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Stand: 2015 Weihnachtsbaumhochburg

Ein geschmückter Weihnachtsbaum Weihnachts- vermittelt heute in fast 80 % der baumkulturen* 1979 deutschen Haushalte „weihnachtli- 2010 Menden (Sauerl.) che Stimmung“. Über 80% der 2014 hierzulande aufgestellten ca. Iserlohn Hemer Nachrodt- MŠrkischer (S.) Best- 29,2 Mio. Weihnachtsbäume kom- Wibling- Balve wig Olsberg werde Altena men aus Deutschland. Gut ein Drittel Neuen- Schalks- Werdohl rade (S.) der seit 1970 stark gestiegenen mŸhle LŸden- Pletten- Finnen- Winter- Weihnachtsbaumernte in Deutsch- scheidKreis berg trop berg Halver Her- land stammt wiederum aus dem scheid Kierspe Sauerland, wo demnach über 210 Meinerz- Kreis Hallen- hagen Attendorn berg Mio. € Bruttoumsatz mit Weih- Anbau von AnbauflŠchen fŸr Weihnachts- Olpe Weihnachtsbaum- nachtsbäumen erzielt werden. Süd- kulturen 1979/2010 in ha baumkulturen Drols- Olpe westfalen soll mit schätzungsweise Entwicklung von hagen 1500 1979 bis 2010 1000 0 10 20 30 km 18 000 ha Anbaufläche das größte Zunahme 500 Anbaugebiet in Europa für Weih- Abnahme *1979 einschlie§lich Korbweide- u. Pappelanlagen, 100 <50 nachtsbäume und Schmuckreisig 1979 u. 2010 kein Anbau die allerdings hier fast bedeutungslos sind 50Ð<100 sein (Landtag NRW 16/2097). Die Abb. 1: Weihnachtsbaumkulturen in den Kommunen der drei Sauer- Herkunftsbezeichnung „Sauerland“ landkreise 1979 und 2010 dient inzwischen beim Verkauf der (Quelle: eigene Zusammenstellung nach IT.nrW) Bäume auch als Werbung für gute Qualität. das Sauerland durch Bis zur Mitte des 20. Jh.s stamm- große Flächen von ten die Weihnachtsbäume, überwie- Betrieben mit Weih- gend Rotfichten, aus dem Wald. Im nachtsbaumkulturen Rahmen der Läuterung der eng ge - ab. Im Märkischen pflanzten Fichtenbestände fielen sie Kreis, im Kreis Olpe als Nebenprodukt an. Ab ca. 1955 und vor allem im Hoch- begannen erste Waldbauern mit sauerlandkreis konzen- dem Anbau von Blaufichten, zu - trieren sich Betriebe mit nächst im Hochwald in Mischung insgesamt über 28 % mit Rotfichten. Die Blaufichten wur- der Anbauflächen von den vom Markt sehr gut angenom- Weihnachtsbäumen in Abb. 2: Weihnachtsbaumkulturen in - men, denn Farbe und Form entspra- Deutschland. Dabei tre- Heringhausen (Foto: K. H. MAurMAnn) chen den Vorstellungen der Käufer, ten besonders die Kom-

Wirtschaft und Verkehr die bereit waren, dafür höhere Prei- erland Nutzungsalternativen in der munen Bestwig, Schmallenberg, se zu zahlen. Die Produzenten gin- Aufforstung sowie dem Weihnachts- Eslohe, und Me schede gen nun zum Anbau in geschlosse- baumanbau auf der landwirtschaft- hervor. Die Weihnachtsbaumflächen nen Flächen über. Ungefähr gleich- lich genutzten Fläche (LF), zuerst der Be triebe dieses Kernbereichs sind zeitig fielen landwirtschaftlich ge - wohl in Bestwig-Heringhausen von 1979–2010 stark vergrößert nutzte Flächen in größerem Umfang (Hochsauerlandkreis) und Kirchhun- worden, ganz besonders in Bestwig, brach. Zunächst wurde die Schäferei dem (Kr. Olpe). dessen Ortsteil Heringhausen eines aufgegeben, dann erfolgte mit der Die Fläche der Weihnachtsbaum- der „Innovationszentren” der groß- verstärkten Marktorientierung ein kulturen auf der LF ist in Deutsch- flächigen Anlage von Weihnachts- starker Rückgang des im höheren land von 1970–2014 um 411 % ver- baumkulturen ist (Abbn. 1 und 2). Mittelgebirgsraum kaum rentablen größert worden, weitaus stärker 20 % der Weihnachtsbaumfläche Ackerbaus. Nicht für all diese frei noch im Landesteil Westfalen Deutschlands gehört zu Betrieben in werdenden Flächen ergab sich eine (+1644 %). Die amtliche Statistik, den drei Kerngemeinden Bestwig, Nachfrage durch die Ausweitung die alle Flächen dem Ort des Be - Schmallenberg und Eslohe, die zu - der Grünlandwirtschaft. Vor allem triebssitzes zurechnet, auch wenn gleich im Jahrzehnt 1999–2010 ihre Grenzertragsböden fielen aus der die Betriebsflächen über mehrere Anbauflächen mehr als verdoppel- traditionellen landwirtschaftlichen Gemeinden verteilt sind, weist für ten. In Relation noch stärker expan- Nutzung heraus. Während andern- 2010 im Hochsauerlandkreis 3665ha dierten allerdings zuletzt Betriebe in orts Sozialbrache das Landschafts- Weihnachtsbaumkulturen aus, im den Nachbarkommunen Meschede bild bestimmte, fanden sich im Sau- Kreis Olpe 615 ha. Deutlich hebt sich (+284%) und Sundern (+ 165%). Weihnachtsbaumhochburg Sauerland KArL HeInZ MAurMAnn

Das Kerngebiet des Weihnachts - gen und Mulden sind deshalb unge - Für den Anbau von Weihnachts - baumanbaus wächst also. Dagegen eignet (ebd., S. 19 ff.). bäumen im Sauerland ist eine kleine ist die Flächennutzung durch Weih - Produktionskette entstanden: nachtsbaumkulturen in der Ge mein - Die schlechte Eignung des Mittelge - • Die Samen für Blaufichten stam - de Kirchhundem ebenso wie im birgsraumes Sauerland, besonders men aus den südwestlichen Bundes - Märkischen Kreis zuletzt deutlich des höheren Sauerlandes, für die staaten der USA, für Nordmanntan - rückläufig gewesen. ackerbauliche Nutzung aufgrund der nen aus dem Schwarzmeer- und hohen Anteile von Grenzertragsbö - Kaukasusbereich. Nach Marktanalysen legen Käufer den und der verkürzten Vegetations - • Die Aufzucht im Saatbeet erfolgt Wert auf folgende Merkmale eines zeit kehrt sich um für den Anbau von über zwei Jahre in Baumschulen v. a. guten Weihnachtsbaumes: Weihnachtsbäumen, die gerade hier des Raumes Pinneberg (Schleswig- • stufiger Aufbau des Weihnachts - sehr günstige Wuchsbedingungen Holstein). baumes mit nicht zu großen Quirl - vorfinden. Ergänzt werden diese na - • Ein bis zwei weitere Jahre entwi - abständen , türlichen Bedingungen durch die Nä- ckeln sich die jungen Pflanzen im • gleichmäßige, kräftige Nadelfär - he zu den großen Absatzmärkten des sog. Verschulbett. Diese Phase fand bung (dunkelgrün bzw. blau), Ruhrgebietes und des Rheinlandes. früher vor allem in Forstbaumschu - • gutes Haften der Nadeln, Der Betrieb W. in Meschede ist len in höheren Ortsteilen von Kirch - • besonderer Duft ( EDELHOFF 1994, ein Beispiel für den Wandel vom hundem statt. In den letzten 10 bis S. 19). traditionellen Bauernhof zum spe - 20 Jahren hat sich diese Bedeutung Diese Merkmale werden bei folgen - zialisierten Weihnachtsbaum- und des Südsauerlandes verringert, da den Standortverhältnissen erreicht: Forstwirtschaftsbetrieb, der nach mehrere Baumschulbetriebe in die • nährstoffarme Böden, denn auf Meinung von Experten idealen Westfälische Bucht, besonders in nährstoffreicheren Böden besteht Kombination im Sauerland (Tab. 1). den Raum Lippstadt, abgewandert die Gefahr, dass nach mehreren Jah - Die Weihnachtsbaumflächen sind sind, wo die klimatischen Verhält - ren plötzlich Jahrestriebe von über allerdings nach 1992 wieder redu - nisse günstiger sind. 1991 lagen 50 cm Länge auftreten, die den stu - ziert worden aufgrund der erhebli - von 48 Forstbaumschulen in West - figen Aufbau stören und dadurch chen Verluste durch mehrere Spät - falen 31 im Weihnachtsbauman - den Wert eines Weihnachtsbaumes frös te. Nach Meinung des Inhabers baugebiet des Sauerlandes, davon drastisch verringern, sind aufgrund des Klimawandels die 25 allein in Kirchhundem. 2015 lie - • kurze Vegetationszeit, denn länge - Temperaturen vor allem an den gen von sieben Forstbaumschulen re Vegetationszeiten können eben - südexponierten Hanglagen zu früh in Westfalen vier im Sauerland, da - falls zu starkes Höhenwachstum im Jahresverlauf schon so hoch, von drei in Kirchhundem. Z. T. blei - r h t e f bewirken, dass die Bäume früher austreiben ben heute die Pflanzen auch in die - k a r h e

• Spätfröste können ganze Kulturen und da durch anfälliger für Spätfrös - ser Phase noch in den Baumschulen c V s

t r zerstören; Risikostandorte wie Talla - te im Mai werden. Auf etwa 70 % Südholsteins. d i n u der Fläche stehen Nord - • Im Alter von drei bis vier Jahren W FlŠchennutzung, Viehhaltung, ArbeitskrŠfte 1964 1992 2015 manntannen, auf rund werden die Pflanzen in die Weih - BesitzflŠche (ha) 152 154 154 30 % Blaufichten. Herbi - nachtsbaumkulturen ausgepflanzt, PachtflŠche (ha) Ð84 zide werden sehr spar - in denen sie acht bis zehn Jahre Nutzungen (ha) HofflŠche, Wege, Hecke, dland 462 Hochwald 100 116 116 sam verwendet, die wachsen. Gepflanzt werden die Landwirtsch. genutzte FlŠche (LF) 48 40 26 Weihnachtsbaumflächen Weihnachtsbäumchen in Abständen Ð Ackerland 30 Ð Ð werden stattdessen mit von 1 m bis 1,10 m Reihen- und Ð DauergrŸnland 18 Ð Ð Spezialgeräten ausge - Pflanzabstand. Pro ha ergeben sich Ð Weihnachtsbaumkultur Ð 40 26 mäht. Nach der laufen - bei einem Abstand von 1,10 m und Verpachtete FlŠche (ha) Ð fŸr Ackerland ÐÐ7 den Um stellung auf dem Abzug von rund 10 % für die Ð fŸr Photovoltaikanlage ÐÐ7 öko logische Bewirtschaf - Fahrgassen in der Kultur rund 7 300 tung soll der An bau in Bäumchen. Vieh Schweine Ð Ð Zukunft gänz lich ohne • Etwa 2/3 – ca. 5 000 Weihnachts - MilchkŸhe Ð Ð Herbizideinsatz auskom - bäume – können durchschnittlich men und so höhere Ver - geerntet und verkauft werden. Die ArbeitskrŠfte (inkl. Familienangehšrige) kaufspreise erzielen. Für Ausbeute ist bei Blaufichten gerin - Vollzeit 623 den Weihnachtsbaum - ger, z. T. nur ca. 50 % der gepflanz - Saisonaushilfen 2103 anbau weniger geeigne - ten Bäumchen, während bei Nord - Tab. 1: Der Betrieb W. in Meschede te Flächen sind verpach - manntannen oft 65 –70 % erreicht (Quelle: eigene Befragung 1992 und 2015) tet worden. werden.