrierten wurde der ursprünglich mit historisierenden Eine Hauptverwaltung im Stil der Bauhaus- Stahlblechen versehen. Die heute grünlich Elementen reichhaltig geschmückte Bau in Architektur ersetzte 1963 den historischen patinierten Fassadenelemente waren mit deutlich schlichterer Form wiederaufgebaut. Vorgängerbau. Nahe an das Werk gebaut einer dünnen, damals rötlich glänzenden, Dennoch ist die vom Unternehmen gewollt steht das Gebäude als gedachtes Symbol für Kupferschicht überzogen. Sie geben heute repräsentative Architektur heute noch gut die Einheit von Verwaltung und Produktion. dem Gebäude sein charakteristisches Aus- erkennbar. Das Herzstück des Gebäudes ist sehen. In der Eingangshalle befindet sich die erste Etage mit den ehemaligen Arbeits- 10.000 Quadratmeter Bürofläche hinter neben der Brunnennische noch ein großes räumen von August und Fritz Thyssen, den einer Fassade mit patinierter Kupferschicht Edelstahlrelief. Namhafte Künstler wurden Direktorenzimmern und dem Gewerkensaal. damals eingeladen, Bilder für die Innen- Zu ihm führt eine repräsentative Treppe. An Nach Plänen von Gerhard Weber (1909- gestaltung des Gebäudes zur Verfügung einer Stirnwand des Raumes steht ein Kamin, 1986), einem der profiliertesten Bauhaus- zu stellen. Viele schmücken heute noch Alte Thyssen- dessen Stuckverzierung von vier Marmor- Architekten in der Zeit nach dem Zweiten die Büroräume. 1971/72 wurde ebenfalls Hauptverwaltung. 4 Alte Thyssen-Hauptverwaltung säulen getragen wird. In dem holzvertäfel- Weltkrieg, entstand ab 1958 gegenüber der nach einem Entwurf Webers ein weiterer Foto: RIK/Budde ten Saal wurden Direktionsbesprechungen Alten Verwaltung ein neuer Gebäudekom- Hochhausflügel mit einem Verbindungs- Ein repräsentativer Verwaltungs- und Gewerken-Versammlungen abgehalten plex. Die „Neue Hauptverwaltung“, direkt an trakt angefügt. Heute ist dort der Vertrieb sitz in norddeutscher Backsteingotik sowie offizielle Besucher des Unternehmens der Kaiser-Wilhelm-Straße gelegen, wurde von ThyssenKrupp Steel und die Haupt- war der erste Verwaltungssitz der Fir- empfangen. Bis zur Errichtung der neuen 1963 fertig gestellt. Hier arbeiten heute etwa kantine des Unternehmens untergebracht. ma Thyssen aus den Jahren 1903/04. Hauptverwaltung 1963 tagten im Gewerken- 290 Beschäftigte des Unternehmens. Neben saal auch der Vorstand und der Aufsichtsrat dem Vorstand und anderen wichtigen Ab- und man nutzte ihn auch für Vorträge und teilungen wie Recht und Personal ist in der Festakte. Er war der zentrale Raum für offi- 11. Etage auch eine Gastronomie unter dem Kontakt & Infos Kontakt & Infos zielle und repräsentative Veranstaltungen des Namen „Casino“ untergebracht. Der Stand- Unternehmens. Als das neue Verwaltungs- ort des Gebäudes wurde bewusst nahe an hochhaus 1963 bezogen wurde, übernahm das Werk gelegt, um symbolhaft die Ver- Alte Thyssen-Hauptverwaltung die Einkaufsabteilung, die das Gebäude bis bindung von Verwaltung und Produktion Neue Thyssen-Hauptverwaltung Franz-Lenze-Straße 3 heute nutzt, neben anderen Räumen auch zu demonstrieren. Als großer „Querriegel“ Kaiser-Wilhelm-Straße 100 47166 Duisburg-Bruckhausen den Gewerkensaal. Außerdem sind heute wurde es deshalb so nahe wie möglich an 47166 Duisburg-Bruckhausen www.thyssenkrupp-steel.com auch die Unternehmensbereiche Logistik die Kaiser-Wilhelm-Straße und damit an das www.thyssenkrupp-steel.com und Controlling im Gebäude untergebracht. Oxygenstahlwerk Bruckhausen gerückt.

Der 14-geschossige, 52 Meter hohe Stahl- skelettbau mit über 10.000 Quadratmetern 28 DU DU 29 und 1912 unter der schon damals so benann- 7 Haus Hartenfels ten Matenastraße errichtet und mit einer Straßenbahnlinie versehen. Damit wurde Der Industrielle Peter Klöckner ließ sich die durch die vormals oberirdisch verlau- vor dem Ersten Weltkrieg ein massives fende Straßentrasse verursachte Trennung Landhaus nach dem Vorbild einer Burg zwischen dem nördlichen Werksteil des errichten und benannte es nach seinem Hüttenwerkes mit dem Walzwerk und dem Jagdhaus Hartenfels im Westerwald. südlichen Teil mit den Hochöfen und der Schachtanlage 3/7 der GDK aufgehoben und Vom Industriellenwohnsitz zum die öffentlichen und gewerblichen Verkehrs- modernen Wohnkomplex ströme entflochten. Ein weiteres Motiv für die Untertunnelung war der Schutz von Als Peter Klöckner (1863-1940), als Indus- Fuhrwerken und Passanten vor dem heißen trieller zunächst im Stahlhandel erfolgreich und feinen Staub aus dem Hochofenbetrieb. und dann auch im Stahl- und Maschinenbau engagiert, zum zweiten Mal heiratete, ließ er Matenatunnel 1930. Neben der zweispurigen Straße gab es auch sich im Duisburger Ortsteil Stadtwald ein ex- Quelle: Stadt- 6 Matenatunnel einen Fußweg durch den Tunnel. Damals klusives Gelände übereignen, auf dem er sei- archiv Duisburg verband diese Straße den Ortsteil Bruck- nen künftigen Wohnsitz errichten wollte. Als Ein Straßentunnel von über 400 Meter Länge hausen mit dem Dorf Alsum am Rhein. Architekten beauftragte er seinen Schwager Haus Hartenfels. unterquerte die August Thyssen-Hütte be- Die Gestaltung des Tunnels war durchaus Hermann Wolters, Stadtbaurat in Coesfeld. Foto: RIK/Budde reits vor dem Ersten Weltkrieg. Ein wichtiges, markant. Das Ostportal war ursprünglich Vorbild für das 1911/12 errichtete Haus Har- sehr modern anmutendes, Motiv war dabei aufwändig mit Bauschmuck verziert, der tenfels waren die massiven Landhäuser des die Entflechtung von öffentlichen und ge- nur noch teilweise vorhanden ist. Zwei heute Burgenspezialisten Bodo Ebhardt. Als passio- Speicher wurde eine große „Spielwiese“ für werblichen Verkehrsströmen und der Schutz nicht mehr erhaltene Symbole von Schlägel nierter Jäger besaß Klöckner ein Jagdhaus im Kinder eingerichtet. In den 1920er-Jahren vor den Emissionen des Hüttenbetriebes. und Eisen befanden sich früher in den obe- Westerwald mit dem Namen Hartenfels. So wurde ein Gästeflügel angebaut, die Wirt- ren Ecken des Eingangs. Hinter dem Portal sollte dann auch sein neuer Wohnsitz heißen. schaftsräume wurden erheblich vergrößert. Ein Tunnel für Pferdefuhrwerke, gab es auch einen parallel zum Haupttunnel Straßenbahnen und Fußgänger errichteten, schmaleren Fußgängertunnel Geplant war das Gebäude zunächst als Nach Klöckners Tod und dem Auszug zu einer Treppe mit Torhaus am Eingang Bauwerk mit neoromanischer Fassade. der Familie wurde das Haus nach 1945 Der Name Matena bedeutet Wiesenaue. der ehemaligen Kokerei des Hüttenwerks. Die Ausführung war dann aber erheblich mit Ausgebombten und Flüchtlingen be- Er spielt damit auf die ursprünglichen, vor Nachdem der Ortsteil Alsum in den 1960er- schlichter. Im Prinzip handelt es sich um ein legt. Die Innenausstattung wurde dadurch dem Beginn der Industrialisierung existie- Jahren endgültig aufgegeben wurde, verlor zweigeschossiges Wohnhaus mit zentraler sehr in Mitleidenschaft gezogen. Zu dem renden bäuerlichen Strukturen an, die die der Tunnel zunehmend seine ursprüng- Halle, Repräsentations- und Wohnräumen. etwa sechs Hektar großen Grundstück ge- Landschaft zwischen den späteren Duis- liche verkehrstechnische Bedeutung. Die zunächst schlichte Westfassade wurde hört auch ein attraktives Park- und Wald- burger Ortsteilen Bruckhausen und Alsum nach kurzer Zeit durch weitere Wintergär- gelände.1998 wurden Villa, Pförtnerhaus prägten. Der 400 Meter lange Tunnel, der Auf Verfolgungsjagd mit Horst Schimanski ten und Erker ergänzt. Eine Besonderheit ist mit Remisengebäude, Gärtnerhaus und mitten unter dem Areal des Hüttenwerkes der weithin sichtbare Turm, der den Blick Park unter Denkmalschutz gestellt. Zur- von ThyssenKrupp Steel verläuft, wurde im In den 1980er-Jahren erlangte der Matena- auf die damalige Industrielandschaft im zeit wird das Haus renoviert und zu einem Zuge der Werkserweiterung zwischen 1909 tunnel noch einmal Bekanntheit als be- Westen und Norden ermöglichte. Im hohen modernen Wohnkomplex umgebaut. liebte Filmkulisse für Verfolgungsjagden in den Tatort-Folgen des WDR mit dem legendären Duisburger Kommissar Horst Kontakt & Infos Schimanski alias Götz George. Der mittler- Kontakt & Infos weile geschlossene Tunnel wurde als Bau- denkmal in die Denkmalliste der Stadt Matenatunnel Duisburg eingetragen. Das Denkmal um- Haus Hartenfels Matenastraße fasst den Straßentunnel in seiner gesamten Mülheimer Straße 290 47138 Duisburg-Beeck Länge mit dem östlichen Portal und dem 47057 Duisburg-Stadtwald bauauskunft.duisburg.de seitlich, vor dem östlichen Tunnelmund liegenden Aufgang zum südlichen Werks- gelände, mit erhaltenen Wandbekleidungen, dem Straßenpflaster inklusive Straßen- bahnschienen und dem Fußgängerweg. 30 DU DU 31 9 ArcelorMittal Ruhrort

Ein Stahl- und Drahtwalzwerk mit langer Tradition und neuem Namen: von der Grün- dung der Niederrheinischen Hütte 1851 bis zu ArcelorMittal Ruhrort. Heute werden hier im Oxygenstahlwerk über 350 verschiedene Stahlqualitäten erzeugt, vor allem für die heute modernste Drahtwalzstraße der Welt.

Stahl für das Drahtwalzen

Mit 222.000 Mitarbeitern in mehr als 60 Ländern ist ArcelorMittal weltweit der größte Stahlproduzent. In Duisburg über- nahm der Konzern 1997 zwei ehemalige Werksbereiche in Ruhrort und Hochfeld von der damaligen Thyssen Stahl AG. Die Geschichte beider Standorte geht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. In Hochfeld wurde 1851 die Niederrheinische Hütte gegründet, ein Jahr später in Ruhr- ort/Laar die Phoenix Anonyme Gesell- Tausendfenster- schaft für Bergbau und Hüttenbetrieb. Die haus. Quelle: Stadt- 8 Tausendfensterhaus zum Stadtteil Ruhrort. Erbaut wurde es in Niederrheinische Hütte wurde nach und archiv Duisburg den Jahren 1922/23 als Verwaltungsgebäu- nach zu einem integrierten Hüttenwerk Drahtwalzwerk. Anfang der 1920er-Jahre errichteten die de der Rheinischen Stahlwerke von dem ausgebaut, ab 1913 spezialisierte man sich in Ruhrort erstmals ein neues Drahtwalz- Foto: Rheinischen Stahlwerke ein imposantes Ver- Düsseldorfer Architekten Heinrich Blecken. auf das Walzen von Draht. Diese Tradition werk in Betrieb genommen, das zurzeit Uwe Niggemeier waltungsgebäude mit beeindruckender Fassen- Ähnlich der alten Düsseldorfer Mannes- wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im als modernste Walzstraße der Welt gilt. den- und Fenstergestaltung nach den Plänen mann-Verwaltung von Peter Behrens bildet wieder aufgebauten Werk fortgeführt. In Gleichzeitig endeten im Hochfelder Werk des Düsseldorfer Architekten Heinrich Blecken. das Gebäude einen monumentalen Block den 1960er-Jahren wurde die Produktion mit der endgültigen Einstellung der Draht- unter einem großen Dach, den gleichför- von Eisen und Stahl endgültig aufgegeben, produktion 100 Jahre Industriegeschichte. Bedeutendes Beispiel für den mige Reihen von Fenstern umlaufen. Diese den Rohstahl für die nach und nach auf Nach dem Abriss des Drahtwalzwerkes Backstein-Expressionismus Fensterreihung war dann auch der Grund vier Walzdrahtstraßen erweiterte Draht- soll auf dem 27 Hektar großem Gelände ab für den Namen Tausendfensterhaus. produktion bezog man fortan aus dem 2021 das Wohnquartier Rhein-Ort für 4.500 Das sogenannte Tausendfensterhaus steht benachbarten Ruhrort/Meidericher Werk. Menschen entstehen. Der im benachbartem auf der ehemaligen Hafeninsel des zu- Der repräsentative Anspruch zeigt sich im Rheinpark einst zum Hüttenwerk gehörende geschütteten Ring- oder Werfthafens und Bereich des Portals, das mit Auffahrt und Das Phoenix-Werk (ab 1970 Hochofenwerk Wasserturm soll allerdings erhalten bleiben. bildet von Duisburg aus betrachtet das „Tor“ Vordach versehen ist, aber auch in der Sorg- Ruhrort/Meiderich der August Thyssen- falt, mit der dekorative Details im Mauerwerk Hütte) war bis 1994 ebenfalls ein integ- und unter dem Dachansatz eingefügt wur- riertes Hüttenwerk. Dann wurde die Roh- den. Neben dem Schifferkinderheim stellt das eisenproduktion aufgegeben. Das für das Kontakt & Infos Tausendfensterhaus das zweite bedeutende Oxygenstahlwerk benötigte Roheisen wird Kontakt & Infos Beispiel in Ruhrort für den Backstein-Expres- seitdem in Torpedopfannenwagen von dem sionismus dar. Der ursprünglich offene In- benachbarten Hüttenwerk ThyssenKrupp Tausendfensterhaus nenhof wurde 1996 bei der Modernisierung Steel angeliefert. Im Ruhrorter Stahlwerk ArcelorMittal Duisburg Ruhrorter Straße 187 durch den Architekten Harald Deilmann mit werden etwa 350 verschiedene kunden- Vohwinkelstraße 107 47119 Duisburg-Ruhrort einem Glasdach geschlossen. Heute wird das spezifische Stahlqualitäten erzeugt, davon 47137 Duisburg-Ruhrort Gebäude überwiegend gewerblich genutzt. 180 für Walzdraht. Der erzeugte Stahl wird www.arcelormittalduisburg.de über zwei Stranggießanlagen wahlweise in Knüppeln oder Vorblöcken vergossen. Die Vorblöcke werden anschließend im Knüppelwalzwerk verarbeitet. 2013 wurde 32 33

Lichtinstallation des britischen Künstlers Jonathan Park im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: RIK/Staudinger 34 DU DU 35 eine eigene Zeche und Kokerei, die Roh- stoffe wie zum Beispiel Erz wurden über den Rhein zum Werkshafen der späteren August Thyssen-Hütte befördert und dann mit der Eisenbahn zu den Erzbunkern an den Hoch- öfen gebracht. Bis zur Stilllegung wurden im Werk hauptsächlich Speziallegierungen als Vorprodukte für die Thyssen-Stahlwerke erzeugt. Der Grund für die Werksschließung waren Überkapazitäten auf dem europäi- schen Stahlmarkt. Deshalb musste auch in Masselgießma- den Duisburger Thyssen-Werken die Pro- schine. Foto: duktion eingeschränkt werden, der Hoch- Uwe Niggemeier ofenbetrieb Meiderich mit zuletzt nur noch etwa 300 Beschäftigten wurde stillgelegt. 11 DK Recycling rei-Roheisen weitergeführt. 1979 übernahm Kran über der Erz- Einen geplanten Abriss verhinderten Bürger- das britische Unternehmen Rio Tinto Zinc bunkeranlage. Foto: 10 Landschaftspark Duisburg-Nord proteste. In den 1990er-Jahren wurde das Weltweit die erste Recyclinganlage: Aus die Duisburger Kupferhütte. Die Belegschaft RIK/Staudinger Hüttenwerk schließlich Standort der Inter- Reststoffen der Chemie-Industrie wurden wurde 1983 auf 300 Mitarbeiter reduziert. Vom Hüttenwerk zum Landschaftspark: nationalen Bauausstellung Emscher Park in der Duisburger Kupferhütte ab 1876 Heute wird in einem besonderen Verfah- die spektakuläre Geschichte des ehemaligen (IBA Emscher Park), ein damals wichtiger neben Kupfer auch Silber, Blei, Kadmium ren im Hochofen vor allem aus Reststoffen Meidericher Hochofenwerkes vom schwer- Schritt zum langfristigen Erhalt der An- und Roheisen produziert. Heute erzeugt der europäischen Stahlindustrie Roheisen industriellen Betrieb zum Park neuen Typs lagen. Seitdem wurde das Werk mit seinem ein Hochofen der DK Recycling aus Rest- hergestellt. Pro Jahr werden bis zu 400.000 mit Industriedenkmal, Gartenanlagen, Umfeld zu einem frei zugänglichem Land- stoffen der europäischen Stahlindustrie in Tonnen Reststoffe recycelt. Das bei der DK Wasserpark sowie als Kulturort und Trai- schaftspark umgestaltet. Auf der über 200 einem besonderen Verfahren Roheisen. produzierte Roheisen wird an über 300 ningsstätte für Taucher und Bergsteiger. Hektar großen Industriebrache zwischen Gießereien weltweit verschifft. Aus dem den Stadtteilen Meiderich und Hamborn Motorblöcke, Bremsscheiben und Duisburger Eisen werden unter anderem Eine Hütte im Park entstand ein Park neuen Typs, der auf dem Gullydeckel aus Duisburger Eisen Motorblöcke, Bremsscheiben und Gullyde- ehemaligen Hüttenwerks-Areal die seit 1985 ckel hergestellt. Ein werkseigenes Kraftwerk Mittelpunkt des Landschaftsparks ist ein gewachsene Vegetation mit neuen Garten- 1876 gründeten zehn Chemie-Unternehmen produziert Strom für den Hochofen und die ehemaliges Hüttenwerk der früheren Thyssen anlagen und einem Wasserpark verbindet. die Duisburger Kupferhütte. Federführend Sinteranlage, die die feinstäubigen Reststoffe Stahl AG, das 1985 stillgelegt wurde. Von Au- waren dabei die Unternehmensmitbegründer für den Hochofen aufbereitet. Neben den gust Thyssen ab 1901 gebaut, lag das Hütten- Besucher können den Hochofen 5 besteigen, Julius Curtius und Julius Weber, die damit Abfallstäuben aus der Industrie verarbeitet werk mit ursprünglich fünf Hochöfen direkt an „Hüttenführungen“ teilnehmen oder die zur damaligen Zeit eines der weltweit ers- die DK jährlich etwa 4.000 Batterien und an den Kohlefeldern, deren Eigentümer zahlreich angebotenen Kulturveranstaltungen ten Recycling-Unternehmen aus der Taufe gehört damit zu den größten Verwertern August Thyssen bereits war. Das Werk hatte wie zum Beispiel die jährlich stattfindende gehoben hatten. Ziel war es, aus Reststoffen alter Energiezellen in Europa. Das Unter- Ruhrtriennale besuchen. Im Spätsommer der Chemie-Industrie, die bei der Erzeugung nehmen existiert heute in der Form einer eines jeden Jahres verwandelt sich die Gieß- von Schwefelsäure anfielen, wie zum Beispiel Stiftung, deren vorrangiges Ziel es ist, die halle von Hochofen 1 in ein Open Air-Kino. Eisen und Nichtmetalle, Kupfer, Silber, Blei, Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu erhalten. Zeitweilig wird das Werk auch zum Ver- Kadmium und Roheisen zu gewinnen. Eine anstaltungsort für Ausstellungen, Messen Kupfergewinnung war durch einen Schmelz- und Produktpräsentationen. Taucher nutzen prozess nicht möglich. Deshalb geschah das Kontakt & Infos den inzwischen mit ca. 21.000 Kubikmeter auf „nasse Weise“ indem das Kupfer durch Kontakt & Infos Wasser gefüllten Gasometer als Übungs- eine Salzlösung vom Abbrand getrennt möglichkeit und der Deutsche Alpenverein wurde. Ab 1895 wurde auch ein Hochofen- Landschaftspark Duisburg-Nord trainiert seine Mitglieder in einem Kletter- werk errichtet, 1911 entstand eine Gießerei. DK Recycling und Besucherzentrum garten in der ehemaligen Erzbunkeranlage. Als die chemische Industrie ihre Schwefel- Roheisen GmbH Emscherstraße 71 Und last not least sorgt eine spektakuläre säureerzeugung von Pyrit auf Elementar- Werthauser Straße 182 47137 Duisburg-Meiderich Lichtinszenierung des Londoner Künst- schwefel umstellte, war damit das Ende der (Haupteingang Tor 1) www.tour-de-ruhr.de lers Jonathan Park, die das Hüttenwerk Abbrandverarbeitung gekommen; die Nicht- 47053 Duisburg-Hochfeld nach Einbruch der Dunkelheit in grünem, eisenbetriebe der Duisburger Kupferhütte www.dk-duisburg.de rotem und blauem Licht erstrahlen lässt, wurden geschlossen. Das Hochofenwerk für ein weiteres faszinierendes Erlebnis. wurde jedoch zur Herstellung von Gieße- 36 DU DU 37 12 DEMAG (Siemens) 13 Klöckner Silberpalais

1926 entstand die Deutsche Maschinen- Eine „Silberburg“ als Blickfang im Duisburger fabrik AG, besser bekannt unter dem Kurz- Stadtteil Neudorf: Das unter dem offiziellen namen DEMAG. Hatte die Vorgängerfirma Namen Silberpalais 1978 eröffnete Gebäu- zuletzt vor allem Kräne und Anlagen für die de ist heute Sitz des bekannten Stahl- und Hüttenindustrie geliefert, konzentrierte man Metallunternehmens, der Klöckner-Holding. sich jetzt stärker auf den Maschinenbau. Heute befindet sich in dem ehemaligen Ver- 10.000 Quadratmeter Büroflächen waltungsgebäude der DEMAG der Hauptsitz auf fünf Etagen für 200 Mitarbeiter der Siemens-Sparte Oil & Gas Division. Dank seiner imposanten Architektur frü- Von der Maschinenfabrik zum her auch „Silberburg“ genannt, ist der Sitz Kompetenz-Zentrum der Klöckner-Holding noch immer ein Blickfang im nordwestlichen Teil Neu- Die Wurzeln des DEMAG-Unternehmens dorfs in unmittelbarer Nachbarschaft zum gehen bis weit in das 19. Jahrhundert zurück. Hauptbahnhof. Offiziell heißt das Gebäu- 1844 als Borussiahütte gegründet, stellte das de Silberpalais und bietet Raum auch für Unternehmen Maschinen, Kessel und Pum- andere Firmen. Rund 40.000 Quadratmeter pen her und war das erste Duisburger Eisen- Mietfläche erstrecken sich auf zehn Etagen. werk, das den Übergang von der handwerk- 1978 wurde das Silberpalais eröffnet, seit- lichen zur industriellen Produktion vollzog. dem hat Klöckner dort seinen Hauptsitz. 1872 erwarb die Duisburger Maschinenbau- Aktiengesellschaft die Firma, die Anlagen Rund 10.000 Quadratmeter auf fünf Etagen und Maschinen für die Hüttenindustrie sowie werden von 200 Mitarbeitern des Stahl- und Kräne und Eisenbahnwagen in ihrem Pro- Metallunternehmens belegt. Die übrigen duktionssortiment führte. In der Abteilung Räume sind anderweitig vermietet. Die Hochfeld wurden fortan vor allem Hebezeu- einzelnen Geschosse sind durch Raumgliede- ge und Schmiedestücke erzeugt. Zur offiziel- rungs-Systeme flexibel nutzbar. Die Freiflä- len Firmenbezeichnung wurde DEMAG im chen befinden sich auf der dritten, sechsten Jahre 1926, als die Deutsche Maschinenfabrik und siebten Etage. Vorgabe der Planung AG und die neu gebildete Vereinigte Stahl- war, dass sich das Gebäude harmonisch in werke AG (VSt) die DEMAG AG schufen das Umfeld einfügen solle. So entstand ein und die neue Gesellschaft die Maschinen- terrassenförmig angelegter Baukörper mit bauaktivitäten von Thyssen übernahm. einer Vorhangfassade aus hellem Aluminium mit getönten Isolierfenstern, mit geschoss- DEMAG-Ver- Nach einer langjährigen Zugehörigkeit weise vorgelagerten Putzbalkonen und nur Klöckner Silber- waltungsgebäude. zum Mannesmann-Konzern gehört der 40 Zentimeter hohen Fensterbrüstungen. palais. Foto: Quelle: Stadt- Duisburger Standort heute zur Siemens RIK/Budde archiv Duisburg Oil & Gas Division, die hier ihren Haupt- sitz hat und ein Kompetenz-Zentrum für den Bau von Verdichtern betreibt. Den Kontakt & Infos ältesten Teil der Hauptverwaltung bildet Kontakt & Infos das ehemalige Verwaltungsgebäude der Duisburger Maschinenbau-AG von 1909. Siemens AG Energy Klöckner & Co. Oil & Gas Division Deutschland GmbH Wolfgang-Reuter-Platz Silberpalais Duisburg 47053 Duisburg-Hochfeld Am Silberpalais 1 www.siemens.de 47057 Duisburg-Neudorf 38 DU DU 39 Ein begehbarer Looping aus verzinktem Stahl

Mit der 2011 eröffneten Großskulptur Tiger & Turtle - Magic Mountain auf der Heinrich- Hildebrand-Höhe im Duisburger Stadtteil Angerhausen ist eine eindrucksvolle und attraktive Landmarke geschaffen worden. Das Hamburger Künstlerduo Ulrich Genth & Heike Mutter bezieht sich mit der ge- schwungenen Form auf die Architektur der klassischen Achterbahn. Von oben genießt der Besucher einen weiten Blick auf die industrielle Kulturlandschaft des westlichen Ruhrgebiets. In unmittelbarer Nähe er- strecken sich die Anlagen der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) und weiterer Industrieunternehmen. Auf dem Stand- ort der 2005 stillgelegten Zinkhütte MHD Sudamin entstand mit dem Angerpark ein attraktiver Freizeitort. Gleichzeitig werden hier mit dem Containerterminal Logport II neue wirtschaftliche Nutzungen entwickelt.

Die nach dem Duisburger Heimatforscher Heinrich Hildebrand benannte Halde, die sich 35 Meter über dem umliegenden Straßenniveau erhebt, besteht auch aus Schlacke der ehemaligen Zinkhütte. Mit dem verzinkten Stahl nimmt die Skulptur Tiger & Turtle. einen historischen Bezug zum Standort auf. Fotos: RIK/ 14 Tiger & Turtle Das Bauwerk mit einer Grundfläche von Staudinger/ 40 mal 41 Metern ist etwa 20 Meter hoch. © VG Bild- Ein magischer Berg aus Zinkschlacke als Es kann bis auf den Looping bis zu einer Kunst, Bonn attraktive Landmarke mit Blick auf die Höhe von 13 Metern begangen werden. industrielle Kulturlandschaft des westlichen Ruhrgebiets. Auf der Halde präsentiert das Aus der Sicht der Künstler verspricht die Künstlerduo Ulrich Genth & Heike Mut- metallisch schimmernde Form der Bahn auf ter die Großskulptur Tiger & Turtle. dem Magic Mountain das Erlebnis außerge- wöhnlicher Beschleunigung. Hat der Besu- cher jedoch den Hügel erklommen, wird ihm bewusst, dass die Skulptur nur zu Fuß be- Kontakt & Infos gehbar ist. Auf die erwartete Beschleunigung folgt die erlebte Entschleunigung. Schreitet der Besucher die Windungen der Achterbahn Tiger & Turtle – Magic Mountain ab, nimmt er die umgebende Landschaft Ehinger Straße aus stets wechselnden Perspektiven wahr. 47249 Duisburg-Angerhausen Auch nachts bietet Tiger & Turtle - Magic Mountain ein ungewöhnliches Erlebnis. Die Skulptur erscheint als leuchtendes Lichtband am Himmel. Das Beleuchtungskonzept ba- siert auf energieeffizienter LED-Technologie. 40 DU DU 41 gonnen; 1929 konnten zwei Hochöfen, eine Sinteranlage und ein Thomas-Stahlwerk mit vier Konvertern in Betrieb gehen.

Im Zweiten Weltkrieg wurden etliche Werks- anlagen schwer beschädigt oder zerstört. Erst ab 1950 begann ein neuer wirtschaft- licher Aufschwung mit Produktionserwei- terungen im Roheisen-, Stahl- und Walz- werksbereich. Der Bau eines Blasstahlwerks und zweier Brammenstranggießanlagen 1966/67 führte in den nachfolgenden Jahren zur weitgehenden Ablösung des Thomas- HKM Hochöfen und Siemens-Martin-Verfahrens. Ab 1970 A und B. Foto: 15 Hüttenwerke Krupp wurden die Unternehmensbereiche von Uwe Niggemeier Mannesmann (HKM) Mannesmann und Thyssen neu geordnet. Siedlung Hütten- Das Werk Huckingen sollte nur noch die heim. Foto: Mannesmannröhren-Werke mit Vormate- RIK/Staudinger Ein Röhrenhersteller suchte nach einem geeig- rial zu versorgen. Die nachfolgenden Jahre neten Stahlzulieferer: 1914 entstand die Keim- waren durch zahlreiche Erweiterungen und zelle der heutigen Hüttenwerke Krupp-Man- Neubauten von Produktionsanlagen ge- 16 Siedlung Hüttenheim wird auch durch den rathausähnlichen Uhr- nesmann. Heute produziert das Hüttenwerk kennzeichnet 1973 und 1981 wurden die turm in der Mitte der Siedlung unterstrichen. mit etwa 3.000 Beschäftigten zwölf Prozent beiden heutigen Hochöfen A und B gebaut. Eine Kleinstadt als Werkssiedlung: 1911 ent- Er gehörte zur Feuerwache. Hier erklang des in Deutschland hergestellten Rohstahls. stand die Siedlung Hüttenheim für die Arbei- damals auch das Signal zum Schichtwechsel. Ab Mitte der 1970er-Jahre befand sich die ter der späteren Mannesmannröhren-Werke. Die Stahlkrise führt zur Fusion Stahlindustrie in einer dramatischen Über- Dank des Engagements einer Bürgerinitiative In den 1950er- und 1960er-Jahren verließen von Krupp und Mannesmann produktionskrise, die in der Folge zu Kapazi- steht die Siedlung heute unter Denkmalschutz. viele jüngere Bewohner die Siedlung, weil tätsbereinigungen und Unternehmenszu- das Unternehmen Mannesmann bessere Die Werksanlagen im Duisburger Süden sammenschlüssen führte. 1987 beschlossen In der Feuerwache erklingt das Wohnungen in neuen Siedlungen anbot. gehen in ihren Ursprüngen auf die Gründung Krupp und Mannesmann die Zusammen- Signal zum Schichtwechsel In die frei gewordenen Wohnungen zogen eines Siemens-Martin-Stahlwerks durch die legung ihrer beiden Duisburger Stahl-Stand- türkische Arbeitnehmer des Unternehmens. Essener Firma Schulz-Knaudt im Jahre 1909 orte auf dem Gelände des Hüttenwerks in Auf einem etwa vier Hektar großen Ge- Die Wohnungen in Hüttenheim wurden zurück. In jenen Jahren suchten die 1890 ge- Huckingen. Nach der endgültigen Stilllegung lände ließ die Firma Schulz-Knaudt in der in der Folgezeit nicht modernisiert und als gründeten Mannesmannröhren-Werke nach des Krupp-Hüttenwerks in Rheinhausen stieg Nähe ihres Blechwalzwerkes eine Siedlung in den 1980er-Jahren türkischen Arbeitern einem geeigneten Stahlerzeugungs-Standort, die Erzeugung im Jahr 1994 auf 4,5 und im für ihre Facharbeiter bauen. Sie erhielt wie hohe Abfindungen angeboten wurden, weil um für die Rohrherstellung in dieser Region Jahr 1997 auf 5,2 Millionen Tonnen Rohstahl. die Werkskolonie in Essen den Namen Mannesmann in der Stahlkrise viele Arbeits- unabhängig von anderen Stahlunternehmen Das entspricht in etwa der heutigen jähr- Hüttenheim. Durch die Übernahme der plätze abbaute, standen bald viele Woh- zu werden. Mannesmann übernahm 1914 lichen Stahlerzeugung des Werkes. Mit rund Firma Schulz-Knaudt durch die Mannes- nungen in Hüttenheim leer. Den geplanten das in der Gemeinde Huckingen befind- 3.000 Beschäftigten produziert das Unter- mannröhren-Werke im Jahr 1914 ging auch Abriss der Siedlung konnte allerdings eine liche Werk.1927 wurde mit dem weiteren nehmen damit etwa zwölf Prozent des ins- die Siedlung in deren Eigentum über. Bürgerinitiative verhinden.1986 wurde die Ausbau zum integrierten Hüttenwerk be- gesamt in Deutschland erzeugten Rohstahls. Siedlung schließlich unter Denkmalschutz Die von dem Essener Architekten H. W. gestellt und danach stilgerecht renoviert. Kontakt & Infos Eggeling entworfene Kolonie entsprach zu Kontakt & Infos TIPP ihrer Entstehungszeit in den Jahren 1911/12 Werkshafen Hüttenwerke Krupp Mannesmann: 1927 dem damaligen Stand der Stadtbaukunst. Hüttenwerke Krupp wurde der Hafen vollständig in Betrieb genommen. Er Mit einer zweieinhalb- bis dreigeschossigen Siedlung Hüttenheim Mannesmann GmbH (HKM) ist der jüngste Hüttenwerkshafen am Niederrhein und Blockrandbebauung, die durch Toreinfahr- An der Steinkaul Ehinger Straße 200 gleichzeitig das südlichste Hafenbecken Duisburgs. Die ten zugänglich ist, wirkt die Siedlung auch 47259 Duisburg-Hüttenheim 47251 Duisburg-Hüttenheim Hafeneinrichtungen wurden mehrfach modernisiert. heute noch als geschlossene Einheit. Die www.hkm.de Sechs Kräne und eine Erztransportanlage übernehmen Höfe boten einen Ausgleich für die kleinen Anmeldungen für Besichtigungen: den Umschlag am etwa 550 Meter langen Kai. Neben und oft überbelegten Wohnungen. Archi- [email protected] Eisenerz und anderen Rohstoffen werden auch Groß- tektur und Straßenführung vermitteln einen rohre für Erdöl- und Erdgasleitungen umgeschlagen. kleinstädtischen Eindruck. Dieser Eindruck 42 DU DU 43 schen Hüttenwerke am Mittelrhein und in 18 „Beamtensiedlung“ Duisburg-Hochfeld nicht mehr aus, um den Bliersheim und Casino Krupp Roheisenbedarf der expandierenden Guss- stahlfabrik in Essen zu decken. Der Bau eines neuen integrierten Hüttenwerks ver- „Schöner Wohnen“ in Bliersheim: Um 1900 sprach durch die Kombination von Hoch- wurde eine Villenkolonie mit „Casino“ im öfen, Stahl- und Walzwerken an einem Ort englischen Landhausstil für die leitenden die weitestgehende Deckung des Bedarfs. Angestellten der damaligen Friedrich-Alfred- Hütte in unmittelbarer Werksnähe gebaut. 1897 wurden die ersten Hochöfen in Betrieb genommen. Ab Anfang des 20. Jahrhun- Bis in die 1950er-Jahre derts erfolgte die Produktion von Stahl in besteht Residenzpflicht Siemens-Martin-Öfen und in Thomas-Kon- vertern. Bis zum Ersten Weltkrieg entstand Zur gleichen Zeit, als für die Arbeiter des ein Großbetrieb mit insgesamt zehn Hoch- neuen Hüttenwerks Rheinhausen die Marga- öfen, Stahl- und Walzwerken, Kokerei und rethensiedlung gebaut wurde, entwarf Nebenbetrieben. Zu der Zeit gab es im Architekt Robert Schmohl für die leitenden Ruhrgebiet nur zwei vergleichbare Anlagen: Angestellten in der Nähe des Werksgeländes das Thyssen-Hüttenwerk in Bruckhausen und am Rande des damaligen Dorfes Bliers- Krupp Hütten- und die Gutehoffnungshütte in Oberhausen. heim eine Villenkolonie im englischen Land- Beamtensiedlung werke Tor 1, Foto: 17 Krupp-Hüttenwerke Tor 1 Das Werk wurde im Zweiten Weltkrieg weit- hausstil. Sie wurde zwischen 1903 und 1910 Unternehmens bezeugt das Casino an der Bliersheim. Foto: RIK/Budde gehend von Kriegsschäden verschont - ent- fertig gestellt. Im Laufe der Zeit breiteten sich Bliersheimer Straße 83. Inzwischen sind alle Stadt Duisburg, Vom größten Hüttenwerk Europas zum ging in der Nachkriegszeit aber nur knapp die Werksanlagen über das ehemalige Dorf noch existierenden Villengebäude an Einzel- Untere Denk- Mythos des Ruhrgebiets: Das ist die Ge- einer völligen Demontage. Bald folgten aus, so dass das Führungspersonal schließ- eigentümer veräußert worden. Die Konzepte malbehörde schichte von Krupp Rheinhausen von den Modernisierung und Ergänzung der An- lich inmitten des Hüttengeländes wohnte. der jetzigen Eigentümer beinhalten denk- Anfängen bis zur endgültigen Stilllegung lagen. Nachdem Mitte der 1970er-Jahre 1914 beschäftigte die Friedrich-Alfred-Hüt- malgerechte Sanierungen der historischen 1993. Trotz großer Demonstrationen und die weltweite Stahlkrise einsetzte, wurden te neben 8.300 Arbeitern auch etwa 1.000 Gebäude sowie deren Umnutzungen. Die bundesweiter Solidaritätsaktionen konnte die Belegschaft und Produktion in den 1980er- Angestellte. Bis in die 1950er-Jahre bestand Nutzungsschwerpunkte liegen im Bereich Werkschließung nicht verhindert werden. Jahren drastisch verringert. Der massive Residenzpflicht, das heißt, die leitenden An- Restaurant- und Eventgastronomie. Wei- Abbau von Arbeitsplätzen und die damit gestellten mussten in Werksnähe wohnen. tere Nutzungen, zum Beispiel als Atelier-, Ein Werkstor als Schauplatz von verbundene Befürchtung einer endgültigen Während für die Betriebschefs Einzelvillen Ausstellungs- oder Hotelgebäude sowie Protesten und Mahnwachen Stilllegung des Werkes wurden deshalb von gebaut wurden (Villenstraße 3 und 9), wohn- zur Ansiedlung mittelständischer Unter- etlichen Belegschaftsdemonstrationen be- ten die Betriebsassistenten in Doppelhäusern nehmen sind zurzeit in der Umsetzung. Heute lässt sich nur noch erahnen, dass sich gleitet, die in der Bevölkerung und auch in (Villenstraße 5/6, 7/8, Blücherstraße 1/3). hinter dem Tor 1 einst das größte Hüttenwerk den Medien eine starke Resonanz fanden. Die Grundrisse waren aber jeweils gleich. Europas erstreckte. Erbauer und späterer Das Tor 1 wurde zu der Zeit Schauplatz Anders gestaltet ist die Direktorenvilla, die Namensgeber war der Industrielle Fried- zahlreicher Mahnwachen und Protest- sich sowohl im Grundriss als auch durch ihre rich Alfred Krupp aus Essen. Gegen Ende aktionen. Aber trotz des jahrelangen, zum Lage auf dem Rondell in der Villenstraße des 19. Jahrhunderts reichten die Krupp- Teil spektakulär geführten, Arbeitskampfes von den übrigen Gebäuden unterscheidet. wurde das zum damaligen Krupp-Hoesch- Konzern gehörende Hüttenwerk Rheinhau- Gehobene bürgerliche Wohnkultur sen im August 1993 endgültig stillgelegt. Kontakt & Infos Um gehobene bürgerliche Wohnkultur auch Kontakt & Infos Das Torhaus am Haupteingang des Hütten- nach außen zu demonstrieren, wurden un- werks stammt in seiner gegenwärtigen Form zählige verschiedene Gestaltungselemente Tor 1 aus den 1950er-Jahren und bildet mit sei- bei den Dachformen, Erkern, Eingangslau- „Beamtensiedlung“ Europaallee nem „schwebenden Dach“ aus Stahlbeton ben, Loggien und Fensterläden verwendet. Bliersheim und Casino Krupp 47229 Duisburg-Rheinhausen ein typisches Beispiel der zeitgenössischen Zwar kehren an allen Häusern die gleichen Gaterweg/Villenstraße Architektur. Auf dem ehemaligen, etwa 300 Motive wieder, doch durch ihre unterschied- 47229 Duisburg-Friemersheim Hektar großen Hüttengelände entsteht seit liche Verwendung erhält jedes Haus ein 1998 der Binnenhafen Logport Duisburg, individuelles Aussehen. Die höhere gesell- mittlerweile eines der größten Logistikzen- schaftliche Position der leitenden Angestell- tren Europas mit rund 6.000 Arbeitsplätzen. ten und das Repräsentationsbedürfnis des 44 DU DU 45

Krupp-Platz in der Margarethensied- lung. Quelle: Stadt- archiv Duisburg

19 Margarethen-Siedlung Gartenstadt-Bewegung Einfluss auf den Werkssiedlungsbau. In der Margarethen- Eine Ehefrau als Namensgeberin: Die Mar- Siedlung findet man geschwungene Straßen garethen-Siedlung im Duisburger Stadt- mit wechselnden Blickachsen und verschie- teil Rheinhausen erhielt ihren Namen von dene Formen von Plätzen. Der vorhandene Margarethe Krupp, der Gattin von Friedrich Baumbestand wurde einbezogen, die Häuser Alfred Krupp. Zwei bekannte Architekten, zu Gruppen zusammengefasst. Den Mittel- Robert Schmohl und Georg Metzendorf, er- punkt der Siedlung bildete der Kreuzungs- richteten bis in die 1930er-Jahre eine Werks- bereich von Atroper und Schwarzenberger siedlung mit kompletter Infrastruktur. Straße, wo sich Konsumanstalt, Lesehalle, Kleinkinderschule und Badeanstalt befanden. Eine Siedlung im Stil der Der Anstoß zur Übernahme des neuen eng- englischen Gartenstadt lischen Baustils kam von Robert Schmohl, der seit 1892 das Kruppsche Baubüro leitete. Sechs Jahre nach der Inbetriebnahme der ers- Sowohl Schmohl als auch sein Auftragge- Protestaktionen, ten Hochöfen im Kruppschen Hüttenwerk in ber Friedrich Alfred Krupp waren mit dem 20 Brücke der Solidarität Autobahn A 40 blockiert und die Villa Hügel Januar 1988. Foto: Rheinhausen wurde 1903 mit dem Bau einer Arbeiterwohnungsbau in England vertraut. in Essen besetzt. Am 20. Januar 1988 benann- Manfred Vollmer Siedlung begonnen. Namensgeberin war Eine Brücke über den Rhein als Schauplatz ten Dortmunder und Duisburger Stahlarbei- Margarethe Krupp, die Gattin von Friedrich Um den Kernbereich aus den Jahren 1903 bis für einen der härtesten Arbeitskämpfe in ter während eines Warnstreiks die Brücke in Alfred Krupp, dem Erbauer des nach ihm 1906 wurde die Siedlung bis in die 1930er- der Bundesrepublik Deutschland: Tausen- „Brücke der Solidarität“ um. An diesem Tag benannten Hüttenwerkes in Rheinhausen. Jahre fünfmal erweitert. Für die Baumaß- de Stahlarbeiter besetzten die Rheinhauser solidarisierten sich über 50.000 Stahlarbeiter Die Margarethen-Siedlung gab nicht nur den nahmen bis 1917 zeichnete Robert Schmohl Brücke und tauften sie Brücke der Solidarität. mit den Protesten, indem sie mit den Strei- Auftakt zur Entwicklung der Industriestadt verantwortlich, während die dritte Erweite- kenden gemeinsam zur Brücke marschierten. Rheinhausen, sie stellt auch einen Wende- rung um den Berthaplatz von 1922 auf Georg Eine Menschenkette für den Erhalt Die Jugendvertreter der Krupp-Lehrwerkstatt punkt im betrieblichen Wohnungsbau dar. Metzendorf zurückgeht, den Architekten der der Stahlindustrie im Ruhrgebiet fertigten über Nacht das neue Namensschild. Waren lange Zeit die Werkskolonien von Essener Margarethenhöhe. Trotz der Über- Wenig später erhielt die Brücke von der Gleichförmigkeit geprägt, nahmen zuneh- nahme moderner Bauelemente überwiegen Die 1949/50 nach dem Zweiten Weltkrieg Stadt Duisburg auch offiziell diesen Namen. mend die Ideen der in England entstandenen auch in den späteren Bauabschnitten die tra- wieder aufgebaute Brücke zwischen Duis- ditionellen Stilformen. Neben Arbeiterwoh- burg und Rheinhausen stand im Dezember nungen mit vier Räumen wurden Wohnun- 1987 bundesweit in den Schlagzeilen. Aus Kontakt & Infos gen für leitende Angestellte (Hüttenbeamte) Protest gegen die geplante Stilllegung des Kontakt & Infos gebaut, die fünf oder sechs Zimmer umfas- Hüttenwerks Rheinhausen war die Brücke sen. Nachdem die Firma Krupp die Siedlung von Krupp-Arbeitern besetzt und der Ver- Margarethen-Siedlung über Jahrzehnte vernachlässigt hatte, wurde kehr blockiert worden. Mit einer Menschen- Brücke der Solidarität Margarethenstraße/Krupp-Platz sie 1979 den Mietern zum Kauf angeboten. kette von Rheinhausen nach Dortmund Moerser Straße 47226 Duisburg-Rheinhausen Viele Häuser wurden in Eigenarbeit und demonstrierten Tausende für den Erhalt 47226 Duisburg-Rheinhausen mit Nachbarschaftshilfe renoviert. Dadurch aller Stahlstandorte im Rhein-Ruhr-Gebiet. sind oft erst annehmbare Wohnverhältnisse entstanden. Andererseits hat die Siedlung Im Winter 1987/88 folgten weitere große De- durch die uneinheitliche Sanierung viel von monstrationen gegen die Werksschließung. ihrem ursprünglichen Charme verloren. Außer der Rheinbrücke wurde auch die 46 47

Oberhausen OB OB 21 Siedlung Eisenheim an der Emscher. Mit dem Aufschwung des Hüttenwesens begann man Mitte der Eisenheim, die älteste Kolonie des Ruhrgebiets: 1860er-Jahre mit einem zweiten Bauab- Für die Stahlarbeiter der späteren Gutehoff- schnitt, der mit der Gründerkrise Anfang nungshütte entstand bis 1903 eine im Kern der 1870er-Jahre jäh abgebrochen wurde. heute noch erhaltene Werkssiedlung. Eine Zwischen 1897 und 1903 wurde die Siedlung Bürgerinitiative unter Führung des Bielefelder dann bis auf ihre heutige Größe erweitert. Kunsthistorikers Roland Günter verhinder- te in den 1970er-Jahren mit spektakulären Nachdem 1948 die Meisterhäuser an der Aktionen den geplanten Abriss der Siedlung. Sterkrader Straße, die den Zweiten Weltkrieg überlebt hatten, abgerissen worden waren, Das Beispiel Eisenheim als Vorbild beabsichtigte die Nachfolgerin der GHH - die Hüttenwerke Oberhausen AG - Ende der Mit dem Bau von Werkswohnungen schuf 1950er-Jahre, die gesamte Siedlung abzubre- das 1810 gegründete Eisen- und Stahlunter- chen. Das Vorhaben verzögerte sich jedoch, nehmen Jacobi, Haniel und Huyssen ab und als der Abriss Anfang der 1970er-Jahre 1846 ein „neues Heim“ für seine Arbeiter. wieder auf der Tagesordnung stand, hatte Wohnhäuser mit Museum Die Siedlung ist die älteste Werkssiedlung sich die Situation grundlegend verändert. Vorplatz, 1911. Eisenheim. im Ruhrgebiet. Anfangs arbeiteten die Quelle: LVR-In- Foto: RIK/ meisten Bewohner auf der „Alten Walz“ Als eine der ersten Bürgerinitiativen im dustriemuseum Staudinger Ruhrgebiet gründeten die Bewohner von Eisenheim 1972 eine Arbeiterinitiative für den Erhalt ihrer Siedlung. Eine Studie der 22 Siedlung Grafenbusch wohner und 60 Hausangestellte. Alle Häuser Fachhochschule Bielefeld zur Wohn- und Le- verfügten über getrennte Personal- bzw. bensqualität in Eisenheim unter Leitung des Der Architekt Bruno Möhring aus Ber- Lieferanteneingänge. Zwischen 1918 und Kunsthistorikers Professor Roland Günter lin baute für die Mitarbeiter der Gute- 1923 wurden dann die Grundstücke entlang unterstrich den hohen Wert, den das Wohn- hoffnungshütte ab 1910 in der Nähe von der Bahnstrecke mit Doppel- und Mehrfa- umfeld für Kommunikation und Zusammen- Kaisergarten und Schloss Oberhausen die milienhäusern bebaut. Die Rangordnung der leben der Bewohner besitzt. Mit phantasie- großzügig angelegte und schön gelegene Familien fand in der Wohnlage, im Haustyp vollen Aktionen gewann die Bürgerinitiative Angestellten-Siedlung Am Grafenbusch. als Einfamilien-, Doppel- oder Mehrfami- die Aufmerksamkeit der Medien und machte lienhaus und in der Größe der Wohnungen ihr Anliegen über die Region hinaus bekannt. Die Unternehmenshierarchie ihren Ausdruck. In der Villa Nr. 1, an der Die Anstrengungen hatten Erfolg: Die Sied- spiegelt sich in der Wohnlage wider Straßengabelung, wohnten immer Mitglie- lung wurde unter Denkmalschutz gestellt. Bis der des Vorstandes. Auch das Haus Nr. 11 Anfang der 1980er-Jahre wurden die Häuser Im September 1909 genehmigte der Auf- sticht hervor: Es verfügt nämlich als einzi- unter Mitwirkung der Bewohner saniert. sichtsrat der Gutehoffnungshütte (GHH) die ges über einen Hof, der als Vorfahrt diente. „Anlage einer großzügig gedachten Beam- Hier wohnte von 1935 bis 1943 Hermann Das vom LVR-Industriemuseum St. Anto- ten-Kolonie“ für die leitenden Angestellten Reusch, Vorstandsmitglied und nach dem ny-Hütte betriebene Museum Eisenheim des nahe gelegenen Hüttenwerks und deren Zweiten Weltkrieg Generaldirektor der GHH. in einem der drei ehemaligen Waschhäuser Familien. Mit dem Entwurf wurde der Ber- zeigt die Bau- und Architekturgeschichte liner Architekt Bruno Möhring beauftragt. Kontakt & Infos Eisenheims, das Leben in der Siedlung und Das Gelände, das der Konzern zur Verfügung den Kampf um Erhalt und Erneuerung. An stellte, bot verschiedene Vorteile: Die Innen- Kontakt & Infos der Wesselkampstraße steht bewusst kontras- stadt von Oberhausen und die Hauptver- Siedlung Eisenheim tierend „Der blaue Turm der vielen Bücher“. waltung der GHH waren gut zu erreichen, Wesselkampstraße/Fuldastra- Das Gebäude, 2003 von Roland Günter die Nähe von Kaisergarten und Schloss Siedlung Grafenbusch ße/Werrastraße/Eisenheimer und dem Architekten Bernhard Küppers Oberhausen bot eine gehobene Wohnlage. Am Grafenbusch Straße/Berliner Straße im Bauhaus-Stil entworfen, will gleichzeitig Die Werksanlagen befanden sich in unmittel- 46047 Oberhausen-Neue Mitte 46117 Oberhausen-Osterfeld Bibliothek, Archiv und Begegnungsstätte barer Nähe, waren aber durch einen Bahn- Anmeldung für Besichtigungen sein. Ebenfalls von Roland Günter stammen damm von der Wohnbebauung getrennt. LVR-Industriemuseum und die „poetischen Orte“, die in Form einer Siedlung Eisenheim Beschilderung die Geschichte der Sied- Zwischen 1910 und 1923 entstanden 21 www.industriemuseum.lvr.de lung lebendig und anschaulich erzählen. Häuser mit 35 Wohnungen für etwa 120 Be- 48 OB OB 49

Gasometer Werksgasthaus Oberhausen. Foto: GHH. Foto: RIK/Kreklau RIK/Budde

23 Gasometer Oberhausen Gasmengen speichern ließen. Als die Roh- 24 Werksgasthaus der GHH Im Rahmen der InternationaIen Bauaus- eisenerzeugung 1978 aufgegeben wurde, stellung Emscher Park (IBA Emscher Park) Ende der 1920er-Jahre einer der größten nutzte die Ruhrkohle AG zehn Jahre lang Das Gegenstück zum Schloss Oberhausen: Der hat das ehemalige Werksgasthaus seit den Gasometer Europas: Die Maschinenfabrik den Gasometer als Speicher für Koksgas der Architekt Carl Weigle baute 1913 mit barocken 1990er-Jahren eine neue Funktion als Sitz Augsburg Nürnberg (M.A.N.) hatte diesen benachbarten Zechenkokerei Osterfeld. Stilelementen ein Werksgasthaus für die Gute- des Technologiezentrums Umweltschutz Großgasbehälter für die Gutehoffnungshüt- hoffnungshütte. Seit der Internationalen Bau- (TZU) erhalten. Arbeitsschwerpunkte des te zur Speicherung von Hochofen-Gichtgas Nach der Stilllegung des Gasometers 1988 ausstellung Emscher Park (IBA Emscherpark) Zentrums sind Analyse, Planung und Tech- entwickelt. Heute dient der „Riese am Ka- drohte der Abriss, aber im Rahmen der Inter- in den 1990er-Jahren ist das Gebäude Sitz des nik im Bereich des Umweltschutzes. Das nal“ als ungewöhnliche Ausstellungshalle. nationalen Bauausstellung Emscher Park Technologiezentrums Umweltschutz (TZU) TZU nutzt bei seiner Arbeit nicht nur das (IBA Emscher Park) bekam der „Riese am historische Gebäude, zusätzlich wurde nach Von „Feuer und Flamme“ bis Kanal“ eine neue Aufgabe und lockt heute als Innovative Umwelt-Projekte den Plänen des französischen Architekten- zum „Big Air Package“ ungewöhnliche Ausstellungshalle zehntau- hinter historischen Fassaden büros Reichen et Robert 1993 ein halbkreis- sende von Besuchern an. Mit insgesamt 7.000 förmig geschwungener zweigeschossiger Mit einer Höhe von 117,5 Meter und einem Quadratmetern Fläche auf drei Ebenen ist er Das heute unter Denkmalschutz stehen- Erweiterungsbau (TZU II) angelegt. Altes Durchmesser von 67,7 Metern war der auch für große Ausstellungsprojekte geeignet. de Werksgasthaus von 1913 zählt zum und neues Gebäude sind durch einen 1928/29 erbaute Scheiben-Gasbehälter 1994 erlebten fast eine halbe Million Besu- Spätwerk des Architekten Carl Weigle, öffentlich zugänglichen Innenhof mit weit- seinerzeit der Größte Europas. Die Gute- cher mit der Ausstellung „Feuer und Flamme der das Gebäude im historisierenden Stil läufigen Grünflächen miteinander verbun- hoffnungshütte hatte den 24-eckigen, über- - 200 Jahre Geschichte des Ruhrgebiets“ den entwarf. Ursprünglich in einem größe- den. Nach der Renovierung und Integration dachten Behälter bauen lassen, um Über- Auftakt für eine ganze Reihe nachfolgender ren Park gelegen, war das Werksgasthaus eines Lichthofes in den Altbau umfasst schussmengen des Gichtgases zu speichern, Ausstellungen, etwa Christos spektakulä- als Gegenstück zum Schloss Oberhau- Weigles ehemaliges Werksgasthaus neben das in den Hochöfen ihrer Eisenhütte an re „Big Air Package“-Inszenierung 2013. sen gedacht. Der räumliche Bezug und den TZU-Büros auch ein Tagungszentrum. der Essener Straße entstand. Im Innern die Verwendung barocker Stilelemente des Gasometers bewegte sich eine Scheibe Wie in keinem anderen Gebäude trägt das symbolisierten Macht und Selbstbewusst- kolbenartig auf und ab, je nach vorhan- Raumerlebnis zum Erfolg der Ausstellungen sein der Gutehoffnungshütte (GHH). dener Gasmenge. Die Maschinenfabrik bei. Der Blick in die Höhe ist ebenso impo- Augsburg Nürnberg (M.A.N.) hatte diesen sant wie das akustische Erlebnis des metal- Nach der Beseitigung von Kriegsschäden Gasbehälter entwickelt, mit dem sich große lenen Zylinders: das Echo im Inneren bringt wurde das Gebäude nach 1945 weitest- Kontakt & Infos die Besucher zum Staunen und bietet Künst- gehend im ursprünglichen Stil wiederher- Kontakt & Infos lern einzigartige Darstellungsmöglichkeiten. gestellt. Der Park, der vermutlich ebenfalls Über einen gläsernen Aufzug im Inneren des von Weigle geplant wurde, blieb hingegen Gasometer Oberhausen Gasometers und einen Außenfahrstuhl ist nur zum Teil erhalten. Das Werksgast- TZU-Technologiezentrum Arenastraße 11 eine Aussichtsplattform auf dem Dach des haus diente nicht nur der Bewirtung und Umweltschutz 46047 Oberhausen-Neue Mitte Gebäudes zu erreichen. Von hier bietet sich Unterbringung von Firmengästen. Es Essener Straße 3 www.gasometer.de ein Blick über das ganze westliche Ruhr- enthielt auch Besprechungsräume und 46047 Oberhausen-Neue Mitte gebiet. In unmittelbarer Nähe liegt die Neue einen großen Saal mit Bühne, der sowohl www.tzu.de Mitte Oberhausen mit dem Einkaufszent- für unternehmensinterne Festlichkeiten rum CentrO und lädt zum Shopping, Bum- als auch für Veranstaltungen mit ausge- meln und zu kulinarischen Genüssen ein. wählten Gästen zur Verfügung stand. 50 OB OB 51

Hauptlagerhaus Eingangsbogen der GHH, 1939. der GHH. Foto: Quelle: LVR-In- RIK/Budde dustriemuseum

25 Gusseiserner Eingangsbogen „Alte Walz“. Das dazugehörige Pförtnerhaus 26 Hauptlagerhaus der GHH halle 1909 einen richtungweisenden Bau der GHH wurde Mitte der 1950er-Jahre abgerissen, der modernen Industriearchitektur schuf. der Torbogen seitdem mehrmals versetzt. Der Stararchitekt Peter Behrens baute Nach der Gründung der „Hüttengewerk- in den 1920er-Jahren ein monumentales Die Architektur des Hauptlagerhauses Ein Torbogen aus den 1850er-Jahren erinnert schaft und Handlung Jacobi, Haniel & Lager- und Verwaltungsgebäude für die wirkt deshalb so auffällig, weil sie eine an eine Epoche längst vergangener industrieller Huyssen“ wurde auf dem Werk Neu-Essen Gutehoffnungshütte. Heute ist in dem Ge- Kombination aus horizontaler Länge und Produktion in Oberhausen. Ursprünglich stand ein neues Hammerwerk zur Herstellung bäude das Zentraldepot für die Sammlung vertikaler Tiefe bildet. Die vertikalen Bau- der Eingangsbogen vor dem Walzwerk der Gu- von Stabeisen und Brammen gebaut. Nicht des LVR-Industriemuseums in Oberhau- körper sind gleichzeitig funktional, weil in tehoffnungshütte, aus der sich eines der größ- weit entfernt entstand bei Schloss Ober- sen und eine Dauerausstellung zum Wir- ihnen die Aufzugsschächte und Treppen- ten Hüttenwerke des Ruhrgebiets entwickelte. hausen am Fluss Emscher, der damals in ken von Peter Behrens untergebracht. häuser untergebracht sind. Bis 1992 leistete einem Bogen südlich des heutigen Rhein- das Hauptlagerhaus der GHH seine Dienste Schiffsbleche und Schienen Herne-Kanals verlief, 1829/30 das Walzwerk „Neues Bauen“ für einen Hüttenbetrieb als Zentralmagazin. Danach kaufte es der für die Eisenbahn Oberhausen. Es verarbeitete die Brammen Landschaftsverband Rheinland, um es als zu Kessel- und Schiffsblechen, hauptsäch- In den Jahren 1921 bis 1926 gab die Gu- Zentraldepot der Museumssammlung und Der gusseiserne Eingangsbogen aus der Zeit lich für die unternehmenseigene Werft im tehoffnungshütte (GHH) den Lager- und als Ausstellungshaus zu nutzen. Im obers- um 1850 erinnert an das Walzwerk Ober- Ruhrorter Hafen, und bildete den Anfang der Verwaltungskomplex bei dem renommierten ten Stockwerk wird eine Dauerausstellung hausen der Gutehoffnungshütte (GHH), die Produktionsanlagen an der Essener Straße. Architekten Peter Behrens (1868–1940) in zu Leben und Werk von Peter Behrens Auftrag. Es ging den Bauherrn dabei nicht präsentiert. Im Skulpturenpark vor und Mitte der 1830er-Jahre wurde ein Puddel- nur um ein funktionales Nutzgebäude, hinter dem Gebäude präsentiert das LVR- werk in Betrieb genommen und das Walz- sondern auch um den Wunsch, Industrie in Industriemuseum einen Teil der eigenen werk um eine Stabeisenstraße erweitert. monumentaler Repräsentation darzustellen. Sammlung zum Thema Schwerindustrie. Kontakt & Infos Um die wachsende Nachfrage durch den Peter Behrens war einer der einflussreichsten Kontakt & Infos Eisenbahnbau zu nutzen, folgte 1842 eine Architekten seiner Zeit und Mitbegründer Walzenstraße für Schienen. Sie musste noch des Deutschen Werkbundes. Er hatte zu- Essener Straße/Alte Walz im gleichen Jahr vergrößert werden. Ent- nächst als Maler und Kunstgewerbler im LVR-Industriemuseum 46047 Oberhausen-Neue Mitte sprechend rasant entwickelte sich das Werk Sinne des Jugendstils gewirkt, sich dann aber Peter Behrens Bau weiter. Zwei Stabeisenstraßen kamen hin- nach und nach der Stilrichtung des „Neuen Essener Straße 80 zu, das Blechwalzwerk wurde erneuert. Im Bauens“ zugewandt. Von 1902 bis 1907 war 46047 Oberhausen-Neue Mitte Jahre 1858 war die „Hüttengewerkschaft er Leiter der Kunstgewerbeschule in Düs- www.industriemuseum.lvr.de und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen“ seldorf. 1907 folgte er dann dem Ruf der mit über 3.500 Beschäftigten das größ- Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) te Hüttenunternehmen im Ruhrgebiet. nach Berlin, wo er mit der AEG-Turbinen- 52 OB OB 53

Hauptverwal- Fassade der Turbi- tung der GHH. nenhalle mit den Quelle: Stadtarchiv Initialen der GHH. Oberhausen Foto: RIK/Budde

27 Hauptverwaltung der GHH des Konzerns untergebracht. Die Haupt- 28 Turbinenhalle der Gasmaschinen und für die Versorgung verwaltung als neues „Centralbüro“ der des gesamten Hüttenbetriebs mit Druckluft. Die Verwaltung eines Großbetriebes zog um: GHH wurde 1875 bezogen. Das Gebäude Das Gebäude, bestehend aus zwei mitein- In der südlichen Generatorenhalle waren Die Schwerpunktverlagerung der Eisen- und für die Bergwerksverwaltung entstand in ander verbundenen Hallen, wurde im Jahre drei Gasmaschinen zur Stromerzeugung mit Stahlproduktion der Gutehoffnungshütte den Jahren 1905/06. Beide Gebäude wur- 1909 für Gasmaschinen zur Erzeugung von den dazugehörigen Generatoren, Akkumu- von Sterkrade an die Essener Straße führte den in den 1950er-Jahren erweitert. Hochofenwind und Strom für die Gutehoff- latoren und Schaltanlagen untergebracht. 1875 zum Bau eines neuen „Centralbüros“. nungshütte gebaut. Heute wird die ehema- Für die Verlegung der alten Verwaltung von lige Turbinenhalle als Diskothek genutzt. Die Stirnfronten der beiden Hallen sind Neo-Renaissance nur noch im Sterkrade an die Essener Straße sprach nicht unterschiedlich gestaltet, die Gasgebläse- Inneren des Gebäudes nur, dass Carl Lueg, der erste Vorstands- Wind und Strom für das Hüttenwerk maschinenhalle hat einen bogenförmigen vorsitzende der neuen Aktiengesellschaft, Giebel, die Generatorenhalle einen Dreiecks- Direkt gegenüber dem Hauptlagerhaus bereits hier wohnte. Längst lag auch der An der Bahnlinie nach Dortmund errichte- giebel. Die Giebelsignets der Stirnfronten, liegen zwei ehemalige Verwaltungsgebäude Schwerpunkt der Eisen- und Stahlproduktion te die Vorläuferin der Gutehoffnungshütte die ineinander verschlungenen Buchstaben der Gutehoffnungshütte (GHH). In dem des Unternehmens an der Essener Straße. (GHH) - die „Hüttengewerkschaft und GHH, erinnern an einen Großkonzern, der Gebäude, in dem heute Radio NRW unter- Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen“ - 1854 die Eisen- und Stahlindustrie des Ruhrge- gebracht ist, befand sich früher die Haupt- Die ursprüngliche Außengestaltung der ein Hüttenwerk mit vier Hochöfen, das später biets entscheidend geprägt hat. Heute wird verwaltung der GHH, im benachbarten Bau Hauptverwaltung im Stil der Neo-Re- auf zehn Öfen erweitert wurde, die sogenann- die Turbinenhalle als Diskothek genutzt. (heute Nr. 57) war die Bergbau-Abteilung naissance ist heute nicht mehr erkennbar. te Eisenhütte I. Westlich anschließend an die Nach Kriegsschäden und „Bereinigung“ Eisenhütte I wurde 1909 in Richtung Mül- der Fassade nach 1945 wirkt das Gebäude heimer Straße ein weiteres Hochofenwerk Kontakt & Infos heute eher nüchtern. Erhalten blieb jedoch mit vier Hochöfen angelegt, die Eisenhütte II. Kontakt & Infos die prächtige freistehende Treppe in der bis zum Dachgeschoss reichenden Halle im Im gleichen Jahr wurde die sogenannte Ehemalige Hauptverwaltung Inneren des Gebäudes, die ebenfalls vom Turbinenhalle gebaut, ein Gebäudekomplex, „Turbinenhalle“ der GHH Stil der Neo-Renaissance geprägt ist. Be- bestehend aus zwei Hallen, die mit einem Im Lipperfeld Essener Straße 55 merkenswert ist außerdem eine Eisentreppe tonnengedeckten Zwischentrakt miteinan- 46047 Oberhausen-Neue Mitte 46047 Oberhausen-Neue Mitte mit Jugendstilornamenten, die in das zweite der verbunden sind. In der nördlichen Halle www.turbinenhalle.de Obergeschoss führt. Zwischen den Gebäu- standen ursprünglich zehn Gas-Gebläsema- den steht eine 1960 errichtete Skulptur von schinen für die Hochofenwinderzeugung so- Rudolf A. Agricola, die die „Heilige Barbara“, wie ein Elektromotor mit Turbogebläse und die Schutzpatronin der Bergleute darstellt. zwei Druckluftkompressoren zum Anlassen 54 OB OB 55 auch die an der Ripshorster Straße. 30 HOAG-Bahntrasse Auslöser für den Bau dieser Siedlung war das ab 1868 gebaute Stahl- und Walzwerk „Neu Für den vielfältigen Güteraustausch inner- Oberhausen“ der GHH. Die Siedlung wurde halb der Gutehoffnungshütte 1891 gebaut: in drei Bauabschnitten 1899, 1910 und 1927 Die Bahntrasse der Hüttenwerke Oberhausen errichtet. Die acht Häuser des ersten Bau- Aktien Gesellschaft. Nach der endgültigen Still- abschnittes an der Ripshorster Straße sind legung der Trasse in den 1990er-Jahren ist die eineinhalbgeschossige Backsteinbauten, die heutige Strecke zwischen Sterkrade und dem mit einem Satteldach versehen sind. Sie um- Hafen Walsum vom Regionalverband Ruhr fassen je vier Wohnungen, die jeweils durch zum Rad-Wanderweg ausgebaut worden. eine mittig in jeder Trauf- und Giebelseite angeordnete Eingangstür mit dazugehörigem Vom Transportweg für Erze und Flur und einer Treppe erschlossen sind. Im Stahl zum Rad-Wanderweg zweiten Bauabschnitt ab 1910 entstanden an der Werkstraße ebenfalls Backstein- Die Bahntrasse der ehemaligen Hüttenwerke bauten. Die Gestaltung erfolgte zeittypisch Oberhausen Aktien Gesellschaft (HOAG), Werkstraße. Foto: durch Jugendstilformen. Architekt dieser ursprünglich auch als Hafenbahn bezeichnet, Radweg auf der RIK/Budde 29 Siedlung Ripshorster Straße Häuser war der bekannte Berliner Archi- verband ursprünglich die Stahl- und Walz- Sterkrade und Oberhausen als ÖPNV-Tras- Bahntrasse. Foto: tekt Bruno Möhring, der zeitgleich für die werkanlagen des Unternehmens in Ober- se für Straßenbahnen und Busse genutzt. RIK/Budde Ab 1899 ließ die Gutehoffnungshütte die GHH die Siedlung Grafenbusch realisierte. hausen mit den Bergwerken und Maschinen- Werkssiedlung an der Ripshorster Straße Während des dritten Bauabschnitts ab 1927 fabriken in Osterfeld und Sterkrade und dem Der zuletzt in Betrieb befindliche Strecken- bauen, um Arbeitskräfte anzulocken und an wurden an der Werk- und Thomasstraße Werkhafen Walsum Süd. Der Streckenab- abschnitt zwischen Sterkrade und dem Hafen den Betrieb zu binden. In den 1980er-Jah- neun eineinhalbgeschossige Zweifamilien- schnitt zwischen dem Hüttenwerk Oberhausen Walsum wurde vom heutigen Regionalverband ren entstand eine Bewohnergenossenschaft, Meisterhäuser gebaut, hier allerdings mit und Sterkrade wurde 1891 eröffnet, der zwi- Ruhr (RVR) erworben und zwischen 2002 die den geplanten Abriss verhinderte und Zierformen des Expressionismus versehen. schen Sterkrade und dem Hafen Walsum 1905. und 2007 zu einem überregionalen Rad-Wan- die Sanierung der Siedlung einleitete. derweg zwischen Sterkrade und dem Rhein Nach Übernahme durch den Thyssen-Kon- Die Aufgaben der Hafenbahn lagen im Aus- ausgebaut. Als Wegweiser des HOAG-Rad- Eine Bewohner-Genossenschaft zern in den 1960er-Jahren wurde der Ab- tausch von Gütern zwischen den vielfältigen weges dienen überdimensionale, etwa 1,50 kauft und saniert eine Siedlung riss der Siedlung geplant. 1969 begann man Produktions- und Umschlaganlagen der Gu- Meter hohe farbige Spielfiguren. Über eine die ersten Häuser an der Osterfelder Straße tehoffnungshütte (GHH). Hauptgüter waren Strecke von zwölf Kilometern führt der Im 19. Jahrhundert reichte das Angebot abzureißen. 1980 entstand eine erste Bürger- die über den Rhein in Walsum angelieferten Radweg am ehemaligen Betriebsgelände der an Wohnraum für die Arbeiter der pros- initiative, die sich für den Erhalt der Siedlung Erze für die Hochofenanlagen in Oberhausen Zeche Hugo Haniel vorbei, durchquert das perierenden Montanindustrie im Ruhr- einsetzte, ein Jahr später wurden leerstehende sowie in der Gegenrichtung Stahlfertigerzeug- ehemalige Kohlenlager Waldteich und ver- gebiet nicht aus. Deshalb bauten viele Häuser besetzt. 1987 wurde die „Interes- nisse für den Weitertransport per Schiff. Von läuft dann entlang der Anschlussbahn der Unternehmen eigene Werksiedlungen, um sengemeinschaft zum Erhalt der Arbeiter- 1921 bis 1983 betrieb die GHH unmittelbar „Ruhrchemie“ bis zum Gelände der ehemali- Arbeitskräfte anzulocken und dauerhaft siedlung an der Ripshorster-, Werk- und südlich des Hafens Walsum auch eine eigene gen Zeche Sterkrade. Südlich des Sterkrader an die Betriebe zu binden. Für die Beleg- Thomasstraße (Riwetho) e.V.“ gegründet. Schiffswerft, deren Vorprodukte ebenfalls über Bahnhofs erreicht er dann den „Grünen Pfad“, schaftsangehörigen der Gutehoffnungs- Bürgerschaftliches Engagement und jahrelan- die Hafenbahn angeliefert wurden. Nach Still- der ebenfalls als Radweg eine direkte Verbin- hütte (GHH) entstanden zu dieser Zeit in ge Verhandlungen mit dem Thyssen-Konzern legung des Hafenbahnbetriebes im Jahr 1994 dung zum Landschaftspark Duisburg Nord Oberhausen mehrere Siedlungen, darunter und der Stadt Oberhausen führten schließ- wird seit 1996 der Streckenabschnitt zwischen und weiter zum Rhein in Ruhrort herstellt. lich 2001 zu einer Lösung. Eine neu gegrün- dete Bewohner-Genossenschaft kaufte den Kontakt & Infos noch vorhandenen Wohnbestand und schuf Kontakt & Infos damit die Voraussetzungen für den langfris- tigen Erhalt der Siedlung. Fördergelder im Siedlung Ripshorster Straße Rahmen der Internationalen Bauausstellung Rad-Wanderweg/ Ripshorster- /Werk- /Thomasstraße Emscher Park (IBA Emscherpark) ermög- ehemalige HOAG-Bahntrasse 46117 Oberhausen-Osterfeld lichten den Bau des neuen Gemeinschafts- Ackerstraße (ehemalige Gleis- Genossenschaft Riwetho eG hauses an der Werkstraße. 2003 wurde mit waage)/Hafen Walsum-Süd www.riwetho.de der Sanierung der Siedlung an der südlichen 47199 Duisburg-Fahrn Werkstraße begonnen. Heute leben in der Siedlung etwa 230 Personen, verteilt auf 22 Häuser in 68 Wohneinheiten (Stand 2021). 56 OB OB 57

St Antony-Hüt- Industriearchäolo- te, Zeichnung 31 St. Antony-Hütte in Osterfeld. 1753 erhielt er vom Köl- gießerei blieb die Hütte noch bis 1877 in schiedlichen Lebenswelten und das direkte gischer Park an der des Kunst- und ner Erzbischof als Landesherrn die Er- Betrieb, dann wurde sie endgültig stillgelegt. Nebeneinander von Luxus und Arbeit. St. Antony-Hütte. Industriemalers Eine idyllische „Wiege der Ruhrindustrie“: laubnis, ein Hüttenwerk zu errichten. Foto: RIK/ Jakob Weser Krell, 1758 wurde mit der St. Antony-Hütte die Museum und archäologisches Neben der Dauerausstellung gehört zur Staudinger 1902. Quelle: LVR- erste Eisenhütte im Ruhrgebiet gegründet. Von Beginn an erzeugte die St. Antony-Hütte Grabungsfeld Museumsanlage auch ein industriearchäo- Industriemuseum Bis 1820 wurde hier Roheisen erzeugt. Die nicht nur Roheisen, sondern auch Fertigpro- logisches Grabungsfeld auf der gegenüberlie- Anlage gehört heute dem LVR-Industriemu- dukte aus Eisenguss. Neben Maschinenteilen Erhalten sind neben dem Hüttenteich genden Straßenseite. Ein Teil der Funde aus seum, das in seiner Ausstellung und in einem und Haushaltswaren wurden Kanonenkugeln das ehemalige Kontorgebäude und das der Ausgrabung befindet sich im Museum. archäologischen Grabungsfeld die Anfänge und andere Kriegsgüter gegossen. Inzwischen Wohnhaus des Hüttenleiters aus dem Das eigentliche Grabungsfeld mit den Über- der Eisen- und Stahlindustrie erzählt. waren in der Umgebung noch zwei weitere Jahre 1758 mit einem Anbau für Wasch- resten der Produktionsanlagen der Eisenhüt- Hütten entstanden, die mit der St.Antony- küche und Stall. Die „Wiege der Ruhr- te veranschaulicht unter einem futuristischen Ein Domkapitular sucht nach Hütte um Erz, Holzkohle und Absatzmärkte industrie“ gehört heute zum Schauplatz Stahldach den damaligen Betriebsaufbau. neuen Einkommensquellen konkurrierten. Das waren die Hütte Gute Oberhausen des LVR-Industriemuseums. Kontakt & Infos Hoffnung von 1782, Keimzelle des späte- Das Museum präsentiert die Anfänge der Ein idyllisch gelegenes Fachwerkgebäu- ren gleichnamigen Konzerns und die Hütte Eisen- und Stahlindustrie und deren be- de am Teich des Elpenbaches in Oster- Neu-Essen, die 1791 ihren Betrieb aufgenom- deutende Innovationen und erzählt vom LVR-Industriemuseum feld: Schwerindustrie vermutet man men hatte. 1810 kam es zum Zusammen- harten Alltag der Menschen zu dieser Zeit. St. Antony-Hütte & hier nicht und doch steht man vor den schluss der drei Hüttenwerke. Damit war die Audiovisuelle Medien lassen die Haupt- Industriearchäologischer Park Relikten der ersten Eisenhütte im Ruhr- Grundlage für das spätere Weltunternehmen akteure der Geschichte zu Wort kommen. Antoniestraße 32-34 gebiet von 1758. Auf der Suche nach Gutehoffnungshütte gelegt. Die Roheisen- Das rekonstruierte Biedermeierzimmer, in 46119 Oberhausen-Osterfeld neuen Einkommensquellen stieß Freiherr erzeugung auf der St. Antony-Hütte wurde dem wichtige Vertragsabschlüsse getätigt www.industriemuseum.lvr.de Franz von der Wenge, Domkapitular zu 1843 endgültig eingestellt und von dem wurden, und der schlichte Wohnraum einer Münster, um 1740 auf Raseneisenstein Werk in Sterkrade übernommen. Als Eisen- Arbeiterfamilie dokumentieren die unter- 58 MH MH 59 Mülheim an der Ruhr Mülheim 32 Friedrich Wilhelms-Hütte heimer Unternehmens begann 1811 mit der Gründung einer mechanischen Werkstatt Der erste Kokshochofen im Ruhrgebiet: und Schmiede zur Produktion von Dampf- 1848/49 gelang es erstmals in der Region, maschinen durch den Industriepionier in der Mülheimer Friedrich Wilhelms-Hüt- Johann Dinnendahl. Zur Errichtung einer te Roheisen mit Hilfe von Koks zu erzeu- Eisenhütte fehlte es Dinnendahl jedoch gen. Das war ein großer technologischer am nötigen Kapital. Deshalb nahm er den Fortschritt, der bis heute Grundlage der Ruhrorter Kaufmann Friedrich Wilhelm Roheisenproduktion im Hochofen ist. Liebrecht als finanzkräftigen Partner in seinem Unternehmen auf. 1832 beantragten Vom Hochofenbetreiber zum Hersteller beide die Konzession für zwei Hochöfen - von Turbinen und Windkraftanlagen einer davon sollte in Mülheim stehen, der andere in Ruhrort gebaut werden. In An- Lkw- und Bahn- Die heutige Gießerei ist seit 2001 als eigen- lehnung an Liebrechts Vornamen wurde verladung von ständiges Unternehmen in die „Georgs- das Mülheimer Hochofenwerk Friedrich Großrohren. Foto: marienhütte Holding GmbH“ einbezogen. Wilhelms-Hütte genannt. 1848/49 erfolgte EUROPIPE GmbH Die Geschichte dieses bedeutenden Mül- auf der Friedrich Wilhelms-Hütte erstmals im Ruhrgebiet die Roheisenherstellung in einem Kokshochofen - ein großer qualitati- 33 Mannesmannröhren-Werke besaß der Konzern eine eigene weltweite ver Fortschritt gegenüber der zuvor üblichen Handelsorganisation mit Binnen-Reederei. Roheisenherstellung auf Holzkohlenbasis. 1895 erfanden die Brüder Reinhard und Max Mannesmann die ersten nahtlosen Stahlrohre. Nach der Reorganisation in den 1950er-Jah- Die Einbringung der Friedrich Wilhelms- Die Erfindung war die Grundlage für die wei- ren erwirtschaftete die Mannesmann AG mit Hütte in den Konzern Vereinigte Stahlwerke tere Erfolgsgeschichte des Unternehmens. Auch ihren in- und ausländischen Tochtergesell- 1926 brachte den Verlust der traditionsrei- heute noch gehört die Firma unter dem Namen schaften 1960 mit weltweit rund 76.700 Be- chen und unternehmenswichtigen Maschi- EUROPIPE zu den großen Herstellern von schäftigten einen Umsatz von 4,5 Milliarden nenbauanstalt. Sie wurde jetzt Bestandteil der Großrohren zum Transport von Gas und Öl. DM und gehörte damit zu den führenden neu gegründeten DEMAG AG. Erst im Rah- Industriekonzernen in Deutschland. 1970 men der erneuten Konzernumorganisation Arbeitsteilung mit Thyssen kam es zu einer Arbeitsteilung mit Thyssen, in den 1950er-Jahren wurde der 1926 aus- bei der es um eine gemeinsame Rohrherstel- gegliederte Maschinenbau wieder aufgenom- Der eindrucksvolle Komplex von Hallenge- lung und Rohrverlegung bei Mannesmann men. In den 1960er-Jahren erfolgten Um- bäuden, der sich auf der östlichen Seite der ging. Im Gegenzug gab Mannesmann fast gruppierungen im Rheinstahl-Konzern, die Friedrich-Ebert-Straße gegenüber der seine komplette Stahl- und Blechherstel- sich auch auf die Friedrichs Wilhelms-Hütte Friedrich Wilhelms-Hütte befindet, gehört lung an Thyssen ab. Zu der Zeit waren im als mittlerweile dem Konzern angehörender zum traditionsreichen Unternehmen der Mülheimer Werk bis zu 12.000 Menschen Betrieb auswirkten: der Hochofenbetrieb mit Mannesmannröhren-Werke. Die Geschich- beschäftigt. Heute gehört das Großrohrwerk Eisengießer in der Nebenanlagen und der Zementbetrieb wur- te des Unternehmens geht auf die Brüder zur 1991 gegründeten EUROPIPE GmbH Friedrich Wil- den komplett stillgelegt, die Stahlgießerei neu Reinhard (1856-1922) und Max Mannes- mit Sitz in Mülheim. Das Unternehmen helms-Hütte. Foto: organisiert. 1976 wurde der Rheinstahl-Kon- mann (1857-1915) zurück, die 1885 das produziert mit rund 1.300 Mitarbeitern Uwe Niggemeier zern durch die Thyssen AG übernommen. erste Verfahren zur Herstellung nahtloser im Kernteam Großrohre, die zum Trans- Stahlrohre durch Walzen erfanden. In den port von Gas und Öl benötigt werden. In den 1990er-Jahren wurde die Maschinen- ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Kontakt & Infos bauwerkstatt ausgelagert und der Getriebe- entwickelten sich die Mannesmannröhren- Kontakt & Infos bau für Schienenfahrzeuge aufgegeben. Viele Werke AG vom reinen Stahlverarbeiter zum Arbeitsplätze gingen dabei verloren. Erhalten vertikal strukturierten Eisen- und Stahl- Friedrich Wilhelms-Hütte blieben der Eisen- und Stahlguss. Während konzern. Sie übernahm unter anderem EUROPIPE GmbH Stahlguss GmbH Ende 2020 aufgrund der massiven Auftrags- Erz- und Kohlezechen und errichtete eigene Werk Mülheim Friedrich-Ebert-Str. 125 rückgänge durch die Corona-Krise die Still- Stahlproduktionen in Duisburg-Huckingen, Wiesenstraße 36 45473 Mülheim-Dümpten setzung der Eisen-Gießerei beschlossen wur- Gelsenkirchen und Saarbrücken. Es folg- 45473 Mülheim-Dümpten www.fwh-stahlguss.de de, soll der Stahlguss weitergeführt werden. ten mit Maschinenfabriken zur Produktion www.europipe.com Die Produktionspalette umfasst in diesem von Rohrwalzwerken und mit dem Rohr- Bereich Komponenten für den Fahrzeug- und leitungsbau auch erste Investitionen im Maschinenbau sowie für die Bauwirtschaft. Bereich der Weiterverarbeitung. Außerdem 60 MH MH 61 35 Villa Fritz Thyssen

Ein englischer Herrensitz im Barockstil: Der Industrielle Fritz Thyssen ließ kurz vor dem Ersten Weltkrieg das Anwesen als Wohn- sitz errichten. Nach mehreren Umnutzun- gen ab 1939 und einem Großbrand 1993 sind in dem wieder aufgebauten Gebäude unter dem Namen Villenpark Uhlenhorst Eigentumswohnungen untergebracht.

Hinter der historischen Fassade eine neue Nutzung

Das Anwesen wurde zwischen 1910 und 1912 Villa Josef Thyssen. von Fritz Thyssen (1873-1951), dem ältesten Foto: RIK/Budde der vier Kinder des Industriellen August Thyssen, als Wohnsitz errichtet. Die Vor- gabe an die Architekten Girmes & Oediger Villa Fritz Thyssen. 34 Villa Josef Thyssen 1880 heiratete er, wie zuvor sein Bruder, aus Krefeld lautete dabei, einen englischen französischen Behörden an Deutschland aus- Foto: RIK/Budde eine Mülheimer Unternehmertochter. Herrensitz zu schaffen, wie er zu Anfang des geliefert. Den Zweiten Weltkrieg verbrachte Die Berliner Architekturfirma Kayser & von Klara Bagel (1856-1918) war die Schwes- 20. Jahrhunderts in England und Amerika er zunächst in einer psychiatrischen Klinik Grossheim erbauten 1898 für den Mülheimer ter des Druckereibesitzers Julius Bagel. als standesgemäße Bleibe des Großbürger- und schließlich mit seiner Frau Amélie im Industriellen Josef Thyssen eine repräsen- tums galt. Der Backsteinbau im englischen KZ Sachsenhausen, um bei Kriegsende nur tative Prachtvilla im neobarocken Stil. Während die Eingangsseite der Villa, er- Barock-Stil besteht aus einer großen Haupt- knapp der Hinrichtung zu entgehen. Im Ent- baut nach Plänen der Berliner Architektur- halle, gartennahen Erdgeschossräumen nazifizierungsverfahren wurde er als „Mitläu- In schönster Hanglage zur Ruhr firma Kayser & von Grossheim, auf Höhe und einem ebenerdigen Wirtschaftsflügel. fer“ eingestuft. Thyssen emigrierte schließ- der Straße Dohne liegt, ermöglichte der Besonders deutlich wird Thyssens Anglo- lich nach Argentinien, wo er 1951 starb. Die neobarocke Villa wurde ab 1898 von Geländeabfall zur Ruhr bzw. zum Mühl- philie, wenn man den Bau mit dem unweit Josef Thyssen (1844-1915), dem jüngeren teich der Fabrik den Bau einer Terrasse mit gelegenen, „kerndeutschen“ Streithof Emil Die Villa diente nach 1939 als Kinder- Bruder von August Thyssen, als repräsenta- eindrucksvollen Unterkonstruktionen. Die Kirdorfs vergleicht. Zur Villa, die am Ran- gärtnerinnenschule, 1945 wurde dort ein tiver Familien-Wohnsitz auf dem Gelände früheren Repräsentationszimmer waren de eines insgesamt 70.000 Quadratmeter britisches Internat eingerichtet. 1973 ver- der dort zuvor ansässigen Baumwollfabrik um eine Mittelhalle angeordnet. Im Sockel- großen Grundstückes liegt, gehören unter kauften Fritz Thyssens Erben die Villa an die Troost errichtet. Der noch existierende geschoss befanden sich die Wirtschaftsräu- anderem mehrere Gartengrundstücke, eine Mülheimer Unternehmerfamilie Grillo, die Fabrikbau grenzte an den Neubau und me. Die Villa wird heute als Bürogebäude Pforte, Remise und Angestelltenhäuser. den Bau umfangreich restaurierte.1993 zer- diente als Wirtschaftsgebäude. 1877 war genutzt, der Park ist seit der Mülheimer störte ein Großbrand das Herrenhaus. Erst Josef Thyssen nach Mülheim übergesie- Landesgartenschau Teil der öffentlichen Fritz Thyssen, der seinem Vater August 1926 2003 erfolgte ein Wiederaufbau als Villen- delt, um in das Mülheimer Unternehmen Ruhranlagen, enthält aber größtenteils noch in der Leitung des Konzerns nachfolgte, ge- park Uhlenhorst mit Eigentumswohnungen seines Bruders August einzutreten. Schon seinen ursprünglichen Pflanzenbestand. hörte zu den umfassend ausgebildeten, eher sowie mehreren Neubauten. Dabei wurde international orientierten Industriellen seiner das äußere Erscheinungsbild der histori- Zeit. In der Vereinigte Stahlwerke AG (VSt), schen Villa Fritz Thyssen wiederhergestellt. in die Mitte der 1920er-Jahre auch die Thys- Kontakt & Infos sen-Betriebe eingegliedert wurden, spielte er Kontakt & Infos TIPPS als Aufsichtsratsvorsitzender eine wichtige An der Friedrichstraße befindet sich ein weiteres se- Rolle. Er gehörte zunächst zu den Indust- Thyssen´sche Handelsgesellschaft henswertes Ensemble von repräsentativen Unterneh- riellen, die den Aufstieg Hitlers unterstütz- Villa Fritz Thyssen Dohne 54 mervillen: die zwischen 1872 und 1875 erbaute Villa ten, wandte sich dann aber zunehmend von Großenbaumer Straße 250 45468 Mülheim-Holthausen des Lederfabrikanten Eugen Coupienne (Nr. 40), die ihm ab und wehrte sich gegen Aufrüstung 45479 Mülheim-Broich Villa Hanau (Nr. 54) aus dem Jahre 1902, errichtet und Kriegsvorbereitungen. Bei Kriegsaus- von dem Architekten Franz Hagen für den Mülheimer bruch floh er in die Schweiz; sein Vermögen Kaufmann Heinrich Hanau und die Villa Bagel (Nr. wurde beschlagnahmt. 1940 wurde Thyssen 62) von 1912, ebenfalls von dem Architekten Hagen bei einer Reise durch das unbesetzte Vi- für den Druckereibesitzer Julius Bagel entworfen. chy-Frankreich verhaftet und dann von den 62 E E 63 Essen 36 ThyssenKrupp Quartier gebäude Q 1 mit seinen beiden 28,1 mal 25,6 Meter großen Panoramafenstern sind alle Zwei Traditionsunternehmen des Ruhrge- wichtigen Abteilungen der ThyssenKrupp biets fanden einen gemeinsamen Hauptsitz: AG untergebracht. Verbunden durch kurze Im Essener Westviertel gibt es seit 2010 das Wege und kleine Plätze säumen die übri- ThyssenKrupp Quartier, die repräsentative gen Gebäude die zentrale Achse mit dem Hauptverwaltung der beiden 1999 fusio- großen Wasserbecken und der „(Baum-) nierten Unternehmen Thyssen und Krupp. Allee der Welten“ mit Baum-Anpflanzungen Stammhaus Krupp, von fünf Kontinenten. Auf dem jedermann im Hintergrund Von der „Allee der Welten“ bis zugänglichen Campus dominieren filigrane das Thyssen- zum „Raum der Stille“ Fassadenkonstruktionen aus metallischen Krupp Quartier. Werkstoffen und Glas, so dass der Eindruck Foto: RIK/Budde Mit dem Neubau der ThyssenKrupp Haupt- von Offenheit und Transparenz entsteht. verwaltung auf einem Areal von etwa 20 Hektar entstand ein Quartier mit einem Mit 26 Konferenzräumen und einem Sit- 37 Stammhaus Krupp 1873 ließ Alfred Krupp das Gebäude als ThyssenKrupp Haupt- und weiteren Nebengebäuden sowie zungssaal für den Aufsichtsrat ist das Forum Wohnhaus wiederherrichten. Aber nicht nur Quartier. Foto: einem Kommunikationszentrum. Die Fertig- Q 2 das Kommunikationszentrum. Ein gro- Die Wurzeln von Krupp in Essen: Das Stamm- symbolisch hatte das Gebäude eine hohe Be- Rainer Kaysers stellung der ersten Bauphase erfolgte bis 2010 ßer Sitzungs- und Veranstaltungssaal bietet haus steht für die Anfänge des Stahlunter- deutung für Alfred Krupp - praktisch diente nach dem Entwurf bis zu 1.000 Personen Platz. Gleichzeitig sind nehmens auf dem historischen Areal des es ihm auch als Vorbild für seine späteren der Architektur- im Gebäude das Mitarbeiterrestaurant und ehemaligen Werksgeländes, informiert aber Arbeiterwohnungsbaupläne. Auch sein Sohn büros Chaix & das Gästekasino untergebracht. Der „Raum auch über die Familiengeschichte einer der Friedrich Alfred fühlte sich mit dem Stamm- Morel et Associés, der Stille“ bietet den Mitarbeitern des Unter- bekanntesten deutschen Industriellenfamilien. haus der Familie eng verbunden. Er ließ Paris und JSWD nehmens einen Rückzugsort von der Hektik sich hier sein Büro einrichten. Und ebenso Architekten und des Arbeitsalltags. Bei den übrigen Gebäuden Wohnen in der Fabrik wie sein Großvater und sein Vater wurde Partner, Köln, Q 5 und Q 7 direkt an der Wasserachse und er 1902 von hier aus zu Grabe getragen. die als Sieger aus bei dem danach hinzugefügten Komplex Hinter dem Tiegelgussdenkmal befindet sich einem interna- Q 6, Q 8 und Q 10 sind die Fassaden mit an der ThyssenKrupp-Allee ein geschiefertes, Bis zu seiner völligen Zerstörung bei einem tionalen Archi- Loggien oder Wintergärten unterschiedlich einstöckiges Fachwerkhaus, das mit der Ge- Bombenangriff im Oktober 1944 blieb das tektenwettbewerb strukturiert, um einen monotonen Eindruck schichte des Unternehmens und der Familie Stammhaus inmitten der Gussstahlfabrik zu- hervorgingen. zu vermeiden. Das in das Quartier einbezo- Krupp eng verbunden ist. Bei dem Gebäude gleich Denkmal und Erinnerungsort der Fa- gene, gut erhaltene rote Backsteingebäude Q handelt es sich um einen originalgetreuen milien- und Unternehmensgeschichte. Aber Der Entwurf sah 4 stammt noch aus den 1980er-Jahren. Die Nachbau von 1961. Das Original wurde erst anlässlich der 150-Jahr-Feier der Firma vor, wichtigen Gebäude Q 3, als Akademie geplant, und Q 9 1818/19 für den Betriebsleiter der Firma im Jahr 1961 ließ man es nach den ursprüng- Elementen der wurden bislang nicht realisiert (Stand 2021). Krupp gebaut, als der Firmengründer Fried- lichen Plänen originalgetreu wiedererrich- Unternehmens- rich Krupp seine Schmelzhütte von der Walk- ten. Nach der Eröffnung des benachbarten philosophie - wie Ein nachhaltiges Energiekonzept ermöglicht mühle im heutigen Stadtteil Essen-Vogelheim ThyssenKrupp Quartiers im Jahr 2010 wurde zum Beispiel einen sehr niedrigen Energieverbrauch. Die an die Altendorfer Chaussee verlegte. 1824 das Stammhaus und sein Mobiliar umfassend Transparenz, Wärmeversorgung erfolgt durch den Ein- wurde das Haus Zufluchtsort für Fried- restauriert und ist jetzt Bestandteil von Gäs- Dialogbereitschaft, Weltoffenheit - archi- satz von Erdwärme (Geothermiefeld). Die rich Krupp, nachdem er sein Geburtshaus teführungen im ThyssenKrupp Quartier. Jet- tektonische Gestalt zu verleihen. Im Haupt- Kälteversorgung erfolgt über eine zentra- am Flachsmarkt in der Essener Innenstadt zige Eigentümerin des Hauses ist die Alfried le Kälteanlage. Die Büroflächen werden verkaufen musste. Mit seiner Frau Therese Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. durch ein variables Sonnenschutzsystem Wilhelmi und seinen Kindern zog er in das Kontakt & Infos aus Edelstahlspindeln und -lamellen sowie später Stammhaus genannte Gebäude. Nach Kontakt & Infos durch eine mechanische Be- und Entlüf- Friedrichs Tod 1826 erweiterte sein Sohn tungsanlage klimatisiert. Der zwischen dem und Nachfolger Alfred 1844 das Gebäude thyssenkrupp AG Quartier und dem Krupp-Park verlaufende um einen zweistöckigen Wohnbau zwischen Stammhaus Krupp ThyssenKrupp Allee 1 Berthold-Beitz-Boulevard erschließt das Stammhaus und Schmelzbereich der Fabrik. Altendorfer Straße 100 45143 Essen-Westviertel Gelände. Der Krupp-Park, mit seinem durch 45143 Essen-Westviertel Anmeldung für Besichtigungen: Regenwasser vom Quartier gespeisten See, Der neue Anbau, in dem die Familie bis 1861 Anmeldung für Besichtigungen besichtigungen.quartier@ ist als öffentliche Freizeitanlage angelegt lebte, enthielt außer Wohnräumen das Kon- besichtigungen.quartier@ thyssenkrupp.com und wirkt heute als „grünes Bindeglied“ tor und einen Festsaal. Das Stammhaus mit thyssenkrupp.com zwischen dem Essener Stadtteil Alten- Anbau wurde nach dem Auszug der Krupps dorf und dem ThyssenKrupp Quartier. 1861 zeitweilig vom Unternehmen genutzt. 64 E E 65

Ehemalige Haupt- verwaltung Krupp, 1959. Quelle: Historisches Tiegelgussdenkmal. Archiv Krupp Foto: RIK/Budde

38 Ehemalige tekt des imposanten „Turmhauses“ war der 39 Tiegelgussdenkmal Über sieben Jahre hatte Hoffmann an der Krupp-Hauptverwaltung Leiter des Kruppschen Baubüros, Robert Erstellung des Kunstwerkes gearbeitet. Die Schmohl, der das Gebäude zwischen 1908 Ein Tiegelgussdenkmal als Symbol für die Vollendung des Bronzegusses vereitelte der und 1911 an der Altendorfer Straße (heute Arbeit in der Gussstahlfabrik von Krupp: Zweite Weltkrieg. So konnte das Relief, das Einst prägend für die Stadt-Silhouette von Porsche-Zentrum Essen) errichten ließ. Das 1955 wurde das Denkmal von dem letz- zwischenzeitlich beschädigt worden war, Essen war das 1976 abgerissene repräsen- 60 Meter hohe Bauwerk prägte bis zu seinem ten Firmeninhaber Alfried Krupp von erst nach 1948 in einer Berliner Bronze- tative „Turmhaus“ der alten Krupp Haupt- Abriss 1976 die Stadtsilhouette von Essen. Bohlen und Halbach eingeweiht. gießerei endgültig fertiggestellt werden. verwaltung von 1911. Heute existiert nur Am 13. Juni 1955 wurde das monumenta- noch der auf der anderen Straßenseite Während des Zweiten Weltkrieges bleib Szenen der Arbeit le Denkmal an seinem heutigen Platz im liegende jüngere Teil des ehemaligen Ver- auch das „Turmhaus“ nicht von schweren Rahmen einer feierlichen Zeremonie von waltungsgebäudes aus dem Jahr 1939. Schäden verschont. Erst nach 1950 wur- Das halbbogenförmige Monument, 22 Meter Alfried Krupp von Bohlen und Halbach de es notdürftig wiederaufgebaut. Da eine lang und neun Tonnen schwer, wurde 1935 eingeweiht. Das Denkmal stand unmittel- Bürgerproteste können den grundlegende Sanierung des Gebäudes mit von Gustav und Bertha Krupp von Bohlen bar neben dem damals noch existierenden Abriss nicht verhindern hohen Kosten verbunden gewesen wäre, und Halbach bei dem Berliner Bildhauer „Turmhaus“ der ehemaligen Krupp Haupt- entschied sich das Unternehmen für den Artur Hoffmann in Auftrag gegeben. Es zeigt verwaltung und in unmittelbarer Nähe des In Essen wurde die Firma Krupp gegründet Abbruch. Gegen diese Entscheidung gab in einer Reliefplastik auf Gussplatten Szenen Ortes, an dem sich das im Zweiten Welt- und hier war bis 1999 auch ihr Hauptsitz. es einen breiten öffentlichen Protest, der der Entstehung des Kruppschen Tiegelstahls. krieg völlig zerstörte Stammhaus befand. Die zentralen Verwaltungsgebäude befanden den Abriss aber nicht verhindern konnte. sich inmitten der Werksanlagen. Archi- Das an der Altendorfer Straße noch exis- tierende neuere Gebäude entstand 1939. In Kontakt & Infos ihm befanden sich ursprünglich die Büro- Kontakt & Infos räume der Artilleriekonstruktion. Ab den 1950er-Jahren war das Gebäude Hauptsitz thyssenkrupp AG des Unternehmens Krupp. Bis 1999 waren Tiegelgussdenkmal Altendorfer Straße 103 hier alle wichtigen Büros untergebracht; Altendorfer Straße / 45143 Essen-Westviertel unter anderem die des Generalbevollmäch- ThyssenKrupp Allee tigten Berthold Beitz und später die der 45143 Essen-Westviertel Alfried Krupp von Bohlen und Halbach- Stiftung. Eine Fußgängerbrücke verband das Gebäude bis 1976 mit dem „Turmhaus“ auf der gegenüberliegenden Straßenseite. 66 E E 67 den Stahlträgern einer Eisenbahnbrücke 41 Ehemaliges Press- von 1872, die über die Altendorfer Stra- und Hammerwerk ße verlaufen. Von diesem Standort aus bis zum Limbecker Platz war seit Ende des 19. Jahrhunderts ein repräsentativer Eingangs- 1915 baute die Firma Krupp ein großes bereich der Firma Krupp entstanden. Press- und Hammerwerk für eine 15.000 Tonnen schwere Schmiedepresse. Die denk- Die 8. Mechanische Werkstatt, eine 28 malgeschützte Halle wird heute vom Mö- Meter hohe, 104 Meter lange, dreigiebelige belhaus IKEA als Parkhaus genutzt. Halle aus einer Stahlkonstruktion entstand in den Jahren 1900/1901 und war damals Parken im Denkmal das größte Gebäude der Kruppschen Guss- 8. Mechanische stahlfabrik. Die Backsteinfassaden, von Die Halle des ehemaligen Press- und Ham- Werkstatt am Lim- 40 Ehemaliges Colosseum Pfeilern und Brüstungen kräftig struktu- merwerkes, erbaut zwischen 1915 und 1917, becker Tor, 1912, Theater Essen riert, ließen durch zahlreiche hohe Fenster wurde seinerzeit ähnlich anspruchsvoll Postkarte nach ei- Licht in die drei Hallenschiffe, in denen gestaltet wie die gegenüberliegende 8. Me- nem Gemälde von Kurbelwellen für Schiffe und später Lo- chanische Werkstatt. Werkstatt, Werksbahn- Otto Bollhagen. 1901 das größte Gebäude der Kruppschen komotivrahmen hergestellt wurden. Nach brücke und das Press- und Hammerwerk Quelle: Histori- Gussstahlfabrik: In der 8. Mechanischen dem Zweiten Weltkrieg wurde die Werk- sollten ein repräsentatives Ensemble bilden. sches Archiv Krupp Werkstatt wurden Kurbelwellen für Schiffe statt von der Firma AEG erworben. 1989 In der Halle selbst war damals mit einem und später Lokomotivrahmen hergestellt. wurde das Gebäude unter Denkmalschutz Gewicht von 15.000 Tonnen eine der weltweit Ab 1996 diente die dreigiebelige Halle dem gestellt und einer neuen Nutzung zugeführt. größten Schmiedepressen untergebracht. Sie Colosseum Theater als Musical-Veran- wurde nach dem Zweiten Weltkrieg de- staltungshalle. Zukünftig soll in dem Ge- Ab 1996 diente es dem Colosseum Thea- montiert und nach Jugoslawien verbracht. bäude ein Innovationszentrum entstehen. ter als Musical-Veranstaltungshalle. Indem man Bühne, Zuschauerraum und Seit 1992 wird die Halle von der Firma Früher ein Ort industrieller Gastronomie als Haus-in-Haus-Lösung in IKEA als Parkhaus genutzt. Trotz der ein- Arbeit, heute auf dem Weg die ehemalige Werkstatthalle hineinsetzte, gezogenen Parkdecks ist die imposante zum Innovationszentrum blieb nicht nur die eindrucksvolle Backstein- unter Denkmalschutz stehende Stahlkons- fassade unangetastet auch Im Innenbereich truktion noch erkennbar. Vom Dach des Der Bereich um das Colosseum Thea- konnte die historische Stahlkonstruktion Parkhauses hat man einen weiten Blick über ter – früher die 8. Mechanische Werkstatt erhalten werden. 2020 erwarb die RAG-Stif- das Gelände der ehemaligen Krupp-Stadt. von Krupp - markiert zusammen mit dem tung das Gebäude. Nach einem Umbau soll heutigen IKEA-Parkhaus – damals das ein Innovationszentrum eingerichtet werden, Ehemaliges Press- Kruppsche Press- und Hammerwerk – auf in dem Start-ups, Wissenschaft und etablierte und Hammerwerk. der gegenüberliegenden Straßenseite das Unternehmen unter einem Dach zusam- Foto: RIK/Budde ehemalige „Eingangstor“ zur Krupp-Stadt. menkommen und neue Ideen umsetzen. Vor beiden Gebäuden verlief die Kruppsche Werkseisenbahn, heute noch erkennbar an Für die drei kleinen Hallen der benachbar- ten ehemaligen Reparaturwerkstatt II an der heutigen Thea-Leymann-Straße musste eine andere architektonische Lösung für eine neue Kontakt & Infos Nutzung gefunden werden, denn die Stahl- Kontakt & Infos fachwerkwände boten keine ausreichende Wärmedämmung und keinen genügenden Colosseum Theater Essen Wetterschutz. Deshalb wurde die Werkstatt IKEA Deutschland Altendorfer Straße 1 mit einer gläsernen Fassade umhüllt. Damit Niederlassung Essen 45127 Essen-Westviertel blieb das Industriedenkmal nicht nur von Altendorfer Straße 2 www.colosseumtheater.de innen wie von außen sichtbar, sondern man 45127 Essen-Westviertel hatte auch einen Temperaturpuffer gewon- nen. In das Weststadthalle getaufte Gebäude sind inzwischen die Folkwang-Musikschule und das Jugendzentrum Essen eingezogen. 68 E E 69 Bedeutung. Die Epoche machende Erfindung 43 WIDIA-Fabrik Alfred Krupps von 1851/52, der nahtlose Radreifen, für die das preußische Patent Hartmetalle für Werkzeuge und Geschoss- angemeldet wurde, war 1875 die Grundlage kerne, nichtrostende und säurebeständige für die „Drei Ringe“ als Firmensymbol, das Stähle für den Zahnersatz: Die Erfin- bis heute Verwendung findet. Die Lokomo- dung von WIDIA- und WIPLA-Produk- tivproduktion nahm Krupp erst nach dem ten bei Krupp in den 1920er-Jahren. Ersten Weltkrieg im Zuge der Umstellung auf zivile Produkte auf. Am 10. Dezember Verschleißfeste Werkzeuge und 1919 wurde die erste Lokomotive aus- geschmacksneutraler Zahnersatz geliefert. In den 1920er-Jahren wurde das rund 450.000 Quadratmeter große Gelände 1926 nahm Krupp die Herstellung von Hart- zwischen heutiger Hövel- und Bamlerstraße metall in der Essener WIDIA-Fabrik auf. Als für die werkseigene Eisenbahn erschlossen. erstes Unternehmen der Welt produzierte 1937 wurde der Plan gefasst, das Gelände das Unternehmen auf Wolfram-Karbid- durch den Bau einer alles überragenden basis Legierungen aus Sinterhartmetall. Bis fünfschiffigen Maschinenbauhalle (M 1) zu 1935 gehörten Hartmetall-Werkzeuge und vervollständigen. Mit einer Grundfläche -Plättchen für die Werkzeugbestückung zu von 40.000 Quadratmetern und Kranan- den beiden wichtigsten Produktgruppen. lagen mit bis zu 150 Tonnen Hubkraft war Der Hartmetallname WIDIA leitete sich die 1938 fertig gestellte M 1-Halle eine der aus der Bezeichnung „Wi(e)Dia(mant)“ ab größten Maschinenbauhallen Europas. und sollte auf den besonderen Härtegrad Lokomotivkfa- des Metalls anspielen. Ab 1935 wurde die brik Krupp, Halle 42 Lokomotivfabrik und Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Massenherstellung von Hartmetallkern- M1, 1930er-Jah- Werksbahn Krupp konnte die Lokomotivfabrik in der M 1-Halle geschossen aufgenommen und bildete bis re. Quelle: Archiv als erster Krupp-Betrieb mit alliierter Ge- 1945 neben den Werkzeugen und Plättchen der DGEG nehmigung die Arbeit wieder aufnehmen. den dritten Produktionsschwerpunkt. 1851 erfand Alfred Krupp den nahtlosen Zuletzt wurde die Halle nur noch zu Lager- Radreifen für die Eisenbahn, aber erst 68 zwecken genutzt. Da eine neue wirtschaftli- Trotz Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg Jahre später begann bei Krupp die Lokomo- che Nutzung im Rahmen des seit den 1990er- verfügte die WIDIA-Fabrik nach Kriegsende Werbeplakat. tivproduktion. Dafür wurde ein 450.000 Jahren angelegten M 1 Gewerbeparks nicht über eine ausreichende Menge an Wolfram kunde kamen biokompatible Werkstoffe für Quelle: Histori- Quadratmeter großes Gelände an der heu- gefunden werden konnte, wurde die Halle als Rohstoffbasis für die Wiederaufnahme der die chirurgische Implantat-Technik hinzu. sches Archiv Krupp tigen Bottroper Straße erschlossen. 1938 schließlich abgerissen. Einzig ein bei Dunkel- Produktion. Bei der britischen Besatzungs- In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde entstand hier unter dem Namen M 1 die heit farbig illuminiertes Stützenfragment der macht setzte sich letztlich die Erkenntnis die WIDIA-Produktion weltweit ausgebaut. größte Maschinenbauhalle Europas. Halle am Eingang der Straße Am Lichtbogen durch, dass ohne WIDIA-Hartmetall, an erinnert noch an die vergangene Größe von dem Krupp auch weiterhin das grundlegende Heute trägt das Unternehmen den Namen Vom nahtlosen Radreifen zur Lokomotive M 1. Für die weltweit gelieferten Lokomo- Patentrecht hatte, keine Wiederbelebung der Kennametal Widia Produktions GmbH tiven unterschiedlicher Spurweiten wurde westdeutschen Wirtschaft möglich sei. Des- & Co. KG Werkzeuge und wird kontinu- Für die Entwicklung der Kruppschen Guss- 1955 neben der M 1-Halle eine heute noch in halb entschieden sich die Briten dafür, den ierlich zur Premium-Marke für Spezial- stahlfabrik war der Bedarf der Eisenbahnen Resten bestehende Probestrecke eingerichtet. Wiederaufbau der WIDIA-Fabrik zuzulassen. anfertigungen ausgebaut. Der Hauptpro- seit den 1840er-Jahren von herausragender duktionsstandort ist immer noch Essen. Die an der Helenenstraße gelegene ehema- Nach 1946 kam bei der WIDIA-Fabrik die Kontakt & Infos lige Halle M 3 verweist auf die Ursprünge Produktionssparte Magnettechnik hinzu. Kontakt & Infos des Kruppschen Lokomotivbaus. Die bereits Wichtiger Meilenstein im neuen Produk- 1916 gebaute Maschinenbauhalle M 3 wurde tionsprogramm waren hochwertige Dauer- Gewerbepark M 1 1925 für den Betriebsbereich Lokomo- magnete. Ab 1958 folgte mit der Übernahme Kennametal Widia Produktions Am Lichtbogen/Bottroper Stra- tiv- und Wagenbau (LOWA) zur Fertigung der 1923 von Krupp gegründeten WIPLA- GmbH & Co. KG Werkzeuge ße/Helenenstraße/Zollstraße von 400 Lokomotiven pro Jahr ausgebaut. Dentalstätten der Einstieg in die Medizin- Münchener Straße 125-127 45127 Essen-Bochold Die Halle wird heute von verschiedenen technik. WIPLA Wi(e) Pla(tin) war ebenfalls 45143 Essen-Frohnhausen Firmen weiterhin gewerblich genutzt. Der ein von Krupp erfundener geschmacksneu- www.widia.com Lokomotivbau in Essen endete am 3. März traler, nichtrostender und säurebeständiger 1997. Letztes gefertigtes Fahrzeug war ein Stahl, der für den Zahnersatz verwendet ICE2-Triebkopf für die Deutsche Bahn. wurde. Neben Legierungen für die Zahnheil- 70 E E 71 44 Alfred Krupp-Denkmal hielt die Ansprache, in der er das Denkmal 45 Gedenkstein Walkmühle nicht mehr auf den europäischen Markt an der Marktkirche als „Zeichen der Dankbarkeit der Bürger der gelangte. 1814 konnte die Fabrik den ersten Stadt Essen“ ansah. Diese Botschaft enthielt 1811 entstand an der heutigen Straße An Gussstahl verkaufen, dennoch war Krupp auch die Inschrift auf der Sockelrückseite. der Walkmühle die Keimzelle des späte- wenig erfolgreich und blieb so weiterhin Ein Denkmal für den „großen Sohn“ der ren Krupp-Industriekonzerns. Friedrich auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Stadt Essen. Der Berliner Bildhauer Fritz Die 2,6 Meter hohe Bronzefigur zeigt Alfred Krupp errichtete dort ein Hammerwerk, Krupp ließ in der Walkmühle einen schweren Schaper wurde 1887 von den Essener Stadt- Krupp in einfachem Reitanzug, seiner All- um englischen Gussstahl zu erzeugen. Schmiedehammer anlegen, um auch größere verordneten mit der Anfertigung einer tagskleidung. Die linke Hand ist in die Hüfte 1819 zog die Firma dann auf das Gelän- Erzeugnisse bearbeiten zu können, aber er über zwei Meter hohen Bronzefigur zur gestellt, gleichzeitig hält sie den für Alfred de an der heutigen Altendorfer Straße. hatte wenig Glück: Wegen des schlechten Erinnerung an den im gleichen Jahr ver- Krupp obligatorischen, zusammengedrück- Wasserstandes des Flüsschens Berne war storbenen Alfred Krupp beauftragt. ten Hut. Mit der Rechten stützt sich Krupp Englischer Kruppstahl aus Essen der Produktionsstandort nicht ausgelastet. auf einen Amboss, über dem ein Schurzfell Alfred in Alltagskleidung hängt. Es sind Attribute, die auf betriebliche Nur noch ein Gedenkstein aus dem Jahr Deshalb wurde die Fabrik auf das Grundstück Abläufe in der von ihm geleiteten Gussstahl- 1926 an der heutigen Straße An der Walk- von Friedrich Krupps Mutter an die spätere Nur drei Wochen fabrik hinweisen. mühle erinnert an Altendorfer Stra- nach dem Tod Alf- Auch in einem den Standort eines ße verlegt. Bereits red Krupps beschlos- anderen repräsen- Hammerwerks, das 1818 wurde hier ein sen die Stadtver- tativen Werk wurde den Ursprung der kleines Wohnhaus ordneten der Stadt Alfred Krupp in Kruppschen Guss- für den Betriebsleiter Essen am 5. August dieser Kleidung dar- stahlproduktion in errichtet, das später 1887 die Errichtung gestellt: auf einem Essen bildete. Am einmal das soge- eines Denkmals für Gemälde von Julius 20. November des nannte Stammhaus den Verstorbenen. Grün, das heute in Jahres 1811 grün- werden sollte. 1819 Der Berliner Bild- der großen Halle im dete der Kaufmann folgte ein Schmelz- hauer Fritz Schaper Erdgeschoss der Vil- Friedrich Krupp bau. Schließlich (1841-1919) wurde la Hügel hängt. Das (1787– 1826) zu- gelang es Friedrich mit der Ausführung Alfred Krupp-Denk- sammen mit den Krupp 1823, hoch- des Denkmals für mal wurde nach Gebrüdern Georg wertigen Tiegelstahl den „großen Sohn“ seiner Aufstellung Karl Gottfried und zu produzieren. der Stadt beauf- mehrfach inner- Wilhelm Georg Allerdings war er tragt. Am 14. Juli halb der Stadt Essen Ludwig von Kechel durch den Bau der 1889, dem zweiten versetzt. Erst 2006 als Teilhaber eine neuen Fabrik so ver- Todestag Alfred wurde es wieder an Gussstahlfabrik in schuldet, dass er sein Alfred Krupp- Krupps, wurde das seinem Original- Essen. An der Walk- Wohnhaus in der Denkmal an der Denkmal feierlich standort an der mühle entstand ab Essener Innenstadt Gedenkstein Marktkirche. Foto: enthüllt. Oberbür- Südseite der Markt- 1812 ein zweistöcki- verkaufen muss- Walkmühle, Foto RIK/Budde germeister Zweigert kirche aufgestellt. ges Fabrikgebäude. te und mit seiner RIK/Budde Friedrich Krupps Familie 1824 in das Absicht war es, hier englischen Gussstahl Haus des Betriebsleiters auf dem Firmen- zu erzeugen, der seit der Verhängung der gelände einzog. Nur zwei Jahre später starb napoleonischen Kontinentalsperre ab 1806 Friedrich Krupp im Alter von nur 39 Jahren.

Kontakt & Infos Kontakt & Infos

Alfred Krupp-Denkmal Gedenkstein Walkmühle an der Marktkirche An der Walkmühle Markt 2 45356 Essen-Vogelheim 45127 Essen-Altendorf 72 E E 73 46 Villa Hügel

Stilvoll und repräsentativ: 1870 baute der Industriepionier Alfred Krupp die Villa Hügel als Wohnsitz für sich und seine Familie, aber auch zu repräsentativen Zwecken. Heute werden im Hauptgebäude Konzerte ver- anstaltet, aber auch bedeutende kunst- und kulturgeschichtliche Ausstellungen gezeigt. Im Nebengebäude informiert eine Daueraus- stellung über Leben und Wirken der Krupps.

Ein groß dimensionierter Entwurf

Auf den Ruhrhöhen über dem Baldeney- see liegt die Villa Hügel, der ehemalige Wohnsitz der Familie Krupp. Zwischen 1870 und 1873 plante Alfred Krupp selbst den zukünftigen Stammsitz seiner Familie und den Mittelpunkt seines Firmen-Im- periums. Stilvoll und repräsentativ wurden in der Villa die hochrangigen Gäste aus Wirtschaft, Politik und Adel empfangen.

Heute sind die Villa Hügel und der sie um- gebende großzügig angelegte Park Eigentum der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach- Stiftung, die als wichtigste Aktionärin an der ThyssenKrupp AG beteiligt ist und aus ihren Erträgen gemeinnützige Projekte im In- und Ausland fördert. Im Hauptgebäude, dem „Großen Haus“, zeigt die Kulturstiftung Ruhr bedeutende internationale Ausstellungen zur Kunst- und Kulturgeschichte. Im sogenann- ten Kleinen Haus informiert eine Ausstellung über Leben und Wirken der Familie Krupp, die Geschichte des Unternehmens sowie die Fördertätigkeit der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Außerdem befindet Villa Hügel 1960er- sich hier das Historische Archiv Krupp. Jahre. Quelle: Historisches Archiv Krupp Kontakt & Infos

Der aus einer Essener Bürgerfamilie stammen- unternehmerischen Willen und zugleich auch technisch und organisatorisch begriffen, nicht Villa Hügel de Alfred Krupp (1812-1887) schuf durch or- sozialpolitisch motivierten Ehrgeiz. Die ge- als architektonisches Kunstwerk. Wie die Hügel 1 ganisatorisches und kaufmännisches Geschick schäftliche Denk- und Handlungsweise Alfred Firma Krupp, so nahm auch die Villa Hügel 45133 Essen-Bredeney aus der unrentablen Gussstahlfabrik seines Krupps spiegelt sich in der Villa Hügel: ein als Wohnsitz eines Ruhrindustriellen in ihrer Anmeldung für Besichtigungen: Vaters das erste wirkliche Großunternehmen sehr groß dimensionierter Entwurf, persön- Zeit eine herausragende Stellung ein und war Kulturstiftung Ruhr Essen im Ruhrgebiet. Alfred Krupp, der in seiner liche Beteiligung bis ins Detail, Beschäftigung auf internationaler Ebene vergleichbar mit www.villahuegel.de Jugend den Abstieg seiner Familie aus dem mit technischer Innovation, Gesamtplanung zeitgenössischen Bauten ähnlich dominieren- geachteten Bürgertum in den finanziellen und und Entwicklung als einheitliches Konzept. der Unternehmer wie etwa den Rothschilds in sozialen Ruin erlebt hatte, besaß einen starken Das Haus wurde vom Bauherrn in erster Linie Österreich oder den Vanderbilts in den USA. 74 E E 75 48 Margarethenhöhe

Der hessische Architekt Georg Metzendorf baute ab 1909 die Gartenstadtsiedlung Margarethenhöhe. Die Siedlung wurde nicht nur für „Kruppianer“ gebaut, sondern auch für andere Essener Bürger, die aus unter- schiedlichen sozialen Schichten stammten. Die von Metzendorf geplanten zukunfts- weisenden Wohnungen basierten auf einem variablen Typengrundriss, der je nach Raumbedarf modifiziert werden konnte. Brückenkopf und Grabmal Friedrich Steilen Straße. Die Steile Straße führt direkt Torhaus 1911, Alfred Krupp. Eine Kleinstadt im Grünen zum Kleinen Markt. Die so benannte zentrale Postkarte. Quel- Foto: RIK/Budde Platzanlage der Siedlung wird von begrünten le: Sammlung Anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter Bertha Laubenganghäusern gesäumt, die südöstliche Robert Welzel mit dem Diplomaten Gustav von Bohlen Seite des auch heute noch für den Wochen- 47 Krupp-Familienfriedhof bebauung in den 1950er-Jahren weichen und Halbach im Jahr 1906 gründete Mar- markt genutzten Platzes wird von dem mussten. Die Nähe zur Villa Hügel sowie die garethe Krupp, die Witwe Friedrich Alfred Gebäude der ehemaligen, im klassizistischen Ein eigens angelegter Friedhof als letzte Ruhe- Verbundenheit der Familie Krupp mit dem Krupps, die Margarethe Krupp-Stiftung Stil errichteten Kruppschen Konsumanstalt stätte der Familie Krupp: Seit den 1950er- Stadtteil Bredeney legten eine Umbettung für Wohnungsfürsorge mit dem Zweck begrenzt. Direkt gegenüberliegend befindet Jahren wurde auf dem heutigen städtischen auf den örtlichen städtischen Friedhof nahe. der Schaffung von preisgünstigen Woh- sich das ebenfalls repräsentativ gestaltete Friedhofsgelände in Essen-Bredeney ein ein- nungen. Die Stiftung wurde mit einem „Gasthaus zur Margarethenhöhe“, in dem gegrenzter Bereich als Friedhof für die Familie Die unterschiedlichen Bestattungsgeschich- Kapital von zunächst einer Million Mark heute ein Hotel-Restaurant untergebracht ist. Krupp angelegt. Die meisten der zunächst ten spiegeln sich in der Verschiedenheit und 50 Hektar Bauland ausgestattet. auf anderen Friedhöfen bestatteten Fami- der auch zeittypisch bedingten Grabmal- Die erheblichen Zerstörungen und Beschä- lienmitglieder wurden dorthin umgebettet. gestaltung wider. Es gibt sehr monumen- Anders als beim bis dahin üblichen Werks- digungen im Zweiten Weltkrieg wurden in tale Grabstätten wie die zum Beispiel von wohnungsbau der Firma galt in der Mar- Anlehnung an die ursprüngliche Planung Eine repräsentative Grablege Friedrich Alfred Krupp (1854-1902). Sein garethenhöhe das Wohnangebot nicht nur bis 1956 beseitigt. Die zur Entstehungs- Sarkophag besteht aus poliertem schwar- „Kruppianern“, sondern generell Essener zeit der Margarethenhöhe hochmodernen Der Krupp-Familienfriedhof befindet sich zem Marmor, der von einem bronzenen Bürgern, die zwar über ein regelmäßiges Ein- Wohnungen basierten auf einem variablen in einem separaten Bereich des städtischen Adler mit ausgebreiteten Flügeln über- kommen verfügten, deren finanzielle Mittel Typengrundriss, der je nach Raumbedarf Friedhofgeländes. Die Gräber der Familie deckt wird. Er wurde von dem Münchner aber nicht zum Erwerb von Hauseigentum modifiziert werden konnte. Bis 1918 war Krupp haben sich allerdings nicht immer Bildhauer Otto Lang (1855-1928) geschaf- ausreichten. Ursprünglich bestand die Zu- noch jedes Haus mit einem eigenen Gar- hier befunden. Der Firmengründer Fried- fen – ebenso wie das Grabmal von Bertha sammensetzung der Bewohnerschaft etwa ten ausgestattet. Sowohl eine vom Ruhr rich Krupp und seine Frau Therese Wil- Krupp (1831-1888)., Es befindet sich direkt zur Hälfte aus Belegschaftsangehörigen der Museum und der Margarethe Krupp-Stif- helmi, sein Sohn Alfred und dessen Frau neben der ebenfalls sehr imposanten Grab- Firma Krupp; der andere Teil setzte sich aus tung eingerichtete „Musterwohnung“ in Bertha sowie sein Sohn Friedrich Alfred und stätte ihres Ehemanns Alfred (1812-1887). Essener Bürgern zusammen, die aus unter- der Stensstraße 25 als auch eine Ausstellung seine Gattin Margarethe waren zunächst schiedlichen sozialen Schichten stammten. zur Geschichte der Margarethenhöhe im auf anderen Essener Friedhöfen begraben Vor dem Grab von Friedrich Alfred befindet Die Leitung der Stiftung wurde unter dem ehemaligen „Kleinen Atelierhaus“ an der worden, die aber alle der weiteren Stadt- sich die marmorne Grabstätte seiner Ehe- Vorsitz des Oberbürgermeisters paritätisch Sommerburgstraße 18 können im Rah- frau, Margarethe Krupp (1854-1931). Gegen- mit Mitgliedern des Essener Stadtrates und men von Führungen besichtigt werden. Kontakt & Infos über von Friedrich Alfreds Sarkophag sind der Kruppschen Werksverwaltung besetzt. Kontakt & Infos hingegen die eher schlichten Grabplatten An dieser Stiftungsverfügung hat sich bis des Firmengründers Friedrich Krupp (1787- heute nichts geändert. Mit der Planung Städtischer Friedhof Bredeney 1826) und seiner Ehefrau Therese Wilhelmi und Bauleitung der neuen Siedlung – sie Siedlung Margarethenhöhe Westerwaldstraße (1790-1850) angelegt. Sachlich-nüchtern war für bis zu 12.000 Bewohner konzipiert Am Brückenkopf/Stei- 45133 Essen-Bredeney gestaltet sind die Grablegen von Alfried - wurde der hessische Architekt und Stadt- le Straße/Kleiner Markt Krupp von Bohlen und Halbach (1907-1967), planer Georg Metzendorf beauftragt. 45149 Essen-Margarethenhöhe des letzten Firmeninhabers, und seiner un- Anmeldung für Besichtigungen mittelbar daneben liegenden Eltern Gustav Hinter dem den Eingangsbereich bildenden [email protected] Krupp von Bohlen und Halbach (1870-1950) Torhaus an der Straße Am Brückenkopf liegt und seiner Ehefrau Bertha (1886-1957). der repräsentativste Teil der Siedlung an der 76 E E 77

Schmiedevor- führung Halbach- hammer. Foto: Deilbachhammer. Ruhr Museum Foto: RIK/Budde

49 Halbachhammer Um 1820 produzierte der Hammer jähr- 50 Eisenhammer im Deilbachtal aus Hammergebäude, Meisterhaus und zwei lich 4.800 Zentner Stabeisen und war damit Arbeiterhäusern. Vermutlich entwickelte sich Gustav Krupp von Bohlen und Halbach er- einer der leistungsfähigsten des Siegerlandes. Der Eisenhammer im Deilbachtal ist der letzte der Betrieb aus einer dem Deilmannschen warb 1915 ein ursprünglich im Siegerland Um die Jahrhundertwende wurde die An- auf Essener Stadtgebiet am originalen Stand- Bauernhof zugehörigen Schmiede aus dem 18. gelegenes Hammerwerk und ließ das Kernge- lage jedoch zunehmend unrentabel. Von ort erhaltene Eisenhammer. Nach seiner Still- Jahrhundert. Nach der Stilllegung des Ham- bäude, später als Halbachhammer bezeichnet, dem Gesamtkomplex der Hammerhütte ist legung 1917 wurde der Hammer der Öffent- mers 1917 verfiel die Anlage zunehmend, nach Essen überführen. Heute ist die Anlage nur das Hammergebäude nach Essen verlegt lichkeit bereits 1936 als wiederhergestelltes wurde aber um 1936 als „technisches Kultur- nicht nur technisches Denkmal, sondern auch worden. Die zugehörigen Wohn- und Arbei- „betriebsfähiges Kulturdenkmal“ vorgestellt. In denkmal“ betriebsfähig wiederhergestellt Schauplatz von öffentlichen Schmiedevor- terhäuser sowie die Lagergebäude für Roh- Zukunft möchte das Ruhr Museum den Ham- und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. führungen durch das Essener Ruhr Museum. eisen und Kohle sind nicht mehr erhalten. mer wieder für den Schaubetrieb herrichten. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach er- Zum maschinellen Bestand des Eisenhammers Ein Hammerwerk im Nachtigallental warb das Denkmal 1915 und veranlasste die Seit 1936 technisches Kulturdenkmal gehören zwei Wasserräder, die die Hammeranla- Überführung nach Essen. Ab 1935 war der ge und den Blasebalg antrieben. Zwei sogenann- Der im Nachtigallental westlich der Siedlung Hammer wieder im betriebsfähigen Zustand. Aufgrund der besonderen naturräumlichen te Schwanzhämmer dienten früher der Herstel- Margarethenhöhe gelegene Halbachhammer Voraussetzungen wurde das Deilbachtal bereits lung von Achsen, Beschlägen, Steinbruch- und ist nicht allein ein bedeutendes technikge- Die heutige Anlage besteht aus dem im 16. Jahrhundert gewerblich genutzt. Die Bergbauwerkzeugen. Eine in Deutschland schichtliches Denkmal, sondern auch eine Hammerwerk, der Windanlage und der ausstreichenden Flöze in den Hanglagen er- einmalige technische Rarität ist die aus dem persönliche Denkmalsetzung durch den Schmiedeesse. Der Aufwerfhammer be- möglichten schon früh den Abbau von Stein- Anfang des 19. Jahrhunderts stammende Blech- Stifter, Gustav Krupp von Bohlen und Halb- sitzt einen etwa 300 Kilogramm schweren kohle. Erze, Sandsteine und Schiefertone waren schere, die mittels eines Exzenters (rotierende ach Namentlich verweist der Hammer nicht Kopf mit einer Schlicht- und Reckbahn die Grundstoffe für weitere Gewerbezweige. Scheibe, die so auf einer Welle angebracht ist, nur auf seinen Stifter, sondern auch auf die zum Ausschmieden der „Luppe“ und zum 1550 gründete der Essener Bürger Hans Frol- dass diese nicht durch den Scheibenmittelpunkt Halbachsmühle an der Berne, eine ehemalige Formen des Stabeisens. Die Windanlage nyck den Kupferhammer am Deilbach. Aus- läuft) bewegt wurde. In Zukunft soll der Eisen- Walkmühle, auf der Friedrich Krupp Anfang wird von einem separaten Wasserrad an- gedehnte Wälder lieferten Holz zur Herstellung hammer wieder für Schmiedevorführungen des 19. Jahrhunderts seine ersten Versuche getrieben und besteht aus zwei im Wech- von Holzkohle, die für die Metallschmelze hergerichtet werden, Meisterhaus und Arbei- zur Herstellung von Gussstahl betrieb. Der seltakt arbeitenden Blasebälgen, die das und –bearbeitung benötigt wurde. Das Was- terhäuser sollen ebenfalls neuen Nutzungen bereits 1417 als „Fickynhütte“ urkund- Schmiedefeuer mit einem kontinuierlichen ser des Deilbachtals diente dem Antrieb von zugeführt werden. Im ehemaligen Kutschenhaus lich erwähnte Halbachhammer befand sich Luftstrom versorgen. Im Siegerland ver- Hämmern und Mühlen. Die verkehrsgünstige des Kupferhammers (Nierenhofer Straße 8-10) ursprünglich in Weidenau an der Sieg. blieben die heute nicht mehr vorhandenen Lage des Tales, seine Anbindung an den Rhein präsentiert das Ruhr Museum eine Ausstellung Kontakt & Infos Puddelöfen sowie die kleine Walzstraße. durch die Schiffbarmachung der Ruhr ab 1770 zur Entwicklungsgeschichte des Deilbachtals. Kontakt & Infos und die Verbindung zu dem früh industriali- Zusammen mit der Mühle und dem Ham- sierten Wuppertaler Raum durch den Bau der Halbachhammer mer im Deilbachtal in Essen-Kupferdreh ist Prinz-Wilhelm-Bahn 1830/31 erweiterten die Deilbachhammer Altenau 12 der Halbachhammer die letzte auf Essener Absatzmöglichkeiten der gewerblichen Betrie- Eisenhammerweg 25a-c 45149 Essen-Margarethenhöhe Stadtgebiet erhaltene Arbeitsmaschine nach be. Zu der hier entstandenen Museumsland- 45257 Essen-Kupferdreh Anmeldung für Besichtigungen Konstruktionsprinzipien des Mittelalters und schaft gehört auch der Deiler Eisenhammer. www.ruhrmuseum.de [email protected] der frühen Neuzeit. Das vom Ruhr Museum betreute Denkmal wurde umfassend res- Der Deiler Eisenhammer ist der letzte auf tauriert und ist der Öffentlichkeit im Rah- Essener Stadtgebiet am originalen Standort men von Schauvorführungen zugänglich. erhaltene Eisenhammer. Die Anlage besteht 78 E GE 79 51 Schloss Landsberg 52 Ehemaliges Verwaltungs- des Gelsenkirchener Architekten Theodor gebäude Gussstahlwerk Waßer (1875-1952), der in den 1920er-Jahren 1903 erwarb der Industriepionier August zu den führenden Vertretern des Backstein- Thyssen das Burgschloss Landsberg und expressionismus zählte. Für das Gussstahl- ließ es von dem Architekten Otto Lüer aus Mit dem Gussstahlwerk auf dem Ge- werk schuf er ein Bauwerk im neuklassizis- Hannover zu seinem Wohnsitz umgestal- lände des heutigen Wissenschaftsparks tischen Stil. Die Fassade wird über einem ten. Heute dient das Schloss, erweitert um begann die Geschichte der Eisen- und Quadersockel durch eine Folge von Pilastern einen modernen Wohnturm, der Thyssen- Stahlgussindustrie Gelsenkirchens. Erhal- gegliedert. Das mit schwarzem Marmor Krupp AG als Tagungs- und Seminarstätte. ten geblieben ist nur noch das repräsen- verkleidete Treppenhaus führt in einen ver- tative Verwaltungsgebäude der Firma. glasten Innenhof, von dem aus eine weitere Barock, Biedermeier und Jugendstil Treppe und Umgänge die Räume erschließen. Gelsenkirchen Von der Nagelschmiede zum in- Nach der Stilllegung des Gussstahlwerks wur- Im Jahre 1903 erwarb der Mülheimer In- dustriellen Gussstahlhersteller de das Verwaltungsgebäude in der Zeit von dustrielle August Thyssen (1842-1926) von 1995 bis 2016 zum Sitz des Arbeitsgerichts den Freiherren von Landsberg-Velen deren Kurz nach Inbetriebnahme der Zechen Gelsenkirchen. Inzwischen wird das Gebäu- Stammschloss, das Burgschloss Landsberg Hibernia und Rheinelbe übernahmen die de vom NRW-Zentrum für Talentförderung an der Ruhr, heute auf dem Gebiet der Stadt Brüder Hermann und Johann Straßburger der Westfälischen Hochschule genutzt. Ratingen gelegen. Was Thyssen vorfand, Schloss Landsberg. Foto: RIK/Budde eine Nagelschmiede an der späteren Rhei- war eine weitgehend durch die mittelalter- nelbestraße, die sie 1861 um eine Schlos- liche Burg geprägte Anlage, die im 17. und serei und Eisengießerei erweiterten. 1866 18. Jahrhundert durch einen neuen Palas Haus diente geschäftlichen Besprechun- trat der Kaufmann Wilhelm Munscheid in (Wohnhaus) sowie einen Terrassengarten gen sowie gesellschaftlichen und privaten das Unternehmen ein. Mit der Errichtung modernisiert worden war. Unmittelbar Veranstaltungen. Seinen Wintergarten eines Siemens-Martin-Ofens war ab 1885 nach dem Erwerb ließ Thyssen diesen Bau schmückte Thyssen mit Skulpturen, die er auch die Herstellung von Stahlguss mög- nach Plänen des Architekten Otto Lüer aus von in Paris erworben hatte. lich. Um die Jahrhundertwende stellte die Hannover tiefgreifend um- und ausbauen. nunmehr gebildete „Aktiengesellschaft Zum Tal hin wurde ein Neubau für einen Das Schloss wurde nach dem Tode August der Gelsenkirchener Gußstahl- und Eisen- Speisesaal und einen Wintergarten errichtet Thyssens 1926 zunächst von der Familie werke, vormals Munscheid & Co.“ unter sowie ein Wirtschaftsgebäude angefügt. weiter genutzt. 1929 gründeten die drei anderem Kammwalzen, Zylinder, Räder Söhne Thyssens die „August Thyssen-Stif- und Radsätze her. Zu Beginn des Ersten Im Erdgeschoss befinden sich die früheren tung Schloss Landsberg“, um das Anwesen Weltkrieges gehörte die Firma zu den füh- Repräsentationsräume: neben den bereits im Sinne des Verstorbenen zu erhalten. renden deutschen Stahlformgießereien. erwähnten die barocke Eingangshalle und ein Ab 1943 war es mit dem gegenüberliegen- Ab 1930 war sie unter dem Namen „Ruhr- Salon im Stil des 18. Jahrhunderts. Im Ober- den Haus Hugenpoet Sitz eines Planungs- stahl AG – Gelsenkirchener Gussstahlwerk“ Ehemaliges Verwal- geschoss liegen die ehemaligen Wohnräume stabes der Kriegswirtschaft. Den Zweiten Teil der Vereinigte Stahlwerke AG (VSt). tungsgebäude Guss- August Thyssens und ein Gästeappartement Weltkrieg überstand das Schloss nahezu stahlwerk, 1985. im Biedermeierstil mit einem aufwändigen unbeschadet. Von 1947 bis 1967 diente Bei der Entflechtung der Montanindustrie Quelle: Institut für Badezimmer in den Formen des Jugend- Landsberg als Kinderheim, danach als evan- nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Guss- Stadtgeschichte stils. Thyssen ließ auch den Terrassengarten gelische Freizeit- und Begegnungsstätte. stahlwerk Gelsenkirchen AG als selbstständi- Gelsenkirchen mit Brunnenanlage wiederherstellen und ges Unternehmen neu gebildet. 1954 über- das umgebende Waldgelände gestalten. Das Seit 1989 gibt es eine Kooperation zwischen nahm die Rheinisch-Westfälische Eisen und der August Thyssen-Stiftung und der heu- Stahlwerke AG in Mülheim/Ruhr das Guss- Kontakt & Infos tigen ThyssenKrupp AG. Die neue Zweck- stahlwerk, in dem damals fast 2.000 Arbeiter Kontakt & Infos bestimmung beinhaltete die Einrichtung und Angestellte tätig waren. Nach weiteren eine Tagungs- und Seminarstätte für die Zusammenschlüssen und Umgruppierun- August Thyssen-Stiftung Thyssen-Unternehmensgruppe. Im Bereich gen gehörte es ab Anfang der 1970er-Jahre Ehemaliges Verwaltungsgebäude Schloss Landsberg der barocken Orangerie entstand ein neuer zum Thyssen-Konzern. Dieser verlagerte Gussstahlwerk August-Thyssen-Straße 1 Wohnturm. Die historischen Wohn- und die Gussstahlherstellung 1984 in die Hen- Bochumer Str. 86 45219 Essen-Kettwig Arbeitsräume Thyssens wurden umfassend richshütte nach Hattingen; die Produktions- 45886 Gelsenkirchen-Ückendorf restauriert. Der Park wurde weitgehend in stätte in Gelsenkirchen wurde aufgegeben. seiner ursprünglichen Form wiederherge- stellt und ist einschließlich des umgebenden Das ehemalige Verwaltungsgebäude entstand Waldgeländes für Besucher zugänglich. zwischen 1916 und 1919 nach einem Entwurf 80 GE GE 81 von August Thyssen und dem Mülheimer 54 Ehemaliges Verwaltungs- Industriellen Emil Kirdorf zum Zusam- gebäude Thyssen-Draht menschluss mit der Gelsenkirchener Berg- werks AG (GBAG). Mit der GBAG ging das Hüttenwerk nach 1926 in den Vereinigten Das frühere Verwaltungsgebäude von Thys- Stahlwerken auf. Nach dem Zweiten Welt- sen-Draht bildet ein herausragendes und gut krieg wurde der Betrieb im Rahmen der erhaltenes Beispiel der Architektur der 1950er- alliierten Entflechtungspolitik zunächst aus- Jahre und erinnert an die einst bedeutsame Werksanlagen neu errichtet werden. Im Zuge Ehemaliges Ver- gegliedert, 1957 kam er dann zu den Rhei- und vielfältige Eisenindustrie Gelsenkirchens. der Entflechtung der Montanindustrie wurde waltungsgebäude nischen Stahlwerken. Ab 1974 übernahm der Betrieb als Drahtwerk Gelsenkirchen den Thyssen-Draht. die Firma Thyssen das Werk, die schließlich Architektur der 1950er-Jahre Hüttenwerken Oberhausen AG (HOAG) an- Quelle: Institut für 1982 den letzten Hochofen stilllegen ließ. und Erinnerung an die Gelsenkirchener geschlossen. 1968 übernahm der Thyssen-Kon- Stadtgeschichte Drahtindustrie zern mit der HOAG auch das Drahtwerk. Gelsenkirchen Schalker Verein, Außergewöhnliches Solarprojekt Torhäuser. Foto: 53 Schalker Verein, Torhäuser Zu den zahlreichen Firmengründungen Fried- Das Verwaltungsgebäude entstand 1952 nach RIK/Budde Der westliche Teil des über 35 Hektar großen rich Grillos gehörte das Drahtwerk „Komman- Plänen des Architekten Otto Prinz, Mitglied Einst größte Eisengießerei auf dem Kon- Geländes wurde 1996 von der Landesent- ditgesellschaft Boecker & Comp.“, das 1871 mit der Künstlersiedlung Halfmannshof. Es handelt tinent – heute schwerindustrielles Erbe wicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen einer Belegschaft von 190 Arbeitern den Betrieb sich um einen für die Zeit kennzeichnenden als „Zukunftsstandort“ mit einem außer- (LEG) aufgekauft und soll wieder bebaut aufnahm und sich zu einem der fünf großen Raster-Beton-Skelettbau. Der eingeschossige gewöhnlichen Solarkraftwerk. werden. Erhalten blieben die zwölf Meter Betriebe der Eisen- und Stahlindustrie Gelsen- Vorbau an der Eingangsseite bildet mit seiner hohen und 240 Meter langen Erz- und Koh- kirchens entwickelte. Als Fachmann und ersten geschwungenen Form, dem engeren Fenster- Thyssen setzt auf Expansion und Fusion lebunker, auf denen ein außergewöhnliches Leiter gewann Grillo den Ingenieur Wilhelm raster und dem überstehenden Dach, das den Solarprojekt realisiert wurde: Im April 2008 Boecker, der sich als Gesellschafter an dem Unter- Eingang hervorhebt, einen gestalterischen Der Schalker Gruben- und Hüttenverein ging hier ein Solarkraftwerk in Betrieb, das nehmen beteiligte und ihm seinen Namen gab. Gegensatz zum Hauptbaukörper und vermit- wurde 1872 unter maßgeblicher Beteiligung jährlich etwa 320.000 KWh Strom erzeugt. Das Werk umfasste ein Puddel- und Walzwerk telt den Eindruck von Leichtigkeit – ebenfalls des Essener Industriepioniers Friedrich Im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 mit Drahtzieherei und stellte Draht und Draht- ein Merkmal der Architektur der 1950er-Jahre. Grillo gegründet. Der Name des Vereins war der Solarbunker in das Projekt „Starke seile für Bergbau, Eisenindustrie, Maschinenbau, Zahlreiche charakteristische Einzelheiten, wie geht auf den Sitz der Aktiengesellschaft in Orte“ eingebunden. Dabei präsentierten 16 Schifffahrt und Baugewerbe her. Auch nach- die Fensterumrahmungen aus Messing, Treppen Schalke bei Gelsenkirchen zurück. Bis 1903 Künstlerbünde ihre Kunstwerke an bis- dem die Firma 1912 an die Gutehoffnungshütte und Geländer, Fußböden, Lampen und Türgriffe wurden im Werk sechs Hochöfen in Be- her unentdeckten Orten des Ruhrgebiets. (GHH) in Oberhausen übergegangen war, blieb sind erhalten. Die Außenwirkung wird indes- trieb genommen. Vor dem Ersten Weltkrieg die Leitung in Händen von Mitgliedern der sen durch die Berliner Brücke beeinträchtigt. galt der Schalker Verein als größte Eisen- Erhalten sind außerdem das Schalthaus Familie Boecker. Inzwischen hatten Siemens- gießerei auf dem europäischen Kontinent. am westlichen Eingang des neu gestalteten Martin-Öfen die Puddelöfen ersetzt und die Im Werksgelände verdient die 1915 von der Gute- Zukunftsstandortes Schalker Verein sowie Produktpalette war um weitere Drahterzeugnis- hoffnungshütte errichtete Seildreherei Beachtung, 1889 wurde August Thyssen Vorsitzender die aus Backstein errichteten Torhäuser se erweitert worden. Die Belegschaftszahl stieg die als Industriebau unter Denkmalschutz steht. des Grubenvorstandes. Er setzte auf Ex- des Hüttenwerks aus dem Jahr 1923 an der bis in die 1920er-Jahre auf 1.500 Personen an. Die fünfschiffige Halle mit höherem Mittelteil und pansion und Fusion: 1897 übernahm der Wanner Straße. Die beiden kleinen, winkel- Sheddächern an der Hochkampstraße ist als Ei- Schalker Verein das Hochofenwerk Vul- förmigen Bauten mit expressionistischen Nach der Zerstörung durch Luftangriffe im senskelettbau mit Ziegelausfachungen ausgeführt kan in Duisburg, 1899 die Zeche Pluto in Details fassen die Einfahrt zum Gelände Zweiten Weltkrieg mussten große Teile der und von der Berliner Brücke aus gut zu sehen Wanne-Eickel. 1907 kam es auf Betreiben ein und haben je drei große Torbögen. TIPPS An der Freiligrathstraße/Boeckerstraße nördlich des früheren Werksgelän- Kontakt & Infos des ließ die Gutehoffnungshütte 1922 eine Siedlung für die Beschäftigten Kontakt & Infos des Drahtwerks errichten, die 1935 und nach 1945 erweitert wurde. Sie TIPP besteht größtenteils aus Doppelhäusern, die mit dem Giebel zur Stra- Solarbunker und Schalthaus Von 1878 bis 1911 war Franz Burgers tech- ße angeordnet sind und eine unterschiedliche Gestaltung aufweisen. Verwaltungsgebäude: Ehemaliger Schalker Verein nischer Leiter beim Schalker Verein. An Kurt-Schumacher-Str. 100 Hohenzollernstraße/Wil- der Bulmker Straße 117 ließ er 1902 eine An Friedrich Grillo (1825-1888) erinnert das Denkmal auf dem nach ihm Alte Seilerei: denbruchstraße repräsentative Villa im Jugendstil errich- benannten Platz an der Ecke Grillostraße / Kurt-Schumacher-Straße. Grillo Hochkampstraße/Berliner Brücke, Torhäuser: Wanner Straße 172 ten.1995 wurde das Gebäude in die von zählt zu den bedeutendsten Industriepionieren des Ruhrgebiets und spielte 45881 Gelsenkirchen- 45888 Gelsenkirchen- den Architekten Christfreund und Mihs- insbesondere bei der Industrialisierung Gelsenkirchens eine herausragende Schalke-Nord Bulmke-Hüllen ler errichtete Wohnanlage Convenio ein- Rolle. Die Büste des Stuttgarter Bildhauers Hans Retzbach wurde 1954 von bezogen und beherbergt heute ein Café. der Stadt Gelsenkirchen mit Unterstützung der örtlichen Industrie errichtet. 82 BO BO 83 Bochum 56 Jahrhunderthalle Bochum

Architektonisches Jahrhundertereignis, großtechnische Werkanlage, heute Erleb- nis- und Kulturort der Ruhrtriennale: Als industriegeschichtliches und kulturel- les Highlight ist die 10.000 Quadratmeter große Halle Kristallisationspunkt der seit 1988 von einer Projektgemeinschaft ent- wickelten Bochumer „Innenstadt West“. Blick in die histo- rische Sammlung, Von der Gaskraftzentrale Foto RIK/Budde zur Eventlocation

Ursprünglich 1902 für die Düsseldorfer In- Jahrhunderthalle 55 Bochumer Verein teile ohne den bis dahin üblichen arbeitsin- dustrie- und Gewerbeausstellung als Pavillon unterschiedlich große Hallen unterteilt Bochum. Foto: Verkehrstechnik tensiven Schmiedeprozess hergestellt werden des Bochumer Vereins errichtet, wurde die werden. Die vorhandenen Krananlagen sind Frank Rogner konnten. Vor allem die Gussstahlglocken Halle nach der Ausstellung demontiert und multifunktional einsetzbar und bilden auch sorgten für ein weltweites Renommee. Dane- 1903 in Bochum auf dem Firmengelände einen zentralen Teil des Bühnenkonzeptes. Ein noch produzierender Leitsektor der ben lag der Tätigkeitsschwerpunkt von Be- wiederaufgebaut. Von nun an diente sie Industrialisierung im Ruhrgebiet stellt sich ginn an bis heute bei Rädern, Radsätzen und als Gaskraftzentrale des Bochumer Ver- Zwei Neubauten ergänzen die Jahrhundert- vor: Räder, Radsätze und Radreifen für Eisen- Radreifen für Eisen- und Straßenbahnen. eins. Mit dem im Hochofen entstehenden halle von außen. An der Südseite entstand und Straßenbahnen und eine einzigartige Gichtgas wurden sowohl Gasdynamoma- 2003 als Saal 1 ein vollständig unterkellertes, historische Sammlung zum gleichen Thema Mitte der 1960er-Jahre übernahm der schinen zur Erzeugung von werkseigenem zweigeschossiges Foyer-Gebäude mit Galerie beim Bochumer Verein für Verkehrstechnik. Krupp-Konzern den Bochumer Verein. Seit Strom als auch Gebläsemaschinen zur und Café. An den Stirnseiten schließen sich 1998 agiert das Unternehmen mit rund 600 Hochofenwindversorgung angetrieben. Balkone mit offenen Treppenanlagen an. Stahlprodukte mit weltweitem Renommee Beschäftigten wieder eigenständig unter Im Keller befindet sich die zentral angeord- dem historischen Namen. Auf dem Werks- Als die Montankrise in den 1960er-Jahren nete Besuchergarderobe mit WC-Anlagen. Die Bochumer Verein Verkehrstechnik gelände befindet sich außerdem eine vom auch den mittlerweile zum Krupp-Konzern Ein zweiter Anbau entstand an der Seite, GmbH, kurz Bochumer Verein genannt, damaligen Bochumer Verein 1865 errichtete gehörenden Bochumer Verein erschütterte, die dem Wasserturm zugewandt ist. In dem gehört mit seinem Produktionsschwerpunkt Halle, die zu einem ehemaligen Hammer- stand das Stammwerk an der Alleestraße sechsgeschossigen Neubau mit Satteldach Eisenbahnmaterial zu den traditionsreichsten werk gehörte. Sie ist nicht nur eine der bald vor dem Aus. Die Maschinen in der wurden unter anderem Garderoben- und Unternehmen des Ruhrgebiets. 1842 als Fir- ältesten erhaltenen Stahlkonstruktionen Gaskraftzentrale wurden nach Stilllegung Aufenthaltsräume für Künstler eingerich- ma Mayer & Kühne gegründet, erlangte das im Hallenbau überhaupt, sondern auch die der Hochöfen demontiert, die Halle diente tet. Seit 1988 ist die Jahrhunderthalle Kris- junge Unternehmen aufgrund seiner hohen erste in Deutschland, die eine Dreigelenks- danach als Schlosserei und später als Lager- tallisationspunkt der „Innenstadt-West“. Produktqualität schon bald überregionale bogenkonstruktion erhielt. Diese bis dahin halle. Ab 1991 wurde die jetzt so genannte Das neue Stadtquartier wurde von einer Bedeutung. Ausschlaggebend hierfür war nur im Brückenbau verwendete Technik Jahrhunderthalle einschließlich weiterer Projektgemeinschaft entwickelt, bestehend das um 1850 von Jacob Mayer entwickelte sollte hier die starken Erschütterungen der Werkanlagen unter Denkmalschutz ge- aus der Stadt Bochum, NRW.URBAN als Stahlformgussverfahren, mit dem erstmals Dampfhämmer kompensieren. Bis 2013 stellt. Die Namensgebung erfolgte wegen der Treuhänderin des Grundstücksfonds NRW hochwertige Stahlprodukte wie Maschinen- wurde in der Halle noch produziert. irrtümlich angenommenen Verwendung der sowie dem Ministerium für Bauen und Halle auf der Pariser Weltausstellung 1900. Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Historische Sammlung von Kontakt & Infos Eisenbahnrädern IBA Emscher Park Kontakt & Infos

Der Bochumer Verein Verkehrstechnik Während der Internationalen Bauausstel- Bochumer Verein für verfügt auch über eine umfangreiche histo- lung Emscher Park (IBA Emscher Park) Bochumer Veranstaltungs-GmbH Verkehrstechnik GmbH rische Sammlung von Eisenbahnrädern und wurde die Jahrhunderthalle restauriert und Jahrhunderthalle Bochum Alleestraße 70 Radsätzen. Die Sammlung sucht in ihrer in den 1990er-Jahren für Ausstellungen, An der Jahrhunderthalle 1 44793 Bochum-Stahlhausen Geschlossenheit und ihrem Umfang ihres- Kultur- und Sportveranstaltungen nutz- 44793 Bochum-Stahlhausen www.bochumer-verein.de gleichen. Sie ist daher als Leistungsschau von bar gemacht. 2002 begann der Umbau zum www.jahrhunderthalle-bochum.de besonderer Bedeutung - nicht nur für die zentralen Spielort der Ruhrtriennale. Durch Unternehmensgeschichte, sondern auch für reversible Vorhänge kann die Gesamtflä- die Stadt- und Industriegeschichte Bochums. che von fast 10.000 Quadratmetern in drei 84 BO BO 85

Jahrhunderthalle Bochum. Foto: RIK/Staudinger 86 BO BO 87 das zuvor über 130 Jahre der Produktion Im Vordergrund des von Roheisen und Stahl gedient hatte. Die historischen Fotos Reststoffe, darunter große Mengen an ist die heute noch Schlacke, verblieben am Ort und bilden die erhaltene Rundbo- Grundlage der heute noch vorhandenen genfassade des heu- Geländestruktur. Die unterschiedlichen tigen „Colosseums“ Ebenen erleichterten zu Betriebszeiten die zu sehen. Im Hinter- Errichtung neuer Produktionsstätten. grund das im Bau befindliche Siemens- Auch nach der Beseitigung der eigentlichen Martin-Stahlwerk. Fertigungsanlagen zeigt der Westpark diese Quelle: Historisches terrassierte Landschaft mit beeindrucken- Archiv Krupp den Industriebauten. Über dem städtischen Grundniveau von 70 Metern Höhe über Nor- Westpark. Foto: mal Null folgen in 10-Meter-Abständen zwei 58 Colosseum Kriechgänge, die im Zweiten Weltkrieg in das RIK/Budde 57 Westpark weitere Höhenschichten. Auf der 80-Meter- weiträumige, unterirdische Luftschutzsystem Ebene liegt im Zentrum des Geländes die Kunst im „Colosseum“: Eine imposante des Bochumer Vereins integriert wurden. Von der Schwerindustrie geprägtes Gelände Jahrhunderthalle, die ehemalige Kraftzentrale Stützmauer im Arkadenstil –ursprünglich in Terrassenform bietet heute Naherholung des Werkes. Auf dieser Ebene befinden sich für ein Stahlwerk erbaut- beherbergt heu- Skulpturen in der Rundbogenfassade durch Parklandschaft und „Wasserwelten“ auch die 2007 entstandenen „Wasserwelten“ te bunte Stahlrohr-Skulpturen, die in der der ehemaligen Klärteiche und Kühltürme. Dunkelheit im farbigen Glanz erstrahlen. Nach dem Abriss der Siemens-Martin-An- Eine Erlebnislandschaft für das Quartier Darüber bildet die 90-Meter-Ebene einen lagen 1983 stand auch die Existenz des breiten Geländesaum, auf dem sich früher Abriss verhindert, als Kulturort etabliert Colosseums auf dem Spiel. Die Anlage Mit dem Projekt „Innenstadt West“ wird im Norden die Hochöfen und im Süden verfiel in der Folgezeit zunehmend, 1997 eines der letzten großen Areale ehemals das Siemens-Martin-Stahlwerk befanden. Der Werksbetrieb des Bochumer Vereins wurde die Baufälligkeit festgestellt und der schwerindustrieller Nutzung in zentraler Steinerne Böschungen und Geländemo- formte eine auf die Anforderungen eines Abbruch empfohlen. Nach der Revitali- Lage Bochums entwickelt. Das Gestaltungs- dellierungen verbinden die drei Niveaus. integrierten Hüttenwerks ausgerichtete sierung der Jahrhunderthalle entschlossen konzept des ringförmigen Parks um die terrassierte Industrielandschaft. Stützmau- sich aber 2005 die Stadt Bochum und die Jahrhunderthalle verfolgt mehrere Ziele: Es Der Entwurf des neuen Westparks stellt ern spielten bei diesem Konzept buchstäb- Landesentwicklungsgesellschaft NRW zur berücksichtigt die Vorgaben zur Bewälti- die vorgefundene Geländestruktur heraus, lich eine tragende Rolle, wie etwa 1911/12 Sicherung und Renovierung des Bauwerks. gung der Bodenkontamination und wertet überhöht sie an einigen Stellen und verbin- beim Bau des Siemens-Martin-Stahlwerk 2010 konnte das Colosseum sowie der das Image des Standortes auf, der damit für det sie mit Rampen, Treppen und Brücken. II, das in Ergänzung zum bereits existie- davor liegende Platz eingeweiht werden. potentielle Investoren attraktiv wird. Der Von der U-Bahnstation „Bochumer Verein/ renden Werk 16 Meter über dem unteren öffentliche Park um die Jahrhunderthalle Jahrhunderthalle Bochum“ führt eine breite Geländeniveau angelegt wurde. Die Anlage Die sieben farbigen Stahlrohr-Skulpturen bietet eine Erlebnislandschaft, die für die Treppenanlage hinauf auf die 90-Meter-Ebe- bestand aus einer Gaserzeugerhalle, einer in der Rundbogenfassade wurden von dem umliegenden Wohnquartiere auch einen ne. Vom Wohngebiet und dem Parkplatz 80 Meter langen Mischerhalle, einer Ofen- Bochumer Künstler Friedrich Gräsel zwi- neuen Naherholungsbereich darstellt. im Westen führt ein Anstieg zur Jahr- halle und einer 120 Meter langen Gießhalle. schen 1985 und 1990 geschaffen. Seit 2001 hunderthalle auf das mittlere Niveau. Eine sind sie an diesem Ort eine dauerhafte Ein- Der zwischen 1999 und 2007 in mehreren Brücke von 70 Metern Länge, die Nordpol- Das architektonische Konzept der mächtigen richtung, die sich im Eigentum der „Stif- Abschnitten entstandene Park ist die vor- brücke, überspannt zwischen „Nordpol“ Stützmauer am Eingang des Westparks an tung der Sparkasse Bochum zur Förderung erst letzte Schichtung auf einem Terrain, und „Colosseum“ das neue Tor zum Park. der Alleestraße bestand darin, eine möglichst von Kultur und Wissenschaft“ befindet. hohe Stabilität bei gleichzeitig geringem Ma- Kontakt & Infos terialaufwand zu erreichen. Die Mauer wurde Kontakt & Infos im Arkadenstil errichtet, der ihr in An- lehnung an das berühmte Amphitheater in Westpark TIPP Rom den Spitznamen Colosseum einbrachte. Colosseum Alleestraße/Gahlensche Straße Geschichtspfad Westpark: Auf dem Rund- Zur weiteren Stabilisierung der aus etwa 2,8 Alleestraße 44793 Bochum-Stahlhausen weg mit acht Stationen durch das gesamte Millionen Ziegelsteinen errichteten Mauer 44793 Bochum-Stahlhausen heutige Westpark-Areal wird der ehemalige wurden die Stützpfeiler durch Zwischende- www.jahrhunderthalle-bochum.de Bochumer Verein als integriertes Hüttenwerk cken verbunden. Dadurch entstand zu- mit seinen unterschiedlichen Produk- gleich ein nutzbares Gebäude, das in seinem tionsanlagen erfahrbar (Informations- Inneren Waschkauen, Büros und Material- tafeln und Multimedia-Anwendung). lager beherbergte. Im unteren Teil existierten 88 BO BO 89 60 Siedlung Stahlhausen

Eine „Colonie“ und ihr Hüttenwerk: Die älteste Stahlarbeitersiedlung in Bochum, ab den 1860er-Jahren am Areal des Bochumer Vereins erbaut, bot ihren Bewohnern pri- vilegiertes Wohnen mit Stall und Garten innerhalb einer kompletten Versorgungs- struktur. Heute eine „grüne Enklave“ süd- westlich des ehemaligen Werksgeländes.

Grüne Enklave am Rande der Werksflächen Mechanische Werk- stätten an der heu- Die Siedlung Stahlhausen bildete den Auftakt tigen Alleestraße. der Wohnungsbautätigkeit des Bochumer Foto RIK/Budde Vereins für seine Mitarbeiter. Sie ist die äl- teste Stahlarbeitersiedlung in Bochum. Mitte der 1860er-Jahre entstanden südwestlich des Siedlung Stahl- 59 Mechanische Werkstätten Architekten Emil Rudolf Mewes (1885-1949) Werksgeländes die ersten 34 Gebäude nach ßen unterschiedliche Grundrisse, verzierte hausen um 1910. des Bochumer Vereins errichtet. Mewes gehörte zu den einfluss- dem „Mülhauser Typ“. Dieser im französi- schmiedeeiserne Geländer und Vordächer. Quelle: Histori- reichsten Industriearchitekten des Dritten schen Mülhausen entwickelte Baustil war Eine aufwendige Gestaltung mit Gesimsen, sches Archiv Krupp Reiches. Als sein bedeutendstes Werk gilt durch vier um einen quadratischen Kreuz- umlaufender Zierkeramik, bogenförmi- Emil Rudolf Mewes: Einer der einfluss- das Volkswagenwerk in Wolfsburg, das er grundriss gegliederte Wohnungen gekenn- gen Fensteröffnungen sowie Putzfeldern reichsten Industriearchitekten während der 1938 unter anderem in Zusammenarbeit mit zeichnet. Jede Wohnung besaß einen sepa- machten den Statusunterscheid der Be- Nazi-Zeit setzte beim Bau der Mechani- Fritz Schupp und Martin Kremmer entwarf. raten Eingang und ein eigenes Treppenhaus, wohner auf den ersten Blick erkennbar. schen Werkstätten des Bochumer Vereins Ebenso wie Schupp setzte Mewes die mo- das in den Keller und zum Obergeschoß 1935/36 weiterhin moderne Architektur- dernen Architekturströmungen der 1920er- führte. Die genormte Bauweise erlaubte einen Im Zweiten Weltkrieg wurde der Zentral- strömungen aus den 1920er-Jahren um. Jahre im Industriebau auch nach 1933 fort. damals als günstig angesehenen Kompromiss bereich der Siedlung, die 1940/41 einen zwischen geringem Kostenaufwand und auf- Hochbunker an der Baarestraße erhalten In der Tradition der 1920er-Jahre Die lang gestreckte Hallenfront der weitge- gelockerter Struktur, die jeder Familie auch hatte, weitgehend zerstört. Durch den Wie- hend unverändert erhaltenen Mechanischen Gartenwirtschaft ermöglichte. Der Name deraufbau in den 1950er-Jahren entstand Als markante Architektur erstreckt sich an Werkstätten wird am Tor 5 durch ein turm- Colonie Stahlhausen sollte die Verbunden- ein neues Siedlungsbild mit neuen Mehr- der Alleestraße die streng gegliederte Front artiges, sechsgeschossiges Verwaltungsge- heit zwischen dem Stahl erzeugenden Werk familienhäusern in lockerer Bauweise. Trotz der ehemaligen Mechanischen Werkstätten bäude abgeschlossen. Der westliche Teil der und dem Wohnort der hier sesshaft werden- dieser baulichen Veränderungen hat sich der des Bochumer Vereins. In ihnen erfolgte die Halle an der Wattenscheider Straße besteht den Stammarbeiterschaft verdeutlichen. Charakter einer geschlossenen Siedlung er- Nachbearbeitung und Montage von Er- aus einem kubischen Kopfbau. Die Rückfront halten. Die Eingrünung mit Straßenbäumen, zeugnissen der Schmieden, der Press- und des Gebäudes ist im Gegensatz zu den übri- Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Hecken und Grünflächen macht sie zu einer Walzwerke. Die neuen Mechanischen Werk- gen Fassaden eher unspektakulär gestaltet. Siedlung Stahlhausen in mehreren Ausbau- „grünen Enklave“ am Rande der ehemali- stätten wurden 1935/36 unter Einbeziehung stufen errichtet. Insgesamt 90 Wohngebäude gen Werksflächen des Bochumer Vereins. einer älteren Halle nach Plänen des Kölner Die heute als Lager der ThyssenKrupp unterschiedlichster Haustypen beherberg- AG genutzte Werkhalle und das benach- ten über 460 Wohnungen. Dazu kam seit Kontakt & Infos barte Verwaltungsgebäude stehen unter 1874 im Bereich der heutigen Feuerwache Kontakt & Infos Denkmalschutz. Sie erinnern an die be- das „Bullenkloster“, eines der größten Kost- deutende Rolle des Bochumer Vereins als und Logierhäuser des Ruhrgebiets mit 150 thyssenkrupp AG Stahlkonzern und Rüstungsbetrieb im Wohnstuben für 1.200 Arbeiter. Mit einem Siedlung Stahlhausen Alleestraße 146 Dritten Reich, der 1937 als erstes Montan- zentral gelegenen Schulgebäude besaß die Stahlhauser Straße/Baare- 44793 Bochum-Stahlhausen unternehmen den Titel „Nationalsozialis- Siedlung den Charakter einer eigenen Stadt. straße/Gremmestraße/ tischer Musterbetrieb“ erhielt. In Bochum Die in den 1870er-Jahren unter anderem an Lerschstraße/Pinagelstraße gehören sie neben dem Hauptfriedhof und der Baarestraße errichteten Häuser für die 44793 Bochum-Stahlhausen dem Deutschen Bergbau-Museum zu den leitenden Angestellten (sogenannte Werks- markantesten Beispielen für die Architek- beamte) unterschieden sich grundlegend von tur in der Zeit des Nationalsozialismus. den schmucklosen der Arbeiter. Sie besa- 90 BO BO 91 des Bahndamms und die Architektur der 62 Villa Baare Brücken sind Belege für die späte Entste- hungszeit im ersten Drittel des 20. Jahr- Eine Villa für den Generaldirektor des hunderts. Da zahlreiche bereits vorhandene Werkes: 1888 baute der Bochumer Ver- Bahnlinien und Straßen überquert werden ein für den Generaldirektor Louis Baare, mussten, wurde die Trasse hochgelegt und einem der damals führenden Industriellen verläuft über weite Strecken auf einem über- in der Region, ein spätklassizistisches Ge- wiegend aus Bergematerial aufgeschütteten bäude in einem attraktiven Park. Damm. Mit einer Höhe von bis zu 18 Metern und einer Fußbreite von bis zu 54 Metern Umbau durch den Sohn Fritz Baare prägt er den Landschaftsraum nachhaltig. Die Villa Baare wurde 1888 vom Bochumer Insgesamt wurden 15 Brücken bzw. Brücken- Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation züge errichtet. Jene des mittleren Teilstücks für den damaligen Generaldirektor Louis wurden besonders hochgelegt, um wegen der Baare (1821-1897) und seine Familie er- zu erwartenden Bergsenkungen die Stra- richtet. Der aus Bochum stammende Louis ßen aufhöhen zu können, ohne zugleich die Baare war in der zweiten Hälfte des 19. Jahr- Bahnüberführung heben zu müssen. Zum hunderts einer der führenden Industriellen Ausgleich von Bergsenkungen haben einige des Ruhrgebiets. Er gilt zudem als einfluss- Brücken zudem in der Höhe verstellbare reicher Wirtschafts- und Sozialpolitiker. Ein Stützen. Mit Ausnahme der Pfeilerbahn han- Vierteljahrhundert lang war er Präsident der Erzbahntrasse. delt es sich bei den Brücken um häufig vor- Bochumer Industrie- und Handelskammer. Villa Baare. Foto: Foto: Thomas Berns 61 Erzbahn kommende, ohne gestalterischen Aufwand wandtes Landhaus. Auch der Innenbereich RIK/Budde ausgeführte Systeme. Auffällig ist allerdings, Baare ergänzte die ihm geschenkte, von wurde vollkommen umgebaut und im Stil Die Erzbahn gehörte zu den bedeutenden pri- dass die Konstruktion der einzelnen Brücken einem attraktiven Park umgebene Villa eines englischen Landhauses eingerichtet. vat betriebenen Werksbahnen im Ruhrgebiet. der jeweiligen Situation angepasst wurde, die durch ein großes Wirtschaftsgebäude. Sein Besonders auffallend ist das Dachgeschoß Sie verlief vom ehemaligen Gelände des Bochu- Bauwerke also unterschiedlich konstruiert Sohn und Nachfolger als Generaldirektor, mit seinen aufwändigen Stuckdecken. mer Vereins für Bergbau und Gussstahlfabri- sind. Dies geschah wohl, um Material zu Friedrich (Fritz) Baare (1855-1917), ließ kation nach Nordwesten zum Hafen Grimberg sparen. Als Ensemble geben die Bauwerke das eher schlichte spätklassizistische Haus Nach dem Tod Baares im Jahr 1917 über- am Rhein-Herne-Kanal. Heute ist sie eine der einen guten Überblick über den Stahlbrü- 1903 durch einen Turm und weitere Anbau- ließ das Unternehmen seiner Witwe das beliebtesten Radrouten der Metropole Ruhr. ckenbau zwischen 1912 und 1930. Da sich ten ausschmücken. Mit seiner Vielzahl von Haus als Wohnsitz. Die aus der bekannten die Schweißtechnik erst in den 1930er-Jah- Terrassen, Erkern und anderen Ausbauten Bochumer Familie Heintzmann stam- Beeindruckendes Brücken-Ensemble ren durchzusetzen begann, sind alle Brü- wurde es ein typisches, der Natur zuge- mende Hedwig Baare war in zahlreichen cken als Nietkonstruktionen ausgeführt. sozialen Einrichtungen der Wohlfahrts- Über eine Strecke von insgesamt neun pflege engagiert. Sie bewohnte das Gebäude Kilometern diente die Erzbahntrasse dem Stilllegung und Neubeginn bis zu dessen Beschlagnahmung im Jahr Transport von Erzen vom Hafen zu den 1945. Nach der Freigabe durch die Alliier- beiden angeschlossenen Hüttenwerken Mit der Stilllegung des Hochofenwerkes in ten beherbergte es ein Kinder-Kurheim. sowie - in Gegenrichtung – der Beförderung Bochum Ende der 1960er-Jahre wurden der 1974 wurde es von der Firma an die Stadt von Steinkohle und Koks von den umlie- mittlere und südliche Abschnitt der Erz- Wattenscheid verkauft, die es einem Wal- genden Zechen zum Hafen. Die Dimension bahn nicht mehr befahren. Bis 1993 wurde dorf-Kindergarten zur Nutzung überließ. die ältere nördliche Teilstrecke einschließ- Kontakt & Infos lich der Pfeilerbahn noch für Fahrten von Kontakt & Infos Kohlezügen von der Zeche Consolidation in Gelsenkirchen-Bismarck zur Kokerei Besucherzentrum Hoheward Zollverein in Essen-Katernberg genutzt. Waldorf-Kindergarten (Zeche Ewald) Nach der endgültigen Aufgabe des Bahnver- Reiterweg 13 Tel. 02366/181160 kehrs wurde die ehemalige Schienenstrecke 44869 Bochum-Höntrop zwischen 2002 und 2008 unter Feder- Jahrhunderthalle Bochum führung des heutigen Regionalverbandes RUHR.INFOLOUNGE Ruhr zu einem kreuzungsfreien Radweg Tel. 0234/3693111 umgestaltet. Er gehört heute zu den attrak- Louis Baare in Marienbad. Foto: Ernst Pflanz, tivsten Radrouten der Metropole Ruhr. Quelle: Historisches Archiv Krupp 92 BO BO 93 64 Bochumer Verein, Werk Höntrop

Seit 1924 ein innovativer Standort: In diesem Jahr nahm das heute zu ThyssenKrupp Steel gehörende Werk erstmalig ein Röhrenwalz- werk in Betrieb. 1957 führte der damalige Eigentümer, der Bochumer Verein als zweites Unternehmen in Deutschland, das bis heu- te noch als Grundlage der Stahlproduktion ThyssenKrupp dienende Linz-Donawitz-Verfahren ein. Steel Warmbreit- bandwerk. Foto Warm- und Kaltband von Uwe Niggemeier ThyssenKrupp Steel

Bochumer Ver- 1924 nahm der Bochumer Verein an der Technik wird reiner Sauerstoff auf die Ober- ein, Werk Stahl- Essener Straße in Höntrop ein weiteres fläche der flüssigen Schmelze im Konverter industrie, Foto Siemens-Martin-Stahlwerk und erstmalig geblasen und das Roheisen auf diesem Wege RIK/Budde ein Röhrenwalzwerk in Betrieb. Die An- zu Stahl gefrischt. Aufgrund seiner ver- lagen entsprachen modernsten technischen gleichsweise einfachen und dadurch kosten- Standards der Stahlindustrie und galten sparenden Technik ersetzte es nach und nach 63 Bochumer Verein, eins vor allem Oberbaumaterial für Bah- insbesondere durch ihre geringen Pro- alle älteren Verfahren und ist bis heute das Werk Stahlindustrie nen, Halbzeuge und Schmiedestücke für duktionskosten weltweit als vorbildlich. mit Abstand wichtigste Erzeugungsverfahren. den Maschinen- und Schiffbau. Ab 1929 wurde das Werk unter anderem um eine In den 1950er-Jahren avancierte das Werk Nach der Übernahme des Bochumer Vereins Auf dem Areal des Bochumer Traditions- zentrale Gesenk- und Federnschmiede Höntrop nach und nach zum bedeutendsten durch den Krupp-Konzern 1965 konzen- unternehmens Werk Stahlindustrie baute der und um mehrere Walzwerke erweitert. der vier Produktionsstandorte des Bochu- trierten sich die Aktivitäten auf das Werk renommierte Architekt Wilhelm Seidensticker mer Vereins. Zwei neue Walzwerke ersetzten Höntrop, das systematisch erweitert und 1955 einen repräsentativen Hallenkomplex 1952 belegten die neu gegründete Deutsche das nach Kriegsende demontierte Röhren- modernisiert wurde. Es entstanden unter und ein Verwaltungsgebäude. Beide Gebäu- Edelstahlwerke AG einen Teil des Firmen- walzwerk, sodass sich hier weiterhin die anderem ein Warmbreitbandwalzwerk de werden heute noch gewerblich genutzt. areals mit ihren Produktionsanlagen. Nach modernsten Walzanlagen des Bochumer (1966), ein Kaltwalzwerk (1971), zwei Ver- Plänen des Architekten Wilhelm Seiden- Vereins befanden. Durch ein neues Siemens- zinkungsanlagen (1987) und eine Feuerbe- Nutzung durch einen stickers wurden 1955/56 ein großer Hallen- Martin-Stahlwerk konnte die Produktions- schichtungsanlage (1992). Auf dem Gelände führenden Bergbauzulieferer komplex und ein Verwaltungsgebäude an kapazität der Vorkriegszeit wieder erreicht des Werkes, das heute von ThyssenKrupp der Bessemerstraße errichtet. Beide Gebäude werden. Der wichtigste Schritt war jedoch Steel betrieben wird, befinden sich neben 1889 kaufte der Bochumer Verein das wurden ab 1974 durch die Firma „Bochumer die Errichtung eines Oxygenstahlwerks, der hoch aufragenden Feuerbeschichtungs- 1870 als Konkurrenzunternehmen ge- Eisenhütte Heintzmann“ genutzt, die weltweit mit dem der Bochumer Verein 1957 als anlage an der A 40, dem Warmbreitband- gründete Werk an der Bessemerstraße. Die führend im Bereich von Ausbaumaterialien zweites Unternehmen in Deutschland die und Kaltwalzwerk noch zwei Beizen, eine weiterhin rechtlich selbstständige Gesell- für den Berg- und Tunnelbau tätig ist. Die Stahlerzeugung nach dem neuen Linz-Do- elektrolytische Verzinkungsanlage sowie schaft produzierte ab diesem Zeitpunkt als Gebäude, in denen heute unter anderem das nawitz-Verfahren aufnahm. Bei dieser auch verschiedene Kleinanlagen zur Stahlver- Werk Stahlindustrie des Bochumer Ver- Archiv und Teile der Sammlung des Deut- als Sauerstoffaufblasverfahren bezeichneten edelung und ein Ausbildungszentrum. schen Bergbau-Museums untergebracht sind, werden nur noch von der Firma verwaltet. Kontakt & Infos Die Produktionsanlagen befinden sich an der Kontakt & Infos Klosterstraße. 1963/64 entstand an der Allee- TIPP straße, ebenfalls nach Plänen Seidenstickers, An der Essener Straße erinnern heute noch weitere Gebäude an die lange thyssenkrupp AG im Nordwesten des Geländes das weithin Geschichte des Stahlstandorts Höntrop: 1922/23 errichtete der Architekt thyssenkrupp Steel Europe AG Obere Stahlindustrie 4 sichtbare ehemalige Verwaltungshochhaus Wilhelm Kreis auf der dem Werksgelände gegenüberliegenden Straßen- Essener Straße 244 44793 Bochum-Stahlhausen des Bochumer Vereins. Ab 1968 wurden seite das Verwaltungsgebäude des Stahlwerks (Essener Straße 197). Das 44793 Bochum-Stahlhausen im Zuge der Stilllegung des Stammwerkes festungsartig wirkende Gebäude steht seit 1990 unter Denkmalschutz Anmeldungen für Besichtigungen: nach und nach fast alle Produktionsanlagen und wird heute gewerblich genutzt. Weiter westlich schließt sich das [email protected] des Werkes abgerissen. Das Firmengelän- ebenfalls denkmalgeschützte Torhaus 11 an (Essener Straße 203). Zu de wird aber weiterhin von verschiede- dieser Zeit entstand im Umfeld auch eine Siedlung für die Werksange- nen Unternehmen gewerblich genutzt. hörigen, die bis 1960 auf über 450 Wohneinheiten angewachsen war. 94 BO BO 95 Vom Stahlstandort zum Gewerbepark 66 Stahlwerke Bochum

Ein ehemaliges Verwaltungsgebäude der Nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründet: Westfälischen Stahlwerke an der Kohlen- Die Stahlwerke Bochum stellten nun Kalt- straße ist der letzte steinerne Zeitzeuge, der band her und erzeugten mit einem neuarti- an die montanindustrielle Geschichte des gem Verfahren Elektrobleche. Auch heute gegenüberliegenden Gewerbegebiets Rom- werden am Standort von ThyssenKrupp Steel bacher Hütte erinnert. Der Bau wurde 1896 noch High-Tech-Elektrobleche hergestellt. von Heinrich Köhler (1836-1907) errichtet. Köhler hatte die Westfälischen Stahlwer- Vom Drahtseil zum Elektroblech ke 1889 nach leitenden Tätigkeiten beim Bochumer Verein und als Miteigentümer Die Ursprünge der Stahlwerke Bochums ge- des „Neuen Stahlwerks Daelen, Schreiber & hen auf die um 1820 entstandene Seilerei von Co.“, dem späteren Werk Stahlindustrie des Johann Hermann Vennemann (1798-1845) Bochumer Vereins, gegründet. Die Anlage zurück, die für den damals prosperieren- umfasste ein Siemens-Martin-Stahlwerk, den Bergbau unter anderem auch (Draht-) mehrere Walzstraßen und mechanische Förderseile herstellte. 1907 siedelte die Stahlwerke Werkstätten. Hergestellt wurden vor al- Seilerei zusammen mit der Firma Heinrich zuvor aufgenommene Elektrostahlproduk- Bochum, 1952. lem Produkte für die Eisenbahn wie Rad- Grimberg, die Grubenlampen und weitere tion, bald danach wurden die Blockstraße Quelle: Regional- sätze, Federn, Schienen und Weichen. Bergbauartikel herstellte, auf das heutige und das Warmbandwalzwerk stillgelegt. verband Ruhr Gelände auf der „großen Vöde“ an der Karl- Die Belegschaft sank von knapp 6.000 auf Der dreigeschossige, aus drei Flügeln beste- Lange-Straße um. Neben der Intensivierung 3.300 Mitarbeiter. Es folgte die Gründung hende Backsteinbau hat an der Straßenseite des Auslandsgeschäfts wurde das Produk- der Elektroblech Gesellschaft mbH (EBG) ein mittig gelegenes Portal mit Treppenauf- tionsprogramm auf Eisenkonstruktionen und der Einstieg der August Thyssen-Hüt- gang, das durch seitliche Säulen und einen und Maschinen wie Streckenförderungen für te AG. Mit dem 1973 eröffneten neuen Rundbogen sowie zwei zweigeschossige den Bergbau ausgedehnt. 1924 beschloss die Kaltwalzwerk, einem der weltweit leis- Vorbauten hervorgehoben wird. Auf dem Bergbau AG Lothringen, mittlerweile Mehr- tungsstärksten, avancierte die SWB zum massiven Mauerwerkssockel verweist eine heitseigentümerin der Firma Vennemann, größten Elektroblechhersteller Europas. Inschrift auf die spätere Nutzung des Gebäu- den Bau eines eigenen Stahl- und Walzwerks des als Verwaltung des Bochumer Vereins. an der Castroper Straße unter dem Namen 1989 fasste der Thyssen-Konzern seine Eisen- und Hüttenwerke AG (EHW). 1927 Elektroblechaktivitäten in der EBG Ge- Verwaltungsgebäu- 1921 übernahmen die Rombacher Hütten- nahm die EHW mit mehreren Siemens- sellschaft für Elektromagnetische Werk- de Rombacher Hüt- 65 Rombacher Hütte werke aus Koblenz die Westfälischen Stahl- Martin-Öfen, einem Warmbandwalzwerk stoffe GmbH zusammen. 2002 wurden te. Foto: RIK/Budde werke, die wiederum 1926 in die Vereinigte und einem Kaltwalzwerk den Betrieb auf. sie in die ThyssenKrupp Electrical Steel Ein Stahlunternehmen aus Koblenz inves- Stahlwerke AG (VSt) eingegliedert wurden. GmbH überführt. Heute werden am Stand- tierte im Ruhrgebiet: 1921 übernahmen die Im Rahmen einer organisatorischen Neu- Die Fabrikationsanlagen an der Castroper ort mit etwa 300 Mitarbeitern (Stand 2021) Rombacher Hüttenwerke die Westfälischen strukturierung innerhalb der VSt gingen Straße überstanden den Zweiten Weltkrieg sogenannte nicht kornorientierte High- Stahlwerke. Heute erinnert nur noch ein die Produktionsanlagen schließlich an den weitestgehend unbeschadet und konnten Tech-Elektrobleche hergestellt. Den tradi- denkmalgeschütztes Verwaltungsgebäude Bochumer Verein. Dabei wurden bis zur daher 1945 unter der britischen Militärregie- tionsreichen Namen Stahlwerke Bochum von 1896 an das Traditionsunternehmen. schrittweisen Schließung des später zum rung nahezu unverändert weiter betrieben führt der 2004 als eigenständige Gesell- Krupp-Konzern gehörenden Werkes Anfang werden. 1947 wurde der Betrieb dann als schaft ausgegliederte Gießereibetrieb. der 1970er-Jahre nur noch die Schienen- Stahlwerke Bochum AG (SWB) neu gegrün- Kontakt & Infos produktion und der Stahlformguss aufrecht- det. Die Drahtseilerei, die im 19. Jahrhundert Kontakt & Infos erhalten. 1980 erwarb die Stadt Bochum das den Einstieg in das Stahlgeschäft bedeutete, brachliegende Gelände, um dort ein Gewer- arbeitete noch bis 1951. Das Unternehmen Ingenieurzentrum Bochum begebiet unter dem Namen Rombacher Hütte konzentrierte sich 1954 zunächst auf die Stahlwerke Bochum GmbH Kohlenstraße 70 anzusiedeln. Auch das ehemalige Verwal- Herstellung von Kaltband, führte aber kurz Castroper Straße 238 44795 Bochum-Weitmar tungsgebäude der Westfälischen Stahlwerke darauf ein in Deutschland neuartiges Verfah- 44791 Bochum-Innenstadt ging in den Besitz der Stadt über und wurde ren zur Erzeugung von Elektroblechen ein. schließlich unter Denkmalschutz gestellt. Die Stahlkrise in den 1960er-Jahren hin- terließ tiefe Einschnitte im Produktions- bereich der SWB: 1966 endete die erst kurz 96 BO HAT 97 67 Opel 68 Henrichshütte schen Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Erst im Rahmen des nationalsozialistischen Nachfolger für die traditionelle Montan- Am 17. Juni 1855 wurde der erste Hochofen Aufrüstungsprogramms arbeiteten 1939 industrie in Bochum gefunden: 1962 startete der Henrichshütte in Betrieb genommen. wieder fast 7.000 Beschäftigte im Werk, die Firma Opel mit 9.000 Beschäftigten die 1910 gab es bereits 6.000 Beschäftigte im 1944 kamen 2.500 Kriegsgefangene und Schichtende Pkw-Produktion im Ruhrgebiet. Nach 2011 Betrieb. Das nationalsozialistische Auf- Zwangsarbeiter hinzu. Das Hüttenwerk bei Opel, 1970. führten Absatzkrise und Neuorientierung rüstungsprogramm verwandelte das Werk hatte sich mit Panzer- und U-Boot-Teile- Hattingen Quelle: Presse- und beim Mutterkonzern General Motors zu ab 1939 in eine Waffenschmiede. 1987 bau in eine Waffenschmiede des Dritten Informationsamt Produktionseinschränkungen und schließ- führte die weltweite Stahlkrise zur Still- Reiches verwandelt. Nach 1945 folgten Jahre Bochum lich 2014 zur endgültigen Werkschließung. legung des Hochofen-Betriebes, das Stahl- des Produktionsstillstandes. Erst ab 1950 werk folgte 1993, die Schmiede 2003. Seit wurde das Werk unter der Regie des Unter- Vom Opel Kadett zum Opel Zafira 1989 ist die Hütte LWL-Museumsstandort. nehmens Rheinstahl schrittweise wieder in Produktion der ersten Opel Kadett A. Weitere Betrieb genommen. Von Grobblechen für Ende der 1950er-Jahre wurde Bochum als erste Erfolgsmodelle wie der Opel GT, Manta und Der Graf baut ein Hochofenwerk den Schiffsbau bis zu Kurbelwellen für die Großstadt des Ruhrgebiets massiv von den Aus- Ascona sollten in den 1960er- und 1970er- Jah- Autoindustrie wurden die verschiedensten wirkungen der Kohlekrise getroffen. Bis 1962 ren folgen. Anfang der 1990er-Jahre ersetzte 1853 erwarb Graf Henrich zu Stolberg-Wer- Eisen- und Stahlprodukte hergestellt. 1959 verlor die Stadt rund 17.500 Arbeitsplätze im der Opel Astra den Kadett und ab 1999 wurde nigerode, der im Harz Kohlen- und Eisen- hatten über 10.000 Menschen wieder Arbeit Bergbau, bis 1967 sollten es 40.000 werden. Die der innovative Minivan Opel Zafira auf den erzgruben betrieb und nach neuen Stand- auf der Hütte, bis in den 1970er-Jahren die Rüsselsheimer Adam Opel AG befasste sich seit Markt gebracht. Zu Hochzeiten der Produktion orten für die Roheisengewinnung suchte, das weltweite Stahlkrise einsetzte. Vielfältige Ende der 1950er-Jahre mit der Idee, ein völlig in den 1970er-Jahren arbeiteten nahezu 20.000 Rittergut Bruch in Welper. Die Rohstoffbasis Protestaktionen von Belegschaft und Hat- neu entwickeltes Auto als Volumenmodell in Beschäftigte bei Opel. Ein erfolgreiches Projekt des künftigen Hüttenbetriebes wurde durch tingern Bürgern versuchten die Schließung Konkurrenz zum VW-Käfer auf den Markt des Strukturwandels im Ruhrgebiet schien den Kauf von mehreren Eisensteinfeldern des Hüttenwerkes zu verhindern. Doch der zu bringen. Die Suche nach einem geeigneten gelungen zu sein. Absatzkrise und daraus und die Übernahme mehrerer Kohlenzechen Widerstand gegen die Schließungspläne des Produktionsstandort konzentrierte sich bald auf folgende strukturelle Neuorientierungen beim im Hattinger Raum gesichert. Der Transport mittlerweile zum Thyssen-Konzern gehören- das Gelände der stillgelegten Bochumer Zechen Mutterkonzern General Motors führten aber der Rohstoffe sollte über die Ruhr erfolgen. den Werkes war erfolglos.1987 wurden die Dannenbaum 1 in Laer und Bruchstraße in insbesondere nach 2011 immer wieder zur Die unregelmäßigen Wasserstände der Ruhr, Hochöfen stillgelegt. Etwa 3.000 Beschäftigte Langendreer. Interessierter Förderer des Pro- Infragestellung des Produktionsstandortes Bo- häufig mit Überschwemmungen verbunden, verloren ihren Arbeitsplatz auf der Hen- jektes war dabei die Stadt Bochum. Die Adam chum und zum Abbau von Arbeitsplätzen. 2012 verzögerten den Aufbau des Hüttenwerkes. richshütte. Der Hochofen 2 wurde verkauft, Opel AG akzeptierte als Geschäftspartner nur wurde schließlich die Einstellung der Fahr- Doch trotz aller Widrigkeiten wurde am 17. demontiert und nach China transportiert. die Stadt selbst. Da diese aber nur über einen zeugproduktion für 2014 beschlossen. Gänzlich Juni 1855 der erste Hochofen der nach dem kleinen Teil der gewünschten Flächen verfügte verschwunden ist Opel allerdings nicht. Mitte inzwischen verstorbenen Grafen benannten Weg des Eisens erwarb sie das Restgrundstück von der Gelsen- 2017 wurde das zentrale europäische Ersatz- Henrichshütte in Betrieb genommen. Für kirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft, um teillager der Firma auf dem Gelände eröffnet. die Arbeiter des Hüttenwerkes wurde 1860 Seit 1989 ist die Henrichshütte Museums- es dann weiterzuverkaufen. Geschäftliches Ziel die Arbeitersiedlung Haidchen errichtet. standort. Dem Besucher erschließen sich von Opel war dabei, der Stadt Bochum nicht Das unter vorläufigem Denkmalschutz ste- 1871 hatte die Eisenhütte bereits vier Hoch- über den „Weg des Eisens“ und die Bestei- nur die Abbruchkosten zu überlassen, sondern hende ehemalige Opel-Verwaltungsgebäude öfen. 1904 wurde das Werk an die Firma gung des Hochofens 3 die vielfältigen Fa- die Stadt auch für mögliche Bergschäden haften ist mittlerweile an die Landmarken AG ver- Henschel & Sohn in Kassel verkauft, die den cetten des Eisenhüttenwesens. Von April bis zu lassen. Dazu kam die Übernahme aller kauft worden. Der Projektentwickler plant Betrieb grundlegend modernisierte und Oktober lohnt der Besuch der Schaugießerei, Kosten für den Straßenausbau um das Werk. ein multifunktionales Nutzungskonzept unter zum integrierten Hüttenwerk ausbaute. 1910 wo heute wieder Metall fließt. In der Ge- anderem mit Büros, Hörsälen, Werkstätten und arbeiteten bereits 6.000 Belegschaftsange- bläsehalle finden Konzerte statt und Kinder Nach etwa zweijähriger Bauzeit begann im Ausstellungsflächen. Auf dem übrigen Gelände hörige auf der Henrichshütte. Die Weltwirt- können mit dem Museumsmaskottchen Ratte Oktober 1962 mit 9.000 Beschäftigten die (Projekt-Name Mark 517 der Stadt Bochum) schaftskrise Anfang der 1930er-Jahre brachte auf Entdeckungstour Kontakt & Infos gibt es seit 2019 neben dem Opel-Ersatzteil- dann mit Massenentlassungen einen drasti- gehen, lernen Tiere und Kontakt & Infos lager ein Mega-Logistikzentrum von DHL und Pflanzen der Industrie- in Zukunft soll unter Beteiligung der Ruhr brache kennen. In naher Mark 517-Ehemaliges Universität Bochum und des Max Planck-In- TIPP Zukunft soll es auf der LWL-Industriemuseum Werksgelände Opel Werk 1 stituts ein Zentrum für Cybersicherheit ent- In unmittelbarer Nachbarschaft des In- Henrichshütte auch Westfälisches Landesmu- Opelring 1 stehen. In diesem Zusammenhang stehen dustriemuseums befindet sich das West- einen „WasserEisen- seum für Industriekultur 44803 Bochum-Laer auch Planungen des Bochumer Unternehmens fälische Feuerwehr-Museum. Das Museum Land“-Infopunkt geben, Henrichshütte in Hattingen Escrypt, einer Bosch-Tochtergesellschaft, auf präsentiert etliche Einsatzfahrzeuge von der die Besucher über Werksstraße 31-33 dem Opel-Gelände einen neuen Firmensitz zu Werksfeuerwehren aus verschiedenen Zeit- die laufende Entwick- 45527 Hattingen-Welper gründen, der sich auf Cyber-Security-Lösun- epochen und ergänzt die Route Indust- lung des touristischen www.lwl-industriemuseum.de gen im Automobilbereich spezialisiert hat. riekultur um einen weiteren Aspekt. Projektes informiert. 98 HAT HAT 99 Henrichshütte Hattingen. Foto: RIK/Staudinger 100 HAT WIT 101 genutzt werden sollten. Die Genossenschaft konn- 70 Steinhauser Hütte Die 1855 von dem Niederländer Jan Jacob te auch einen prominenten Architekten für die van Braam und dem Wittener Unternehmer Planung gewinnen, nämlich Georg Metzendorf. Vom „Puddeln“ zum „Bessemern“: Zur Jahres- Carl Ludwig Berger gegründete Steinhauser Er hatte sich bereits mit der Gartenstadtsiedlung wende 2017/2018 tauchten bei Erschießungs- Hütte erzeugte im Puddelwerk und in dem Margarethenhöhe in Essen einen Namen gemacht. arbeiten für ein neues Gewerbegebiet in der nach 1870 entstandenen Bessemer-Werk Nähe des Hauptbahnhofs Witten sensatio- Stahl, der anschließend in den angeglieder- Aus Kostengründen entschied man sich in erster nelle archäologische Funde eines ehemaligen ten Walzwerken zu Schienen, Baustahl und Linie für Doppel- und Reihenhäuser, die alle einen Puddel- und Bessemer-Stahlwerkes aus der Blechen verarbeitet werden konnte. Mit großzügigen Garten erhielten. Für damalige Ver- zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. dem Ausbau des Werkes ging eine wirt- hältnisse ein besonderer Luxus: alle Häuser waren schaftliche Erfolgsgeschichte einher, die „Puddeln“ und „Bessemern“ in Witten von Anfang an mit fließendem warmen und kalten aber im Zuge der Gründerkrise 1877 durch Witten / Wetter Gartenstadt Hütte- Wasser und einer Zentralheizung ausgestattet. Liquidation jäh beendet wurde. Ein Nach- nau, Foto Martina 69 Gartenstadt Hüttenau Während die Wohnungen in den Mehrfamilien- 2017/2018 sollte ein neues Gewerbegebiet folgeunternehmen baute 1890 an Stelle des Mehrwald-Balzer häusern zur genossenschaftlichen Miete vorgese- in der Nähe des Wittener Hauptbahnho- alten Bessemer-Werkes noch ein modernes Der Amtmann von Blankenstein Karl Thiel hen waren, wurden die Einfamilienhäuser auch fes erschlossen werden. Die Überraschung Siemens-Martin-Stahlwerk, das aber bereits gründete 1909 eine Gartenstadt-Genossen- mit Kaufanwartschaft vergeben. Zwischen 1910 war groß, als dabei Überreste aus den An- nach zwei Jahren die Produktion wieder schaft. Für die Planung der Siedlung wurde der und 1917 entstanden insgesamt 386 Wohnungen. fangsjahren der Stahlerzeugung im Ruhr- einstellen musste. Danach erfolgten noch Architekt Georg Metzendorf gewonnen, der in Zuerst wurden die Häuser an der Garten-, Staren- gebiet auftauchten. Es handelte sich dabei weitere industrielle Nutzungen des Geländes. Essen mit dem Bau der berühmten Margare- und Bogenstraße sowie an den kleineren ab- um archäologische Funde eines ehemaligen thenhöhe beauftragt war. Bis 1917 entstanden zweigenden Wohnstraßen südlich der Landstraße Puddel- und Bessemer-Werkes. Das Ende Die europaweit einzigartigen 386 Wohnungen, heute besitzt die Genossen- nach Blankenstein (heutige Marxstraße) gebaut. des 18. Jahrhunderts in England entwickelte Überreste eines Puddelwerkes schaft Hüttenau etwa 1.200 Wohnungen. Danach kamen die zur Ruhr hingewandten Häu- Puddelverfahren setzte sich in Deutsch- ser an der Ringstraße und am Luisenplatz sowie land erst 50 Jahre später durch. Dabei wurde Das spannende industrielle Erbe auf dem Ein besonderer Luxus an der Erzberger- und Rathenaustraße hinzu. das Roheisen in einem speziellen Ofen wie heutigen Gelände sind die noch vorhandenen Während bei den ersten Bauten eine größere Ty- ein Teig gerührt (gepuddelt) und damit der Spuren nahezu aller wesentlichen Phasen der Einst war Hüttenau eine der attraktivsten Gar- penvielfalt aus Zwei-, Drei- und Vierhausgruppen Kohlenstoffgehalt reduziert, eine wichtige Stahlerzeugung des 19. Jahrhunderts. Das tenstädte im Ruhrgebiet. In den Jahren nach der besteht, dominieren beim letzten Bauabschnitt Voraussetzung für die Stahlherstellung. Die bestätigten auch die von der Archäologie Privatisierung hat sie zwar viel von ihrem ur- freistehende Doppelhäuser und Dreiergruppen. teigige Luppe wurde anschließend geschmie- des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe sprünglichen Charakter verloren, aber ein Besuch Heute besitzt die Genossenschaft Gartenstadt det und ausgewalzt. Um 1855 entwickelt der in Auftrag gegebenen Grabungs- und Do- ist dennoch lohnend. Nachdem die Henrichshütte Hüttenau rund 1.200 Wohnungen (Stand 2021). englische Ingenieur Henry Bessemer dann kumentationsmaßnahmen im Verlauf des zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Belegschaft ein nach ihm benanntes Verfahren, bei dem Jahres 2018. Insbesondere die umfangrei- erheblich vergrößert hatte, musste neuer Wohn- Roheisen in einen Konverter gefüllt wurde, chen baulichen Überreste des Puddelwerkes raum in der Umgebung geschaffen werden. 1909 TIPPS in den Luft eingeblasen wurde und damit mit seinen unterirdischen Strukturen dürf- rief Karl Thiel, Amtmann von Blankenstein, zur Die zur Ruhr hin orientierten Siedlungsteile der ebenfalls die notwendige Kohlenstoffreduk- ten europaweit, vermutlich sogar weltweit Gründung einer Gartenstadt-Genossenschaft als Gartenstadt Hüttenau umschließen die ältere Ko- tion erfolgen konnte. Der so „gefrischte“ Stahl einmalig sein. Wegen dieses von Experten Gegenkonzept zu den bis dahin überbelegten und lonie Müsendrei. Sie entstand nach 1900 um das wurde dann gegossen oder geschmiedet. attestierten Alleinstellungsmerkmals ent- unhygienischen Mietskasernen auf. Das Projekt zu einem Wohnhaus umfunktionierte, 1975 abge- schloss sich die Stadt Witten in Absprache wurde im großen Stil geplant: Auf einer freien rissene Schachtgebäude der Spateisenzeche Mü- mit dem Landschaftsverband, den Bereich Fläche im Ortsteil Welper sollte ein neuer Stadt- sen III. Der spektakuläre Fund eines Spateisen- der historischen Stahlerzeugung zunächst aus teil entstehen. Dazu sicherte man sich 160 Hektar flözes war 1850 ursächlich für die Gründung der der Flächensanierung herauszunehmen und Land, neun Hektar davon Waldfläche, die als Park Henrichshütte, jedoch erwiesen sich die Vorkom- die Anlage eines „Archäologischen Fens- men bereits nach wenigen Jahren als unergiebig. ters“ in Betracht zu ziehen. (Stand 2021) Kontakt & Infos Kontakt & Infos Die Arbeiterkolonie Haidchen (Henschelstraße) entstand in räumlicher Nähe zur Henrichshüt- Gartenstadt Hüttenau te. Die Häuser auf der nördlichen Straßenseite Steinhauser Hütte Marxstraße wurden noch von den Grafen zu Stolberg-Wer- Archäologisches Grabungsfeld 45527 Hattingen-Welper ningerode in der Gründungsphase der Hütte in Drei Könige Anlehnung an Bauweisen aus dem Harz errichtet. 58452 Witten-Mitte Sie wurden von den Hütten-Angestellten be- wohnt, die aus dieser Region zugewandert waren. Die Mehrfamilienhäuser auf der südlichen Steinhauser Hütte; Foto S Luke/ Straßenseite wurden erst nach 1904 errichtet. Archäologie am Hellweg eG 102 WIT WIT 103 men ein und übernahmen bald die Ge- schäfte. Louis Berger gelang es als einem der ersten, Gewehrläufe aus Gussstahl zu fabrizieren. Die Firma expandierte stark und gehörte schnell zu den Hauptlieferan- ten bei den Königlichen Gewehrfabriken.

Bis zum Ersten Weltkrieg produzierte das Un- ternehmen vorrangig Geschütze, Stahlguss- und Stahlschmiedestücke, Bleche und später auch Geschosse. Die Nachkriegskrise mit po- litischer und wirtschaftlicher Instabilität för- derte im Stahlsektor die Bestrebungen nach Zusammenschlüssen und Konzernbildungen. Deshalb wurde das Gussstahlwerk Witten ab 1926 schrittweise in die Vereinigte Stahlwerke 130 Tonnen- AG (VSt) einbezogen. Im Zweiten Weltkrieg Elektrolichtbogen- 71 Edelstahlwerk Witten wurde das Werk erneut zum Rüstungspro- ofen. Foto: Uwe duzenten. Wie in anderen kriegswichtigen Niggemeier Seit 1854 Stahl aus Witten: Der Industrielle Betrieben auch, waren im Wittener Werk Carl Ludwig Berger begann mit der Produk- unter teilweise unmenschlichen Bedingungen Berger-Denkmal. tion von hochwertigem Gussstahl für Säbel- ausländische Zwangsarbeiter eingesetzt. Nach Foto: RIK/ klingen. Während des Ersten und Zweiten 1947 erhielt das Unternehmen im Rahmen Staudinger Weltkrieges avancierte das Unternehmen der alliierten Neuordnungsmaßnahmen wie- zu einem wichtigen Rüstungsproduzenten der seine Selbständigkeit als Gussstahlwerk in Deutschland. Seit den 1960er-Jahren Witten AG, ab 1965 hieß es dann Edelstahl- 72 Berger-Denkmal reich von Freitreppen umgeben. Im Turm- verfolgt die Firma unter dem Namen Edel- werk Witten AG (ESW). Der neue Unter- schaft befindet sich eine Stahlwendeltreppe, stahlwerk Witten das Ziel, eine Produkt- nehmensname verdeutlichte auch das seit Ein Denkmal für den Sohn von Carl Lud- über die man zum Turmkopf gelangt, der von palette mit Premiumanspruch anzubieten. den 1950er-Jahren verfolgte Ziel, den Betrieb wig Berger: Für seine vielfältigen Verdiens- Rundbogen-Öffnungen durchbrochen ist und zu einem Edelstahlwerk mit Premiuman- te wurde der Wittener Industrielle Louis den Blick auf die reizvolle Flusslandschaft des Vom Hauptlieferanten für spruch auszubauen. 1975 wurde das Guss- Constans Berger 1902 auf dem Hohenstein Ruhrtals freigibt. Eine am Turm angebrachte Gewehrläufe zum Edelstahlproduzenten stahlwerk Teil der Thyssen Edelstahlwerke mit einem Denkmal geehrt. Mit seinem Tafel mit Kopfrelief erinnert an Louis Berger. wilhelminischen Baustil steht das Denk- Das Denkmal im wilhelminischen Baustil ist Das traditionsreiche Werk auf dem heute 500.000 Tonnen Stahl jährlich aus mal in der Tradition der monumentalen ein Dokument des Zeitgeistes um die Jahr- 53 Hektar großen Gelände zwischen Ruhr- dem Elektrolichtbogenofen Nationaldenkmale des 19. Jahrhunderts. hundertwende und steht damit in der Traditi- deich und dem Wittener Bahnhof wurde on der monumentalen Nationaldenkmale des bereits 1854 von Carl Ludwig Berger (1794- Seit 1981 erzeugt ein einziger 130-Tonnen- Denkmal mit Panoramablick 19. Jahrhunderts. Seit jeher waren Aussichts- 1871) zur Herstellung von hochwertigem Elektrolichtbogenofen 500.000 Tonnen punkt und anschließender Park ein beliebtes Gussstahl für die Produktion von Säbel- Rohstahl pro Jahr. Insbesondere werden Das Bergerdenkmal wurde 1902 zu Ehren des Ausflugsziel. Neben dem Panoramablick klingen gegründet. Wenige Jahre nach der rost-, säure- und hitzebeständige Stähle her- Industriellen Louis Berger auf dem Hohen- bietet der Hohenstein diverse Möglichkeiten Firmengründung traten die Söhne Carl gestellt, aber auch solche für die Fertigung stein errichtet. Dieser leitete zeitweise die für Freizeitgestaltung und Sportaktivitäten. jun. und Louis Constans in das Unterneh- von Werkzeugen. Wichtige Kunden sind von seinem Vater Carl Berger gegründete Kontakt & Infos unter anderem die Automobilindustrie, die Wittener Gussstahlfabrik, bevor er sich später Kontakt & Infos Werkzeugmaschinen- und Windenergie- der Politik zuwandte. Louis Berger wurde anlagenbauer, die chemische Industrie sowie 1865 Mitglied des Preußischen Abgeordne- Deutsche Edelstahlwerke GmbH die Luft- und Raumfahrtindustrie. Seit 2005 tenhauses und gehörte von 1874 bis 1881 Berger-Denkmal Auestraße 4 gehört die Firma unter Zusammenschluss dem Reichstag an. Außerdem war er Mit- 58453 Witten-Hohenstein 58452 Witten-Mitte mit der Edelstahlwerke Südwestfalen GmbH begründer und Förderer der Turngemeinde www.dew-stahl.com per 1. Januar 2007 als Deutsche Edelstahl- Witten, auf deren Anregung das Denkmal werke GmbH zum größten Schweizer Stahl- auf dem Hohenstein errichtet wurde. konzern Schmolz + Birkenbach. Weltweit beschäftigt das Unternehmen mehr als 10.000 Der 20 Meter hohe Aussichtsturm besteht aus Mitarbeiter in 30 Ländern (Stand 2021) Ruhrsandstein-Quadern und ist im Sockelbe- 104 WIT WIT 105 74 Edelstahlfabrik Lohmann

Ab 1809 gelang es Johann Friedrich Loh- mann in Witten Tiegelgussstahl zu erzeugen. Zu der Zeit war England führend in dieser Sparte, aber der in Witten produzierte Tiegel- guss übertraf letztlich sogar die Qualität der englischen Stähle. Auch heute noch erzeugt das Unternehmen Spezialstähle, Edelstahl- formgüsse und Schweißverbundprodukte.

Stahlproduktion und umweltfreundlicher Strom

Die Industrialisierung Wittens ist in be- sonderem Maße mit dem Namen der Fa- milie Lohmann verbunden. 1790 gründete Johann Friedrich Lohmann auf Gut Berge Edelstahlfabrik zu Witten eine „Stahlfabrik“. Zwischen 1809 Schmelzofen, eine Schmiedepresse und eine Lohmann, bis 1812 gelang es ihm erstmals in Deutsch- Walzenstraße. Das Lieferprogramm umfasst RIK/Budde land, einen brauchbaren Tiegelgussstahl Blech- und Stabstahlprodukte, hitzebestän- herzustellen. Bis zur Verhängung einer dige und verschleißfeste Edelstahlform- Kontinentalsperre durch den französischen güsse sowie Schweißverbundprodukte. Als Kulturforum Kaiser Napoleon 1806 besaß England eine Verwaltungsgebäude der Firma (Ruhrtal Witten. Foto: Monopolstellung in der Herstellung von 2a) dient die 1882 von Ernst Lohmann Jörg Fruck Gussstahlprodukten. Der in Witten erzeugte im Stil der Neorenaissance und des Spät- Tiegelgussstahl übertraf im Laufe der Zeit klassizismus erbaute Fabrikantenvilla. sogar das englische Produkt an Qualität. 73 Haus Berger 1871). Er arbeitete zunächst für die Unter- Das Wasserkraftwerk Lohmann (Ruhrtal 12) nehmerfamilie Lohmann, gründete aber be- Die Verlagerung der Produktion vom Grün- produziert heute im Bereich der ehe- Das Wohnhaus der Industriellenfamilie Ber- reits 1838 ein eigenes kleines Gussstahlwerk. dungsstandort nach Herbede begann 1859 maligen Kornmühle umweltfreundlichen ger: 1839 baute Carl Ludwig Berger, der Grün- In den Jahren 1853/54 baute er mit holländi- mit dem Erwerb von Ländereien, einer Strom. Auch das Haus Schellenberg (Ruhr- der der Gussstahlfabrik Berger & Co, ein zwei- scher Finanzhilfe die Gussstahlfabrik Berger Kornmühle sowie der Errichtung eines neuen tal 14) gehört der Familie Lohmann und geschossiges Wohnhaus im klassizistischen Stil. & Co auf, die 1873 Aktiengesellschaft wurde Walz- und Hammerwerkes. Reste der dama- wird heute als Archiv genutzt. Zu diesem Heute ist in dem Gebäude der Verwaltungssitz und noch heute unter dem Namen Deut- ligen Fabrikationsgebäude sind heute noch Zweck wurde das Wirtschaftsgebäude im des Kulturforums Witten untergebracht. sche Edelstahlwerke existiert. Sein Sohn und erhalten. 1973 wurde ein weiteres Werk, Innenhof mit dem Mühlengebäude ver- Nachfolger Louis Constans Berger (1829-91) eine Edelstahlgießerei, in Witten-Annen in bunden. Das zwischen 1660 und 1680 Vom Heimatmuseum zum Kulturforum war Schwiegersohn und Biograph Friedrich Betrieb genommen. Am Standort Herbede entstandene Gebäude gilt als eines der Harkorts sowie einflussreicher Parlamen- stehen heute unter anderem ein Induktions- ältesten Fachwerkhäuser in Herbede. Der Erbauer dieses streng klassizistischen tarier. Ihm setzten die Wittener Bürger auf Wohnhauses war Carl Ludwig Berger (1794- dem Hohenstein ein aufwändiges Denkmal. TIPP Kontakt & Infos Das 1839 errichtete Wohnhaus ist ein Haus Herbede, Von-Elverfeldt-Allee 12, ist wohl die älteste Burg- Kontakt & Infos schlichter, zweigeschossiger Bruchsteinbau. anlage auf Wittener Stadtgebiet. Seit dem 12. Jahrhundert urkund- Nur der Eingang und die Fenster sind durch lich erwähnt, war sie zwischen 1311 und 1809 Gerichtsherrensitz der Kulturforum Witten Sandsteinrahmen hervorgehoben. Nachdem Familie Elverfeldt. Bis 1922 blieb die Burg im Eigentum der Familie. Friedr. Lohmann GmbH Ruhrstraße 69 der Bau über viele Jahre von der Stadt Witten Die Burganlage durchlief mehrere Bauphasen zwischen dem 15. und Werk für Spezial- und Edelstähle 58452 Witten-Mitte als Heimatmuseum und anschließend als 18. Jahrhundert. Heute dient Haus Herbede als Kultur- und Be- Ruhrtal 2 www.kulturforum-witten.de Stadtarchiv genutzt wurde, dient er jetzt dem gegnungsstätte mit Restaurant, Galerie, Veranstaltungsräumen und 58456 Witten-Herbede Kulturforum Witten als Verwaltungssitz. Künstlerhof. Besonders sehenswert ist der Innenhof des Hauses mit www.lohmann-stahl.de seinem Renaissance-Relief. Auf den nahe gelegenen Ruhrwiesen sind ebenso wie am Wasserkraftwerk mehrere historische Maschi- nen und Anlagenteile der Edelstahlfabrik Lohmann aufgestellt. 106 WET WET 107 Wetter 75 Burg Wetter tes Freiherr vom und zum Stein. Ein Denk- 76 DEMAG Cranes, Wetter Nach dem Zweiten Weltkrieg mal am Rathaus Wetter ist ihm gewidmet. beschlagnahmte die britische 1819 gründete Friedrich Harkort in der un- Kranbau und Fördertechnik aus Wetter mit Militärregierung das Werk 1 genutzten Burg Wetter die „Mechanische Berühmt wurde die Burganlage aber durch langer Tradition. 1910 entstand der DEMAG- der DEMAG auf dem ehe- Werkstätte Harkort & Co.“, eine der ersten Friedrich Harkort (1793-1880), einem der Konzern als Zusammenschluss dreier Maschi- maligen Stuckenholz-Gelände Maschinenbaufirmen im Ruhrgebiet. Be- wichtigsten Industriepioniere des Ruhrge- nenbaufirmen aus Duisburg, Düsseldorf und sowie die Panzerbau-Firma reits 1825 gehörte sie mit 94 Arbeitern zu biets. Harkort stammte aus einer bedeuten- Wetter. Bis heute produziert das Unternehmen Harkort-Eicken. Die Royal den größten Industriebetrieben in Westfalen. den metallgewerblichen Unternehmerfamilie in Wetter unter dem Namen DEMAG Cra- Electrical and Mechanical Heute sind lediglich die Burgruine mit Burg- der Grafschaft Mark. Er gründete in der nes Industriekräne und Krankomponenten. Engineers (REME) repa- turm und Resten der Ringmauer erhalten. ungenutzten Burg Wetter 1819 mit Johann rierten hier noch bis in die Heinrich Kamp und mit Hilfe des englischen Kräne, Winden und Laufkatzen aus Wetter 1980er-Jahre Kampfpanzer Eine Burg als Fabrikanlage Technikers Thomas die Firma „Mechanische der britischen Rheinarmee. Werkstätte Harkort & Co“, eine der ersten Die Deutsche Maschinenfabrik AG (DE- Von Demontagen blieb das Über die frühe Geschichte der Burg Wet- Maschinenbaufirmen im Ruhrgebiet. Die MAG) entstand 1910 als Zusammenschluss DEMAG-Werk in Wetter „Mechanische ter mit dem 1274 erbauten Turm ist wenig Fabrik produzierte neben Dampfmaschinen der Duisburger Maschinenbau AG, der weitestgehend verschont. Werkstätte“ von bekannt. Sie entstand wohl als märkischer auch Gasbeleuchtungsapparate. Da die an- Benrather Maschinenfabrik AG und der Nur acht Prozent der Ma- Friedrich Har- Vorposten gegen das kurkölnische Volmars- geworbenen englischen Arbeiter als unzuver- Märkischen Maschinenbauanstalt Ludwig schinenanlagen wurden kort, Ölbild von tein zur Sicherung der Gebiete südlich und lässig galten, gründete Harkort eine eigene Stuckenholz AG aus Wetter. Kranbau und abtransportiert, konnten Alfred Rethel, 1834. nördlich der Ruhr. Zwischen 1784 und 1790 Ausbildungsstätte in der Firma. Dank staat- Fördertechnik der DEMAG hatten ihre aber nach dem Einsetzen Quelle: Mannes- lebte hier der Leiter des Märkischen Bergam- licher Förderung gehörte die „Mechanische Wurzeln in der Firma Stuckenholz. Der der amerikanischen Mar- mann Archiv Werkstätte“ bereits 1825 mit 94 Arbeitern zu Standort in Wetter wurde ab den 1830er- shallplanhilfe Ende der 1940er-Jahre re- Werbeplakat. den größten Industriebetrieben Westfalens. Jahren zu einer Maschinenfabrik mit Eisen- lativ schnell durch neue ersetzt werden. Quelle: DEMAG gießerei ausgebaut. Die Gießerei in Wetter Cranes, Wetter Als Harkort begann, in seine weit reichenden versorgte nach dem Zusammenschluss 1910 Wiederaufstieg und Internationalisierung Eisenbahnpläne zu investieren, die Leitung alle anderen Werke mit Eisenguss. In den Vom anhaltenden Wirtschaftswachstum des Werkes zu vernachlässigen und gleich- großen Werkshallen entwickelt sich mit dem in den 1950er-Jahren profitierte besonders zeitig die staatliche Förderung aufhörte, Bau von Hüttenwerkskränen, von Winden der Firmenbereich Serienhebezeuge am trennte sich Kamp von ihm. Kamps Söhne und Laufkatzen eine Sonderabteilung des Standort Wetter. Die Nachfrage aus allen konsolidierten den Betrieb wieder. Unter Hebezeugbaus. 1926 gründeten die Deut- Industriebranchen nach elektrischen Zügen, anderem ging aus dem Harkortschen Be- sche Maschinenfabrik AG und die Ver- Winden, Brücken- und Hängekränen war trieb später die Deutsche Maschinenfabrik einigte Stahlwerke AG (VSt) die DEMAG enorm. Nachdem die DEMAG Anfang der AG (DEMAG) am Bahnhof Wetter hervor. Aktiengesellschaft mit Sitz in Duisburg. 1970er-Jahre zu einem der weltweit führen- Heute ist es das Stammwerk der 2001 ge- den Hersteller v.a. im Bereich von Kränen gründeten Demag Cranes & Components Profiteur des Rüstungsbooms und Baumaschinen geworden war, wurde die mit Sitz in Wetter. Vom ehemaligen Fabrik- Firma 1973 von dem Düsseldorfer Man- standort sind an der Erdoberfläche keine In der NS-Zeit profitiert die DEMAG ab nesmann-Konzern übernommen. Bei der sichtbaren Spuren erhalten. Lediglich die 1936 vom einsetzenden Rüstungsboom. Neugliederung des Mannesmann-Konzerns Burgruine mit dem über 26 Meter hohen Neben Hebezeugen für militärische An- 1992 wurde die Mannesmann Fördertechnik Burgturm und Reste der Ringmauer sind lagen und U-Boot-Ausstattungen war das AG mit Sitz in Wetter gegründet, die ab 1997 noch vorhanden. Eine Treppe führt zu einem wichtigstes Rüstungsprodukt aus Wetter auch den Bereich Mobilkräne übernahm. mit Zinnen versehenen Aussichtspunkt das „Sonderkraftfahrzeug 10“. Das war Weitere Teile der Fördertechnik, nämlich mit reizvollem Blick auf den Harkortsee. ein Halbkettenfahrzeug, das Artillerie- die (nichtmobile) Krantechnik mit Sitz in Kontakt & Infos geschütze ziehen konnte, und das in un- Wetter, wurden ab 2006 Kontakt & Infos zähligen Propagandafilmen der Deutschen von Siemens als Demag Wochenschau über die Nazi-Feldzüge im Cranes & Components ge- Burg Wetter Zweiten Weltkrieg zu sehen ist. Mit den führt. Die Produktion von Demag Cranes & Im Kirchspiel 6 und 16 TIPP vielen Rüstungsaufträgen stieg bis 1940 schweren Industriekränen Components GmbH 58300 Wetter-Alt-Wetter Harkortturm auf dem Harkortberg in Alt-Wet- die Zahl der Beschäftigten in Wetter auf wurde eingestellt. Seit Ruhrstraße 28 ter, zum Gedenken an Friedrich Harkort am 3.000. Ab diesem Zeitpunkt wurden im- 2016 gehört die DEMAG 58300 Wetter-Alt-Wetter 19. Oktober 1884 eingeweiht. Den Besucher mer mehr Beschäftigte zum Kriegseinsatz zum finnischen Unter- www.demagcranes.com führen 130 Stufen zu einer Aussichtsplattform eingezogen, so dass die Zahl der im Werk nehmen Konecranes, dem in 35 Metern Höhe, die einen Fernblick über eingesetzten Zwangsarbeiter und Kriegs- weltweit größten Herstel- den Harkortsee bis ins Sauerland ermöglicht. gefangenen bis 1945 auf über 1.200 anstieg. ler von Industriekränen. 108 DO DO 109 Dortmund 77 Verwaltungsgebäude Union zu können. Sein Vorhaben fand ein jähes Ende, als sich der geplante Aufbau eines 1922 weihte der Industrielle Hugo Stinnes Eisenbahnnetzes in Rumänien als Pleite das neue Verwaltungsgebäude der „Union herausstellte. 1872 wurde unter Führung der Aktiengesellschaft für Bergbau, Eisen und Disconto-Gesellschaft aus der Konkursmasse Stahlindustrie“ ein. Sie war bei ihrer Grün- Strousbergs die Union Aktiengesellschaft dung 1872 die größte Aktiengesellschaft im für Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie zu Ruhrgebiet und das größte gemischte Unter- Dortmund gegründet. Sie umfasste außer nehmen im Deutschen Reich. 1966 über- der Dortmunder Hütte Zechen und weitere nahm die Firma Hoesch die Hüttenunion. Hüttenwerke und war die größte Aktienge- sellschaft im Ruhrgebiet sowie das größte ge- Das Verwaltungsgebäude zeugt mischte Unternehmen im Deutschen Reich. noch von einstiger Größe 1910 ging die „Union“ an die Deutsch-Lu- Der „Eisenbahnkönig“ Henry Bethel Strous- xemburgische Bergwerks- und Hütten-AG berg erwarb 1869 das Hochofenwerk Dort- von Hugo Stinnes über. Er weihte 1922 munder Union, um das Vormaterial für das neue Verwaltungsgebäude ein. Inner- Elektrolichtbogen- seine Eisenbahnaufträge selbst herstellen halb der Vereinigten Stahlwerke, zu denen ofen in der die Union seit 1926 gehörte, bildete sie mit DASA-Stahlhal- dem Phoenix-Werk in Hörde die Dort- le. Foto: DASA mund-Hoerder Hüttenverein AG. Bei der Entflechtung nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst getrennt, wurde diese Unterneh- 78 DASA Arbeitswelt Ausstellung In der „Stahlhalle“ der DASA lernen Be- menskonstruktion Anfang der 1950er-Jah- sucher wesentliche Produktionsstufen der re als Dortmund-Hoerder Hüttenunion Ein Museum stellt die Auswirkungen von Stahlerzeugung kennen: vom Verladen des wiederhergestellt. 1966 übernahm Hoesch Arbeit und Technik auf den Menschen in Schrotts über das Einschmelzen bis hin zum die Hüttenunion. Als Ergebnis von Stahl- den Mittelpunkt seiner Präsentation. Die Walzen der Profile. Zu den besonders attrak- krise und Rationalisierung sind die meisten Deutsche Arbeitsschutzausstellung in Dort- tiven Exponaten dieses Themenbereiches ge- Produktionsbereiche heute stillgelegt. mund verbindet klassische Museumsgestal- hören ein Elektrostahlofen der Firma Hoesch, tung mit moderner Ausstellungsdidaktik. der zuletzt auf der ehemaligen Westfalen- Nur der mittlerweile denkmalgeschützte Ver- hütte betrieben wurde, der Mittelteil einer waltungsbau zeugt noch von einstiger Größe. Ein unverwechselbarer Stil in Walzstraße, die noch bis 1988 bei der Krupp Das Union-Gebäude, das im Inneren drei der Museumslandschaft Stahl AG in Siegen in Betrieb war und eine Lichthöfe umschließt, stellt sich nach außen Bessemer-Birne von 1924 aus einer Stahl- als einheitlicher Block dar und erinnert an „Mensch, Arbeit, Technik“ lautet das Mot- gießerei in Hagen. Auch Arbeitsbedingun- einen Renaissancepalast. Motive aus Bergbau to der Deutschen Arbeitsschutzausstellung gen und Arbeitsschutz in der Stahlindustrie und Stahlindustrie, ergänzt durch Maschi- (DASA). Auf über 13.000 Quadratmetern früher und heute sind ein wichtiges Thema. Verwaltungs- nengewehr, Füllhorn und Lorbeerkranz, Ausstellungsfläche können die Besucher gebäude Union. begleiten die Besucher von der Außenseite einen spannenden Ausflug in die Arbeitswelt Foto: RIK/Budde durch die Eingangshalle bis zum mittleren von gestern, heute und morgen unterneh- Lichthof und demonstrieren Wirkungsfeld men. Anschaulich vermittelt die Ausstellung, und Selbstverständnis des Bauherrn. Hinter welchen Belastungen der Mensch bei seiner Kontakt & Infos Monumentalität und Symbolik verbergen täglichen Arbeit ausgesetzt ist und stellt Kontakt & Infos sich bauliche und technische Lösungen auf Lösungen für besseres Arbeiten vor. Durch dem neuesten Stand der Zeit. Der „Palast“ ist ihre spezifische Verbindung von klassischer Ehemaliges Verwaltungsgebäude in seinem Kern ein Stahlskelettbau mit leich- Museumsgestaltung und moderner Aus- DASA Arbeitswelt Ausstellung der Union ten bzw. variablen Innenwänden und verfüg- stellungsdidaktik hat die DASA einen in der Friedrich-Henkel-Weg 1-25 Rheinische Straße 173 te – das war damals etwas Besonderes – unter Museumslandschaft unverwechselbaren Stil 44141 Dortmund-Innenstadt-West 44147 Dortmund-Innenstadt-West anderem über ein internes Selbstwähl-Tele- entwickelt. Die Ausstellung veranschaulicht www.dasa-dortmund.de fonnetz, zentral gesteuerte elektrische Uhren, Themen und Inhalte des Arbeitsschutzes und ein Staubsaugerrohrsystem und eine Warm- der Arbeitsmedizin in szenischen Situatio- wasserheizung, die die Abhitze des Block- nen, eingebettet in die Darstellung von Tätig- walzwerks der Hüttenanlagen verwendete. keitsfeldern aus unterschiedlichen Branchen. 110 DO DO 111 Einer der schönsten Friedhöfe Deutschlands

Der Ostfriedhof, der für seine zahlreichen historischen Grabstätten bekannt ist, gilt als einer der schönsten Friedhöfe Deutsch- lands. Die Gründung des Friedhofs fiel in die Zeit der Industrialisierung Dortmunds, mit der ein starker Bevölkerungszuwachs einherging. Da der Friedhof in einem Hochöfen 7 und 4. Wohngebiet liegt, das bevorzugt von Dort- Foto: Uwe munder Industriellenfamilien bewohnt Niggemeier wurde, ist es nicht verwunderlich, dass hier zahlreiche Grabstätten von Persönlich- keiten zu finden sind, die die Wirtschafts- 80 Westfalenhütte gerungen und Stilllegungen. Mit dem An- geschichte Dortmunds geprägt haben. schluss der Dortmund-Hörder-Hüttenunion, 1871 gründete die Unternehmerfamilie Hoesch die 1951 aus den Hüttenwerken Union und Im Feld 3 befindet sich das Familiengrab ein Hüttenwerk bei Dortmund und legte Hoerde entstanden war, wurde Hoesch 1966 Hoesch, in dem die Gründergeneration des damit die Grundlagen für einen Konzern, einer der größten Stahlproduzenten Deutsch- Hüttenunternehmens beigesetzt ist. Die der bis zum Ersten Weltkrieg vom Rohstoff lands. 1992 wurde das Unternehmen von der Unternehmerfamilie Hoesch war seit Gene- bis zum Endprodukt alles unter einem Dach Essener Firma Krupp übernommen. 1999 rationen in der Eifel und im Aachener Raum vereinte. 1966 noch einer der größten Stahl- erfolgte dann die Fusion zwischen Krupp in der Eisen-, aber auch in der Metall- und produzenten Deutschlands, erfolgte 1992 und Thyssen. Der Name Hoesch verschwand Papierindustrie tätig. Eberhard Hoesch die Übernahme durch Krupp. Nach der aus dem Handelsregister und nach und nach hatte 1823 unter Lebensgefahr die damals Fusion zwischen Thyssen und Krupp kam wurden die meisten Produktionsanlagen in modernste Stahlproduktion in England dann 2001 das endgültige Aus von Hoesch. Dortmund stillgelegt. Das endgültige Ende ausspioniert. Die gewonnenen Erkennt- kam 2001 mit der Stilllegung des Hochofens Familiengrab- nisse bildeten die Grundlage für die weitere Von Hoesch zu ThyssenKrupp Steel 7 auf der Westfalenhütte (Phoenix West) und stätte Hoesch. 79 Gräber der Familie Hoesch Entwicklung des Unternehmens. Eberhard dem Stahlwerk in Hörde (Phoenix-Ost). Foto: RIK/Budde auf dem Ostfriedhof Hoeschs Neffe Leopold verlegte die Produk- 1871 gründete die Eifeler Unternehmer- tion aus der Eifel ins Ruhrgebiet und trug familie Hoesch nördlich von Dortmund ein Heute betreibt die Firma ThyssenKrupp damit sowohl dem voraussehbaren Nieder- Hüttenwerk. Die Produktion begann mit Steel auf der Westfalenhütte ein Kaltwalz- Auf dem Dortmund Ostfriedhof befindet gang der Eisengewinnung in der Eifel als einem Bessemer-Stahlwerk. Das Werk stellte werk mit Kontiglühe und Anlagen zur sich die Grabstätte der Familie Hoesch, in auch dem Aufschwung des neuen Industrie- vorwiegend Eisenbahnschienen her.1880 er- Oberflächenveredelung von Blechen, vor- der die Gründergeneration des Hüttenunter- reviers Rechnung. Die Leitung des Werks in warb Hoesch das Patent auf die Herstellung wiegend für die Automobilindustrie. Neben nehmens beigesetzt ist. Nachdem Leopold Dortmund übernahm Albert Hoesch, der von Thomasstahl. Zur Erzeugung anspruchs- der ehemaligen Hauptverwaltung betrei- Hoesch das Unternehmen 1871 von der Eifel Sohn von Leopold. Dessen Ehefrau Marie vollerer Stahlsorten wurde 1895 zusätzlich ben ThyssenKrupp Steel und die Fraun- in das Ruhrgebiet verlegt hatte, übernahm Johanna rief zahlreiche soziale Einrichtungen ein Siemens-Martin-Stahlwerk errichtet. Mit hofer-Gesellschaft mit dem Dortmunder sein Sohn Albert bis zu seinem Tod 1898 die ins Leben. Sie gründete einen Werkskin- dem Erwerb der „Gewerkschaft Westphalia“, OberflächenCentrum (DOC) das größte Leitung des Hüttenwerkes in Dortmund. dergarten, ließ Schulen für die Frauen und die das Bergwerk und die Kokerei Kaiserstuhl Forschungszentrum für die Oberflächen- Töchter der Hüttenarbeiter errichten und betrieb, schuf sich Hoesch eine eigene Ener- veredelung von Flachstahl in Europa. unterstützte Frauen- und Wohltätigkeitsver- giegrundlage. Über die Beteiligung an Erz- Kontakt & Infos eine. Nach dem Tode ihres Mannes brachte vorkommen, die Gründung einer Handels- Kontakt & Infos sie für Beihilfen in Notfällen 50.000 Mark aus gesellschaft und den Kauf von zahlreichen ihrem Vermögen in die Albert-Hoesch-Stif- Betrieben der Weiterverarbeitung entstand Ostfriedhof tung ein. Als Albert Hoesch 1898 mit nur bis zum Ersten Weltkrieg ein Konzern, der thyssenkrupp Steel Europe AG Robert-Koch-Straße 35 52 Jahren starb, ging der Vorsitz im Auf- vom Rohstoff bis zum Vertrieb alle Sparten Eberhardstraße 12, Tor W 1 (Haupteingang) sichtsrat an seinen Bruder Wilhelm über. der Eisen- und Stahlproduktion vereinte. 44145 Dortmund-Innenstadt-Nord 44143 Dortmund-Innenstadt-Ost Anmeldung für Besichtigungen In den letzten Jahrzehnten hat der Stahl- [email protected] standort Dortmund einen tiefgreifenden Wandel erfahren, der geprägt war von Unter- nehmenskonzentrationen, Produktivitätsstei- 112 DO DO 113

Hoesch-Museum und ehemaliger Eingangsbereich der Westfalenhütte. Phoenix-West. Foto: RIK/Budde Foto: RIK/Budde

81 Hoesch-Museum steht die Geschichte der Firma Hoesch, 82 Phoenix West Die seit der Stilllegung des Werkes 1998 zu deren größten Stahlwerken die West- unter Denkmalschutz stehenden Hochöfen Ehemalige „Hoeschianer“ gründeten auf falenhütte gehörte. Das Museum ist unter 1854 fand der erste Hochofenabstich im 5 und 6 aus den 1960er-Jahren dominieren ehrenamtlicher Basis ein Firmenmuseum. großer Beteiligung von ehemaligen „Hoe- Dortmunder Raum auf der von Hermann heute den Standort. Während Hochofen 6 Das Hoesch-Museum zeigt die Unterneh- schianern“ aufgebaut worden und lebt bis Diedrich Piepenstock 1841 gegründeten entkernt wurde, kann Hochofen 5 heute im mensgeschichte der Firma von den Anfän- heute vom ehrenamtlichen Engagement. Hermannshütte statt. Die seit der Stillle- Rahmen eines Erlebnispfades (Skywalk) be- gen bis zur Gegenwart. Die benachbarte gung des Werkes 1998 unter Denkmalschutz gangen werden. Neben den Hochöfen sind „neue“ Hoesch-Hauptverwaltung, kurz Das Portierhaus I wie auch die benachbarte stehenden Hochöfen 5 und 6, genannt Phoe- noch weitere Anlagen und Gebäude des Wer- vor dem Ersten Weltkrieg gebaut, ist ein „neue“ Hauptverwaltung sind in der Zeit zwi- nix West, dominieren heute den Standort. kes aus unterschiedlichen Zeitperioden er- Symbol für die Bedeutung und Größe des schen 1912 und 1914 nach Plänen des Dort- halten: ein Gasometer, zwei Gasgebläsehallen Unternehmens in der damaligen Zeit. munder Architekturbüros Steinbach & Lutter Denkmal und Kulturstätte von 1905 und 1923, ein Schalthaus von 1898 gebaut worden. Im Portierhaus waren früher und die in den 1950er-Jahren errichteten Ehrenamtliches Engagement Markenkontrolle, Lohnbüro, Werkspolizei Die 1841 von Hermann Diedrich Piepenstock Zwillingsgebäude mit Labor und Waschkaue mit Arrestzelle sowie ein Speisesaal für die gegründete Hermannshütte wurde 1852 in an der heutigen Konrad-Adenauer-Allee. Das Hoesch-Museum befindet sich im Arbeiter untergebracht. 1937 wurde das Ge- die „Hoerder Bergwerks- und Hüttenverein Sie bildeten das frühere Eingangsportal zum ehemaligen Portierhaus I der Westfalen- bäude um eine Etage für technische Büros Aktiengesellschaft“ umgewandelt und erhielt Hochofenwerk. Heute werden diese Gebäude hütte. Die Dauerausstellung des Museums aufgestockt und um einen Anbau im Erd- ein Jahr später die Konzession zur Errichtung als Büros genutzt. Als Veranstaltungsort, Ta- schlägt den Bogen von den Anfängen der geschoss erweitert. Der heutige Bauzustand einer Hochofenanlage.1854 fand hier der erste gungsstätte und Kunstraum hat sich die ältere Eisen- und Stahlindustrie in Dortmund seit stammt aus den 1950er-Jahren. Das Gebäu- Hochofenabstich im Dortmunder Raum statt, Gebläsehalle (heute Phoenixhalle) etabliert. 1840 bis zum Strukturwandel der Gegen- de steht seit 1988 unter Denkmalschutz. bis dahin wurde auf der Hütte der Stahl durch wart. Im Mittelpunkt der Präsentation das englische Puddelverfahren gewonnen. Ent- Die „neue“ Hauptverwaltung war ein Symbol scheidend für die Standortwahl war, dass die Kontakt & Infos für das zu der Zeit zu imposanter Größe auf- umliegenden Zechen neben der Kohle auch den Kontakt & Infos gestiegene Unternehmen Hoesch. Das monu- Rohstoff Kohleneisenstein förderten, der für mentale Gebäude demonstriert eindrucksvoll eine Verhüttung geeignet war. Die Hoffnung, auf Hoesch-Museum den wirtschaftlichen Aufschwung der Firma Jahrzehnte hinaus die Hörder Hochöfen mit den PHOENIX West Eberhardstraße 12 in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Auf- hier gefundenen Eisensteinen zu betreiben, er- Hochofenstraße 44145 Dortmund-Innenstadt-Nord grund von Platzmangel wurden 1938 neue füllte sich zwar nicht, aber der damalige Stand- 44263 Dortmund-Hörde www.hoeschmuseum.dortmund.de Büroräume geschaffen, das Mansardendach ortvorteil gab den entscheidenden Anstoß für www.phoenixdortmund.de durch ein Lichtband aus Fenstern ersetzt. die Entwicklung der Dortmunder Stahlindust- In den 1950er-Jahren wurde die Fassade rie. Zuletzt standen hier drei Hochöfen, genannt nach Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg Phoenix West, die das benachbarte Stahlwerk in vereinfachter Form wiederhergestellt. an der Hörder Burg mit Roheisen versorgten. 114 DO DO 115

Hörder Burg am Phoenix-See. Phoenixsee. Foto: 83 Hörder Burg Stahlwerken als erstes deutsches Hüttenwerk 84 Phoenix-See An die „Stahlzeit“ auf dem Areal des heuti- Foto: RIK/ RIK/Budde das Thomasverfahren übernahm, war der gen Sees erinnert auf der „Kulturinsel“ noch Staudinger Eine Burg als Verwaltungssitz eines Hütten- Weg zur großindustriellen Stahlproduktion Vom Stahlwerk zum See: 2010 wurde auf dem ein Thomaskonverter. Er konnte auf Initiative werkes: 1840 erwarb der Fabrikant Hermann beschritten. Neben anderen technischen Gelände des ehemaligen Stahlstandortes Phoe- des Vereins zur Förderung der Heimatpflege Diedrich Piepenstock die Hörder Burg und Neuerungen wurde in Hörde der Roheisen- nix Ost mit der Flutung des neuen Sees eines e.V. Hörde vor der Verschrottung bewahrt richtete dort die Hauptverwaltung seines mischer entwickelt, der es erlaubte, Eisen zu der größten Strukturwandelprojekte im Ruhr- werden. Der Konverter ist der letzte, der 1954 Unternehmens ein. Heute ist in dem Gebäu- Stahl weiterzuverarbeiten, ohne es erneut gebiet eingeleitet. Um das „Wasser in der Stadt“ in der Hörder Kesselschmiede gebaut wurde. de ein Stadtteilmuseum zur Geschichte des einschmelzen zu müssen („in einer Hitze“). soll ein Naherholungsgebiet mit Wohn- und Er war bis zur Schließung des Thomasstahl- Dortmunder Ortsteils Hörde untergebracht. Gewerbebebauung entstehen. Gleichzeitig dient werks 1964 in Betrieb. Die Thomasbirne Das heute noch erhaltene Burggebäude der See der Renaturierung des Flusses Emscher. diente dazu, aus Roheisen Stahl zu erzeugen. Bis 1922 Verwaltungssitz diente nach mehreren Umbauten bis 1922 als Ab 1963 ersetzte das neue Oxygenstahl- Verwaltungssitz des Unternehmens, bis die Uferpromenade mit werk das alte Thomasverfahren. Nach 2001 Im Jahre 1840 erwarb der Iserlohner Fab- Hauptverwaltung des damals fünftgrößten Erinnerungsorten an die Stahlzeit wurde neben zahlreichen anderen Anlagen rikant Hermann Diedrich Piepenstock die deutschen Unternehmens mit über 30.000 und Gebäuden auch das Oxygenstahlwerk Hörder Burg. Im Umfeld der Burg richtete er Beschäftigten nach Düsseldorf umzog. Mit dem Projekt Phoenix-See wurde eines stillgelegt und demontiert. Lediglich die ein Puddel- und Walzwerk ein, in dem Eisen- der ambitioniertesten Strukturwandelprojek- Hörder Burg, die nach dem ehemaligen bahnschienen produziert wurden. Die nach Nach teilweiser Zerstörung im Zweiten te der letzten Jahre verwirklicht. Dabei wurde Werksdirektor der Hermannshütte benann- ihm benannte Hermannshütte wurde 1852 Weltkrieg wurde die Hörder Burg wieder- der industrielle Charakter des ehemaligen te Jugendstil-Villa Tull am westlichen Ende unter dem Namen Hoerder Bergwerks- und aufgebaut und steht heute unter Denkmal- Stahlstandorts Phoenix Ost bewusst negiert der Uferpromenade und das zwischen 1912 Hüttenverein zur ersten Aktiengesellschaft schutz. Das Freilichtmuseum „Hörder und mit dem positiven Image „Wasser in der und 1914 erbaute Hauptmagazin an der im Hüttenwesen des Ruhrgebietes. Als der Burghof“ zwischen Burg und Phoenix-Seeu- Stadt“ neu definiert. Der See mit dem umlie- Faßstraße zeugen noch von dem einst so be- Hoerder Verein 1879 mit den Rheinischen fer zeigt archäologische Ausgrabungen zur genden Areal soll ein Naherholungsgebiet mit deutsamen Industriestandort Phoenix Ost. Geschichte der Burg. Im Gebäude selbst Wohn- und Gewerbebebauung werden. Er ist hat der Verein zur Förderung der Heimat- gleichzeitig ein Baustein bei der Renaturie- Kontakt & Infos pflege e.V. Hörde ein kleines Museum ein- rung der Emscher. Die Flutung des Sees be- Kontakt & Infos gerichtet, in dem die geschichtliche Ent- gann im Oktober 2010. Bereits im Mai 2011 wicklung des Stadtteils dargestellt wird. wurde der Seeuferbereich für die Öffentlich- Hörder Burg keit freigegeben und im April 2012 begann Phoenix-See Hörder Burgstraße die wassersportliche Nutzung des Sees. Zum Hörder Burgstraße 44263 Dortmund-Hörde Teil realisiert, aber auch noch künftig geplant 44263 Dortmund-Hörde www.heimatverein-hoerde.de ist die weitere (Eigenheim-)Bebauung auf www.phoenixdortmund.de den meist terrassierten Uferzonen. Im Hafen- quartier an der Hörder Burg sind seit 2010 Bauten für Büros sowie Praxis-, Gastrono- mie- und Dienstleistungsbetriebe entstanden. 116 DO HA/EN 117 86 Haus Harkorten

Der Wohnsitz eines Industriepioniers: In dem von einem seiner Vorgänger errichteten Her- renhaus im Stil des „Bergischen Barocks“ wur- de 1793 im Haus Harkorten einer der bekann- testen Ruhrindustriellen geboren, Friedrich Harkort. Er gründete 1819 auf der Burg Wet- ter seine berühmte „Mechanische Werkstätte“.

Weichenbauhalle Ein zweigeschossiges um 1950. Quelle: Fachwerkhaus als Schlossbau Haus Harkorten. Foto: RIK/Budde 80 Jahre Maschi- Hagen / Ennepetal nenfabrik Deutsch- Die Gegend um Hagen-Haspe ist eng mit land o.O. o.J. dem Namen Harkort verbunden. Hier am Louisa Catharina Harkort, geborene Mär- Rande von Haspe befand sich eine Wiege cker (1718-1795) aus. Nach dem Tod ihres der Frühindustrialisierung des Ruhrge- Mannes 1760 führte Louise die Geschäf- 85 Weichenbauhalle der Der Obermaschinenmeister Julius Weidt- biets. Haus Harkorten ist der Stammsitz der te der Familie fort und vertrat als „Wittib ehemaligen Maschinenfabrik mann von der Köln-Mindener Eisenbahn Industriellenfamilie Harkort. Der hier 1793 Harkort“, auch respektvoll „die Märckerin“ Deutschland gründete 1872 gemeinsam mit dem Berliner geborene Friedrich Harkort, der 1819 auf genannt, mit großem unternehmerischen Lokomotivbauer Albert Borsig und Louis der Burg Wetter seine „Mechanische Werk- Erfolg die geschäftlichen Interessen der Baare vom Bochumer Verein die Maschi- stätte“ gründete, war einer der Pioniere des Familie. Sie bewirtschaftete das Gut, baute 1872 gründeten der Obermaschinen- nenfabrik, die sich auf die Herstellung von Industriezeitalters an der Ruhr. Nur wenige den Handel mit Sensen und Eisenwaren meister Julius Weidtmann von der Werkzeugmaschinen und Zubehör für den hundert Meter entfernt, in der Nähe der weiter aus und erwarb eine Ruhraak für den Köln-Mindener Eisenbahn, der Berliner Eisenbahnbedarf spezialisierte. 1889 er- Ennepe, befand sich die Harkortsche Fabrik, Transport von Roheisen und Eisenwaren. Lokomotivbauer Albert Borsig und der richtete man eine Gießerei, um den Bedarf von der heute allerdings nur noch wenige Industrielle Louis Baare vom Bochumer an Gussstücken decken zu können. Das Gebäudeteile erhalten sind. Direkt daneben Die Familie Harkort fungierte über Ge- Verein die Maschinenfabrik Deutschland. benachbarte Eisen- und Stahlwerk Hoesch verlief bis in die 1960er-Jahre die Strecken- nerationen als Vermittlerin zwischen der Produziert wurden Werkzeugmaschinen war mit Roheisen und Blechen mittlerwei- führung der Harkortschen Kohlenbahn. märkischen Eisenindustrie und deren Ab- und Zubehör für den Eisenbahnbedarf. le der Hauptlieferant der Maschinenfabrik Bauherr des 1756/57 auf dem Stammgut nehmern und war durch vielfältige familiäre geworden. Im Gegenzug belieferte die MFD der Familie errichteten Herrenhauses im Verflechtungen mit den führenden bürger- Von der Maschinenfabrik die Westfalenhütte mit Werkzeugmaschi- Stil des „Bergischen Barocks“ war Johann lichen Familien der Region verbunden. Deutschland zu Hornbach nen und Krananlagen, später auch mit Caspar Harkort III (1716-1760). Mit seiner Mittlerweile ist das Haus nicht mehr im Kokillen.1911 übernahm Hoesch die Firma, an einer Achse ausgerichteten Allee erinnert Familienbesitz. Ein Investor hat das Ensem- Die auffällige Hallenkonstruktion des Gar- die aber weiterhin ihre unternehmerische das zweigeschossige Fachwerkgebäude an ble erworben, um die denkmalgeschützten tenmarktes Hornbach verweist auf ihre Selbständigkeit behielt. Im Jubiläumsjahr einen Schlossbau. In sechs Achsen sind große Gebäude (außer dem Herrenhaus sind noch industriellen Wurzeln. Es handelt sich 1972 arbeiteten hier noch 1.000 Menschen. barocke Fenster über die Fassade verteilt, zwei ältere Wirtschaftsgebäude erhalten) dabei um das letzte Gebäude der frühe- Nach der Stilllegung Mitte der 1990er-Jah- zwischen den mittleren Fenstern befin- schrittweise instand zu setzen und nutz- ren Maschinenfabrik Deutschland (MFD), re wurden fast alle Gebäude abgerissen. det sich der Eingang mit einer Freitreppe. bar zu machen. Dazu hat er den „Verein zur die sich über das gesamte Gelände ent- Die Anregung zum Bau des Herrenhauses Förderung des Erhalts und der Entwicklung lang der Bornstraße zwischen Mindener Bei der in den Baumarkt integrierten Halle ging von der Ehefrau Caspar Harkort III, von Haus Harkorten e.V.“ gegründet. Straße und Borsigstraße erstreckte. handelt es sich um einen Erweiterungs- Kontakt & Infos bau der ehemaligen Weichenbauhalle der Kontakt & Infos Fabrik. Aufgrund der erhöhten Schienen- produktion vor dem Ersten Weltkrieg wurde Hornbach Gartenmarkt 1913 eine eigenständige Weichenbauhalle TIPP Haus Harkorten Borsigstraße 20-22 errichtet. Nach der Aufgabe des Standorts Die ehemalige Harkortsche Fabrik an der Grund- Harkortstraße 1-3 44145 Dortmund-Innenstadt-Nord blieb lediglich diese Hallenerweiterung schötteler Straße wurde von Johann Caspar 58135 Hagen-Westerbauer bestehen. Die konstruktive Besonderheit Harkort VI. (1817 - 1897) betrieben und war www.haus-harkorten.de der Halle bestand in der vom mittleren bereits von dessen Vater kurz nach der Jahrhun- Dachbinder abgehängten Kranbahn, die dertwende gegründet worden. Von der Anlage es ermöglichte, eine stützenfreie Halle mit ist nur noch eine Maschinenhalle erhalten, einer Breite von 30 Metern zu bauen. die in den 1990er-Jahren restauriert wurde. 118 HA/EN HA/EN 119 88 Freilichtmuseum Hagen

Seit 1960 ein Museum der ganz besonde- ren Art: Das LWL-Freilichtmuseum Hagen zeigt Arbeitswelt und Technik aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Auf dem 42 Hektar großen Areal sind historische Werkstätten und Fabrikbetriebe aufgebaut, die an ihren Originalstandorten nicht „überlebt“ hätten.

Schmieden, Hämmern und Drahtziehen

Zu einem Ausflug in die historische Arbeits- welt und Technik, vornehmlich des 18. und 19. Jahrhunderts, lädt das Westfälische Frei- lichtmuseum Hagen ein. Seit 1960 wurden Schlackenzug um auf etwa 42 Hektar Fläche historische Werk- 1960. Foto: Samm- stätten und Fabrikbetriebe wiederaufgebaut, lung Werner Kötter die an ihrem ursprünglichen Standort keine Überlebenschance gehabt hätten. Gezeigt Schmiede. werden neben ländlichen und städtischen ken bei der Produktion von Kaffeemühlen, Foto: RIK/Budde 87 Harkortsche Kohlenbahn Schlebusch-Harkorter Bahn. Sie verband Handwerken auch frühindustrielle Produk- Winden, Ketten, Eisennägeln, Kleineisen- die Zeche Trappe mit Harkorts Eisenwerk in tionsstätten bis hin zur Hochindustrialisie- zeug und Bohrern. Die wichtigsten „Maschi- Massentransport von Gütern mit der Eisen- Haspe und der Straße im Ennepetal, wobei rung. In vielen mit Originalgeräten ausge- nen“, die bei der Eisenbearbeitung bis in das bahn: Friedrich Harkort gründete 1829 die streckenweise auch erhebliche Steigungen statteten Werkstätten kann der Besucher im 20. Jahrhundert eingesetzt wurden, waren erste deutsche Eisenbahngesellschaft, die zu überwinden waren. Bereits 1830 war die Schaubetrieb die Produktion anschaulich Wasser- oder Dampf getriebene Hämmer. Schlebusch-Harkorter Bahn. Ab 1905 erlang- etwa acht Kilometer Strecke fertig. Zunächst miterleben und teilweise auch sein eigenes Zahlreiche mit Wasser betriebene Aufwurf-, te die ursprünglich für den Kohletransport wurden die Wagen mit Pferden gezogen, ab handwerkliches Geschick ausprobieren. Reck-, Breite-, und Sensenhämmer be- gebaute Bahn große Bedeutung als Trans- 1876 wurden Dampflokomotiven eingesetzt. fanden sich an Volme, Ennepe und Lenne. portmittel für Schlacke der Hasper Hütte. Innerhalb des Themenbereiches Eisen und Mit Einführung der Dampfkraft entstand 1882 wurde die Strecke nach Süden zur Stahl bildet das Deutsche Schmiedemu- auch die Idee, diese Energiequelle für die Schmalspur-Dampflokomotiven Hasper Hütte verlängert. Größere Be- seum eine eigenständige Abteilung. Viele Leistungssteigerung bei der Umformung zu von der Firma Hanomag deutung erlangte die Kohlenbahn für die Ausstellungseinheiten widmen sich den nutzen. Die zu bearbeitenden Werkstücke Hasper Hütte erst ab 1905, als das Werk unterschiedlichen historischen Aspekten wurden immer größer – die Wasserhäm- Der Industriepionier Friedrich Harkort nach der Übernahme durch das Stahlunter- des Schmiedens. So werden zum Beispiel mer stießen bald an ihre Grenzen. Um von (1793-1880) propagierte zur damaligen Zeit nehmen von Peter Klöckner 1899 zu einem die frühe Eisengewinnung und Verarbei- der Wasserkraft unabhängiger zu werden, unermüdlich den Transport von Gütern Großstandort der Schwerindustrie aus- tung, die Entwicklung während der In- wurden nach dem Ersten Weltkrieg etliche auf dem Schienenweg. 1829 gründete er die gebaut wurde. Die ehemalige Kohlenbahn dustrialisierung, Schmiedeprodukte und Hammerwerke elektrifiziert. Die Hämmer erste deutsche Eisenbahngesellschaft, die sollte vor allem dem Schlackentransport ihre Herstellungstechniken, aber auch die konnten nun auch über Transmission durch zwischen der Hasper Hütte und der Halde Arbeitsbedingungen und die wirtschaftli- einen Elektromotor betrieben werden. Kontakt & Infos Enerke dienen. Hierbei kamen vor allem chen, sozialen und regionalgeschichtlichen von der Firma Hanomag gelieferte Schmal- Zusammenhänge dargestellt. Seinen Stand- spur-Dampflokomotiven zum Einsatz, ort hat das Schmiedemuseum in einem Kontakt & Infos Ehemalige Harkortsche barocken Fachwerkbau aus dem Siegerland Kohlenbahn Heute führt über die alte Bahntrasse von - einer Region, in der die Eisenverarbei- Schlebuscher Straße Gevelsberg-Silschede bis nach Haßling- tung eine Jahrhunderte alte Tradition hat. Freilichtmuseum Hagen 58285 Gevelsberg-Silschede hausen ein etwa neun Kilometer langer Mäckingerbach Das Nordende der ehemaligen Radweg mit Anschluss an die Wuppertaler An anderen Standorten geht es auch um die 58091 Hagen-Selbecke Harkortschen Kohlenbahn über- Nordbahntrasse sowie an die ehemalige beiden großen Themenbereiche Schmieden www.lwl-freilichtmu- querte nördlich der Siedlung Kohlenbahnverbindung nach Hattin- und Hämmer, aber auch die Technik des seum-hagen.de „Am Büffel“ in einer Talsenke die gen. Die Strecke ist Teil des insgesamt 55 gerade für den märkischen Raum wichtigen Schlebuscher Straße in Gevelsberg- Kilometer langen Ruhr-zur-Ruhr-Rad- Drahtziehens wird dargestellt. Präsentiert Silschede (Informationstafel). weges zwischen Schee und Silschede. werden unterschiedliche Schmiedetechni- 120 HA/EN HA/EN 121 89 Deutsche Edelstahlwerke, Werk Hagen

Die heutigen Deutschen Edelstahlwerke in Hagen haben seit ihrer Gründung als Ham- merwerk 1853 schon viele Namen getra- gen. Nach vielen Zusammenschlüssen und Umgründungen erhielten sie 2007 ihren heutigen Namen. Im Zweiten Weltkrieg wichtiger Rüstungsbetrieb, produziert das Unternehmen heute Spezialwalzdrähte.

Vom Panzerbau zum Walzdraht

Das Unternehmen hat eine lange Vorge- schichte, die bis in die Mitte des 19. Jahr- hunderts zurückgeht. Gegründet wurde die Firma 1853 in Hagen als Hammerwerk unter dem Namen Asbeck, Osthaus & Co. Als Har- kort-Eicken-Edelstahlwerke GmbH war das Unternehmen seit 1925 bzw. 1931 Teil der Dortmunder Hoesch AG und der Vereinigte Quarto-Fer- Stahlwerke AG (VSt).1933/34 wurde mit der tiggerüst. Harkort & Eicken GmbH ein hundertpro- Foto: Uwe zentiges Tochterunternehmen der Hoesch Niggemeier AG in Wetter/Ruhr gegründet. Im Zuge der nationalsozialistischen Aufrüstungspolitik kam es in den Folgejahren zum Ausbau der 90 ThyssenKrupp Hohenlimburg Danach folgten noch viele Firmenzu- Betriebe in Hagen-Wehringhausen, Hagen- sammenschlüsse und -ausgliederungen. Eckesey und Wetter. Im Zweiten Weltkrieg 1803 gründete Gottfried Wilhelm Böing zählten die Standorte zu den wichtigen in Hohenlimburg ein Hammerwerk. Nach Mit etwa 900 Beschäftigten hat sich das Zulieferbetrieben für das deutsche Panzer- vielen Zusammenschlüssen mit anderen Werk, das mittlerweile zu ThyssenKrupp Trio-Vorgerüst. bauprogramm. Gefertigt wurden Gehäuse Firmen und Umbenennungen ist mittler- Steel gehört, auf die Herstellung von warm- Foto: Uwe und Montageteile für Panzerkampfwagen weile unter dem Namen ThyssenKrupp gewalztem Bandstahl spezialisiert. Das Niggemeier sowie Zubehör für Geschütze. 1944 wurden Hohenlimburg ein Produktionsstandort Produkt findet Verwendung als Vormaterial rund 40 Prozent der Gesamtproduktion entstanden, der sich auf die Herstellung von im Kaltwalzwerk oder in der Automobil- von Wannen und Aufbauten für Sturm- warmgewalztem Bandstahl spezialisiert hat. zuliefererindustrie. Ein wichtiger Schwer- geschütze bei Harkort & Eicken gefertigt. punkt in diesem Bereich ist insbesondere die Vom Limburger Fabrik- und Entwicklung von leichten Fahrzeugteilen. Mit der „Entflechtung“ der deutschen Hüttenverein zu ThyssenKrupp Steel Eisen- und Stahlindustrie durch die alliierte Kontakt & Infos Militärregierung wurde das Werk Hagen Seit dem 1. Juli 2016 firmiert das traditions- Kontakt & Infos 1946 vom Hoesch-Konzern getrennt und reiche Unternehmen Hoesch Hohenlim- in Stahlwerke Hagen AG umbenannt. 1951 burg jetzt unter dem Namen ThyssenKrupp Deutsche Edelstahlwerke GmbH erfolgte die Eingliederung des Unterneh- Hohenlimburg. Die Wurzeln des Werkes thyssenkrupp Steel Europe AG Schwanenstraße 8 mens in die Stahlwerke Südwestfalen AG. reichen weit zurück bis in das 19. Jahr- Oeger Straße 120 58089 Hagen-Wehringhausen Nach weiteren Zusammenschlüssen bzw. hundert. 1803 gründete Gottfried Wilhelm 58119 Hagen-Hohenlimburg www.dew-stahl.com Umgründungen kam das Werk 2007 zur Böing unter dem Namen Limburger Fab- www.thyssenkrupp-steel.com Deutsche Edelstahlwerke GmbH, die auch rik- und Hüttenverein ein Hammerwerk in Witten ein großes Werk betreibt. Heute mit Grob- und Feindrahtrolle. 1907 kam werden im Betriebsteil Hagen-Wehring- es zum Zusammenschluss mit den Eisen- hausen spezielle Walzdrähte hergestellt. und Stahlwerken Hoesch in Dortmund. 122 HA/EN HA/EN 123 Webstühle. Sogenannte Webriete, aus denen Webkämme für mechanische Webstühle her- gestellt wurden, wurden ab 1800 aus Metall hergestellt. Der verwendete Draht wurde um 1820 nicht nur in Drahtziehereien, sondern zunehmend in Walzbetrieben hergestellt. Die Industrialisierung der Kaltwalztechnik be- gann aber erst mit der Krinolinen- und Kor- settmode Mitte des 19. Jahrhunderts, für die ein spezieller Korsettfederbandstahl mit run- den Kanten entwickelt wurde. Auch für ande- re Produkte waren hochwertige Stahlbänder notwendig, zum Beispiel für die Produktion Industriemuseum von Fahrrädern oder Schreibmaschinen. Ennepetal. Foto: RIK/Budde Zum Zentrum der Kaltwalzindustrie entwi- Nahmertal. ckelte sich immer mehr die Region um Ho- Foto: RIK/Budde 91 Kaltwalzindustrie im Nahmertal henlimburg. Zu den heute noch erfolgreich 92 Industrie-Museum Ennepetal schichte. Die Sammlung der von Friedrich produzierenden Betrieben gehört die Firma Wilhelm Schlottmann, Ennepetal, gebauten Die Industrialisierung der Kaltwalztechnik C. D. Wälzholz in Unternahmer. Sie ist heute Das Industrie-Museum Ennepetal prä- technikgeschichtlichen Modelle hat einen begann im 19. Jahrhundert mit der Her- einer der größten Arbeitgeber im Hagener sentiert Regionalgeschichte mit spannen- gesonderten Raum im zweiten Oberge- stellung von Federbandstahl vor allem Raum. Die Firma geht auf Caspar Diederich den Themen wie Holzkohleherstellung, schoß erhalten. Themen sind Holzkohle- für die Korsettanfertigung. Zentrum der Wälzholz zurück, der 1829 eine Drahtzieherei Eisenverhüttung und Wasserkraftnut- herstellung, Eisenverhüttung, Wasserkraft- Kaltwalzindustrie wurde zunehmend das kaufte. Zur Produktpalette gehören heute zung. Im Untergeschoss des Museums ist nutzung, Hammerwerke und Gießereien, Nahmertal im Raum Hohenlimburg. Ei- Elektrobänder für die Motorenherstellung, eine Vorführ-Gießerei untergebracht. überwiegend aus der hiesigen Gegend. nige Betriebe arbeiten heute noch hier. insbesondere für elektrische Fahrantriebe in Autos, aber auch in E-Bikes. Auf dem Ein Museum als Ort des Mitmachens Ein wesentliches Ziel des Museums ist es, Ein Denkmal für die Parkplatz vor der Werkseinfahrt des Unter- als Ort des Mitmachens Technik lebendig Arbeiter der Kaltwalzindustrie nehmens erinnert eine Diesellokomotive der Zwei denkmalgeschützte Gebäude einer darzustellen, besonders Gießen und Schmie- ehemaligen Hohenlimburger Kleinbahn an ehemaligen Eisengießerei sind heute Sitz den. Die großen ungeteilten Hallen bieten Das im Bergischen Land seit dem 17. Jahr- die weit verzweigten Schmalspurstrecken, die eines noch im Aufbau befindlichem In- zudem Raum für zeitlich begrenzte Projek- hundert weit verbreitete Textilgewerbe be- noch bis 1983 die zahlreichen Betriebe des dustriemuseums. Das später verschieferte te unterschiedlicher Art, zum Beispiel in nötigte nicht nur Faserrohstoffe wie Leinen Nahmertals mit dem Bahnhof Hohenlimburg Fachwerkhaus stammt aus dem 18. Jahr- Zusammenarbeit mit Kunsthandwerkern. und Wolle, sondern auch Spinnräder und verbanden. Ein weiterer noch produzierender hundert. Es wurde als Wohnhaus eines In einem Bereich des Untergeschosses ist Betrieb ist die Firma. J. P. Hüseken & Comp. Hammerwerksbesitzers gebaut. Zur Zeit der eine Vorführ-Gießerei untergebracht. Hier mit zwei Werken in Obernahmer und im Firma Kruse (1951 bis 2005) diente es als können Besucher und insbesondere Kinder vorderen Nimmertal. In prägender Ecklage Wohn- und Bürohaus. Hier befindet sich kleinere Teile unter Anleitung selbst formen am Eingang des Nebentals steht ein ehema- heute das Museumsbüro. Eine Versamm- und nach dem Abgießen mit einer Alumi- liges Fabrikantenhaus (Nimmertal 130). Das lungs- und Begegnungsstätte ist geplant. niumlegierung als Andenken mitnehmen. siebenachsige Haus, im Kern vor 1810 erbaut, wird auch heute noch als Wohnhaus genutzt. Das heute noch fast ursprünglich erhaltene dreigeschossige Backsteingebäude wurde Kontakt & Infos Das Walzwerk der Firma Giebel (Ober- 1891 und 1896 von der früheren Holz- Kontakt & Infos nahmerstraße/Hardtstraße 41) ist ein um schraubenfabrik Bödecker, Ebbinghaus 1925 errichtetes Gebäude. Der dreiteilige & Co. errichtet. Kennzeichnend für diese Kaltwalzindustrie im Nahmertal Fassadenteil zur Obernahmerstraße hin Fabrikhalle aus der späten Gründerzeit sind Industrie-Museum Ennepetal Unternahmerstraße/ erinnert an eine barocke Kirchenfassade. je Geschoss 60 gusseiserne Säulen, die über Neustraße 41-53 Obernahmerstraße Heute produzieren im Nahmertal nur noch Stahlträger und Holzbalken die Holzfuß- 58256 Ennepetal-Altenvoerde 58119 Hagen-Hohenlimburg wenige Betriebe, viele Produktionsstät- böden und das Shed-Dach tragen. Zuletzt www.industrie-museum-ennepetal.de ten wurden aufgegeben, die Fabrikhallen wurde das Untergeschoss von der Firma umgenutzt. Den Arbeitern der Kaltwalz- Kruse als Gussputzerei genutzt. Die beiden industrie hat man in Hohenlimburg auf oberen Geschosse dienen als Modell-Lager der Lennebrücke ein Denkmal gesetzt. und als Ausstellungsräume zur Firmenge- 124 HA/EN HA/EN 125

Krenzer Hammer. Straßenindustrie- Foto: RIK/Budde 93 Krenzer Hammer Werkzeugfabrik gründete. 1914 baute er an 94 Straßenindustriemuseum raum aufgestellte Hämmer, Pressen, Pflüge museum Ennepetal. der Peddenöde eine Freiformschmiede. Zu Ennepetal und andere Maschinen betrachten und im Foto: RIK/Budde Das letzte Hammerwerk an der Ennepe: Der der Zeit gab es an der Ennepe bereits 48 Frei- wahrsten Sinne „begreifen“. Bronzene Tafeln Peddenöder Hammer von 1754 gilt als Vor- formschmieden. Das neu errichtete Back- informieren über die 27 aufgestellten Objekte läufer der heute noch existierenden Werkzeug- steingebäude, dessen Grundmauern heute Ein Museum im öffentlichen Straßenraum: und führen in die Industriegeschichte ein. fabrik Krenzer. Diese produziert immer noch noch teilweise erhalten sind, verfügte über Das Straßenindustriemuseum in Ennepe- Werkzeuge für verschiedenste Arbeitsbereiche, die modernsten Produktionsanlagen seiner tal thematisiert in den Ortsteilen Milspe, Die einzelnen Objekte befinden sich an zum Teil noch mit den historischen Maschinen. Zeit. Als kleine Sensation galt der Antrieb Altenvoerde und Voerde mit dort auf- verschiedenen Standorten in den Ortsteilen der Hämmer. Anstelle eines Wasserrades gestellten Hämmern, Pressen und Pflügen Milspe an der Voerder Straße, in Altenvoerde Mischform aus Manufaktur- wurde eine Wasserturbine eingesetzt, die die regionale Industriegeschichte. Informa- an der Mittelstraße und im Hülsenbecker und Industrieproduktion noch bis 1974 ihren Dienst versah. Zusätz- tionstafeln erklären die Objekte und er- Tal sowie im Ortszentrum von Voerde. lich wurde die damals übliche Transmission läutern den historischen Zusammenhang. Früher lagen an der Ennepe zahllose Ham- an der Decke angebracht, die über Flach- merwerke, heute ist nur noch der Krenzer riemen die verschiedenen Maschinen an- 24 Stunden täglich geöffnet Hammer in Ennepetal-Peddenöde in Betrieb. trieb. Sie ist noch heute in Betrieb. Auch 1754 ist erstmals der Name des Peddenöder die ursprünglichen Maschinen arbeiten Schmieden, Hammerwerke und Schleif- Hammers belegt, vermutlich der Vorläufer noch: Zwei Fallhämmer, zwei Lufthämmer kotten haben die industrielle Entwicklung der heutigen Werkzeugfabrik Krenzer. Ein und fünf Schmiedepressen produzierten Ennepetals entscheidend geprägt. Ausrei- erster Hinweis auf Wilhelm Krenzer findet früher Werkzeuge, die im 19. Jahrhundert chend Wasserkraft und Holzkohle führten sich in Gevelsberg, als er dort 1878 eine noch mühsam mit Handarbeit hergestellt bereits im 17. und 18. Jahrhundert zur wurden. Die Produktpalette umfasste über Gründung metallverarbeitender Betriebe. 200 Werkzeuge für verschiedene Berufs- Kontakt & Infos und Handwerksbereiche, wie zum Beispiel Eine „Schmiede“ der besonderen Art hat Kontakt & Infos Hämmer, Äxte, Hacken und Brechstangen. dieser Wirtschafts- und Industriegeschichte ein Denkmal gesetzt: der Verein Kultur- Werkzeugfabrik W. Krenzer Auch die heutige Fertigung, die man als schmiede Ennepetal, der sich unter anderem Straßenindustriemuseum Peddenöde 5 Mischform aus Manufaktur- und Industrie- der Aufarbeitung der Regionalgeschichte Ennepetal 58256 Ennepetal-Peddenöde produktion bezeichnen kann, besteht zum widmet. Daraus entstand die ungewöhnliche Voerder Straße www.krenzer-hammer.de großen Teil aus dem ursprünglichen Produk- Idee zu einem Straßenindustriemuseum, 58256 Ennepetal-Milspe/- tionsprogramm. Neben dem Standardliefer- kein Museum in festen Gemäuern, dafür Altenvoerde/-Voerde programm werden zunehmend auch Sonder- aber 24 Stunden täglich geöffnet. Bei einem www-ennepetal.de anfertigungen und individuelle Einzelstücke Spaziergang durch die Stadtteile Milspe, Al- nach entsprechenden Vorgaben produziert. tenvoerde und Voerde kann man im Straßen- 126 FRÖ LÜN 127 Fröndenberg 95 Kettenschmiedemuseum dustrie beitragen. Namhafte Fröndenberger Kettenfabriken begannen um 1900 mit der Ein Museum in einer ehemaligen Papierfab- Herstellung von Ketten für die Landwirt- rik erzählt die lange Geschichte der Ketten- schaft, entwickelten sich aber bald zu gro- produktion in Fröndenberg. Zum Fundus des ßen Unternehmen, die auch schwere Ketten Lünen Kettenschmiedemuseums gehört eine große produzierten. In den 1920er-Jahren erlebten Anzahl von Maschinen aus der Fröndenber- die Fröndenberger Kettenfabriken wegen ger Kettenproduktion. Produktionstechnische der Besetzung des Ruhrgebiets 1923 und Vorführungen ergänzen die Ausstellung. der Weltwirtschaftskrise 1929 einen star- ken wirtschaftlichen Einbruch. Ab Mitte Ketten für den Schiffsbau, für die der 1930er-Jahre konnten die Kettenfabri- Landwirtschaft und den Bergbau ken allerdings durch die Aufrüstungs- und Autarkiepolitik der Nationalsozialisten Die Produktion von Ketten bestimmte über einen erneuten Aufschwung verzeichnen. hundert Jahre die Industriegeschichte der Stadt Fröndenberg. Die eigentliche Ära der Nach 1945 konzentrierten sich die Unter- Fröndenberger Kettenfabriken begann in nehmen zunächst auf die Herstellung von den 1880er-Jahren. Die frühe Spezialisierung handelsüblichen Ketten, zu Beginn der Kettenschmiede- auf die Herstellung schwerer Schiffs- und 1950er-Jahre bestimmten dann Ketten für museum Frön- Ankerketten sollte auch in Fröndenberg den Schiffsbau und die Industrie wieder denberg. Foto: zum wirtschaftlichen Erfolg der Kettenin- die Produktpalette. Neben den deutschen „Kantine Westfalia“. RIK/Budde Werften und dem Bergbau des Ruhrgebiets Foto: RIK/Budde entwickelten sich auch Erdölgesellschaften zu wichtigen Handelspartnern. Sie benötigten schwere Ketten zur Verankerung von Bohr- 96 „Kantine Westfalia“ Bei der Errichtung des Gebäudes wur- inseln im Meer. Auch in Übersee wurden den dem Zeitgeist entsprechend histori- Märkte erschlossen, gewaltige Mengen an Die Gewerkschaft Eisenhütte Westfalia, sche Bauformen verwendet. Stilformen Ketten zur Bündelung und Verladung von 1826 das erste Eisenwerk in Lünen. 1870 der Romanik, aber auch Anklänge an die Zuckerrohr wurden zum Beispiel nach Kuba erhielt die Firma ein monumentales Be- Burg- und Schlossarchitektur sind erkenn- geliefert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts triebsgebäude, das wegen der Nutzung bar. Treppen- und viereckiger Eckturm ist die Kettenindustrie in Fröndenberg in- des Obergeschosses als Speiseraum den mit Zeltdach, der sich zum Obergeschoss folge des Strukturwandels in der Montan- Namen „Kantine Westfalia“ erhielt. verjüngt, vermitteln den Eindruck von industrie weitgehend verschwunden. Monumentalität. Im Innern erschließt eine Anklänge an Burg- und Schlossarchitektur reich ornamentierte Eisentreppe das Ober- Um die Geschichte der Kettenherstellung geschoss. Gusseiserne Säulen sind ebenfalls weiterhin lebendig zu halten, hat der För- Das um 1870 errichtete Betriebsgebäude der Bestandteil der Baukonstruktion. Alle diese derverein Kulturzentrum Fröndenberg e.V. Gewerkschaft Eisenhütte Westfalia - heute als noch erhaltenen baulichen Elemente geben 1999 ein Kettenschmiedemuseum eingerich- „Kantine Westfalia“ bezeichnet - ist das letzte Auskunft über das Selbstverständnis der tet. Zum Fundus des Museums gehört eine verbliebene Gebäude des traditionsreichen damaligen Eigner und dokumentieren auch Vielzahl von Maschinen aus der Frönden- Unternehmens auf dem ehemaligen Firmen- die Arbeits- und Produktionsverhältnisse in berger Kettenproduktion. Vorführungen areal. Es wurde 1826 als erstes Eisenwerk der Eisenindustrie in der Region um Lünen. am Schmiedefeuer, an elektrischen Hand- mit regionaler Bedeutung im Umfeld der Kontakt & Infos schweißmaschinen und Kettenschweiß- Stadt Lünen gegründet. Das Betriebsgebäude In den 1930er-Jah- Kontakt & Infos automaten ergänzen die Ausstellung. Das wurde bis 1998 in unterschiedlicher Weise ren hatte sich Werk Museum ist in einem Backsteingebäude im genutzt. Die Namensbezeichnung geht auf auf Bergbautechnik Westfälisches Kettenschmiede- heutigen Landschaftspark Ruhrufer unter- die langjährige Nutzung des Obergeschosses spezialisiert, produ- „Kantine Westfalia“ museum Fröndenberg/Ruhr gebracht. Das Gebäude diente ursprünglich als Speiseraum für die Belegschaftsmitglieder zierte unter anderem Industriestraße 1 Ruhrstraße 12 als Strohlager der ehemaligen Papierfabrik zurück. Die übrigen Räumlichkeiten auf der Kohlehobel und bis 44534 Lünen-Wethmar 58730 Fröndenberg/Ruhr Himmelmann & Co. An die Papierproduk- Etage wurden unter anderem als Bespre- zur Schließung Ende www.kulturzentrum-ruhraue.de tion erinnert ein Trichterstofffänger vor chungs-, Veranstaltungs- und Freizeiträume 2020 unter der Ägide dem Museumsgebäude, der früher zum genutzt. Das Erdgeschoss diente lange Zeit des Caterpillar-Kon- Filtern und Reinigen von Abfallstoffen aus als Lagerschuppen und beherbergte zeitweise zerns hydraulische der Papierherstellung benutzt wurde. auch das Büro der Belegschaftsvertretung. Ausbauschilde. 128 HAM HAM 129 Hamm 97 Böhler Welding

Qualitätsdrähte aus Hamm: 1873 entstand die Westfälische Union, die mit 2.000 Arbeitern Stabeisen, Drahtstifte und Wagenachsen her- stellte. Nach dem Zwei- ten Weltkrieg umfasste das Lieferprogramm des Unternehmens auch Drahtseile für den Bergbau-, Schiffs-, und Westfälische Baubereich. Heute steht Drahtindustrie. die Schweißtechnik im Foto: RIK/Budde Mittelpunkt der Unter- nehmensaktivitäten. 98 Westfälische Drahtindustrie vereinbart. Während des Zweiten Weltkrieges Vom Drahtziehen lieferte das Werk kriegswichtige Produkte zur Schweißtechnik Seit 1890 Drahtfabrikation bei der Westfäli- und war damit auch vorrangiges Ziel alli- schen Drahtindustrie (WDI) in Hamm: Im ierter Bombenangriffe. Bei den Angriffen Der heutige Stand- Zweiten Weltkrieg lieferte die Firma kriegs- wurden über 80 Prozent des Gebäudebestan- ort der Böhler Wel- wichtige Produkte und wurde deshalb bei des und mehr als die Hälfte der technischen ding (Welding, engl. Bombenangriffen stark zerstört. Nach dem Anlagen zerstört. In den Jahren 1945 bis 1951 für Schweißen) geht Wiederaufbau hat sich die WDI zu einem konnte das Werk wiederaufgebaut werden. auf eines der beiden bedeutenden Anbieter in den Bereichen Danach endete auch die Kooperation mit Böhler Welding. traditionsreichen Draht und Schweißtechnik entwickelt. dem Krupp-Konzern, die WDI war nächst Foto: RIK/Budde Unternehmen der wieder unabhängig, wurde aber nach dem Hammer Drahtindus- Drähte für Krieg und Frieden Erweb der Aktienmehrheit durch Krupp 1964 trie zurück. 1853 wurde die Firma Cosack ter fertigten jetzt in Hamm hauptsächlich vollständig in den Konzern eingegliedert. & Comp. als Puddel- und Walzwerk mit Stabeisen, Drahtstifte und Wagenachsen. Die Westfälische Drahtindustrie geht zu- Eisendrahtzieherei und Eisengießerei ge- rück auf das 1821 von Wilhelm und Johann Nach Aufgabe des Walzdrahtbereiches im gründet. Aus dem Zusammenschluss mit 1926 schlossen sich mehrere deutschen Mon- Caspar Hobrecker gegründete Walzwerk für Krupp-Konzern übernahm 1978 der Klöck- anderen bedeutenden montanindustriellen tanunternehmen, darunter die Phoenix AG, Eisenblechplatten. Daraus entstand 1856 ner Stahlkonzern das Unternehmen. Seit Werken entstand daraus 1873 die „Westphä- zum Mega-Konzern Vereinigte Stahlwerke ein Werk zur Drahtfabrikation, das ab 1890 1987 ist die Westfälische Drahtindustrie lische Union Aktiengesellschaft für Bergbau, AG (VSt) zusammen. Nach einer Neugrün- unter dem jetzigen Namen WDI betrieben unter ihrer ehemaligen Firmenbezeichnung Eisen und Drahtindustrie zu Hamm“, die dung in den 1950er-Jahren kam das Unter- wurde. Der Betrieb lag verkehrsgünstig wieder eigenständig. Sie ist heute sowohl zur gleichen Zeit wiederum Bestandteil der nehmen schließlich zur August Thyssen-Hüt- sowohl an der Köln-Mindener Eisenbahn mit ihrem Stammsitz in Hamm als auch mit Phoenix AG für Bergbau und Hüttenbetrieb te AG in Duisburg. Das Hüttenwerk lieferte als auch an der wichtigen Straßenverbin- anderen Standorten einer der bedeutendsten in Ruhrort wurde. Über 2.000 Mitarbei- Walzdraht als Vormaterial für die Drahtwer- dung nach Unna und Dortmund. Es war deutschen Anbieter in den Bereichen Draht, ke der Westfälischen Union. Das Lieferpro- das erste Drahtwerk in Europa, in dem man Blankstahl, Seile und Schweißtechnik. Kontakt & Infos gramm umfasste unter anderem Drahtseile Dampfkraft zur Herstellung von Walzdraht Kontakt & Infos für den Bergbau-, Schiffs-, und Baubereich, einsetzte. Nach Umwandlung in eine Ak- aber auch Stahl- und Stacheldraht wurden tiengesellschaft im Jahr 1872 baute man ein voestalpine Böhler produziert. Zunehmend gewann die Her- weiteres Werk zur Drahtverfeinerung im WDI Westfälische Welding GmbH stellung von Schweißdrähten und -elektroden lettischen Riga und kaufte zur Sicherung Drahtindustrie GmbH Hafenstraße 21 an Bedeutung. 1990 wurden die schweiß- der Rohmaterialversorgung ein Hütten- Wilhelmstraße 7 59067 Hamm-Westen technischen Sparten von Thyssen Draht und und Walzwerk im finnischen Dalsbruck. 59067 Hamm-Westen www.voestalpine.com Thyssen Edelstahl in dem Gemeinschafts- www.wdi.de unternehmen Böhler Thyssen Schweißtech- Um eine gesicherte Vormaterialbasis zu nik zusammengefasst, das heute zum öster- erreichen, wurde 1911 eine Interessensge- reichischen Voestalpine-Konzern gehört. meinschaft mit dem Essener Krupp-Konzern 130

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Herausgeber: Michael Clarke Regionalverband Ruhr Die Regionaldirektorin Historiker und Publizist, freier wissenschaft- Kronprinzenstraße 35 licher Mitarbeiter beim Regionalverband 45128 Essen Ruhr und am Ruhr Museum in Essen. www.rvr.ruhr Gästeführer an verschiedenen Standorten der Route Industriekultur im Ruhrgebiet. Projektleitung: Referat Industriekultur www.route-industriekultur.ruhr

Gestaltung: Schacht 11, Essen www.schacht11.ruhr

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