Protokoll-Nr. 19/93

19. Wahlperiode Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Wortprotokoll der 93. Sitzung

Ausschuss für Wirtschaft und Energie Berlin, den 18. November 2020, 09:02 Uhr 10557 Berlin, Paul-Löbe-Allee 2 Paul-Löbe-Haus, Europasaal 4.900

Vorsitz: , MdB

Tagesordnung - Öffentliche Anhörung

Tagesordnungspunkt 1 Seite 5 a) Gesetzentwurf der Bundesregierung Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mitberatend: Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft energierechtlicher Vorschriften Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare BT-Drucksache 19/23482 Sicherheit Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen Haushaltsausschuss Gutachtlich: Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung

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b) Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Heiko Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie Heßenkemper, Steffen Kotré, , Mitberatend: weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Finanzausschuss Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Erneuerbare-Energien-Gesetzes – Abschaffung des Sicherheit EEG für Anlagen, die ab 1. Januar 2021 in Betrieb Haushaltsausschuss genommen werden

BT-Drucksache 19/23714

c) Antrag der Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin, Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie , Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Mitberatend: Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Finanzausschuss Ökostromausbau zukunftsfähig gestalten Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit BT-Drucksache 19/23933 Haushaltsausschuss vorbehaltlich der Beschlussfassung

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Bleser, Peter Dött, Marie-Luise Durz, Hansjörg Grundmann, Oliver Grotelüschen, Astrid Holmeier, Karl Hauptmann, Mark Kemmer, Ronja Heider, Dr. Matthias Körber, Carsten Helfrich, Mark Kruse, Rüdiger Knoerig, Axel Linnemann, Dr. Carsten Koeppen, Jens Mattfeldt, Andreas Lämmel, Andreas G. Möring, Karsten Lenz, Dr. Andreas Nicolaisen, Petra Loos, Bernhard Nüßlein, Dr. Georg Metzler, Jan Pols, Eckhard Müller (Braunschweig), Carsten Ramsauer, Dr. Peter Pfeiffer, Dr. Joachim Schweiger, Torsten Rouenhoff, Stefan Steier, Andreas Stein (Rostock), Peter Stetten, Christian Frhr. von Willsch, Klaus-Peter Vries, Kees de SPD Freese, Ulrich Bartol, Sören Gremmels, Timon Jurk, Thomas Junge, Frank Kapschack, Ralf Katzmarek, Gabriele Miersch, Dr. Matthias Mohrs, Falko Raabe, Dr. Sascha Poschmann, Sabine Scheer, Dr. Nina Rimkus, Andreas Schmidt, Uwe Saathoff, Johann Stamm-Fibich, Martina Töns, Markus Thews, Michael Westphal, Bernd Weingarten, Dr. Joe AfD Chrupalla, Tino Bernhard, Marc Heßenkemper, Dr. Heiko Espendiller, Dr. Michael Holm, Leif-Erik Hollnagel, Dr. Bruno Komning, Enrico Kraft, Dr. Rainer Kotré, Steffen Sichert, Martin Müller, Hansjörg Spaniel, Dr. Dirk FDP Houben, Reinhard Bauer, Nicole Klinge, Dr. Marcel Dassler, Britta Katharina Neumann, Dr. Martin Kulitz, Alexander Todtenhausen, Manfred Reinhold, Hagen Ullrich, Gerald Solms, Dr. Hermann Otto Weeser, Sandra Theurer, Michael ______ Die unterschriebene Anwesenheitsliste sowie die Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Video-/Telefon- konferenz werden dem Originalprotokoll beigelegt und sind während der laufenden und der darauf folgenden Wahl- periode im Sekretariat des Ausschusses für Wirtschaft und Energie und danach im Archiv des Deutschen Bundesta- ges einsehbar.

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DIE LINKE. Beutin, Lorenz Gösta Dağdelen, Sevim Ernst, Klaus De Masi, Fabio Lutze, Thomas Riexinger, Bernd Meiser, Pascal Tatti, Jessica Ulrich, Alexander Wagenknecht, Dr. Sahra BÜNDNIS 90/DIE Dröge, Katharina Badum, Lisa GRÜNEN Janecek, Dieter Baerbock, Annalena Müller, Claudia Bayaz, Dr. Danyal Nestle, Dr. Ingrid Kotting-Uhl, Sylvia Verlinden, Dr. Julia Krischer, Oliver

Sachverständigenliste:

Ingbert Liebing Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU)

Peter Reitz European Energy Exchange AG (EEX)

Sandra Rostek Hauptstadtbüro Bioenergie

Thorsten Müller Stiftung Umweltenergierecht

Carsten Körnig Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW Solar)

Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar)

Dr. Sebastian Bolay Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)

Dr. Patrick Graichen Agora Energiewende

Kerstin Andreae Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW)

Timm Fuchs Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände ______ Die unterschriebene Anwesenheitsliste sowie die Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Video-/Telefon- konferenz werden dem Originalprotokoll beigelegt und sind während der laufenden und der darauf folgenden Wahl- periode im Sekretariat des Ausschusses für Wirtschaft und Energie und danach im Archiv des Deutschen Bundesta- ges einsehbar.

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Tagesordnungspunkt 1 Drucksache 19/23933. Als erstes begrüße ich un- sere Sachverständigen, die uns heute zur Verfü- a) Gesetzentwurf der Bundesregierung gung stehen und damit zu einem guten Gelingen dieses Gesetzes beitragen. Ich werde Sie im Ein- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des zelnen nennen, damit ich weiß, dass Sie alle da Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer sind. Herrn Ingbert Liebing vom Verband Kommu- energierechtlicher Vorschriften naler Unternehmen, Herrn Peter Reitz, European Energy Exchange AG, Frau Sandra Rostek vom BT-Drucksache 19/23482 Hauptstadtbüro Bioenergie, Herrn Thorsten Mül- ler von der Stiftung Umweltenergierecht, Herrn Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirt- b) Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Heiko schaft, Herrn Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke, der Heßenkemper, Steffen Kotré, Tino Chrupalla, uns per Videokonferenz zugeschaltet ist von der weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saar- landes, Herrn Dr. Sebastian Bolay vom Deutschen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Industrie- und Handelskammertag, Herrn Dr. Erneuerbare-Energien-Gesetzes – Abschaffung Patrick Graichen, der auch per Videokonferenz des EEG für Anlagen, die ab 1. Januar 2021 in teilnimmt, von Agora Energiewende, Frau Kerstin Betrieb genommen werden Andreae vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und schließlich Herrn Timm BT-Drucksache 19/23714 Fuchs von der Bundesvereinigung der kommuna- len Spitzenverbände. So, dann haben wir natür- lich unsere Kolleginnen und Kollegen des Aus- c) Antrag der Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin, schusses hier, die ich auch recht herzlich begrüße. Ralph Lenkert, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Für die Bundesregierung nimmt Frau Parlamenta- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. rische Staatssekretärin Winkelmeier-Becker teil. Und ich begrüße die Vertreter der Länder, der Me- Ökostromausbau zukunftsfähig gestalten dien und nicht zuletzt die Gäste, die uns entweder live über die Kameras oder hier im Saale zuhören. BT-Drucksache 19/23933 Zum Ablauf der heutigen Anhörung folgende Er- läuterungen: Wir führen die Befragungen unter vorbehaltlich der Beschlussfassung der Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen durch. Um das in der uns zur Verfü- gung stehenden Zeit von 2 Stunden hinzukriegen, Der Vorsitzende: Guten Morgen allerseits. Ich sind wir darauf angewiesen, dass sich sowohl die denke, wir können mit unserer Anhörung begin- fragenden Abgeordneten als auch die Sachverstän- nen und ich begrüße Sie recht herzlich hier im digen möglichst kurz fassen. Die Fraktionen sind Saal und online als Zuhörer. Wir beschäftigen uns übereingekommen, pro Wortmeldung eine maxi- heute mit dem Thema „Erneuerbare-Energien-Ge- male Redezeit von insgesamt 4 Minuten für Frage setz“. Die Anhörung befasst sich mit den folgen- und Antwort festzulegen, die wirklich eingehalten den Vorlagen: Gesetzentwurf der Bundesregierung werden müssen. Ich müsste sonst eingreifen. Also „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneu- je kürzer die Fragen, desto länger haben natürlich erbare-Energien-Gesetzes und weiterer energie- auch die Sachverständigen Zeit zu antworten. rechtlicher Vorschriften“, BT-Drucksache Manchmal ist das so, dass eine Frage an zwei ver- 19/23482, dem Gesetzentwurf der Fraktion der schiedene Sachverständige gerichtet wird. Dann AfD „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des bitte ich die Sachverständigen, selbst darauf zu Erneuerbare-Energien-Gesetzes – Abschaffung des achten, dass auch der zweite Sachverständige EEG für Anlagen, die ab 1. Januar 2021 in Betrieb noch zu Wort kommt. Meine weitere Bitte an die genommen werden“, BT-Drucksache 19/23714 Kolleginnen und Kollegen, die Fragen stellen: und einem Antrag der Fraktion DIE LINKE. Bitte nennen Sie zu Beginn Ihrer Frage immer den „Ökostromausbau zukunftsfähig gestalten“, BT- Namen des Sachverständigen, damit der weiß,

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dass die Frage an ihn gerichtet ist. Wir haben Also Stichwort sind hier Direktstromlieferver- keine Eingangsstatements vorgesehen, wir haben träge, also Grünstrom-Direktlieferverträge, Power ja schriftliche Stellungnahmen von Ihnen bekom- purchase agreements (sog. PPA’s). Da ist der men, sodass wir dann direkt von der Frage zur Markt in Deutschland noch in den Kinderschu- Antwort übergehen können. Es wird ein Wortpro- hen. Wir sind gerade dabei, mit der Dena und den tokoll erstellt und zur Erleichterung der Protokol- Klimaschutzunternehmen eine Offensive zu star- lantinnen und Protokollanten ist es so, dass ich je- ten, um mehr Transparenz in den Markt zu brin- weils nochmal die Sachverständigen dann auf- gen. Wenn uns das gelingt - ich glaube, Herr Reitz, rufe, nachdem eine Frage an sie gerichtet ist, da- ich darf das erwähnen, dass die EEX auch dabei mit auch für das Protokoll klar ist, wer gerade ant- ist - werden wir in Zukunft deutlich mehr Ausbau wortet. So, damit dürften alle Unklarheiten besei- über den Markt sehen. Die Komplexitätsfalle tigt sein und wir können in die Anhörung einstei- möchte ich nochmal an einem Beispiel deutlich gen. Als erstes fragt Herr Abgeordneter Koeppen machen. Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Unter- von der CDU/CSU, bitteschön. nehmen und möchten Ihre Mitarbeiter mit Elek- troautos, mit Elektrofahrzeugen ausstatten. Das ist Abg. (CDU/CSU): Ja, vielen Dank, erstmal kein Problem, das können Sie natürlich Herr Vorsitzender. Meine erste Frage geht an tun. Das sind Dienstwagen, die gehören der Firma. Herrn Dr. Bolay. Das EEG, das jetzt 20 Jahre lang Der Leitfaden zum Messen und Schätzen bei EEG- als Fördersystem besteht, ist ja sehr komplex, so- Umlagepflichten der Bundesnetzagentur hat noch- dass selbst Experten Schwierigkeiten haben, mal ganz klar gestellt, dass der Halter des Fahr- durch den Förderdschungel durchzublicken. Aus zeugs, in dem Fall die Firma, der Betreiber ist. So, der Sicht vieler ist das für den Ausbau der Erneu- jetzt fahren die Mitarbeiter mit dem Wagen. Sie erbaren Energien auch zur Bremse geworden. Des- freuen sich, dass sie den Wagen bekommen ha- wegen möchte ich fragen, wie sieht aus Ihrer Sicht ben. Sie fahren dann abends nach Hause und ein richtiger Anreiz für die notwendigen Innovati- schließen das Fahrzeug an die Steckdose. So, die onen aus, wie sieht eine Entschlackung des EEG haben aber jetzt nicht nur einfach eine Steckdose, aus, bzw. wie sieht ein ordnungsgemäßer Aus- sie haben eine Wallbox und sie haben eine private stiegspfad aus hin zu neuen innovativen Förderin- PV-Anlage. Die Regelungen, die wir heute im EEG strumenten? haben, führen dazu, dass sie einen geeichten Zäh- ler vor diese Ladeinfrastruktur setzen müssen, Der Vorsitzende: Herr Dr. Bolay bitte. weil sie den Strom nur beziehen dürfen für das Fahrzeug, das ihnen ja nicht gehört, sie sind ja SV Dr. Sebastian Bolay (DIHK): Ja, vielen Dank nicht der Halter des Fahrzeugs, sie müssen also für die Frage, Herr Koeppen. Mit Blick auf die Zeit 100 Prozent EEG-Umlage dafür bezahlen. Wenn kann ich mich natürlich jetzt nur auf wenige sie den Strom in ihrem Gebäude verbrauchen, für Punkte beschränken, aber Sie haben es richtig be- den Wasserkocher, für was auch immer, ist er mit, schrieben. Wir sind mit dem EEG so ein Stück wenn es eine kleine Anlage ist, mit 0 Prozent be- weit in eine Komplexitätsfalle geraten und das lastet. Sie müssen also hier in eine sehr teure Zäh- macht den Ausbau Erneuerbarer Energien auch lerinfrastruktur investieren, um dann gesetzeskon- ein ganzes Stück weit teurer. Und das hat auch form agieren zu können und solche Regelungen nicht nur mit dem EEG zu tun. Denken Sie an die haben wir an ganz vielen Stellen. Die meisten langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfah- werden das gar nicht wissen, dass sie das tun ren bei Erneuerbaren Energien, gerade bei Wind- müssen. Sie handeln also dann möglicherweise energieanlagen, die auch ein massives Problem nicht gesetzlich, ohne dass sie das überhaupt wis- darstellen: Auch hier haben wir in letzten Jahren sen. Und das ganze fällt natürlich wieder auf die sehr viel Komplexität aufgebaut. Wir haben eine Firma zurück, die das möglicherweise auch gar ganz große Chance, weil Erneuerbare Energien in nicht weiß, was da alles zu tun ist, wo hinein sie den letzten Jahren viel wettbewerbsfähiger gewor- ihre Mitarbeiter durch solche Regelungen schickt. den sind, in Zukunft deutlich mehr über den Ich glaube, das illustriert ein bisschen die Kom- Markt und weniger über das EEG auszubauen. plexität, die wir im EEG an ganz vielen Stellen ha- ben. Vielen Dank.

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Der Vorsitzende: Danke. Hier ist übrigens noch tun. Und das würde dazu führen, wenn wir den eine Uhr wegen der Redezeit, an die Sie sich jetzt Weg ohne die Rückkopplung nach Europa weiter ausgezeichnet gehalten haben. Als nächstes Herr gehen, dass wir an diesem EEG sehr kurzfristig Abgeordneter Westphal bitte von der SPD. sehr grundlegende Veränderungen vornehmen müssten, weil wir hinterherhinken würden. Die Abg. (SPD): Vielen Dank, Herr Ziele, über die wir in Europa reden, sind ganz an- Vorsitzender, vielen Dank, meine Damen und Her- dere als die des Entwurfes. Die EU-Kommission ren, dass Sie uns als Sachverständige heute zur geht von einer Verdopplung der Stromerzeugung Verfügung stehen. Mit dem EEG haben wir ja eine aus Erneuerbaren Energien bis 2030 im Vergleich durchaus bedeutende Rahmensetzung für den zu heute aus, das heißt, wir müssen über ganz an- weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien, den dere Mengen reden und damit über ganz andere wir als SPD-Fraktion als Grundlage für den weite- Zielgrößen, ganz andere Ausschreibungsmengen. ren wirtschaftlichen Erfolg und als ökonomische Wenn wir über ein attraktives EEG reden, sollten Basis in Deutschland sehen. Deshalb meine Frage wir an dieser Stelle mehr Planbarkeit in das Sys- an Dr. Müller: Wie sehen Sie jetzt die Rahmenbe- tem bekommen. Der zweite Punkt, die finanzielle dingungen im EEG ausgestaltet, sind die Rahmen- Beteiligung von Kommunen, ist im Paragrafen 36k bedingungen attraktiv für Investoren, was muss geregelt. Es gibt einen großen Streit, ob das eine verändert werden? Was die Frage Akzeptanz an- verpflichtende Ausgestaltung sein muss, mit der geht, wenn Sie noch Zeit haben, vielleicht noch Folge, dass jeder Windenergieanlagenbetreiber der die Bewertung der Vergütung für Kommunen, dort Kommune etwas zahlt oder ob das, so wie es jetzt wo Anlagen errichtet werden sollen oder jetzt vorgeschlagen ist, freiwillig ist. Aus unserer Sicht heute schon stehen. ist diese Frage letztlich nicht entscheidend, mit einer entsprechenden Modifikation des Paragra- Der Vorsitzende: Herr Müller bitte. fen 36k dürften die Ergebnisse relativ gleich sein. Entscheidend sind aber zwei Punkte im heutigen SV Thorsten Müller (Stiftung Umweltenergier- Paragrafen 36k. Er ist zeitlich zu eng gefasst, weil echt): Vielen Dank für die Frage. Den Doktor habe er erst in dem Moment Rechte verleiht, in dem der ich noch nicht, insofern muss ich den hier an die- Zuschlag erteilt ist. Für die Akzeptanz ist aber das ser Stelle für das Protokoll zurückweisen. Die Zeitfenster entscheidend, in dem der Investor mit Frage der Attraktivität des EEG ist nicht in einer der Gemeinde anfängt, Gespräche zu führen, das pauschalen Weise zu beantworten. Es ist sehr un- ist Jahre früher. Wenn dort das Kind in den Brun- terschiedlich. Wenn Sie auf die Geothermie gu- nen gefallen ist, dann hilft die Zahlung zu dem cken und auf die Entwicklung, die wir dort sehen, Zeitpunkt nichts mehr für die Akzeptanz, ist offensichtlich, dass die Bedingungen nicht at- schlimmstenfalls ist es ein Gegenargument, dass traktiv sind, um die technischen Herausforderun- man sich kaufen ließe. Insofern müsste man diese gen, die es dort gibt, zu überwinden. In anderen Regelung zeitlich deutlich früher ermöglichen Bereichen haben wir attraktive Regelungen und und dann muss man das Problem, das heute insofern muss man genau gucken, wo ist das. Das schon freiwilligen Zahlungen entgegensteht, Zentrale, wenn wir den Pfad angucken, auf den adressieren. Das sind die strafrechtlichen Vor- wir uns begeben wollen, ist - glaube ich - die würfe, sowohl gegen die Handelnden auf der Seite Planbarkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes für der Gemeinde als auch auf der Seite der Investo- alle Investoren, denn wir reden über sehr langle- ren, die Frage der Vorteilsgewährung bzw. Vor- bige und langlaufende Projekte. Windenergiepro- teilsannahme. Diese beiden Punkte kann man un- jekte haben einen langen Vorlauf, da muss man problematisch durch eine Modifikation im Para- nicht auf den Tag morgen gucken, sondern auf grafen 36k erreichen und dann dürfte diese Rege- was Langfristiges und ich glaube, das ist das, was lung identisch sein mit einer verpflichtenden Vor- im Moment an der Schwelle dieses EEG entschei- schrift. Warum? Weil die Investoren frühzeitig dend ist, um über die Attraktivität zu entscheiden. eine vertragliche Bindung, mit den Gemeinden Wir sind in einer Umbruchphase, in der wir in eingehen können und dann ist die Freiwilligkeit Europa über ganz andere Sachen diskutieren als hinfällig. Dann haben wir eine vertragliche Bin- das, was wir im Moment gerade in Deutschland dung. Dann besteht ebenso ein Zahlungsanspruch

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der Gemeinden, wie er gesetzlich bestünde. Und will. Danke. insofern ist es aus unserer Sicht eine Ausgestal- tungsfrage. Vielen Dank. Der Vorsitzende: Danke. Herr Abgeordneter Dr. Lenz bitte. Der Vorsitzende: Danke. Herr Kotré von der AFD bitte. Abg. Dr. (CDU/CSU): Ja, danke Herr Vorsitzender. Meine erste Frage geht an Frau Abg. Steffen Kotré (AfD): Vielen Dank. Meine Rostek vom Hauptstadtbüro Bioenergie. Könnten Frage geht an Herrn Professor Lüdecke. Wie sehen Sie mal kurz die Vorteile der Bioenergie darstel- Sie das Verhältnis von Nutzen und Schaden beim len? Die zweite Frage, wir haben jetzt unterschied- EEG? liche Höchstwerte. Könnten Sie sich auch vorstel- len, dass man das nochmal differenziert nach An- SV Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke (htw saar): lagengrößenklassen und die dritte Frage in dem Dazu muss man vielleicht einmal die internatio- Kontext ist der Paragraf 39. Da geht es um die Be- nale Situation anschauen, das EEG basiert ja letzt- messungsleistung von unterschiedlichen Anlagen, lich auf Klimaschutz bzw. CO²-Vermeidung. zu einem von Holzkraftwerken, die wird auf Deutschland verursacht nur 2 Prozent aller CO²- 65 Prozent gesenkt und bei Biomethananlagen auf Emissionen weltweit und diese 2 Prozent sind so- 15 Prozent. Halten Sie das für sachgerecht? gar noch abnehmend, weil nämlich in China, In- dien, Südamerika, Afrika und so weiter die Kohle- Der Vorsitzende: Frau Rostek bitte. verbrennung zunehmend genutzt wird. Diese Län- der sind alle dem Pariser Klimaabkommen beige- SVe Sandra Rostek (Hauptstadtbüro Bioenergie): treten. Die dürfen das entweder durch etwas Ja, vielen Dank für die vielfältigen Fragen, das eigenartige Bestimmungen oder sie machen es ein- wird sportlich. Ich steige mal ein. Die Stärken der fach, ohne sich darum zu kümmern. Nun 2 Pro- Biomasse im Energiesystem, zunächst mal würde zent sind ja nun nicht viel, wenn man jetzt mal ich gerne in Erinnerung rufen, 20 Prozent des er- hilfsweise der Annahme des IPCC folgt, das ist neuerbaren Stroms sind aus der Bioenergie im re- alles sehr schädlich, dann kommt man auf generativen Bereich. Das ist eine ganze Menge. Es 0,01 Grad Temperatur-Erniedrigung durch deut- ist aber auch klar, statt der Quantität kommt es sche CO²-Vermeidungen. Die Kosten dafür sind künftig noch immer stärker bei der Biomasse auf astronomisch hoch, das brauche ich Ihnen nicht die Qualität des Stromes an. Und da hat die Bio- zu sagen, und sie schädigen unsere energieinten- masse auch eine ganze Menge zu bieten, das heißt, sive Industrie. Es gibt also keine sachlichen wir stehen für gesicherte, steuerbare und eben Gründe, dies zu tun, höchstens eine deutsche Vor- auch speicherbare Leistung im Stromsektor. Um bildrolle. Das Ganze ist grob unverhältnismäßig. das vielleicht mal zu verdeutlichen, wir könnten Das Geld sollte besser in unsere Schulen fließen, zum Ausgleich kurze oder auch längerfristige in unsere zu sanierenden Straßenbrücken und vor Schwankungen im Wind- oder Solarbereich, quasi allen Dingen auch in unseren etwas zu geringen die Leistung von etwa 60 GuD-Blöcken im Biogas- Beitrag zur NATO, um diesen etwas zu erhöhen. bereich alleine aus dem Anlagenbestand heraus Ja, was natürlich noch erfolgen sollte, wenn man ersetzen und wir könnten auch bis zu fünf Kohle- schon von CO² und EEG spricht, dass man endlich blöcke mit der festen Biomasse ersetzen. Ganz zu mal auf eine vernünftige Energieerzeugung geht, schweigen natürlich von der Wärmebereitstellung, das heißt man sollte die neuen Kernkraftwerksty- die eben ohne Bioenergie, denke ich, im regenera- pen der Generation 4 erforschen, nur erforschen. tiven Bereich, zumindestens Stand heute auch Diese neuen Typen laufen als Pilotanlagen schon keine Rolle spielen würde. Das heißt, 85 Prozent in Russland und es gibt Typen, die können passiv der erneuerbaren Fernwärme stammen aus Holz sicher und ohne maßgeblichen Abfall gebaut wer- und nahezu 100 Prozent der regenerativen Pro- den. Das muss man sich mal klar machen. Das zesswärme. Das heißt, wir haben es wirklich mit heißt, mit diesen Kernkraftwerken wäre das CO²- einem Anlagenpark zu tun, der im Sinne unseres Problem schon von allein gelöst. Man fragt sich, Energiesystems künftig noch besser genutzt wer- was man sich eigentlich noch mehr wünschen

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den kann. Ein Dreh- und Angelpunkt dabei ist na- selbsterzeugtem und verbrauchtem Strom, Rah- türlich die Frage, wer wie in den Ausschreibun- menbedingungen für Stromspeicherabgrenzung gen bestehen kann. Da richtet sich unser Augen- von Drittstrommengen, Bagatellgrenze, Para- merk hier gerade in erster Linie auf die Bestands- graf 62a, etc. etc. Vielen Dank. anlagen. Denn hier haben wir schon eine ganze Menge an entwickelten Standorten und es macht Der Vorsitzende: Danke. Herr Dr. Bolay bitte. Sinn, diese im System zu halten. Es gab eine An- passung der Höchstgebotswerte, die aber noch SV Dr. Sebastian Bolay (DIHK): Ja, vielen Dank nicht ausreichend ist, um insbesondere Kleinanla- für die Frage, Frau Weeser. Das schließt ja auch gen auch faire Wettbewerbsbedingungen zu er- schon so ein bisschen an mein Elektroautobeispiel möglichen. Hier spreche ich auch insbesondere mit an. Also wir sehen massive Investitionen, ge- von tausenden landwirtschaftlichen Biogasanla- rade im Mittelstand, vor allem auch im industriel- gen, etwa unter 600 kw installierter Leistung. Und len Mittelstand in Photovoltaik in den letzten Jah- hier wäre es in der Tat eine Überlegung, nochmal ren. Wir sind ja auch deutlich hochgegangen mit eine gewisse Segmentierung vorzusehen, weil den PV-Zubau-Zahlen insgesamt. Die Bundesre- eben Biomasse nicht gleich Biomasse ist und gierung hat ja vorgeschlagen jetzt die Bagatell- nicht alles miteinander, quasi in einem Ausschrei- grenze, die heute bei 750 kW liegt - also ab bungssegment, vernünftig konkurrieren kann. Die 750 kW muss man in die Ausschreibung, wenn Bemessungsleistung ist bei uns das große Thema, man eine Förderung für eine eingespeiste Kilo- das heißt, das ist die vergütungsrelevante Größe. wattstunde haben will - auf 500 kW abzusenken. In der Tat wurde das abgesenkt. Im Biogasbereich Das würde sicherlich zum Ende vieler solcher ist das auch grundsätzlich wünschenswert, denn Projekte im Mittelstand führen, weil das sind Ein- das drückt ja die Flexibilisierung, dass ich eben malinvestitionen. Die Unternehmen werden eher quasi überbaue und den Unterschied sozusagen in nicht an solchen Ausschreibungen teilnehmen. der installierten Leistung zur Bemessungsleistung Wenn sie dann sich entschließen, doch die Anlage quasi hier vorhalte und eben dann sozusagen zur zu bauen, dann würde die Anlage so dimensio- Verfügung stehe, wenn Sonne und Wind nicht zur niert, dass der Strom immer, also auch wenn Be- Verfügung stehen. Vielleicht können wir das triebsferien oder mal Stillstände sind wegen War- nachher auch noch einmal vertiefen. Das merken tungsarbeiten bei größeren Maschinen, immer zu wir immer wieder, dass das auch nicht so ganz für 100 Prozent selbst verbraucht werden kann. Die jeden direkt verständlich ist. Auf jeden Fall ist es Anlage würde also kleiner dimensioniert. Es wäre eben ein neues Problem, das mit dem vorliegen- also aus unserer Sicht an der Stelle wichtig, die den Entwurf aufgetreten ist. Im Holzbereich, dass Belastung mit 40 Prozent EEG-Umlage zu strei- die Bemessungsleistung abgesenkt werden soll, chen, weil auch Eigenversorgung als Treiber nicht obgleich diese gar nicht technisch in der Lage dazu führt, dass solche Anlagen sehr wirtschaft- sind, dies so zu vollziehen und es wirtschaftlich lich sind. Also im Schnitt kommen Sie bei sol- eben auch ein absolutes K.O.-Kriterium bedeuten chen Anlagen auf eine Amortisationszeit im in- würde. Vielen Dank. dustriellen Mittelstand von etwa 9 Jahren. Es wird trotzdem einiges investiert. Ich bin auch immer Der Vorsitzende: Herzlichen Dank. Frau Abgeord- wieder überrascht, dass das passiert. Das zeigt nete Weeser von der FDP bitte. aber, dass in dem Segment viele Unternehmen be- reit sind, etwas längere Amortisationszeiten in Abge. (FDP): Ja, vielen Dank, Herr Kauf zu nehmen, als dies zum Beispiel für ein Vorsitzender. Meine Frage richtet sich an Herr Dr. Blockheizkraftwerk der Fall wäre. Wenn man die Bolay vom DIHK. Und zwar interessiert mich ge- 40 Prozent streicht, würde die Amortisation um rade im Bereich PV-Zubau im Mittelstand die ak- etwa ein bis zwei Jahre schneller funktionieren. tuelle Lage, die momentanen Regelungen, die ja Das würde sicherlich bei noch mehr Unternehmen durch aus den Ausbau auch bremsen. Ich denke dazu führen, dass sie sich für eine Photovoltaikan- da zum Beispiel an die Stichworte Rahmenbedin- lage entscheiden. Und ein großes Problem sind gungen bei Ausschreibungen, EEG-Umlage aus die ganzen Regelungen zum Messen und Schät-

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zen, also die sogenannten Drittstromabgrenzun- Der Vorsitzende: Danke. Herr Dr. Graichen bitte. gen, ja das E-Fahrzeugbeispiel habe ich ja gerade genannt. Ich mache Ihnen mal ein anderes Bei- SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): spiel dazu. Ein Kühlhaus hat eine Photovoltaikan- Ja, vielen Dank für die Frage. Also in der Tat, das lage auf dem Dach. Dann kommen Kühl-LKW, die EEG, so wie es jetzt vorgelegt wird, hat zwei ent- gehören nicht zum Unternehmen, sondern die ge- scheidende Schwächen, was die Ausbaumengen hören einem Dritten. Die transportieren irgend- angeht. Das eine ist, es wird auf eine viel zu nied- welche Waren. Sie müssen ja, während sie da ein- rige Stromverbrauchsgröße 2030 aufgesetzt. Es und ausladen, die Ware weiterhin kühlen. Da ha- gibt keine Studien, die sagen, dass man 2030 mit ben sie zwei Möglichkeiten. Entweder schmeißen 580 TWh Stromverbrauch auskommen und gleich- sie ein Dieselaggregat an, den der LKW eingebaut zeitig die Klimaschutzziele erreichen kann, weil ja hat, oder sie stecken einen Stecker rein und ma- natürlich Klimaschutz in der Wärme, im Ver- chen das ganze elektrisch, zumindest solange das kehrsbereich und auch in der Industrie zu großen Auto an der Rampe steht. Ökologisch sinnvoller Teilen über Elektrifizierung läuft und insofern ist es natürlich, hier den Stecker reinzustecken, werden wir 2030 mehr Strom verbrauchen. Wir als Diesel zu verwenden. Ich denke, das ist keine rechnen eher mit 10 Prozent mehr als die Bundes- Frage. Und nach den momentanen Regelungen regierung. Das heißt eher 640 TWh als 580 TWh müssten sie dann die Anschlüsse mit entspre- und das tun grosso modo eigentlich auch alle an- chend geeichten Messeinrichtungen einrichten, deren, die in dem Bereich unterwegs sind. Das um dann entsprechend hier 100 Prozent EEG-Um- zweite ist, Sie haben es gesagt, gerade jetzt wird in lage abzuführen. Die ganzen Meldepflichten, die Brüssel über das höhere 2030-Klimaschutzziel da hinten dranhängen für das Kühlhausbetreiber- verhandelt. Und zwar von allen Beteiligten befür- unternehmen, die führen dazu, dass dann solche wortet, auch die Bundesregierung tritt ja für ein Sachen eben unterbleiben und das ist, glaube ich, höheres EU-Klimaschutzziel ein. Und wenn Eu- auch wieder ein sehr schönes Beispiel für die ropa auf minus 55 Prozent geht, hat das natürlich Komplexitätsfalle. Also grundsätzlich ist der Mit- Auswirkungen auf Deutschland als größten Mit- telstand bereit, deutlich mehr in Photovoltaik zu gliedstaat, anders kann man das gar nicht darstel- investieren, aber die Regelungen machen es len. Diese beiden Effekte führen also dazu, dass schwer. Am sinnvollsten wäre es, die Perso- das EEG, so wie es jetzt hier vorliegt, zu niedrige nenidentität bei erneuerbarer Eigenversorgung Ausbaumengen hat. Konkret: bis 2030 sollen nach aufzuheben, dann hätten wir solche Probleme dem EEG-Entwurf 70 GW Wind onshore, 20 GW nämlich nicht. Vielen Dank. Wind offshore und 100 GW Photovoltaik gebaut werden. Man muss in allen drei Bereichen or- Der Vorsitzende: Danke. Herr Beutin ist uns zuge- dentlich drauflegen. Man bräuchte 80 GW Wind schaltet. onshore, 25 GW Wind offshore und 150 GW Pho- tovoltaik. Und das ist Konsens in der Gut- Abg. Lorenz Beutin (DIE LINKE.): Ja, guten Mor- achterszene, da kommen alle bei diesen Größen- gen aus der Quarantäne. Meine erste Frage geht an ordnungen raus. Mit anderen Worten, ich muss Herrn Dr. Graichen. Und zwar sehen wir auf EU- die Ausschreibungsmengen, gerade bei Wind, Ebene eine Erhöhung der Klimaziele, was wir als auch bei Photovoltaik deutlich erhöhen, um die Linke ausdrücklich begrüßen. Nur haben wir die selbst gesteckten Ziele der Bundesregierung zu er- Situation, dass auch Deutschland dann seine Kli- reichen. Wir reden jetzt hier nicht von Forderun- maziele anpassen werden muss und da sehen wir gen von Umwelt-NGO‘s, sondern wir reden über schon das erste Problem, dass beispielsweise der das, was sie Bundesregierung selbst vorlegt und Ökostrombedarf, also der Gesamtstrombedarf, die selbst gerade in Brüssel vertritt. Das hieße, 10 GW Menge für 2030 deutlich zu gering ist aus unserer Photovoltaik im Jahr Zubau und nicht wie geplant Sicht. Das belegen auch alle Studien. Was müsste etwa 5, also Verdopplung. Das heißt im Windbe- hier aus Ihrer Sicht geändert werden? Wie müsste reich, dass man auf 5 GW Zubau pro Jahr geht und sich der Ausbaupfad beim Ökostrom bis 2030 än- dass man eben bei Wind offshore die Planungen dern, auch insbesondere in Bezug auf das EEG? gleich auf 25 GW 2030 macht. Das letzte, was an

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dem EEG-Entwurf dann auch noch besonders är- für den Zubau von Wind onshore. Und auf der an- gerlich ist, ist, dass die Zubau-Zahlen alle nach deren Seite brauchen wir im PV einen richtigen hinten geschoben werden. Das heißt, die großen Boom, dazu kommen wir bestimmt später noch- Zubau-Mengen sollen erst Ende der 2020er erfol- mal bei der Frage PV auf den Dächern, bei der gen. Das ist natürlich Unsinn. Wenn ich das schaf- Frage Freifläche bei PV. Aber insgesamt, tatsäch- fen will bis 2030, dann muss ich sofort loslegen, lich auch aus Sicht der Energiewirtschaft, bedingt dann müssen schon 2021/2022/2023 höhere Aus- das Ausbauziel von 65 Prozent, was sich an einem schreibungsmengen da sein. höheren Strombedarf orientiert. Zwangsläufig, dass wir im Bereich des Zubaus und der Ausbau- Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Herr Ab- pfade ansteigen und wir könnten diese Debatte in- geordneter Krischer von den GRÜNEN bitte. sofern natürlich beenden. Dr. Graichen hat drauf hingewiesen, dass die Institute, die Stiftungen Abg. (BÜNDNIS 90/ DIE allesamt zu anderen Zahlen kommen als die Bun- GRÜNEN): Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. desregierung und deswegen der wirklich drin- Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist der gende Wunsch und Vorschlag auch hier, in dieser Dreh- und Angelpunkt und die Basis jeder Ener- EGG 2021-Novelle die Ausbaupfade und die jähr- gie- und Klimaschutzstrategie. Ich glaube, das ist lichen Ausbaumengen deutlich anzuheben, das inzwischen unstrittig. Ich hätte eine Frage an Frau wäre das erste. Und das zweite, dass Sie sich eine Andreae. Herr Dr. Graichen hat gerade erläutert, Möglichkeit schaffen, das EEG zeitnah nachzu- dass die Ausbaumengen aus seiner Sicht nicht steuern. Was hier im Moment im Gesetz vorge- ausreichen, dass insbesondere der Energiebedarf schlagen ist, ist kein Automatismus. Es ist keine von der Bundesregierung wegen erweiterter An- politische Entscheidung, die den Bundesrat und wendungen deutlich zu gering geschätzt wird. den wirklich einbezieht, sondern es ist Meine Frage an Sie: Wie bewertet die Energiewirt- der Paragraf 88c, der letztlich die parlamentari- schaft das? Welche Maßnahmen sind notwendig, sche Debatte an der Stelle gar nicht aktiv führt. um weitere Ausbaumengen zu generieren, wenn Wir würden zudem vorschlagen, dass nicht ausge- Sie das auch so sehen? schriebene Ausschreibungsmengen später zuge- schlagen werden, also dass sie nicht verloren ge- Der Vorsitzende: Frau Andreae bitte. hen, sondern dass sie in der nächsten Runde zuge- schlagen werden. Und schließlich würden wir SVe (BDEW): Ja, vielen Dank für vorschlagen, dass Sie nicht drei, sondern die Frage. Wir teilen die Auffassung, dass der vier Ausschreibungszeiträume machen. Sie wis- Strombedarf von der Bundesregierung zu niedrig sen vielleicht, dass auch die Sonderausschreibun- angesetzt ist. Und die Analyse von Dr. Graichen, gen bei Wind onshore inzwischen den Ausschrei- dass wir schon allein durch Elektromobilität, Sek- bungsterminen zugesprochen werden. Das heißt, torkoppelung, Dekarbonisierung, Industrie, grü- wir hätten drei Ausschreibungstermine für Wind nen Wasserstoff mehr Strombedarf haben werden onshore inklusive einer langen Pause zwischen auf der einen Seite und auf der anderen Seite der September und April, wenn ich es richtig weiß. Green Deal uns dazu zwingen wird, die Ausbau- Und daraus vier Ausschreibungstermine zu ma- ziele anzuheben. Das unterstützen wir. Das trägt chen würde entzerren, würde dem Markt deutlich die Energiewirtschaft so mit und sie ist auch be- an der Stelle auch eine Möglichkeit an die Hand reit dazu, dies zu machen. Jetzt stellt sich aber die geben, tatsächlich dem Ausbauziel näher zu kom- Problematik im Bereich Wind onshore, dass, men. Also es sind einige Schrauben, die zu dre- wenn wir einen weiteren Zubau da ermöglichen, hen sind, wenn wir das 65 Prozent-Ziel erreichen wir dann natürlich auch Flächen brauchen. Die wollen, was wir alle erreichen wollen, da beken- ganze Frage, die hier im Gesetz angesprochen nen sich zu mindestens fast alle dazu. Aber die wird im Hinblick auf Kooperation zwischen Bund Frage ist tatsächlich, wie können wir Ausbau- und Ländern, geht in die richtige Richtung. Wir pfade, Zubaumengen und 65 Prozent-Ziel mitei- bräuchten aber mehr Verbindlichkeit, wir bräuch- nander in Einklang bringen? Da liefert diese No- ten eine Weißflächenanalyse. Wir brauchen im velle noch nicht genug. Schnitt 2 Prozent Fläche in den Bundesländern

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Der Vorsitzende: Danke. Herr Abgeordneter Saat- lich ist. Und das zweite Problem ist, wir begren- hoff von der SPD bitte. zen es auf ein Jahr, das heißt, für die Windenergie ist die Frage, wie entwickelt sich der Marktwert in Abg. (SPD): Ja, herzlichen Dank, der Folgezeit, ganz elementar. Die Wahrschein- Herr Vorsitzender. Meine Frage geht an Herrn lichkeit, dass der Gesetzgeber darauf dann kurz- Müller (Stiftung Umweltenergierecht). Wir haben fristig reagieren könnte, ist angesichts der Bundes- jetzt ja schon viel über Ausbaumengen und antizi- tagswahl nächstes Jahr sehr gering. Also das heißt, pierte Bruttostromverbräuche in 2030 gehört. Ich wenn man hier mehr Planungssicherheit schaffen glaube, in der Windenergie lautet eines unser wollte, dann müsste man die Regelung umgestal- zentralen Probleme: Was machen wir eigentlich ten. Aus meiner Sicht wäre das auch völlig un- mit den Ü20-Anlagen und die Regelung muss ja problematisch, weil diese Regelung letztlich eine zum 01.01.2021, also in sechs Wochen, schon ste- Versicherungsfunktion hat. Wenn sich die Markt- hen und da würde ich Sie gerne fragen: Wie ist werte wie vermutet nach Corona wieder deutlich hier Ihre Perspektive? Repowering first ist sicher erhöhen, dann würde dieses niedrige Niveau, was die erste Antwort, aber wie gehen wir eigentlich dort eingezogen ist, ohnehin nicht maßgeblich mit den Anlagen um, die nicht repowered werden handlungsleitend sein, sondern dann würde ge- können? nau das passieren, was ohne diese Regelung auch passieren würde. Die Anlagenbetreiber würden Der Vorsitzende: Herr Müller bitte. sich an den höheren Markterlösen orientieren und entsprechende Geschäftsmodelle entwickeln. Ja SV Thorsten Müller (Stiftung Umweltenergier- und genau diese Funktion muss die Regelung aus echt): Vielen Dank für die Frage. Wir haben ja meiner Sicht einnehmen, dass sie verhindert, dass dazu einen Regelungsvorschlag im Regierungsent- auf der einen Seite die Anlagen auf Grund der ak- wurf. Der sieht vor, dass für Anlagen über 100 kW tuellen Situation abgeschaltet werden, sie ausrei- Leistung - und das betrifft damit die gesamte chend Planungssicherheit haben und gleichzeitig Windenergie - für ein Jahr lang eine Anschlussre- keine Behinderung der zukünftigen Marktent- gelung möglich ist. Die Anlagen können den wicklung eintritt. Das ist gut möglich an dieser Strom weiter einspeisen und kriegen den Markt- Stelle. Wie das genau erfolgen kann, da gibt es wert, abzüglich einer Pauschale für die Vermark- verschiedene Modelle, die sind auch europarecht- tungskosten, die erspart werden. Das heißt also, lich unterschiedlich zu bewerten, aber es gibt die dass weniger als der jeweilige Marktwert für diese Möglichkeit, einen politischen Rahmen zu setzen, Anlagen ausgezahlt wird. Ich kann das jetzt nicht um zu verhindern, dass diese Anlagen auf Grund im Detail mangels ökonomischer Kenntnisse be- der unklaren und zu niedrigen Ertragssituation ab- werten, aber ich kann es einordnen. Diese Anla- geschaltet werden. Es gibt noch ein zweites Prob- gen sind ja deshalb im Moment überhaupt in den lem an der Stelle. Für die Anlagen wird der Ab- Regelungsbereich einbezogen worden, weil wir schlag, also die Zahlung die sie im Laufe des eine große Verwerfung am Markt auf Grund der nächsten Jahres erhalten auf Höhe der diesjähri- Corona-Situation haben. Die Marktpreise haben gen Werte berechnet. Die liegen irgendwo bei sich anders entwickelt, als wir das noch vor weni- 2,2 Cent, abzüglich von 0,2 oder 0,4 Cent. Das ist gen Jahren vermutet haben. Wenn diese These der Betrag, der nächstes Jahr als Abschlag ausge- richtig ist, dann heißt es, dass der Marktwert, der zahlt wird. Maßgeblich ist der Jahresmarktwert, im Moment erzielt werden kann, niedriger ist als der wird eigentlich immer rückwirkend berech- das, was wir für den Weiterbetrieb bisher als er- net. Aber im laufenden Jahr wird für den Ab- forderlich angesehen haben. Wenn wir also den schlag der Wert des Vorjahres zu Grunde gelegt, Marktwert abzüglich einer Pauschale auszahlen, das ergibt sich aus Paragraf 26. Das heißt, die An- dann löst es eigentlich nicht das Problem, das dis- lagen kriegen nächstes Jahr pro kWh nach dieser kutiert wird, dass man für diese Anlagen am Regelung nur weniger als 2 Cent und das dürfte Markt nicht genug erlösen kann, um sie weiter zu den Weiterbetrieb gefährden. Vielen Dank. betreiben. Nur als qualitative Beobachtung, nicht als ausbuchstabierte Frage, wie viel denn erforder- Der Vorsitzende: Danke. Herr Müller von der CDU/CSU-Fraktion.

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Abg. Carsten Müller (CDU/CSU): Herr Vorsitzen- chen wir. Wir bauen darauf, dass jetzt in den kom- der, vielen Dank. Ich habe zwei Fragen. Die erste menden Wochen dazu auch eine Regelung getrof- richte ich an Herrn Liebing. Der Windenergieaus- fen werden kann, um Unsicherheiten in den Ge- bau ist ja in den letzten Jahren ins Stocken gera- nehmigungsverfahren auszuräumen und wir plä- ten. Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen dieren auch dafür, Repowering zu erleichtern. Im Gründe dafür und wie könnten diese im Rahmen Moment müssen die Ersatzanlagen wie Neuanla- der EEG-Novelle abgestellt werden? Die zweite gen genehmigt werden. Wir werben dafür, dies als Frage hätte ich gerne von Herrn Dr. Bolay beant- Änderungsgenehmigung aufzusetzen und eine wortet. Es gibt stromkostenintensive Unterneh- Reihe von weiteren Vorschlägen, auch gerade im men, die durch Energieeffizienzmaßnahmen ihre Bereich des Repowerings, haben wir Ihnen eben- Stromkosten und damit ihre Stromkostenintensi- falls bereits vorgelegt. Damit können Ausbauhin- tät deutlich verringern und diesen droht dann re- dernisse beseitigt werden. gelmäßig der Verlust der Privilegien im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung. Halten Sie in- Der Vorsitzende: Danke. Herr Dr. Bolay. sofern Aufwandlösungen, bespielweise durch fik- tive Hinzurechnung der ersparten oder eingespar- SV Dr. Sebastian Bolay (DIHK): Ja, vielen Dank ten Strommengen für sinnvoll, damit kein Fehlan- für die Frage zur besonderen Ausgleichsregelung, reiz entsteht? Die besondere Ausgleichsregelung für die Unter- nehmen, die sie in Anspruch nehmen können, ist Der Vorsitzende: Danke. Herr Liebing bitte und ja ein Sicherungsinstrument für ihre Wettbewerbs- dann Herr Dr. Bolay. fähigkeit. Die Schwellenwerte, die wir in der be- sonderen Ausgleichsregelung haben, sind natür- SV Ingbert Liebing (VKU): Vielen Dank. Kommu- lich ein Problem, vor allem für die Unternehmen, nale Unternehmen sind engagiert im Ausbau bei die knapp drunter liegen, weil sie die Regelung der Windkraft onshore, aber wir wissen von über nicht in Anspruch nehmen können und für die 300 Projekten, die in den Genehmigungsverfahren Unternehmen, die knapp darüber liegen, weil, wie hängen. Das ist ein Investitionsvolumen von etwa Sie richtig gesagt haben, Herr Müller, das dann 1,3 Milliarden Euro, 1,1 GW Leistung, die hängen. natürlich schwierig ist in Energieeffizienz zu in- Woran liegt das? Es liegt zum einem an kompli- vestieren. Aus unserer Sicht wäre ein gleitender zierten Genehmigungsverfahren, sicherlich auch Einstieg bei den Schwellenwerten sicherlich die an Widerständen vor Ort. Deswegen halten wir bevorzugte Lösung, um solche Probleme mit der das Instrument der Kommunalabgabe grundsätz- Energieeffizienz aufzufangen. Wenn es eine Lö- lich auch für geeignet, um Akzeptanz zu schaffen, sung gibt, wie Sie sie mit einer fiktiven Auffanglö- weil wir glauben, dass dies die Akzeptanz auch sung skizziert haben, dass also die Strommengen steigern kann, wenn mehr Wertschöpfung vor Ort, auch weiter angerechnet werden, dann können also am Standort der Erzeugung, an den Wind- wir damit sicherlich leben. Allerdings müsste parks generiert wird. Wir müssen uns aber auch dann sichergestellt werden, dass diese fiktive An- die Genehmigungsverfahren anschauen, die zu rechnung auch dauerhaft angerechnet werden kompliziert sind. Ich nenne zu einem die Stich- kann, weil es ja nichts nützt, wenn es in einem tagsregelung, die wir für sinnvoll halten. Das Jahr passiert, aber im zweiten Jahr geht es dann heißt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt des nicht mehr und dann rutscht das Unternehmen Genehmigungsverfahrens geltendes Recht gilt und unter die entsprechenden Schwellenwerte und nicht neue Rechtsprechung noch in die Verfahren hat dann ein Problem mit der Wettbewerbsfähig- einbezogen werden muss. Im Moment haben wir keit. Vielen Dank. ein permanentes Pingpongspiel, materielle Präklu- sion nenne ich hier, aber auch die Fragen von Na- Der Vorsitzende: Herzlichen Dank. Herr Dr. Lenz tur und Artenschutz. Es ist in der vergangenen bitte. Woche ja nicht gelungen, in der UMK einen we- sentlichen Durchbruch für standardisierte Krite- Abg. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Ja, danke Herr rien beim Tötungsrisiko zu erreichen. Dies brau- Vorsitzender. Meine Frage richtet sich an Herrn Liebing und an Herrn Müller. Und zwar geht es

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um den Themenkomplex Nutzen statt Abriegeln. nutzt werden. Wenn man ihn vor dem Netzeng- Mit dem Entfallen des Netzausbaugebietes würde pass verwenden würde, dann wäre die Nutzung die bisherige Regelung Nutzen statt Abregeln ins netzverträglich möglich und man könnte dies Leere laufen. Wie sehen Sie das? Wie könnten auch tun, indem man diesen Strom von allen alternative Konzepte aussehen und wie würden Steuern, Abgaben und Umlagen befreit, weil, die Kosten dabei sich gestalten? Danke. wenn dieser Strom nicht eingespeist wird, diese Einnahmen auch nicht erzielt werden. Man kann Der Vorsitzende: Dankeschön. Herr Liebing bitte. also den Strom nutzen und damit das, was wir im Moment im Bereich der Sektorenkoppelung als SV Ingbert Liebing (VKU): Vielen Dank. Wir müs- Hemmnis sehen, überwinden, ohne irgendwelche sen feststellen, dass diese Regelung bisher ja noch Umverteilungseffekte, die wir sonst bei Ausnah- nicht so intensiv genutzt worden ist, obwohl es men immer haben, auszulösen. Und deshalb sprä- ein gutes Instrument ist, weil es ein Ärgernis ist, che viel dafür, diese Regelung zu reaktivieren und dass in bestimmten Zeiten Strom abgeregelt und unter verschiedenen Gesichtspunkten zu weiten. trotzdem bezahlt wird. Über das Konzept Nut- Herr Liebing hat schon die Entfristung und die zen-statt-Abregeln und der zuschaltbaren Lasten räumliche Frage genannt. Wir würden sogar dafür lässt sich dieser Strom sinnvoller nutzen. Diese plädieren - das haben wir in dem Gutachten, das Regelung ist bisher auf das Netzausbaugebiet be- wir 2016 dazu zusammen mit dem Fraunhofer- schränkt. Das fällt jetzt weg. Wir werben dafür, Institut für System- und Innovationsforschung in diese Regelung aber mit zwei Veränderungen fort- Karlsruhe erarbeitet haben, ausgeführt - überhaupt zuführen: Zum einen sollte sie bundesweit ausge- ein Modell für sämtliche zuschaltbare Lasten, dehnt werden auf alle Gebiete, bei denen im Mo- wenn Sie so wollen technologieneutral zu opti- ment Redispatch-Maßnahmen ergriffen werden mieren, also nicht nur Kraft-Wärme-Koppelungs- müssen und das Zweite ist, wir sollten auch die anlagen, so wie sie heute adressiert werden, die Befristung aufheben, weil das dann verlässliche, man flexibilisieren kann, sondern industrielle Be- dauerhafte Perspektiven auch für die Nutzer und reiche, in der Fernwärme, Bereiche bis hin zu Pri- für die Interessenten an dieser Regelung bietet. vatkunden, die ihre Heizung durch zusätzliche Heizstäbe aktivieren könnten. Hier gäbe es durch- Der Vorsitzende: Danke, Herr Müller bitte. aus viele Möglichkeiten, die sich passend in den Rechtsrahmen einfügen ließen, die sich ohne Um- SV Thorsten Müller (Stiftung Umweltenergier- verteilungseffekte auch so ausgestalten ließen, echt): Vielen Dank. Herr Abgeordneter Dr. Lenz, dass am Ende des Tages der Strom genutzt werden Sie beschreiben das völlig richtig. Die Tatbe- kann, er einen klimapolitischen Effekt hat und vor standsvoraussetzung im Paragrafen13 VIa ist, dass allen Dingen im Bereich der Wärme zur Verdrän- die Anlage, die dort unter Vertrag genommen wer- gung fossiler Energieträger führen würde. Vielen den soll, im Netzausbaugebiet liegt. Wird das Dank. Netzausbaugebiet gestrichen, wie das jetzt vorge- sehen ist, kann dieses Tatbestandsmerkmal nicht Der Vorsitzende: Danke, Herr Gremmels von der erfüllt werden und diese Regelung hat keinen An- SPD, bitte. wendungsbereich mehr. Interessanterweise ist die dafür vorgesehene Verordnungsermächtigung, um Abg. (SPD): Meine Frage richtet Veränderungen an dem Paragrafen 13 VIa vorneh- sich an Herrn Körnig. Herr Körnig, mit der Aus- men zu können, in dem Gesetzesentwurf geändert weitung der Auktionspflicht soll der Zubau von worden, der Paragraf 13 VIa selbst aber nicht. Also großen PV-Dachanlagen künftig neu geregelt wer- das Problem ist durchaus erkannt worden. Die Re- den. Herr Dr. Bolay vom DIHK hat sich dazu ja gelung geht hier zurück auf eine Diskussion in schon sehr kritisch zu geäußert. Wie bewerten Sie den Jahren 2015/16 in der genau das, was Herr die Umstellung auf Ausschreibungen im betreffen- Liebing gerade beschrieben hat, diskutiert wurde. den Segment und welche Auswirkungen erwarten Der Strom, der wegen Netzengpässen abgeregelt Sie? Und darüber hinaus noch die Frage, was aus wird, muss entschädigt werden, kann nicht ge- Ihrer Sicht noch Punkte sind, die man im Bereich „Solar“ machen kann. Der Bereich genießt ja große

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Akzeptanz und ist ja auch an den Kosten in den Auktionen passen einfach nicht zur Investoren- letzten Jahren deutlich reduziert worden. struktur und den Planungszeitachsen beim Neu- bau oder auch bei der Renovierung von Gebäuden. Der Vorsitzende: Herr Körnig, bitte. Hier ist es einfach so, stellen Sie sich vor: Wenn jemand eine Halle neu errichtet, dann kann er SV Carsten Körnig (BSW Solar): Ja, vielen Dank, froh sein, wenn er heutzutage Handwerker findet. Herr Gremmels, meine sehr geehrten Damen und Wenn er dann noch warten muss, ob er vielleicht Herren. Wie Sie wissen, hat sich unsere Branche erfolgreich an einer Auktion teilgenommen hat, immer sehr positiv gegenüber den Auktionen von um dann erst zu entscheiden, wie er die Traglast Marktprämien für ebenerdig errichtete Solarparks seines Daches auslegt, das funktioniert nicht. Wir geäußert. Wir haben hier ja auch regelmäßig viel- haben ja auch Bauunternehmen, wie die Gold- fache Überzeichnungen gesehen und haben damit beck-Gruppe bei uns im Verband. Die sagen, das gezeigt, was wir leisten können. Aber so tauglich funktioniert vorne und hinten nicht. Das Gleiche dieses Instrument in der Freifläche ist, so untaug- gilt bei einer Renovierung von Gebäuden. Deswe- lich ist es im Gebäudesektor und bei Einmalinves- gen dieser entscheidende Unterschied zwischen toren, zumal im Bereich einer Anlagenleistung bis Mehrfachinvestoren auf der Freifläche und in dem zu einem MW. Entscheidend ist aber nicht, was Gebäude, wo leider dieser Auktionsmechanismus wir als Solarbranche davon halten, sondern viel nicht funktioniert. Zu guter Letzt muss man sich entscheidender wäre es eigentlich zu fragen: natürlich die Frage stellen, bringt das denn mehr Schmeckt denn der Köder dem Fisch? Also, was Effizienz, was ja das Bundeswirtschaftsministe- sagen denn die potentiellen Investoren, die über rium behauptet? Schauen wir doch einmal zu un- diese Dachbrachen verfügen, wie wir sie kennen serem Nachbarland Frankreich. Frankreich hat und wir haben natürlich Kontakt zu unseren Kun- viele Jahre Gebäudeauktionen gemacht. Diese Ge- den über unsere Mitglieder und haben mal den bäudeauktionen waren fast immer großartig unter- Handelsverband in Deutschland gefragt, der im- zeichnet und die Anlagen waren teurer. Deutlich merhin die Interessen von 400 000 Handelsunter- teurer. 20 bis 30 Prozent höhere Marktprämien nehmen vertritt. De meisten von denen haben bis- waren über Auktionen dort erforderlich, als wir es her keine Photovoltaikanlagen, haben aber großes in Deutschland hier ohne Auktionen über die Pa- Interesse, hier zu investieren. Und die haben klar ragrafen 48, 49 EEG erreicht haben. Allein in die- abgewinkt, haben gesagt, unter diesen neuen Um- sem Jahr 20 Prozent weniger Förderung für neue ständen, dass man hier jetzt plötzlich die Voraus- Photovoltaikanlagen. setzungen erst erfüllen muss, erfolgreich an einer Auktion teilzunehmen, um eine Marktprämie zu Der Vorsitzende: Vielen Dank. Herr Holm, AfD. erhalten und nicht einmal Eigenverbrauch ma- chen darf, werden wir größtenteils die Hände da- Abg. Leif-Erik Holm (AfD): Vielen Dank, Herr Vor- von lassen. Ja, das ist also ein Jammer. Und ich sitzender. Meine Frage richtet sich an Professor habe den Eindruck, dass das Bundeswirtschafts- Lüdecke. Sie haben ja in Ihrer Stellungnahme sehr ministerium unsere Befürchtung teilt, dass es hier eindrucksvoll beschrieben, warum das EEG letz- anders als bei der Freifläche regelmäßig zu Unter- ten Endes scheitern muss - ob wir an den Sympto- zeichnungen kommen würde, wenn es hier zu men hier weiter herumdoktern oder nicht. Sie Auktionen käme. Wie ist es denn sonst anders zu schreiben von den naturgesetzlich bedingten Fun- erklären, dass sie nicht zumindest das Marktvolu- damentalmängeln, zu geringe Leistungsdichte und men ausschreiben möchte, was wir bisher gesehen die Wetterabhängigkeit. Das bedeutet ja letzten haben in dem betroffenen Marktsegment von Endes die nicht vorhandene Grundlastfähigkeit. 500 bis 750 Kilowattpeak? Wir hatten im Jahr Wir haben keine Speichertechnologien. Dennoch 2019 hier 850 MW zugebaut, was soll ausgeschrie- möchte die Bundesregierung jetzt den Ausbau der ben werden? 250 MW, also nicht einmal ein Drit- Erneuerbaren Energien zur Frage der nationalen tel. Und, ja, das ist aber auch nachvollziehbar, Sicherheit erklären. Wie beurteilen Sie das, Pro- dass man hier nicht mehr ausschreibt, weil eben fessor Lüdecke, und wie sähe aus Ihrer Sicht eine die Unterzeichnung dann nur noch höher wäre. Energieversorgung aus, die wirklich sicher ist?

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Der Vorsitzende: Herr Professor Lüdecke, bitte. sollte. Es bleibt also letztlich nur noch die Kern- energie, die wir ja nicht wollen, obwohl diese Ab- SV Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke (htw saar): lehnung irrational ist. Denn die Kernenergie ist Ich möchte da vielleicht zunächst einmal an einen nach dem Kriterium Tote-pro-Terawattstunde er- Vortrag von Professor Hans-Werner Sinn, den je- zeugter elektrischer Energie die sicherste Form der kennt, erinnern, der gesagt hat: „Wer also der Energieerzeugung, wesentlich sicherer als meint, mit Erneuerbaren Energien ein Industrie- Windräder. Da fallen nämlich Monteure runter, land betreiben zu können, verweigert sich der Re- die dann auch tot sind. Zumindest sollte die Bun- alität“. Tatsache ist doch, dass das EEG im Klar- desregierung also den Weg gehen, wieder mo- text wieder Mittelaltermethoden einführen will. derne Kohlekraftwerke zu nutzen, sie sollte den Mittelalter heißt dünne Energie, also die Rückkehr Weg gehen, wenn es geht, die Restlaufzeiten der beispielsweise vom Schiffsantrieb mit Kohle und noch bestehenden existierenden Kernkraftwerke heute Diesel zum Segelschiff. Stellen Sie sich noch zu ermöglichen. Und sie sollte die For- Kreuzfahrten und Containerschiffe mit Segeln an- schung an modernen Typen der Kernkraftwerke stelle mit leistungsstarken Motoren vor. Nehmen wiederaufnehmen. Danke. wir das Windrad. Windräder ernten Energie aus der Atmosphäre, die nur dünne Energie enthält – Der Vorsitzende: Herr Bleser bitte, von der Windenergie nämlich. Die Konsequenz: Riesiger CDU/CSU. Aufwand, extreme Kosten und hohe Naturschädi- gung. Das kann natürlich funktionieren in Einzel- Abg. (CDU/CSU): Ich hätte gerne eine fällen. Aber nicht für die Gesamtheit eines moder- Frage an Herrn Liebing gestellt. Herr Liebing, wir nen Landes. Wenn man es mal ganz einfach und sind sicher einer Meinung, dass Dachflächen vor verständlich machen will: Nehmen Sie mal Fisch- Freiflächen zu belegen sind. Und mich wundert es fang. Also ein Dorf hat einen großen See und da- immer, wenn ich über Berlin fliege, dass dort rin gibt es Fische. So, Fische sind Energie, Nah- kaum Photovoltaikanlagen zu sehen sind. Was rungsenergie. Wenn viele Fische darin schwim- müssen wir tun, damit der Anreiz auf Dachflä- men, dann haben Sie dicke Energie. Sie brauchen chen – auch großen Logistikhallen – Photovoltaik dann kleine Netze. Also geringen Aufwand und zu montieren größer wird – auch in Bezug auf Per- geringe Kosten. Bei dünner Energie, wenn Sie also sonenidentität und Grundstücksgrenzen, sowie wenig Fisch haben, müssen wir Riesennetze neh- auch die optimale Eigenstromnutzung vor Ort zu men. Sie haben einen riesigen Aufwand und hohe erreichen. Weitere Frage an Herrn Reitz von der Kosten. Genau das ist der Fall. Das heißt, um jetzt EEX in Leipzig. Herr Reitz, was können Sie sich konkret auf Ihre Frage zu kommen, das EEG ist vorstellen, wie man langfristig, meinetwegen nach konsequent abzuschaffen. Und es muss endlich 2027, aus dem EEG aussteigen kann? Wie können wieder moderne und naturschonende Technik Sie die Anreize setzen über die Börse, dass dann eingesetzt werden, um unseren Strom zu erzeu- auch noch Zubau von Erneuerbaren Energien gen. So, was heißt jetzt naturschonend? Das heißt, stattfindet, insbesondere auch ob die Börse auch es gibt im Grunde genommen nur wenige Optio- in der Lage wäre, die Kosten, die über den Markt nen. Die beste Option ist sicherlich immer noch zu decken sind, regulatorisch abzudecken oder zu die Kohle, denn moderne Filter lassen heute bei finanzieren oder mit einem Ansprechpartner sei- der Kohleverbrennung keine Wünsche mehr offen. tens des Staates arbeiten zu können? Die Zeiten von Ruß an der Ruhr sind ja anschei- nend nun wirklich vorbei. Alle anderen Optionen Der Vorsitzende: Erst Herr Liebing bitte, dann werden hier ja abgelehnt, insbesondere die Kern- Herr Reitz. Herr Liebing bitte. energie. Vielleicht zwischendurch noch einmal zum Gas zu kommen, Gas geht natürlich auch. SV Ingbert Liebing (VKU): Ich stimme dem aus- Aber Gas ist für die Stromerzeugung zu teuer. Es drücklich zu. In den Städten gibt es sicherlich ein ist sicherlich für die Heizung vernünftig und hohes Potential Photovoltaik auf den Dächern aus- außerdem haben wir hier bei Gas die Abhängig- zubauen, auch kommunale Unternehmen sind keit von Lieferländern, die man ja vermeiden gerne bereit, sich hier zu engagieren. Ein Punkt ist

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bereits genannt worden: Die Absenkung der Aus- schon angesprochen hat. Und es kommt auch da- schreibungsschwelle von 750 GW auf 500 GW hal- rauf an, dass wir den Wert der grünen Eigenschaft ten wir für falsch, weil es in einem relevanten des Stroms nutzen und über Herkunftsnachweise Segment für die potentiellen Betreiber halt unat- dann entsprechend zur Erlösquelle machen. Dan- traktiver wird. Wir sehen Chancen, das gesamte keschön. Modell des Mieterstroms zu verbessern. Bisher ist dieses Modell ja zu wenig genutzt worden. Die Der Vorsitzende: Vielen Dank. Ich möchte mal Grenze, die das geltende Gesetz zieht, 12 500 An- alle Anwesenden noch einmal darauf hinweisen, lagen, 500 MW Zubau pro Jahr, ist bei weitem die Abstandsregeln zu beachten. Wir sind im nicht erreicht worden. Wir haben jetzt knapp Fernsehen. Das macht keinen guten Eindruck. Da 700 Anlagen und gerade 14 MW in diesem Be- schauen Leute zu. So, als nächstes spricht Frau reich Mieterstrom installiert. Wir können es at- Abgeordnete Weeser bitte. traktiver machen, indem wir zum Beispiel den Mieterstrom durch den Zuschlag, den es ja gibt, in Abge. Sandra Weeser (FDP): Ja, Dankeschön. Ich der Form gestalten, dass er dem Eigenstrom würde ganz gern nochmal an Herrn Dr. Bolay eine gleichgestellt wird. Damit erreichen wir auch eine Frage stellen. Und zwar bezüglich der Wettbe- Gleichstellung von Eigentümern und Mietern in werbsfähigkeit von Erneuerbaren. Zum einen bei diesem Bereich. Insgesamt ist der Mieterstrom viel neuen Anlagen, brauchen die überhaupt noch För- zu kleinteilig organisiert. Die Tatsache, dass es auf derung, um wettbewerbsfähig zu sein, aber viel- das eine Gebäude begrenzt ist, schließt Nachbarge- leicht auch noch einmal einen Blick auf die alten bäude aus. Auch Nicht-Wohngebäude sind ausge- Anlagen, die jetzt nach 20 Jahren aus der Förde- schlossen. Garagen, andere Nutzungsflächen, Ge- rung herausfallen? Wie sieht es da aus? Welche werbeflächen sollten miteinbezogen werden. Im rechtlichen Rahmenbedingungen könnten helfen Gesetz ist als Kriterium der unmittelbare räumli- um die Anlagen wettbewerbsfähig zu betreiben? che Zusammenhang festgelegt. Der sollte gestri- Wie sieht es zum Beispiel aus mit PPAs, also chen werden. Der räumliche Zusammenhang purchase power agreements? Dankeschön. sollte ausreichen. Wir sollten größere Pakete bil- den können. Quartierslösungen sollten ermöglich Der Vorsitzende: Die Frage war an Herrn Dr. Bolay werden. Die Wohnungswirtschaft hat auch daran gerichtet, habe ich das richtig verstanden, Frau ein Interesse. Wir haben gerade als VKU, auch ge- Weeser? Ich muss nochmal darauf hinweisen, wir meinsam mit dem Gesamtverband der deutschen haben überall zwei Stühle Abstand. Das gilt für Wohnungswirtschaft, dazu 8 Vorschläge vorgelegt, alle Fraktionen. Ich würde also bitten, dass Sie die ich dringend zur Umsetzung auch in diesem wirklich den Abstand beachten. Also, wir müssen Zusammenhang empfehle. bitte die Abstandsregelungen hier einhalten, sonst haben wir Probleme. Nun, Herr Bolay bitte. Der Vorsitzende: Danke. Herr Reitz, bitte. SV Dr. Sebastian Bolay (DIHK): Ja, vielen Dank. SV Peter Reitz (EEX): Die Frage ist in 50 Sekun- Vielen Dank auch für die Frage. Ich möchte am den nicht zu beantworten, aber ich versuche es Anfang noch einmal klarstellen, dass sich die trotzdem. Also ja, es ist realistisch, dass man am DIHK nie gegen einen Ausbau Erneuerbarer Ener- Markt die Gesamtkosten finanzieren kann. Wir ha- gien ausgesprochen hat, sondern, dass der Ausbau ben über die letzten 20 Jahre die Lernkurve finan- Erneuerbarer Energien durchaus im Interesse der ziert und Wind und Solar haben, wenn man den deutschen Wirtschaft liegt. Der Kohleausstieg, Zeitraum bis 2027 betrachtet, Marktreife erreicht, Kernkraftausstieg, irgendwo muss der Strom ja sodass die gesamten Stromgestehungskosten end- herkommen schließlich. Zum Weiteren haben wir lich wettbewerbsfähig und häufig sogar günstiger die Rahmenbedingungen im Wesentlichen gesetzt. als konventionelle Erzeugung sind. Die Finanzie- Auch für einen viel stärkeren marktgetriebenen rungsquellen sind nicht nur die Absicherung über Zubau, als wir den in der Vergangenheit hatten. die Börse, sondern auch über langfristige Liefer- Denken Sie an die Preise im europäischen Emissi- verträge, die PPAs, die Herr Dr. Bolay vorhin onshandel, die selbst in der Corona-Zeit nur ganz kurz mal unter 20 Euro gerutscht sind, jetzt aber

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im Schnitt wieder deutlich über 25 Euro liegen. schlussförderung geben sollte für solche Wind- Und mit dem Green Deal, der ja jetzt noch nicht in energieanlagen, wäre das, glaube ich, ein ziemli- Sack und Tüten ist, aber der uns ja dann ab 2021 cher Schlag ins Kontor für alle Unternehmen, die auch gesetzestechnisch auf europäischer Ebene heute schon Geschäftsmodelle mit solchen Anla- beschäftigen wird, da werden wir ja sicherlich gen starten wollen. Und auch generell ein noch über eine deutlich stärkere Verknappung schlechtes politisches Signal, dass die Förderung von Zertifikaten in dem System reden. Und das irgendwann ausläuft, dass die Förderung irgend- hat natürlich eine Auswirkung auf den Preis, so wann endlich ist. Vielen Dank. dass wir schon davon ausgehen, dass wir bis 2030 Preise im ETS sehen, die deutlich jetzt über den Der Vorsitzende: Danke, Herr Abgeordneter 25 Euro pro Tonne liegen. Auf der anderen Seite Beutin bitte. haben wir ab dem 1. Januar unsere nationale CO2 – Bepreisung, die ja alle Bereiche umfasst, die jetzt Abg. Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE.): Meine nicht im europäischen Emissionshandel sind, und Frage geht wieder an Herrn Dr. Graichen. Aus da fangen wir gleich mit 25 Euro die Tonne an Sicht der Linken ist eine ganz zentrale Frage für und das steigt dann sukzessive an bis zum Jahr den Erfolg der Erneuerbaren Energien die Frage 2026, dann werden wir bei 65 Euro die Tonne der Akzeptanz. Da denken wir zum einen an die sein. Wir werden also in den nächsten Jahren direkte Beteiligung, wo wir weiterhin vorschla- sehr, sehr signifikante CO2 -Preise sehen. Und das gen, die De minimis-Regelung für BürgerInnen- macht natürlich Erneuerbare Energien noch viel Energie zu nutzen, weil BürgerInnen-Energie ein wettbewerbsfähiger, als sie heute sind. Wir haben wichtiger Pfeiler der Energiewende ist. Aber die heute schon in Deutschland zwei Segmente, die zweite Möglichkeit ist eben die finanzielle Beteili- im Wesentlichen auch ohne Förderung funktio- gung. Da sieht das EEG ja eine finanzielle Beteili- nieren: Das ist einmal offshore-Wind, wo wir auch gung der Kommunen vor. Aber gegenüber dem schon 0-Cent-Gebote hatten in der Vergangenheit ersten Entwurf, wo es eine verbindliche Regelung und das sind größere Photovoltaikfreiflächenanla- gab, dass Kommunen finanziell beteiligt werden, gen, die aufgrund ihrer Größe nicht in das EEG ist es jetzt nur noch eine Kann-Regelung, was eine können. Da funktioniert der Markt für diese PPAs Problematik aus unserer Sicht darstellt. Wie be- heute schon. Und, das hatte ich ja eingangs schon werten Sie das, dass es nur noch eine Kann-Rege- erwähnt, wir sind dabei, mit der Marktoffensive lung ist und gäbe es Alternativen dazu im EEG? Erneuerbare Energien den Markt für die Zukunft auch noch deutlich weiter anzuschieben. Soweit Der Vorsitzende: Herr Dr. Graichen bitte. zum Thema Neuanlagen. Wir werden sehen, in- wieweit das dann bis 2027 ist. Ich bin aber auch SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): sehr optimistisch, dass wir auch bei Wind on- Vielen Dank für die Frage. Grundsätzlich wäre shore deutlich weiter sind, was die Wettbewerbs- eine Pflicht möglich. Am Schluss hat, wenn ich fähigkeit dann angeht. Herr Reitz hat die Her- das richtig verstanden habe, das Wirtschaftsminis- kunftsnachweise angesprochen. Das ist, glaube terium ja aus der Pflicht-Regelung eine Kann-Re- ich, ein ganz zentrales Instrument. Wir merken gelung gemacht, weil es da verfassungsrechtliche eine riesige Nachfrage aus der Wirtschaft, aus Diskussionen gab, und am Schluss das Risiko, allen Teilen der Wirtschaft, nach Grünstrom und dass man vor dem Verfassungsgericht verlieren nach deutschem Grünstrom. Den können Sie ja könnte, höher bewertet wurde. Dann kam daraus heute weitgehend nicht kaufen, sondern der wird die Kann-Regelung. Nur hat Herr Müller ja schon ja mit norwegischen Wasserkraftzertifikaten in der vorhin den Weg aufgezeigt, wie man, wenn man Regel vergrünt. Also hier verschenken wir eigent- bei der Kann-Regelung bliebe, es dann trotzdem lich deutliche Potentiale für einen viel stärkeren so machen kann, dass 99 Prozent aller Anlagen marktgetriebenen Ausbau Erneuerbarer Energien. dann tatsächlich davon Gebrauch machen. Wenn Und abschließend, weil Frau Weeser ja auch noch das ein durchlaufender Posten bleibt, das heißt für das Thema Ü20-Anlagen angesprochen hat. Ich den Anlagenprojektierer egal ist, dann wird der in will es mal so ausdrücken: Wenn es jetzt eine An- aller Regel die Kann-Regelung ziehen, weil das in der Akzeptanz mehr hilft. Dann muss man jetzt

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aber noch einmal ran an den Paragraphen, denn wir trotzdem die erneuerbaren Ziele erreichen? so, wie er jetzt gestrickt ist, wird er nicht dazu führen. Das eine, das hat Herr Müller schon vor- Der Vorsitzende: Herr Reitz bitte. hin genannt, ist die Frage der strafrechtlichen Re- gelung. Es darf nicht sein, dass am Schluss kom- SV Peter Reitz (EEX): Vielen Dank für die Frage. munale BürgermeisterInnen oder OrtsvorsteherIn- Ich habe ja vorhin schon einmal kurz ausgeführt, nen dann vor der Frage stehen „Habe ich mich dass ich glaube, dass es möglich ist. Aber es hängt jetzt hier schuldig gemacht, weil ich Vergünsti- natürlich auch von der Ausgestaltung der Förde- gungen angenommen habe?“ oder „Sind das jetzt rung insgesamt ab. Die Diskussion, die ja schon Betrugsvorwürfe an mich, weil ich mit dem Pro- vorhin angesprochen wurde. Herr Dr. Graichen jektierer darüber verhandelt habe?“. Das muss hat gesagt, die Mengen sind viel zu niedrig ge- man klar ausräumen, sonst haben wir da ein Prob- wählt. Diese Diskussion muss man eigentlich im lem und sonst werden alle die Finger davon las- Moment gar nicht führen. Dieser Streit, wie hoch sen, weil natürlich weder die Projektierer, noch denn der Stromverbrauch in 10 Jahren ist, ist die kommunalen Entscheidungsträger hinterher eigentlich überflüssig. Man hat sich ja auch nicht vorgeworfen bekommen wollen, sie hätten Kor- vor 10 Jahren überlegt, wie hoch die EEG-Umlage ruption begangen. Und das zweite Thema ist, dass in diesem Jahr sein würde, sondern man hat einen der Zeitpunkt, an dem jetzt die entsprechenden Mechanismus gefunden, der jährlich, in dem Fall Vergütungen für die Kommune dann versprochen durch die Übertragungsnetzbetreiber, eine Anpas- werden, der ist für den Zeitraum nach der Auk- sung an die Realität vornimmt. Und genauso tion gelegt. Nach der Auktion brauche ich das könnte man es hier machen. Man geht aus von aber nicht. Ich brauche das, wenn ich zur Kom- dem endgültigen Ziel 65 Prozent in 2030. Man mune gehe und sage „Ich habe hier ein Projekt, schaut sich an, wie groß ist die Lücke und verteilt das ist sozusagen unser Vorschlag und so sollte es diese auf die verbleibende Zeit bis dahin. Also aussehen.“ Das heißt, diese Zusage des Projektie- jetzt noch 10 Jahre. Dann schaut man nächstes rers an die Kommune muss schon erfolgen in dem Jahr, wieviel Strom wird denn im nächsten Jahr Moment, in dem ich das Ding plane. Mit den zwei verbraucht, wie ist der erneuerbare Anteil und Änderungen plus wahrscheinlich einem vorher dann hat man eine Formel, die eigentlich dieses festgelegten Schlüssel, welche Kommune wieviel Ausbauziel sicher erreicht und damit die Aus- kriegen sollte, um diesen Verhandlungsmoment schreibungsmengen festlegt, damit das dann auch rauszunehmen, damit da keine Strafbarkeit drin passiert. Das ist ein Weg, wie man da hinkommt. ist, kann man diesen Paragrafen heilen und man Die Instrumente habe ich eben schon kurz angeris- muss es dringend tun. Denn die Akzeptanz der sen, dies sind natürlich neben dieser Ausschrei- Windkraft vor Ort ist unser Schlüsselproblem in bung und der Risikoabsicherung über den Markt. diesem ganzen Bereich und die Kommunen müs- Sei es über die Börse, im Moment kann man bei sen etwas davon haben. Dieser grundsätzliche An- uns an der Börse 6 Jahre im Voraus Strom han- satz ist ja richtig, aber so wie er umgesetzt ist, deln. Wir werden das auf 10 Jahre erweitern, um fürchte ich, hätten wir ein massives Problem. dann auch eine Konkurrenz herzustellen zwi- schen den durchschnittlichen Laufzeiten dieser Der Vorsitzende: Herzlichen Dank. Herr Abgeord- Power Purchase Agreements, die schon mehrfach neter Koeppen, bitte. angesprochen wurden, damit auch nicht nur das Markt-Preis-Risiko abgesichert wird, sondern auch Abg. Jens Koeppen (CDU/CSU): Herr Reitz, Sie das Kontrahenten-Ausfallrisiko. Weil alle Dinge, sind ein bisschen knapp davongekommen vorhin. die über die Börse ausgesichert werden, entspre- Deswegen würde ich noch einmal die Frage an Sie chend über das Clearinghouse abgesichert sind. stellen. Vielleicht können Sie dort fortfahren, wo Und dann ist es wichtig, auch da haben wir schon Sie aufgehört haben. Wie sehen Sie die Chancen ganz kurz drüber gesprochen, den Markt für Her- und auch den Zeitplan in die Postförderung ein- kunftsnachweise zu stärken. Die grüne Eigen- zusteigen und welche Schritte wären notwendig schaft von Strom ist im Moment in Deutschland und können wir aus der Sicht der Börse auch nicht vermarktungsfähig über das Doppelvermark- ohne Förderung und ohne EEG garantieren, dass tungsverbot des EEG. Und dass es dafür einen

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Wert gibt, sieht man in anderen europäischen Markt kommen. Bei den Dächern ist schon die Märkten. Und eine Nachfrage danach besteht Eigenversorgung und der Mieterstrom angespro- auch. Herr Dr. Bolay hat das gerade bestätigt. Ins- chen. Bezüglich Mieterstrom schließe ich mich gesamt ist das Thema Erneuerbare Energien ja Herrn Liebing vom VKU an. Bei der Eigenversor- nicht mehr nur angebotsgetrieben, es ist eine gung geht ja die Debatte, so wie sie im Moment große Nachfrage da. Erstens durch die Versorger läuft, auf eine Erweiterung auf 20 kW. Jetzt hat die selbst, die durch Atom- und Kohleausstieg neue europäische Richtlinie vorgeschlagen, auf 30 kW Kapazitäten aufbauen wollen. Zweitens durch die zu gehen, hier die Befreiung von der Umlage zu Industrie, wo wir ja sehen, dass es eine große machen, damit wir den Eigenstrom anreizen. An- Nachfrage nach Grünstrom gibt, auch nach deut- ders als bei Wind onshore gibt es in der Bevölke- schem Grünstrom. Große Industrieunternehmen, rung eine sehr positive Haltung zu Solar und des- die sich commited haben, 100 Prozent Erneuer- wegen ist es richtig, was Herr Abgeordneter Bleser bare Energien zu verwenden und letztendlich vorhin gesagt hat, dass auf den Dächern noch un- dann über den Green Deal, der dieses ganze heimlich viel Potential ist, das wir heben müssen. Thema nochmal verstärkt, sieht man auch, dass Wir müssen die Energiewende auf die Dächer be- auch nachfrageseitig dieser Markt sehr gut funkti- kommen. Deswegen ist der Eigenverbrauch und oniert. Vielen Dank. auch die 30 kW, orientiert an der Erneuerbare- Energien-Richtlinie (RED II), ein zentraler Punkt Der Vorsitzende: Herzlichen Dank. Frau Abgeord- und im Übrigen keine Begrenzung, keine Mengen- nete Dr. Verlinden bitte. begrenzung auf 10 MWh, weil Sie dann am Ende faktisch doch wieder eine Einschränkung haben Abge. Dr. (BÜNDNIS 90/DIE und damit nicht dieses Anreizsystem. Vielleicht GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Meine noch ganz kurz einen Gedanken, weil wir im Ge- Frage richtet sich an Frau Andreae und ich würde setz eine Regelung haben, die wir nachgerade gerne ein bisschen mehr darüber wissen. Sie hat- falsch finden. Das ist das Messen und Bilanzieren ten eingangs gesagt, dass es einen Solarboom ab 1 kW. Die dringende Bitte, dass man sich orien- braucht und haben dazu auch verschiedene tiert am Messstellenbetriebsgesetz. Das Messstel- Punkte in Ihrer Stellungnahme aufgeschrieben. lenbetriebsgesetz ist lange ausgehandelt: Messen Insbesondere würde mich das interessieren in Be- ab 7 kW macht Sinn. Es macht Sinn, dass man zug auf die EU-Richtlinie, auf den Eigenver- misst, was ins Netz reinkommt, damit man da brauch. Vor allen Dingen fordern Sie einen PV- auch einen Überblick hat. Aber 1 kW ist schlicht Standard für Neubauten. Vielleicht können Sie zu niedrig und bedeutet faktisch, dass die Leute das ein bisschen ausführen und falls dann noch nicht mitmachen, weil Kosten und Aufwand in Zeit übrig sein sollte, wenn Sie uns dann noch et- keinem Verhältnis steht und damit sind wir da was erzählen könnten über die Frage, wie draußen. Die Orientierung am Messstellenbe- Repowering von Windenergieanlagen besser ge- triebsgesetz bietet einen guten Orientierungs- staltet werden kann, wie die Rahmenbedingungen punkt. 7 kW, 6 000 Stunden Jahresverbrauch und dafür verbessert werden können, damit wir dort schließlich auch noch der Gedanke, der jetzt im entsprechend die Standorte weiter nutzen für den Gesetz steht, dass ab 01.01.2021, also an dem Tag, Ausbau der Energiewende. wo das Gesetz in Kraft tritt, an dem Tag muss auch die Messung möglich sein, muss also die Der Vorsitzende: Frau Andreae, bitte. Hardware implementiert sein, das funktioniert gar nicht. Da haben Sie genau eine Sekunde, in der SVe Kerstin Andreae (BDEW): Vielen Dank. Ich Sie quasi einbauen müssen und ab dann rechnet versuche die Fragen alle zumindest anzureißen. es schon. Das gibt es nirgends. Also brauchen Sie Tatsächlich reden wir ungefähr von 5 GW Zubau Übergangsfristen, auch hier Orientierung am PV pro Jahr, die wir brauchen, um die Klimaziele Messstellenbetriebsgesetz, das lässt einen Roll- zu erreichen. Das heißt, wir brauchen die Freiflä- out-Zeitraum. Wir haben ja auch teilweise die Ge- che und wir brauchen die Dächer. Wir brauchen räte noch gar nicht. Also ein bisschen die Frage, die Innovationsausschreibung für Agri-PV, Floa- lässt sich das, was jetzt im Gesetz geschrieben ist, ting PV, also auch viele neue Ideen, die ja in den

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tatsächlich auch realisieren, sollte schon Sinn ma- nicht besser aus dem Bundeshaushalt finanziert chen. Ein Gedanke noch zum Repowering. Sie werden sollten. Jegliches Verständnis allerdings müssen sich alles angucken. Es geht um Natur- fehlt uns, und im Übrigen auch über 60 Prozent schutz, es geht um Planungsrecht und es geht um der CDU- und SPD-Wähler nach einer unveröf- den Emissionsschutz. Der Gedanke, einen Stand- fentlichten Umfrage, dass ausgerechnet jene diese ort, der vorhanden ist und der auch akzeptiert ist, Kosten über die anteilige EEG-Umlage oder voll- für eine bessere Anlage zu nutzen, das gebietet der ständige EEG-Umlage, wie wir von Herrn Bolay gesunde Menschenverstand. Diese besseren Anla- gehört haben, vom VKU gehört haben, schultern gen sind in der Lage, mehr Strom zu erzeugen. sollen, die selbst in Ökostromanlagen investieren. Also müsste man das Modell der Änderungsge- Also das ist schon Absurdistan, das versteht bis nehmigung wählen, das ist ein sinnvolles Momen- heute keiner. Und wir haben ja auch gehört, was tum, dass man beim Repowering nicht am Tag 0 damit passiert. Das ist eines der wesentlichen anfängt und so tut, als wäre man in einer völlig Hemmnisse auch, um auf ihre Frage einzugehen, blanken Wiese, sondern, dass Sie wirklich die Frau Abgeordnete Dr. Scheer, für den Weiterbe- Möglichkeit haben, eine bessere Anlage hinzustel- trieb von Ü20-Anlagen. Diese Betreiber sehen sich len und damit auch mehr erneuerbaren Strom zu konfrontiert auf der einen Seite damit, dass sie generieren, aber Planungsnaturschutz und Emissi- nun nach dem Gesetz für jede kWh, die sie selber onsschutzrecht anschauen. nutzen wollen, zum Beispiel, um das eigene E-Auto zu laden, um eine Wärmepumpe anzutrei- Der Vorsitzende: Danke. Frau Abgeordnete Dr. ben, alles was man doch als Politik wünscht, näm- Scheer bitte. lich dezentrale Sektorenkopplung, anteilig die EEG-Umlage zahlen müssen. Dieses politisch Ge- Abge Dr. (SPD): Ich habe eine Frage wünschte wird quasi von hinten wieder konterka- bzw. zwei, sowohl an Herrn Körnig als auch an riert, also auch die 900 Euro, die man für eine Herrn Müller. Und zwar ist ja schon deutlich ge- Wallbox jetzt kriegt, was ja vernünftig ist. Und worden, unisono, dass wir mehr Erneuerbare was auch vernünftig ist, ist dass man grünen Energien brauchen. Jetzt ist noch einmal die Strom nutzen soll. Aber nun will man grünen Frage: Wie können wir oder was müssen wir tun, Strom vom eigenen Solardach nutzen, muss dann um die Ü20-Leistung, sage ich jetzt mal, zu erhal- aber wieder eine EEG-Umlage anteilig bezahlen. ten sowohl im Solarbereich, Herr Körnig, als auch Das passt nicht. Der zweite Punkt, die Messanfor- im Windbereich, Herr Müller. Und muss man jetzt derung. Auch schon genannt von Frau Andreae für den weiteren Ausbau nicht auch die De-Mini- und anderen. Das ist vollkommen unverhältnis- mis-Regelung anwenden im Windenergiebereich, mäßig. Selbst die Netzbetreiber sagen, wir brau- Herr Müller. Und was müsste man idealerweise chen diese Daten nicht. Vollkommen absurd jetzt, tun, um wirklich die kommunale Beteiligung das jüngste Argument Cybersicherheit. Genau das noch hinzubekommen? Gegenteil ist der Fall. Wenn alle Smartmeter ein- richten, dann entstehen leichter angreifbare tech- Der Vorsitzende: Danke. Herr Körnig, bitte. nische „Monokulturen“. Wir haben mit ChaosComputerClub und anderen natürlich Ge- SV Carsten Körnig (BSW Solar): Herzlichen Dank, spräche geführt, die sich da besser auskennen als Frau Scheer. Ich war zugegen, als im Jahr 2000 wir. Die sagen, dass führt zum Gegenteil, das reizt das EEG aus der Taufe gehoben wurde. Und die erst zu Attacken. Also diese Messanforderungen EEG-Umlage sollte ursprünglich zur Finanzierung sind überteuert, Steuerungseinrichtungen, bleiben des erneuerbaren Ausbaus genutzt werden und sie hier zumindest beim Messstellenbetriebsge- vor allen Dingen nach dem Verursacherprinzip setz, wie Frau Andreae gesagt hat. Darunter brau- von jenen geschultert werden, die viel Energie, chen wir diese Daten nicht. Das sind beides Kos- viel fossile Energie verbrauchen. Ich habe ja auch tenfaktoren, die führen dazu, dass nach einer Stu- ein gewisses Verständnis dafür, dass die Politik die, die wir letzte Woche gemacht haben, fast recht großzügige Ausnahmebedingungen für ener- eine halbe Million bestehender Solarstromanlagen gieintensive Industrie geschaffen hat. Man kann außer Betrieb genommen werden in den 20iger sich sicher darüber streiten, ob diese Ausnahmen Jahren, obwohl sie noch gut 10 Jahre mindestens

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weiterbetrieben werden können und obwohl bei zweiten Vergütungszeitraum nochmal bewerben der Photovoltaik die Neuerrichtung von Anlagen können oder eben durch Neuanlagen. Den Volu- nicht preiswerter wäre. Wir müssen den Speicher- mina im kW-Netzentwurf liegt dabei wohl die An- ausbau vervielfachen und der Retrofit-Markt von nahme zugrunde, dass mit dem regulären Aus- bestehenden Solarstromanlagen würde hier eine schreibungssegment bis 2027 so viel installierte ausgezeichnete Gelegenheit bieten, die wird eben- Leistung ausgeschrieben werden muss, um etwa falls vereitelt. Hier muss an diesen Stellschrauben 18 TWh Strom bereitzustellen. Nach unserer Aus- mindestens nachgebessert werden. Also erstens, wertung müssten es nach BNetzA-Daten aber keine ,Sonnensteuer´, weder bei Neuanlagen noch 25 TWh sein. Hier also der eine Denkfehler aus bei Altanlagen, auf Eigenverbrauch oder Direkt- unserer Sicht. Außerdem hat man wohl versorgung im räumlichen Zusammenhang. Zwei- 5 000 Volllaststunden im BMWi angenommen, tens, keine Überforderung mit diesen Messanfor- allerdings gibt es ja eben durch den Kabinettsent- derungen schon ab dem ersten kW-peak. Herzli- wurf die schon angesprochenen Begrenzungen chen Dank. auch in der Flexibilisierung. Und so durch quasi die Anreize zur Reduzierung der Betriebszeit zum Der Vorsitzende: Danke. Ihnen wurde leider keine Beispiel durch Aussetzung der Vergütung auch Zeit gelassen, Herr Müller. bei negativen Preisen, gehen wir aber von der deutlich niedrigeren Volllaststundenzahl aus und Der Vorsitzende: Herr Abgeordneter Dr. Lenz. nehmen 3 200 Volllaststunden an. Das heißt, wir sind auch wieder bei dem Unterschied zwischen Abg. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Danke, Herr der Bemessungsleistung und der installierten Vorsitzender. Meine Frage richtet sich noch ein- Leistung. Und das führt eben in Summe dazu, mal an Frau Rostek. Wir haben jetzt unterschiedli- dass die 350 MW/Jahr im regulären Segment, die che Ausbaupfade entsprechend der Ziele für 2030. angedacht sind, deutlich zu wenig sind, sondern Wie sehen Sie hier die Ausbaupfade bei der Bio- es müssten aus unserer Sicht eher 840 MW/Jahr masse? Reichen die aus, um das Ziel letzten En- zzgl. 150 MW im Biomethansegment. Das bringt des, dass man den Bestand auch 2030 noch im mich nun noch zu dem zweiten Teilbereich und Anlagenpark hat, zu erhalten? Und die zweite der zweiten Funktion, die Biogasanlagen auch im Frage richtet sich an die Anlagenklasse der Gülle- System übernehmen. Das ist die Reduktion von anlagen. Diese ist erhöht worden auf 150 kW. Bei Methanemissionen aus der Landwirtschaft. Hier der Nominalleistung reicht es aus Ihrer Sicht aus, gibt es bislang eine Sondervergütungsklasse, die um tatsächlich hier ein klimadienliches Instru- auf 75 KW Bemessungsleistung bisher begrenzt ist ment anzureizen, das auch eine entsprechende de- und dieses leider auch nicht ausreichend, um ge- zentrale Wirkung hat? mäß Klimaschutzprogramm 2030 dem Auftrag der Steigerung der Güllevergärung nachzukommen. Es Der Vorsitzende: Frau Rostek, bitte. geht darum, nicht nur 25 Prozent wie bis dato in Biogasanlagen zu vergären, sondern sozusagen das SVe Sandra Rostek (Hauptstadtbüro Bioenergie): nächste Viertel zumindest zu erschließen und da- Vielen Dank für die Fragen. Um es kurz zu ma- für ist es aus unserer Sicht eben erforderlich, die chen, nein, die adressierten Ausschreibungsmen- Bemessungsleistung auf 150 KW auszuweiten. So gen sind leider nicht ausreichend, um die Klima- könnte man aus unserer Sicht deutlich mehr Gülle schutzprogrammziele zu erreichen. Dort sind in die Einheiten bekommen. Alle Betriebe mit 42 Terawattstunden vorgesehen. Das entspricht in mehr als 500 Großvieheinheiten sind nämlich etwa der Stabilisierung der bestehenden Strom- sonst ausgeschlossen. Des Weiteren ist es aus un- produktionen aus der Biomasse. Und nun geht es serer Sicht sinnvoll, auch die Sondervergütungs- eben um die Frage, wie interpretiere ich das in klasse für Bestandsanlagen zu öffnen. Das heißt, Ausschreibungsmengen. Dreh- und Angelpunkt der weitere Betrieb kleinerer Gülleanlagen, die in ist dabei, wie viele Anlagen aus dem ersten Vergü- den Ausschreibungsverfahren vielleicht nicht tungszeitraum wann noch am Netz sein werden. konkurrieren können, könnte dann auch hier er- Der Rest muss dann eben ausgeschrieben werden. folgen. Die Umwandlung von bestehenden Anla- Entweder so, dass sich Bestandsanlagen für einen

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gen, die auf Basis von Energiepflanzen hauptsäch- das Einzige, was nicht dem freien Markt überlas- lich agieren in Gülleanlagen, könnte vorangetrie- sen werden kann – ist die Naturschonung. Das ben werden und in Summe ließe sich so auch der heißt, sämtliche Methoden, die hier propagiert Vergütungsbedarf der Güllevergärung nochmals werden, müssen strengstens dem Naturschutz ge- senken. horchen. Dann fallen Windräder schon mal raus. Ich garantiere Ihnen, dass, wenn diese Maßnah- Der Vorsitzende: Dankeschön. Herr Abgeordneter men greifen würden, sie tun es nicht, es gibt viel Kotré, AfD. zu viele Profiteure vom EEG, dann geht der Spuk der Erneuerbaren Energien genau in 2 Monaten zu Abg Steffen Kotré (AfD): Meine Frage geht wieder Ende. Die ganze Diskussion - entschuldigen Sie an Herrn Professor Lüdecke. Durch die Energie- bitte den Vergleich hier - die erinnert ein bisschen wende und das EEG wird ständig gegen das ener- an das bekannte Märchen der Bürger von Schilda, giepolitische Ziel verstoßen, der Wirtschaftlich- die Licht in Säcken einfangen wollten und disku- keit, der Versorgungssicherheit und der Umwelt- tiert haben über die Möglichkeiten, die Zuständig- schonung. Vielleicht können Sie das nochmal be- keiten und so weiter und so fort und niemals auf leuchten anhand der instabilen Erneuerbaren die grundsätzliche Unmöglichkeit ihrer Maß- Energien, die eine geringe Leistungsdichte haben nahme eingegangen sind. Ich danke Ihnen. und instabil und wetterabhängig sind. Der Vorsitzende: Kollege Bernd Westphal, bitte. Der Vorsitzende: Herr Professor Lüdecke bitte. Abg. Bernd Westphal (SPD): Vielen Dank, Herr SV Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke (htw saar): Vorsitzender. Ich habe zwei Fragen, eine an Frau Die Wetterabhängigkeit wurde noch gar nicht er- Andreae und eine an Herrn Müller. Die erste wähnt. Aber ich möchte das vielleicht doch ein Frage ist: Wir haben ja für die wirtschaftliche Ba- bisschen allgemeiner fassen, weil ja auch vom Kli- sis jetzt auch organisiert mit der Wasserstoffstrate- maschutz die Rede war, von der Verbesserung des gie einen schnellen, zügigen Hochlauf. Das Gesetz Klimaschutzes, und daran erinnern, dass die bis- sieht mit der besonderen Ausgleichsregelung vor, herigen EEG-Maßnahmen für Deutschland nichts da die EEG-Befreiung zu organisieren. Wir halten bewirkt haben. Wir haben also keine Reduzierung eine gänzliche EEG-Befreiung dort für notwendig. der CO2 –Emissionen, keine maßgebenden. Aber Wie beurteilen Sie das? Und an Herrn Müller: In lassen Sie mich vielleicht etwas allgemeiner die Paragraf 1 Absatz 5 ist ja eine rechtliche Höher- Sache sehen. Das EEG ist ja nichts anderes als wertung des weiteres Ausbaus der Erneuerbaren pure Planwirtschaft, initiiert natürlich auch von Energien vorgesehen mit dem Argument öffentli- der EU. Bekanntlich ging Planwirtschaft noch nie ches Interesse und öffentliche Sicherheit. Wir be- gut. Ich würde plädieren für die Rückkehr zur grüßen das als SPD, weil es eine Höherwertigkeit Marktwirtschaft. Ganz einfach zur Rückkehr der der Erneuerbaren Energie ist. Wie ist Ihre Ein- Marktwirtschaft. Wenn die neuen Energien wett- schätzung dazu? bewerbsfähig sind, dann werden sie es auch ohne Subventionen und ohne EEG sein. Das heißt, diese Der Vorsitzende: Frau Andreae, bitte. Rückkehr würde so aussehen: Zunächst einmal keine Subventionen mehr, absolut keine Subven- SVe Kerstin Andreae (BDEW): Ja, vielen Dank. Es tionen mehr. Die entsprechenden Maßnahmen ist ja sinnvoll, dass im Bereich Wasserstoff, was Wind, Sonne, Energiemais müssen sich am Markt wir auch industriepolitisch anschauen müssen, bewähren. Zweite Bedingung: Die Einspeisung die Elektrolyseure hochlaufen. Deswegen ist die muss technisch geeignet sein, bekanntlich ist Flat- Debatte um die Umlagenbefreiung richtig. Viel- terstrom für Wechselstromnetze – und wir haben leicht kann ich sie nachher auch nochmal, wenn nun einmal ein Wechselstromnetz- ungeeignet. die Möglichkeit habe, anbringen bei der Frage, die Das heißt, die Erzeuger müssen sich darum küm- wir schon hatten um den Paragrafen 13 VIa, weil mern, dass das technisch wirklich vernünftig ist. das ja tatsächlich auch eine Möglichkeit ist, Nut- Das schlägt sich dann natürlich auf die Wirt- zen-statt-Abregeln voranzubringen. Aber bei Ihrer schaftlichkeit nieder. Und Drittens – und das ist konkreten Frage nach besonderer Ausgleichsregel

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oder gänzlicher Umlagenbefreiung ist vielleicht gieanlagen im öffentlichen Interesse und zur öf- auch ein bisschen ein Blick nach Brüssel wichtig, fentlichen Sicherheit errichtet werden. Immer was wird beihilferechtlich kritischer eingeschätzt? dann, wenn eine Norm eines dieser beiden Krite- Da ist die augenblickliche Lage, dass die beson- rien benennt, dann steht in Zukunft fest, dass dere Ausgleichsregel als theoretisch denkbarer diese Norm genutzt werden kann zum Ausbau Er- eingeschätzt wird. Ich teile Ihre Einschätzung, neuerbarer Energien. Und in der Regel findet dann eine komplette Umlagenbefreiung wäre sinnvoll. ein Abwägungsprozess statt. Und in diesem Ab- Wenn Sie aber an die besondere Ausgleichsregel wägungsprozess ist die öffentliche Sicherheit, ist gehen, dann müssen Sie ein paar Punkte anpas- das öffentliche Interesse, das mit dem Ausbau Er- sen, weil die im Moment nicht in der Lage ist, die neuerbarer Energien gesichert wird, dann von den Elektrolyseure wirklich abzuholen. Am Ende vom Behörden zwingend zu berücksichtigen ist, aber Tag und unterm Strich muss stehen, die Elektroly- nicht als alleiniger Grund. Insofern werden wir seure müssen hier befreit werden. Sonst kriegen hier keine Revolution haben und Sicherheit hat wir den Hochlauf nicht hin. 90 Prozent der Kosten ohnehin mehrere Dimensionen. Wer das auf natio- sind Stromkosten und wenn Sie dieses industrie- naler Sicherheit verengt, versteht die Vielschich- politische wichtige Moment nutzen wollen, dann tigkeit von Rechtsbegriffen nicht richtig. Aus un- müssen Sie hier auch einen wichtigen Schritt serer Sicht führt diese Regelung, so wie sie drin nach vorne gehen. steht, zu mehr Rechtssicherheit im Vollzug und dient damit den Anliegen, die wir in vielen Geset- Der Vorsitzende: Danke, aber jetzt Herr Müller. zen haben, etwa im Planbeschleunigungsgesetz, die das zentrale Anliegen im Moment des Gesetz- SV Thorsten Müller (Stiftung Umweltenergier- gebers sind und insofern halten wir es für sinn- echt): Vielen Dank für die Disziplin. Bei Para- voll. graf 1 Absatz 5 hat uns sehr überrascht, dass der so viel Diskussion ausgelöst hat. Denn die wird Der Vorsitzende: Dankeschön. Kollege Willsch ihm nicht gerecht. In Paragraf 1 Absatz 5 wird ge- bitte. regelt, dass die Erneuerbaren Energien im öffentli- chen Interesse ausgebaut werden und der öffentli- Abg. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Ja, Danke- chen Sicherheit dienen. Das ist letztlich nur eine schön. Ich habe eine Frage an Herrn Ingbert Lie- gesetzliche Klarstellung und dient damit der bing vom VKU zum Thema Repowering. Aus der Rechtssicherheit. Auch heute schon vom EuGH kommunalen Praxis ist es ja nun so, wir haben über andere Gerichte ist das gängige Rechtspre- Anlagen stehen an Standorten, die emissions- chung, dass das der Fall ist. Einzelne Gerichte schutzrechtlich genehmigt worden sind im Einzel- weichen davon ab, diese werden von den Ober- verfahren, wo aber zwischenzeitlich in Raumpla- verwaltungsgerichten aber immer wieder einge- nung eine Regionalplanung stattgefunden hat. fangen. Und die Regelung ist im Kern eine Fest- Und jetzt stehen eben dort alte Anlagen außerhalb stellung, dass das in Zukunft gilt. Das heißt, nicht der Vorranggebiete für Windenergienutzung. Die mehr der einzelne Amtswalter oder das einzelne müssen natürlich dann weggeräumt werden, die Gericht entscheidet über diese Frage, sondern der können nicht einfach verlängert werden. Frage: Gesetzgeber legt das verbindlich fest. Diese Rege- Wie sind die Erfahrungen mit dem Rückbau dieser lung führt aber nicht – und deshalb sind die Sor- Anlagen? Funktioniert das? Das ist nämlich ein gen, die dazu geäußert werden, aus unserer Sicht wichtiger Punkt für die Erhöhung der Akzeptanz unbegründet - dazu, dass auf einmal Enteignun- von Energie. Die Menschen haben Sorge, dass gen oder sonstige Sachen getätigt werden können. diese Kubikmeter an Fundamenten nie mehr aus Dafür braucht man im Rechtsstaat, den wir glück- dem Wald ausgegraben werden. Und das zweite licherweise haben, immer eine Eingriffs- und Be- ist eine Sorge, die an mich herangetragen wurde fugnisnorm, in der steht, - wenn, dann – wann der und die ich vortragen wollte. Hat die Neuformu- Staat folgendes tun darf. Und das ist in Para- lierung im EEG, also Windenergie und Solarener- graf 1 Absatz 5 nicht geregelt. In Paragraf 1 Ab- gie als öffentliche Sicherheit und Ordnung, Aus- satz 5 wird nur festgestellt, dass Erneuerbare Ener- wirkungen auf bestehende Güterabwägungen im Bereich von Naturschutz/Landschaftsschutz usw.

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Also, heißt das, es ist ein prinzipieller Ermögli- steht diesem PPA-Markt auch ein Stück weit auch cher von Industrieanlagen im Wald oder ist das im Wege. Wir haben die zwei Komponenten da eine vernachlässigbare Sorge? angesprochen. Das eine ist das Doppelvermark- tungsverbot, keine Vermarktungsmöglichkeit der Der Vorsitzende: Danke. Herr Liebing bitte. grünen Eigenschaft von Strom. Das ist ein zentra- ler Bestandteil des PPA-Marktes. Ich glaube, da SV Ingbert Liebing (VKU): Vielen Dank. Das erste kann man das EEG weiterentwickeln, dass diese Problem Rückbau ist bei uns kein Thema. Wenn Möglichkeiten zukünftig auch zugelassen werden. Anlagen auslaufen, dann würden sie auch zurück- Das zweite Element, also die langfristigen Liefer- gebaut werden. Das können wir vernachlässigen. verträge mit konkreten Akteuren in der Industrie, Bei der Frage öffentliche Sicherheit oder öffentli- die ich ja vorhin schon beschrieben habe. Es gibt ches Interesse möchte ich anknüpfen an die Aus- dazu eine klare Nachfrage. Was hält die im Mo- führung von Herrn Müller, die wir als VKU auch ment davon ab? Es ist eigentlich die Ange- teilen. Wir halten das für ein sinnvolles Instru- botsseite, die fehlt, weil es im Moment attraktiver ment, weil es mehr Rechtssicherheit schafft. Na- ist, EEG-Förderung zu nehmen anstelle diese För- türlich dient es auch dazu, den Behörden für Ge- deranlagen jetzt in den Markt zu geben. Das wird nehmigungen für den Ausbau der Windkraft den sich jetzt mit den ersten Anlagen, die aus der Rücken zu stärken. Aber man sollte es auch nicht EEG-Förderung rausfallen, ein Stück weit ändern überhöhen, wenn argumentiert wird, damit würde und da sieht man auch schon, dass dieser Markt bei den Kommunen die Planungshoheit ausgehe- auch in Deutschland funktioniert. Wir haben belt. Das ist sicherlich nicht der Fall, sondern es schon viele PPAs in Deutschland gesehen für Alt- ist dann ein öffentlicher Belang, der mit anderen anlagen, die jetzt aus der Förderung fallen und ich öffentlichen Belangen, die es ja auch gibt in der glaube, das ist die Zukunft aus meiner Sicht, wo Rechtlage, abgewogen werden muss. Damit wird wir in Deutschland hin müssen. Es gibt so ein auch Naturschutzrecht nicht ausgehebelt. Höher- paar Kleinigkeiten im Regulierungsbereich, die rangiges Recht, widerstreitende Interessen gelten man vielleicht noch verbessern kann, aber im Gro- nach wie vor, aber es ist dann ein zusätzlicher Be- ßen und Ganzen kommen wir erst dann in den lang, der in die Abwägung mit einfließen soll und PPA-Markt, wenn wir aus der EEG-Förderung das halten wir auch für sinnvoll, weil wir ja im rauskommen. Moment feststellen, dass das größte Problem nicht die ambitionierten Ziele sind, sondern die Aus- Der Vorsitzende: Dankeschön. Herr Dr. Bolay bauhürden in der Praxis und hier könnte es hel- bitte. fen, diese Probleme zu bereinigen. SV Dr. Sebastian Bolay (DIHK): Ja, vielen Dank. Der Vorsitzende: Dankeschön. Als nächstes Frau Ergänzend zu dem, was Herr Reitz gesagt hatte. Es Weeser von der FDP. ist kein großes regulatorisches Thema, es ist viel- mehr ein Thema, dass der Markt entwickelt wer- Abge Sandra Weeser (FDP): Vielen Dank. Mir ist den muss. Heute funktionieren PPAs vor allem eben das Thema PPA aufgrund der Zeit noch ein zwischen dem Anlagenbetreiber und einem bisschen zu kurz gekommen. Deswegen würde ich Stromhändler, aber nicht zum Beispiel zwischen gerne Herrn Reitz, aber auch Herrn Dr. Bolay einem Anlagenbetreiber und einem nachfragen- nochmal darauf ansprechen wollen. Wie sehen den Unternehmen. Da sind mir bisher erst zwei Sie denn jetzt ganz konkrete Maßnahmen, um den Beispiele bekannt, vielleicht es noch das Eine PPA Markt zu stärken? Dankeschön. oder Andere mehr, aber es ist auf jeden Fall noch auf sehr, sehr geringem Niveau. Regulatorisch Der Vorsitzende: Als erstes Herr Reitz bitte. vielleicht ein Punkt hier in die Runde: Bisher war es so, dass, wenn man die Strompreiskompensa- SV Peter Reitz (EEX): Sehr gerne, vielen Dank für tion der indirekten Kosten des europäischen die Frage. PPA-Markt, wenn man sich mal inter- Emissionshandels in Anspruch genommen hatte, national umschaut, in vielen Ländern sind wir da man dann bislang kein Grünstrom-PPA abschlie- deutlich weiter als hier in Deutschland. Das EEG

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ßen konnte, weil man sonst die Strompreiskom- der richtige Zeitpunkt, um dann noch weitere Pro- pensation nicht bekommen hat. Das hat man jetzt duktion zu fördern, sondern man sollte anreizen, auf europäischer Ebene geändert, wir warten aber dann zu produzieren, wenn Nachfrage da ist und noch darauf, dass das auch ab 1. Januar in den damit systemdienliches Verhalten. Denn das deutschen Regelungen mit umgesetzt werden Ganze ist ja dann auch noch eine Frage der Netz- wird. Also das wäre noch einmal ein wichtiger auslastung. Also es ist wesentlich sinnvoller, die- Schritt. Das ist auf jeden Fall eine ganz klare regu- ses Risiko den Marktparteien tatsächlich zu geben. latorische Hürde. Ansonsten fehlt einfach die Man kann sich dann darüber unterhalten, ob man Transparenz und es fehlen die Standards. Also deshalb die Förderung verlängern sollte. Da gibt wie kann so ein Standardvertrag aussehen? Wie es ja Vorschläge dazu. Das halte ich für einen ver- kann denn auch eine Risikoverteilung zwischen tretbaren Kompromiss. Noch besser wäre es, die dem Anlagenbetreiber auf der einen Seite und Nutzung dann für die Sektorenkopplung zu öff- dem Abnehmer des Stroms auf der anderen Seite nen. Das haben wir vorhin ja schon angesprochen, aussehen? Wie lang kann ich denn überhaupt sol- Herr Müller und auch Frau Andreae hatten das ge- che Verträge abschließen? Also, das sind alles Fra- sagt. Ich glaube, da liegt noch Potential, aber die gen, die gar keiner Regulatorik bedürfen, sondern Regelung an sich ist sinnvoll. Dankeschön. hier muss sich der Markt entwickeln und da sind wir sehr, sehr zuversichtlich, dass wir das mit un- Der Vorsitzende: Okay, Herr Liebing bitte. serer Marktoffensive auch sehr kurzfristig und perspektivisch für die kommenden Jahre anschie- SV Ingbert Liebing (VKU): Vielen Dank. Wir emp- ben, so dass wir sukzessive tatsächlich auch aus fehlen eine vollständige EEG-Umlagebefreiung bei der EEG-Förderung aussteigen können. der Wasserstoffelektrolyse. Die besondere Aus- gleichsregelung halten wir hier nicht für zielfüh- Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank, Herr rend, weil sie keine wirkliche Verlässlichkeit für Müller, CDU/CSU. die Investoren bietet. Wir empfehlen eine techno- logisch und anwendungsoffene Umlagenbefreiung Abg. Carsten Müller (CDU/CSU): Vielen Dank. Ich und eine lange Laufzeit der Befreiung für die je- habe eine Frage zunächst an Herrn Reitz: Wie be- weiligen Projekte, um echte Investitionsanreize zu werten Sie zukünftig bei negativen Preisen keine setzen. Wir empfehlen aber, zwei Deckel einzuzie- Förderung mehr zu gewähren und die geltende hen. Zum einen die Zahl der Anlagen oder die 6-Stunden-Regel abzuschaffen. Und eine zweite Leistung zu begrenzen und die umlagebefreiten Frage an Herrn Liebing: Die Bundesregierung hat Nutzungsstunden der Umlagebefreiung zu de- ja angekündigt, dass die Erzeugung von Wasser- ckeln, um einen Anreiz dafür zu schaffen, dass stoff erleichtert werden soll und dazu auch schon dies nicht in die Grundlast geht, sondern als fle- erste Ideen skizziert. Was ist aus Sicht des VKU xibles Instrument genutzt werden kann. beispielsweise hinsichtlich einer Umlagenbefrei- ung zu einer Förderung dieses Vorhabens erfor- Der Vorsitzende: Danke. Herr Kollege Saathoff derlich? bitte.

Der Vorsitzende: Herr Reitz, bitte. Abg. Johann Saathoff (SPD): Ja, herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. Meine Fragen gehen an Herrn SV Peter Reitz (VKU): Ja, vielen Dank für die Müller. Herr Reitz hat gerade in einem seinem Frage. Zur 6-Stunden-Regelung: Ich halte den Vor- Statements gesagt, es wäre doch ganz einfach: Wir schlag für richtig, das abzuschaffen. Ich halte ihn bräuchten uns 2030 nur anschauen, wie der Brut- auch für schon lange überfällig. Er war von vorne- tostromverbrauch über die Jahre ist und dann herein als eine Ausnahme konzipiert. Ich glaube, jährlich nachsteuern. Mal abgesehen davon, dass wenn wir Förderung mal etwas ganzheitlicher be- ich es industriepolitisch für unverantwortlich greifen, dann wollen wir Förderung dann, wenn halte, jetzt einfach 5 Jahre gar nichts zu tun und auch Nachfrage da ist. Bei negativen Preisen sagt sich dann zu wundern, dass wir in Deutschland sozusagen das Preissignal schon aus, dass wir zum Beispiel keine Windenergieindustrie mehr einen Überhang von Angebot haben. Das ist nicht haben. Ich glaube, es kommt auch irgendwann der

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Zeitpunkt, an dem wir nicht mehr in der Lage andere sind 6-Stunden-Regelungen, die regelmä- sind, tatsächlich nachzusteuern, weil wir Ausbau- ßig auch von der EU-Kommission genehmigt wer- quoten hätten von 15, 20 GW/Jahr. Ich würde Sie den. Wir sehen also keine europarechtlichen nochmal um eine Bewertung Ihrer Sicht bitten Gründe, warum man da jetzt davon abkommen und nochmal zur 6-Stunden-Regelung. Wir tun ja müsste. Das letzte Fördergesetz, was von der EU- so, als seien es nur die Erneuerbaren Energien, die Kommission genehmigt war, betraf Italien und zu den negativen Strompreisen führen, während dort gab es die 6-Stunden-Regelung plus einer auf der anderen Seite Must-Run-Kapazitäten in Nachholung der Zeiten, die aufgrund des Über- quasi ungeregelten Volumen in der gleichen Zeit schreitens der 6-Stunden-Regelung nicht gefördert natürlich einspeisen dürfen und auch da hätte ich werden konnten. Und das ist ja auch von der Bun- von Ihrer Seite gern nochmal eine Einschätzung desregierung in dem Entwurf angekündigt wor- dazu. den, dass es eine Weiterentwicklung vom Paragra- fen 51 geben soll. Und das wäre eine Möglichkeit, Der Vorsitzende: Herr Müller bitte. die Zeiten, die nicht förderbar sind, weil sie über eine oder sechs Stunden am Stück mit negativen SV Thorsten Müller (Stiftung Umweltenergier- Preisen hinausgehen, an die 20 Jahre anzuhängen. echt): Vielen Dank. Herr Saathoff, Sie haben ja ge- Da gebe ich zu bedenken, dass das für diejenigen rade schon in Ihrer Frage das Grundproblem for- Anlagenbetreiber, die eine reine Projektfinanzie- muliert, was Planbarkeit angeht. Wir reden hier rung machen, also Bürgerenergie, kleine Projektie- nicht von kurzfristig verfügbaren Gütern, die man rer, eine Schwierigkeit ist, weil sie die Finanzie- sich am Markt kurzfristig beschaffen kann, son- rung auf diese 20 Jahre gegenüber den Banken dern wir reden über Projektabläufe, die sehr lang- darstellen können müssen. Und da wäre eine Al- fristig ausgelegt sind. Und deshalb braucht es eine ternative das französische Modell. In Frankreich Planbarkeit. Und das wäre auch der Punkt, in dem gibt es eine Regelung, die ab der 21. Stunde eine ich mit Herrn Reitz nicht mitgehen würde. Wir Entschädigungsregelung, so wie wir es bei Netzen- können uns nicht darauf verlassen, kurzfristig zu gpässen kennen, vorhält. Das heißt, bei negativen korrigieren. Das geht bei Projektabläufen von meh- Preisen wird dann abgeregelt, aber wir kriegen reren Jahren schlechterdings nicht. Und selbst dort auch die Marktprämie quasi ausgezahlt. Es ist wenn wir nicht nur die Projekte betrachten wür- ein bisschen anders, das französische Modell ist den, stellen sich die Probleme, weil diese Ausbau- auch ein bisschen anders, aber dort gibt es sozusa- mengen auch relevant sind für die Länder, für die gen eine Kompensation. Das würde diese Finan- Kommunen, für die regionalen Planungsverbünde, zierungsfrage lösen. Da gibt es jedenfalls europa- weil sie entsprechende Flächen ausweisen müs- rechtliche Spielräume, wie die Erfahrung zeigt. sen. Also das heißt, das Gesamtpaket, das wir hier betrachten, ist nicht so flexibel, dass wir uns über- Der Vorsitzende: Herzlichen Dank. Als nächstes legen können, was brauchen wir nächstes Jahr, Herr Kollege Beutin, bitte. sondern wir müssen eine langfristige Perspektive haben. Insofern ist der Gesetzgeber gut beraten, Abg. Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE.): Vielen diese Perspektive auch tatsächlich realistisch aus- Dank. Also auch diese Frage geht an Herrn Dr. zubuchstabieren, so wie sie sich auch unter den Graichen. Wir erleben es ja, dass wir weiter sin- europäischen Einflüssen darstellen wird. Das kende Kosten bei den Erneuerbaren haben, dass zweite: Die 6-Stunden-Regelung ist in der Tat eine wir jetzt weiter sinkende Kosten bei den Spei- Regel, die ja auch einen europarechtlichen Hinter- chern haben, aber auf der anderen Seite erleben grund hat. Die Beihilfeleitlinien verlangen, dass wir steigende Strompreise für die Endverbrau- keine Anreize durch eine Förderung gesetzt wer- cherInnen. Und das ist natürlich auch ein Anreiz den, wenn negative Preise sind. Wir hatten bisher für ProsumerInnen und natürlich auch für Unter- die 6-Stunden-Regelung. Das war auch keine Re- nehmen selbst, Strom zu produzieren und den gel, die nur auf Deutschland beschränkt war, son- dann auch selbst zu nutzen anstatt den einzuspei- dern wir haben in Europa zwei verschiedene Sys- sen. Und eine weitere Problematik aus Sicht der teme. Das eine sind stündliche Regelungen, das LINKEN sind ausufernde Industrieprivilegien, die ja zu Lasten der gesamten Allgemeinheit gehen.

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Das wird ja noch einmal durch diesen EEG-Ent- nicht weiter existieren kann. Was fehlt, ist eine wurf verstärkt. Was könnte man an dieser Stelle entsprechende politische Unterstützung jenseits machen, um das EEG hier effizienter zum einen der Fachpolitiker, weil ich damit natürlich große zu machen und zum anderen auch gerechter zu Milliardensummen umschichten muss, die aber gestalten? im Moment falsch alloziert werden.

Der Vorsitzende: Herr Dr. Graichen bitte. Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Als letzte Frau Nestle bitte. Frau Abgeordnete Dr. SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): Nestle. Ja, wir haben die grundlegende Thematik und die diskutieren wir ja schon seit langem, dass man Abge Dr. (BÜNDNIS 90/DIE eine Abgabenumlagereform machen muss. Strom GRÜNEN): Ja, Dankeschön. Ich habe eine Frage an ist beim Endverbraucher zu teuer und deswegen Herrn Müller und Frau Andreae. Herr Müller, Sie kommen dann die ganzen Geschichten. Ausnah- sprachen von den zuschaltbaren Lasten. Habe ich men, alle möglichen Leute brauchen Ausnahmen die Lage jetzt richtig verstanden, dass selbst die gegen diese EEG-Umlagen und andere Umlagen eingeschränkte Möglichkeit für zuschaltbare Las- Dann optimieren sich die Eigenverbräuche, ten und Nutzen statt Abschalten, die das EEG bis- dadurch steigt das Ganze noch weiter und ist her hatte, durch diese Novellierung abgeschafft nicht zukunftsfähig. Der erste Schritt ist jetzt ge- wird? Und kann das ein Versehen sein? Und Frau tan, dadurch, dass die Einnahmen aus dem CO2 – Andreae, wie schätzen Sie denn die Sinnhaftigkeit Brennstoffemissionshandelsgesetz teilweise in das von zuschaltbaren Lasten ein? Wäre es nicht EEG fließen sollen und dann wird das in dem eigentlich besser, die Möglichkeit auszuweiten, nächsten Schritt weitergehen müssen. Ziel muss anstatt sie abzuschaffen? es im Grunde sein, wir schaffen die EEG-Umlage quasi ab, setzen sie nahe Null, und Einnahmen Der Vorsitzende: Herr Müller, bitte. nehmen wir zum Teil aus der CO2-Bepreisung und zu einem anderen Teil dann schlicht, weil das na- SV Thorsten Müller (Stiftung Umweltenergier- türlich am sozial gerechtesten wäre, aus dem Bun- echt): Ja, so sehen wir das auch. Tatbestandsvo- deshaushalt, indem Einkommensteuereinnahmen raussetzung für die Regelung des Paragra- verwendet werden, weil das sozial am gerechtes- fen 13 VIa ist eine Anlage im Netzausbaugebiet. ten ist. Insofern braucht es einen Mix. Ich brauche Dieses Netzausbaugebiet wird es dann nicht mehr eine Abgabeumlagenreform, die so strukturiert ist, geben, wenn das EEG so beschlossen werden dass die relativen Preise stimmen. CO2, Öl, Gas, würde. Insofern kann der Tatbestand nicht erfüllt Kohle sind teuer, erneuerbarer Strom wird billig werden und insofern kann kein Vertrag mehr ge- und dann wird auch von allein sozusagen in So- schlossen werden. Die Rechtslage ist aus unserer laranlagen vor Ort investiert. Dann brauche ich Sicht sehr eindeutig. Ich glaube nicht, dass es ein nicht mehr irgendwie eine Optimierung gegen Versehen ist. Denn, wie ich vorhin schon sagte, Eigenstrom-Geschichten. Und auf der anderen die entsprechende Verordnungsermächtigung Seite würde ich dafür sorgen, dass in so einem wird ja geändert, die auf den Paragrafen 13 VIa Kontext der CO2-Bepreisung, dass dann Energie einwirken kann. Insofern ist dieser Umstand be- nicht für die Mieterinnen und Mieter vor allen kannt. Ich vermute, dass einfach kein vernünftiges Dingen zu teuer wird. Und insofern braucht es da Modell vorlag, was man kurzfristig als Alternative am Schluss einen Mix. Ich fürchte, das wird in für Paragraf 13 VIa umsetzen wollte. Und ansons- dieser EEG Novelle nicht gelöst werden, aber ten revanchiere ich mich für das Fair Play und sträflich ist, dass diese Diskussion, die wir jetzt gebe Ihnen die restliche Zeit, Frau Andreae schon seit Jahren führen, nicht von Regierungs- seite aufgegriffen wurde. Im Grunde muss man Der Vorsitzende: Frau Andreae, bitte. jetzt anlegen, dass das nach der Bundestagswahl unmittelbar geschieht – wer auch immer regiert. SVe Kerstin Andreae (BDEW): Ja, vielen Dank, Das ist inzwischen unter Experten unstrittig, dass dann knüpfe ich direkt an. Auch wir sind verwun- die derzeitige Abgaben- und Umlagenstruktur so

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dert über einen Tatbestand, der stehenbleibt, des- Wärme-Koppelungsanlagen, die in den Verteilnet- sen Grundvoraussetzung, nämlich das Vorhalten zen stehen. Deswegen, auch hier muss man des Netzausbaugebietes, wiederum wegfallen soll. schauen, wie man vernünftig weiterentwickeln Deswegen wäre das dringende Plädoyer, diesen kann, dass wir im Sinne des Prinzips Nutzen- Tatbestand nicht ins Leere laufen zu lassen, son- statt-Abregeln, des Grundgedankens also auch ein dern tatsächlich auch weiterzuentwickeln. Da deutliches Stück weiterkommen. So wie es im sind ja schon ein paar Punkte genannt worden. Moment im Gesetz ist, ist es entweder ein Verse- Ich glaube, im Grundsatz ist es doch erst einmal hen oder kein Versehen, aber in der Summe ist es klar, dass man den erzeugten erneuerbaren Strom unlogisch einen Tatbestand stehen zu lassen, des- besser als durch Abregeln nutzen kann und dass sen Grundvoraussetzung nicht mehr gegeben ist. wir dafür Möglichkeiten schaffen. Und eine der Also da müsste eine Klärung her. Dankeschön. Möglichkeiten ist eben die Frage, was wir jetzt im Moment haben, können wir in die Wärmeversor- Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Wir sind gung geben. Können wir da zur Dekarbonisierung damit am Ende unserer Anhörung angelangt. Ich beitragen? Das wäre ein sinnvolles Moment. Dazu möchte mich recht herzlich bedanken, auch für muss man weiterentwickeln, wie man hier die Ihre Vorschläge, die doch vielleicht den ein oder Sektoren koppeln kann. Der Bundesrat hat in sei- anderen einmal zum Nachdenken bringen. Und ner Stellungnahme ähnlich argumentiert, diesen ich gehe davon aus, dass das eine oder andere erzeugten Strom nicht abzuregeln, sondern für die auch noch mehr eingebracht wird. Für einen Vor- Wärmeversorgung zu nutzen, mehr Flexibilitäten schlag allerdings sehe ich kaum Realisierungs- zu fördern. Wir würden empfehlen, diesen Para- chancen, und zwar die Rückkehr zur Atomener- grafen 13 VIa sinnvoll weiterzuentwickeln. Das gie. Das glaube ich, kriegen wir nicht mehr hin hieße, ihn bundesweit anzuwenden, schon wis- und das ist vielleicht auch gut so. So, recht herzli- send vor dem Hintergrund, dass er im Moment chen Dank. Ich wünsche Ihnen einen guten Nach- noch nicht oft gezogen wurde. Fünf- bis sechsmal, hauseweg trotz der widrigen Umstände. Ich hoffe, glaube ich, aber das heißt ja nicht, dass das Instru- Sie sind gut hergekommen und kommen auch gut ment insgesamt falsch ist, sondern vernünftig wei- wieder zurück. Und ich hoffe, dass wir bald auch terentwickelt werden muss, im Übrigen auch mit wieder andere Umstände haben und dann viel- einer Ausweitung auf die Verteilnetzbetriebe. Wir leicht auch wieder etwas mehr Abgeordnete hier haben ja nicht nur das negative Redispatch im im Saal haben können, als das heute der Fall war. Norden und bei den Großen, sondern das ist ein- Recht herzlichen Dank und kommen Sie gut heim. fach eine Insgesamt-Beobachtung im Markt, in der Weiterentwicklung. Und wir haben viele Kraft-

Schluss der Sitzung: 10:53 Uhr Mül/Pau/Mi

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