Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1): 6 - 30

In memoriam Hans R. REINHARD

Ophrys reinhardiorum H. F. PAULUS spec. nov. und ihr Bestäuber Eupavlovskia funeraria. Zur Bestäubungsbio- logie und Taxonomie einer neuen Art der rein- holdii-Gruppe aus Nordostgriechenland (; Insecta, Apoidea)

Hannes F. PAULUS

Keywords:

Ophrys reinhardiorum new species, Ophrys reinholdii group, pollinator Eu- pavlovskia funeraria (Apoidea, Melectini), pollination biology, distribution in North-East-, biography of Hans R. REINHARD.

Zusammenfassung/Summary:

PAULUS, H. F. (2008): In memoriam Hans R. REINHARD: Ophrys reinhardi- orum H. F. PAULUS spec. nov. und ihr Bestäuber Eupavlovskia funeraria. Zur Bestäubungsbiologie und Taxonomie einer neuen Art der Ophrys rein- holdii-Gruppe aus Nordostgriechenland (Orchidaceae; Insecta, Apoidea). – Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1): 6 - 30. Es wird eine neue Art der Ophrys reinholdii-Gruppe aus Nordost-Griechen- land beschrieben. Die Art nimmt eine Zwischenstellung zwischen Ophrys reinholdii und O. straussii ein, in dem sie kleinere Blüten, ein grünes Pe- rigon, bauchige Lippen und als Bestäuber Eupavlovskia funeraria hat. Sie blüht deutlich später als Ophrys reinholdii. Sie ist dem Ehepaar Ruth und Hans R. REINHARD aus Zürich gewidmet. Da letzterer kürzlich verstorben ist, wird ein kurzer Lebenslauf und eine Würdigung seiner Leistungen ge- bracht. Hans REINHARD war auch ein sehr guter Maler. Einige seiner Ophrys- Aquarelle werden hier gezeigt.

 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 PAULUS, H. F. (2008): In memoriam Hans R. REINHARD: Ophrys reinhar- diorum H. F. PAULUS spec. nov. and its pollinator Eupavlovskia funeraria. Regarding pollination biology and of a new species of the Ophrys reinholdii group from north-eastern Greece (Orchidaceae; Insecta, Apoidea). – Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1): 6 - 30 A new species of the Ophrys reinholdii-group from north-eastern Greece is described. This species is morphologically similar to O. reinholdii and O. straussii in as far as it has smaller flowers, a green perigon, bulging labellum and as its pollinator Eupavlovskia funeraria. It flowers considerably later than O. reinholdii. It has been dedicated to Ruth and Hans R. REINHARD from Zuerich. Hans R. REINHARD passed away recently and a short biogra- phy as well as an appreciation of his achievements have been put together. Hans R. REINHARD was also a very good painter and some of his Ophrys water colours have been printed.

Einleitung cilicica hierher. Ophrys kurdistani- Die Arten der Ophrys cretica-rein- ca RENZ wird zwar als Synonym zu holdii-Gruppe sind durch schwarze O. cilicica betrachtet, doch das Ori- oder schwärzliche Labellumfärbung ginalmaterial mit guten Fotos aus mit weißer Malzeichnung gekenn- dem Herbar RENZ spricht für eine zeichnet (Abb. 1, 16D). Dies ist eine eigenständige Art. Als Bestäuber von Anpassung an ihre ebenso gefärb- Ophrys cilicica wird die Grabwespe ten Bestäuber der Bienengattungen Argogorytes spec. vermutet (PAU- Melecta und Eupavlovskia (Apidae, LUS & GACK 1990a). Hierzu liegt Anthophorinae, Melectini) (PAULUS ein guter fotographischer Beleg vor, & GACK 1990a, PAULUS 2007), so- für den es aber bislang keine neuere weit sie bislang bekannt sind. Hier- Bestätigung gibt. Ophrys kotschyii her gehören Ophrys reinholdii (Abb. stellt offensichtlich eine Konver- 1), O. straussii (inkl. var. leucotae- genz zu dieser Artengruppe dar und nia) (Abb. 4), O. konyana KREUTZ gehört wahrscheinlich in die O. atti- & R.PETER 2007 („Sippe Belören“), ca-rhodia-umbilicata-Gruppe (GÖLZ O. cretica (mit ihren geographischen & REINHARD 1985). Ihr Bestäuber Rassen subsp. beloniae aus Südrho- ist Melecta tuberculata (PAULUS & dos und subsp. bicornuta aus Ost- GACK 1990b), der gleichzeitig auch kreta) (Abb. 16C) und die früher alle Sippen von O. cretica in Kreta blühende O. ariadnae (Abb. 16D). und Rhodos bestäubt (PAULUS & Wahrscheinlich gehört auch Ophrys GACK 1990b).

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008  Schon vor vielen Jahren war mir im Ophrys reinholdii FLEISCHMANN Raum Elassona im nördlichen Thes- und ihr Bestäuber Eupavlovskia salien ab Ende April eine Ophrys rein- obscura (Abb. 1, 2, 3, 12) holdii-Sippe aufgefallen, die in ihrer Blütenerscheinung an Ophrys creti- Diese markante Art ist im östlichen ca-ariadnae erinnert und ein grünes Mittelmeerraum weit verbreitet, wenn Perigon besitzt. Sie wächst dort in sie auch nicht überall häufig ist. Erst- den Halbtrockenrasen zusammen mit mals wurde als Bestäuber Männchen Ophrys mammosa, O. leucophthal- der Trauerbiene Eupavlovskia ob- ma, O. helenae und Anacamptis scura (Abb. 2) von der Insel Rhodos pyramidalis. In späteren Jahren ver- genannt (BAUMANN & HALX 1972 suchte ich, sie bestäubungsbiolo- als Melecta spec.; die spätere Deter- gisch von der typischen O. reinholdii mination erfolgte durch LIEFTINCK abzugrenzen, was endgültig Anfang 1972). Die Gattung Eupavlovskia ist Mai 2001 gelang. Da sie einen ande- sehr nahe mit Melecta verwandt und ren Bestäuber als die weiter westlich werden wegen ihrer schwarz-weißen und vor allem südlich verbreitete O. Zeichnung als Trauerbienen bezeich- reinholdii hat und dieser gleichzeitig präsentierte O. reinholdii ignorierte, war der Nachweis geführt, dass die abweichende Blütenmorphologie ein Ausdruck ihrer artlichen Verschie- denheit gegenüber O. reinholdii ist. Dieser Schluss ergibt sich daraus, dass alle Ophrys-Arten mit artspezifi- schen Duftgemischen entsprechende Bestäubermännchen gezielt anlocken und zu Pseudokopulationen veranlas- sen (PAULUS & GACK 1990a, 1994, SCHIESTL et al. 1999, 2000; PAULUS 2005, 2006, 2007). Sie wird daher im Folgenden als neue Art beschrieben und dem kürzlich verstorbenen Alt- meister der europäischen Orchideen, Hans R. REINHARD sowie seiner Abb. 1: Blüte von Ophrys reinholdii mit buntem Peri- Frau Ruth aus Zürich (Abb. 15), ge- gon, wie es in den Ägäis-Populationen verbreitet ist; widmet. Rhodos, Embonas, 15. 4. 2006 [fot. H. F. PAULUS]

 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Abb. 2: Männchen der Trauerbiene Eupavlovskia obscura bei der Pseudokopulation mit Ophrys reinholdii; Rhodos, Profitis Elias, 15. 4. 2006 [fot. H. F. AULUSP ]

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008  net. Beide sind so genannte Ku- auf Blüten von O. reinholdii sehen. ckucksbienen, da ihre Weibchen in Im Freiland provozierte Anflüge von den Nestern von Pelzbienen der Gat- dieser Bienenart erwiesen sich oft als tung Habropoda (Eupavlovskia) bzw. wenig effektiv. Die über große Are- der Gattung Anthophora (Melecta) ale frei fliegenden Männchen wur- parasitieren, in dem sie unerkannt den zwar oft angelockt, zeigten aber Eier in die Brutzellen ihrer Wirte meist nur schwaches Pseudokopula- legen und den eingetragenen Nah- tionsverhalten. Da Ophrys reinholdii rungsvorrat für sich nutzen. Außer in den Flugarealen dieser Männchen in Rhodos konnten wir bislang Be- meist nicht selten war, hatten alle stäuberbeobachtungen nur auf Naxos Männchen eben bereits Erfahrung und in Südgriechenland bei Amfissa mit dieser Orchidee. Die nächstver- machen. In Rhodos konnten wir in wandte E. funeraria haben wir in den Jahren 2000 und 2001 oft E. ob- Rhodos nicht finden können. Weite- scura mit Kopfpollinien, schließlich re Bestäubernachweise habe ich in 2006 zahlreiche Pseudokopulationen S-Griechenland (oberhalb Elaeon, nördlich Amfissa, westl. Delphi/ Itea, 18.4.1986, 20.4.2000) machen können, an einem Hang, auf dem ty- pische O. reinholdii zusammen mit Ophrys spruneri, O. delphinensis, Ophrys zeusii, Ophrys cornutula und in dichten Beständen Ophrys calo- caerina nicht selten waren.

Ophrys reinhardiorum H. F. PAU- LUS spec. nov. und ihr Bestäuber Eupavlovskia funeraria (Abb. 7 – 10, 12)

Erstmals 1986 fanden wir im nörd- lichen Thessalien im Gebiet südlich Elassona einen Ophrys cf. reinholdii

Abb. 3: Blüte von Ophrys reinholdii mit grünlichem Bestand (ca. 15 Pflanzen), mit Blü- Perigon wie dies bei den Festland- und Ionischen ten, die in ihrer Gestalt und Färbung Insel-Populationen häufig ist; Kephallonia, nahe Fis- sehr stark an eine Zwischenform von kardo, 28. 3. 2005, [fot. H. F. PAULUS]

10 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Abb. 4: Zwei Blüten von Ophrys straussii, die wohl stets ein buntes Perigon besitzt; NW-, Prov. Kherman- sha, 16 km nordwestlich Kerend-Islamabad, 1400m, 8. 5. 2005, [fot. Heinz-Werner ZAISS] Marloffstein

Abb. 5: Eine Gruppe von Ophrys reinhardiorum-Pflanzen in Hochblüte. Die Art findet sich bevorzugt in wiesi- gem Gelände; NO-Griechenland, SW-Flanke Olymp, bei Kriovrissi, 1100m, 8. 5. 2001, [fot. H. F. PAULUS]

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 11 O. cretica mit O. reinholdii/straussii Freilandanflüge zu sehen, da Eupav- erinnerten (Abb. 7, 12) (PAULUS & lovskia-Männchen bereits zu selten GACK 1990b). Sie sind kleiner und waren. Mit 2 gefangenen Männchen schlanker als bei typischen O. rein- von E. funeraria machte ich schließ- holdii, das Perigon ist oft einfarbig lich etliche so genannter Akzep- grün. Das Mal ist wesentlich viel- tanztests (Röhrchen-Tests) (PAULUS gestaltiger und hat in der Regel Ver- 1988), in dem ich ihnen in einem bindung zur Lippenbasis. Es ähnelt größeren Röhrchen abwechselnd damit der Malform von O. straussii Blüten der typischen und der O. cre- bzw. O. reinholdii var. leucotaenia tica-ähnlichen O. reinholdii anbot. RENZ & TAUBENHEIM, ohne diesen Beide Männchen zeigten eindeutige Sippen aber sonst besonders ähnlich und lang anhaltende Pseudokopula- zu sein. Vermutlich haben WILLING tionen ausschließlich auf der O. cre- & WILLING (1983, 1985) ähnli- tica-ähnlichen O. reinholdii ! Dies che Pflanzen bei Dhriovouni (Prov. war schon damals ein klarer Hinweis Kozani, UTM: EK 3569) in Mittel- darauf, dass wir es hier mit zwei ver- griechenland gefunden, die sie aber schiedenen Arten zu tun haben. Ver- für apochrome Farbvarianten von stärkt wurde schließlich dieser Ein- typischen O. reinholdii hielten (f. druck dadurch, dass ich frei fliegen- albovirescens). Auch ihnen war eine den Männchen von E. funeraria süd- gewisse Ähnlichkeit mit O. cretica lich von Lamia (18.4.1989) typische aufgefallen. O. reinholdii von Amfissa angeboten habe, die sie jedoch vollständig igno- Nachdem wir 1986 zwar einige rierten. Die damaligen Befunde zum bestäubte Pflanzen, aber nicht den Bestäuberverhalten waren dennoch Pollenüberträger gefunden hatten, noch nicht ganz ausreichend, da ein- beschäftigten wir uns 1989 noch- deutige Freilandanflüge beweiskräf- mals mit diesen Pflanzen. Wir fanden tiger sind (PAULUS & GACK 1990b). an besagter Stelle wieder genügend Diese Pflanzen wurden von mir auch Exemplare, die aber diesmal in ihrer gegenüber Melecta albifrons getestet. Phänologie (20.4.) schon weit fort- Diese Männchen wurden niemals an- geschritten waren. Um Auswahltests gelockt. durchführen zu können, hatten wir aus dem Raum Elaeon östl. Amfis- Wir hatten aber folgende Arbeitshy- sa typische O. reinholdii mitgenom- pothese, die sich nun bestätigt hat: men. Leider gelang es uns nicht, Die typische O. reinholdii wird von

12 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Abb. 6: Vergleich der Wuchsformen von Ophrys reinhardiorum (li) (NO-Griechenland, locus typicus 7.5.2001) und Ophrys reinholdii (Rhodos, Embonas 15. 4. 2006) [alle fot. H. F. PAULUS]

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 13 Eupavlovskia obscura (ssp. simu- zweifelt, doch meine Bestäuberbe- latrix) bestäubt (Abb. 2). Positive funde zeigten bereits deutlich, dass Nachweise liegen bislang nur von die beiden Bienenarten gegenüber Rhodos und Naxos (BAUMANN O. reinholdii und der neuen Art ganz & HALX 1972, PAULUS & GACK unterschiedliche Attraktionen haben. 1990b, 1992; weitere Nachweise im Dies lässt den Schluss zu, dass beide April 2000 und 2006 in Rhodos) und Arten mit verschiedenen Duftbou- S-Griechenland (nördlich Amfissa) quets arbeiten und demnach tatsäch- vor. Die neue Art wird dagegen von lich zwei verschiedene Arten sind. Eupavlovskia funeraria bestäubt Dies ist ein schönes Beispiel dafür, (Abb. 9, 10). dass über Ophrys-Arten die artliche Verschiedenheit der Bienen gezeigt Die beiden Eupavlovskia-Arten E. werden konnte. Inzwischen sind die funeraria und E. obscura sind zwar beiden Eupavlovskia-Arten als ge- sehr ähnlich, wurden daher gelegent- trennte Spezies akzeptiert (SCHWARZ, lich in ihrer Artberechtigung ange- Ansfelden, mündl. Mittlg.).

Abb. 7: Blüte von Ophrys reinhardiorum, NO-Grie- Abb. 8: Blüte von Ophrys reinhardiorum, manche chenland, 6km südl. Elassona, 180m, 25. 4. 1989, Blüten sehen der typischen O. reinholdii ähnlich; [fot. H. F. PAULUS] NO-Griechenland, östl. Elassona, 12km östl. Kaly- thaea, 7.5.2001, [fot. H. F. PAULUS]

14 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Abb. 9: Männchen von Eupavlovskia funeraria bei der Pseudokopulation mit Ophrys reinhardiorum; NO- Griechenland, östl. Elassona, 12km östl. Kalythaea, 7. 5. 2001, [fot. H. F. PAULUS]

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 15 die weit verbreitete und oft sehr häu- fige Art und beginnt meist ab März zu fliegen. Sie scheint der Wirt von vor allem Eupavlovskia obscura zu sein. Habropoda zonatula ist meiner Erfahrung nach seltener und beginnt auch erst ab Mitte April oder später zu fliegen. Dies gilt auch für ihren Kuckuck Eupavlovskia funeraria. Daraus ergibt sich eine gute Erklä- rung dafür, dass Ophrys reinholdii bereits ab März, O. reinhardiorum dagegen erst ab Ende April zu blühen beginnt.

Über die Verbreitung der beiden Arten in Griechenland Abb. 10: Männchen von Eupavlovskia funeraria bei der Pseudokopulation mit Ophrys reinhardiorum; NO-Griechenland, 6km südl. Elassona, 180m, 20. 4. Ophrys reinholdii ist vom südlichen 1989, [fot. H. F. PAULUS] Albanien (GÖLZ & REINHARD 1984), den Ionischen Inseln (locus typicus Erst in den Jahren 2000 und 2001 liegt in Korfu 5.4.1905, KRASKO- konnte ich mich jeweils Ende April VITZ & FLEISCHMANN 1907), dem und Anfang Mai erneut dem Problem westlichen und südlichen griechi- widmen. In einem individuenreichen schen Festland, der Peloponnes, Ky- Bestand am Westrand des Olymp ge- thera, vielen zentralägäischen Inseln lang es mir endlich, zahlreiche Frei- (Naxos, Paros etc.), Chios, Samos bis land-Pseudokopulationen zu sehen. Rhodos und der küstennahen Süd- Die O. cretica-ähnliche O. reinholdii westtürkei verbreitet. Die Art fehlt in von Mittelgriechenland wird von E. Kreta und Karpathos. funeraria bestäubt. Die neue Art ist dagegen vor al- Die beiden Trauerbienenarten sind lem im nordöstlichen Griechenland streng an ihre Wirte der Gattung Ha- etwa von den Meteora-Klöstern bropoda gebunden. Diese kommt nach Osten und Norden über den mit zwei Arten im gesamten Mittel- Großraum Elassona, Kozani – Ve- meerraum vor. Habropoda tarsata ist

16 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 ria (15. 5. 1989 1000m, fot. E. GÜ- blüht dort O. reinholdii vor O. rein- GEL), Prov. Imathia (9. 6. 1987 fot. hardiorum, so dass beide Arten nur P. DELFORGE), untere westliche und eine schmale Blühzeitüberlappung südliche Hänge des Olymp (bis etwa haben. So ist der Blühbeginn von O. 1300m bei Sikaminea / Karya, 7. 5. reinhardiorum bei den Meteora-Klö- 2001 fot. H. F. PAULUS); nach Osten stern auf 300m Seehöhe Ende April. findet sich die neue Art nach den bis- Auf der Passhöhe nördlich Amfissa lang vorliegenden Angaben in der nahe Elaeon (ca. 800m) ist Ophrys nördlichen Chalkidiki (HÖLZINGER reinholdii Mitte April in der Regel et al. 1985) bis östlich Thessaloniki am Ende der Blühzeit. Im Gebiet im Nestos-Delta (SYSKA 1995). Die südlich und östlich Elasson habe ich ähnliche O. straussii hat ihr Haupta- ausschließlich letztere gefunden. Sie real weit im Osten und Südosten wächst dort zusammen mit O. hele- Kleinasiens: West-Iran. nae, O. mammosa, O. leucophthalma, O. hystera, O. epirotica, O. zeusii, O. Die wenigen Populationen in der attica, O. cf. oestrifera, O. speculum zentralen Südtürkei (Raum Antalya) ssp.orientalis, Anacamptis pyrami- werden meist zu O. straussii var. dalis, Serapias bergonii, Anacamptis leucotaenia gestellt. Sie sind jedoch morio, Orchis mascula und Neotinea sehr O. reinholdii-ähnlich. Angaben tridentata. Die Hauptblühzeit ist dort von O. straussii auf Rhodos halte ich Mitte April bis Anfang Mai, weiter für Fehlinterpretationen. O. reinhol- nördlich wohl bis Anfang Juni. Die dii kann selten als Variante schlanke Verbreitung der beiden Bestäuberbie- Lippen haben und ist dadurch dann nenarten ist in Abb. 11 dargestellt. der O. straussii ähnlich. Zur Unterscheidung von Ophrys Es wäre interessant zu wissen, ob reinholdii, O. straussii und O. rein- O. reinholdii und O. reinhardiorum hardiorum (Abb. 12, 14) auch zusammen vorkommen. Im mittleren Griechenland reicht vom PETER (1992, 1994) hat sich aus- Westen kommend das reinholdii-Are- führlich mit den Arten O. reinholdii, al etwa bis in den Raum Kalambaka O. straussii und verwandten Formen (Meteora-Klöster) (z.B. Kastraki/Ka- beschäftigt. In einer vorbildlichen lambaka 17.5.2005 coll. M. HIRTH). Arbeit hat er mit Hilfe statistischer Möglicherweise kommen dort beide Methoden nach GÖLZ & REINHARD Arten zusammen vor. Wie es scheint, viel Material aus der Türkei und

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 17 Abb. 11: Das bislang bekannte Areal der beiden Bestäuberbienen Eupavlovskia obscura und E. funeraria nach den Angaben von LIEFTINCK (1972). Griechenland vergleichend bearbei- nis eine Sippen-Gesamtdifferenz von tet. Er konnte zeigen, dass die beiden 36, während die anderen Stichproben in ihrer Trennung strittigen Taxa O. aus Arkadien, Lakonien, Lesbos und reinholdii und O. straussii morpholo- Rhodos eine Gesamtdifferenz zwi- gisch getrennte Arten sind. Er konnte schen 11 und 23 gegenüber Korfu außerdem zeigen, dass O. leucotae- haben. Die Gesamtdifferenz von nia eine Variante von O. straussii ist Korfu gegenüber O. straussii aus der (O. straussii var. leucotaenia (RENZ Südtürkei liegt zwischen 40 und 57. & TAUBENHEIM) R. PETER). Unter Die Kozanis-Sippe hat gegenüber O. seinem statistisch bearbeiteten Mate- straussii eine Gesamtsippendifferenz rial befanden sich auch 10 Blüten aus von 24 bis 46. Die Differenz in den NO-Griechenland (Nomos Kozanis, qualitativen Merkmalen der Koza- 2 km südl. Kastanea 10.6.1992 leg. nis-Sippe gegenüber O. reinholdii H. & M. OTT), die zu unserer neuen ist bei PETER (1992) null, gegenüber Art gehören. Ihm war schon damals O. straussii zwischen 5 und 8, bei aufgefallen, dass diese Stichpro- O. reinholdii gegenüber O. straussii be klar abweicht von den übrigen zwischen 5 und 11. O. reinholdii-Pflanzen, ohne dar- aus jedoch einen weiter reichenden Wie meine neueren Untersuchun- Schluss zu ziehen. Er vermutete eine gen der Kozanis-Sippe (O. reinhar- Introgression mit Arten der O. mam- diorum) gezeigt haben, war die Ver- mosa-Gruppe und hat sie demnach mutung einer Introgression falsch. aus seinen weiteren Erörterungen Diesen Schluss konnte PETER wohl ausgeschlossen. So haben die Pflan- nur deshalb ziehen, da er diese Pflan- zen aus Korfu und diese aus Koza- zen in natura nie gesehen hatte.

18 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Die neue Art ist dem Ehepaar REIN- (Hymenoptera, Apoidea, Anthopho- HARD aus Zürich gewidmet. Hans R. ridae, Melectini). REINHARD ist zu Beginn des Jahres 2007 verstorben. Die Orchideenge- Diagnose: meinschaft Europas hat damit einen ihrer prominenten Altmeister verlo- Art ähnlich Ophrys reinholdii und ren. Es sei daher im Folgenden eine O. straussii, Blüten kleiner, Label- kurze Würdigung von Hans REIN- lumlänge Ø 11,3 ± 0.6 mm, größte HARD zusammengestellt, der, wie Breite des Labellums Ø 10,9 ±0.7 dann zu lesen sein wird, nicht nur ein mm breit; Perigon grün, wenig an- hervorragender Kenner der Orchi- ders gefärbt, Petala nicht oder nur deen war, sondern auch ein versierter wenig dunkler als die Sepala, sehr Maler. Einige seiner Ophrys-Aqua- kurz behaart; Sepallänge 12,6 ±0.9 relle sind daher in dieser Arbeit ab- mm; Form des Labellums bauchig, gebildet. in der Mitte oder im unteren Drit- tel am breitesten, Seitenlappen im Beschreibung von Ophrys reinhar- oberen Schulterbereich, mit kurzen diorum H. F. PAULUS spec. nov. Hörnern, Malzeichnung weiß, zwei Längslinien mit Querbinden; Blüh- Diagnosis: zeit ab Ende April; Pollinator Eupav- lovskia funeraria. Species eggregio Ophrys reinholdii vel O. straussii, sed flores minores, Beschreibung wesentlicher unter- labellum crassum trilobatum, Ø 11,3 scheidender Merkmale: ± 0.6 mm longum, Ø 10,9 ±0.7 mm maximum latum; sepala et petala pal- Ähnlich O. reinholdii oder O. lide viridia, sepala laterales unius co- straussii, Blüten kleiner (Lippenlän- loris viride vel paulum atropurpureo; ge Ø 11,3 ± 0.6 mm), Lippe schlank, petala viridis vel paulum atropurpu- im unteren Drittel bauchig erweitert, rea, valde brevis pilosus; labellum mit großem, länglichem grünen An- ventricosus, in medio vel tertia pars hängsel. Die Lippe von O. reinhol- latum maximum; lobi laterales breve dii ist robuster, größer (Ø 14,8 ± 0.8 cornutus; macula labelli niveus cum mm), im unteren Drittel trapezar- linea longiores et linea transversa. tig erweitert; dadurch ist die größte Floret ab finis Aprilis usque ad Juni- Breite im unteren Viertel oder Fünf- us; pollinator Eupavlovskia funeraria tel, bei O. reinhardiorum in der Hälf-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 19 Abb. 12: Blütenvergleiche von Ophrys reinholdii von S-Griechenland, oberhalb Elaeon bei Amfis- sa, 18. 4. 1986 (oben) mit einer Blüte von Ophrys reinholdii aus Rhodos (Embonas) mit denen von Ophrys reinhardiorum (NO-Griechenland, südlich Elassona 25. 4. 1989) [fot. H. F. PAULUS]

Abb. 13: Blütenanalysen von Ophrys reinhardiorum von Trikkala (Meteora) und Sikaminea östl. Elassona aus dem Herbarium Monika HIRTH (Freiburg).

20 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Abb. 14: Vergleich der Blütenanalysen von Ophrys reinholdii aus Korfu mit Ophrys reinhardiorum (Meteora) aus dem Herbarium Monika HIRTH (Freiburg). te oder unteren Drittel. Malzeich- Querbändern. Seitenlappen wie bei nung auf der Lippe ähnlich wie bei O. straussii mit breiter Basis gegen O. straussii, meist auf die Mitte auf vorne oft deutlich zugespitzt, weit zwei längliche, weiße Striche, meist über die Mitte der Lippe reichend; mit Querverbindung, beschränkt. Bei bei O. reinholdii sind diese breit ab- O. reinholdii ist das Mal meist bril- gerundet und reichen nur selten über lenförmig, in den beiden Zentren fast die Lippenmitte; bei reinhardiorum immer bläulich dunkel, selten mit wirken die Seitenlappen nach oben Längsstrichen zur Lippenspitze. Nar- gezogen, bei reinholdii nach unten benbereich mit hellen, hervorgewölb- gedrückt. Sepalen oft einfarbig hell- ten Basalschwielen. Narbenzeich- grün, selten mit braunrötlichen Be- nung ähnlich wie bei O. reinholdii reichen, bei den seitlichen Sepalen variabel, innen weiß mit schwarzen dann in der unteren Hälfte dunkler,

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 21 bei reinholdii dunkelgrün, immer mit nannt oder unerkannt abgebildet wor- umfangreichen braunrötlichen Berei- den: PAULUS & GACK 1990b Abb. 3, chen, bei den Ägäispopulationen fast S. 87 (hier wurde in der Druckerei in immer pinkfarben. Petalen länglich, der Abbildungslegende Mittelgrie- leicht bis deutlich dunkler als die chenland zu Mittelengland !); Deck- Sepalen, nur kurz behaart; bei rein- blätter Jour. Eur. Orch. 27 (3) (1995) holdii stets kräftig dunkler als die Se- fot. H. BAUMANN NO-Griechenland palen, deutlich lang behaart. Weitere 4. 5. 1989; DELFORGE 1994, S. 373 Messwerte der Pflanzen von Kozanis unten. finden sich in ETERP (1992, S. 555). Blühzeit ab Ende April (nordthessa- Hans R. REINHARD – Lebenslauf lische Ebene im Raum Elassona oder Hans R. REINHARD wurde am 21. Meteoraklöster), Mai bis in den Juni 4. 1919 in Wangen an der Aare als hinein in den höheren und nördliche- Sohn des Johann Gottlieb REINHARD ren Regionen, deutlich später als bei (25. 1. 1891 - 8. 3. 1969) und der Ma- reinholdii. Bestäuber Eupavlovskia rie, geb. GRÄDEL (28. 2. 1892 – 29. funeraria. 3. 1936) geboren. Zusammen mit der um ein Jahr jüngeren Schwester Holotypus: Elsbeth (*23. 5. 1920) erlebte er (ab 1921) in der Zürcher Oberländer Ge- 7.5.2001 ganze Pflanze, Südwest- meinde Wald, wo der Vater als Pro- flanke des Olymp, Straße Kalythea kurist in einer der damals noch zahl- – Kryovrissi, 800m, ca. 4 km westl. reichen Textilbetriebe arbeitete, eine Kryovrissi, Wiesengelände; leg. H. ausgesprochen glückliche Kindheit. F. PAULUS, im Herbar Botanisches Hier besuchte er Primar- und Sekun- Institut Universität Wien (WU). Auf darschule, von 1935-1939 dann das demselben Bogen befinden sich 2 Lehrerseminar des Kantons Zürich in Isotypen mit denselben Daten. Küsnacht.

Etymologie: Der allzufrühe Tod der Mutter im Frühjahr 1936 (sie starb an einer Benannt nach dem Ehepaar Ruth Lungenentzündung) war für seine und Hans R. REINHARD aus Zürich. Familie ein harter Schicksalsschlag. Ihre Herzensgüte, Hilfsbereitschaft, Ikonographie: Bescheidenheit und frauliche Klug- heit prägte sein Frauenbild für im- Die neue Art ist mehrfach unbe- mer.

22 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Nach dem Sekundarlehrerstudium zu verdanken hatten, erfüllte ihn bis 1941-1943 an der Universität Zürich zuletzt immer mit Genugtung. mit Botanik im Hauptfach (bei sei- nen verehrten und unvergesslichen In der Mitte der sechziger Jahre kam Professoren Alfred ERNST und A. dann die Botanik wieder zum Zug. U. DÄNIKER) hatte er angesichts sei- Die Erforschung der europäischen ner finanziellen Lage, aber entgegen Orchideenflora nahm in seiner Frei- dem Rat von Prof. ERNST, auf ein zeit- und Ferienbeschäftigung immer Weiterstudium verzichtet. Eigentlich breiteren Raum ein. Er hatte das gro- hat er dies nie bereut. Der Unterricht ße Glück, dass seine Frau Ruth stets auf der Sekundarschulstufe ent- tatkräftig mitgeholfen hat und mit ih- sprach seinen vielfältigen Interessen rem unermüdlichen Einsatz auf allen (naturwissenschaftliche und mathe- Reisen und Exkursionen und bei der matische Fächer, Zeichnen, Singen, kritischen Durchsicht der Publikatio- Turnen); und mit den Schülern die- nen Wesentliches zum Erfolg seiner ser Altersstufe kam er bis zu seiner Studien beigetragen hat. In die frü- Pensionierung 1984 ausgesprochen hen siebziger Jahre fällt der Beginn gut und problemlos aus. Zudem hatte der fruchtbaren Zusammenarbeit mit er bald nach seiner Wahl nach Zü- Peter GÖLZ, Mathematiklehrer am rich-Seebach begonnen, sich für den Gymnasium Winterthur. Mit den von handwerklichen Unterricht in der diesen beiden entwickelten popula- Schule zu engagieren. Etliche Jahre tionsstatistischen Verfahren zur Sip- besuchte er Goldschmiede-Kurse an pentrennung (Sippen-Diskriminanz) der Kunstgewerbeschule in Zürich, und zur Überprüfung hypothetischer erteilte seinen Schülern Holz- und Verwandtschaftsverhältnisse und hy- Metallbearbeitungskurse und ent- bridogener Erscheinungen gelang es wickelte eigene kunsthandwerkli- ihnen, etwas Licht in einige undurch- che Programme für die Schule (Ät- sichtige botanische Probleme zu brin- zen, Emaillieren, Metallarbeiten für gen. Gerade in der jetzigen Ära der Mädchen, Modellieren). Jahrelang Neuentdeckung zahlreicher Arten im leitete er in den Frühlings- und Som- Mittelmeerraum fehlt mehr und mehr merferien Lehrerbildungskurse des die fundierte statistisch-biometrische Zürcher Vereins für Handarbeit und Bearbeitung der zahlreichen Taxa, Schulreform; die Ernennung zum die die vielfach sehr subjektiven Ehrenmitglied dieses Vereins, dem Einschätzungen der Sippen als Arten die Schulen des Kantons Zürich viel oder Subspezies auf eine objektive

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 23 Basis stellen könnten. Höhepunkte an der Obsthaldenstr. 143 in Zürich- dieser Teamarbeit waren die Einla- Affoltern und ab 1972 an der Prob- dung zu Studienreisen nach Albanien steistr. 77 in Zürich-Schwamendin- 1980 und 1982, der Nachweis von gen. In den ersten Jahren ihrer Ehe Dactylohiza lapponica für Nordita- wurden ihnen drei Kinder geschenkt, lien und die Schweiz, die Beschrei- Ursula 1947, Walter 1949 und Hans bung etlicher bis dahin unbekannter Andreas 1951. oder falsch interpretierter Orchide- enarten (z.B. Ophrys archipelagi, O. Dankbar erinnern sie sich an die tyrrhena, O. splendida, O. lesbis, O. Zeit, da sie miterleben durften, wie bucephala, O. lucis, O. aegaea etc.), sie heranwuchsen. Unvergesslich die Ernennung zu Ehrenmitgliedern sind die vielen frohen und kurzwei- der Zürcher Botanischen Gesell- ligen gemeinsamen Stunden, speziell schaft und natürlich die Herausgabe auch auf erlebnisreichen Wanderun- ihres Werkes „Die Orchideen der gen, in den Ferienkolonien der Stadt Schweiz und angrenzender Gebiete“. Zürich, in etlichen Klassenlagern und (1991). Dass Dank seiner und ande- während vieler Ferienaufenthalte, zu- rer Tätigkeit viele wissenschaftlich, nächst in der Schweiz, später auch im aber auch menschlich wertvolle Be- Ausland, immer aber gekennzeichnet ziehungen geknüpft werden konnten, durch naturkundliche, geographische gehört zu den schönsten Erfahrungen und kunsthistorische Interessen. Viel seines Lebens. Die wichtigste mit- Freude bereitete auch das gemeinsa- bestimmende Voraussetzung für ein me Musizieren an festlichen famili- sinnerfülltes Leben bildet das Funda- ären Anlässen. ment einer glücklichen Ehe und Fa- milie. 1944 lernte er anlässlich einer Sie schätzten sich glücklich, dass Skitourwoche des Lehrerturnvereins das Bewusstsein für die Zusammen- Limmattal in der damals noch un- gehörigkeit ungeschmälert andauer- berührten einzigartigen Schneeland- te, nachdem sich ihre Kinder selb- schaft in Val Nandro (Radons) eine ständig gemacht und eigene Familien fröhliche, vielseitig begabte und in- gegründet hatten. Dabei durften sie teressierte, aussergewöhnlich belese- sich auch an sechs, bereits erwachse- ne Kollegin, Ruth GULDENER, ken- nen, Enkeln erfreuen. nen. Sie verlobten sich 1945 und hei- rateten 1946. Sie wohnten bis 1948 Schweren Herzens musste Hans an der Regenbergerstr. 301, bis 1972 R. REINHARD altershalber vor etli-

24 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 chen Jahren seine Orchideenstudien Zusammen mit weiteren Orchide- beenden. Seine letzte Publikation enfreunden (Peter GÖLZ, am Beginn zusammen mit Peter GÖLZ erschien auch noch die viel zu früh verstor- 2001. Er hat alle seine Orchideen- bene Hannelore SPAETH (Freiburg), Belege (Messblätter, Reiseberichte, Claudia GACK (Freiburg), Ernst Fundlisten, Publikationen und auch GÜGEL (München), Monika HIRTH alle Dias) im geobotanischen Institut (Freiburg), Dietrich und Ursula der ETH Zürich deponiert. Er schätz- RÜCKBRODT (Lampertheim) und te sich glücklich und war dankbar, mir selbst (zunächst Freiburg, spä- dass er Gelegenheit erhalten hatte, ter Wien), aus der Nordschweiz und sein gesamtes Orchideenmaterial an dem südwestdeutschen Raum veran- sicherem und für Interessierte zu- stalteten wir zwei Mal jährlich ein gänglichen Ort aufzubewahren (Dr. Treffen zunächst in Freiburg, spä- Matthias BALTISBERGER, Geobota- ter in Zürich (in den letzten Jahren nisches Institut der ETH, Zollikerstr. machte ihm nämlich das Alter mehr 107, CH-8008 Zürich). und mehr körperliche Probleme), um intensiven Gedankenaustausch, kritische Diskussionen mit sehr kon-

Abb. 15: Ehepaar Ruth und Hans R. REINHARD (re.) in Zürich mit dem Autor: 25. 12. 2006.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 25 struktiven Anregungen zu pflegen. O. lesbis GÖLZ & REINHARD 1989: Dieses „Orchideen-Regio-Treffen“ Lesbos, W-Türkei konnte von dem reichen Erfahrungs- O. splendida GÖLZ & REINHARD schatz von Hans R. REINHARD er- 1980: S-Frankreich heblich profitieren. Seine geliebte O. archipelagi GÖLZ & REINHARD Frau Ruth REINHARD hat uns, trotz 1986: Dalmatien, Mte. Gargano ständig nachlassender Sehkraft, be- wirtet, liebevoll versorgt und alle O. tyrrhena GÖLZ & REINHARD Diskussionen und Präsentationen mit 1980: Ligurien, Toskana großem Interesse verfolgt. Auch bei O. tarentina GÖLZ & REINHARD heutigen gelegentlichen Besuchen 1982: S-Italien ist es bewundernswert, wie belesen, O. aegaea KALTEISEN & REIN- diskussionsfreudig und außerordent- HARD 1987: Karpathos lich aktiv sie mit ihren derzeitigen 90 O. lucis (KALTEISEN & REINHARD Jahren ist. Es war uns stets bewusst 1987) PAULUS & GACK 1990: Rho- und unübersehbar, dass beide ein dos, Südtürkei glückliches Team in jeder Beziehung O. basilissa C. + A. ALIBERTIS & waren. Aus diesem Grund habe ich REINHARD 1990: Kreta, Rhodos, die Benennung der neuen Art nach Kos, Samos, Naxos, Chios beiden Personen vorgenommen. Am 18. 3. 2007 ist Hans nach kurzem O. chestermanii (WOOD 1982) Leiden im Alter von 88 Jahren sanft GÖLZ & REINHARD 1988: S-Sar- verstorben. dinien

Liste der von Hans REINHARD Außerdem: zusammen mit Peter GÖLZ oder Dactylorhiza pythagorae GÖLZ & Manfred KALTEISEN aufgestellten REINHARD 1992: Samos Namen der Gattung Ophrys: Orchis albanica GÖLZ & REIN- O. bucephala GÖLZ & REINHARD HARD 1994: Albanien 1989: Lesbos, Chios, W-Türkei Orchis robusta (STEPHENSON) O. lapethica GÖLZ & REINHARD GÖLZ & REINHARD 1975: Mallor- 1989: Zypern ca O. minutula GÖLZ & REINHARD Einige seiner Orchideenaquarelle 1989: Lesbos, weiter ? sind in den Abb. 16 und 17 zusam- O. levantina GÖLZ & REINHARD mengestellt. 1985: Zypern, S-Türkei

26 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Abb. 16, Tafel 1: Kostproben der Aquarelle von Hans R. REINHARD (Zürich): A. Ophrys aegaea KALTEI- SEN & REINHARD 1987 (Karpathos), B. Ophrys chestermanii (WOOD) GÖLZ & REINHARD 1988 (Süd-Sar- dinien), C. Ophrys cretica (VIERHAPPER) NELSON (Kreta), D. Ophrys ariadnae PAULUS 1995 (Kreta).

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 27 Abb. 17, Tafel 2: Kostproben der Aquarelle von Hans R. REINHARD (Zürich): A. Ophrys aveyronensis (WOOD) DELFORGE 1983 (S-Frankreich, Cevennen), B. Ophrys catalaunica O. + E. DANESCH 1972 (NO-Spanien), C. Ophrys lacaitae LOJACONO 1909 (S-Italien), D. Ophrys lapethica GÖLZ & REIN- HARD 1989 (S-Zypern).

28 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 Danksagung: L. auf dem griechischen Festland. – Mittl. Bl. Ar- beitskr. Heim. Orch. Baden-Württ. 17 (1): 1-101. KRASKOVITS, G. & FLEISCHMANN, H. (1907): Inter- Auf den frühen Reisen in den Raum essante Orchideen aus Corfu. – Österr.Bot.Ztschr. Elassona hat mich Frau Dr. Claudia LVII: 4-7, 1 Tafel. GACK begleitet. Für die Nachbestim- LIEFTINCK, M. A. (1972): Further studies on old world Melectine bees, with stray notes on their mung der Bienen habe ich Herrn M. distribution and host relationships (Hymenoptera, SCHWARZ (Ansfelden, Austria) zu Anthophoridae).- Tijdschr. Entomol 115 (6): 253- danken. Frau Monika HIRTH (Frei- 325. burg) überließ mir Abbildungen aus PAULUS, H. F. & GACK, C. (1990a): Pollinators as prepollinating isolation factors: Evolution and ihrem Herbarium, ebenso danke ich speciation in Ophrys (Orchidaceae) - Israel Jour- Herrn Heinz-Werner ZAISS aus Mar- nal of Botany 39: 43-79. loffstein für die Ophrys straussii-Ab- PAULUS, H. F. & GACK, C. (1990b): Untersuchungen zur Pseudokopulation und Bestäuberspezifität in bildungen aus dem Iran. Frau Ruth der Gattung Ophrys im östlichen Mittelmeerraum REINHARD stellte mir Daten aus dem (Orchidaceae und Insecta, Hymenoptera, Apo- Lebenslauf von Hans R. REINHARD idea). - in: SENGHAS, K. & SUNDERMANN, H. & KOLBE, W. (ed.): Probleme bei europäischen und zur Verfügung, ihr Sohn überließ mir mediterranen Orchideen. - Jahresber.Naturwiss. zum einmaligen Abdruck 8 Bilder Ver.Wuppertal 43: 80-118. aus der Aquarellsammlung Hans R. PAULUS, H. F. & GACK, C. (1992): Die Gattung Ophrys (Orchidaceae) auf der Kykladeninsel EINHARD R . Naxos - Daten zur Bestäubungsbiologie und Flo- ristik. - Mitt. Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden- Literatur: Württ. 23 (3): 403-449. PAULUS, H. F. & GACK, C. (1994): Signalfälschung BAUMANN , H. & HALX, G. (1972): Ophrys – die als Bestäubungsstrategie in der mediterranen Or- Pflanze mit „Sex“. – Kosmos 68: 78-80. chideengattung Ophrys - Probleme der Artbildung DELFORGE, P. (1994): Guides des Orchidées d’Euro- und der Artabgrenzung - BREDEROO, P. & KAP- pe. Delachaux et Niestlé, Lausanne-Paris, 480 S. TEYN DEN BOUMEESTER, D. W. (eds.): Int. Symp. Europ. Orchids, Eurorchis 1992 (Utrecht/Haar- GÖLZ, P. & REINHARD, H. R. (1984): Die Orchide- lem) : 45-71. enflora Albaniens. OPTIMA-Projekt “Kartierung der mediterranen Orchideen“.- Mitt. Bl. Arbeitskr. PAULUS, H. F. (1988): Co-Evolution und einseitige Heim. Orch. Baden.- Württ. 16 (2): 193-394. Anpassungen in Blüten - Bestäuber - Systemen: Bestäuber als Schrittmacher in der Blütenevoluti- GÖLZ, P. & REINHARD, H. R. (1985): Statistische Un- on - Verh. Dtsch. Zool. Ges. 81: 25-46. tersuchungen an Ophrys bornmuelleri M. SCHUL- ZE und Ophrys kotschyii H. FLEISCHMANN & SOÓ. PAULUS, H. F. (2005): Zur Bestäubungsbiologie der - Mitt. Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden.- Württ. Orchideen (p. 98-140). – in Arbeitskreise heimi- 17 (3): 446-491. sche Orchideen (Hrsg.): Die Orchideen Deutsch- lands. – Uhlstädt-Kirchhasel, 800 S. GÖLZ, P. & REINHARD, H. R. (2001): Der ostmedi- terrane und anatolische Ophrys holoserica-Kom- PAULUS, H. F. (2006): Deceived males – Pollination plex. Splitter“ contra „Lumper“.- Jour. Eur. Orch. biology of the Mediterranean orchid genus Ophrys 33 (4): 941-1024. (Orchidaceae). - Jour. Eur. Orch. 38 (2): 303–353. HÖLZINGER, J. & KÜNKELE, A. & KÜNKELE, S. PAULUS H. F. (2007): Wie Insekten-Männchen von (1985): Die Verbreitung der Gattung Ophrys Orchideenblüten getäuscht werden – Bestäu-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 25 (1); 2008 29 bungstricks und Evolution in der mediterranen SYSKA, M. (1995): Die Orchideenflora des westlichen Ragwurzgattung Ophrys. - Denisia (Linz) N.S. Nestos-Deltas und des angrenzenden Berglandes 20: 255-294. (Nordostgriechenland). Verbreitung – Ökologie PETER, R. (1992): Untersuchungen an Ophrys-Ar- – Gefährdung. – Jour. Eur. Orch. 27 (3): 339-552. ten der Süd- und Osttürkei – Mittl. Bl. Arbeitskr. WILLING, B. & WILLING, E. (1983): Beitrag zur Ver- Heim. Orch. Baden-Württ. 24 (4): 547-610. breitung der Orchideen Ätoliens und Arkanani- PETER, R. (1994): Untersuchungen an Ophrys-Arten ens sowie der Insel Lefkas (NW-Griechenland). der Süd- und Osttürkei – Nachtrag zum Teil 1. - Mitt. Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-Württ. – Jour. Eur. Orch. 26 (1): 133-143. 15(3): 351-413. SCHIESTL, F. P. & AYASSE, M. & PAULUS, H. F. & WILLING, B. & WILLING, E. (1985): Beitrag zur LÖFSTEDT, C. & HANSSON, B. S. & IBARRA, F. & Orchideenkartierung NW-Griechenlands - Kar- FRANCKE, W. (1999): Orchid pollination by sexual tierungsergebnisse 1984/85. - Mitt. Bl. Arbeitskr. swindle. – Nature 399: 421-422. Heim. Orch. Baden-Württ. 17 (4): 508-628. SCHIESTL, F. P. & AYASSE, M. & PAULUS, H. F. & LÖFSTEDT, C. & HANSSON, B. S. & IBARRA, F. & FRANCKE, W. (2000): Sex pheromone mimicry in the early spider orchid (Ophrys sphegodes): pat- terns of hydrocarbons as the key mechanism for pollination by sexual deception. – J. comp. Physi- ol. A 186: 567-574.

Das Manuskript wurde am 06.03.2008 eingereicht

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Hannes F. PAULUS Department für Evolutionsbiologie Universität Wien Althanstr. 14 A-1090 Wien, Austria e-Mail: [email protected]

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