Scheibbs Im Zentrum Endbericht | Langfassung

Impressum

Diese Arbeit stellt die zentralen Ergebnisse unserer Projektarbeit im Zuge der Lehrveranstaltung „Projektseminar aus Angewandter Geographie, Raumforschung und Raumordnung“ aus dem Masterstudium Raumforschung und Raumordnung an der Universität Wien dar. Sofern nicht anders angegeben, sind die Ergebnisse und Graphiken als Produkte eigener Berechnungen, Ana- lysen und Grafik zu sehen. Die Symbole der Kapitelblätter sind der Homepage „flaticon.com“ entnommen.

Leitung der Lehrveranstaltung

Dr. Peter Görgl | Institut für Geographie und Raumforschung Univ.- Prof. Dr. Axel Priebs | Institut für Geographie und Raumforschung

Autor*innen

Mateja Abrisin | Tourismus Dominik Ebenstreit | Bevölkerung, Prognosen und Mobilität Alexander Offenbacher | Wirtschaft Stephanie Rafenstein | Daseinsvorsorge Ulrike Stroissnig | Klima, Freiraum und Umwelt Sebastian Zenz | Siedlungsentwicklung

Layout und Design

Dominik Ebenstreit

InhaltInhalt

1. Einleitung ...... 1 1.1. Ziele und Forschungsfragen ...... 2 1.2. Methoden ...... 2

2. Bestandsanalyse ...... 3 2.1. Bevölkerung und Prognosen ...... 5 2.2. Siedlung und Daseinsvorsorge ...... 16 2.3. Freiraum, Energie und Umwelt ...... 24 2.4. Wirtschaft und Tourismus ...... 34 2.5. Mobilität ...... 45

3. Synthese ...... 63 3.1. SWOT-Analyse ...... 64 3.2. Funktionen der Stadt und der Mobilität ...... 71 3.3. Handlungsempfehlungen für Scheibbs ...... 74 3.4. Drei Leuchttürme für Scheibbs ...... 82

1. Einleitung 1 | EINLEITUNG

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1.1. Ziele und Forschungsfragen Im Zuge der Lehrveranstaltung „Projektseminar aus Angewandter Geographie, Raumforschung und Raumordnung“ an der Uni Wien durfte unsere Projektgruppe die Entwicklung der Gemeinde Scheibbs genauer untersuchen. Dabei sollten uns folgende vier Fragen unsere Forschung leiten: ▪ Wie hat sich die Gemeinde Scheibbs in den letzten Jahren in den Bereichen Demogra- phie, Wirtschaft, Freiraum, Tourismus, Siedlungsstruktur und der Daseinsvorsorge ent- wickelt? ▪ Welche Rolle kann die Mobilität - und hier vor allem die nachhaltige Mobilität - für die weitere räumliche und soziale Entwicklung in der Gemeinde Scheibbs spielen (auch im Bezug zur siedlungstechnischen und wirtschaftlichen Entwicklung)? ▪ Welche Funktionen erfüllt Scheibbs als Bezirksstadt und Endpunkt der Erlauftalbahn und wie sieht die dahingehende Abstimmung mit und Purgstall (auch in Zukunft) aus? ▪ Welche Handlungsempfehlungen können für zukünftige Entwicklungen gegeben wer- den? Wie man aus den Fragen ableiten kann, stellt unser zentrales Untersuchungsgebiet die Ge- meinde Scheibbs dar. Nichtsdestoweniger besitzt die Stadt Scheibbs mit ihrer Rolle als Bezirks- stadt, zentraler Ort und Endstation der Erlaufbahn eine überaus präsente regionale Strahlkraft, die wir in all ihren Facetten in unsere Untersuchungen mit einbeziehen müssen. Denn wir sind der Meinung: Eine Gemeinde ist nicht ohne ihren Kontext zu denken - und schon gar nicht zu planen. Der Leser / die Leserin dieser Zeilen darf also nicht verwundert sein, wenn Ergebnisse von Untersuchungen, die über die Gemeindegrenzen hinaus reichen, in den folgenden Themen- kapiteln auftauchen.

1.2. Methoden Wie aus der ersten der vier zentralen Fragen hervorgeht, haben wir uns zunächst zum Ziel ge- nommen, ein möglichst ganzheitliches Bild der Gemeinde Scheibbs zu erfassen. Zweck der da- raus resultierenden Bestandsanalyse war es, innerhalb verschiedener Themengruppen die aktu- elle Situation der Gemeinde zu erfassen und in einer anschließenden Synthese zusammenzu- fassen. Dadurch war eine Beantwortung der restlichen drei Forschungsfragen unter Einbezug möglichst vieler Einflussfaktoren mit der nötigen Präzision möglich. So unterschiedlich die verschiedenen Blickwinkel sein sollten, aus denen wir Scheibbs betrach- ten wollten, so vielfältig sollten auch die Methoden sein, die zum Einsatz kamen. Folgende Me- thoden stellten die Säulen unserer Forschung dar:

▪ Drei Experteninterviews mit lokalen Akteuren aus den Bereichen Siedlung, Mobilität, Kultur und Wirtschaft ▪ Stadtspaziergang mit Bürgermeister Franz Aigner und Kulturamtsleiter Bernhard Hofe- cker mit anschließender Reflexion ▪ Bevölkerungs- und Altersgruppen-Prognose ▪ räumlich-statistische Auswertungen ▪ Erreichbarkeitsanalysen ▪ Luftbildauswertungen in Bereichen, die nur schwer erreichbar sind ▪ Begehungen und Dérive ▪ Internet- und Literaturrecherche ▪ abschließende SWOT-Analyse über alle Themengruppen

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2. Bestandsanalyse 2 | BESTANDS- ANALYSE

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In der ersten Phase unseres Projektes führte unsere Projektgruppe eine intensive Bestandsauf- nahme nach mehreren Themenfeldern durch. Dabei ging es vorrangig um die Ist-Situation auf dem Gemeindegebiet von Scheibbs, aber auch um zukünftige Entwicklungskorridore. In den fünf folgenden Kapiteln sollen die Ergebnisse übersichtlich dargestellt werden. Aufgrund der außergewöhnlichen Situation in diesem Semester konnten einige Methoden, die wir forciert hätten, nicht umgesetzt werden. Wir versuchten, diese so gut es ging durch kontakt- lose Methoden wie statistische Auswertungen, Luftbildanalyse, Analyse von geostatistischen Daten oder auch durch distanzwahrende qualitative Methoden, wie Interviews oder auch Video- und Quellenauswertung zu kompensieren.

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2.1. Bevölkerung und Prognosen 2.1. Bevölkerung und Prognosen

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„Die Menschen, nicht die Häuser, machen die Stadt.“ - Dieses englische Sprichwort passt her- vorragend zum Thema dieser Seite. Die Bevölkerung von Scheibbs, ihre Handlungen, ihre Zu- sammensetzung und ihre Entwicklung werden hier in den Mittelpunkt gestellt und damit ein Fun- dament für raumordnerische Entscheidungen in allen Bereichen gelegt. Drei Bereiche waren uns bei der Analyse besonders wichtig und lassen sich mit den folgenden Fragen gut zusammen- fassen:

▪ Wie setzt sich die Bevölkerung in Scheibbs derzeit zusammen? ▪ Kann man daraus Muster innerhalb der Gemeindegrenzen erkennen, die darauf schlie- ßen lassen, dass man raumordnerisch intervenieren sollte? ▪ Wie wird sich die Gemeinde in den nächsten 15 Jahren entwickeln, wenn man nicht pla- nerisch einschreitet?

Eine Darstellung der derzeitigen Situation Ein Berg von Daten Die Analyse der derzeitigen Situation wie auch die Analyse der Sozialräume konnten wir durch Bearbeitung einer Fülle von Daten durchführen. Diese Daten, die aus Rasterdaten mit der Auflö- sung von 250m sowie umfangreichen Datensätzen auf Gemeindeebene gewonnen wurden, wer- den in den folgenden Texten auf drei für die Planung relevanten Betrachtungsebenen dargestellt: ▪ Gesamtgemeinde ▪ Gemeindeteile (insgesamt 9 Ortsteile) ▪ Rasterzellen (insgesamt 296 Rasterzellen, wobei manchmal fehlende Werte vorkamen) Dabei ist hervorzuheben, dass die Daten, die sich auf die Gesamtgemeinde beziehen, vom Ser- vice "Blick auf die Gemeinde" der Statistik stammen, wohingegen die Zahlen der Gemein- deteile aus den Rasterzellen-Werten gewonnen wurden. Da die Statistik Austria jedoch erst Da- ten ab einer gewissen Rasterzellenbesetzung (aus Datenschutzgründen) zur Verfügung stellt, kommt es auf Ebene der Gemeindeteile und der Rasterzellen zu einer gewissen Untererfassung in der Zählung. Damit müssen die erhaltenen und hier dargestellten Werte immer als ein Nähe- rungswert betrachtet wer- den. Die nebenstehende Abbil- dung (Abb. 1) zeigt, welche Gemeindeaufteilung für die Analyse gewählt wurde. Dabei haben wir uns an die Aufteilung in Ortsteile gehalten, jedoch in manchen Fällen Raster- zellen zu anderen Ortstei- len hinzugefügt. Die Ort- steile "Scheibbs-Heuberg", "Neubruck" und "Saffen" haben wir neu abgegrenzt.

Abb. 1.: Darstellung der Teilräume der Analyse; Daten: Statistik Austria und OSM (2020); Graphik: eigener Entwurf

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Natürliche Bevölkerungsveränderung Die natürliche Bevölkerungsveränderung lässt sich am besten mithilfe der Geburtenbilanz - also der Geburten eines Jahres abzüglich der Sterbefälle eines Jahres - beschreiben und analysieren. Ist die Bilanz negativ, so sterben mehr Menschen im Laufe des Jahres als durch Geburten wieder hinzukommen. Dies lässt die Bevölkerungszahl schrumpfen (wenn man von Wanderungen ab- sieht). Wenn man diese Zahl für Scheibbs im Zeitraum der letzten Jahre betrachtet (im Abschnitt "Ein Abriss der zukünftigen Entwicklung" gibt es eine Graphik dazu), dann zeigt sich diese leider zunehmend negativ. So lag die Bilanz im Zeitraum 2000 bis 2003 bei durchschnittlich -15, im Zeitraum 2013 bis 2016 aber schon bei durchschnittlich -35. So starben beispielsweise im Jahr 2016 in der Stadtgemeinde Scheibbs um 42 Menschen mehr als im selben Zeitraum durch Ge- burten hinzukamen. Im Zeitraum 2000 bis 2016 verlor Scheibbs auf diese Weise 451 Menschen. Zurückzuführen ist das neben dem Rückgang der Geburten von durchschnittlich 43 im Zeitraum 2000 bis 2003 auf durchschnittlich 37 im Zeitraum 2012 bis 2016 vor allem auf die steigende Zahl der Todesfälle (2000 bis 2003:57 /2012 bis 2016: 72). Die Folgen einer in einem weiteren Abschnitt erörterten steigenden Überalterung sind also schon heute in Scheibbs spürbar.

Wanderungen Die Bevölkerungszahl ändert sich aber nicht nur durch das Sterben oder Geborenwerden von Einwohner*innen einer Gemeinde, sondern im viel dynamischeren Ablauf auch durch Zuzüge und Wegzüge. Und hier können wir gleich vorweg eine positive Nachricht übermitteln: Scheibbs ist (noch) eine Zuwanderungsgemeinde. Zumindest ist sie das beinahe alle analysierten Jahre hindurch. Am besten stellt man das durch die Wanderungsbilanz fest - einer Maßzahl, die in ihrer Logik der Geburtenbilanz folgt. Ziehen mehr Menschen aus der Gemeidne weg als zuziehen, dann ist die Bilanz negativ. Umkehrt ist sie positiv. Wenn wir nun wieder die beiden Zeiträume vergleichen, dann fällt zum einen auf, dass die Bilanz in beiden Zeiträumen positiv ausfällt (2000 bis 2003: +10,5 / 2012 bis 2016: +12), zum anderen aber auch, dass die Wanderungsdynamik in den letzten Jahren immer stärker zugenommen hat. So wanderten im Zeitraum 2000 bis 2003 insgesamt 590 Personen nach Scheibbs ein, gleich- zeitig wanderten 548 Personen im selben Zeitraum aus. Im Zeitraum 2012 bis 2016 waren es aber schon 790 Zuzügler*innen gegen 742 Wegzügler*innen. Ein interessanter Aspekt, bedenkt man, dass sich planerisch insbesondere bei den Wanderungszahlen intervenieren lässt. Dieser Umstand mag - so lautet unsere Vermutung aufgrund ähnlicher analysierter Fälle - auf- grund der Doppelrolle der Gemeinde Scheibbs als zentraler Ort im ländlichen Raum entstanden sein. Was es damit auf sich hat, soll mithilfe der nächsten Graphiken verdeutlicht werden. So kann man sich zum Beispiel die zehn Gemeinden ansehen, die am meisten Abwanderung nach Scheibbs oder am meisten Zuzug von Scheibbs aus aufweisen. Schon hier werden zwei Dinge, die für die Aussage oben wichtig sind, deutlich: Zum einen handelt es sich bei den Ge- meinden in den meisten Fällen um Gemeinden in der Nähe zu Scheibbs, zum anderen - und das ist wichtiger - sind die Gemeinden, von denen sehr viele Menschen nach Scheibbs ziehen oft nicht die Gemeinden, in die von Scheibbs viele Einwohner*innen auswandern und umgekehrt. Was mit dieser Argumentation nur ansatzweise zu erkennen war, das kommt noch deutlicher zum Vorschein, wenn man alle Gemeinden einbezieht, in die entweder Menschen von Scheibbs gezogen sind oder von denen Zuzügler*innen kamen. Im Falle der unten abgebildeten Karte (Abb. 2) haben wir uns die Wanderungsbilanzen der Gemeinden mit Scheibbs im Zeitraum 2002 bis 2019 angesehen. Sind die Gemeinden grün eingefärbt, so sind im Analysezeitraum mehr

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Abb. 2.: Wanderungsbilanz von Scheibbs mit anderen Gemeinden 2002 bis 2019.Daten: Statistik Aus- tria, 2020; Graphik: eigener Entwurf

Menschen von diesen Gemeinden nach Scheibbs gezogen als von Scheibbs in diesen Gemein- den wanderten. Ist eine Gemeinde rot gefäbt, so ist die Wanderungsbilanz von Scheibbs für diese Gemeinde negativ - Scheibbs verlor im Zeitraum 2002 bis 2019 daher Menschen an diese Gemeinde. Kurz gefasst kann man also sagen: Alle grünen Bereiche sind Regionen, die das Nähr- gebiet von Scheibbs darstellen, alle roten Gemeinden sind das Zehrgebiet von Scheibbs. Nun sollte deutlich werden, was wir meinen, wenn wir von einer "Doppelrolle" von Scheibbs re- den: Für viele Menschen aus dem hinteren Erlauftal (Gaming, und einige andere) ist die Stadt Scheibbs als Zielgebiet sehr attraktiv. Durch den anhaltenden Trend der Landflucht herrscht also ein gewisser steigender Sog, den die Kleinstadt Scheibbs auf die Gemeinden im alpinen Hinterland ausübt (=Steigerung der Zuwanderung). Gleichzeitig scheinen aber für viele, die in Scheibbs leben, größere oder zentralere Städte immer mehr Sog auszuüben. Allen voran sind hier Wien, Linz, St.Pölten und andere Universitätsstädte, aber auch größere oder zentralere Gemeinden (Amstetten, Waidhofen/Ypps, Melk, Pöchlarn, Wieselburg) zu nennen. Natürlich können wir für diese Argumentation des doppelten Soges auch fundierte Beweise vor- bringen: So stieg die Zahl der Zuwanderungen von den Gemeinden des hinteren Erlauftales vom Zeitraum 2002 bis 2005 zum Zeitraum 2015 bis 2018 um 23%. Gleichzeitig stieg die Abwande- rung in diese Gemeinden nur um 17%. Die Abwanderung in Gemeinden, die in den Karten rot markiert sind, stieg im Analysezeitraum sogar um über 55%, wohingegen die Zuwanderung aus diesen Gemeinden nur um 5% zunahm. Was hier problematisch ist, ist die Zukunft der Zuwan- derung nach Scheibbs. Wie stark kann die Zuwanderung aus dem Hinterland auch in Zukunft die Abwanderung und die negative Geburtenbilanz ausgleichen? Wann ist das Hinterland aus der Sicht von Scheibbs "ausgeschöpft"? Das sind Fragen, die man sich durchaus stellen muss und die bei der Planung im Hinterkopf behalten werden müssen.

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Altersgruppen Wie schon vorhin angedeutet, hat auch eine Analyse der Altersgruppenverteilung in der Ge- meinde Scheibbs und ihren Teilräumen Sinn. Das Diagramm unterhalb dieses Absatzes (Abb. 3) zeigt das Ergebnis der Analyse. Auffallend dabei ist, dass die Über-64-Jährigen mit ihrem Anteil in vielen Teilräumen die Unter-15-Jährigen überwiegen. Ein erstes starkes Indiz dafür, dass diese Bereiche überaltert sind. Scheibbs-Heuberg, Neustift, Neubruck und Scheibbsbach tun sich hier besonders hervor - fast jede dritte Person ist hier über 64 Jahre alt. Eine denkbar schlechte Aus- gangslage, wenn man an die künftige Bevölkerungsentwicklung denkt. Gerade diese Bereiche werden wohl mit den größten Bevölkerungsrückgängen zu kämpfen haben. Der Wert für den Gesamtraum lässt dies ebenso vermuten. Fast schon nur noch jede zehnte Person ist unter 15 Jahren alt und die Entwicklung der Geburten der letzten Jahre lässt schließen, dass dieser Anteil wohl noch zurückgehen wird (dazu aber im Abschnitt "Ein Abriss der zukünftigen Entwicklung" mehr). Vergleicht man die Werte mit dem gesamtösterreichischen Schnitt (Unter 15: 14,4% / 15- 64: 66,8% / über 64: 18,8%), so lässt sich das Argument der eher nachteiligen Zusammenset- zung der Bevölkerung noch bekräftigen.

Abb. 3.: Darstellung der Altersgruppen nach Teilräumen im Jahr 2019; Daten: Statistik Austria, 2020

Die Ungleichheit bei der Altersgruppenverteilung drückt sich auch beim Durchschnittsalter aus, welches das nachfolgende Diagramm (Abb. 4) wiedergibt. Auch das Durchschnittsalter der Ge- meinde Scheibbs von 43,8 Jahren fällt etwas höher aus als das von Österreich (42,8 Jahre). Hier muss aber erwähnt werden, dass wir das Alter nur näherungsweise mithilfe von 5-Jahres-Alters- gruppen berechnen konnten. Besonders interessant ist bei der Betrachtung des Durchschnittsalters der Wert für das Scheibbser Zentrum, da dieser Teil der Gemeinde im oberen Diagramm noch sehr positiv er- schien. Der Grund hierfür könnte ein großer Teil der Bevölkerung sein, der noch vor der Grenze zur Zugehörigkeit zur Gruppe der Über-64-Jährigen steht. Dies könnte ein Indikator dafür sein, dass dieser Bereich in Zukunft Überalterungsproblematiken aufweisen könnte. Außerdem schei- nen vor allem die Siedlungen um die Burgerhofstraße, um Neustift und Neubruck und natürlich beim Landespflegeheim mit einem hohen Altersschnitt konfrontiert zu sein. Die höchsten Anteile der Unter-15-Jährigen gibt es hingegen in Streuhoflage (da hier meist nur eine Familie pro Ras- terzelle lebt) und in den Randbereichen des Hauptortes Scheibbs, die die neueren

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Abb. 4.: Altersdurchschnitt innerhalb der Teilräume und des Gesamtraumes im Jahr 2019; errechnet aus Altersklassen und deshalb nur ein Näherungswert. Daten: Statistik Austria, 2020

Siedlungslagen darstellen. Im Zentrum von Scheibbs sowie in Neustift sind auf der anderen Seite nur geringe Anteile festzustellen. Die Streuhöfe - insbesondere in Scheibbsbach und Brand- statt - scheinen hingegen noch sehr belebt zu sein, wohingegen die Streuhöfe im Süden eine ungünstigere Alterszusammensetzung aufweisen.

Bildung Am Ende des ersten Kapitels zur Bevölkerung wollen wir noch kurz zeigen, wie es um die Bildung der Scheibbser Bevölkerung bestellt ist. Dafür haben wir uns die höchste abgeschlossene Schul- bildung der Bevölkerung in allen Teilbereichen der Stadtgemeinde angesehen. Die Verteilung der Gruppen in der Gesamtgemeinde entspricht dabei beinahe dem Österreich- Schnitt (Pflichtschule: 26% / Lehre: 32% / BMH, BHS, AHS: 28% / Akademischer Abschluss: 14%). Steigt man jedoch eine Analyseebene tiefer ein, so erkennt man deutliche Unterschiede der An- teile je nach räumlicher Lage. So ist der Akademikeranteil insbesondere in den Teilorten Zent- rum, Heuberg und Ginning vergleichsweise hoch, was wohl auf die geringere landwirtschafliche Prägung dieser Bereiche zurückzuführen ist. Komplimentär dazu verhalten sich hingegen die Anteile der Personen, die als höchste abgeschlossene Ausbildung eine Lehre oder die Pflicht- schule vorweisen können. Die Anteile dieser Gruppen sind insbesondere in Brandstatt, Fürteben und Scheibbsbach hoch. Auffallend ist außerdem der Bereich um die Burgerhofstraße, die wir schon von den Überalterungsproblemen kennen. Hier ist die Akademikerquote vergleichsweise hoch. Andererseits sind die Anteile der Personen mit Lehrabschluss als höchste abgeschlos- sene Ausbildung in Streuhof-Lage, aber auch in den industriell geprägten Ortsteilen Neubruck und Neustift hoch.

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Rasterdaten-basierte Sozialraumanalyse Scheibbs ganzheitlich verstehen Um die einzelnen Bereiche innerhalb des Gemeindebereiches von Scheibbs noch besser verste- hen zu können, bietet es sich an, auf Basis der Rasterzellen eine quantitative Sozialraumanalyse zu errechnen. Einfach erklärt macht man dabei nichts anderes, als einzelne Gebiete, Viertel oder Blöcke auf Basis vieler Variablen zu Gruppen zusammenzufassen, die sich ähnlich sind - zum Beispiel wohlhabende Viertel oder sozial schwache Viertel. Dadurch lassen sich homogene Ge- biete aus den Daten selbst herausarbeiten. Für uns planerisch besonders von Bedeutung sind solche Bereiche, die eventuell eine Intervention benötigen, da eine Ballung von mehreren nach- teiligen Charakteristika auftritt (z.B. ein überaltertes, sozial schwaches Viertel etc). Wir wollen nicht mit den statistischen Vorgehensweisen langweilen, die diese Analyse bedarf und wollen hier nur kurz zwei statistische Begriffe erwähnen, die mit diesem sogenannten explorativen Ver- fahren zusammenhängen: Mehrkomponentenanalyse und Clusteranalyse.

Was man alles beachten muss

Wichtiger ist es vielmehr, hier die Ergebnisse zu präsentieren. Als Hauptergebnis kann die un- tenstehende Karte gelten, die die abgeleiteten Sozialräume darstellt. In der Legende zur Karte finden sich auch die Beschreibungen der einzelnen Sozialräume. Grundsätzlich müssen wir vorab jedoch noch ein paar allgemeine Hinweise zu diesem Endergebnis geben. So wollen wir darauf aufmerksam machen, dass wir nicht das gesamte Gemeindegebiet mit in die Analyse aufnehmen konnten. Denn es fielen fast die gesamten Rasterzellen, die die Streu- höfe abgedeckt hätten, weg, da sie zu wenige Daten geliefert haben. Der Grund dafür ist der Datenschutz - die Statistik Austria gibt manche Daten nämlich erst heraus, wenn in einer Zelle mehr als zehn Personen wohnhaft sind. Außerdem muss man wissen, dass in die Analyse insgesamt über 20 Variablen eingeflossen sind, die dann schlussendlich die Aufteilung der Sozialräume bestimmt haben. Die Beschreibun- gen, die sich in der Abbildung unten befinden sind also sehr kurz gefasste Statements zu der Charakteristik der einzelnen Sozialräume.

Was man alles herauslesen kann - so kurz wie möglich

Über das Ergebnis im Allgemeinen (siehe Abb. 5) lässt sich sagen, dass das Gemeindegebiet kaum Räume aufweist, die extrem negative Eigenschaften (Überalterung, soziale Schwäche,...) und eine Durchmischung zum größten Teil gut gegeben ist. Lediglich das Bildungsniveau und die Überalterung sind in manchen Bereichen stärker geballt vorkommend (=Segregation), jedoch nicht in einem sehr großen Maß. Wie man in der Abbildung sieht, weist die Gemeinde einen ge- wissen Schalenbau der Sozialräume auf, der von einem urbaneren Kern mit höherer Arbeitslo- sigkeit und hohen Anteilen an Einpersonen-Haushalten über einen gewissen "Speckgürtel" der vergangenen Dekaden bis zu den ländlicheren Einfamilienhäusern und Streuhöfen reicht. Dieser ländliche Bereich teilt sich auf der einen Seite in teilweise sehr vitale Höfe und auf der anderen Seite aber auch in stark überalterte Streulagen. Vorhandene Daten zu gerade diesen interessan- ten Lagen (sind sie ja oft von der öffentlichen Mobilität eher ausgeschlossen und daher proble- matisch) wären hier sehr wünschenswert gewesen. Ein Lokalaugenschein könnte hier aber Ab- hilfe schaffen.

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Zusammengefasst können wir derzeit also keine Sozialräume erkennen, die dringenden Hand- lungsbedarf erfordern. Dennoch gibt der eine oder andere Sozialraum einen kleinen Hinweis da- rauf, was in Zukunft in diesen Bereichen zu beachten ist.

Abb. 5.: Darstellung der Sozialräume innerhalb der Gemeinde Scheibbs. Die Daten stammen von der Statistik Austria (2019) und konnten aufgrund des Datenschutzes teilweise nur für Rasterzellen mit einem Besatz über 10 Einwohner*innen zur Verfügung gestellt werden. Der Bereich der Streusiedlun- gen ist dadurch kaum erfasst | Graphik: eigener Entwurf

Ein Abriss der zukünftigen Entwicklung Welches Bild zeichnet sich ab? Das ist die zentrale Frage, die der folgende Abschnitt beantworten soll. In einigen Abschnitten sind wir schon ein wenig auf die zukünftige Entwicklung eingegangen, nun werden wir uns sehr umfangreich mit den Möglichkeiten und Grenzen von Prognosen zur Bevölkerungszahl und Al- tersstruktur auseinandersetzen. Unsere Prognose der Bevölkerungsentwicklung, die wir selbst erstellt haben, fußt auf der Fort- schreibung von zwei Variablen (genauer gesagt sind es vier Variablen), auf die gleich näher ein- gegangen wird: die Fortschreibung der Geburtenbilanz sowie die Fortschreibung der Wande- rungsbilanz. Dadurch lässt sich ein gewisser Entwicklungskorridor abgrenzen, der gleich noch einmal ins Spiel kommt. Zuerst nun aber zur Schätzung der beiden Variablen.

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Prognose der Geburtenbilanz Zur Prognose der Geburtenbilanz wurden Daten der Statistik Austria von den Jahren 2000 bis 2016 herangezogen. Will man genauer sein, so haben wir hier nicht die Bilanz selbst, sondern die Geburten und die Sterbefälle prognostiziert. Wer auch schon weiter oben in den Abschnitten gelesen hat, der wird nun über die folgende Abbildung (Abb. 6) nur mehr ein wenig überrascht sein. Sie zeigt zum einen die Entwicklung der Geburten und Sterbefälle vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2016, zum anderen zeigt sie auch die Modelle der Prognose (die y-Achse stellt die Fälle =

Abb. 6.: Darstellung der unterschiedlichen Prognosefunktionen der Geburtenbilanz; Daten: Statistik Austria, 2020 | Graphik: eigener Entwurf

Sterbefälle bzw. Geburten dar). Um nun Korridore zu bilden, wurden drei verschiedene Funkti- onstypen zur Prognose gewählt. Die Exponentialfunktion, die Entwicklungen in der Bevölke- rungsdynamik oft übertreibt (wir kennen diese in jüngster Zeit nur zu gut), die Potenzfunktion, die Entwicklungen oft abschwächt sowie die Linearfunktion, die einen Mittelweg zwischen die- sen beiden Extremen darstellt. Mithilfe dieser Funktionen wurden schließlich die Werte für die einzelnen Jahre geschätzt und daraus drei verschiedene Wege der Entwicklung der Geburtenbi- lanz errechnet. Was mit diesen Zeitreihen als nächstes geschah, kann der geneigte Leser / die geneigte Leserin gleich erfahren - zunächst wollen wir aber die Prognose der Wanderungsbilanz vorstellen. Prognose der Wanderungsbilanz Die Prognose der Wanderungsbilanz funktionierte in der gleichen Weise wie die Schätzung der Geburtenbilanzen (siehe Abb.7). Auch hier schätzten wir die Entwicklung mit den drei bekannten

Abb. 7.: Darstellung der unterschiedlichen Prognosefunktionen der Wanderungsbilanz; Daten: Statistik Austria, 2020 | Graphik: eigener Entwurf Seite | 13

Funktionstypen. Was noch unerwähnt blieb, ist der Horizont der Prognose: hier gingen wir den Weg des Mainstreams und bildeten die Entwicklung der nächsten 15 Jahre, also die Entwicklung bis zum Jahr 2035 ab, da hier unserer Meinung nach eine ausgewogene Mischung aus Treffsi- cherheit und Planungshorizont gegeben ist.

Prognose der Bevölkerungsentwicklung Die jeweils drei in die Zukunft gerichteten Zeitreihen konnten wir nun miteinander kombinieren, um so insgesamt neun Entwicklungsszenarien zu erhalten (wir hätten auch die Variablen, aus denen sich die Bilanzen zusammensetzen, kombinieren können, um so auf 27 Szenarien zu kommen, jedoch hätte dies am Korridor wenig geändert und wäre ein deutlicher Mehraufwand gewesen). Im untenstehenden Diagramm (Abb. 8) sind nun dieser Korridor sowie das Szenario der mittleren Entwicklung (=lineare Funktionen) dargestellt. Hinzuweisen ist hier auf die y-Achse, die den Nullpunkt nicht darstellt und somit die Entwicklung zugunsten der Anschaulichkeit über- zeichnet.

Was hier jedoch auffällt, ist die eher negative Entwicklung, die wir der Stadtgemeinde Scheibbs voraussagen können, wenn so weiter gemacht wird wie bisher. So wird die Bevölkerungszahl im schlechtesten Fall von 4.196 Einwohner*innen im Jahr 2018 (=Bezugsjahr) auf 3.878 Personen zurückgehen, was einem Verlust von 540 Einwohner*innen entspricht. Im mittleren Szenario entspricht der Verlust bis 2035 291 Bewohner*innen. Im besten Fall kann Scheibbs aber sogar Einwohner*innen nach einer Trendwende gewinnen und steht 2035 mit etwa 30 Personen mehr da. Wie die zweite Abbildung (Abb. 9) zeigt, ist dies aber eher unwahrscheinlich. Hier werden alle Szenarien der Entwicklung dargestellt. Lediglich eines weist in die positive Richtung, alle anderen sind der Bevölkerungsentwicklung eher negativ eingestellt. Wahrscheinlicher ist daher eher ein Verlust von etwa 200 bis 300 Bewohner*innen bis zum Jahr 2035. Dies lässt sich auch durch die Prognose der Altersgruppen im folgenden Abschnitt gut verifizieren.

Abb. 8.: Bevölkerungsfortschreibung bis zum Jahr 2035 mittels neun unterschiedli- chen Szenarions, die mittels der Fortschreibungen für Wanderungen und natürlichen Bevölkerungsveränderung errechnet wurden. Die Linie stellt das mittlere Szenario dar, die Maximal- und Minimal-Variante wird durch den Korridor dargestellt.

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Abb. 9.: Die neun Entwicklungsszenarien der Bevölkerungsentwicklung von Scheibbs, errech- net aus den Prognosen für Wanderungsbilanz und Geburtenbilanz. Diese beiden Variablenwur- den jeweils auf drei Wegen fortgeschrieben: mithilfe einer Potenzfunktion (positiver bzw. nega- tiver Pfad), mithilfe einer linearen Funktion (mittlerer Pfad) sowie mithilfe einer Exponential- funktion (negativer bzw. positiver Pfad).

Altersgruppenspezifische Entwicklung Wichtig für uns war aber nicht nur, wie sich die Bevölkerung bis zum Jahr 2035 entwickeln wird, sondern auch, wie sie dann voraussichtlich in Altersgruppen zusammengesetzt ist. Dieser As- pekt kann die von uns erwarteten Handlungsempfehlungen maßgeblich beeinträchtigen und be- stimmen. Die Vorgangsweise der Berechnung folgt dabei der zur Bevölkerungsentwicklung, dieses Mal durch Heranziehen der Daten zu den Altersgruppen (leider lediglich für fünf verschiedene Zeit- punkte, da die Statistik Austria diese nicht jährlich zur Verfügung stellt). Das Ergebnis der Ana- lyse findet sich im untenstehenden Diagramm (Abb. 10). Hier wird die Entwicklung der einzelnen Altersgruppen noch einmal deutlicher, die wir in einem vorangehenden Abschnitt schon erläutert haben: Es sind die Über-64-Jährigen, deren Anteil über die nächsten 15 Jahre immer größer wer- den wird (was klar dem österreichischen Trend folgt). So wird diese Gruppe von derzeit 24% auf 28% steigen, wohingegen der Anteil der Unter-15-Jährigen von 14% auf 11% schrumpfen wird (mittleres Szenario). Das heißt, dass in Scheibbs zum einen mit etwa 169 mehr Personen rechnen muss, die eventuell pflegebedürtig wer- den und gleichzeitig etwa 103 weniger Kinder im schul- pflichtigen Alter auf- weisen wird. Und das alles, ohne die Einzugsbereiche au- Abb. 10.: Szenarien der Bevölkerungsentwicklung nach den einzelnen Alters- ßerhalb der Gemein- gruppen, wobei für jede Altersgruppe eine Fortschreibung mit Linear-, Expo- degrenze mit einzu- nential und Potenz-Funktion errechnet wurde. Daten: Statistik Austria, 2020 beziehen. Seite | 15

2.2. Siedlung und Daseinsvorsorge 2.2. Siedlung und Daseinsvorsorge

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„Eine gesunde Stadt ist wie ein saftiger Krapfen.“ - Städte leben von einem deftigen und fruchti- gen Kern, wie bei einem Krapfen. Ähnlich der Süßspeise ist ein lebendiger Ort durch seinen Kern definiert. Dieser ist abhängig von einer strukturierten Siedlungsentwicklung und einem umfang- reichen Angebot in den Bereichen Bildung, Gesundheit sowie sozialen Einrichtungen und Struk- turen. Dieses Kapitel beschäftigt sich daher mit zwei zentralen Themen rund um die Stadt: der Siedlungsstruktur mit all ihren Facetten und der Daseinsvorsorge.

Historische Siedlungsentwicklung Die Anfänge der, zumindest urkundlich vermerkten, Siedlungstätigkeit sind ins 12. Jahrhundert zurückzuführen. Im Jahr 1120 wurde Scheibbs als Verwaltungs- und Handelszentrum unter Graf Konrad I. festgeschrieben; die erste urkundlicher Erwähnung ist mit 1160 datiert. 1544 wurde mit der Errichtung der Dreimärkter Eisenstraße (entspricht in weiten Teilen der heutigen Bundes- straße 25) begonnen. Der Straßenverlauf erstreckte sich entlang des Erlauftals und verband die Stadt Scheibbs, damals so wie heute, mit den Siedlungen im Süden und Norden. Im Jahr 1624 verlagerte sich, mit der Errichtung der Siedlung und heutigen Katastralgemeinde Neustift, die Siedlungsentwicklung zum Teil auch in den Süden der Kernstadt. Die gesamte Stadtgemeinde zählte 1838 bereits 1008 Einwohnerinnen und Einwohner sowie 85 bürgerliche Häuser (vgl. Stadtgemeinde Scheibbs). Im 20. Jahrhundert wurden nach dem Krieg und der Besatzungszeit im Jahr 1955 die Flächen am Burgfried zum Zwecke der Errichtung von Wohnungen und Einfa- milienhäusern veräußert. Bereits 1960 wurde in weiterer Folge die Errichtung der Siedlung mit 67 Wohnhäusern abgeschlossen. In den Folgejahren kam es des Weiteren zur Vereinigung der Gemeinde Scheibbsbach mit Scheibbs (1969) sowie zum Bau der Umfahrungsstraße (1972).

Historische Siedlungsentwicklung Die Siedlungsentwicklung der Stadtgemeinde Scheibbs der vergangenen Dekade fokussierte sich vermehrt auf die Errichtung von Mehrparteien- und Reihenhäusern im Bereich des Genos- senschaftswohnbaus, die insbesondere durch die Alpenland Wohnbaugenossenschaft vollzo- gen wurde. Im folgenden Abschnitt sind wesentliche Siedlungsprojekte der letzten Jahre der Stadt aufgelistet, welche seitens der Gemeinde Erwähnung gefunden haben:

2009: Bezug erster Wohnungen & Reihenhäuser der Herzog-Albrecht-Siedlung

2011: Errichtung weiterer 33 Wohneinheiten an diesem Standort

2012: Projekt „Wohn- und Geschäftshaus Scheibbs“ im Scheibbser Stadtzentreum mit insge- samt 9 Wohneinheiten und 2 Geschäftslokalen

2014: Errichtung „Wohnhausanlage in der Karl-Höfinger-Promenade 18“ mit 27 Wohneinheiten plus 11 weiteren Wohneinheiten für betreutes Wohnen; Spatenstich für Projekt „Gaminger Straße 33“ (ehem. Bürgerspital). Errichtung von 15 Wohneinheiten, zum einen im denkmalge- schützten Bürgerspitalsgebäude, zum anderen in einem neu errichteten Zubau; Förderung der Stadtgemeinde für die Renovierung von Häuserfassaden im Ortskern im Rahmen der Landes- ausstellung

2016: Besiedelung der Grubmayergründe – Meierhofweg. Errichtung von Einfamilienhäusern so- wie dem “Wohnhaus Ötscherblick“

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2018: Projekt der Alpenland Wohnbaugenossenschaft am Scheibbsbachweg mit 57 Wohnein- heiten Errichtung weiterer 4 Wohneinheiten in der Gaminger Straße

2019: Weitere 71 Wohnungen sowie 100 Stellplätze am Scheibbsbachweg in 3 Bauabschnitten bis 2022 seitens der Alpenland Wohnbaugenossenschaft (vgl. Stadtgemeinde Scheibbs)

In der nachfolgenden Abbildung (Abb. 11) sind die genannten Siedlungsschwerpunkte des ver- gangenen Jahrzehnts eingezeichnet. Diese konzentrierten sich zum einen auf den Bereich Scheibbsbachweg, nahe dem Landesklinikum, im nördlichen Bereich der Kernstadt. Hier wurden insgesamt über 130 Wohneinheiten errichtet. Dieser Bereich liegt etwas abseits von bisherigen verdichteten Siedlungsflächen, welche sich vorrangig in und rund um die Scheibbser Altstadt befinden. Die Herzog-Albrecht-Siedlung, in welcher Wohnungen und Reihenhäuser errichtet wurden, ist gänzlich isoliert von der übrigen zusammenhängenden Siedlungsfläche. Erschlossen ist dieses Gebiet mit der restlichen Stadt einzig durch die B29. Die übrigen drei Projekte befinden sich in Zentrums- bzw. Bahnhofsnähe und sind damit vorrangig im dicht besiedelten Bereich der Stadt zu lokalisieren. Für die Errichtung der zuvor angeführten Siedlungsprojekte, wurden nach dem Bauamtsleiter Ing. Dietmar Nestelberger keine Förderungen seitens der Stadt vergeben. Viel- mehr projektieren die Wohnbauträger, allen voran die Gemeinnützige Bau-, Wohn- u. Siedlungs- genossenschaft Alpenland, in Abstimmung mit der Stadt, die Objekte selbstständig. Nach den Entwicklungsschwerpunkten der vergangenen Jahre (insb. Scheibbsbachweg, Her- zog-Albrecht-Siedlung & Karl-Höfinger-Promenade) liegt der Fokus der näheren Zukunft nicht mehr im Bereich des verdichteten Wohnbaus, sondern werde sich nach Ing. Nestelberger in Zu- kunft auf Einfamilienhausbebauung konzentrieren.

Abb. 11.: Rezente Bauprojekte in der Gemeinde Scheibbs | Quelle: OSM, Land NÖ und eigene Er- hebung (alle 2020) Seite | 18

Siedlungsstruktur im Überblick Dauersiedlungsraum Als Dauersiedlungsraum wird der Flächenanteil des besiedelbaren und wirtschaftlich nutzbaren Raums an der Gesamtfläche verstanden. Hierbei gilt es zwischen dem besiedelbaren Raum (z.B. Grün- und landwirtschaftlich genutzte Flächen) und des tatsächlichen Siedlungsraum (Städtisch geprägte Bereiche, Industrie- und Gewerbeflächen) zu unterscheiden (siehe Abb. 12). Der Bezirk Scheibbs weist einen Anteil des Dauersiedlungsraums an der Gesamtfläche von 35,7% auf und liegt damit deutlich unter dem Wert Niederösterreichs, dessen Anteil sich auf 60,5% beläuft. Dies lässt sich auf die topographische Lage des Bezirks im Land zurückführen. Der Anteil des Siedlungsraums unterscheidet sich hingegen kaum (Bez. Scheibbs: 12,4%, NÖ: 13,7). Bei Betrachtung des Untersuchungsgebietes lässt sich erkennen, dass die Gemeinde Scheibbs mit einem Anteil des Dauersiedlungsraums von 53,8%, verglichen mit den umliegenden Gemein- den, im Mittelfeld liegt. Dies ist insofern relevant, da die ebenso städtisch geprägten Gemeinden im Norden uneingeschränkter Raum zur Entwicklung zur Verfügung haben.

Abb. 12.: Anteil des Dauersiedlungsraumes am Gesamtraum - ein Vergleich der Standorte | Da- ten: ÖROK-Atlas 2015

Zersiedelung Die Gemeinde Scheibbs ist durch eine kompakte Altstadt und verdichtetem Wohnbau in ihrem Kernbereich charakterisiert. Größere Einfamilienhaussiedlungen sind im Nord- sowie Südosten der Altstadt vorzufinden, welche zum Teil nicht optimal mittels Wegeinfrastruktur erschlossen sind. Auf dem linken Erlaufufer, nordwestlich des Zentrums, sind vermehrt Betriebsstätten sowie ein Fachmarktzentrum vorzufinden. Im näheren Umfeld der Kernstadt sind zum Teil kleinere Siedlungsbereiche in leicht isolierter Lage zu verorten. Neben der Kernstadt gibt es im Norden (Stadtteil Saffen) sowie im Süden (Neustift und Neubruck) größere Siedlungsstandorte. Das üb- rige Gemeindegebiet ist geprägt von weitläufig und nahezu gleichmäßig verteilten Streuhöfen. Somit ist die Stadtgemeinde Scheibbs geprägt durch eine hohe Siedlungskonzentration im zent- ralen Bereich des Gemeindegebiets sowie entlang der Erlauf. Auch seitens des Bauamts merkt man an, dass in den vergangenen Jahren viel verdichteter Wohnbau errichtet wurde. Zum Teil außerhalb des Ortskerns in der näheren Umgebung, aber nicht in Einzellagen. In den Seite | 19 umliegenden Ortsteilen hingegen ist, wie auf der Karte (Abb. 13) zu sehen, eine dünn besiedelte und verstreute Siedlungsstruktur zu erkennen.

Abb. 13.: Schwarzplan der Gemeinde Scheibbs | Daten: OSM & Land NÖ (beide 2020)

Gebäudebestand Die Gemeinde Scheibbs weist knapp 50% Wohngebäude mit nur einer Wohneinheit, sprich Ein- familienhäuser, aus. Wohngebäude mit zwei oder mehr Wohnungen belaufen sich auf insge- samt 21,4%. Diese Werte, sowie jene der Industrie/Lagergebäude, unterscheiden sich von den direkt anliegenden Untersuchungsgemeinden kaum. Lediglich in der Gemeinde Wieselburg- Land liegt der Einfamilienhausanteil bei 65,7%. In den vergangenen Jahren war in der Gemeinde ein leichter Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen, dennoch wurden, wie in der Tabelle ersicht- lich, etliche neue Wohnobjekte errichtet, insbesondere auch Wohnungen in Mehrparteienhäu- sern als auch Reihenhäuser. Der Bauamtsleiter der Stadt Scheibbs, Ing. Dietmar Nestelberger, sieht die Ursachen für diese Entwicklung bei sich verändernden Wohnbedürfnissen. Zwar komme es beispielsweise zur Abwanderung aus der Gemeinde, um den tertiären Bildungsweg zu beschreiten, aber die Bevölkerung teile sich auf immer kleineren Wohneinheiten auf, wodurch Bedarf an kleineren (und neuen) Wohnstrukturen gegeben ist. Um den Wohnstandort Scheibbs dennoch attraktiv zu gestalten, gäbe es ein Angebot an Gemeindewohnungen und außerdem eine Neubauförderung für Einfamilienhäuser.

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Entsprechend der vorherigen Erörterung ist im zentralen Bereich des Gemeindegebiets, insbesondere der Scheibbser Altstadt, eine weitaus höhere Dichte an Mehrparteienhäu- sern vorzufinden. Weitere hohe Werte lassen sich an der konzentrierten Siedlungsfläche entlang der Erlauf verorten. Vereinzelte hö- here Dichtewerte im Osten und Westen sind auf Streuhöfe zurückzuführen, welche zu al- lem Anschein mehrere Wohneinheiten an ei- nem Grundstück vereinen. Somit wird noch- mals deutlich, dass die Siedlungsstruktur von Scheibbs nicht gleichmäßig verläuft, son- Abb. 14.: Anteile der Gebäudearten am Gesamtbe- dern, dass sie durch ein kompaktes Zentrum, stand | Daten: Statistik Austria, 2019 umgeben von weniger dicht bebauten Sied- lungsflächen, gekennzeichnet ist.

Grundstückspreise Mit rund 95€ pro Quadratmeter liegen die durchschnittlichen Preise für Bauland zum Teil deut- lich höher als in den Umlandgemeinden (siehe Abb. 15) sowie zum Teil auch in den benachbar- ten teils „zentraler“ gelegenen Bezirkshauptstädten. Ebenso weist die Gemeinde Scheibbs die höchsten Baulandpreise aller Gemeinden im Bezirk aus. Nestelberger sieht hierbei die begrenzte Verfügbarkeit von Bauland, einerseits durch das örtliche Entwicklungskonzept, andererseits durch die Tallage der Gemeinde, als verantwortlich an. Weiters sei die Gemeinde Scheibbs at- traktiv für Zuzug, wodurch sich auch höhere Preise erklären lassen würden. Seitens der Ge- meinde würden keine Maßnahmen gesetzt werden, die den hohen Preisen entgegenwirken wür- den. Es bestehe lediglich die Möglichkeit durch mehr Angebot (Bauland-Neuwidmungen) den Preis zu drücken.

Abb. 15.: Baulandpreise im Bezirk Scheibbs | Daten: Land NÖ und Statistik Austria (alle 2020) Seite | 21

Wohnbauland und Leerstand Im Jahr 2017 waren laut Bauamt der Stadtgemeinde Scheibbs 117,47 Hektar als Wohnbauland gewidmet. Davon waren 97,54 Hektar bebaut und 19,93 Hektar unbebaut. Somit waren 16,97% des gesamten Wohnbaulands im Jahr 2017 nicht bebaut. Im Bereich der Betriebs- und Indust- riegebiete lag der Wert bei 13,14% bzw. bei 0%. Seitens der Gemeinde werden nach Nestelberger keine speziellen Maßnahmen unternommen, um bereits gewidmetes Bauland zu mobilisieren, man könne nur vermitteln und hoffen, dass sich etwas tue. Vielmehr wird derzeit wieder versucht Bauland neu zu widmen. Dies wurde erst durch die Anpassung des örtlichen Entwicklungskonzepts ermöglicht. Im Zuge des Interviews wurde auch nach konkreten Steuerungsmaßnahmen (wie spezifischen Widmungskategorien oder Baulandsicherungsverträgen) im Bereich der Baulandwidmung ge- fragt. Bei Neuwidmungen wurden in den vergangenen Jahren immer Bebauungsfristen von 5 Jahren festgeschrieben. Rückwidmungen von unbebautem Bauland habe man in der Gemeinde hingegen bisher keine vorgenommen. Seitens des LEADER-Managements wurde das Konzept der Gemeindekooperationen ins Treffen geführt. Diese wurden bisher nur im gewerblichen Sektor (interkommunale Betriebsgebiete) in Scheibbs (Neubruck) angewandt. Hier kommt es zu einer strategisch nachhaltigen Entwicklung im gewerblichen Bereich. Durch die Aufteilung der Einnahmen aus der Kommunalsteuer auf die Gemeinden wird für einen fairen Ausgleich aller Beteiligten gesorgt. Dies könne nach dem LEA- DER-Management auch als Maßnahme für die zukünftige Siedlungsentwicklung in Betracht ge- zogen werden, um eine gesamträumliche innerkommunale Planung zu forcieren und Bauland und Siedlungslücken zu reduzieren. Im Bereich des Leerstands gibt es bisher lediglich im Bereich der Geschäftslokale eine interkom- munale Initiative („Gründung findet Stadt“). Diese soll dafür sorgen, dass dem Erdgeschossleer- stand entgegengewirkt wird indem leerstehende Lokalflächen belebt werden. Ursachen für leer- stehende Geschäftslokale sind unter anderem auf die Betriebsflächen nordöstlich der Innen- stadt zurückzuführen, an denen freistehend errichtete Handelsketten konzentriert vorzufinden sind.

Daseinsvorsorge Eine Vielzahl der Supermärkte konzentriert sich in nicht fußläufiger Erreichbarkeit nordöstlich vom Siedlungsgebiet im Gewerbegebiet. Die Apotheke befindet sich im Stadtzentrum, sowie die Mehrzahl der Banken und Lokale oder Bäckereien. Im Bereich Gesundheit weist Scheibbs eine verhältnismäßig hohe Ärztedichte, welche einen Indikator für die grundlegende medizinische Versorgung darstellt, auf. Diese wurde in den Gemeinden Scheibbs, Wieselburg Stadt, Purgstall, Gaming und Lunz am See errechnet und mit dem Bezirk Scheibbs, sowie dem Land Niederös- terreich in Verhältnis gestellt (siehe Abb. 16). In der Gemeinde Scheibbs ist die Ärztedichte der Allgemeinmediziner*innen mit einem Wert von 2,66 und die der Fachärzt*innen mit einem Wert von 5,08 am höchsten. Auch im Vergleich mit dem Bezirk, der eine Allgemeinmediziner*innen- dichte von 0,87 und eine Fachärzt*innendichte von 0,94 und dem Land bei dem die Ärztedichte der Allgemeinmediziner*innen bei 1,66 und die der Fachärzt*innen bei 2,39 liegt, liegt die Ge- meinde Scheibbs weit vorne. Obwohl Purgstall die einwohnerstärkste Gemeinde im Bezirk Scheibbs ist, liegt hier die Ärztedichte der Allgemeinmediziner*innen nur bei 0,56 und die der Fachärzt*innen bei 0,37. Ebenso liegt Gaming bei der Ärztedichte weit hinter der Gemeinde Scheibbs. Es ist auch festzuhalten, dass die Ärzt*innen recht gut über den Siedlungsraum auf- geteilt sind. Das Landeskrankenhaus liegt im nördlichen Teil des Gebietes; im südlichen befindet sich das Pflegeheim, dazwischen sind die unterschiedlichen

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Abb. 16.: Ärztedichte in ausgewählten Gemeinden des Bezirkes Scheibbs | Daten: arztnoe.at, 2020

Ärzt*innen aufgeteilt. Die medizinische Infrastruktur ist sehr breit aufgestellt, es gibt zwei Zahn- ärzt*innen, einen Augenarzt und weitere Fachärzt*innen aus verschiedenen Fachrichtungen. In der Gemeinde sind elf Allgemeinmediziner*innen auf das gesamte Siedlungsgebiet verteilt. Auch das Betreuungs- und Bildungsangebot in Scheibbs breit aufgestellt. Schon für die kleinen Bürger*innen im Alter von 1 bis 3 Jahren gibt es die Möglichkeit einer Kleinkinderbetreuung, wel- che ein seltenes Angebot in Niederösterreich darstellt. Neben einer Hauptschule gibt es auch eine Neue Sportmittelschule, eine AHS sowie eine Allgemeine Sonderschule. Erweitert man den räumlichen Fokus um die Gemeinden Wieselburg Stadt, Purgstall, Gaming und Lunz am See, sieht man, dass sich die Gemeinden ergänzen. Sieht man sich die Zahlen für die Elementar- und Primarpädagogik an, ist erkennbar, dass es in allen Gemeinden ähnlich viele Einrichtungen gibt. Im Bereich der Sekundar- und Sonderpädagogik gibt es hingegen kleine Unterschiede. In Scheibbs gibt es so beispielsweise keine BHS oder BMS dafür in den Gemeinden Wieselburg Stadt und Gaming. Die einzige Polytechnische Schule des Bezirks Scheibbs steht auch in der gleichnamigen Gemeinde. Die Gemeinden Purgstall, Gaming und Lunz am See verfügen über keine Höhere Schule. Sonderpädagogische Einrichtungen gibt es in Scheibbs oder Purgstall und in der Gemeinde Gaming gibt es eine Landwirtschaftliche Fachschule. Weiterbildungsangebote gibt es neben der Gemeinde Scheibbs auch in Wieselburg Stadt und Purgstall. In WIeselburg Stadt gibt es eine Musikschule, Volkshochschule und einen Campus. Dieser bietet Bachelor- so- wie Masterstudiengänge in den Bereichen Marketing, Erneuerbare Energie und biologisch-, öko- logischer Konsumgüter.

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2.3. Freiraum, Energie und Umwelt 2.3. Freiraum, Energie und Umwelt

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„Umwelt ist nicht alles, aber ohne Umwelt ist alles nichts.“ Freiraum, Umwelt und Energie sind Themen, die einerseits für die Grundversorgung in einer Gemeinde, andererseits auch einfach für die Lebensqualität der Bewohner*innen sehr relevant sind. Hierbei sollten uns folgende Fra- gen leiten:

▪ Wie wichtig sind Freiraum und die Natur für die lokale Bevölkerung und welche Möglich- keiten stehen ihnen zur Verfügung? ▪ Inwiefern ist die Energieversorgung in der Gemeinde sichergestellt und auch zukunftsfit? ▪ Kann aus der Vergangenheit der Freiraumentwicklung in Scheibbs etwas für die Zukunft abgeleitet werden?

Der Freiraum in Scheibbs Überblick über die Landnutzung In der folgenden Karte (Abb. 17) ist die Landnutzung in Scheibbs ersichtlich. Es ist klar erkenn- bar, dass Wälder, Wiesen und Äcker den größten Teil des Gemeindegebiets ausmachen. Die Kategorien Siedlung/Gewerbe, Industrie und Gewerbe, Freizeit & Erholung, Parks und Gebüsch konzentrieren sich dicht geballt rund um die Erlauf in der Tallage. Es gibt nur ein größeres Ge- lände für die Freizeitnutzung (Allwetterbad, Sportzentrum) und einige Parks in den dichter ver- bauten Stadtteilen von Scheibbs. Die Landnutzung lässt auf eine Knappheit des Bodens und eine relativ dichte Verbauung in den Tallagen schließen.

Abb. 17.: Landnutzung in der Gemeinde Scheibbs | Quelle: OSM und Land NÖ, 2020

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Schutzgebiet in Scheibbs Im Gemeindegebiet von Scheibbs befindet sich im Süden das Landschaftsschutzgebiet Öt- scher-Dürrenstein. Dieses ist 80,2 ha groß und umfasst Teile von 10 Gemeinden in den Bezirken Scheibbs, Lilienfeld und Amstetten. Es zeichnet sich durch den Rothwald, den letzten natürlichen Urwald Österreichs, die Lunzer Seen und den Kalkstock des 1.878m hohen Dürrensteins aus – allesamt nicht auf Scheibbser Gemeindegebiet. Weitere Naturschutzgebiete gibt es nicht, je- doch 11 Naturdenkmäler. Diese sind großteils alte Bäume, aber auch eine Quelle, Felspartien und der Tuffsteinbruch in Neustift. Diese gilt es vor jeglichen Umweltauswirkungen zu schützen.

Erholungsmöglichkeiten in der Gemeinde Die Erholungsmöglichkeiten in der Gemeinde Scheibbs (siehe dazu auch Abb. 18) umfassen das Allwetterbad, das Sportzentrum, die Tennisplätze, die zwei Parkanlagen, Wanderwege und die Zugänge zur Erlauf. Laut dem Stadtamtsdirektor Herrn Ing. Nestelberger sind diese für die Be- völkerung ausreichend vorhanden. Besonders hervorgehoben hat er die Wanderrouten zur Je- linek- und Urlingerwarte, die definitiv eine Besonderheit von Scheibbs darstellen. Es gibt in der Gemeinde keinen Eislaufplatz oder eine Eishalle, jedoch können im Winter die umliegenden Berge für Skitouren genutzt werden und es steht eine Rodelwiese zur Verfügung. Das 1986 eröffnete Allwetterbad ist eine wichtige Einrichtung in der Freizeitgestaltung der Scheibbser*innen, musste jedoch schon mehrfach teuer saniert werden und kann jährlich keine Kostendeckung erzielen. Schon mehrfach wurde diskutiert, das Allwetterbad zu schließen, doch dies konnte bisher verhindert werden. 2017 wurde ein Verein mit ehrenamtlichen Baderetter*in- nen gegründet, um die Fixkosten im Allwetterbad zu senken. Die Badretter und -retterinnen er- setzen die hauptberuflichen Bademeister am Wochenende und an Feiertagen. Außerdem

Abb. 17.: Freizeit und Erholung in Scheibbs | Quelle: eigene Erhebung, Land NÖ und OSM (alle 2020)

Seite | 26 wurden die Öffnungszeiten eingegrenzt – Montag bis Mittwoch geschlossen, Donnerstag und Freitag nur am Nachmittag sowie am Wochenende und an Feiertagen ganztätig geöffnet. Im letzten Jahr erhielt das Allwetterbad zudem den neuen Namen „Wanne Scheibbs“, um mit dem neuen Werbeauftritt mehr Besucher*innen ins Bad zu locken.

Umwelt und Katastrophenschutz Hochwasser und Bodenversiegelung In Scheibbs treten Hochwässer relativ häufig auf. Das letzte große Hochwasser war 2014 und ein kleineres gab es im Jahr 2016, jedoch immer mit recht geringen Schäden (überflutete Keller und Straßen). Dies ist dem mobilen Hochwasserschutz für die Altstadt zu verdanken, der sich seit mehr als 15 Jahren in der Gemeinde bewährt hat. Betrachtet man die HQ30 (gelb) und HQ100 (rot) Zonen, die entlang der Erlauf liegen, so erkennt man auch, dass teilweise sehr dicht besiedeltes Gebiet von den Hochwasserzonen betroffen ist. Laut einem Interview mit dem Bau- amtsleiter Herrn Ing. Nestelberger sind die Schäden trotz eines Versiegelungsgrades von teilw. mehr als 90% in der Altstadt immer sehr gering.

Waldentwicklungsplan und Wildbäche Bei einem Blick auf den digitalen Waldentwicklungsplan (https://www.waldentwicklungs- plan.at/map/?b=09X9&layer=ERIWGg&x=1687388&y=6106460&zoom=12) ist erkennbar, dass es im Gemeindegebiet nur wenige kleine Schutzwaldflächen (insg. 30ha) gibt, jedoch große Wäl- der, die der Erholungs- (insg. 66 ha) und Wohlfahrtsfunktion (insg. 145ha) gewidmet sind. Den größten Teil machen Gebiete mit Nutzfunktion (insg. 2.061ha) aus. Im Eigentum der Gemeinde ist der Burgerhofwald, der in der Karte mit der Erholungsfunktion ausgewiesen ist. Dieser dient der Scheibbser Bevölkerung zur Naherholung und es führen die Wanderwege auf den Blassen- stein durch. Die Waldanteile mit Wohlfahrtsfunktion sind Quellgebiete für die Trinkwasserver- sorgung. In der Karte zum Waldentwicklungsplan können unter der Kategorie Wildbach- und La- winenverbauung auch die Raumrelevanten Bereiche der möglichen Überschwemmungen von Wildbächen ausgewählt werden. Dies zeigt, dass die Fläche, die möglicherweise durch ein Hoch- wasser überschwemmt ist, umso größer sein kann als es die HQ-Zonen der Erlauf vermuten lassen, denn es werden die Wassermengen der zahlreichen Wildbäche miteinbezogen. Wiede- rum wird klar, dass sich viele dicht besiedelten Bereiche unmittelbar in dieser Zone befinden, was einen funktionierenden Hochwasserschutz für die Erlauf und ihre Zulieferbäche unumgäng- lich macht.

Luftqualität & Lärmbelästigung Zur Luftqualität liegen keine gut verwendbaren lokalen Jahres- oder Tageswerte vor, jedoch wird Scheibbs in den Jahresberichten des Umweltbundesamtes bei keinen Grenzüberschreitungen erwähnt, was sehr positiv ist. Der Stadtamtsdirektor Herr Ing. Nestelberger sagte außerdem, dass es mit der Luftqualität in Scheibbs keine Probleme gibt. Die Lärmbelastung direkt an der Erlauftalstraße überschreitet im Tagesdurchschnitt jedenfalls 60dB und an manchen Stellen so- gar 75dB. Problematisch für die AnrainerInnen wird es bereits ab rund 60dB im Tagesdurschnitt. Die meisten dicht bebauten Siedlungsflächen liegen jedoch nicht direkt an der Erlauftalstraße. Im Interview mit Herrn Ing. Nestelberger wurde von seiner Seite angemerkt, dass der Lärm direkt an der Straße kein Problem darstellt, sondern der dieser in höher gelegenen Bereichen stärker hörbar ist. Sämtliche Initiativen für eine Geschwindigkeitssenkung im Stadtgebiet wurden Seite | 27 jedoch bisher nicht angenommen. In der Nacht gelten bereits Lärmbelastungen über 50dB als problematisch, was leider auch wiederum der Fall ist. Die Erlauftalstraße stellt somit eine Um- weltbelastung für die Bevölkerung dar, was sich vor allem in der Nacht sehr stark auf die Ge- sundheit der Menschen auswirkt. Da Lärm zu einer Erhöhung des Blutdrucks und der Herzfre- quenz, einer Veränderung der Schlaftiefe und Muskelverspannungen bis hin zum Vermehrten Aufwachen führen kann, wird diese Situation in der Gemeinde als problematisch eingeschätzt. Zur Lärmbelastung des Schienenverkehrs sind unter Lärminfo.at keine Daten abrufbar, jedoch konnte im Interview mit Herrn Ing. Nestelberger herausgefunden werden, dass diese seit der letzten Ausweitung der Erlauftalbahn auf den Frühmorgen- und Nachtverkehr erheblich gestie- gen ist, zumindest im subjektiven Empfinden in der Bevölkerung.

Historische Analyse der umwelt- und freiraumbezogenen Entwicklung in Scheibbs Vom Wasser drinnen und draußen Die breite Geschichte von Scheibbs zeigt, dass die Stadtentwicklung von Scheibbs schon immer von und mit der Erlauf in Verbindung stand. Schon im Jahre 1554 wurde die erste steinerne Brücke errichtet, die im Laufe der Jahrzehnte mehrfach ersetzt und durch andere Brücken er- gänzt wurde. Erst im Jahr 1880 wurde das westseitige Erlaufufer befestigt und somit auch der Zugang erleichtert. Die Altstadt von Scheibbs hat sich zuvor bereits ostseitig der Erlauf entwi- ckelt. Am Sandsteg, einer weiteren Brücke über die Erlauf, wurde 1885 sogar die erste öffentliche Badeanstalt Niederösterreichs eröffnet. Diese wurde 1986 durch das neu gegründete Allwetter- bad abgelöst, das seither mehrfach teuer saniert werden musste. 2017 wurde ein Verein ehren- amtlicher Badretter*innen gegründet, die die hauptberufliche angestellten Personen an Wochen- enden und Feiertagen ersetzen, um die Fixkosten zu senken. Außerdem wurde eine Photovolta- ikanlage auf dem Dach installiert. Letztes Jahr erhielt das Bad den Namen „Wanne Scheibbs“ mit einem erneuerten Werbeauftritt, um mehr Badegäste anzusprechen.

Stadtaussichten Wichtige Orte für eine Wanderung in der Natur der Scheibbser Bevölkerung sind die Urlinger- und Jelinekwarte. 1888 wurde die Urlingerwarte auf dem Blassenstein als Aussichtspunkt errichtet und 1903 in Stein gemauert. Die Jelinekwarte wurde allerdings erst 1952 auf der Rudolfshöhe errichtet und nach dem Notar und Heimatforscher Dr. Dr. Heinrich Jelinek benannt. Eine Sanie- rung der Jelinekwarte erfolgte 2011 durch die Landjugend, die beispielsweise auch 2013 den Töpperpark umgestaltete. 2014 wird die Urlingerwarte am Blassenstein durch eine Photovolta- ikanlage am Dach beleuchtet.

Klima, Energie und Infrastruktur In der Nachkriegszeit wurden 1950 das Wasserleitungsnetz und die Straßenbeleuchtung erwei- tert und Kläranlagen gebaut, um Ver- und Entsorgung in der Stadt sicherzustellen. 1982 errich- tete man einen gemeinsamen Sammelkanal für die Gemeinden Scheibbs und Purgstall, der in einer biologischen Kläranlage am Föhrenhain in Purgstall endet. Im Jahr 1988 wird die Gasver- sorgung der Stadt durch eine Ferngasleitung der EVN sichergestellt. Um die Versorgung mit Trinkwasser sicherzustellen, wurde 2006 die Erneuerung der Steuerungs- und Überwachungs- anlage für die Scheibbser Trinkwasserversorgung vorgenommen. Mit dem Jahr 2007 wurde au- ßerdem das erste Fernwärmeheizwerk in Scheibbs errichtet und ein neuer Energieplan präsen- tiert. In den Folgejahren werden auch das Allwetterbad sowie zahlreiche öffentliche Gebäude Seite | 28 und Privathäuser an das Fernheizwerk angeschlossen, um mehr Energieeffizienz zu erlangen. Wiederum ein Jahr später wurde ein Vertrag zur Senkung der CO2-Emissionen mit dem Ener- giebündnis Mostviertel unterzeichnet. 2009 trat Scheibbs einer Initiative als „Fairtradegemeinde“ bei. Zwei Jahre später wurde eine nextbike-Anlage für den Fahrradverleih eingerichtet, die jedoch nach fünf bis sechs Jahren wegen mangelnder Nachfrage wieder eingestellt werden musste. Beim Bahnhof entstand 2012 außerdem eine Solartankstelle, die auch von E-Bikes genutzt wer- den kann. Am Allwetterbad und der Stocksporthalle wurden 2013 Photovoltaikanlagen errichtet sowie eine Park & Ride Anlage am Bahnhofsplatz gebaut. Zur Vermehrten Nutzung von Elektro- mobilität wurde 2017 eine E-Tankstelle inkl. Standplatz für ein E-Auto am Hauptplatz installiert. Außerdem gab es zahlreiche thermische Sanierungen an den Gemeindehäusern in den letzten Jahren. Einen weiteren Meilenstein im Bereich Klima & Energie erzielte die Stadt Scheibbs im Jahr 2019, als diese zur Energiebuchhaltungs-Vorbildgemeinde ausgezeichnet wurde.

Vom Sport und vom Verweilen Das Sportzentrum kann im Gegensatz zu den neuen Klimaschutzmaßnahmen auf eine längere Geschichte zurückgreifen – es wurde bereits im Jahr 1989 mitsamt eines Hauptspielfeldes, ei- ner 100-Meter-Laufbahn, einem Allwetterplatz sowie zwei Weitsprung- und einer Kugelstoßan- lagen errichtet. Besonders für Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten war das Jahr 2014, in der der Baubeginn für den „Erlaufhafen“ erfolgt. Errichtet wurde die „Stadtmole“ für Veranstaltungen, eine gemütliche Zone zum Verweilen am Wasser, „Begegnungszonen“-Erholungszonen und Ba- debereiche auf der gegenüberliegenden Flussseite. Die Eröffnung erfolge am 13. Juli 2015 beim 1. Scheibbser Erlauffest. Das Stadtbild war auch von zahlreichen Umgestaltungen der öffentlichen Räume und Parkanla- gen geprägt, die hier nicht alle einzeln aufgezählt werden. Besonders rund um das Jahr 2015 zu Zeiten der Landesausstellung wurden mehrere Projekte gestaltet. Unter anderem erbaute man ein öffentliches WC, man erneuerte die Beleuchtung und Wanderwege wurden neu beschildert. Fassaden wurden verschönert (nicht begrünt) und das Töppermausoleum sowie der Töppertor- turm im Töpperpark wurden renoviert. Auch der „Erlaufhafen“ wurde mit Mitteln der Landesaus- stellung gefördert. 2016 wurde auf Wunsch der Bevölkerung ein Begleitweg im Saffengraben entlang der B22 errichtet. Außerdem wurde die Straßenbeleuchtung mit dem Jahr 2017 vollstän- dig auf LED umgestellt. In diesem Jahr wurde auch der Burgerhofwald, der im Gemeindebesitz ist, wiederaufgeforstet.Das Jahr 2018 brachte einen neuen Wanderweg namens „Via Aqua“ nach Scheibbs, der die Gemeinde mit Purgstall und Gaming verbindet und das Thema Wasser zum Inhalt hat. Außerdem gestaltete die Landjugend eine Hundezone im Stadtpark und es wurden Sitzmöglichkeiten beim Pulverturm von der Partnerstadt gesponsert.

Neue Verbindungen entstehen Zuletzt und beginnend im Jahr 2018 wurde von Seiten der EVN vorgeschlagen, die Heubergbrü- cke zu erneuern, da man ohnehin die Wehranlage samt Kraftwerk verlegen und neu bauen muss. Hierfür wurde in der Gemeinde ein großer Beteiligungsprozess unter Mithilfe des Bundesrechen- zentrums gestartet, indem die Bürger*innen 3 Designs der Brücke zur Auswahl hatten. Es wur- den die Technologien Virtual Reality und eine online Partizipationsmöglichkeit getestet und von der Bevölkerung gut angenommen. Die Abstimmung erfolgte im Dezember 2019 und man konnte entweder zu Hause online abstimmen oder dies direkt vor Ort in der Gemeinde mit VR- Brillen erledigen. 973 Teilnehmer*innen nahmen teil (4503 Stimmberechtigte), was eine Beteili- gung von 21,61% ergibt. Das Siegerdesign wird ab Mai 2020 mit der Heubergbrücke errichtet und kann nach Vollendung des Baus vor Ort bewundert werden. Seite | 29

Klima & Energie Energieversorgung & Treibhausgasemissionen Der Energieverbrauch in Scheibbs beträgt im Jahr 171.500 Megawattstunden, was einem Treib- hausgasausstoß in CO2-Äquivalenten von 42.800 Tonnen entspricht. Aus den Daten lässt sich herauslesen, dass Wohnen, Dienstleistungen und Mobilität jeweils zwischen 22-24% des Ener- gieverbrauchs und 20-23% der Treibhausgasemissionen ausmachen. Besonders hervor sticht der Sektor Industrie und Gewerbe, der 28,57% des Energieverbrauchs und sogar 32,31% aller Treibhausgasemissionen in der Scheibbs erzeugt. Die Land- und Forstwirtschaft nimmt mit je- weils rund 2% nur einen geringen Anteil ein. Besonders hervor sticht der Sektor Industrie und Gewerbe, der 28,57% des Energieverbrauchs und sogar 32,31% aller Treibhausgasemissionen in der Scheibbs erzeugt. Die Land- und Forstwirtschaft nimmt mit jeweils rund 2% nur einen geringen Anteil ein. Die folgende Abbildung (Abb. 18) schlüsselt den Energieverbrauch detailliert auf und die mittlere Säule zeigt, für welche Nutzungen Energie eingesetzt wird.

Abb. 18.: Entwicklung der THG-Emissionen | Quelle: Energiemosaik Austria, 2019

In der linken Säule sind die Verwendungszwecke der Energie dargestellt – Wärme, Prozesse und Transport. Die rechte Säule zeigt die Anteile aus fossiler und erneuerbarer Energie. An den Bän- dern zwischen den Säulen ist zu erkennen, welche Sektoren für welche Verwendungszwecke welche Energieform verbrauchen. Beispielsweise ist klar erkennbar, dass die Mobilität nur zu einem sehr geringen Teil auf erneuerbare Energien zurückgreift, jedoch beim Wohnen bereits ca. 1/3 erneuerbar ist. In den Zahlen vom Energiemosaik Austria zeigt sich zudem, dass Einfamilienhäuser jene Wohn- form ist, die am meisten Energie verschlingt – besonders jene, die schon älter sind und nicht gedämmt wurden. Mehrfamilienhäuser schneiden im Verbrauch pro Person schon wesentlich besser ab, vor allem Bauten in den 2000er Jahren. In der Landwirtschaft haben die Dauergrün- flächen den höchsten Energieverbrauch mit 3.100 MWh pro Jahr. Obwohl forstwirtschaftlich genutzte Flächen einen höheren Flächenanteil zu verzeichnen haben, ist ihr Energieverbrauch sehr gering. Im Sektor Industrie und Gewerbe ist der höchste Energieverbrauch in den Sektoren „Bau“, „Ma- schinenbau“, „Verarbeitung mineralischer Rohstoffe“ und „Nahrungs- und Genussmittel, Tabak“ Seite | 30 zu verzeichnen – mit jeweils rund 10.000 MWh pro Jahr. Besonders viele Treibhausgasemissi- onen stößt hier der „Bau“ aus mit 4.270 Tonnen CO2-Äquvi. pro Jahr. Der Sektor Dienstleistun- gen wird dominiert vom Gesundheits- und Sozialwesen (Krankenhaus) mit einem Energiever- bauch von 16.800 MWh Pro Jahr und Treibhausgasemissionen von 4.120 Tonnen pro Jahr. Dies ist im Vergleich zu den anderen Dienstleistungen wie den Handel oder der Beherbergung und Gastronomie sehr hoch. In der Mobilität sind die höchsten Emissionen und der höchste Energieverbauch bei der Alltags- mobilität für Haushalte zu verzeichnen, dicht gefolgt von den Beschäftigten und den Kunden. Für Urlaubs- und Geschäftsreisen wird am wenigsten Energie verbraucht. Der Güterverkehr nimmt beispielsweise knapp 30% des Energieverbauchs von Alltagsmobilität für Haushalte ein.

Wie soll die Zukunft aussehen? Die untenstehende Grafik (Abb. 19) zeigt, wie stark die Treibhausgasemissionen nach den ein- zelnen Nutzungen eingeschränkt werden sollen, um das Emissionsziel für 2050 zu erreichen. Die grauen Zahlen zeigen die Emissionen im Jahr 2011, die farbigen Säulen das Ziel im Jahr 2050. Dies kann nur mit drastischen Einschränkungen in allen Nutzungsformen gelingen. Die zweite Grafik (Abb. 20) zeigt die Art und Weise, wie Emissionsrückgänge verzeichnet werden

Abb. 19.: Entwicklung der THG-Emissionen | Quelle: Energiemosaik Austria, 2019

Abb. 20.: Treibhausgas-Emission nach Nutzung | Quelle: Energiemosaik Austria, 2019 Seite | 31 können. Den weitaus größten Teil machen die Vermeidung und Effizienzsteigerung aus, jedoch hat auch die räumliche Planung einen Einfluss auf den Energieverbrauch in der Gemeinde. Au- ßerdem muss fossile Energie durch erneuerbare Energien ersetzt werden.

Aktive Aktionen der Gemeinde, um die Energieziele zu erreichen ▪ Es gibt einen Energiebeauftragten, der jährlich einen Energiebericht erstellt (Ing. Nestel- berger) ▪ Beratung über Energiesparmaßnahmen und Erneuerbare Energie wird angeboten ▪ Regelmäßige Erhebung der Energiedaten der Gemeindeobjekte ▪ monatliche Ablesung von Strom, Gas, Fernwärme, Wasser ▪ kommunale Energiebuchhaltung ▪ separate Erfassung von Stromverbrauch der Straßenbeleuchtung ▪ Energieausweise für Gemeindeeigene Gebäude ▪ Präsentation des Energieberichtes im Ausschuss bzw. Gemeinderat ▪ Die Straßenbeleuchtung wurde 2017 auf LED umgestellt ▪ Förderungen für Energiesparmaßnahmen ▪ Dämmung der obersten Geschoßdecke - €1,65/m2 max. 200m2 ▪ Ökologische Wohnbauförderung – Höhe richtet sich nach den Punkten der NÖ Wohn- bauförderung und NÖ Wohnbausanierung ▪ Einbau von Photovoltaikanlagen - €100,- je kwh max. € 500,-- ▪ Solaranlagen für Warmwasser- und Heizungsunterstützung € 200,-- bis € 260,- ▪ Erdwärmeheizungsanlagen zur Nutzung der Umweltenergie - € 260,- ▪ Heizungsanlagen für biogene Brennstoffe sowie zur Nutzung der Umweltenergie – Hackschnitzel/Pellets - € 150,- ▪ Nah- und Fernwärmeanschluss auf Biomassebasis – ersatzlose Streichung von fossilen Brennstoffzellen - €150,--

Umgang mit dem Klimawandel (Mitigation & Adaption) Im Umgang mit dem Klimawandel wird vermehrt auf Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbil- dung gesetzt, besonders in der Stadtzeitung „Citybote“, der Homepage und in den lokalen Me- dien. Außerdem wurden einige Energie- und Klimaschutzveranstaltungen wie Filmvorführungen, Vorträge („Klimabewusstes Scheibbs“, „Natur im Garten“), Diskussionen und Nachhaltigkeits- tage veranstaltet. Zur Attraktivierung von klimafreundlicher Mobilität gab es Initiativen wie die „Europäische Mobilitätswoche“, ein Pendlerfrühstück, der Pedibus für Schulkinder – jedoch wur- den keine Mikro-ÖV Systeme umgesetzt. Ein Anrufsammeltaxi konnte nach interkommunalen Absprachen leider nicht installiert werden. Für den Radverkehr wurden Abstellanlagen im Stadtgebiet errichtet und es wurde in einigen Straßen der Einbahngegenverkehr erlaubt. Außerdem wurde die Ötscherland Radroute attrakti- viert und ein Raderöffnungsfest in der Gemeinde gefeiert. Im Rathaus wurden Dienstfahrräder für die Mitarbeiter*innen gekauft, die laut Herrn Ing. Nestelberger auch benutzt werden. Folgende Infrastruktur wurde außerdem installiert:

▪ 2 E-Ladestationen und eine Solartankstelle ▪ Trinkbrunnen ▪ Fernwärmeheizwerk

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Die Biolandwirtschaft wird unterstützt, die Gemeinde ist der Initiativen „Fair Trade Gemeinde“ sowie „Natur im Garten“ beigetreten. Es wird regionalen, biologischen und fair produzierten Pro- dukten (Kaffee in der Gemeinde und bei Festen) immer der Vorzug gegeben, meinte Herr Nes- telberger. Der Scheibbser Wochenmarkt nimmt in Bezug auf die Regionalität von Lebensmitteln eine wichtige Rolle ein. Bei Siedlungsgebieten werden laut Herrn Ing. Nestelberger kleinere Parzellengrößen verkauft und auf einen verdichteten Wohnbau gesetzt – ganz im Sinne einer flächensparenden Sied- lungsentwicklung. Außerdem wurde bei der Standortwahl für ein interkommunales Betriebsge- biet in Neubruck mit anderen Gemeinden kooperiert. Im Oktober (19.-22.) 2020 werden die Nach- haltigkeitstage veranstaltet, wo die Themen „Reparatur und Müllvermeidung“ in einem Repara- turcafé behandelt werden. Dies findet in Kooperation mit den lokalen Bildungseinrichtungen statt.

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2.4. Wirtschaft und Tourismus 2.4. Wirtschaft und Tourismus

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„Wer schafft die Arbeit?“ fragten sich lange Zeit viele Menschen im Land. Die Antwort lieferte die damalige Arbeits- und Sozialministerin im Jahr 2019 mit: „die Wirtschaft schafft die Arbeit!“. Da- mit beschäftigt sich auch dieses Kapitel. Es wird ergründet welche Arbeit geschaffen wurde und wie es um diese Arbeit momentan steht. In einem Tourismus-Spezial-Teil wird der Fremdenverkehr in Scheibbs noch einmal genauer be- leuchtet. Hier gibt es gesondert von der allgemeinen Wirtschafts-Bestandsanalyse tiefere Ein- sichten in einen Bereich, der nicht nur für ökonomisch wichtig ist, sondern auch das Image der Stadt prägt.

Folgende Fragen werden versucht durch die Bestandsanalyse im Bereich Wirtschaft & Touris- mus zu beantworten:

▪ Wie viele Betriebe gibt es und in welchen Branchen? ▪ Woher kommen die Arbeitnehmer? ▪ Was sind wichtige Betriebe für die Stadt? ▪ Welche Initiativen gibt es? ▪ Wie hat sich der Tourismus in den letzten Jahren verändert? ▪ Wie funktioniert die regionale Zusammenarbeit im Bereich Tourismus? ▪ Mit welchen Problemen und Schwächen hat sie Stadt im Bereich Tourismus zu kämp- fen?

Methodisch steht zuerst eine Analyse von Daten, welche im Internet zu finden sind. Dazu gehö- ren Daten der WKO, welche darauf schließen lassen, wie viele Betriebe in welcher Größe und in welcher Branche in der Region agieren. Daten der Statistik Austria geben Einblick in das Pendel- Verhalten der Menschen, die in Scheibbs leben oder arbeiten sowie auf Nächtigungszahlen. Des Weiteren wurden einzelne wichtige Betriebe und Initiativen durch Internetrecherche erfasst so- wie die bedeutendsten touristischen Hotspots recherchiert.

Wirtschaft Wirtschaft im Bezirk Scheibbs

Da sich die Wirtschaft nicht an Gemeindegrenzen hält, muss die Analyse unserer Meinung nach größer ausfallen. Zumindest die Situation im Bezirk Scheibbs ist mitzudenken. Grundsätzlich ist die Situation sowohl in der Gemeinde Scheibbs als auch im gesamten Bezirk aus wirtschaftlicher Sicht sehr solide. Im Bezirk Scheibbs befinden sich drei Gemeinden, die in Relation stärkere Wirtschaftstätigkeit aufweisen und auch durch eine höhere Bevölkerung her- ausragen. Dazu gehören Scheibbs, Purgstall und Wieselburg. Starke Konzentrationen gibt es hier vor allem bei Handelsbetrieben, Gewerbe und Handwerksbetrieben und großen Industrieun- ternehmen, sowie auch bei Betrieben, die in der Branche Information und Consulting tätig sind. Durch verschiedenste Internetseiten sind auch Informationen über die Leader-Projekte der Re- gion abrufbar. Ebenso wurden große Betriebe näher betrachtet.

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Abb. 21.: Tabelle / unternehmerische Maßzahlen

Pendlerverflechtungen

Die Betrachtung der Pendlerdaten aus dem Jahr 2017 (siehe Abb. 22) lässt einige Schlüsse zu. So übersteigt die Zahl der Einpendler mit 2.454 deutlich die Zahl der Auspendler, welche lediglich 961 beträgt. Zudem gibt es noch 1.001 Binnenpendler in der Gemeinde. Zurückführen lässt sich das auf die Rolle von Scheibbs als Verwaltungsstadt und den Arbeitgebern in der Gemeinde: Landeskrankenhaus, Wittur und andere Betriebe. Sowohl bei den Einpendlern als auch bei den Auspendlern machen die umliegenden Gemeinden einen großen Anteil aus. Hier ist vor allem die Bedeutung von Purgstall herauszuheben. Bezogen auf die Anzahl der Einpendler auf Bezirksebene ist Melk am wichtigsten, danach kommen Amstetten und St. Pölten Land. Außerhalb von Niederösterreich ist Wien von großer Bedeutung. Eine ähnliche Reihung ist auch bei den Auspendlern zu beobachten. Hier sticht Melk jedoch nicht so hervor.

Abb. 22.: Auspendler aus der Gemeinde Scheibbs sowie Einpendler in die Gemeinde Scheibbs nach Herkunft | Quelle: Statistik Austria,2020

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Wirtschaft in der Gemeinde Scheibbs

Die Gemeinde Scheibbs profitiert sehr von ihrer Rolle als Bezirkshauptstadt. Dadurch, dass viele Behörden ihren Sitz in der Stadt haben, sind viele Arbeitsplätze vorhanden. An erster Stelle ist hier etwa die Bezirkshauptmannschaft zu erwähnen, auch die Bezirksstellen von WKO und AK, sowie eine Bezirksstelle des Finanzamts befinden sich hier. Daneben gibt es eine hohe Dichte von Banken und Kanzleien.

Der größte öffentliche Arbeitgeber ist jedoch das Landesklinikum Scheibbs, wodurch die Ge- meinde ihre zentralörtlichen Aufgaben in der Gesundheitsversorgung nachkommt. Zusätzlich gibt es 30 praktizierende Ärzte und das Pflege- und Betreuungszentrum Scheibbs.

Steckbriefe ausgewählter Betriebe

Das Budget der österreichischen Gemeinden wird maßgeblich durch Betriebe bestimmt, die Kommunalsteuer zahlen. Öffentliche Arbeitgeber, schaffen zwar Arbeitsplätze und bringen Fre- quenz, jedoch kosten sie der Gemeinde Geld. Die Wichtigkeit der privaten Betriebe für die Ge- meinde ist also unumstritten. Wichtige und interessante Arbeitgeber in Scheibbs werden im Fol- genden vorgestellt

Wittur GmbH | Aufzugskomponenten Mitarbeiter: 570 / 4.500 weltweit

Wo in anderen Orten der Kirchturm als Wahrzeichen emporragt, steht in Scheibbs der Aufzugsturm von Wittur. Das Unternehmen ist mit etwa 570 Mitarbeitern eine feste In- stitution in Scheibbs und ein wichtiger Arbeitgeber für die gesamte Region. Das Unternehmen Wittur GmbH gehört zur Wittur-Gruppe, die weltweit agiert. Die Nie- derlassung in Scheibbs ist ein Kompetenzzentrum für Sicherheitskomponenten, Türme- chanismen und Fahrkorbrahmen. Die Geschichte der Firma beginnt im Jahr 1968. In diesem Jahr wurde die Kamarythalle von der Firma Sowitsch gekauft. Dort wurden zu Beginn Drehtüren gefertigt. 1970 wurde das Unternehmen vom finnischen Aufzugshersteller Kone gekauft und im Laufe der Jahre ausgebaut. Im Jahr 2001 trennte sich Kone vom Werk und es wurde Teil der Wit- tur-Gruppe und ist bis heute ein wichtiges Unternehmen in der Region.

Anton Traunfellner Ges.m.b.H. | Bauunternehmen Mitarbeiter: 380 in mehreren Niederlassungen, Zentrale in Scheibbs

Die Firma wurde 1889 in Scheibbs vom Baumeister Anton Traunfellner gegründet und wurde seit dem Schritt für Schritt vergrößert. Der Betrieb betreibt nicht nur Baustellen, sondern auch Abbaustellen von Baumaterial sowie Deponien. 2007 wurde dafür die Tochterfirma Deponie Bar gegründet, die auf Abbrucharbeiten und Deponien spezialiert ist. Heute ist Traunfellner ein wichtiger Arbeitgeber in der gesamten Region. Das Logo der Firma ist auf Baustellen in der Gegend um Scheibbs omnipräsent

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KCC Krammer Clinic Consulting GmbH | Softwareunternehmen Mitarbeiter: 33

KCC stellt Software speziell für den Gebrauch in Krankenhäusern her. Im Produktportfo- lio befinden sich aber auch andere Softwareprodukte, wie zum Beispiel solche, die bei Administrativen oder logisitischen Tätigkeiten unterstützen sollen. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1990.

Deckweiss | Digitale Dienstleistungen Mitarbeiter: 8

Deckweiss wurde von vier Absolventen der IT-HTL in Ybbs gegründet. Das Unternehmen unterstützt Betriebe bei Digitalisierung und Innovation mit Beratung und Individualsoft- ware. Die Kunden von Deckweiss sind zwischen Wien und München verortet.

Reschinsky | Konditorei Mitarbeiter: -

Die Bekanntheit der Konditorei Reschinsky geht weit über die Gemeindegrenzen von Scheibbs hinaus. In der Gemeinde selbst gibt es das Stammhaus der Konditorei und den Eissalon. Beide Lokale sind vor allem im Sommer sehr beliebt. Darüber hinaus gibt es ein Kaffeehaus in Wieselburg. Zusätzlich ist der Betrieb durch die Präsenz auf vielen Kir- tagen und Jahrmärkten bekannt.

LEADER-Projekte

Scheibbs liegt in der Leader Region Eisenstraße. Diese ist seit 1990 eine Institution in der Region und hat im Lauf der letzten Jahre mehrere Projekte injiziert, die für die wirtschaftliche Entwick- lung von Scheibbs von Interesse sind.

Get the Most Seit Juni 2018 gibt es die Initiative, seit 2019 den Verein „Netzwerk Mostviertel – Get the Most“. Der Verein soll vor allem junge Menschen, aus der Region Mostviertel vernetzen. Dies geschieht durch Stammtische und andere Aktivitäten. Ein Gedanke hinter der Aktion ist, dass die jungen Menschen den Kontakt zur Heimat nicht verlieren und sich durch die Vernetzung Synergien ergeben. (yCRM)

AGZ Mostviertel PLUS AGZ = Arbeitgeberzusammenschluss: Mehrere Betriebe teilen sich eine Arbeitskraft. Diese arbeitet Vollzeit. Somit soll eine Win-win Situation für Arbeitgeber und Arbeitneh- mer geschaffen werden.

Coworking Eisenstraße 2015-2017 Die Initiative soll Coworking Places in der Region Eisenstraße etablieren. Es gibt mittler- weile Standorte in Waidhofen (beta-campus), Wieselburg (ECOSPACE) und Scheibbs (Coworking Neubruck) im Schloss Neubruck seit Jänner 2016.

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Gründung findet Stadt Dabei handelt es sich um ein Förderpaket für Personen, die im Stadtzentrum Unterneh- men gründen wollen. Es beinhaltet bis zu 7.500€ sowie Marketing und andere Unterstüt- zung. In der Stadt Scheibbs gibt es zurzeit drei Gründer, die dieses Förderpaket in An- spruch genommen haben. Die Initiative läuft seit Juni 2019 und hat unter anderem auch zum Ziel, Leerstand in der Stadt zu bekämpfen.

Tourismus Tourismus in Zahlen

Im ersten Schritt wurde die Zahl der Übernachtungen in Scheibbs mit jenen der zwei Nachbar- gemeinden Wieselburg und Purgstall verglichen. Die Anzahl der Übernachtungen ist die Gesamt- summe aller Übernachtungen der Gäste in einem Beherbergungsbetrieb. Als Vergleichswert wird auch oft die Zahl der Ankünfte herangezogen. Dies gibt Auskunft über die Anzahl der an- kommenden Gäste in einem Beherbergungsbetrieb, die mindestens einen Aufenthalt von einer Nacht haben. Diese Daten liegen aktuell nicht im Zeitvergleich vor. Betrachtet man die Nächtigungszahlen der Gemeinde Scheibbs (siehe Abb. 23), so ist von 2009 bis 2011 ein starker Einbruch bei den Nächtigungen zu beobachten. Der Grund für den starken Einbruch war die Schließung von Jungerholungsheimen (=Heime, wo Kinder aus schwierigen Verhältnissen aus Wien, ihren Sommer verbracht haben). Das Areal, welches der Stadt Wien gehört, steht zwar zum Verkauf, aber aufgrund der Nähe zur Umfahrung und des Lärmpegels ist es für beispielsweise Wohnungen nicht geeignet. Ein weiterer Grund für den Rückgang war die Schließung des großen Hotels Hofmarcher. Seit der Landesaustellung 2015 ist der Verlauf rela- tiv konstant. Wieselburg, dazu im Vergleich, erlebt seit einigen Jahren einen großen Aufschwung. Früher gab es 2 Messen und mittlerweile finden 10 verschiedene Messen jährlich statt. Weiters haben sich eine Fachhochschule als auch mehrere Betriebe dort angesiedelt. Die Stadt prospe- riert immer mehr und ist wirtschaftlich stark. Scheibbs, hingegen, hat immer wieder finanzielle Engpässe und war auch vor einigen Jahren eine Ausgleichsgemeinde. Die Gemeinde Purgstall lag bis 2009 hinter Scheibbs, ab 2011 bis 2017 verzeichnete die Gemeinde die meisten

Abb. 23.: Nächtigungen im Vergleich mit anderen Gemeinden Daten: Statistik Austria, 2020 Seite | 39

Abb. 24.: Durchschnittliche Aufenthaltsdauer. Daten: Statistik Austria, 2020

Nächtigungen im Vergleich zu den anderen zwei Gemeinden. Die durchschnittliche Aufenthalts- dauer in der Gemeinde Scheibbs erreichte 2009 ihren Höhepunkt mit 4,7 Nächten. Seit 2010 schwankt die Zahl zwischen 2,9 und 3,5 Tagen, wobei ein Abwärtstrend erkennbar ist (siehe Abb. 24). Vergleicht man dies mit den Nächtigungszahlen, die leicht steigen, dann bedeutet das, dass die Menschen zwar immer kürzer in Scheibbs bleiben, aber mehr Personen die Gemeinde besu- chen. Der Jahresverlauf der Übernachtungen in der Abbildung unten (Abb. 25) zeigt deutlich, dass die meisten Besucher in den Sommermonaten Juli und August nach Scheibbs kommen. Somit wurden in der Hauptsaison 2018, die von April bis Oktober geht, 77% der Gesamtüber- nachtungen verzeichnet und in der Wintersaison nur 23%. 2018 war mehr als die Hälfte der Gäste aus Österreich und 42% der Gäste ist aus dem Ausland angereist. Die Informationen aus welchen Bundesländern bzw. Staaten die Gäste kommen, liegen uns leider nicht vor.

Abb. 25.: Jahresgang der Nächtigungen | Daten: Statistik Austria, 2020

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2018 gab es insgesamt 38 Gästebetten verteilt auf 6 Beherbergungsbetriebe. Im November 2019 wurde das Hotel N8 Quartier mit 18 Betten eröffnet, somit verfügt Scheibbs aktuell über 56 Betten. Berechnet man die jährliche Bettenkapazität (38 Betten x Öffnungstage) von Scheibbs für 2018, so sind das 13.870 maximal mögliche Nächtigungen bei 38 Gästebetten. 2018 gab es 3.648 Nächtigungen in Scheibbs, was eine Auslastung von rund 26% bedeutet. Die Nächtigungszahlen deuten auf eine starke Unterauslastung hin. Mit der Eröffnung des neuen Hotels verfügt Scheibbs über zusätzliche Betten, die eine Unterauslastung mit dem aktuellen Verlauf der Nächtigungen nur begünstigen. Da uns jedoch keine Zahlen und Details in Bezug auf Buchungen bzw. Anfragen vorliegen, kann auch keine fundierte Aussage über die genaue Aus- lastung und einen möglichen punktuellen/saisonabhängigen Mangel an Gästebetten gemacht werden.

Ein Einblick in das touristische Angebot

Scheibbs ist keine Tourismusstadt per se, sondern ist mehr auf den sanften Ausflugstourismus ausgerichtet. Wie auch anhand der Zahlen sichtbar, liegt der Schwerpunkt nicht im Nächtigungs- tourismus, sondern im Ausflugstourismus im Bereich Kultur, Radfahren und Wandern. In und um Scheibbs gibt es viel Schönes zu entdecken: Die historische Altstadt an der Erlauf, Kultur an besonderen Schauplätzen, herrliche Ausblicke vom Scheibbser Höhenrundwander- weg, den Naturpark Ötscher-Tormäuer und die Eisenstraße Niederösterreich. Die Altstadt ist das Herzstück der Stadt und lädt mit ihren verwinkelten Gassen und schönen Bürgerhäusern, die an die Blütezeit des Eisen- und Provianthandels erinnern, zum Flanieren ein.

Abb. 26.: Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe auf Gemeindegebiet | Quelle: Land NÖ, OSM und eigene Ergebung (alle 2020) Seite | 41

Das besondere Flair wird der Stadt durch die Erlauf mit dem neuen Erlaufhafen als Liegeinsel und der Stadtmole als Rastplatz und Bootsanlagestelle, verliehen. Auf der unten angeführten Karte der Altstadtrunde, kann man sich einen guten ersten Einblick über die Altstadt und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten verschaffen. Stadtführungen mit Scheibbser Stadtführern sind bei Besuchern sehr beliebt.

Gastronomie und Beherbergung

Wie bereits weiter oben erwähnt, gibt es in Scheibbs sieben Beherbergungsbetriebe. Die Vertei- lung ist auf der Karte der vorangehenden Seite (Abb. 26) ersichtlich. Neben den Unterkünften, ist auch die Dichte der Gastronomiebetriebe in der Altstadt zu sehen. Neben dem Hotel N8 Quar- tier befinden sich 13 der 20 Betriebe im Zentrum von Scheibbs. Das gastronomische Angebot ist vielfältig – neben traditionellen österreichischen Gasthäusern, ist ein asiatisches Restaurant, zwei Pizzerias, ein Burger-Lokal sowie ein Kebab Imbiss vorzufinden. Die Konditorei Reschinsky, die mit ihren Scheibbser Kugeln weit über die Gemeindegrenzen bekannt ist, wird von Touristen als auch Einheimischen gerne besucht. Das Stadtcafe, das Pub, sowie die Bar Lounge sind Orte, die vor allem an Abenden auf ein gemütliches Beisammensein einladen.

Rad- und Wanderrouten

Neben dem kulturellen Angebot zählen der Rad- sowie Wandertourismus zu den touristischen Schwerpunkten von Scheibbs (soehe Abb. 27). Der Ötscherland-Radweg, der demnächst in den Erlauftal-Radweg umbenannt wird, gehört neben dem Ybbstal-Radweg zu den wichtigen über- regionalen Radwegen, die das Erlauf- sowie Ybbstal mit dem Donauradweg verbinden. Der Er- lauftal-Radweg soll wie auch der Ybbstal-Radweg, der entlang der stillgelegten Bahntrasse ver- läuft, für den Tourismus noch mehr attraktiviert werden. Aufgrund der Topographie ist Scheibbs auch ein beliebter Ort für Mountainbike-Touren, da viele der Strecken auf die umliegenden Berge führen. Rund um Scheibbs kann zwischen sechs ver- schiedenen Touren gewählt werden. Die Rennradstrecke „Mariazeller Runde“ mit 165 km führt ebenfalls durch die Gemeinde Scheibbs. Wie bereits in anderen Kapiteln erwähnt, verfügt die Gemeinde weder über öffentliche Fahrrad-Leihstationen wie z.B. NextBike noch über private Ver- leihmöglichkeiten, nur einzelne Beherbergungsbetriebe bieten für ihre Gäste Fahrräder an. Der Kulturamtsleiter hat uns erzählt, dass es vor ein paar Jahren NextBike Leihstationen gab, die aber aufgrund der niedrigen Nachfrage wieder eingestellt wurden. Mit der Attraktivierung des Erlauftal-Radweges ist auch ein neues Radverleih-Konzept geplant. Schöne Naturwege und Aussichten laden sowohl Einheimische als auch Besucher zu Wande- rungen ein. Neben der bekannten und prämierten Wanderroute Via Aqua, die im Zuge eines Ge- meinschaftsprojektes der Kleinregion Großes Erlauftal ins Leben gerufen wurde, gibt es auch noch rund 10 weitere Wanderrouten, die direkt durch oder von Scheibbs zu schönen Aussichts- punkten wie z.B. der Jelinekwarte und der Urlingerwarte am Blassenstein führen. Wichtige Se- henswürdigkeiten sowie Rad- und Wanderrouten können der untenstehenden Karte entnommen werden.

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Abb. 27.: Infrastruktur für den Tourismus in Scheibbs | Quelle: Land NÖ, OSM, Gemeinde Scheibbs und eigene Ergebung (alle 2020)

Kunst und Kultur

Die Stadtgemeinde Scheibbs hat 2019 die Auszeichnung des Landes Niederösterreich als die kulturfreundlichste Gemeinde im Bezirk Scheibbs erhalten. Scheibbs bietet ein breites Veran- staltungsangebot, welches Großteils vom scheibbs.IM.PULS, dem Verein für Wirtschaft, Kultur, Freizeit und Events organisiert wird. Tradition, Handwerk und Musik stehen dabei im Vorder- grund. Alle zwei Jahre findet im Frühjahr das Scheibbser Stadtfest statt, wo sich die Stadt von all ihren Seiten präsentiert, von der Autoschau bis zu Musikkonzerten, vom Straßentheater bis zum Kinderflohmarkt. Der Scheibbser Hiabstla findet ebenfalls alle zwei Jahre an einem Herbst- wochenende statt und ist ein Fest der Volkskultur, Tradition und Kulinarik. Unter dem Motto „Kultur findet Stadt“ organisieren die Vereinsmitglieder von scheibbs im- puls.kultur laufende Kulturveranstaltungen. Meist finden diese im kultur.portal statt, dem Veran- staltungssaal mit Terrasse zur Erlauf, der 2014 von Verein und Stadtgemeinde errichtet wurde. Ein weiterer wichtiger Schauplatz für Kultur ist der Kulturhafen Scheibbs, wo auf der mobilen Open-Air-Bühne jährlich rund 300 Veranstaltungen ausgetragen werden. Förderung junger Talente spielt in Scheibbs eine große Rolle. Schulen und Jugendkultur-Initiati- ven leisten wichtige Beiträge. 2008 wurde mit dem Verein Proberaum Scheibbs die Drehscheibe und Anlaufstelle für junge kreative Leute geschaffen. Etwa die Hälfte der Scheibbser Kulturver- anstaltungen sind Eigenproduktionen. Die Palette reicht von Klassik über Volksmusik bis Jazz, von Sommerkino und Kleinkunsttagen bis zum Scheibbser Theaterherbst. Das Scheibbser Kam- merorchester ist weit über die Stadtgrenzen bekannt. Weitere Drehscheiben der Scheibbser Kultur sind das Keramikmuseum Scheibbs und das Schüt- zenscheibenmuseum. Seite | 43

Vermarktung und Kooperation

Die Gemeinde Scheibbs verfügt über keine spezielle Tourismusstrategie. Ein klares Image mit beispielsweise einem Logo, welches weit über die Gemeindegrenzen bekannt ist, gibt es nicht. Laut dem Kulturamtsleiter erfolgt die Vermarktung über die Mostviertel Tourismus GmbH, auf deren Homepage das gesamte Mostviertel präsentiert wird. Die Tourismus Online-Präsenz er- folgt über die Homepage der Gemeinde Scheibbs. Die Inhalte sowie das Design sind teilweise ident mit jenen der Homepage von Mostviertel Tourismus. Der Scheibbser City-Bote erscheint seit 2004 als Regionalzeitung viermal jährlich in Kooperation mit der Wirtschaftsplattform scheibbs.IMPULS. Sie enthalẗ aktuelle Themen aus verschiedenen Bereichen, Stadt-Nachrichten sowie Informationen zu Veranstaltungen. Der City-Bote hat Anfang des Jahres mit der Auszeich- nung KOMM-KOMM den Preis als zweitbeste Gemeindezeitung des Landes Niederösterreich erhalten. Neben der guten Zusammenarbeit mit Mostviertel Tourismus GmbH, gibt es auch viele Projekte mit der Leaderregion Eisenstraße, wo der Bereich Tourismus mit der Vermarktung des „wilden Mostviertel“ zum einen der strategischen Schwerpunkte zählt. In Kooperation mit diesen überregionalen Tourismusverbänden wird immer wieder an gemeinsamen Projekten gearbeitet, wie z.B. der Bio Naschmarkt Eisenstraße, die Attraktivierung des Erlauftal-Radweges, das Pro- jekt Kulturglut, etc. Durch die Landesausstellung konnte die Region und auch die Stadt Scheibbs viele positive Im- pulse erhalten. Positiv hervorzuheben ist auch die verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der Re- gion; es wurde viel in den Ausflugstourismus investiert, um die Bekanntheit der Region noch mehr zu fördern.

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2.5. Mobilität 2.5. Mobilität

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„Bewegung ist alles, die Richtung entscheidet.“ - Sollte der Leser / die Leserin dieser Zeilen die Inhalte dieses Berichtes in der Reihenfolge verinnerlicht haben, in der wir ihn aufgebaut haben, dann hat er bzw. sie schon einen guten Überblick über viele wichtige Einrichtungen und deren Lage erlangt. So wurde vermittelt, wo die Scheibbser*innen einkaufen gehen, wo sie arbeiten, wo und wie sie wohnen. Wir haben gezeigt, wo die Scheibbser*innen in die Schule gehen, wo sie ihre Freizeit verbringen und wo sie sich sonst versorgen. Nun ist es aber so, dass niemand diese sämlichen Funktionen in seinem eigenen Heim vorfindet, auch nicht in Zeiten von Covid-19. Und so könnte man das obige Zitat auch auf diese Weise auslegen: Bewegung ist alles, denn bewe- gen müssen sich alle. Doch, wie im Zitat von Manfred Hinrich angedeutet, ist Bewegung nicht gleich Bewegung. Wir müssen uns fragen: Geht die Mobilität in der Gemeinde Scheibbs in die richtige Richtung? Stimmt der Kurs, den man gesetzt hat? Um das zu beantworten, haben wir folgende zentrale Fragen für die Bestandserhebung herausgearbeitet:

▪ Wie können sich die Menschen in der Gemeinde bewegen? ▪ Zu welchen Orten haben sie Zugang, auch wenn sie über kein Auto verfügen? ▪ Wie steht es um die Infrastruktur für Alternativen neben dem Auto? ▪ Von welchen Orten kann man Haltestellen des öffentlichen Verkehrs und zentrale Ein- richtungen der Daseinsvorsorge gut erreichen, von welchen weniger gut? ▪ Wie viele Personen finden aktuell in Scheibbs ihren nächsten Ort mit zentraler Versor- gung - sprich - welche Einzugsbereiche deckt Scheibbs ab?

Ein Einblick in die Mobilitätsinfrastruktur

Bus & Bahn - Überblick über Taktung und Linien

Wir haben uns dafür entschieden, in der Darlegung der Ergebnisse darauf zu verzichten, gleich am Beginn und ganz präsent die Situation, um das Auto festzuhalten, erfährt das Auto ja schon vor Ort genügend Präsenz. Stattdessen wollen wir zunächst die anderen Alternativen der Mobi- lität innerhalb der Gemeinde beleuchten und dadurch etwaige Schwächen oder auch Stärken auf diesen Gebieten aufdecken. Man könnte meinen, dass der Raum um Scheibbs ein toter Raum ist, was öffentliche Mobilität betrifft. Das ist aber bei Weitem nicht so. Erst vor ein paar Monaten (Stand: 05.2020) gab es umfangreiche Adaptierungen und Verbesserungen im gesamten Mostviertel. So wurden auch die vormaligen Linien durch Scheibbs grundlegend neu aufgestellt und getaktet. Das Zentrum von Scheibbs kann man im Bezug zum öffentlichen Verkehr getrost als Hauptknoten und Um- stiegsort höchsten Ranges im westlichen Mostviertel bezeichnen, denn nicht weniger als 8 Bus- linien und eine Bahnlinie werden hier gebündelt. Neben regionalen Zielen höheren Ranges wie Amstetten, Waidhofen an der Ypps sowie Pöchlarn und Zubringerlinien zur Bahn aus dem hin- teren Erlauftal und dem angrenzenden Pielach- und Yppstal sind auch zwei Linien in die Landes- hauptstadt vorhanden (siehe Abb. 28).

Die Linien bündeln sich insbesondere zwischen den beiden Bahnhöfen auf Gemeindegebiet (Scheibbs und Saffen) stark, was in der Folge, zumindest an Werktagen, zu einer attraktiven Verdichtung der Taktung führt. Die Abbildungen 29 bis 31 zeigen diese zwischen den insgesamt 20 Haltestellen auf dem Gebiet der Gemeinde Scheibbs an Werktagen, Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen. Auf der angesprochenen "Stammstrecke" um das Scheibbser Zentrum kann in

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Abb. 28.: Linien öffentlicher Verkehrsmittel innerhalb des Gemeindegebietes von Scheibbs | Daten: OSM, Land NÖ & eigene Erhebung (alle 2020)

Spitzenzeiten ein Takt von einer halben Stunde bzw. unter Einbezug der Bahn fast ein Viertel- stundentakt gewährleistet werden. Allerding ist hier auch zu erwähnen, dass die Taktung nicht exakt 30 Minuten entspricht, sondern die Busse eher in der ersten Hälfte der Stunde bei den Haltestellen ankommen. Des Weiteren gibt es vor allem um die Mittagszeit auch größere Löcher im Fahrplan. Ferner verkehren die Linien über Scheibbsberg, Brandstatt und Neustift mit einem Takt von einer Stunde, decken dabei aber nicht oder kaum die abendlichen Stunden ab. Sehen die Taktungen an Werktagen noch gut bis sehr gut aus, sind sie an Samstagen und be- sonders an Sonntagen nur noch als genügend bis nicht genügend einzustufen. So werden die Randbereiche von Scheibbs nur noch durch maximal einen Zweistundentakt oder überhaupt nicht mehr angebunden. Lediglich die Bahn behält durchwegs ihren Stundentakt bei. Ohne Auto ist das Vorankommen gerde zur Wochenendzeit also nur sehr eingeschränkt möglich. Wir haben es hier also beim öffentlichen Verkehr um eine klassische Pendler- und Schülertransport-Funk- tion zu tun (zu diesen Zeiten weisen die Fahrpläne die deutlich stärksten Taktungen auf). Die Bahnstrecke aus Pöchlarn, die derzeit in Scheibbs endet, hatte nicht immer diesen Endpunkt. Bis zum Jahr 2010 verlief die Strecke weiter der Erlauf entlang bis Kienburg/Gaming und weiter, theoretisch bis Waidhofen/Ypps. Die Abschnitte von Scheibbs bis Kienberg und von Göstling an der Ypps bis Waidhofen wurden jedoch stillgelegt und abgetragen. Zwar hat in den letzten jahren ein Umdenken stattgefunden und einige lokale Akteure haben den Abbruch der Gleisanlagen bereut, doch wurde durch den Abbau der Gleise ein möglicher Bahnbetrieb in Zukunft - zumin- dest laut vielen Stimmen aus der Region verunmöglicht. Die Bahn wird vor Ort aber trotzdem als ein Anker der öffentlichen Mobilität gesehen, einen weiteren Ausbau der Frequenz sowie des Angebotes (Elektrifizierung) würde man sehr positiv gegenüberstehen. Auch sicherheitstechni- sche Ausbaumaßnahmen (Sicherung der Bahnübergänge etc.) würde man sich an den Kreuzun- gen in Scheibbs wünschen, jedoch könne sich die Stadt die Hälfte der Finanzierung nicht leisten. Seite | 47

Gesamtheitlich gesehen ist die Siedlungsachse Neustift-Saffen aber gut bis sehr gut an den öf- fentlichen Verkehr angeschlossen, legt man einen ländlichen Maßstab zur Abschätzung an. Die Bereiche um die Streuhöfe können hingegen nur sehr eingeschränkt von den Bussen erreicht werden. Noch deutlicher wird das im Abschnitt "Erreichbarkeit innerhalb der Gemeinde", auf den wir hier verweisen wollen.

Abb. 29.: Taktung des öffentlichen Verkehrs auf dem Gemeindegebiet von Scheibbs (Bus&Bahn / Werktags); Daten: ÖBB Scotty, 2020

Graphik: eigener Entwurf

Abb. 30.: Taktung des öffentlichen Verkehrs auf dem Gemeindegebiet von Scheibbs (Bus&Bahn / Samstags); Daten: ÖBB Scotty, 2020

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Abb. 31.: Taktung des öffentlichen Verkehrs auf dem Gemeindegebiet von Scheibbs (Bus&Bahn / Sonn- und Feiertags); Daten: ÖBB Scotty, 2020

Der Bahnhof von Scheibbs - Ein pulsierendes Herz mitten im Zentrum

Der Scheibbser Bahnhof kann von seiner Lage als sehr zentral gelten. Kaum 200 Meter trennen ihn von der Innenstadt von Scheibbs. Dadurch ist die Erreichbarkeit von zentralen Einrichtungen wie Fachärzten, Gastronomie und Verwaltung auch per Bahn gegeben. Der Bahnhof selbst wurde erst vor einigen Jahren durch neue Ausstattung, barrierefreie Bahnsteige und weitere P+R-Parkplätze attraktiviert. Er fungiert ferner als Konotenpunkt des öffentlichen Verkehrs, da sich an ihm alle Buslinien schneiden. Die Abstimmung auf die Bahn funktioniert hier je nach Srecke sehr gut (siehe weiter unten), ist aber noch ausbaufähig. Zwar wurde mit der Attraktivierung des Bahnhofes ein großer Schritt zur Attraktivierung der Bahnlinie gemacht, die Tatsache, dass keine barrierefreien und veraltete Triebwagen auf dieser Linie verkehren, lässt die Attraktivität dieser Einrichtung jedoch wieder sinken. Doch welche Rolle kann dieser Bahnhof, der gleichzeitig Endpunkt der Erlauftalbahn ist für Scheibbs und seine Um- gebung spielen? Klar ist, dass dieser Bahnhof nicht nur das Zentrum exzellent an den öffentli- chen Verkehr anschließt und damit Zugänglichkeit auch für jene Personen schafft, die nicht im Besitz eines Autos sind, sondern dieser als Endpunkt umgekehrt auch einen Startpunkt darstel- len kann. Einen Startpunkt für Pendlerinnen und Pendler aus dem hinteren Erlauftal (Auto, Rad,...), aber auch einen Startpunkt für Radfahrer, die sich bis nach Scheibbs transporieren las- sen können und dann wieder die Erlauf hinunter oder weiter hinauf fahren können. Durch seine Lage und seine Ausstattung eignet sich der Bahnhof Scheibbs jedenfalls schon jetzt, zu einem Schnittpunkt der Mobilität zu werden.

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Alternative Mobilität - Rad, Carsharing & Co

Neben Bus oder Bahn könnte man sich im ländlichen Raum natürlich auch anderer Verkehrsmit- tel bedienen, bei denen man nicht durch Taktungen gebunden ist. Vorrangig ist für die Gemeinde Scheibbs das Rad als nachhaltiges Verkehrsmittel zu nennen. Mit dem Erlauftal-Radweg (vor- mals Ötscherland-Radweg) existiert hier eine höherrangige Radverbindung, die sich meist ent- lang der Erlauf durch das Gemeindegebiet zieht. Die untenstehende Abbildung (Abb. 32) stellt den Verlauf dieses Radweges dar und zeigt gleichzeitig die neuralgischen Abschnitte dieses We- ges auf. Im Norden führt dieser zuerst auf einem eigenständigen Weg meist bahn- und erlauf- parallel, anschließend verläuft er an einer wenig befahrenen Siedlungsstraße bis zum Siedlungs- rand in Scheibbs. Der Verlauf innerhalb von Scheibbs ist hier so gut als möglich gelöst und teilt sich in einen Abschnitt auf einer Siedlungsstraße im Norden und einem Abschnitt auf der Erlaf- promenade im Süden auf. Etwas ungünstig ist hier die Streckenführung am Bahnhof vorbei, den man von der Strecke selbst nicht einsehen kann. Außerdem fehlt hier eine von der Straße tren- nende Markiereung oder ist schon in dem Maße veraltet, dass diese nicht mehr sichtbar ist. Nach der Erlafpromenade verläuft der Radweg bis Neustift auf dem Strudenweg - zuerst eine Siedlungsstraße, dann ein unbefestigter Weg. Letzteres ist aus unserer Sicht nicht optimal, da hierdurch ein Fahren bei allen Witterungsverhältnissen nur eingeschränkt möglich ist. Ab Neustift verläuft der Radweg einige Kilometer auf einer eher weniger befahrenen Neben- straße, wobei der Radverkehr nicht gesondert geregelt ist. Bei Neubruck mündet der Radweg schließlich in die B25 ein und führt ab hier fast ausschließlich unattraktiv und teilweise sicher- heitstechnisch bedenklich entlang der Bundesstraße. Brennpubkt ist dabei der etwa 750m lange Abschnitt zwischen Töpperschloss und dem Ortsende von Miesenbach, an dem der Radweg ohne nennenswerte Trennung, jedoch mit Niveauunterschied auf der Bundesstraße verläuft.

Abb. 32.: Darstellung der Wege und Einrichtungen der alternativen Mobilität, vorrangig E-Mobilität und Rad sowie Problemstellen des Hauptradweges | Daten: Statistik Austria, Land NÖ und eigene Er- hebung (alle 2020) Seite | 50

Durch die Lage an der B25 und den dadurch resultierenden Lärm schätzen wir diesen Abschnitt für Radtouristen als weniger attraktiv ein. Dies wird noch durch den Umstand verstärkt, dass der Radweg ab Kienburg das Erlauftal verlässt und weiter nach Lunz am See ausschwenkt. Eine Weiterführung über die Tormäuer wäre hier aber durchaus denkbar. Für den Penderverkehr stellt der Weg jedoch eine Achse dar, die die wichtigsten Punkte von Scheibbs recht gut mit dem Rad erreichbar macht und die sicherlich nach Einarbeitung einiger Verbesserungen eine attraktive Alternative zur Straße darstellen kann. Neben dem oben genannten Radweg sind noch der neue Radweg in den Saffengraben, der neben der Straße verläuft sowie einige beschilderte Mountain- bike-Strecken erwähnenswert (siehe Karte), die jedoch für die alltägliche Mobilität keine Bedeu- tung besitzen. Elektoautos können an insgesamt drei Ladepunkten in der Gemeinde tanken - am Rathausplatz, beim Töpperschloss und beim Allwetterbad. Bei den beiden Bahnhöfen sind aktu- ell jedoch noch keine Ladestationen installiert. Ladestationen für E-Bikes oder Räder zum Verleih gibt es derzeit nicht oder kaum, bei Ersterem sei man aber in Verhandlungen mit Bezug zur At- traktivierung des Erlaufradweges, bei Letzterem hat es schon einen Versuch gegeben (Next- bikes), der aber aufgrund mangelnder Nachfrage wieder eingestellt wurde. Positiv hervorzuhe- ben sind die über 100 Abstellplätze für Räder, die sich vor allem auf das Zentrum von Scheibbs konzentrieren. Als alternatives Angebot zum eigenen Auto, das geplant war, wollte man ein Anrufsammeltaxi (IST-Mobil) in der Region Scheibbs einrichten. Dies war angedacht, um die durch den öffentli- chen Verkehr nicht erreichbaren Personen auch ohne eigenes Auto Zugang zu zentralen Einrich- tungen der Daseinsvorsorge zu verschaffen. Da es hier aber Differenzen zwischen einzelnen Gemeinden gab, die sich vorwiegend um die Finanzierung drehten, wurde das Projekt bis datto nicht umgesetzt. Ein Sammeltaxi zwischen Frankenfels und Scheibbs (AST) ist derzeit aber schon in Betrieb, jedoch nur am Montag, wenn dieser ein Werktag ist. Carsharing-Angebote sind aktuell in der Gemeidne Scheibbs nicht vorhanden, mit den drei La- depunkten auf Gemeidnegebiet wollte man aber gezielt einen Schritt in diese Richtung setzen. Gescheitert sind tatsächliche Sharing-Angebote jedoch am Mangel an Interessent*innen und den fehlenden finanziellen Mitteln. Ein neuer Anlauf ist jedoch geplant.

Das Auto und Scheibbs - zusammenlassen, was zusammen gehört?

Das Auto hat in der Region einen großen Stellenwert. Viele Höfe um Scheibbs sind nicht oder nur sehr schlecht an das öffenltiche Verkehrsnetz angeschlossen und auch die Einzugsbereiche von Scheibbs weisen eine eher spärliche Taktung auf. So hat das Auto auch innerhalb der Ge- meinde Scheibbs eine allgegenwärtige Präsenz, nicht nur durch die Bevorzugung von Autos auf öffentlichen Wegen, sondern auch durch eine Zugänglichkeit bis in die Altstadt hinein. Zwar wurde hier mit der innerstädtischen Umfahrung vor einigen Jahren ein guter Startpunkt gesetzt, doch gänzlich auflösen konnte diese die Problematik nicht. Diese Tatsache sowie der Umstand, dass der Kern von Scheibbs ein bedeutendes regionales Zentrum auf kleinstem Raum darstellt, sorgen für einen beträchtlichen Platzbedarf nicht nur für fahrende Autos, sondern vor allem auch für parkende PKW. Insgesamt stehen im Zentrum 132 Parkplätze mit Kurzparkzone zur Verfügung (beinahe alle kostenlos), am Bahnhof und dem Rand der Altsadt stehen des Weiteren insgesamt 331 Stellplätze für Dauerparker bereit. In manchen Bereichen scheinen die Parkplätze und Straßenflächen auch zugunsten anderer Bewegungsfor- men (Rad, Fuß) Platz einzunehmen, was die Verweil- und Flanierqualität wird hierdurch subjektiv herabgesetzt. Trotzdem wird ein regionales Zentrum im ländlichen Raum wohl auch in naher Zukunft nicht umhinkommen, Raum für den Individualverkehr bereit zu stellen, zu groß ist die Abhängigkeit vom Auto in den versorgten Bereichen derzeit (siehe auch Abschnitt "Regionale Seite | 51

Erreichbarkeit"). Wir sehen also ein, dass man die Mobilität auch in Zukunft nicht ohne Auto denken kann, erkennen hier aber sicherlich trotz allem Verbesserungspotenzial bei Anreizen für alternative Mobilität sowie der Gestaltung und Belebung der Innenstadt.

Über die Situation in der Kerngemeinde von Scheibbs - ein Zentrum mit viel Potenzial

Wie gerade eben angedeutet, hat sich uns das Zentrum von Scheibbs in vielen Gesichtern ge- zeigt. Bei einem ziellosen Stadtspaziergang konnten wir die Eindrücke von Besuchern der Stadt selbst sammeln. Dabei fiel uns besonders der Abschnitt der Hauptstraße zwischen Rathausstiege und Fleckner- torgasse im Positiven auf. Durch den Gastgarten der Konditorei Reschinsky, den belebten Schaufenstern, der Mischung von allen Verkehrsformen und der daraus resultierenden Ent- schleunigung bat diese Straßenachse mit Blick auf den Platz bei der Kreuzung vor der Apotheke eine besondere Aufenthaltsqualität. Hier sehen wir Potenzial für eine weitere Aufwertung dieses Raumes und auch den größten Vorteil gegenüber den Einkaufszentren in Purgstall oder Wiesel- burg. Der Flair der barocken Kleinstadt, die schattigen Plätze, die belebten Straßen und die ver- winkelten und versteckten Gassen des kleinen Zentrums laden zum längeren Verweilen im Zent- rum ein. Der nördliche Teil der Hauptgeschäftsstraße konnte mit dem genannten Abschnitt jedoch nicht mithalten - schmale Gehsteige und eine größere und dominantere Präsenz des Autos sowie feh- lende Begrünung setzen die Aufenthaltsqualität derzeit herab. Der südlichste Teil der Hauptstraße stellt unserer Meinung jedoch den Brennpunkt im Einzelhan- del dar. Zahlreiche Leerstände zieren die schmale Straße, die eher als Durchzugsstraße genutzt wird. Einige Galerien und Zwischennutzungen zeugen von der prekären Lage bzw. von der Um- nutzung dieses Straßenzuges. Der Rathausplatz wirkte auf uns einladend, auch wenn die Autos doch an manchen Tagen die Überhand zu nehmen schienen und dadurch die Wirkung des Platzes eingeschränkt wurde. Durch die teilweise Pflasterung des Platzes wurde die Präsenz des Autos aber gut minimiert. In Summe bietet das Zentrum von Scheibbs ein großes Nutzungspotenzial und kann in manchen Bereichen schon eine ausgewogene Nutzung zwischen den verschiedenen Mobilitätsteilneh- mer*innen bieten. In anderen Bereichen der Stadt sehen wir aber noch Verbesserungsbedarf dem zum Teil auch schon durch kostenschonende Maßnahmen entgegengewirkt werden kann. Insbesondere die Lage in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes lässt die Stadt auch ins Zentrum der alternativen Mobilität rücken, wenngleich durch das Auflassen der Bahn im Süden ein erheb- licher Teil des Einzugsbereiches auf diesem Wege nicht mehr erreicht werden kann.

Erreichbarkeit innerhalb der Gemeinde

Erreichbarkeit von öffentlichem Verkehr

Wir haben im vorangehenden Abschnitt schon vorgestellt, wie es in der Gemeinde Scheibbs um das Mobilitätsangebot bestellt ist. Nun wollen wir zeigen, warum zusätzliche Angebote zum öf- fentlichen Verkehr aus unserer Sicht auf jeden Fall einen Sinn hätten. Wir haben mittels des GIP, der Graphen-Intergrationsplattform Österreich, das nichts anderes als das Netzwerk aus Straßen und Wegen in Österreich darstellt, eine Erreichbarkeitsanalyse der

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Abb. 33.: Darstellung der Wege und Einrichtungen der alternativen Mobilität, vorrangig E-Mobilität und Rad sowie Problemstellen des Hauptradweges | Daten: Statistik Austria, Land NÖ und eigene Erhebung (alle 2020) Haltestellen des öffentlichen Verkehrs durchgeführt. Die obenstehende Karte (Abb. 33) zeigt das Ergebnis dieser Analyse. Je dunkler die Fläche, desto mehr Haltestellen können von diesem Be- reich erreicht werden, bei keiner Bedeckung kann hingegen keine einzige innerhalb von 750m (Bahn) bzw. 500m (Bus) Fußweg erreicht werden. Die umrandeten Gebiete stellen Bereiche dar, die bewohnt sind und nicht erreichbar sind. Wir haben anhand von Rasterdaten außerdem zu- sammengerechnet, wie viele Menschen in diesen Bereichen leben: Es sind insgesamt fast 800 Personen, die ohne Auto oder anderem motorisiertem Gefährt kaum ein alltägliches Leben füh- ren können. Gerade für diese Bewohner*innen sollte also ein weiteres Mobilitätsangebot ge- schaffen werden - wie schon erwähnt, ist bis jetzt ein Anrufsammeltaxi aber am Widerstand einiger Gemeinden gescheitert. Besonders gut erreichbar sind hingegen das Zentrum von Scheibbs sowie der Ort Saffen. Neu- bruck ist hier zwar auch dunkel dargestellt, auf den vier Haltestellen verkehren jedoch Busse teilweise nur im Zweistundentakt.

Erreichbarkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge Noch interessanter wird die Erreichbarkeitsanalyse, wenn man nicht nur Haltestellen, sondern auch die fußläufige Erreichbarkeit von Daseinsvorsorge in das Modell integriert. So kann man durch eine Verschneidung aller Erreichbarkeiten jene Bereiche herausfiltern, die besonders zent- ral liegen und in denen sich eine Planung von und Investition in neuen Wohnraum besonders nachhaltig und attraktiv gestaltet. So haben wir durch die Analyse einen Erreichbarkeitsscore abgeleitet, der uns zeigt, wo man am besten fußläufigen oder Öffi-basierten Zugang zu möglichst vielen Einrichtungen hat. Dieser Seite | 53

Score bezieht die Anzahl der erreichbaren Haltestellen (max. 4), die Erreichbarkeit eines Haus- arztes, von Bildungseinrichtungen (Kinderbetreuung, Kindergarten, Volksschule, Mittelschule), von Lebensmittelgeschäften sowie von Gasthäusern mit ein. Diese Maßzahl sowie die Erreich- barkeiten der einzelnen Einrichtungen werden in der Abbildung weiter unten dargestellt. Die höchsten Werte gab es hier durchwegs im Zentrum und in den Siedlungen im Anschluss an den Töpperpark. Eine Siedlungserweiterung hätte unter diesen Gesichtspunkten also nur im Be- reich des Höhenweges, der St. Georgner Straße oder durch Invertsetzung innerstädtischer Bra- chen oder Altbauten Sinn (siehe auch Abb 34). Niedrige Werte gab es wiederum für die Streuhoflagen, aber auch für andere Siedlungsteile von Scheibbs, die weder Nahversorgung noch andere Einrichtungen der Daseinsvorsorge besitzen. Erwähnenswert ist insbesondere die Situation um die Lebensmittelversorgung. Hier gibt es im Innenstadtbereich nur einen Supermarkt, die restlichen drei Supermärkte der Gemeinde ballen sich für die fußläufige Erreichbarkeit sehr ungünstig in einem Industriegebiet im Norden des Hauptortes. Verstärkt wird der Effekt zusätzlich durch einen unzureichenden Anschluss der Siedlungsgebiete jenseits der Erlauf rund um den Scheibbsbachweg, der einen zusätzlichen Weg von 500m und mehr für Bewohner*innen dieser Siedlungen bedeutet. Zwar wird gerade die Heu- bergbrücke beim E-Werk umgesetzt (und auch für den Straßenverkehr zugelassen), diese ist aber trotzdem sehr ungünstig positioniert und ist vorrangig für den Autoverkehr gedacht. Zu- sätzlich sind diese drei Supermärkte nicht an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. Wer also ein breiteres Angebot als beim Supermarkt in der Innenstadt sucht, der muss ohnehin mit dem Auto anreisen.

Abb. 34.: Darstellung der Erreichbarkeitsscores aus Erreichbarkeit von ÖPNV und Daseinsvorsorge | Da- ten: Statistik Austria, Land NÖ und eigene Erhebung (alle 2020)

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Erreichbarkeit der beiden Bahnhalte für Pendler*innen

Haben wir in einem vorangehenden Abschnitt schon die Erreichbarkeit von Haltestellen mit dem Rad oder zu Fuß angesehen, wollen wir hier noch kurz darlegen, welche Einzugsbereiche die beiden auf dem Gemeindegebiet befindlichen Bahnhaltestellen für Pendler*innen mit dem Auto besitzen. Wir haben uns also gefragt, ob eine Auto-Bahn-Relation im großen Maße für die beiden Halte zutrifft und wie viele Personen im Umkreis von maximal 15 Autominuten (=angenommene maximale Entfernung, bei der noch auf die Bahn umgestiegen wird) wohnhaft sind. Zur Ermitt- lung der Bevölkerungszahl wurden Rasterdaten der Statistik Austria (1x1km) verwendet. Durch die geringe Auflösung der Daten verstehen sich die errechneten Werte also nur als grober Richt- wert, der auf die Hunderter-Stelle zu runden ist. Um einen Vergleich zu geben, haben wir alle Haltestellen der Erlaufbahn unter Einbezug der Nachbarbahnen zur genauen Abgrenzung der Einzugsgebiete herangezogen. Das untenste- hende Diagramm (Abb. 35) zeigt das Ergebnis der Analyse. Bezogen auf die anderen Haltestel- len liegen die Bahnhöfe Saffen und Scheibbs im Mittelfeld der Rangliste. So wohnen etwa 5.000 Personen im 15-minütigen Einzugskreis der Haltestelle Scheibbs (v.a. aus der Richtung von Gaming) und etwa 4.000 Einwohner*innen im Einzugsgebiet um Saffen (hier v.a. in Richtung Reinsberg-). Beiden Haltestellen kann man den Status als Umsteigeknoten also nicht aberkennen. Dieser Status muss auch in unsere Planung und in die Bestandserhebung der bei- den Bahnhöfe einfließen.

Abb. 35.: Vergleich der Einzugsgebiete der Haltestellen entlang der bestehenden Erlaufbahn in Bezug zu den darin lebenden Bewohner*innen | Daten: GIP und eigene Erhebung (beide 2020)

Qualität der Umstiegsrelationen zwischen Bus und Bahn

Neben der Erreichbarkeit der Haltestellen haben wir uns auch die Qualität der Umstiege zwi- schen den Buslinien und der bestehenden Bahnlinie näher angesehen. Die folgende Abbildung (Abb. 36) zeigt die Situation für Werktage im Mittel. Dabei wird ersichtlich, dass die Linien, wel- che die Bereiche abdecken, die auch die Auto-Erreichbarkeitsgebiete einnehmen, vergleichs- weise gut mit dem Bahnverkehr gleichgeschalten sind. Hier sind im Durchschnitt Wartezeiten von 5 bis 13 Minuten in Kauf zu nehmen. Bei den ohnehin eher unregelmäßig verkehrenden Li- nien in Richtung Laubenbachmühle sind es hingegen über 15 Minuten Umstiegszeit - ein Zeit- raum, bei dem man es sich noch einmal überlegt, ob man nicht gleich mit dem Auto fahren

Seite | 55 sollte. Hinzu kommt, dass hier manchmal beinahe eine Stunde auf den Anschlusszug gewartet werden muss. Die Busse nach St.Pölten, die ja, wie weiter oben dargestellt, zusammen einen Stundentakt ga- rantieren, können jedoch durch ihre lange Um- stiegszeit von Durch- schnittlich über 20 Minu- ten nicht das volle Poten- zial an Attraktivität aus- schöpfen. Personen aus dem hinteren Erlauftal geht damit eine weitere Ergänzung zur Bahnlinie verloren, wollen sie nicht beinahe eine halbe Stunde warten. Die Stammstrecke ist hin- gegen sehr gut getaktet. Zu den besten Zeiten gibt es hier eine Umstiegszeit von lediglich zwei Minu- ten, was den öffentlichen Verkehr um einiges kon- Abb. 36.: Durchschnittliche Umstiegszeiten zwischen Bus und Bahn kurrenzfähiger macht. je Richtung | Daten: gemittelt aus Daten des ÖBB Scotty, 2020

Überregionale Erreichbarkeit

Scheibbs in Konkurrenz mit der Nachbarschaft

Man konnte in den vergangenen Zeilen viel lesen über die Situation in Scheibbs. Nun, aber Scheibbs hört nicht an der Grenze auf. Zumindest nicht der Drang, sich nach Scheibbs zu bewe- gen. Durch ihre Rolle als Bezirkshauptstadt ist sie neben einem Ort der Versorgung mit Gütern, Bildung und Gesundheit auch ein Ort der Verwaltung. Viele Organisationen und Bezirksstellen sind hier ansässig und ebenso groß ist dadurch die Rolle, die Scheibbs innerhab der Region in- nehat. Wir schreiben hier bewusst Region und nicht Bezirk, denn auch die Bezirksgrenzen kön- nen keinen Menschen aufhalten. Wir haben uns die Situation angesehen und wiederum mit dem GIP errechnet, wie groß das Ein- zugsgebiet von Scheibbs ist. Für uns ist das dahingehend interessant und relevant, da wir Infra- struktur nicht nur für Scheibbser planen müssen, sondern für alle, die nach Scheibbs kommen. Vier Bereich waren uns dabei besonders wichtig und haben wir in die Analyse einbezogen: Scheibbs als zentraler Ort insbesondere der Daseinsvorsorge, Scheibbs als Standort von Le- bensmittelketten, Scheibbs als Einkaufsstadt und Scheibbs als Krankenhausstandort. Die fol- genden Abbildungen (Abb. 37 bis 39) zeigen die Einzugsbereiche von Scheibbs in seinen jewei- ligen Rollen (ausgenommen Lebensmittelstandort - hier gibt es aber gleich noch Diagramme). Man kann nun die Nachbarstandorte natürlich als Konkurrenten sehen, die es auszustechen gilt, man kann diese aber auch als Teamkollegen sehen, mit denen man sich absprechen kann, um das beste Ergebnis für die Gesamtregion zu erzielen. Jedenfalls ist die Situation im Erlauftal insbesondere bei der Rolle als Zentraler Orte sowie bei der Komponente "Einkauf" sehr auffällig, Seite | 56 da sich die Standorte durch die Nähe selbst einengen und damit sicherlich auch gegenseitig behindern. Eine klare Übereinkunft der Entwicklung dieser Standorte, die es aktuell nicht gibt, wäre sicherlich förderlich.

Abb. 37.: Einzugsbereiche der Standorte zentraler Orte auf Basis der Anreisedauer mittels Straßen- fahrzeug | Daten: GIP & Statistik Austria 2020

Abb. 38.: Einzugsbereiche der Standorte von Einkaufsstädten auf Basis der Anreisedauer mittels Straßenfahrzeug | Daten: GIP & Statistik Austria 2020 Seite | 57

Abb. 39.: Einzugsbereiche der Standorte von Krankenhausstandorten auf Basis der Anreisedauer mittels Straßenfahrzeug | Daten: GIP & Statistik Austria 2020

Ein großes Einzugsgebiet heißt nicht gleich mehr Einwohner

Wichtiger als darzustellen, wie das Einzugsgebiet aussieht, ist jedoch, wie groß es ist und wie viele Einwohner es beherbergt - wie viele Personen also durch den Standort versorgt werden. Dazu haben wir die schon vorhandenen Einzugsgebiete mit frei verfügbaren Rasterdaten der Statistik Austria verschnitten. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Zahlen der versorgten Einwohner*innen aus mehreren Gründen abweicht und die angegebenen Werte nur als Näherungswerte gesehen werden dürfen:

▪ Im Modell sind keine Präferenzen der Bewohner*innen eingerechnet ▪ Die frei verfügbaren Rasterzellen haben eine Auflösung von 1x1km, Randbereiche wur- den anteilig aufberechnet und sind daher unscharf ▪ Die Rasterdaten zur Bevölkerung liegen in dieser Auflösung nur für das Jahr 2006 vor. Es kann unter Umständen also zu einer leichten Überschätzung im ländlichen Raum und einer Untererfassung in zentralen Räumen kommen ▪ Das Modell deckt vor allem den Individualverkehr ab, Bus- und Bahnlinien wurden hierbei nicht inkludiert

Nichtsdestoweniger können die Werte und Einzugsbereiche einen guten Einblick in die Verhält- nisse geben. Mit den untenstehenden Diagrammen (Abb. 40 bis 43) wollen wir dem Leser / der Leserin die Ergebnisse anschaulich näherbringen. Dargestellt wird in einer ersten Ansicht immer die Situation für den Standort Scheibbs mit den vier relevanten Rollen. In den drei weiteren Dia- grammen können die Ergebnisse des Standortvergleiches betrachtet werden. Hier ist zu beach- ten, dass nur jene Standorte in den Vergleich aufgenommen wurden, bei denen das

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Einzugsgebiet auch präzise abgegrenzt wurde, bei denen also rundum andere Nachbarstand- orte festgelegt wurden. Bei den Krankenhäusern wurde das aufgrund der Größen der Einzugs- gebiete nicht verfügbar gemacht, Daten können aber bei uns gerne angefragt werden. Bleiben wir einmal bei Scheibbs: Dieser Standort muss als Zentraler Ort für insgesamt etwa 20.000 Ein- wohner*innen Versorgungseinrichtungen zur Verfügung stellen. Als Zentrale Orte oberster Ränge haben wir die Definition des Landes Niederösterreich genommen und uns die Zentralen Orte ab Stufe II mit in die Analyse einbezogen. Als Einkaufsstadt sind es sogar 23.000 Einwoh- ner, die Scheibbs für ihre Versorgung nutzen. Einkaufsstädte sind für uns jene Städte, die neben

Abb. 40.: Vergleich der Einzugsgebiete nach Versorgungstyp / Scheibbs, errechnet mittels Erreich- barkeitsanalyse auf der Straße (Dauer bis zum nächsten Standort) anhand der Einwohner*innen (die Daten zu den Einwohner*innen werden von Statistik Austria nur für das Jahr 2006 bereitgestellt), da- her gelten die Werte nur als Näherungswerte). Daten: Statistik Austria, 2020 & eigene Erhebung

Abb. 41.: Vergleich der Einzugsgebiete / Versorgung von zentralen Orten, errechnet mittels Erreich- barkeitsanalyse auf der Straße (Dauer bis zum nächsten Standort) anhand der Einwohner*innen (die Daten zu den Einwohner*innen werden von Statistik Austria nur für das Jahr 2006 bereitgestellt), da- her gelten die Werte nur als Näherungswerte). Daten: Statistik Austria, 2020 & eigene Erhebung

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Abb. 42.: Vergleich der Einzugsgebiete / Versorgung als Einkaufsstadt, errechnet mittels Erreichbar- keitsanalyse auf der Straße (Dauer bis zum nächsten Standort) anhand der Einwohner*innen (die Da- ten zu den Einwohner*innen werden von Statistik Austria nur für das Jahr 2006 bereitgestellt), daher gelten die Werte nur als Näherungswerte). Daten: Statistik Austria, 2020 & eigene Erhebung

Abb. 43.: Vergleich der Einzugsgebiete / Versorgung als Supermarktstandort, errechnet mittels Er- reichbarkeitsanalyse auf der Straße (Dauer bis zum nächsten Standort) anhand der Einwohner*innen (die Daten zu den Einwohner*innen werden von Statistik Austria nur für das Jahr 2006 bereitgestellt), daher gelten die Werte nur als Näherungswerte). Daten: Statistik Austria, 2020 & eigene Erhebung

Lebensmitteln auch ein umfangreicheres Angebot an Handel (Kleidung, Schuhe, Schmuck, Dro- gerie,...) beherbergen. Betrachtet man die Situation rein auf Lebensmittel bezogen, so muss/kann Scheibbs etwa 4.000 Einwohner*innen versorgen. Das Einzugsgebiet umfasst dabei ziemlich genau das Gemeindegebiet von Scheibbs. Da wir jedoch alle Nahversorger, auch sehr kleine Standorte, in die Analyse mit aufgenommen haben und vor allem bei der Lebensmittel- Versorgung der Pendlerverkehr mit einbezogen werden muss, liegt der reale Wert hier sicherlich

Seite | 60 höher. Den größten Einzugskreis hat Scheibbs jedoch als Krankenhaus-Standort. Hier müssen etwa 50.000 Einwohner*innen versorgt werden. Das Einzugsgebiet erstreckt sich dabei nicht nur weiter in den Norden, sondern durch das Fehlen eines Krankenhauses in Mariazell theoretisch auch weiter in den Süden. Damit versorgt Scheibbs als Krankenhaus-Standort auch mehr Ein- wohner*innen als es als Verwaltungsstandort versorgt (41.500 EW). Die Höhe der versorgten Einwohner*innen relativiert sich dann wieder leicht durch die Größe des Gebietes, das versorgt werden muss (siehe Abb. 44 bis 47): es sind (ausgenommen als Supermarkt-Standort) 500 bis 1.300 Quadratkilometer, die die nicht einmal 5.000-Einwohner-Stadt abdecken muss - das meiste natürlich unbewohntes Bergland. Die schwierige Situation im Hinterland von Scheibbs betreffend Mobilität und Versorgung sind hier also nicht von der Hand zu weisen. Es wird daher deutlich, dass ein größeres Einzugsgebiet natürlich nicht gleich mehr Einwohner*innen bedeu- tet. Im Falle von Scheibbs oder Mariazell bedeutet es eher größere, oft beschwerlichere An- fahrtswege zu den zentralen Standorten. Im Vergleich mit anderen Standorten schlagen nur Ma- riazell und Traisen - ebenso inneralpine Lagen - Scheibbs in Sachen Größe des Einzugsgebietes. Einwohnermäßig sind die Standorte dann aber meist gleichauf.

Deutlich durch den Vergleich wird auch das Potenzial, dass durch die Dreiteilung des Erlauftales gedrittelt wird: Drei Standorte, die voneinander maximal 15 Kilometer entfernt liegen teilen sich insgesamt etwa 60.000 Einwohner*innen auf. Statt Bündelung gab es aber Konkurrenz. Wir se- hen hier jedenfalls in der Zukunft Koordinierungsbedarf, um die Fehler der Vergangenheit zumin- dest abmildern und womöglich daraus noch erwachsen zu können.

Abb. 44.: Vergleich der Einzugsgebiete nach Versorgungstyp /Scheibbs, errechnet mittels Erreich- barkeitsanalyse auf der Straße (Dauer bis zum nächsten Standort) anhand der Fläche, die versorgt werden muss. Daten: eigene Erhebung

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Abb. 45.: Vergleich der Einzugsgebiete / Zentrale Orte | Daten: eigene Erhebung

Abb. 46.: Vergleich der Einzugsgebiete / Einkaufsorte | Daten: eigene Erhebung

Abb. 47.: Vergleich der Einzugsgebiete / Supermarktstandorte | Daten: eigene Erhebung

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3. Synthese 3 | SYNTHESE

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3.1. SWOT-Analyse 3.1. SWOT- Analyse

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Durch die Betrachtung von Scheibbs innerhalb der verschiedenen Themengruppen konnten wir ein umfassendes Bild der Gemeinde erlangen, das uns bei unseren Handlungsempfehlungen leiten wird. Allen Themen war die Abhängigkeit des Aufbaus des Gemeindegebietes gemeinsam, das in seinen Grundzügen einem Schmetterling gleicht (siehe Abbildung unten). So haben wir auf der einen Seite die zentrale Achse inmitten der Gemeinde, in dessen Zentrum sich mit der Scheibbser Altstadt gleichsam das pulsierende Herz der Stadtgemeinde befindet. Hier findet das Leben statt, hier trifft man sich, geht einkaufen und arbeitet man. Dem gegenüber stehen die vielfach angesprochenen kuppigen Landschaften östlich und west- lich des Erlauftales. Durch ihre überwiegende Erholungsfunktion sorgen sie sozusagen für den frischen Wind innerhalb des Gemeindegebietes. Dabei ist die Region in sich noch einmal unter- gliedert in jeweils einen nordseitigen Teil mit zahlreichen Wiesen und Streuhöfen, in denen das Leben aktuell überwiegend zu florieren scheint und in einen dunkleren, bewaldeten und bergige- ren südseitigen Teil, der Erholungssuchenden, Mountainbikern, aber auch der Natur selbst ein Rückzugsort ist. Dieser nach außen hin kaum abgegrenzte Raum hat nun gewisse Stärken und Schwächen. Aus diesen und globalen wie auch lokalen Trends können Chancen und Risiken der Entwicklung er- wachsen. Will man nun eine Region, einen Ort etc. zukunftsträchtig leiten, so führt kein Weg daran vorbei, sich mit diesen Aspekten zu beschäftigen. Wir haben deshalb diese vier Felder zunächst für uns aus den Analysen abgeleitet und anschließend für den Leser / die Leserin mög- lichst anschaulich zusammengefasst.

Abb. 48.: Der Aufbau der Gemeinde Scheibbs - der Scheibbser Schmetterling | Quelle: eigener Entwurf

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STÄRKEN

Starke Taktung starke Taktung des öffentlichen Verkehrs an Wochentagen, besonders auf der “Stamm- strecke”

Knotenpunkt hochrangiger Knotenpunkt im öffentlichen Verkehr

Bestehende Bahnlinie bestehende Bahnlinie sorgt für attraktiven Anschluss

Bahnhof Erreichbarkeit zentrale Lage des Bahnhofes Scheibbs

Bahnhof Ausstattung Park&Ride am Bahnhof

Wegenetz gut ausgebautes Rad- und Wandernetz

Erholungsangebote breites Freizeit-, Erholungs- und Kulturangebot (Erlaufhafen und Stadtmole)

Kulturszene aktive Kulturszene (Musikvereine, Theatergruppen)

Vernetzung im Tourismus Drei gemeindeübergreifende Tourismusverbände (Mostviertel Tourismus, Leaderregion Eisenstraße, Kleinregion Großes Erlauftal)

Hochwasserschutz gut funktionierender Hochwasserschutz

Zentrum kompaktes, dicht bebautes Zentrum

Baulandreserven große Baulandreserven

Fachkräfte gut ausgebildete Fachkräfte in der Region

Wirtschaftspark Neubruck Potential für wirtschaftliche Ansiedlungen

"Stadt der Innovationen und guten Ideen” Virtual Reality Projekt, CityBoote, Kulturfreundlichste Stadt

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Landeskrankenhaus Scheibbs hohe Strahlkraft über die Bezirksgrenzen hinaus

Ärztedichte sehr hohe Ärztedicht in Scheibbs

Lage zwischen den Welten Lage einerseits im Grünen und andereseits aber in einer Kleinstadt nahe dem Zentral- raum

SCHWÄCHEN

Erreichbarkeit abseits des Tals mangelnde öffentliche Erreichbarkeit in Streuhof-Lage

Radweg teilweise unattraktiv Erlauftal-Radweg teilweise an Bundesstraße oder unbefestigt

Aufenthaltsqualität im Zentrum starke Präsenz des Autos in der Innenstadt reduziert Aufenthaltsqualität

Taktung am Wochenende Geringe Taktungen an den Wochenrandzeiten

Angebot alternative Mobilität kaum Angebote alternativer Mobilität (E-Bike, Sammeltaxi, Carsharing,...)

Anbindung des Supermarktclusters unzureichende Anbindung der Supermärkte (Brücke & Öffi)

Aufgelassene Bahn Abriss der Bahntrasse Scheibbs-Kienberg

Bettenkapazität mangelnde Bettenkapazität

Finanzen Mangel an finanziellen Mitteln sorgt für Rückstau an Investitionen

Gemeindekooperationen wenig Zusammenarbeit mit Wieselburg und Purgstall, aktuell eher Konkurrenzdenken (Abwerben von Ärzten)

Positionierung keine klar erkennbare Positionierung der Stadt

Innovationen im Tourismus fehlende Innovation im Bereich Tourismus (Leitbetriebe, Produkte, Vermarktung etc.) Seite | 67

Steigende Überalterung Überalterungstendenzen (insbesondere Innenstadt, Neustift, Neubruck und Heuberg)

Negative Geburtenbilanz negativer Trend der Geburtenbilanz in den letzten Dekaden

Lärmbelastung Lärm entlang der Erlauftalstraße, der vor allem in höheren Lagen hörbar ist

Anpassung an den Klimawandel keine Klimawandel-Anpassungsstrategien

Grundstückspreise Bodenpreise im Vergleich zum Umland vergleichsweise hoch

Topographie Relief schränkt Siedlungs•entwicklung ein

CHANCEN

Impuls Bahn Impulse durch weitere Attraktivierung der Bahnlinie (Elektrifizierung, Taktung, Sicherheit)

Bahnhof Scheibbs als Drehscheibe Aufstieg des Bahnhofes Scheibbs als Mobilitäts•hub zwischen verschiedenen alternati- ven Mobilitätsformen

Aufschwung für alternative Mobilität Regionale Kooperationen führen zur Etablierung alternativer Mobilitätsformen: z.B. eCar- sharing oder eBikes

Attraktiver Radweg Etablierung des Erlauftal-Radweges bei Touristen und Einheimischen

Attraktivierung von Wohnlagen Attraktivierung durch Hürden für den Autoverkehr (z.B. Geschwindigkeits•beschränkun- gen)

Trendumkehr bei der Bevölkerungsentwicklung durch wachsende Metatrends ("Wohnen im Grünen", "Räumliche Entkoppelung") kehrt sich der Trend um

Aufschwung durch Klimawandel Flucht aus der heißen Stadt aufs Land

Vermarktung Eine stärkere Vermarktung führt zur stärkeren Wahrnehmung der Stadt als Ausflugsziel Seite | 68

Aufstrebender Tourismus Tourismusentwicklung im Bereich Natur und Kultur durch anhaltenden Trend der Natur- nähe und Echtheit

Rückgehender Autoverkehr schafft Potenziale Rückgehender Autoverkehr schafft Platz für andere Funktionen (z.B. Begrünung der In- nenstadt)

Senkung der Energieverbräuche Bewussterer Umgang mit Energie führt zur Senkung der Energieverbräuche

Junges Unternehmertum Aktionen der aktuellen Periode greifen und sorgen für ein junges Unternehmertum

Steigende Erreichbarkeit Steigende Investitionen in Mobilität rücken Scheibbs in die Nähe zu Ballungsräumen Wien und Linz

RISIKEN

Demographischer Wandel der demographische Wandel schreitet stark voran und gefährdet das soziale Gefüge so- wie die Versorgung der (alternden) Bevölkerung, auch z.B. bei der Mobilität

Sinkende Bevölkerungszahlen durch Verlust des Ausgleichsfaktors Wanderung kommt es zum Verlust von Bevölke- rung

Abhängigkeit vom MIV bleibt bestehen hohe Abhängigkeit vom MIV aufgrund schlechter Anbindung entlegener Orte

Schulschließungen durch mangelnde Nachfrage durch rückschreitende Schüler*innen-Zahlen kommt es zu Schulschließungen

Verlust der Knotenfunktion führt zu Attraktivitäts•verlust Vernachlässigung des öffentlichen Verkehrs führt zum Verlust an Attraktivität des Stan- dortes

Sinkende Vitalität der Streuhöfe Sinkende Attraktivität der Streuhoflage senkt Vitalität dieses Bereiches

Bleibende Konkurrenz weitere Schwächung der Bedeutung als Zentraler Ort durch Städte-Konkurrenz

Klimawandel setzt Attraktivität und Menschen zu Klimawandel (Überhitzung, Starkniederschläge, …) macht die Lage unattraktiv und schränkt ein Seite | 69

Schließung des Allwetterbades Anhaltende finanzielle Probleme führen zur Schließung des Allwetterbades “Wanne”

Wirtschaftliche Konkurrenz Anhaltende und verstärkte wirtschaftliche Konkurrenz zu Purgstall und Wieselburg

Zentrum wird unattraktiv Verödung der Altstadt (Leerstände, Absiedelung)

Kämpfen um jeden Einwohner fehlende Kooperationsbereitschaft bei interkommunaler Siedlungsentwicklung sorgt für Konkurrenzdruck

Schwächung des Tourismus Fehlende Nächtigungsbetriebe und sinkende Nächtigungszahlen durch fehlende Inves- titionen

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3.2. Funktionen der Stadt und der Mobilität 3.2. Funktionen der Stadt und der Mobilität

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Über die Rolle, die die Mobilität in Scheibbs einnehmen kann

Keine Region oder Gemeinde ist denkbar ohne die räumlichen Interaktionen, die in ihr gesche- hen. Kurzum: Eine Gemeinde ohne Mobilität ist – zumindest im Auge der Bürger*innen– eine tote Gemeinde. Wir planen unsere Städte und Regionen auf einem Grundgerüst der Mobilität und machen diese – zumindest teilweise – davon abhängig, wo und in welcher Form sie sich im verfügbaren Raum weiterentwickeln sollen.

Über die Situation in Scheibbs

Der Mobilität und insbesondere der Art und Weise der Fortbewegung muss eine tragende Rolle in der Stadtentwicklung zukommen. Lenkung der Mobilität bedeutet gleichzeitig auch Lenkung der Entwicklung. Die Stadt Scheibbs ist hier, bedingt durch die Struktur der Gemeinde (siehe Darstellung des Scheibbser Schmetterlings) in einer bequemen und gleichzeitig in einer unbe- quemen Situation: In Tallagen ist die Erreichbarkeit sowohl per Auto als auch mit dem öffentli- chen Verkehr bestens oder wenigstens gut angeschlossen. Gerade in diesen kompakten Sied- lungsstrukturen der Tallage ist der öffentliche Verkehr auch konkurrenzfähig und kann somit nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch zur sozialen Inklusion der älteren und/o- der unmobileren Bevölkerungsteile leisten, die am Individualverkehr oft kaum teilnehmen kön- nen. Wenn wir den demographischen Trend der Überalterung in Scheibbs berücksichtigen, so wird das auch in Zukunft ein tragendes Thema bleiben.

Die Rolle der Erlauftalbahn

Gerade die Bahn ist aber auch ein Mittel der Vernetzung im Erlauftal, da sie das Tal an den wirt- schaftlich starken Raum der Westachse anschließt. Vor allem schnelle und zum Auto konkur- renzfähige Verbindungen in die größeren Ballungsräume, die derzeit die Hauptabwanderungs- gebiete darstellen (Linz, St.Pölten, Wien, Amstetten), können zu einer positiven Entwicklung in der Gemeinde beitragen und ein effektives Mittel gegen die Abwanderung sein. Die Bahn kann aber auch durch ihre zentralen Haltestellen in Scheibbs, Purgstall und Wieselburg als Verbin- dungsachse zwischen diesen drei großen Gemeinden im Erlauftal dienen und somit in der Ko- operation und Rollenteilung der drei Gemeinden ein wichtiges Bindeglied darstellen. Die beiden Haltestellen Scheibbs und Saffen als Endpunkte der Erlauftalbahn können durch ihr Einzugsge- biet, aber auch eine tragende Säule für Pendler*innen an die Westachse, als regionale Pendler- bahnhöfe auch das Hinterland durch geeignete Anbindungen erschließen. Diese Aspekte ma- chen den Erhalt sowie die Attraktivierung dieser wichtigen Achse unbedingt notwendig, ob in Form von Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung oder durch Aufwertungen in Abstimmung mit den ÖBB.

Die alternative Mobilität und das gute alte Zufußgehen

Blicken wir in die innergemeindliche Maßstabsebene, so bestätigt sich die Funktion der Erlauftal- bahn als zentrale Achse. Durch Schaffung einer weiteren Haltestelle im Norden von Scheibbs sowie guten Anbindungen an die Bahnhaltestellen kann ein solides Gerüst für den Mikro-ÖV ge- schaffen werden und alle Siedlungsbereiche profitieren bestmöglich von der öffentlichen und Seite | 72 alternativen Mobilität. Gerade die alternativen Mobilitätsformen, seien es ein Anrufsammeltaxi, E-Bikes oder Fahr-gemeinschaften, können die Lücke im Bereich der „letzten Meile“ in Scheibbs schließen. Dies betrifft insbesondere die „Flügel“ des Scheibbser Schmetterlings, also die abge- legenen Streuhoflagen. Die bessere Anbindung an den Zentralraum des Erlauftales schafft hö- here Lebensqualität und reduziert den Abzug aus diesen Bereichen. Verbindungen können aber auch auf viel unspektakuläreren Wegen geschaffen werden – in Form einer Steigerung der Durchlässigkeit für Fußgänger und Radfahrer – wir denken hier ins- besondere an den Norden des Hauptortes sowie an das Zentrum: Durch den geringeren Bedarf des Autos wird nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet und der Druck auf die innerstäd- tischen Lagen minimiert. Die Erhöhung der Durchlässigkeit steigert auch die Lebensqualität durch geringere Umwege, bessere Aufenthaltsqualitäten für Fußgänger und Radfahrer und we- niger Autolärm.

Über die Funktionen der Bezirkshauptstadt

Scheibbs erfüllt als Bezirkshauptstadt zahlreiche Funktionen, die zum Teil jedoch im Laufe der Zeit auch an benachbarte Gemeinden abgegeben wurden. Scheibbs spielt aber weiterhin eine zentrale Rolle im Bezirk, insbesondere in der Gesundheitsversorgung der Region. Dazu trägt nicht nur das Landesklinikum bei, sondern auch die Vielfalt und Menge an niedergelassenen Ärzten. Diese Rolle ist ein Alleinstellungsmerkmal im Bezirk und sollte auch weiterhin erhalten bleiben. Zusätzlich ist Scheibbs ein wichtiger Verwaltungsstandort zahlreicher Einrichtungen (BH, AMS, Finanzamt etc.) und Bezirksstellen, die für eine vergleichsweise hohe Frequenz in der Innenstadt sorgen. Konkurrenz gibt es vor allem in der Funktion als Einkaufsstadt. Hier spielen das Fachmarktzent- rum in Purgstall und das Einkaufszentrum in Wieselburg eine immer größere Rolle, da diese größere zusammenhängende Flächen im Gegensatz zu den kleinstrukturierten Geschäftsflä- chen in Scheibbs bieten können. Eine klare Positionierung und Abstimmung mit den Nachbar- standorten birgt daher große Potenziale für eine Attraktivierung im Zentrum von Scheibbs . Kon- kurrenz herrscht aber auch beim Thema Gesundheit vor, bei der es schon zu massiven Abwer- bungsversuchen der Stadt Wieselburg gekommen ist. Auch hier wäre eine Abstimmung der bei- den Gemeinden im Hinblick auf die Funktionen der Standorte empfehlenswert. Im Bereich des Tourismus spielt der Standort Scheibbs derzeit eine untergeordnete Rolle. Die gilt auch für den Radtourismus, für welchen das Gemeindegebiet Scheibbs derzeit höchstens Transitfunktion besitzt. Durch die Aufwertung des Erlauftalradweges und eine bessere Einglie- derung der Innenstadt in den Radweg könnte aber ein positiver Nutzen für den lokalen Touris- mus aus dem Erlauftalradweg gezogen werden. Auch hier ist eine Abstimmung mit den anderen Anliegergemeinden (z.B. bei der Beschilderung, der Vermarktung, der Einrichtung eines Themen- radweges, einem Konzept für Rastplätze, Verlängerung des Radtaxis etc.) notwendig. Auch der Bahnhof Scheibbs kann durch seine optimale Einbettung in Zentrumsnähe eine zentrale Rolle für den Radverkehr einnehmen (z.B. Bahn und Bike / Ausgangspunkt für Moutainbike-Touren etc.). Als Endpunkt der Erlauftalbahn hat Scheibbs aber auch die Funktion eines zentralen regionalen Umstiegsknotens, der derzeit in Bezug auf den öffentlichen Verkehr bereits recht gut ausgebaut ist. Diese Position kann auch in Zukunft in Abstimmung mit der Region weiter ausgebaut wer- den, um die Umstiegsqualitäten und somit die lokale Konkurrenzfähigkeit weiter voranzutreiben und die Funktionen von Scheibbs weiter zu stärken: Scheibbs als Pendlerzustieg, Scheibbs als Einkaufsstadt an der Bahn, Scheibbs als Start- und Zielpunkt von Radtouristen, Scheibbs als Arbeitsort, Scheibbs als Stadt der Verwaltung und Scheibbs als Stadt der Gesundheit. Seite | 73

3.3. Handlungsempfehlungen für Scheibbs 3.3. Handlungs- empfehlungen für Scheibbs

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Neun Leitthemen wurden zum Abschluss des Projektes festgelegt, hinter welchen sich insge- samt über 40 Handlungsempfehlungen für die Stadt Scheibbs ergeben. Neben den Kurzerklä- rungen zu den Leitthemen werden auch die konkreten Handlungsempfehlungen mit prägnan- ten Überschriften und kurzen Erklärtexten dargestellt.

Scheibbs goes digital | Digitalisierung als Chance nutzen

Durch die immer stärkere Zunahme der Verwendung von internetfähigen Geräten und die Auf- lösung der Räumlichkeit in Teilen der Arbeitswelt kann vor allem der ländliche Raum von der Digitalisierung profitieren.

Zusätzliche Coworking-Spaces schaffen Schaffung von Coworking-Spaces im Ortskern mit guter Internetverbindung und guter Büroausstattung; dies soll möglichst bahnhofsnah geschehen

In die Zukunft der Glasfaser investieren Ausbau des Breitbands in der gesamten Gemeinde bzw. in der gesamten Region, so- dass zumindest alle neu errichteten oder sanierten Gebäude eine gute Internetverbin- dung haben, die sich für Teleworking eignet

Scheibbs fährt öffentlich | Öffentlichen Verkehr attraktiver gestalten

Eine immer älter aber auch immer mobiler werdende Gesellschaft ruft neue Lösungen im Be- reich der Mobilität auf den Plan. Durch die schmetterlinghafte Struktur der Gemeinde mit gro- ßen Unterschieden in der Zugänglichkeit zu Verkehrsmitteln müssen diese Maßnahmen je- doch breit gestreut sein. Anreize sollen dabei Hindernisse durch neue Maßnahmen überwie- gen.

Erlauftalbahn als zentrale Ader stärken Erhalt bzw. Attraktivierung der Erlauftalbahn in Form einer Elektrifizierung der Strecke oder eines Akkubetriebes. Prüfung von weiteren Ausweichstrecken zur Verdichtung an wichtigen Pendelzeitpunkten.

Alternative Mobilitätsangebote kostenschonend erweitern Schaffung alternativer Mobilitätsformen wie z.B. Bike&Ride, Fahrgemeinschaften und Mitfahrbänke, Anrufsammeltaxi, etc. mit besonderem Augenmerk auf die Anbindung der Streuhoflagen, in denen 800 Bewohner*innen unversorgt sind.

Anreize zu Umstieg durch Bewusstseinsbildung Weitere Bewusstseinsbildung und Schaffung von Anreizen für den Umstieg vom PKW auf ÖV bzw. alternative Mobilitätsformen (durch Infoveranstaltungen, Schnuppertage, Bildungsoffensive,...)

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Neuer Bedarfshalt Scheibbs Nord - Wittur Schaffung einer zusätzlichen Stadtbahnhaltestelle Scheibbs Nord-Wittur. Einrichtung eines Bedarfshaltes; insbesondere mit Brücke zum BKH und zu den neuen Siedlungs- gebieten kombiniert (700m Umweg in eine Richtung werden eingespart) bindet diese Maßnahme über 1.000 Einwohner*innen besser an die Bahn an (siehe auch Leucht- turm 2)

Aufwertung der Bahnhaltestelle Saffen Ausbau der Haltestelle Saffen zu einem P+R-Bahnhof. Dazu müssen einige Parkplätze mehr geschaffen sowie ein modernerer Unterstand eingerichtet werden; Einstufung als Bedarfshalt und Pendler*innenbahnhof

Bahnhof Scheibbs als Mobilitätsdrehscheibe weitere Aufwertung des Bahnhofes Scheibbs – weitere Verknüpfung des Bahnhofes Scheibbs mit dem Hinterland (z.T. noch bessere Abstimmung mit den Buslinien erfor- derlich) und dem Zentrum (siehe auch Leuchtturm 1)

Schneller zur Arbeit - mit dem Pendelzug Schnellzug (Pendlerzug) mit Halten nur in den Pendlerbahnhöfen (Scheibbs, Saffen, Wieselburg, Purgstall und Mühling) in Richtung St.Pölten mit guten Umstiegsrelationen in Pöchlarn, der der Straße wieder Konkurrenz macht.

Neue Bahngarnituren zur Verbesserung der Qualität Attraktivierung der Bahngarnituren (barrierefrei / Bildschirme / erleichterte Radmit- nahme / Bedarfshalt) sind Bedingung für zahlreiche nachgelagerte Maßnahmen (Rad- tourismus, Pendlerzüge, Bedarfshalte,...). Diese müssen gemeinsam mit allen Anrainer- gemeinden gefordert werden.

Scheibbs wird durchgängig durchgängig | Vernetzung innerhalb der Stadt ausbauen

Manche Teile des Hauptortes sind noch unzureichend an wichtige Zentrumsbereiche ange- schlossen. Diese Lücken sollten in den nächsten Jahren geschlossen werden, um so die Stadt enger zusammenzurücken und den Autoverkehr zu minimieren.

Scheibbs Nord enger zusammenrücken

Brücke als Verbindung zwischen Gewerbepark / Wittur und Scheibbs Nord; bessere In- tegration der Siedlungsgebiete und Schaffung eines Unterzentrums Heuberg lediglich durch Anbindung des Gewerbeparks (siehe Leuchtturm 2)

Grünangergasse / Im Himmelreich besser erschließen

Im Bereich der Siedlung Grünangergasse / Im Himmelreich sollte eine bessere Anbin- dung für den Fußverkehr an das Zentrum bzw. Scheibbs Nord geschaffen werden. Die serpentinenartige Struktur der Straße lässt das Auto konkurrenzlos bleiben.

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Verknüpfung des Nordens mit dem Zentrum forcieren

Schaffung eines kompakten und attraktiven Stadtraums durch eine stärkere stadt- räumliche Verknüpfung der Ortsteile im Norden mit der Altstadt mit besonderer Berück- sichtigung der Achsen Eisenwurzenstraße und Rutesheimerstraße.

Scheibbs wird Zentrum | Belebung der Innenstadt weiterführen

Durch die schon ausgeführte innerstädtische Umfahrung kann das Scheibbser Zentrum seine Potenziale umfangreich entfalten. Eine koordinierte und abgestimmte Entwicklung des Zent- rums ist zu forcieren und kann das Zentrum der Bezirkshauptstadt noch weiter in den Fokus rücken.

Verbesserung der Aufenthaltsqualität im Zentrum

Weitere Aufwertung des Zentrums durch mehr Grün, Sitzgelegenheiten und Schanigär- ten, welches im Sinne des Verkehrskonzeptes ausgeführt werden soll. Dadurch wird die Aufenthaltsqualität sowie die Attraktivität für den Einzelhandel im Zentrum weiter er- höht

Kooperationen im Zentrum stärken

Stärkung des Vereins Scheibbs.im.PULS und stärkere Vernetzung des lokalen Einzel- handels (Interessensgemeinschaft, Verein,...) zur Bündelung der Interessen und zum gemeinsamen Außenauftritt als Scheibbser Innenstadt

Zentrum statt Peripherie

Attraktivierung der Erdgeschosszone; Ausbau von Einzelhandelsflächen in der Kern- stadt (durch Zusammenlegungen, Neubau, Leerstandsmanagement) dem Fachmarkt- zentrum vorziehen, um so die Synergien des Zentrums (Gesundheit, Verwaltung, Ein- kauf, Erholung) beizubehalten.

Lenkung des Innenstadt-Verkehrs

Erstellung eines neuen Verkehrs- und Belebungskonzeptes für die Innenstadt zu weite- ren Aufwertung des Zentrums und als weiterer logischer Schritt nach der Umsetzung der innerstädtischen Umfahrung (siehe Leuchtturm 1).

Bahngasse wird Bahnhofsmeile

Die Route vom Bahnhof bis ins Zentrum (Bahngasse) stärker als zentrale Achse in Szene setzen; Bahngasse als weiteres Tor zur Stadt (siehe Leuchtturm 1) .

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Scheibbs bleibt kompakt | Kompakte und dichte Siedlungsentwicklung forcieren

Durch seine enge Tallage verfügt Scheibbs über nicht viele Potenzialflächen für zentrumsnahe Bebauung. Deshalb sollte mit den zur Verfügung stehenden Flächen auch in Zukunft sorgsam umgegangen werden. Eine kompakte Siedlungsentwicklung ist deshalb einer Entwicklung in die Fläche vorzuziehen.

Baulandmobilisierung den Vorzug geben

In der Gemeinde Scheibbs ist ein beachtlicher Teil des Baulands noch nicht bebaut. Durch die erwartete stagnierende Entwicklung der Stadt sollte der Mobilisierung dieser Baulandreserven der Neuwidmung der Vorzug gegeben werden.

Fokussierung auf zentrumsnahe Baulandreserven

Die in den Analysen abgerenzten Gebiete liegen fast gänzlich an schon gewidmeten, jedoch nicht bebauten Bauland. Diese Bereiche sollten aufgrund ihrer Lage in eine Be- buung überführt werden.

Verdichteten Wohnbau forcieren

An den genannten Gebieten sollte weiterhin verdichteter Wohnbau forciert werden, um Flächen und Geld zu sparen und möglichst viel Bevölkerung zentrumsnah anzusiedeln.

Streuhöfe leben lassen, aber nicht unterstützen

Von angedachter Verdichtung der Streuhöfe sollte abgesehen werden. Eine Weiternut- zung ist aber insbesondere in den talnahen Bereichen duldbar.

Vertragsraumordnung etablieren

Von den Instrumenten der Vertragsraumordnung ist im Sinne einer kompakten und lü- ckenlosen Bebauung ohne Baulandhortung in den nächsten Jahren verstärkt Gebrauch zu machen.

Scheibbs schützt Klima | Klimaschutz fest verankern

Klimaschutz ist nicht nur eine Sache der Stadt, sondern muss auch ein Anliegen des ländlichen Raumes sein. Auch hier sollte mit Anreizen und nicht mit Hemnissen gearbeitet werden, um so einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Das E-Mobilitätszeitalter einläuten

Errichtung weiterer Ladesäulen für E-Fahrzeuge (v.a. an den Bahnhöfen, beim Kranken- haus sowie beim Fachmarktzentrum) für Pendler*innen und für tägliche Erledigungen.

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Klimafreundliche Sanierungen unterstützen

Initiativen und Förderungen für Sanierungen (insbesondere im Zentrum) und den Um- stieg auf erneuerbare Energie weiter ausbauen

Schnupperwochen für E-Mobilität

Förderung von E-Bikes bzw. E-Cars in Form von Schnupperwochen (gratis ausleihen um auszuprobieren) und nachgelagerte Einrichtung von E-Bikes/E-Car Sharing

Scheibbs schläft gut | Lärmbelastung senken

Bedingt durch die Tallage ist die Lärmbelastung durch Verkehr insbesondere in höheren Lagen derzeit verbesserungswürdig. Eine Reduktion der Geschwindigkeiten des Durchzugsverkehrs trägt aktiv (Reduktion des Fahrtempos) und passiv (stärkere Konkurrenz der Bahn) zur Reduk- tion des Lärms bei.

Tempo 80 auf der B25

Tempobeschränkung (max. 80 km/h) an der Erlauftalstraße (B25) entlang der Sied- lungsbänder zur Reduktion des Lärms von Durchzugsverkehr.

Kreisverkehr Scheibbs-Nord

Bau eines Kreisverkehrs beim Gewerbegebiet Scheibbs (Rutesheimer-Straße) und Schaffung einer Vollanbindung, Reduktion der Fahrgeschwindigkeit und Verbesserung der Durchlässigkeit

Scheibbs wird Radstadt | Radtourismus ausbauen und Radpendeln fördern

Das Rad ist auch schon heute ein beliebtes Fortbewegungsmittel in der Stadt Scheibbs. Diese Stellung sollte in Zukunft weiter gefestigt und durch infrastrukturelle Maßnahmen und Marke- tingstrategien sowohl bei der ansässigen Bevölkerung als auch im Tourismus weiter ausge- baut werden.

Erlauftal-Radweg in Szene setzen

Aus dem Ötscherland-Radweg wird der Erlauftal-Radweg. Dieser sollte umfangreich vermarktet werden, um die Aufmerksamkeit stärker anzuziehen. Dies ist auch im Licht der ergänzenden Maßnahmen zu sehen (siehe Leuchtturm 3)

Scheibbs als Mountainbike-Mekka

Das Image als Mountainbiker-Ort sollte gestärkt bzw. neu geschaffen werden. "Mit der Bahn nach Scheibbs und dann auf den Trail"

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Scheibbs als Marke etablieren

Definition einer einheitlichen Marketingstrategie samt Logo und Slogan schafft mehr Aufmerksamkeit

Radwege wieder sichtbarer machen

Die teilweise schon sehr schwer sichtbaren Radwegmarkierungen in der Stadt sollten wieder nachgezeichnet werden, Beschilderungen sollten auf Vollständigkeit geprüft werden.

Bahn und Rad verbinden

Bessere Integration der Bahn in die Radstrategie (geeignetere Garnituren, Vermarktung, Bahn und Rad) (siehe Leuchtturm 3)

Aufwertung des Erlautalradweges

Der Radweg sollte an neuralgischen Punkten (besonders entlang der B25) abgesichert und ggf. auf die alte Bahntrasse verlegt werden, um die Attraktivität zu steigern. Außer- dem könnte die Aufenthaltsqualität am Radweg durch Rastplätze, Spielstationen, Trink- brunnen und einer gemeindeübergreifenden Adaption (Themenradweg,...) gesteigert werden

Erlauftaler Radschaukel

Verlängerung des Radtaxis von Lunz bis Scheibbs auf der bestehenden Busverbindung. Schaffung eines Rings aus den Radtourismus unterstützender Infrastruktur.

Radpendeln attraktiver machen

Ausbau des Radwegs auch als Alternative zum Auto forcieren; Radwegachse als Zent- rum des Scheibbser Schmetterlings

Scheibbs im Dialog | Kooperation statt Konkurrenz mit den nördlichen Nachbarn forcieren

Gerade im ländlichen Bereich ist Kooperation zwischen benachbarten Gemeinden als wichti- ges Konzept der Raumentwicklung zu implementieren, um so die Stärken der einzelnen Stand- orte bestmöglich zu stärken und komplementär zu gestalten. Kooperationen mit den Gemein- den Purgstall und Wieselburg sind deshalb weiterzuführen und auszubauen.

Kooperationskonzept der drei großen Player

Gemeinsames regionales Entwicklungskonzept der Orte Scheibbs, Purgstall und Wie- selburg mit den Hauptthemen Gesundheit, Einzelhandel, Mobilität und Digitalisierung, um die Konkurrenz in diesen Bereichen zur Kooperation umzufunktionieren

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Kooperation einfordern

Klares Bekenntnis der drei großen Gemeinden im Erlauftal zu mehr Kooperation statt Konkurrenz einfordern

Profilbildung von Scheibbs vorantreiben

Stärkere Profilbildung von Scheibbs in den Bereichen Einzelhandel und Gesundheit: Scheibbs als entspannte Einkaufsstadt und als Stadt der Gesundheit, Stadt der kurzen Wege (Wasser-Gesundheit-Einkauf)

Gemeinsam Interessen durchsetzen

Gemeinsame Interessensdurchsetzung der Bahngemeinden z.B. beim Thema neue Bahngarnituren

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3.4. Drei Leuchttürme für Scheibbs 3.4. Drei Leucht- türme für Scheibbs

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Leuchtturm 1: Innenstadtkonzept Scheibbs

Die Innenstadt von Scheibbs stellt das schlagende Herz der Gemeinde dar. Nachdem die inner- städtische Umfahrung vor einigen Jahren die Innenstadt spürbar entlastet hat, sollte nun mit einem Konzept zum Thema Verkehr und Belebung dieser zentrale Raum die in sich bergende Potenziale vollends ausschöpfen. Unser Vorschlag eines ersten Innenstadtkonzeptes (Abb. 49) vereint hierbei zum einen eine Verkehrsberuhigung und -lenkung mit einer Attraktivierung des öffentlichen Raums und zum anderen das In-Szene-Setzten einer Verbindungsachse zwischen Bahnhof und Innenstadt (Bahngasse). Mit der Einbahnregelung in der unteren Hauptstraße wird eine Verkehrsberuhigung geschaffen, ohne die Autos komplett aus dem Zentrum zu entfernen und dieses somit zu einem toten Raum werden zu lassen (siehe Profil "untere Hauptstraße"). Zusätzlich wird in der sehr schmalen mittleren und oberen Hauptstraße eine autofreie Zone ge- schaffen, die zum Verweilen und Einkaufen einlädt. Auf dem gesamten Straßenzug der Haupt- straße wird somit mehr Platz für Fußgänger, Verweilen und Begrünung geschaffen, ohne dabei auf den Zubringerverkehr zu verzichten. Durch die Verlegung des Wochenmarktes in die mittlere und obere Hauptstraße wird der Druck auf den Rathausplatz an den Freitagen verringert und kann seine Wirkung als Parkfläche vollständig entfalten. Der Markt kann sich andererseits auch auf den Samstag Vormittag ausweiten. Verschiebbare Begrünung in der oberen Hauptstraße und hängende Dekoration sollen die obere Hauptstraße wieder attraktiver gestalten und flexibel nutzbar machen (siehe Profil "obere Hauptstraße"). Der Weg zum Bahnhof spielt im Konzept als zentrale Achse eine wichtige Rolle und soll zu einer autofreien Bahnhofsmeile mit Baumallee umgestaltet werden. Die Allee soll allen ankommen- den Bahngästen als ein weiteres Tor zur Innenstadt dienen und möglichst viele Besucher*innen vom Bahnhof in die Altstadt locken (siehe Profil "Bahnhofsmeile"). Die barrierefreie Gestaltung des Sandstegs durch Rampen würde außerdem einen leichten Zugang zur Innenstadt ermögli- chen. Die Kreuzungspunkte bei der Erlafpromenade und beim Bahnhofsvorplatz könnten außer- dem durch eine Pflasterung sichtbar dem Rad- und Fußverkehr vom Bahnhof den Vorzug geben. Die durch die Maßnahmen verloren gegangenen 14 Stellplätze könnten durch eine Inwertset- zung eines Teils des Traunfellner-Grundstückes und einem Einbezug des Parkplatzes der Ge- sundheitskasse mehr als ausgeglichen werden. Ferner könnte eine Verringerung der Fahrbahn- breite auf der Erlafpromenade an breiteren Stellen einige neue Parkplätze, die durch einen sicht- bar markierten Radweg getrennt werden, schaffen (siehe Profil "Erlafpromenade").

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Abb. 49.: Erster Entwurf des Innenstadtkonzeptes von Scheibbs | Daten: Statistik Austria, Land NÖ und OSM (alle 2020); Graphik: eigener Entwurf Seite | 84

Leuchtturm 2: Mobilitätskonzept Scheibbs Nord

Da sich im Norden von Scheibbs wichtige Arbeitsplätze (Landesklinikum, Wittur, etc.), das Fach- marktzentrum und auch das Neubaugebiet Scheibbsbachweg befinden, können die Mobilitäts- ströme noch optimaler gelenkt werden. Dies ist im Besonderen der trennenden Wirkung der Er- lauf in diesem Bereich zuzuschreiben. Ein Hauptziel der Strategie ist deshalb der Vorschlag einer Schaffung einer neuen Brücke für Fußgänger und Radfahrer, die das Siedlungsgebiet mit den Arbeits- und Handelsbetrieben verbindet und damit gegenüber der Heumarktbrücke eine Weger- sparnis von 700 Metern (=10 Minuten) und mehr in eine Richtung bringt (siehe Abb. 50). Einwoh- ner*innen im Bereich der neuen Siedlungen des Scheibbsbachweges können dadurch bequem mit dem Rad oder zu Fuß ihren Einkauf erledigen oder an ihren Arbeitsplatz gelangen. Der derzeit auf der infrage kommenden Fläche befindliche Kleingarten könnte in Abstimmung mit dem Ei- gentümer auf eine gleichwertige Fläche verlegt werden. Andererseits soll ein neuer Bedarfshalt der Erlauftalbahn entstehen, der sich für den Umstieg von Arbeitspendler*innen und Einwohner*innen eignet. Dieser schafft durch seine Einbettung in die neue Achse zwischen Siedlungsgebiet und Gewerbegebiet eine bestmögliche Erreichbarkeit auf lokaler sowie auf regionaler Ebene und schließt über 1.000 Einwohner*innen und über 1.200 Arbeiter*innen bestmöglich an das regionale Verkehrsnetz an. Unter Berücksichtigung des Ein- satzes neuer, attraktiverer Zuggarnituren mit Bedarfshalt-Knopf entsteht mit diesem Halt auf- grund der besseren Beschleunigung keinerlei Verzögerung bei der Fahrzeit, aber ein großer Mehrwert für die dort lebende, arbeitende und einkaufende Bevölkerung. Auf der restlichen Flä- che könnte beispielsweise ein Spielplatz für die Einwohner*innen der nahen Siedlungsgebiete entstehen.Neben der Brücke und dem Bedarfshalt soll aber auch die übrige Achse vom Scheibbsbachweg zur Rutesheimerstraße für den Fuß- und Radverkehr ausgestattet werden, wo dies sinnvoll erscheint. Jedenfalls sollte eine Errichtung eines Geh- und Radweges entlang der Rutesheimerstraße angedacht werden, um so den Verkehr besser zu trennen. Dieses Dreigespann an Maßnahmen lässt ein ganzes Bündel an städtischen Funktionen näher zusammenrücken und schafft somit lediglich durch einen Verbindungskorridor ein kleines inner- städtisches Nebenzentrum in fußläufiger Erreichbarkeit.

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Abb. 50.: Erster Entwurf des Innenstadtkonzeptes von Scheibbs | Daten: Statistik Austria, Land NÖ und OSM (alle 2020); Graphik: eigener Entwurf

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Leuchtturm 3: Radkonzept Scheibbs

Wie bereits mehrmals erwähnt, ist Scheibbs kein typischer vielbesuchter Tourismusort. Die Ge- meinde ist vielmehr auf die sanfte Art des Erholens ausgerichtet. Der Radtourismus spielt dabei eine tragende Rolle, die es noch zu stärken bedarf. Der Erlauftal-Radweg als wichtigste Radroute des Erlauftals soll mittels einer gemeindeübergreifenden Marketingstrategie gezielter vermark- tet werden. Maßnahmen wie Etablierung eines Logos, Errichtung einheitlicher Beschilderungen und Radwegmarkierungen sowie Schaffung notwendiger Infrastruktur wie Rast- und Spielplätze sollen Radfahrer*innen weit über das Erlauftal hinaus anziehen. Durch den Ansatz „Ride&Bike“ als Teil der Strategie, soll eine Integration des Rades mit der Bahn geschaffen werden. Attraktive Angebote wie einfache Fahrradmitnahme und entsprechende Abstellanlagen an Haltepunkten sind dabei zwei wesentliche Anforderungen, um die Voraussetzung für gute intermodale Wege- ketten zu schaffen. Tagestouristen, die gerne zum Mountainbiken nach Scheibbs kommen möchten, steigen samt Rad gemütlich in den Zug ein und können nach Ankunft sofort auf das Rad steigen und „losradln“. Das Angebot soll nicht nur für Besucher*innen attraktiv sein, sondern soll auch Einheimische motivieren, vom PKW auf das Rad und die Bahn umzusteigen. Um eine hohe Qualität und Beteiligung im Alltagsradverkehr schaffen zu können, ist eine komfortable und sichere Radverkehrsinfrastruktur notwendig. Daher soll der Ausbau und die Sichtbarkeit der Rad- wege in Scheibbs stärker forciert werden, um den Umstieg vom PKW erleichtern zu können. Die Nutzung von E-Bikes soll vor allem zur Bewältigung von steileren Strecken durch bspw. Schnup- perwochen gefördert werden und somit eine Alternative für die Bewohner*innen der Streuhöfe ins Bewusstsein gerufen werden.

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