Die Ewige Baustelle Kulturkonstrukt Europa
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63280 4/13 Oktober-Dezember 2013 Musikleben im Diskurs Die ewige Baustelle Kulturkonstrukt Europa | Interview mit Wolfgang Rihm: „Das Neue und Ungewohnte zulassen“ | Nur noch kurz die Welt retten. Die große Sehnsucht nach Entschleunigung in der aktuellen deutschen Popmusik SFR 14,60 ıCH 8,80 € ıA 8,50 € D editorial 1 Baustelle Europa Wissen Sie, wo Europa liegt? Real, nicht als Traumgebilde eines Garten Eden, nicht als Projektionsfläche unerfüllter Erwartungen, nicht als Marktplatz der Eitelkeiten, nicht als Grabstätte verschleuderter Steuermillionen. Sollte jemand eine Antwort wagen – ein Verweis auf die Landkarte reicht jedenfalls nicht. Christian Höppner Europa ist mehr als wir bisher zu hoff en gewagt haben. Europa ist mehr als der Eur o. Chefredakteur Europa ist mehr als wohlfeile Sonntagsreden: Europa ist Vision und praktisches Handeln zugleich. Und: Europa entwickelt sich im Hier und Jetzt – oder nie. Die Idee eines Europas der Einheit in der Vielfalt weist auf die zentrale Rolle kultur eller Identitäten hin. Der Zustand des kulturellen Lebens ist der erste Gradmesser für die Frage, wie viel Europa tatsächlich vor Ort „ankommt“ – beim einzelnen wie bei Gruppen. Die Neugierde auf das Andere zu wecken, ist und bleibt eine zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe, weil sie die Voraussetzungen für Wahrnehmung, zivilisierte Auseinandersetzung und Wertschätzung bilden kann. Das gilt im Dialog von zwei Menschen, wie für den Dia- log in Gruppen, Gesellschaften und Nationen. Mit dem immer noch beispiellosen Reich- tum an Kultureller Vielfalt verfügen die europäischen Länder über ein immenses Kreativ- potenzial, das allzu oft brach liegt. Europa ist kein Top-Down-Projekt für Sonntagsreden oder Freihandelszonen, sondern ein kultureller Lebensraum für den einzelnen Bürger wie für seine Gesellschaften. Kulturelle Vielfalt kann dabei helfen, Unterschiede wie Gemein- samkeiten bewusst zu machen. Ohne kulturelle Teilhabe, ohne das Bewusstsein für den Wert kreativen Schaffens und ohne die (soziale) Wertschätzung kreativer Leistung kann es keine Kulturelle Vielfalt geben. Kulturelle Vielfalt bildet das Fundament für eine Werte - gemeinschaft, die sich bislang vornehmlich über wirtschaftliche und geopolitische Fragen zu verständigen sucht. Dass das nicht mehr ausreicht, zeigt sich einmal mehr in der soge- nannten „Eurokrise“. Das Fundament für die Baustelle, die Europa noch immer ist, ist die Kultur. Sie muss vor Ort erlebbar sein. Sie muss den Raum bieten, Impulse zu setzen, Fragen zu stellen und Antworten zu wagen. Nur in der Auseinandersetzung über Gemeinsames und Trennendes kann ein Bewusstsein für die europäischen Werte wachsen. Dazu gehört nicht nur eine Stärkung des Europäischen Parlaments im Kraftfeldgefüge mit der Europäischen Kommis- sion, sondern auch die Erkenntnis, dass die europäischen Grenzen im Sinne des transkul- turellen Dialoges fließend sind. Deshalb – und nicht nur deshalb – ist es höchste Zeit, die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union voranzutreiben. Für die Europawahlen am 25. Mai 2014 heißt es nic ht nur wählen zu gehen, sondern zum Beispiel v orab mit den je weiligen Wahlkreisabgeordneten die Umsetzung der UNESCO Konvention „Kulturelle Vielfalt“ zu diskutieren – ganz konkret und vor Ort. Christian Höppner 4/13 inhalt im fokus: Die ewige Baustelle Kulturkonstrukt Europa Das Wir-Gefühl zählt: Instrumentalisten des EUYO Innehalten – die Sehnsucht nach – European Union Youth Orchestra, Seite 14 Entschleunigung, Seite 32 im fokus pro & contra | Europa ist Musik | Brauchen wir ein Bundeskulturministerium? Wolfgang Rathert:Europas Vielfalt spiegelt sich Olaf Zimmermann und Thomas Goppel 24 in der Musik wider 6 | Einheitsstifterin Kultur neue töne Doris Pack/Walter Hirche/Jörg-Peter Weigle: Welche | Stockhausens „Hymnen“ Rolle spielt die Kultur für ein Europa der Einheit in Eint Karlheinz Stockhausens Werk die Menschen Europas? der Vielfalt? 9 (Stefan Fricke) 29 | Kultur als Identitätsstifterin | Das Neue und Ungewohnte zulassen Wolfgang Schmale: Europas Identität definiert sich Christian Höppner und Ulrike Liedtke im Gespräch über die europäische Kultur 12 mit Wolfgang Rihm 26 | Europa – das sind wir! Andreas Bock: Wie der europäische Einigungsprozess durch Kultur vorangetrieben werden kann 14 akzente | Nur noch kurz die Welt retten | Vielfalt ist Trumpf und Segen Die große Sehnsucht nach Entschleunigung in der Willi Steul: Musikalische Nachwuchsförderung in aktuellen deutschen Popmusik (Ole Löding) 32 Europa am Beispiel von Young Euro Classic 16 | Ein bisschen Wahnsinn musik und politik Clemens Dreyer und Claas Triebel: Der Eurovision | Tua res agitur Song Contest: zwischen Einheit und Vielfalt 19 Kulturförderung – Zum Verhältnis von Staat und Zuwendung empfangendem Bürger (Stephan Opitz) 35 | Aufbrechen, um zu erhalten! Lydia Grün und Susanne Wienemann: Europa sucht neue Wege zur Musik 22 4/13 4 |13 Oktober – Dezember 2013 Lampenfieber! Doch der Puls Das EU-Förderprogramm für 2014 bis 2020 geht ganz normal? – Seite 40 setzt auf Europas Kreativität, Seite 48 | Jeder kennt den Preis der Dinge, ihren Wert | Unzumutbar hingegen kennen die wenigsten! Die Ausgestaltung des Zuwendungsrechts lässt Ein Plädoyer zur Verteidigung des Musiklandes Hauptamtlichkeit sowie Ehrenamt zum Lebens risiko Deutschland und seiner künstlerisch-kulturellen Werte werden (Rüdiger Grambow) 51 (Hartmut Karmeier) 38 | Disziplin, Doping und Dystonie report Christian Höppner im Gespräch mit | Verfemte Musik als Botschafter Marie-Luise Neunecker 40 Kultureller Vielfalt Christian Höppner im Gespräch mit Volker Ahmels 54 | Ein Leben voller Musik Christian Höppner im Gespräch mit | Bach als „Wohlfühlprogramm“? Ernst-Ullrich Richard Neumann 44 Christian Höppner im Gespräch mit Christoph Krummacher 57 bildung | forschung | Wo Können reine Freude macht | Die Welt des Hörens 40 Jahre Deutsche Streicherphilharmonie Die Initiative Hören feiert ihr 10-jähriges Bestehen (Matthias Pannes) 60 (Babette Kaiserkern) 46 | editorial 1 wirtschaft | recht | nachrichten 4 | rezensionen 62 | Kreatives Europa | finale/impressum 64 Europas Förderprogramm für den Kultur- und Kreativsektor 2014 bis 2020. Was bleibt und was wird sich verändern? (Cornelia Bruell) 48 4/13 4 nachrichten Das Erbe des Visionärs und Förderers Carl Bechstein ausgezeichnet Die neu gegründete Carl- mit 2 500 Euro dotierten Son- Bechstein-Stiftung hat ihre Ar- derpreis. Auch im k ommenden beit aufgenommen. Sie förder t Jahr sollen mehrere Bundespreis- vor allem Kinder und Jugend - träger der Ka tegorie „Klavier liche, die das Kla vierspiel erler- solo“ mit Stipendien bedac ht nen möchten. Zahlreiche Schu- werden. len in Deutsc hland haben von Fachkundig beraten wird die der Stiftung kostenlos ein Klavier Stiftung durch die Mitglieder des zur Verfügung gestellt bek om- Kuratoriums, dessen Vorsitz men, das bei musikalischen Auf- Christian Höppner, Generalse- führungen sowie beim Klavier- kretär des Deutsc hen Musikrats unterricht eingesetzt wird. Es sowie Vizepräsident des Europäi- gehe darum, möglichst vielen schen Musikrats, übernommen Kindern – auc h aus sozialen hat. Stellvertretender Vorsitzen- Brennpunkten – die Möglichkeit der ist Wolfram Nieradzik, Mit- zu eröffnen, das Klavierspiel zu glied der Gesc häftsleitung der erlernen, so Karl Sc hulze, Stifter Funk Gruppe. Mit Theo Geißler und Vorsitzender des Vorstands engagiert sich der Herausge ber ́ bille/Philharmonie Luxembourg der Carl-Bechstein-Stiftung. und Chefredakteur der nmz im Im Programm der Stiftung er- Kuratorium, in das auch der Pia- ́ bastien Gre gänzen sich Breiten- und Spit- nist und Kla vierprofessor Lars © Se zenförderung. Beim Bundeswett- Vogt seine vielfältigen Erfahrun- bewerb „Jugend musiziert“ ver- gen einbringt. Das YEAH!-Festival ging am denkern Europas“ gekürt. Das gab die Stiftung unlängst einen Samstag, 14. September 2013, Preisgeld von insgesamt 40 000 in Osnabrück mit einer Gala zur Euro und die YEAH!-Trophäe Verleihung des Young EARopean wurde ihnen im Sc hloss Osna- Award zu Ende . Begegnungen brück überreicht. Prämiert sind durch Musik über Länder gren- die Bühnenshow „Drumblebee“ zen hinweg zogen sich als roter von Quatuor Beat und der Phil- Förderung der Kulturellen Vielfalt Faden durch das gesamte F es- harmonie Luxemburg in Zusam- tival. „Osnabrück wurde in den menarbeit mit der Kölner Phil- vergangenen Tagen zum Zen- harmonie (im Bild), dem Luzern Die Stiftung Niedersachsen diverser interkultureller Musik- trum der Völkerverständigung Festival sowie den Grazer Spiel- veranstaltet am Donnerstag, 14. projekte. Im Anschluss werden und konnte mit dem YEAH!-Fes- stätten, das Pr ojekt „Come in!“ November 2013, in Kooperation der Präsident der Deutsc hen tival die kr eative Energie ganz von den Göteborger Sinfonikern, mit dem Deutsc hen Musikrat UNESCO-Kommission, Walter Europas bündeln“, so Hans-Jür- das innovative Projekt „Concerts und mit Unterstützung der Hirche und der Veranstalter Joa- gen Fip, Oberbürgermeister der for Babies“ von Musicalmente Deutschen UNESCO-Kommis - chim Werren von der Stiftung Stadt Osnabrück a. D. aus Portugal, das Projekt „Listen sion den Fachtag „Musik.Viefalt. Niedersachsen in das Thema ein- Sechs Produktionen aus den Län- to the Silence – a J ourney with Integration – Zeit zu Handeln“ führen. Die Grünen P olitikerin dern Luxemburg, Belgien, Portu- John Cage” der Zonzo Compa- in der Niedersäc hsischen Lan- Claudia Roth ist angefra gt, mit gal, Deutschland und Schweden gnie, das Projekt „Notations“ des desvertretung in Berlin. Raimund Vogels, Direktor des wurden mit dem eur