Entwicklung Und Management Von Wissen in Organisationen Des Öffentlichen Bildungswesens in Brasilien
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Gilberto Fraga de Melo Entwicklung und Management von Wissen in Organisationen des öffentlichen Bildungswesens in Brasilien - Praxis-Lernen im schulischen Kontext von Macht und Bürokratie Dissertation Vorgelegt im Fachbereich 2 Erziehungswissenschaft – Psychologie der Universität Siegen im Juni 2009 Danksagung Mein Dank an die Lehrerin Bárbara, meine Mutter. An Mirna, meine Ehefrau, mit der ich die Zeit und die Freude für die Entwicklung und Aufstellung dieser These geteilt habe. Danke für die entgegengebrachten Gefühle, die Orientierung und die Unterstützung. An meine Kinder Leonardo und Thiziane, die großen Einfluss auf meine persönliche Haltung und mein berufliches Leben ausüben. An die Familienangehörigen Fraga de Melo und Pilz, die für meine Tätigkeiten im Bildungsbereich in verschiedenen Aufgabenbereichen und Orten Verständnis haben, wodurch oft die Trennung vom familiären Zusammenleben entsteht. Mein Dank auch an Guilherme Araújo. Ich danke dem Kultusministerium des Bundeslandes Mato Grosso und dem Schulamt von Cuiabá für die gegebene Chance auf berufliche Qualifikation. Ich danke dem INEDD (Internationalen Promotionsstudiengangs Erziehungswissenschaften und Psychologie), Fachbereich 2 der Universität Siegen: . Professor Dr. Bernd Fichtner - Direktor des INEDD und auch meinem Doktorvater. Maria Benites, ehemalige Koordinatorin des INEDD. Beide öffneten mir die Türen und boten die Bedingungen für die Durchführung der Doktorarbeit an. Alice Delorme, danke für den Unterricht, die Geduld und das Verständnis für meine Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Meine Lehrerin. Oliver, Anna und Moritz, danke für die Unterstützung bei administrativen und bürokratischen Angelegenheiten. Professor Dr. Johannes Schädler, mein Doktorvater. Mein Dank an die Freunde und Kollegen ACR Xavier und Fátima Marra, Wilson Pereira und Orleilson für die Unterstützung in Rio Branco-AC. An die Freundin Deusanete Santana für die Betreuung bei den bürokratischen Angelegenheiten im Kultusministerium von Mato Grosso. Mein besonderer Dank an die Arbeitskollegen in den Schulen und Schulämtern, die an den Interviews teilnahmen, die Teil dieser Arbeit sind. An Dielcio Moreira und Luciana Leão, Eneida Tito, Amaury Lobo, Sittipan (Thailand), Juanita (Kolumbien), die viel mehr als Doktoranden sind. Mein Dank auch an Maria Oliveira und Thilo, Giselle Botelho, Nina und Ralf, Ingo und Luciene, Ulla (Indonesien), Tatiana (Rußland) und Felipe (Kolumbien) für die Freundschaft, die in Siegen begann. An Carlos Maldonado für den Kontakt mit der Uni-Siegen und die Chance auf das Doktorat. Inhaltsverzeichnis Einführung in Thema, Fragestellung, theoretischen Bezugsrahmen und Methodologie 5 1. Der allgemeine Kontext des Handlungsfelds 17 1.1. geografische, ethnische und wirtschaftliche Daten zu Brasilien 18 1.1.1 Ethnische Zusammensetzung 20 1.1.2. Wirtschaft 25 1.2. Der gesetzliche Rahmen des Bildungssystems in Brasilien 31 1.2.1. Der historische Beginn 31 1.2.2. Das aktuelle brasilianische Bildungssystem 35 2. Macht, Bürokratie und Organisation: Die Schule 44 2.1. Das System Schule: Macht und Bürokratie 45 2.1.1. Die Schule als Organisation 48 2.1.2. Die Schule und die Ausübung der Macht 64 2.2. Das pädagogische Projekt der Schule: ein Ausgangspunkt für Autonomie 73 2.3. Zusammenfassung 81 3. Das empirische Forschungsprojekt und seine Ergebnisse 83 3.1. Empirische Forschung als Qualitative Forschung 85 3.2. Die untersuchten Subjekte: LehrerInnen, Schulleiter und Direktoren von Erziehungssekretariaten 95 3.3. Auswertung der Ergebnisse: Lehrpraxis und Umgang mit Bürokratie 103 3.3.1. Die universitäre Ausbildung der LehrerInnen 104 3.3.2. Curriculare Parameter und Umsetzung in der Praxis 120 3.3.3.LehrerInnen und ihre lebenslange Weiterbildung in der Praxis 129 3.3.4. Konstruktion des Lernkontextes durch LehrerInnen 144 3.3.5. Lernpraktiken der LehrerInnen 174 4. Systematisch Zusammenfassung in einer neo-institutionalistischen Perspektive 210 4.1. Effizienz und Legitimität, Mythen und Zeremonien 214 4.2. Isomorphismus in den Organisationen 217 4.3. Schlusswort 223 5. Literatur 228 6. Anhang 234 Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1. Ständige Bevölkerung nach Hautfarbe oder Ethnie, nach Wohnort und Geschlecht 25 Tabelle 2 – Verteilung der Verantwortlichkeiten im Bildungswesen 37 Tabelle 3 – Brutto- und Netto- Schulbesuchsquoten für Kinder zwischen 7und 14 Jahren (Brasilien – 1991 bis 1996) 41 Tabelle 4: Hürden zum Erfolg 60 Tabelle 5: ausgewählte Schulen 101 5 Einführung in Thema, Fragestellung, theoretischen Bezugsrahmen und Methodologie Die Machtstruktur des brasilianischen Bildungswesens ist hierarchisch aufgebaut: Das Ministerium steht über den einzelnen staatlichen Sekretariaten für Erziehung und Bildung und den Gemeinden, die ihrerseits den Schulen übergeordnet sind. In dieser komplexen Aufteilung der Verantwortungen bleibt dennoch die Schule Hauptverantwortungsträger für die Lehr- und Lernprozesse. Die übergeordneten Instanzen sind eher dazu gewillt, Normen und Regel festzulegen und an die Schulen weiterzugeben, als mit den Schulen zusammenzuarbeiten. Demnach ist die wichtigste Funktion des Bildungswesens, die durch die Interaktion und den Wissensaustausch zwischen Lehrern und Schülern stattfindet, ein Raum, den jene verschiedenen Macht- und Verwaltungsebenen als Anwendungsfeld von Normen und Regeln betrachten, das auch als Bürokratisierung zu verstehen ist. Das Bildungswesen, wie jede öffentliche Verwaltung, wird stark von einer technobürokratischen Logik geprägt. Die Bürokratie ist als Demokratisierungsfaktor für den Zugang zu öffentlichen Diensten entstanden; sie sollte eine Garantie für Gleichberechtigung sein und verlangte klare Normen und Regeln, um alle Individuen in gleicher Weise berücksichtigen zu können. Weil sie nicht unpersönlich bleiben konnte, wie es erforderlich war, sondern ihre Praxis immer persönlicher wurde, wurde daraus ein Machtinstrument, mit dem die Handlungsfelder der verschiedenen Organisationsebenen eingegrenzt, zugeordnet und ausgedehnt werden. Das brasilianische Bildungswesen – und insbesondere die Lehre – wird von einem breiten und komplexen Spektrum an Gesetzen, Verordnungen und normativen Richtlinien abgegrenzt, die über die Schulleiter und -lehrer in die pädagogische Praxis einfließen. So werden die Machtverhältnisse zum Teil des Schulalltags, und sie spiegeln sich letztlich in der Autorität der Lehrer über die Schulgemeinschaft (Eltern und Schüler) wider. Deshalb kann man nicht von Schule und Lehrerhandlungen reden, ohne die Macht zu erwähnen, die dort ausgeübt wird. Ebenso wenig darf man die Machtverhältnisse übersehen, die implizit und explizit in der Lehrpraxis zu finden sind, oder die bürokratische Struktur der Schule unberücksichtigt lassen. Zugleich sollte man bedenken, dass Organisationen nicht nur unser Verhalten beeinflussen, sondern selbst von uns beeinflusst werden. Schließlich darf man nicht vergessen, dass sie von Menschen produziert werden, wie die Neoinstitutionalisten betonen. Diese Denkrichtung der Soziologie bestreitet die Erhaltung von Organisationen lediglich aufgrund ihrer rationellen Effektivität. Organisationen können nur insofern legitim sein, dass sie den 6 Interessen und Erwartungen der Gesellschaft entgegenkommen. Die Institution Schule bildet hier keine Ausnahme. Die Arbeit der Schule wird durch die Effektivität des Unterrichts und die Demokratisierung der Machtverhältnisse legitimiert. Es handelt sich hierbei um viel mehr als nur um ein Gesetz: Es geht um die konkrete Rückgewinnung und Aneignung der Schule durch diejenigen, die dort tagtäglich arbeiten und lernen – die Schulgemeinschaft. Nach zwanzig Jahren Zusammenarbeit mit Verwaltungsinstanzen des Bildungswesen, sei es auf kommunaler (Gemeinde), staatlicher oder nationaler Ebene, konnte ich eine Diskrepanz zwischen dem, was die Führungsstellen und die Experten denken, und der täglichen Schulpraxis feststellen - sozusagen ein natürlicher Ungehorsam zwischen den verschiedenen Machtebenen. Dieser Widerstand kam mir jedoch absichtlich vor, als ein Warnzeichen der Schule, um wieder als Lehr- und Lernort verstanden zu werden und nicht als eine weitere bürokratische Verzweigung der Verwaltungsorgane. Diese Stellung der Schule wurde gestärkt, als ihr mit dem 1996 verabschiedeten Bundesgesetz der Richtlinien und Grundlagen für das Bildungswesen (Lei de Diretrizes e Bases da Educação) vorgeschrieben wurde, dass sie ein pädagogisches Projekt ausarbeiten musste. Das dort beschriebene pädagogische Projekt versteht sich als Instrument zur Emanzipierung, zur Autonomie der pädagogischen Praxis und zur Gewährleistung der Diversität von Interaktions- und Wissensformen (z.B. aus verschiedenen Gesellschaftssegmenten) sowie Methodologien. Solche Tätigkeiten wären auf zentraler Ebene nicht realisierbar gewesen. Diversität soll nicht als eine offene Tür zur Verschlechterung der Qualität verstanden werden, sondern vielmehr als der Weg zu mehr Respekt und Verständnis für die verschiedenen Phasen, die jeder Mensch im eigenen Lernprozess durchschreitet. Trotz dieser wichtigen Errungenschaft auf dem Weg zur Autonomie ist die Qualität des Unterrichts in vielen Schulen weiterhin mangelhaft. Deshalb stellte sich für mich die Frage, warum die Schule - ein Ort, der der Entwicklung von Wissen verschrieben ist - so wenig Wissensaustausch und so schwache Erträge aufweist, obwohl ihre Ansprüche und Forderungen nach mehr Anerkennung für ihre Arbeitskräfte nach Jahrzehnten schließlich erhört wurden. Selbstverständlich gibt es keine einfache Antwort auf diese Frage. Vielmehr war die