Autorin: Claudia Alraum, M.A.

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Siemens Healthineers MedMuseum | Max Gebbert, Biographische Skizzen Max Gebbert

Biographische Skizzen

siemens.de/medmuseum 2 Max Gebbert

02.03.1859 – 11.03.1907

Biographische Skizzen

3 approximately 30 keV (kiloelectron volts) to a peak of 120 keV (in the case of 120 kVp). A typical distribution is shown in Fig. 1. Depending on the patient diame- ter, medium- and high-energy quanta are the most efficient from a dose/noise per- spective. By comparison, low-energy quanta contribute considerably to patient dose, but only marginally to noise reduction. These low-energy quanta are still efficient in scans that use iodine-containing contrast media, as these increase the iodine contrast-to-noise ratio (CNR) (note the example for a 70 kV beam in Fig. 1). However, in the case of non-contrast scans, those quanta are inefficient. Deploying a Tin Filter in front of the X-ray tube filters low-energy photons from the spectra. Tin’s high atomic number means it is very efficient, and results in substantially hardened and effective spectra. Comparisons of traditional 120 kV and 100 kV spectra with tin filtration (indicated as 120 kV and Sn100 kV) show an optimally shaped spectrum, in particular, the removal of low-energy photons (see Fig. 1). Similar effects are observed for 140 kV and 150 kV. The optimum energy of an X-ray beam depends on attenuation and the size of the object being scanned. Fig. 2 shows image noise for spectra with and without tin filtration, for various patient sizes. For medium cross sections, InhaltSn100 kV is the most efficient spectrum. For regions with stronger attenuation, hig- her kVs with tin filtration are recommended.

Vorwort 5

Zur Einführung 6 Wurzeln und Wanderjahre 7 Neue Ufer 9 Existenz- und Familiengründung 16 Groß- und Alleinunternehmer 19 Erfolgsjahre und Krisen 26 Mikrokosmos RGS 47 Öffentliches und Privates 52 Familienleben und letzte Jahre 55 Dokumente zu Gebberts Leben 65 Abkürzungsverzeichnis 100 Abbildungsverzeichnis 100 Referenzen 101

Stammbaum4 110

4 Vorwort

In unserer schnellen Zeit, unserer vernetzten, technologisierten und digitalisierten Welt, was hat uns da noch das Leben eines Mannes zu sagen, der in der Mitte des vorletzten Jahrhunderts geboren wurde? Weshalb sollten wir uns für einen Mechaniker und Fabrikanten interessieren, der in eine Welt hineingeboren wurde, die sich auf den ersten Blick doch so sehr von unserer heutigen unterscheidet? Wie wir lebte Max Gebbert in Zeiten des technischen und gesellschaftlichen Wandels. Er suchte Antworten auf die Fragen seiner Zeit und reagierte schnell und vorausschau- end auf Neues. Während in seinen Jugendjahren das Innere des lebenden Menschen noch im Verborgenen lag und nur operativ sichtbar gemacht werden konnte, wurde Gebbert als Vierzigjähriger Zeuge einer ungeheuren Um­wälzung der Medizin: ein Armbruch, ein Tumor konnte nun am Bild diagnostiziert werden. Die Röntgenstrahlen legten das Körperinnere offen. Gebbert erkannte dieses enorme Potential und setzte es unternehmerisch in die Tat um. Doch seine Interessen, sein Engagement gingen weit darüber hinaus. Die soziale Frage, die Bedingungen der menschlichen Existenz, der Einklang mit der Natur beschäftigten ihn tagtäglich und bestimmten sein Handeln. Gebbert stünde heute für soziales Engagement und Nachhaltigkeit, man könnte ihn als „alternativen Unternehmer“ bezeichnen. In Zeiten des Umbruchs stellte er sich den neuen Herausforderungen, stets den Menschen und den Kunden im Blick. Die Anfänge der Bildgebung in der Medizin sind vergleichbar mit der heutigen Digitalisierung des Gesundheitswesens. Gebberts Fragen sind auch heute noch unsere Fragen. Max Gebbert, Mitbegründer von „Reiniger, Gebbert & Schall“, einer der Vorläuf­er­ firmen von Siemens Healthineers, ist einer der frühen Wegbereiter der Firmen­ geschichte. Als Alleininhaber hat er damals Weichen gestellt – für bahnbrechende Technologien, mutiges Unternehmertum, aber auch für soziales Engagement. Er hin- terließ ein unternehmerisches Erbe, auf dessen Fundament unsere Firma heute steht. In der Tradition wegweisender Pioniere – Erfinder, Wissenschaftler, Unternehmer – steht das Unternehmen noch heute.

5 Zur Einführung

Pioniere und ihre Geschichten faszinieren. Dies gilt für Erfinder wie Johannes Gutenberg oder Thomas Alva Edison, Entdecker wie Christoph Kolumbus oder Heinrich Schliemann, Forschungsreisende wie Alexander von Humboldt, Künstler wie Pablo Picasso, aber auch für herausragende Zentralfiguren der Wirtschaft und des Unternehmertums wie oder Steve Jobs. Sie prägen durch genialen Unternehmergeist, visionäre Ideen und kühne Investitionen ihre Zeit und die Zukunft, die bis in unsere heutige Lebenswirklichkeit hineinreichen. Lagen Sie schon einmal in einen Kernspintomographen? Wurden Sie geröntgt oder tragen Sie vielleicht ein Hörgerät? Diese Alltäglichkeiten sind verknüpft mit der Geschichte von Unternehmern, Erfindern, Wissenschaftlern und Mechanikern, die die Medizintechnik­ und damit den medizinischen Fortschritt nachhaltig prägten. Max Gebbert, geboren 1856, war einer von ihnen. Er ebnete als Mitgründer und lang­ jähriger Alleininhaber der Reiniger, Gebbert & Schall oHG (RGS) entscheidenden Technologien der Medizintechnik durch wagemutige und weitsichtige Entscheidungen den Weg. Durch Fusionen und Übernahmen ging die spätere Reiniger, Gebbert & Schall AG in den 1930er Jahren in den Siemens-Reiniger-Werken auf. Nicht Max Gebbert, sondern Erwin Moritz Reiniger, sein früherer Kompagnon, blieb im Namen der neuen und erfolgreichen Medizintechnikfirma „SRW“ erhalten. Doch war es vor allem Gebbert, der die Frühzeit von RGS prägte und damit auch den Nachfolgerfirmen den Weg bereitete. Zugleich spielte er eine wichtige gesellschaftliche Rolle am Ort des Firmensitzes, in der fränkischen Universitäts- und Medizin(technik)stadt Erlangen. Max Gebberts Leben liegt nicht wie ein offenes Buch vor uns. Die Daten und Episoden aus und zu seinem Leben erschließen sich fast ausschließlich erst durch Berichte, durch Dritte, durch Firmenunterlagen, Akten und öffentliche Dokumente. Gebbert führte wohl kein Tagebuch, auch sind uns nur wenige Briefe und andere Ego-Dokumente erhalten. Der Privatmensch Gebbert und sein Charakter, seine Ideale und Wünsche treten bedingt durch die Überlieferungssituation zurück hinter den Fabrikanten Gebbert und dessen unternehmerische Entscheidungen. Nur an wenigen Stellen erlauben uns die über­ lieferten Quellen Blicke auf den Ehemann und Familienvater, den Sinnsuchenden und Kommunalpolitiker. Eine lückenlose Biographie und Charakterstudie von „Vater Max“, wie ihn die Erlanger Werksmitarbeiter mitunter nannten, ist deshalb kaum möglich. Dennoch soll dieses Buch in biographischen Skizzen Einblicke ermöglichen in das Leben eines Gründers und Unternehmers, der für Siemens Healthineers, die Stadt Erlangen und die Entwicklung der Medizintechnik von herausragender Bedeutung ist. Der Dank der Autorin gilt für Anregungen und Hilfe Marcel Michels und Stefan Dirnberger sowie für die Projektinitiation und -förderung Doris-Maria Vittinghoff.

6 Wurzeln und Wanderjahre

Um drei Uhr morgens am 2. März 1856 wurde im oberschlesischen Rothaus (poln. Piątkowice, Kreis Neisse) Max Julius Gebbert geboren. Er war das dritte von insgesamt sieben Kindern des städtischen Oberförsters Joseph Gebbert1 und dessen Frau Adelheid, geb. Koch, die in mütterlicher Linie den bis ins 13. Jahrhundert zurückreichenden thürin- gischen Adelsgeschlechtern von Brandenstein und derer von Obernitz entstammte. Vater Joseph kam aus einer Familie von Landwirten. Er war Freimaurer2, wie auch später sein Sohn Max.

Oberförster Joseph Gebbert (1810-1891) Adelheid Gebbert (1819-1893)

Zwei Wochen nach seiner Geburt taufte man den Knaben in der katholischen Pfarr­kirche des Nachbarortes Riemertsheide auf den Namen „Julius Max Gotthard“.3 Er wuchs zusammen mit seinen Geschwistern, den drei Brüdern Oscar, Paul und Eugen, und den drei Schwestern Laura, Adelheid und Amalie im großen, aber einfachen­ Forsthaus von Rothaus auf, das am linken Neißeufer stand.4 Von 1867-1872 besuchte er nach fünfjähriger Volksschulzeit in Neisse (poln. Nysa) die dortige Mittelschule bis zur Quinta (5. Mittelschulklasse). Da Max zu dieser Zeit wohl eher dem Praktischen zugeneigt war, gaben ihn die Eltern im September 1872 in die opti- sche Werkstatt seines Schwagers Max Rauch in Neisse in die Lehre. Rauch war mit Gebberts Schwester Adelheid verheiratet.5 Zweieinhalb Jahre lang erlernte er dort den Beruf des Mechanikers und erhielt im März 1875 den Freischein. Es begannen die Wanderjahre eines ehrgeizigen, nach Erfahrung strebenden Mechanikers: von April 1875

7 bis 1878 war Max in verschiedenen Berliner Werkstätten tätig, wie damals üblich für jeweils recht kurze Zeitspannen.6 Dann verließ Max Berlin und trat für zweieinhalb Jahre in den Militärdienst in die 4. Kompanie des königlichen Gardejägerbataillons Potsdam ein.7

Max Gebbert als Schüler in Neisse, vor 1870 Max Gebbert in der Berliner Zeit, 1875–78

Max Gebbert als Soldat in Potsdam, um 1878 Max Gebbert in Paris, 1881

8 Direkt nach seiner Militärzeit zog es ihn weiter nach Straßburg, wo er bis Ende Oktober 1881 unter anderem als kaiserlicher Eisenbahn- und Telegraphen-Ober­ inspektor arbeitete. Noch im selben Jahr trat er eine Stelle bei der Firma Gautier in Paris an, allerdings nur für wenige Monate. Schon im April 1882 reiste er weiter nach Genf und arbeitete dort wiederum für einige Monate für die Societé Genevoise8 (wohl Société Genevoise d‘instruments de physique, Unternehmen zur Herstellung wissen­ schaftlicher Instrumente). Nach seinem Dienstende in Genf im Sommer 1882 hielt er sich zusammen mit Karl Friedrich Schall (1859-1925), einem Freund aus Pariser Tagen und späteren Geschäftspartner, und vermutlich auch dem Mechaniker und Freund Oscar Richter9 für einige Zeit in London auf.10 Hier beschlossen Schall und Gebbert nun auch, sich in absehbarer Zeit geschäftlich zusammenzuschließen.11 Während seiner europäischen Wanderjahre hatte Gebbert stets auf eine Überfahrt nach New York gespart, denn er hatte von den fortschrittlichen Arbeitsmethoden in den USA gehört und wollte jene nun selbst kennenlernen.

Neue Ufer

Im Mai des Jahres 1883 bestieg Gebbert in Hamburg das deutsche Dampfschiff „Polaria“ und erreichte damit am 13. Juni desselben Jahres endlich die ersehnten neuen Ufer von New York.12 Sein Ziel war es, Erfahrungen vor allem im Bereich der rationellen Fabrikation zu sammeln, amerikanische Arbeitsmethoden kennenzulernen und seine praktischen und theoretischen technischen Kenntnisse durch Tätigkeit in verschiedenen Betrieben, unter anderem bei der Edison-Lichtgesellschaft Bergmann & Co. Electrical Works13 , weiter zu vertiefen.14 Bei der Einwanderung15 gab Gebbert als Ziel Chicago an16 – ob er die Stadt jedoch wirklich aufsuchte oder aber in New York blieb, ist nicht bekannt. Überliefert ist aber, dass Gebbert sich zumindest einige Zeit später in Brooklyn niederließ – in der Jay Street Nr. 387.17 Hier lebte er zusammen mit seinem Mechaniker-Freund Oscar Richter, den er seit 1876 kannte und der gemeinsam mit Gebbert auf der „Polaria“ in die Vereinigten Staaten gekommen war.18 Richter verließ die gemeinsame Unterkunft im Oktober 1884 und siedelte nach Washington über.19 Über den weiteren näheren New Yorker Zirkel von Gebbert wissen wir nur aus einigen Briefen an seine spätere Ehefrau Marie Ritz; demnach unternahm er zwar regelmäßig Ausflüge mit Freunden, zog sich aber im Sommer 1884 weitgehend aus deren Amüsement in der Stadt zurück.20 Er war bereits damals bei den Freimaurern21 und in Vereinen aktiv und pflegte Umgang mit Freunden aus Mechaniker- und Vegetarierkreisen. Gebbert ernährte sich seit längerer Zeit fleischfrei und ein vege­ tarischer, ganzheitlicher und naturnaher alternativer Lebensstil22 war für ihn zur Weltanschauung und zum Lebensentwurf geworden. Zu Anfang seiner amerikanischen Zeit, vielleicht schon vorher, trug er sich mit der Absicht, sich einer in der Gründung befindlichen Vegetarierkolonie anzuschließen.23

9 Noch einige Monate vor seiner Abreise, Anfang des Jahres 1883 hatte der 26jährige Gebbert, die sechs Jahre jüngere, aus dem westfälischen Schwelm stammende Maria Emilia Ritz (1863–1929)24 , genannt Marie, auf der Hochzeit seines Bruders Oscar in Wesel am Niederrhein kennengelernt. Er hielt sich dort mehrere Tage auf und er und Marie kamen sich in dieser Zeit näher, gestanden sich jedoch ihre gegenseitigen Gefühle noch nicht. Nach ihrem Abschied in Wesel brach der Kontakt vorerst ab und auch Mitteilungen und Briefe, die zwischen den beiden durch eine gemeinsame Freundin ausgetauscht werden sollten, erreichten den anderen nicht.25 Während seines Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten wurde Marie Ritz ihm nicht nur zur Briefpartnerin und fernen Geliebten, sondern auch zur Vertrauten und Verbündeten, die er in seine Gedanken und die sein Leben leitenden Ideen einweihte. Nach einigen Monaten seines Aufenthaltes in den USA erreichte ihn der erste Brief von Marie am 25. Februar 1884. Gebbert antwortete sofort und ohne Umschweife – „Fräulein Marie, ich liebe Sie.“26 Seine Gefühle hätten den Mechaniker so gequält, dass er an nichts mehr rechte Freude empfunden habe, auch berufliche Erfolge befriedigten ihn nach eigener Aussage nicht mehr vollständig.27 Eine positive Antwort Maries auf das Liebesgeständnis folgte auf dem Fuße und bewog den Mechaniker sogar dazu, ein berufliches Angebot aus Rochester (Bundesstaat New York) auszuschlagen, ebenso seine Pläne, weiter durch die USA und besonders nach San Francisco zu reisen, und stattdessen in Brooklyn zu bleiben, „da das Feld für die Erreichung meines mir nun gesteckten Zieles hier das günstigste ist.“28 Im nächsten Brief erläutert Gebbert die Hintergründe: „... so hatte ich mir doch fest vorgenommen, nicht eher ans Heirathen zu denken, bis ich eine für eine Familie ausreichende und vor allem gesicherte Lebens­ stellung hätte.“ Er wollte also erst eine „auskömmliche Existenz“ erlangen und richtete nun „sein Streben auf Etablirung eines Geschäftes in meinem Fache“ – und zwar vor allem durch einen künftigen geschäftlichen Zusammenschluss mit seinem Freund und Kollegen Karl Schall: „Unser Plan geht dahin, in Deutschland und zwar in Stuttgart eine Fabrik für wissenschaftliche Instrumente zu errichten und nach den Ver.[einigten] Staaten zu exportieren, wofür günstige Chancen vorhanden sind! Zu diesem Zweck ist nun meine Aufgabe, die einschlägigen Verhältnisse hier kennen zu lernen und nächst- dem den Import hier in Fluß zu bringen.“29 Zu Anfang seiner Bekanntschaft mit Marie hatte Gebbert befürchtet, dass äußere Umstände einer Verbindung im Wege hätten stehen können, wie etwa die Tatsache der Konfessionsverschiedenheit – Max war katholisch getauft, Marie Protestantin. Um Marie von der Nichtigkeit dieser Bedenken zu überzeugen, erläutert Gebbert brieflich seine Ansichten zur Religion: „In Bezug auf Religion ist mir die Toleranz schon anerzo- gen worden“30, lebten doch sowohl seine Eltern, als auch seine älteste Schwester und sein Bruder Oscar glücklich in gemischtkonfessionellen Ehen. „Außerdem habe ich erkannt, daß nicht die äußere Form, der eine oder ander Rythus [sic!] den Menschen gut oder böse macht sondern die Religion, die der Mensch in seinem Innern trägt und durch seine Handlungen erkennen läßt.“31 Gebberts Religiosität hatte sich zu diesem Zeitpunkt offenbar schon von konfessionell-rituellen Fragen gelöst und war vielmehr zu einer Überzeugung von einer vernunftgetriebenen, innerlichen Spiritualität des

10 Die Brüder Oskar, Max und Paul Gebbert in Marie Ritz, um 1883 Wesel (von links nach rechts), wohl 1883

Familie Ritz, links oben die älteste Tochter Marie, um 1883

11 Menschen geworden, die sich durch äußeres Handeln ausdrückte. In einem späteren Brief schreibt er, dass seine Religion ein „ihm innewohnendes Gefühl“ sei, „in Verbindung gebracht mit den Resultaten des Denkens“, eine „Vernunftreligion“, die sich nicht auf Dogmen stütze, sondern „vielmehr ein Suchen nach der Wahrheit“ sei. Er forderte in jeder Hinsicht, so auch in der religiösen, für sich und andere die Freiheit des Denkens und des Gewissens. Beim Meinungsaustausch müsse man, so Gebberts Überzeugung, dem Anderen mit größter Toleranz gegenüber dessen Ansichten begegnen.32 Zweifel an den Unterschieden der beiden Verliebten wegen seines Vegetarismus suchte Max zu zerstreuen: „Wenn ich mir auch nicht denken kann, daß es mir je mög- lich sein sollte Fleisch zu essen, so mache ich doch im übrigen schon meinen Freunden conventionelle Zugeständnisse [...], wie viel müßte ich sie Ihnen, innig geliebte Freundin, machen. [...] Sollte es aber weder Ihnen gelingen mich zum Fleische zurück zu bekehren noch mir Sie für die fleischlose Diät zu überzeugen, nun so sollte auch das unsere Harmonie nicht beeinträchtigen ...“33. Marie informierte Max über ihre Kenntnisse im Einmachen von Gemüse und Obst. Gebbert bemerkte in der Antwort scherzhaft, dass er als Vegetarier bei ihr „keine Not leiden“ müsse, „Welche frohe Aussicht für einen Gourmand wie ich [sic!]!“34 Die Briefe an Marie schickte Gebbert postlagernd nach Barmen, Marie wurde über das Eintreffen eines Briefes durch eine Anzeige der Chiffre „M.M.Brief“ in der Kölner Zeitung informiert und konnte den Brief mit der Kennzeichnung „L.I.G.“ am Barmer Postamt verlangen. L.I.G., so Gebbert im Brief vom 1. April 1884, sollte „Liebe ist Glück“ bedeuten. Die Briefzustellung benötigte zu dieser Zeit circa drei Wochen. Sechs Wochen warteten die Liebenden auf briefliche Antwort, was beide als quälend empfanden. Max adres- sierte nicht direkt an die Adresse von Marie, da die beiden ihre ständige Korrespondenz wegen der noch nicht offiziellen Verbindung vor den Familien geheim halten wollten. Dennoch informierte sie bald ihre Eltern und ihre Freundinnen über die Beziehung zu Max und erntete positive Reaktionen. Auch er informierte seine Mutter, die bereits von seinem Bruder Oscar einiges über die Verbindung der beiden und die Gefühle Gebberts für Marie erfahren hatte und kommentierte in einem Schreiben an ihren Sohn: „Deiner Rheinländerin wirst Du wohl treu bleiben müssen, da kann sich eben keine andere mehr auf die Rechnung machen.“35 Die baldige Heirat stellte Gebbert in seinen Briefen – diejenigen Maries sind nicht erhalten – immer wieder in Aussicht. Aus der Lektüre der Briefe geht hervor, dass Max seiner Marie auf Augenhöhe begeg- nete und auch von ihr einforderte, ihre Meinung zu vertreten und Wünsche anzuspre- chen, sollten sie sich doch ebenso im künftigen gemeinsamen Leben gleichberechtigt gegenübertreten. Er deutete dies bereits in einem Brief vom Mai 1884 an und schreibt: „Besonders wird es meine Pflicht sein, Dir die Überzeugungen, die sich mir im Laufe der Jahre aufgedrängt haben, auseinanderzusetzen, ganz besonders auch über das Verhältnis von Gatten zueinander, wie ich es mir als nothwendig zu beständigem Glück und Harmonie in der Ehe vorstelle. Auch darin habe ich nämlich eine von der

12 Geburtstagskarte von Max Gebbert an Marie Ritz, abgeschickt am 12. Februar 1884

Briefumschlag vom 4. Juli 1884 mit der Chiffre „L.I.G.“

13 alltäglichen der Männer abweichende Ansicht, mit der ich bei den Damen in der Regel mehr Sympathie errege, als bei den Männern, da der ‚Herr der Schöpfungs’-dünkel der letzteren durch diese Ansichten stark in Berechtigungsfrage­ gestellt wird.“36 Am liebs- ten würde er zudem „die Frauen ganz aus der Küche gebannt sehen. [...] Ich stelle mir nämlich die Küche immer ein wenig als eine kleine irdische Hölle für die Frauen vor.“37 In seine Kritik an einer frauendiskriminierenden patriarchalischen Gesellschaft bezieht Gebbert seine negative Beurteilung der männlichen Politik und deren soziale Folgen mit ein: „Die Männer sagen und allerdings auch noch die Mehrzahl der Frauen, daß die Frauen nicht zur Politik taugen. Sind nicht aber aus der Politik der Männer [...] Zustände hervorgegangen, wie sie kaum schlimmer gedacht werden können; sind nicht überall Fragen die sie nicht lösen können? Ist nicht unter ihrer Herrschaft die sog. sozi- ale Frage entstanden, zu deren Lösung sie ebenfalls unfähig scheinen, denn schon quälen sie sich bald ein Jahrhundert damit herum, und haben noch nichts zu Wege gebracht, im Gegentheil, sie spitzt sich immer mehr zu, und droht, falls sie nicht fried- lich gelöst wird, unendliches Unheil anzurichten.“38 Über die politischen Aktivitäten Gebberts ist aus dieser Zeit nichts bekannt, abgesehen von einer Erwähnung von der Beschäftigung mit „Wahlagitationen“ in einem Brief an Marie39, jedoch klingt in obiger Aussage an, dass sich Gebbert mit den gesellschaftlichen Folgen der Industrialisierung und Urbanisierung und vermutlich auch mit der Situation der Arbeiterschaft ausein- andergesetzt hatte und eine politische Lösung der „sozialen Frage“ herbeisehnte. Vermutlich verkehrte er in Amerika, vielleicht auch schon vorher, in Kreisen, die die Thematik diskutierten und sowohl Kritik als auch Lösungsansätze formulierten. Der von Gebbert verwendete Begriff der „sozialen Frage“ wurde in dieser Zeit vor allem in sozialdemokratischen Milieus verwendet. Aus Amerika hielt Gebbert steten Briefkontakt mit Karl Schall, der ihm nicht nur zum Kollegen, sondern auch zu einem engen Freund geworden war. So schmiedeten die beiden trotz der großen geographischen Entfernung Pläne für eine gemeinsame Zusammenarbeit. Von Schalls Heimatstadt Stuttgart aus wollten die beiden mechani- sche und elektrotechnische Produkte in die USA exportieren. Schall hatte seit 1883 bereits mit der Einrichtung einer Werkstatt begonnen und bat Gebbert in seinen Briefen immer wieder, für den Aufbau eines gemeinsamen Betriebs schon früher nach Deutschland zurückzukehren.40 Anfänglich wollte Gebbert nur für einige Zeit nach Stuttgart kommen, um dann wieder in die USA zu reisen. Schon im Oktober 1884 äußert er jedoch gegenüber Marie die Hoffnung, spätere geschäftliche Aufenthalte in den USA so kurz wie möglich halten zu können, um von seiner künftigen Gattin nicht lange getrennt zu sein. Offenbar hatte Gebbert auch die politische Situation in Amerika hinsichtlich der Exportpläne im Auge, denn dort stand im November 1884 die Präsidentschaftswahl bevor und die Republikaner kündigten eine Erhöhung der Zölle an, die Demokraten wollten jene aber senken. Der New Yorker Demokrat Grover Cleveland sollte schließlich die Wahl gewinnen. Dennoch setzte Gebbert seine Pläne zu Handelsreisen in die USA nach seiner Rückkehr nach Deutschland nicht mehr in

14 die Tat um – wohl nicht zuletzt wegen seiner bevorstehenden Heirat mit Marie, vielleicht auch wegen der schon 1885 beschlossenen Allianz mit Reiniger in Erlangen. Gebberts Kompagnon Karl Schall erwies sich übrigens auch als Liebeshelfer, denn er war es, der einige Zeit in Gebberts Namen in der Kölner Zeitung die Chiffre inserierte, sodass Marie erfuhr, wann sie die Briefe ihres Geliebten am Postamt von Barmen abholen konnte.41 Auf der internationalen elektrotechnischen Ausstellung in Philadelphia musste Gebbert feststellen, dass aus seiner „Spezialbranche“ gar keine europäischen Firmen vertreten waren und auch aus den USA nur wenige, weshalb er positive Prognosen für das Exportgeschäft mit Schall abgab. Ebenfalls in Philadelphia beschloss Gebbert, noch in zwei weitere Betriebe für jeweils zwei Monate einzutreten, da diese ihm und Schall später zu Konkurrenten hätten werden können.42 Seine eigentlich schon angekündigte, frühere Rückreise noch 1884 verschob sich somit wieder in das Jahr 1885. Letztendlich hatte Gebbert wohl seine Aufenthalte in den Firmen etwas verkür- zen können, sodass er schließlich Ende Januar 1885 die Rückfahrt nach Deutschland zu seiner geliebten Marie und auch zu den neuen beruflichen Ufern und Herausforderungen in Stuttgart antrat. Gebbert hatte sich in den USA neue Kenntnisse im Bereich der elektrotechnischen Fertigung und Unternehmensorganisation angeeignet. In der amerikanischen Zeit begegnete uns der Mensch Max Gebbert als planvoller und lebensbejahender, wenn auch mitunter zurückgezogen lebender Mann43, der „alles philosophisch nachzuwei- sen“ suchte.44 Er setzte sich mit Fragen der Spiritualität und Ethik auseinander und konnte dazu Position beziehen. Gebbert suchte Antworten auf die Frage nach dem rechten Leben, vertrat eigene alternative Einstellungen, zog neue Wege in Erwägung und schlug diese ein, was sich unter anderem in seinem Vegetarismus, der Hinwendung zur Lebensreform, Loslösung von dogmatischer Religiosität und dem Eintreten für eine Gleichberechtigung von Mann und Frau ausdrückte. Doch aus den Briefen ergibt sich auch das Bild eines aufrichtig und innig Liebenden voller Vorfreude auf ein gleichberechtigtes glückliches Eheleben mit einer ihm ebenso zärtlich zu-­ geneigten Frau.

15 Existenz- und Familiengründung

Zurück in Deutschland gründete Max Gebbert im Frühjahr 1885 in Stuttgart zusam- men mit seinem Freund Karl Schall eine mechanische Werkstatt mit dem Namen „Gebbert & Schall“. In ihrer Werkstatt in der Hölderlinstraße 12 produzierten sie elektrotechnische und feinmechanische Apparate, vor allem für den elektromedizin­ ischen Bereich.45 Schall und Gebbert verbanden zudem private Interessen, denn auch Schall war Vegetarier und der Natur, insbesondere dem Obstbau und der Imkerei, sehr zugetan und begeisterte sich für die Ideale der Lebensreform – er verbachte auch in späteren Lebensjahren Kuraufenthalte im Dresdner Sanatorium Weißer Hirsch46, welches sich auf Naturheilverfahren spezialisiert hatte und wo auch Gebbert ein und aus ging.47 Doch die Unternehmung im Zweiergespann dauerte nicht lange an. Noch 1885 lernten die beiden auf einer Konferenz von Forschern und Ärzten in Straßburg, wo „Gebbert & Schall“ eigene Produkte ausstellte, den 31 Jahre alten Mechaniker Erwin Moritz Reiniger kennen, der im fränkischen Erlangen seit 1877 eine Werkstatt für physikali- sche und optische Apparate betrieb. Die drei erkannten Gemeinsamkeiten in der Spezialisierung und geschäftlichen Zielsetzung. Nach Auskunft von Karl Schall sowie dem späteren RGS-Direktor William Niendorf wollte sich Reiniger das technische Know How Gebberts, der innovative Verfahren und Geräte aus Amerika mitgebracht hatte, zunutze machen, während die in Stuttgart ansässigen Mechaniker das bei Reiniger durch Erbschaft vorhandene Kapital gut gebrauchen konnten.48 Reiniger wollte anfangs nur mit Schall, nicht mit Gebbert zusammenarbeiten, weil jener ihm „zu excentrisch und schroff vorkam“49, aber Schall wollte die gemeinsame Arbeit mit seinem Freund nicht aufgeben und überzeugte Reiniger, indem er mit den möglichen späteren geschäftlichen Aktivitäten Gebberts in England und den USA argumentierte, und so kam schließlich doch ein Zusammenschluss der beiden Werkstätten zustande.50 Am 1. Januar 1886 gründeten die drei Mechaniker Erwin Moritz Reiniger, Max Gebbert und Karl Schall die offene Handelsgesellschaft „Vereinigte physikalisch-mechanische Werkstätten von Reiniger, Gebbert & Schall“ (RGS) mit Hauptsitz Erlangen. Gebbert übernahm als in den USA geschulter Mechaniker die technische Leitung der neu ge­gründeten oHG RGS, Reiniger die kaufmännische Leitung und Schall wurde Leiter der Konstruktionsabteilung.51 Vorerst blieb eine Zweigniederlassung der RGS in Stuttgart bestehen, wurde aber schon Ende Oktober 1886 aufgegeben.52 Die junge Firma bezog anfangs die Räume Reinigers am Schlossplatz 3. Max Gebbert übersiedelte von Stuttgart nach Erlangen und erhielt am 23. September 1886 das Erlanger Bürgerrecht, sechs Tage später die bayerische Staatsangehörigkeit.53 In der Anfangsphase war RGS kein großer Betrieb, sondern beschäftigte nur einige Mechaniker, Schreiner und Hilfsarbeiter sowie Lehrlinge. Bald sollte aber aus der kleinen physikalisch-mechanischen Werkstatt ein großes Unternehmen werden, das weit über die Grenzen Frankens, gar Deutschlands hinaus bekannt wurde.

16 Max Gebbert in Stuttgart, wohl 1885 Karl Schall in Stuttgart, wohl 1885

Haus am Schlossplatz 3 in Erlangen, erster Firmensitz der RGS oHG, Aufnahme von 1893

17 Auch im Privaten gelang Gebbert ein segensreicher Neubeginn. Marie Ritz sollte nun endlich seine Frau werden. Die standesamtliche Heirat und daran anschließend die evangelische Trauung erfolgte nach dreieinhalb Jahren verliebter Bekanntschaft endlich am 16. Oktober 1886 in Maries Heimatort Schwelm. Max war zu diesem Zeitpunkt 30 Jahre alt, Marie 23. Als Trauzeugen fungierten Maries Bruder, der Kaufmann Johannes Ritz, und Max’ Bruder Oskar.54

Marie Ritz und Max Gebbert als Brautpaar, 1886

18 Groß- und Alleinunternehmer

Auf der Suche nach neuen Sicherheiten und Herausforderungen verließ Karl Schall, der Freund und Kompagnon Gebberts aus den Zeiten der Wanderschaft und der Stuttgarter Tage, bereits 1888 die Firma und zog nach England, um dort geschäftlich aktiv zu werden und die Generalvertretung von RGS im Vereinigten Königreich und in den Kolonien zu übernehmen.55 Es hatte sich offenbar in den ersten beiden Geschäfts­ jahren gezeigt, dass RGS nicht genug Gewinn für drei Familien abwarf,56 zudem war es zu einem Zerwürfnis mit Reiniger gekommen.57 Die Bezieh­ungen zwischen Schall und dem Haupthaus in Erlangen blieben dennoch in der Folgezeit recht gut und er besuchte einmal jährlich die RGS-Vertreterkonferenz in Erlangen.58 Das Vertriebsnetz war mit Filialen und Vertretungen nicht nur in London, sondern auch in Berlin, München, Wien, Budapest, Paris, Rom, Chicago und Sydney international weit gespannt.59 Die in Erlangen hergestellten Produkte wurden weltweit ausgezeichnet.60 Aus einigen Quellen erhalten wir den Hinweis, dass Max Gebbert die Leitung der 1892 eröffneten61 ersten RGS-Zweigstelle in Berlin selbst übernahm und dafür dorthin über- siedelte62 – laut Schall wollte Erwin Reiniger Gebbert auf diese Weise los werden, aller- dings erfolglos63. Ob seine Familie ihm folgte ist unklar, allerdings enthält das Erlanger Adressbuch von 1893 keinen Eintrag zu einer Wohnung Gebberts in der Stadt64, was den gemeinsamen Umzug nach Berlin nahelegt. Noch im Jahr 1893 kehrte Gebbert allerdings wieder nach Erlangen zurück. Er und Reiniger konnten den Umsatz bald erhöhen.65 Die gesteigerte Produktion in diesen erfolgreichen Jahren bedurfte weiterer Mitarbeiter. Kontinuierlich wuchs die Belegschaft in den ersten Jahren nach Firmengründung und bald wurde die Hundertermarke überschritten. Mit dem stetigen Anschwellen der Belegschaft, die im Jahr 1893 aus etwa 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestand, platzten die Räume am Schlossplatz 3, mitten in der Stadt, aus allen Nähten und man mietete übergangsweise sogar Räume am nahegelegenen heutigen Hugenottenplatz an.66 Den beengten Verhältnissen sollte ein Fabrikneubau schließlich ein Ende setzen. Als Bauort wurde ein freies Gelände an der heutigen Luitpoldstraße (damals Buckenhofer Straße) im Osten Erlangens bestimmt,67 wo sich durch die Ansiedlung von RGS, der Kränzleinschen Bürstenfabrik und der Stauchschen Eisengießerei das „Quartier der kleinen Leute“ zu einem Arbeiterviertel vergrößert hatte. Bereits im Herbst 1893 konnte das neue Firmengebäude bezogen werden. Insgesamt bot das Ensemble auf einer Fläche von 6330m² doppelt so viel Platz wie die alten Räumlichkeiten.68 Doch RGS wuchs stetig weiter – 1896 zählte die Belegschaft bereits um die 400 Personen – und auch das erst kürzlich errichtete Gebäudeensemble war nun übervoll mit Menschen und Geräten. Erneut versuchte man 1897 dem Platzmangel durch die Errichtung weiterer Bauten auf dem Werksgelände zu begegnen.69

19 Plan von Erlangen im Jahr 1892. Das freie Gelände, auf das die Fabrik von RGS gebaut wurde, befindet sich in der unteren Bildmitte an der Linie der Sekundärbahn Erlangen-Gräfenberg

Die neue Fabrik vergrößerte nicht nur den Arbeits- und Lagerraum, sondern ebnete der Firma den Weg in die Moderne durch zeitgemäße, neueste Einrichtungen und Maschinen.70 In drei Fabrikgebäuden und weiteren kleineren Häusern befanden sich Werkstätten für Feinmechanik und Dynamo-Maschinenbau, für Mess- und Kontrollinstrumente, Schlosser- und Schmiedearbeiten, ferner eine Gießerei, eine Schrauben- und Façon- Dreherei, ein Lackier- und Vernickelungswerkstätte sowie eine Schreinerei und Drechslerei. Das Firmengelände bildete die hohe Spezialisierung und Arbeitsteilung in der Geräteherstellung auch baulich ab. An der Luitpoldstraße 45 war zudem ein Blocksägewerk mit Elektromotorenbetrieb in Verbindung mit einer Dampftrockenanlage zu finden, nebst einem Atelier für Röntgenaufnahmen und Fotographie, vermutlich um Produktbilder für Kataloge und Anzeigen dort aufzunehmen. Für alle Betriebe waren modernste Arbeitsmaschinen­ und Einrichtungen vorhanden, eine Kondensationslokomobile mit 100 PS und eine stationäre Dampfmaschine von 25 PS hielten den Betrieb am Laufen. Vorbei die Zeiten spärlicher Beleuchtung! Alle Büros und Werkstätten wurden durch eine elektrische

20 Die Fabrik an der Luitpoldstraße im Bau, Aufnahme vom 03. Mai 1893

RGS-Fabrikgelände nach der Erweiterung von 1897, Aufnahme vom 15. Januar 1898

Lichtanlage erhellt. Eine Telefonanlage mit zentraler Vermittlungsstelle verband die verschiedenen Räume auch kommunikativ miteinander, was den internen Austausch erleichterte.71

21 Wie eine Gebäudebeschreibung aus dem Jahr 1907 belegt, bestand das vom roten Backstein dominierte Fabrikensemble aus dem dreistöckigen Gebäude I, worin das geradezu spartanisch eingerichtete Direktionsbüro von Max Gebbert zu finden war. 72 Daran schlossen sich ein Empfangszimmer, die Portiersloge, Büros sowie Schulräume für die Lehrlinge an.73

Technisches Büro von RGS, um 1900

Montiersaal für verschiedene Erzeugnisse, um 1900

22 Ein weiteres dreistöckiges Fabrikgebäude beherbergte einen Fabriksaal, weitere Büros, einen Montagesaal sowie mehrere Konferenzzimmer. Im ebenfalls dreistöcki- gen Fabrikgebäude III waren vor allem Werkstätten und Kontorräume unterge- bracht. Darüber hinaus waren auf dem Fabrikgelände zwei Kohlenlager zu finden, ein Dampfkessel- und ein Maschinenhaus, verschiedene Remisen, ein Sägegebäude, ein Trockengebäude, die Beizerei, der Dampfkamin sowie ein Wohnhaus.74

Werkseigene Schreinerei, um 1900

Maschinenhaus mit Dampfmaschine und Generator, um 1900

23 Sekundärbahn Erlangen-Gräfenberg in der Luitpoldstraße, Postkarte von 1905

William Niendorf als Soldat in Würzburg, 1891 Elektrische Bohrmaschine für Zahnärzte, 1892/93

24 Am Fabrikgelände führte die 1886 eröffnete Strecke der Sekundärbahn Erlangen- Gräfenberg (von den Erlangern „Seekuh“ oder „Seku“ genannt) vorbei, die die Fabrik direkt mit dem Erlanger Bahnhof verband.75 Angestellte, Arbeiter und sonstige Besucher konnten damit schnell und direkt an die Firmenzentrale gebracht werden. RGS hatte nun auch nach außen sichtbar den Schritt vom Handwerksbetrieb zum Industrieunternehmen vollzogen.76 Die elektromedizinische Technik kristallisierte sich immer mehr als Hauptarbeitsgebiet der Firma heraus, wobei hierin verschiedene Neuerungen zu verzeichnen waren: ab 1891 produzierte RGS Apparaturen für zahn­ medizinische Zwecke, darunter Mundlampen. Der bei RGS beschäftigte junge Mechaniker William Niendorf, späterer technischer Direktor der Firma, entwickelte seit seinem Firmeneintritt als Mechanikergehilfe zum Jahresanfang 189077 einen Kleinmotor zum Betrieb elektrischer Zahnbohrer. Doch die Erweiterung der Geschäftsfelder, vor allem die Erweiterung um den Bau von Elektromotoren, Bogenlampen und Dynamomaschinen brachte Verluste mit sich und das Verhältnis der beiden Firmeninhaber verschlechterte sich.78 1895 trat der Gründer der RGS-Keimzelle, Erwin Moritz Reiniger, aus dem Geschäft aus. Diesem Schritt waren Differenzen zwischen den beiden Inhabern vorausgegangen. Karl Schall berichtete aus der Rückschau, dass Reiniger, den Schall zumeist als geldgierigen Opportunisten beschrieb, angesichts des wachsenden Erfolgs der Firma Gebbert verdrängen und den Gewinn für sich allein haben wollte. Da dies jedoch nicht gelang, beschloss Reiniger, eine Konkurrenzfirma zu gründen. Sowohl Gebbert als auch Reiniger besuchten Schall daraufhin in London, um sich seiner Kundschaft zu versichern, die Schall aber nur Gebbert zusagte, „weil er der tüchtige Fachmann war“.79 Zudem habe Schall „Reiniger von der Konkurrenz abgeraten“.80 Reiniger eröffnete nach seinem Ausscheiden bei RGS in München eine Glüh­lampenfabrik, der kein Erfolg beschieden war. Gebbert war nun Allein­inhaber von RGS.81 In der Firmenmitteilung über das Ausscheiden Reinigers heißt es: „Hiermit beehren wir uns, Ihnen ergebenst anzuzeigen, dass Herr E. M. Reiniger mit heutigem Tage von uns scheidet. Herr M. Gebbert wird Geschäft und Firma unverän- dert allein weiterführen und Herr K. Schall nach wie vor unsere Firma in England vertreten. Herr M. Gebbert, der infolge häufiger Reisen mit vielen unserer verehrlichen Geschäftsfreunde persönlich bekannt geworden ist, hat seine Erfahrungen im In- und Ausland, besonders auch in Amerika gesammelt und durfte sie in 10jähriger Teilnahme an der Leitung auf das eigene Geschäft übertragen. [...] Die Geschäfts­ leitung ist nunmehr eine einheitliche. Die Firma ist mit Erfahrungen und Kapital genügend ausgestattet; sie vertritt und betätigt energisch das Prinzip, dass auch im Geschäftsleben Solidarität und Ehrlichkeit am längsten währen.“82

25 Erfolgsjahre und Krisen

Gebbert lenkte von nun an alleine die Geschicke der Firma und setzte seine Visionen in die Tat um. Zwei Jahre später legte er in dem Manifest „Die Organisation“ seine Vorstellungen einer idealen und erfolgreichen Unternehmensorganisation schriftlich dar.83

Erste Ausgabe des RGS-Geschäftsblattes „Die Organisation“, 20. April 1897

26 Darin zeigt sich eine Führungspersönlichkeit, die straffe Abläufe etablieren möchte, begleitet durch regelmäßige Schulung und Beaufsichtigung des Personals: „Jedes Geschäft ist demnach eine Erziehungsanstalt und hat als solche auch einen idealen Zweck“. Als Grundlage täglicher Verwaltung wollte Gebbert ein schriftlich fixiertes, übersichtlich nach Stichworten organisiertes Kompendium einführen, das es allen neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen sollte, sich durch „einige Stunden Studium“ auf die Arbeitsweisen und Ziele der Firma einzustimmen und sich im laufenden Arbeitsprozess bei Bedarf jederzeit wieder auf Stand zu bringen. Jeder Angestellte müsste ein solches „Instruktionsbuch“ besitzen, sein Vorgesetzter eine Kopie hiervon. Wie stellte sich Gebbert den Inhalt eines solchen Buches vor? Es sollte sich aus bisherigen Erfahrungen und aus im konkreten Fall beschlossenen Lösungen speisen, die durch Beratung aller Beteiligten erarbeitet würden. Die „Instruktions­ bücher“ sollten „dauernde Gesetze“ enthalten, während die „Tagebücher“ die Begleitumstände und Gründe für jene Regelungen verzeichneten und von den Abteilungsleitern zu führen wären. Ferner gab Gebbert Anweisungen zur Effizienz­ steigerung in täglichen Arbeitsabläufen: „So sollen z.B. nicht Gegenstände, Schrift­ stücke etc. einem Andern in seiner Abwesenheit auf den Platz zur Erledigung gelegt werden, ohne dass ein Zettel mitgegeben wird, der genügende Informationen gibt, damit man sich nicht lange erkundigen muss, wer der Auftraggeber ist, um endlich Näheres zu erfahren.“ Seine Vorschläge reichten bis zur Linierung von Papieren, an der generell nicht gegeizt werden sollte, „wie z.B. der Deutsche noch oft auf Papier ohne Linien schreibt.“ Sein konkreter Verweis auf deutsche Gebräuche lässt erkennen, dass Gebbert im Ausland und wohl konkret in den USA andere Erfahrungen gemacht hatte und jene als förderlich für die Geschäftsgänge erachtete. Gebberts Gedanken widmeten sich auch dem Zusammenspiel von Inhaber­ persönlichkeit und Personal: „Der Gesamtgeist des Inhabers und Personals führt das ganze Geschäft und dieses wird jenen widerspiegeln; es sollen also die Personen, selbst die untergeordneten, nicht blosse Maschinen ober [sic!] ‚Hände’ sein.“ Da also das Unternehmen als Einheit ein Abbild des durch moralische Grundsätze bestimmten Gesamtbewusstseins84 von Inhaber und Mitarbeitern sei, müssten die ersten Beamte und alle weiteren Beschäftigten gründlich nach Fähigkeiten, nicht nach Zeugnissen aus­gewählt werden. Kleine Fehler und Schwächen der Mitarbeiter seien, so Gebbert, zu akzeptieren, solange die Tätigkeiten nicht nachteilig beeinflusst würden, und erst unter vier Augen anzusprechen. Denn „fast alle Fehler beruhen auf Irrtum und Schwäche, nicht aber bösem Willen.“ Gebbert verglich in seiner Schrift einen Betrieb mit einem Uhrwerk, in dem alle Glieder ineinandergreifen und sich gegenseitig korrekt und freundlich verhalten müssen, um zu funktionieren. Hierbei ginge vor allem von den leitenden Beamten und vom Inhaber eine Vorbildfunktion aus. Eine deutliche Abneigung hegte Gebbert gegen ungerechtes, arrogantes, rechthaberisches und dün- kelhaftes Verhalten gegenüber untergebenem Personal. Bei der Beaufsichtigung der Tätigkeiten der Mitarbeiter, die nötig sei „da ein gänzliches sich selbst Ueberlassensein­ fast alle Menschen lässig werden lässt“, hätten die Abteilungsleiter oder Meister auch sich selbst zu überwachen – mithilfe eines Kontrollregisters, das gelegentlich vom

27 Geschäftsführer selbst überprüft würde. Trotz der juristischen Gesamtverantwortung des Inhabers käme auch den Ressortchefs starke Mitverantwortung zu. Straffe und gut organisierte Arbeitskontrollen, sorgfältig ausgewählte und unterrichtete Mitarbeiter, ein vorbildlicher Inhaber und verantwortungsvolle leitende Angestellte stellten für Gebbert die Säulen eines funktionierenden Betriebes dar. Die Arbeit sollte dabei stets gründlich und ohne Aufschub verrichtet werden, wobei dem Ausführenden die benötigte Zeit zuerkannt werden sollte und Verzögerungen durch sinnvolle Arbeitsteilung und Ordnung in den Papieren und Materialien vermie- den werden könnten. Bei der Konstruktion müsste das Gute und Bewährte eingesetzt werden, die Fabrikation hätte mit besten Maschinen und bestem Material vonstatten zu gehen. Die Arbeiter sollte man bestmöglich nach ihrem Wert für die Firma bezah- len, schulen und für ihr leibliches und geistiges Wohl sorgen. Und nicht nur in barer Münze, sondern auch durch achtungsvolle Behandlung müsse Tüchtigkeit und Charakter des Einzelnen wertgeschätzt werden. Letztendlich wachse jeder Einzelne naturgemäß proportional zum Wachstum der Firma an Erfahrungen und Kenntnissen. „Sowie aber auf diese Weise ein energisches Vorwärtsstreben aller Teile erzeugt werden dürfte, so wird auch die Geschäftsleitung sorgen, dass mit Hilfe steter Aufsicht sowie der Kalkulation und Statistik alle Verhältnisse so klar durchschaut werden, dass eine richtige Disposition, wenigstens in den Hauptsachen, von selbst daraus erfolgt und jenes energische Vorwärtsstreben aller dadurch reichlicher Frucht bringen wird, und so die Möglichkeit geschaffen, nicht nur allen eine sichere Existenz und ein gutes Einkommen zu geben, sondern auch zeitgemässe Wohlfahrtseinrichtungen zu treffen.“ Das Unternehmen als organisches, wachsendes Ganzes war das Bild, das den natürli- chen Idealen verschriebenen Gebbert leitete. Ziel aller unternehmerischer Anstrengung stellte für ihn die Existenzsicherung und Wohlfahrt des Einzelnen, die letztlich als „Grundlage geistiger Entwicklung“ gelten könnte, dar. Dieses Leitbild versuchte Max Gebbert in vielen einzelnen Einrichtungen und langfristigen Regelungen in die Praxis umzusetzen. Vieles davon trug Früchte, anderes verkümmerte aufgrund widriger Umstände oder Fehleinschätzungen. Der RGS-Mitarbeiter Wilhelm Berger berichtete davon, dass Gebbert zum Zeitpunkt des Firmeneintritts Bergers um die Jahrhundertwende ein „strenges, aber gerechtes und patriarchalisches Regiment“ führte.85

28 RGS-Vertretertagung 1906, darunter 4. von links William Niendorf, 7. von links Karl Zitzmann, 8. von links Robert Fischer, 10. von links Wilhelm Berger

Eines der wenigen handschriftlichen Zeugnisse Gebberts aus dem Sommer 1895 ver­ dichtet das Bild eines Unternehmers, der die Zügel in der Hand hielt und dabei doch auf seine leitenden Angestellten vertraute. Aus dem westfälischen Schwelm, dem Heimatort seiner Ehefrau Marie, verfasste er in respektvollem Duktus eine Karte an Jean Pilger, Prokuristen von RGS, und gab genaue Anweisungen, wie das Unternehmen am Sedantag, der am 2. September begangen würde, zu verfahren hätte86:

Mein lieber Herr Pilger! M. Er. [Meines Erachtens] wollen wir uns bezügl. Sedanfeier verhalten, wie sich die größeren Fabriken dort verhalten; vielleicht erkundigen Sie sich telefonisch bei K. [Kränzlein] od. Hofmann & Kronberger. Auf jeden Fall geben wir den Leuten auf Wunsch frei. – Ich bin soeben von Lobberich87 hier angekommen u. hoffe Montag od. Dienstag dort zu sein. M. Br. [Meinem Bruder] geht es besser, wenn auch durchaus noch nicht gut, er hat schwere Wundrose und habe ich durchgesetzt, daß der antisept. und „andere Dr.“ fortgelassen u. er streng naturbehandelt wird. Ich will morgen noch nach Waldesheim um ihn in der dortigen Naturanstalt unterzubringen. – Hoffentlich geht dort alles gut! Ich werde morgen auch in Barmen Besuch machen. Grüßen Sie bitte die anderen Herrn. Mit frdl. Gr. Ihr erg. M. Gebbert Schwelm d. 30.8.95

29 Handschriftliche Postkarte von Max Gebbert an Jean Pilger, 30. August 1895

30 Neben den unternehmerischen Belangen trieb Gebbert die Sorge um seinen kranken Bruder um. Persönlich sorgte er dafür, dass sein Bruder nicht mehr von einem Arzt behandelt würde, dessen Behandlungsmethoden wohl nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatten. Stattdessen sollte er nun mit natürlichen Methoden behandelt werden und wurde zu diesem Zwecke von Max in der Naturheilanstalt Waldesheim untergebracht. Dieses Vorgehen entsprach ganz den lebensreformerischen Idealen Max Gebberts, die in den Jahrzehnten vor und um die Jahrhundertwende vor allem im deutschen Kaiserreich weit verbreitet waren und vor dem Hintergrund der veränderten, industrialisierten Gesellschaft alternative Lebensformen aufzeigten. Die Naturheil­ ­ kunde89 erfüllte hierbei auf therapeutischer Ebene das Bedürfnis, aus dem urbanisier- ten und technisierten Leben zu entfliehen und zum eigentümlichen Urgrund des Menschseins zurückzukehren: zur Natur. Gebberts Faszination für die reformerischen Bewegungen scheint besonders interes- sant und erstaunlich bei Vergegenwärtigung seines Werdegangs, denn hier tritt uns ein Leben im Spannungsverhältnis von Industrie und Lebensreform entgegen – als Mechaniker, Gründer und Inhaber von RGS weihte er sein Tagwerk hochmodernen technischen Apparaturen und dem technologisierten, schnellen Dasein auch im Dienste der Schulmedizin und Naturwissenschaft, während er im Privaten Ideen studierte und in Handlungen umsetzte, die Kritik an den Erscheinungsformen der Moderne übten und ein nonkonformistisches Leben im Einklang mit der Natur einforderten. In seiner oben ausführlich beschriebenen Schrift zur „Organisation“ empfahl Gebbert das Werk „Wie wir arbeiten und wirtschaften müssen“ des englischen Sozialreformers, Künstlers und Schriftstellers John Ruskin († 1900)90, der sich für eine Wirtschaftsethik in Zeiten der industrialisierten Gesellschaft stark machte und der Ausbildung von Arbeitern besondere Bedeutung zumaß, sowie weitere Schriften zur Unternehmens­ führung91. Das unternehmerische Wirken Gebberts lässt direkte Bezüge zu seiner Lektüre erkennen. Er setzte sich sorgfältig mit seiner Rolle als Inhaber und Geschäfts­ führer auseinander und formulierte sie in „Die Organisation“ theoretisch aus. Auf diese Weise, durch die gründliche Reflexion und Einbeziehung seiner Ideale auch im betrieb- lichen Kontext, durch die Übernahme sozialreformerischer, wirtschaftsethischer Grundsätze, versuchte Gebbert, die Kluft zwischen den idealistischen Forderungen der Lebensreform, für die er sich begeisterte, und seinem tatsächlichen Dasein als Industrieller zu überwinden. Nach dem Ausscheiden Erwin Moritz Reinigers im Frühjahr 1895 führte Gebbert den Erfolgskurs von RGS fort und ebnete dem Betrieb den Weg in die Zukunft. Nicht uner- heblichen Anteil daran hatte die schnelle Hinwendung zur Röntgentechnik im Jahr 1896, der RGS einen entscheidenden wirtschaftlichen Schub zu verdanken hatte.

31 Als Wilhelm Conrad Röntgen am 8. November 1895 in Würzburg seine bahnbrechende Entdeckung der X-Strahlen machte92, ließen die Reaktionen weltweit und auch aus Erlangen nicht lange auf sich warten. Zum Jahresende 1895 lagen Röntgens Erkenntnisse in schriftlicher Manuskriptform vor und bereits am Neujahrstag 1896 erschienen sie unter dem Titel „Über eine neue Art von Strahlen“ als Sonderdruck und fanden Erwähnung in Tageszeitungen93.

Wilhelm Conrad Röntgen, um 1895 Hand des Anatomen Rudolf Albert von Kölliker, aufgenommen am 23. Januar 1896 in Würzburg

Wissenschaftliche Laboratorien in Europa und den USA experimentierten nun auf der Grundlage der Röntgenschen Beschreibungen mit den X-Strahlen und bestätigten die Resultate des Entdeckers aus Würzburg. Die Ergebnisbilder glichen einer Sensation – erstmals war es möglich, das Innere des menschlichen Körpers zu sehen ohne ihn öffnen zu müssen!

32 Entdeckung der X-Strahlen – Chronologie und Verbreitung

8. November 1895: Wilhelm Conrad Röntgen experimentiert mit Gasentladungsröhren und entdeckt dabei eine neue Art von Strahlen. Es schließen sich mehrere Wochen der Erforschung dieser Strahlen an. 22. Dezember 1895: Wilhelm Conrad Röntgen durchleuchtet die Hand seiner Frau Bertha 28. Dezember 1895: Röntgen reicht den Beitrag „Über eine neue Art von Strahlen“ beim Sekretär der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft in Würzburg ein. Erste Drucke der Schrift werden noch 1895 in der Stahelschen K. Hof- und Universitäts-Buch- und Kunst­ handlung herausgebracht. Im Laufe des Jahre 1896 folgen vier weitere Auflagen. 1. Januar 1896: Röntgen versendet die ersten zehnseitigen Sonderdrucke an Kollegen. Vier Tage später erscheint ein erster Artikel über die Entdeckung in der Wiener Zeitung „Die Presse“, gefolgt von diversen anderen deutschsprachigen Artikeln, die noch im Januar erschei- nen, unter anderem im Erlanger Tagblatt. In den folgenden Januartagen erscheint ein Abdruck des „Presse“-Artikels in englischer und französischer­ Übersetzung u.a. in der New York Times; Röntgens Abhandlung wird am 23. Januar in englischer Sprache in der Londoner Zeitschrift „Nature“ publiziert. Es folgen im Februar Publikationen im amerikanischen Journal „Science“ und in französischer Sprache in „L’Eclairage Electrique“. 23. Januar 1896: Röntgen hält vor der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg einen Vortrag „Über eine neue Art von Strahlen“. Das Auditorium ist vollbesetzt. Am Ende der Sitzung wird die Hand des Anatomieprofessors Rudolf Albert von Kölliker mit den X-Strahlen durchleuchtet. Von Kölliker schlägt vor, die Strahlen zukünftig „Röntgensche Strahlung“94 zu nennen.

33 Erstes RGS-Röntgeninstrumentarium, 1896 Aufnahme eines Kopfes, 1896 bei RGS entstanden

Postkarte von Professor Wilhelm Conrad Röntgen an RGS, 03. November 1896

34 Die medizinische Tragweite der Entdeckung ließ sich zum Jahresbeginn 1896 bereits erahnen, wie ein Blitz schlug die Nachricht ein in die technologieversessene Zeit und löste internationale Wellen der Euphorie aus. In Erlangen erkannte Max Gebbert nach Bekanntwerden von Röntgens bahnbrechender Entdeckung, dass die Technologie durch die Medizintechnik getragen werden müsse, um sie für die Medizin nutzbar zu machen. Er beauftragte seinen Mitarbeiter Robert Fischer mit einer Reise zu Röntgen nach Würzburg, um sich dort über angewandte Verfahren, Röhren und Apparate in Kenntnis zu setzten. In Erlangen wurde bald darauf mit der Entwicklung von Röntgen­ einrichtungen und mit der entsprechenden Fabrikation begonnen.96 Dabei wurde nicht an Material und Mühen gespart, um qualitativ hochwertige Resultate zu erreichen.97 Schon zu Beginn wurde nicht nur die diagnostische Dimension der Strahlen im Bereich der Chirurgie und Inneren Medizin bei RGS als revolutionär eingestuft, sondern auch der therapeutisch-physiologische Zweck erfasst.98 In der Wissenschaftslandschaft waren bereits ab Februar 1896 erste Überlegungen und Experimente zur therapeuti- schen Nutzung der Röntgenstrahlen angestellt worden.99 Allerdings war die Heilwirkung der Röntgenstrahlen auch im folgenden Jahr (1897) noch nicht sicher erforscht, wie RGS in einer Broschüre zur Handhabung von Elektro- Medizinischen Apparaten mitteilte.100 Neben RGS brachten auch andere große elektrotechnische Unternehmen wie AEG und Siemens & Halske in Deutschland Röntgenapparaturen auf den Markt. Dank geschickten Marketings gelang es dem Erlanger Unternehmen jedoch sogar, Wilhelm Conrad Röntgen als Kunden zu gewinnen. Der RGS-Physiker Joseph Rosenthal suchte vermutlich im Herbst 1896 den Kontakt zum Entdecker selbst und schickte ihm ein Ergebnisbild eines Kopfes zu, welches mit RGS-Vakuumröhren nach Rosenthals Bauart erzeugt worden war. Da RGS zu diesem Zeitpunkt über keine eigene Glasbläserwerk­ statt verfügte, wurden sie bei der Firma Emil Gundelach in Thüringen hergestellt. Die Aufnahmen, angefertigt mit einer Röntgenanlage Erlanger Fabrikats, überzeugten den Würzburger Professor, weshalb er RGS brieflich um Zusendung von Röhren bat: Für die Zusendung der sehr schönen Photographie eines Kopfes sage ich Ihnen meinen besten Dank, und ich ersuche Sie, mir für Rechnung des hiesigen physikalischen Instituts zwei Vacuumröhren Ihrer Construction (mit Gebrauchs­ anweisung) möglichst bald zu schicken.101 Die mutige Werbemaßnahme der Zusendung von Röntgen-Aufnahmen wurde also belohnt. RGS verschickte die beiden Röhren wohl recht schnell an Röntgen, denn dieser probierte sie postwendend aus. Er befand sie für sehr gut, stellte aber auch fest, dass die Erlanger für ihre Qualität auch einen gewissen Preis verlangten und versuchte, Rabatt zu bekommen. Er schrieb:

35 Ihre Röhren sind in der That sehr gut, aber für meine Verhältnisse zu theuer; ich brauche doch die Röhren nicht blos zu den bekannten Versuchen, sondern, wie wohl einleuchtend sein dürfte zu vielen anderen Experimenten, bei welchen die Röhren ganz anders als in der normalen Weise beansprucht werden; die Folge ist, dass sie eher zu Grund gehen. Ich möchte mir deshalb die Frage erlauben, ob Sie mir die Röhren nicht zu M. 20 statt zu M. 30 liefern könnten; nach meinen anderweiten Erfahrungen dürfte dieser Vorschlag wohl akzeptabel sein, da es sich doch um einen Ausnahmefall handelt, und Ihnen vielleicht weitere Bestellungen von meiner Seite angenehm sein könnten. Falls Sie auf meinen Vorschlag eingehen, bitte ich Sie mir für die zwei bereits verbrauchten Röhren 4 andere gleicher Qualität und derer zwei kleinere und zwei grössere zu schicken.102 Die Weiterentwicklung der Röntgendiagnostik war vor allem Ärzten und Ingenieuren zu verdanken, die entsprechende Röhren bestellten, damit experimentierten und entweder produzieren ließen oder in ihren Unternehmen selbst produzierten.103 Dabei kam Unternehmern wie Max Gebbert eine entscheidende Rolle zu, dass sie Entwicklung und Produktion anstießen und wirtschaftlich umsetzten.104 Max Gebbert erweiterte nach erfolgreicher Entwicklung von Apparaturen die RGS-Produktpalette um die äußerst erfolgreiche Röntgentechnologiesparte.105 Im Produktkatalog von 1897 sind die in der „Abteilung IX.-Röntgen-Strahlen“ zusammen- gefassten Geschäftsaktivitäten im Bereich der Röntgentechnologie verzeichnet. RGS verkaufte mittlerweile große Funkeninduktoren nach Ruhmkorff zur Erzeugung von Hochspannung, die laut Katalog von 1894 vorher noch nicht Teil des Sortiments waren, und Funken von einer Länge von 15–30 cm erzeugten, ferner Akkumulatoren als Stromquelle, ein Stativ für die Röntgenröhre, Vakuum-Röhren aus Fremd­ produktion, einen Durchleuchtungsschirm und diverses Zubehör sowie ein kleineres Tesla-Instrumentarium zur Erzeugung von Röntgenstrahlen im Lehrbetrieb.106 Um die Verbreitung des Wissens, um die Bedienung und den Einsatz der Röntgengeräte­ machte sich Gebbert ebenfalls verdient: Ausgestattet mit kompletten Röntgenanlagen schickte er noch 1896 fachlich versierte Teams, bestehend aus je einem Arzt oder Medizinstudenten und einem Techniker, durch Deutschland.107 Sie demonstrierten vor- zugsweise in Universitätsstädten die Apparaturen vor Medizinern und Gelehrten in erstklassigen Hotels und erklärten deren Aufbau und Einsatz.108 Die neue Technologie fand auch durch diese Aktion schnellen Einsatz in der ärztlichen Diagnostik, machte aber auch den Namen der Firma und deren übrige elektromedizinischen Produkte allgemein bekannt. Der Verkauf von Röntgenapparaten und Röntgenröhren wurde für RGS zum Erfolgs­ modell, das in Erlangen auch baulich Niederschlag fand. Um die Produktion der großen Nachfrage anpassen zu können, wurde 1897 die Erweiterung des erst wenige Jahre alten Fabrikgebäudes beschlossen.

36 Großes RGS-Röntgeninstrumentarium, RGS-Röntgenröhre, 1897 vor 1900

RGS-Mitarbeiter Siff, Immelen, Horn und Schnitzler mit einer RGS-Röntgenröhre, ca. 1897

37 Gedruckte Einladung zur RGS-Röntgenvorführung in München, Oktober 1896

38 Die Zahl der Beschäftigten stieg nach Reinigers Ausstieg 1895 um das Dreifache­ an, ebenso Absatz und Firmenmittel.109 RGS war nun mit etwa 400 Beschäftigten der größte Industriebetrieb Erlangens. Aus diesem Grund beehrte Prinz Ludwig von Bayern, der spätere König Ludwig III.110, bei seinem Besuch in Erlangen im Jahr 1898111 die elektrotechnische Fabrik Gebberts an der Luitpoldstraße. Die Wahl war aufgrund der Größe auf das Elektrotechnikunter­ nehmen gefallen, wie aus einer Korrespondenz zwischen dem Münchner Hofmar­ schall­amt und dem Magistrat der Stadt Erlangen hervorgeht.112 Es war der erste Aufenthalt des Prinzen in Erlangen, den er anlässlich eines Ausflugs des Deutsch-österreichisch-ungarischen Verbandes für Binnenschifffahrt im Rahmen des in Nürnberg veranstalteten 3. Verbandstages unternahm.113 Der Prinz traf am Nachmittag des 3. Juni 1898 mit einem Sonderzug am Erlanger Bahnhof ein, wo er von den Vorständen der beiden städtischen Kollegien und Vertretern der Universität begrüßt und sodann in einem Wagen zum Empfang durch städtische Vertreter im Rathaus weiterbefördert wurde. Nach einem Termin im Kollegienhaus der Universität und Begrüßung durch den Prorektor der Universität­ fuhr der Prinz schließlich in einer Kutsche zur neuen Fabrik von RGS in der Luitpoldstraße. Max Gebbert empfing den Wittelsbacher, an seiner Seite die ältesten „Beamten“ von RGS. Vorher waren sämtliche Werk­ stätten gründlich gesäubert und das kaufmännische Büro sogar neu tapeziert worden. Gebbert wollte den bestmögli- chen Eindruck von RGS beim Prinzen hin- terlassen. Seinem kleinen Sohn Arthur, gerade acht Jahre alt, kam dabei eine besondere Rolle zu. In dunklem Samtanzug mit weißen, eigenes angefertigten Glacéhand­schuhen rezitierte er ein Willkommensgedicht – als Souffleur im Hintergrund stand der alte RGS-Pförtner Kühnlein parat – und überreichte Ludwig einen Blumenstrauß.114 Sein Vater Max führte den Prinzen anschließend durch die festlich geschmückten Fabrikräume, in denen die Belegschaft die Hauptprodukte arrangiert hatte.

Prinz Ludwig von Bayern, um 1898

39 Marie und Max Gebbert mit den Söhnen Max jun., Karl und Arthur (von links nach rechts), um 1900

40 Wie die Fränkischen Nachrichten einen Tag nach dem Besuch berichteten, sei der Prinz sehr interessiert an der Demonstration der Fabrikate gewesen115, und auch Arthur Gebbert erinnerte sich später, dass der Prinz „sehr einfach und bescheiden auftrat“ und sich „sehr beeindruckt“ gezeigt hätte116. Der Besichtigung folgte ein Imbiss und Wein im dekorierten technischen Büro und nach etwa einer Stunde machte sich der Prinz wieder zur Abfahrt bereit, nicht ohne Gebbert zum „gelungenen Arrangement“117 zu gratulieren. Unter den dreifachen Hoch-Rufen der auf dem Hof versammelten Mitarbeiterschaft fuhr Ludwig ab in Richtung Erlanger Augenklinik.118 In einem von RGS anlässlich des Prinzenbesuchs herausgegebenen Sonderdruck119 aus einer Publikation zur Erlanger Geschichte120 ist einiges über Sortiment, Schwer­punkt­­ setzungen und Visionen des Unternehmens in jener Zeit zu erfahren: Die Elektrizität wird darin als herausragende Technologie des bald beginnenden 20. Jahrhunderts eingestuft, sie erhelle den Weg in eine neue Zeit. Die bedeutende Position des Unternehmens in Bayern und sogar der Welt auf elektrotechnischem Gebiet wird hervorgehoben. Aus biographischer Perspektive zieht besonders die Passage zu den von Gebbert eingeführten „amerikanischen Arbeitsmethoden“ Interesse auf sich. Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte er in seiner Zeit als Mechaniker in den USA sammeln können. Er habe die Werkstätten mit „besten Hilfsmaschinen“ ausgestattet, um die Abläufe zu optimieren und die Arbeits­ bedingungen zu verbessern. Auch betriebliche Sozialmaßnahmen werden ange­ sprochen, darunter eine Gewinn­beteiligung der Mitarbeiter und soziale Einrichtung im Betrieb.121 Hat man unser zu Ende gehendes Jahrhundert häufig als dasjenige des Dampfes bezeichnet, so wird man voraussichtlich das kommende das „Jahrhundert der Elektrizität“ nennen müssen. […] In der Technik gehört der Elektrizität die Zukunft. Unter diesen günstigen Aus­sichten kann es nicht überraschen, wenn keine Industrie gegenwärtig so in Aufschwung, in der Entwicklung begriffen ist, als die elektrotechnische. […] Erlangen, die Geburts- stadt des berühmten Elektrikers Ohm […], erfreut sich des Besitzes eines elektro- technischen Unternehmens der Firma Reiniger, Gebbert & Schall, welche hinsicht- lich ihrer Spezialfabrikation eine der hervorragendsten Firmen der Welt und in der Elektrotechnik als eine der bedeutenderen Bayerns zu nennen ist. Wie die meisten elektrotechnischen Firmen hat sich auch diese aus kleinsten Anfän- gen entwickelt. Im Jahre 1877 eröffnete der Universitäts-Mechaniker E. M. Reiniger eine mechanische Werkstätte. In derselben wurden zunächst der Hauptsache nach Apparate und Instrumente für den Bedarf der Erlanger Universitäts-Institute gefer- tigt. Nach und nach wurden immer mehr elektrische Apparate in die Fabrikation aufgenommen, deren Vervollkommnung sich die Firma angelegen sein ließ, sodaß sie schon 1891 auf der […] Patent- und Musterschutz-Ausstellung [in Frankfurt am Main] durch einen ersten Preis ausgezeichnet wurde. Gebbert und Schall […] ver­

41 stätte später nach Erlangen. […] Die von Gebbert und Schall bisher kultivierte Branche neu konstruierter Apparate für Elektro-Diagnostik und Elektro-Chirurgie trugen zur Ausdehnung des bisherigen Geschäftes bei. Der jetzige Allein-Inhaber der Firma, M. Gebbert, […] führte in den vereinigten Werk­ stätten amerikanische Arbeitsmethoden ein und wurden die Werkstätten mit den besten Hilfsmaschinen ausgestattet. […] Der briefliche Verkehr und die litterari­ schen Arbeiten der Firma werden durch 15 Stenographen und ebenso viele Schreib­ maschinen erledigt, welche durch die technischen und kaufmännischen Korrespon­ denten in Atem gehalten werden. […] Die Prosperität und Entwicklung der Firma war seit ihrer Gründung eine stetige und der gegenwärtige Grad derselben erhellt daraus, dass sie innerhalb der drei letzten Geschäftsjahre ihre Arbeiterzahl, ihre Mittel und ihren jährlichen Absatz nahezu verdreifachen konnte ... Seit 1893 baute RGS seine Aktivitäten in der Starkstromtechnik behutsam aus, wobei man sich vorerst vor allem auf den Elektromotorenbau konzentrierte. Anfangs scheint die Firma auf diesem Gebiet durchaus erfolgreich gewesen zu sein, denn die Maschinen­werk­statt wurde im Frühjahr 1898 vergrößert.122 Darüber hinaus fertigte RGS auch elektrische Zentralanlagen. Die Erzeugnisse des Erlanger Unternehmens wurden in viele Länder exportiert123 und erhielten weiterhin Preise und Auszeichnungen.

Anzeige von Reiniger, Gebbert & Schall, nach 1898

42 Gebbert war es trotz verschiedenster Neuerung im Betrieb stets daran gelegen, bewährte Strukturen und Verfahrensweisen beizubehalten und weiterzuführen. Und so gab die Firma fast jährlich neue Produktkataloge heraus, die bei hoch­wertiger und grafisch ansprechender Aufbereitung reich bebildert waren und technische Hinweise in verständlicher Sprache enthielten. Überhaupt scheinen bei RGS Ästheten am Werk gewesen zu sein – die Werbeanzeigen und Verlautbarungen aus dem elektrotechni- schen Betrieb verweisen auf antike Mythologie, greifen Elemente des Jugendstils auf und springen künstlerisch ins Auge. „Gutes Fabrikat ist die beste Reklame“, so Gebbert in „Die Organisation“.124 Trotzdem schätzte er auch werbewirksame Maßnahmen wie Produktpräsentationsreisen, Literatur, Kataloge und Prospekte, Inserate, Angebote und Ausstellungsteilnahmen als bedeutsam für die Außenwirkung und den Absatz ein. „Die Propaganda [...] ist das, was das Publikum zuerst von der Firma zu sehen bekommt und wonach es sie beur- teilt.“125 Und das erste Bild von RGS sollte eindrücklich und ästhetisch sein. Auch die elektromedizinischen und elektrotechnischen Produkte selbst sahen mehr wie hochwertige Möbelstück denn wie technische Apparaturen aus. Sie sollten sich in die Einrichtung ärztlicher Behandlungszimmer stilgetreu einfügen.

Stationärer Anschlussapparat für Galvanisation und Faradisation, um 1893

43 RGS war unter Gebberts alleiniger Leitung auf Erfolgskurs, was auf Produktionsebene vor allem der Herstellung von Röntgeneinrichtungen zu verdanken war126, aber auch dem allgemein schnellen Aufgreifen von neuen elektromedizinischen Technologien.127 Neben der elektromedizinischen Abteilung A und der Abteilung B, die Beleuchtungs­ anlagen herstellte, bildete sich nun auch die Dental-Spezialabteilung D heraus. Doch nicht allen Geschäftsbereichen war gleichermaßen Erfolg beschieden. Im Jahr 1893 nahm RGS die elektrische Starkstromtechnik in der Abteilung B (= Beleuchtung) auf. Man baute in der Maschinenwerkstätte vor allem Elektro­motoren, aber auch Bogenlampen (dies bereits ab ca. 1892), Dynamomaschinen sowie Messinstrumente und Schalter. Gebbert selbst gab der Starkstromtechnik gegenüber der später für die Firma so bedeutsamen Elektromedizin den Vorrang, so berichtet der technische Direktor William Niendorf aus der Rückschau.128 Darüber hinaus baute RGS nun auch Elektrizitätswerke als Zentralanlagen für Städte und Ortschaften, unter anderem in Erlangen, Forchheim, Zirndorf, Altdorf und Neustadt an der Aisch.129 Möglicherweise hatte der Erlanger Fabrikant Kränzlein Gebbert zum Bau jener Anlagen geraten.130 Niendorfs Einschätzung zu Gebberts Betonung der Starkstromtechnik dokumentiert auch der RGS-Ingenieur und spätere Filial­leiter Wilhelm Berger. Als er 1901 ins Unternehmen, genauer in die Abteilung

Batteriegerät für Elektrotherapie, um 1893 Großes zahnärztliches Instrumentarium mit Triumph-Motor und Stuhl, vor 1900

44 „A“ für medizinische Technik eintrat, habe die Starkstromabteilung bereits existiert. Es sei Gebberts Absicht gewesen, die Abteilung B auszubauen und dafür sukzessiv Abteilung A aufzugeben. Beim Bau der Motoren und Dynamomaschinen half der tech- nische Abteilungsleiter Kern.131 Allerdings waren die neuen Geräte laut Niendorf von minderwertiger Qualität und mussten häufig ausgetauscht werden – RGS entstanden daraus große Verluste, die die Gewinne der Elektromedizin aufzehrten.132 Diese Fehlein­ schätzung führte in den letzten Lebensjahren Gebberts zu großen finanziellen Schwierigkeiten und leitete letztendlich die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft nach seinem Tod 1907 ein. Finanziers verweigerten Zahlungen oder forderten sogar ihr bereits eingezahltes Kapital zurück. Als Gebbert seine Gläubiger in Nürnberg traf, um über das weitere Vorgehen zu verhandeln, schlugen diese ihm vor, RGS in eine Aktiengesellschaft zu überführen. Die finanzielle Schieflage verhinderte jedoch dieses Projekt.133 Bereits in dieser Situation begannen Übernahme-Verhandlungen von RGS, geführt von Karl Zitzmann, dem Leiter der Abteilung B und späterem RGS-General­ direktor, mit Siemens & Halske, aber auch AEG, die jedoch beide ablehnten, da ihnen RGS nicht groß genug erschien, so Niendorf, der laut eigener Aussage die Verhand­ lungen initiiert hatte. Schließlich stellten 1905 neue Geldgeber größere Summen zur Verfügung, um RGS zu sanieren und frühere Finanziers auszubezahlen.134

RGS-Bogenlampe mit Messingbekrönung, RGS-Transformator für Wechselstrom vor 1900 und Gleichstrom, vor 1900

45 Große Schalttafel für das Elektrizitätswerk Neustadt an der Aisch, vor 1900

46 Mikrokosmos RGS

Sehr deutlich geht aus verschiedenen Quellen aus der Zeit um die Jahrhundertwende und vor allem aus den ersten Jahren nach der alleinigen Übernahme der Firma durch Max Gebbert hervor, dass der neue Inhaber gewillt war, den Betrieb in neue Bahnen zu lenken. Hierzu versuchte er sich nicht nur neueste Technologien zu eigen zu machen – wie beispielsweise die von Professor Röntgen entdeckte Strahlung – sondern auch das betriebliche Leben zu reformieren. Dies entsprach seinen humanistisch-lebensre- formerischen Idealen, die ihn spätestens seit seinem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten prägten, jedoch auch in Europa und Deutschland weit verbreitet waren und immer wieder neue Ausdrucksformen fanden. Über den guten Umgang mit dem Personal berichtet rückblickend Alexander Erdmann, der 1895 eingestellt wurde. Bereits bei seiner ersten Ankunft in der Fabrik fiel ihm die freundliche Behandlung auf: „Der Portier Zöbelein führte mich in den Warteraum und hiess mich Platz nehmen. Das geht hier aber vornehm zu, dachte ich mir, dass ich als gewöhnlicher Arbeiter bezw. Mechaniker Gehilfe [sic!] in einen solch nett eingerichteten Raum geführt wurde. Am Rhein ging es in dieser Beziehung etwas anders zu, da wurde solch ein Arbeiter auf dem Hausgang oder in der Werkstatt ab­gefertigt, an eine Sitzgelegenheit garnicht [sic!] zu denken.“135 Erdmann wurde von Betriebsleiter Jean Pilger eingestellt und man vereinbarte eine Lohnaufstockung für Akkordarbeit. Auch die Atmosphäre unter den Arbeitern in der Werkstatt war nach Erdmanns Bericht eine kollegiale: „Es war damals für einen Neueingetretenen nicht ratsam, sich in Zweifelsfällen bei seinen Arbeitskollegen Rat einzuholen, denn damals war es ‚Sache’ einen solchen hereinzulegen. Habe mich aber in der Folgezeit davon überzeugen können, dass in dieser Beziehung in Erlangen ein anderer Geist herrschte, jeder beriet seinen Mitarbeiter nach bestem Können und Wissen.“136 Den Arbeitern standen qualitativ hochwertiges Werkzeug und Arbeitsplätze zur Verfügung, sodass Erdmann erstaunt festhält: „Ich hatte bis dahin noch keine Werkstatt kennengelernt, die solche hervorragende Bänke in ihrem Betrieb führte, es war eine Lust daran arbeiten zu dürfen.“ Max Gebbert war in der Werkstatt präsent und überprüfte sowohl den Fortgang der Arbeiten als auch das Wohlergehen der Mitarbeiter. Erdmann schreibt: „Nach etwa 3 Tagen lernte ich auch meinen Chef, Herrn Gebbert, kennen, wie er einen Rundgang durch die Arbeitsräume machte. Er blieb bei mir stehen, stellte sich vor und erkundigte sich über meine bisherige Tätigkeit und wünschte, dass es mir bei ihm gefalle. Sollte ich irgendwelche besondere [sic!] Wünsche haben, so wäre er jederzeit für mich zu sprechen. Diese Unterredung, in wel- cher ich Herrn Gebbert von der angenehmsten Seite kennen lernte, war bestimmend für mich, alles daranzusetzen um die mir über­tragenen Arbeiten zur Zufriedenheit fertigzustellen.“137 Der Fabrikant Gebbert begegnet uns hier als verbindlicher und erreichbarer Chef, als Motivator, der darauf bedacht war, die Wünsche und Nöte sei- ner Arbeiter zu kennen und ihnen eine angenehme Arbeitsumgebung zu ermöglichen. Dass sein auch in „Der Organisation“138 dargelegtes unternehmerisches Konzept, durch

47 positive Arbeitsatmosphäre und Anreize das Personal zu erfolgreichen Resultaten zu motivieren und somit den Firmenerfolg zu steigern, auch in der Realität der Werkstatt aufging, lässt sich am Zeugnis Erdmanns eindrücklich ablesen. Gebbert stand für ein System der Belohnung hervorragender Arbeit, wobei er den produzierenden Mechanikern einen besonderen Stellenwert in seiner Fabrik einräumte: „Die Arbeit ging flott vonstatten und ich verdiente sehr gut daran [...]. Es blieb auch bei solch hohen Verdiensten, so dass dies später den Neid der kaufmännischen Angestellten herausfor- derte, die sich beschwerdeführend an Herrn Gebbert wandten und es als nicht richtig bezeichneten, dass Mechaniker mehr verdienten als Kaufleute. Herr Gebbert wies sie aber ab mit der Begründung, dass seine Mechaniker die produktiven Kräfte seien und daher auch ein gutes Recht hätten, mehr zu verdienen als die jungen Kaufleute.“139

Max Gebbert (3. v. rechts) bei einem Treffen mit Mechanikermeistern, um 1894

48 Max Gebbert etablierte betriebliche Strukturen, die auf das Wohl der Gesamtbeleg­ schaft abzielten. So stand dem Personal unentgeltlich eine Werksbibliothek zur Verfügung, dem Gesamtpersonalrat eine Geschäftsbibliothek und ein der Hygiene dienliches Wannenbad, das aber aufgrund von unsachgemäßer Nutzung nach einiger Zeit wieder geschlossen werden musste.140 RGS sollte den Beschäftigten in vielerlei Hinsicht die Möglichkeit bieten, sich zu entfalten, weiterzuentwickeln, sich aber auch stärker mit der Firma zu identifizieren. Die Mitarbeiter beteiligte der Unternehmer prozentual am Gewinn: in den Geschäfts­ jahren 1896 und 1897 handelte es sich dabei um ca. 9% für alle Beschäftigten, sowohl für die Angestellten als auch die Arbeiter. Auch mithilfe dieser Maßnahme sollte das Interesse der Beschäftigten am Erfolg der Firma gesteigert werden, wie eine Druckschrift der Zeit ausdrücklich erklärt.141 Allerdings waren Veränderungen im Betrieb nicht immer ohne lautstarkes Zutun der Belegschaft vonstattengegangen, die zum Beispiel 1897 höhere Löhne und eine Arbeitszeitverkürzung gefordert hatte. Auf einer Versammlung mit den Protestierenden schlug Max Gebbert nach langen Debatten eine Reduktion der Arbeitszeit von zehn auf acht Stunden vor, was von der Arbeiterschaft begeistert angenommen wurde. Die neue Regelung wurde bereits am nächsten Tag umgesetzt.142 Gelegentliche wurden die Arbeiter mit kleinen finanziellen Sonderzuwendungen bedacht. So berichtet Alexander Erdmann, dass er sich mit seinen Kollegen regel­ mäßig in der Stammkneipe „Biegelei“ getroffen hätte. Als sie „an einem schönen Sommerabend“ im Garten des Gasthauses saßen, wurde Erdmann „plötzlich von der Strasse aus angerufen [...]. Da stand draußen Herr Gebbert und drückte mir ein 10 Markstück in die Hand mit dem Wunsche, uns recht vergnügt damit zu machen [sic!]. Ich dankte herzlichst und Herr Gebbert konnte noch hören, welchen Beifalls­ orkan und Jubelsturm die Bekanntgabe seiner Spende auslöste.“ Bei einem Stunden­ verdienst eines RGS-Mechanikers von ca. 30–80 Pfennig145 war die Gebbertsche „Spende“ von 10 Mark durchaus großzügig. Neben vielen anderen Zeugnissen zeigt diese Episode etwas vom gebefreudigen und menschenfreundlichen Gebbert, der auch als Fabrikant nicht nur auf finanziellen Gewinn, sondern ebenso auf das Wohl­ befinden seines Personals achtete. Gebbert richtete einen Gesamtpersonalrat ein, der allzeit Anliegen aus der Belegschaft an ihn herantragen durfte. Der Kreis der Personalräte wurde jährlich neu von allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gewählt.146 Wilhelm Berger, RGS-Mitarbeiter ab 1901, notierte rückblickend, dass unter Gebbert ein „demokratisches Prinzip“ im Unternehmen herrschte.147 Einmal im Jahr unternahm die Belegschaft Betriebs­aus­ flüge, an denen Gebbert und seine älteren Söhne stets selbst teilnahmen.148 Diese Landpartien wurden jedoch nach einigen Jahren eingestellt, weil die große Anzahl der Teilnehmer keinen geregelten Ablauf mehr zuließ.149

49 Gruppenbild vom Betriebsausflug 1894, vorne mittig Max Gebbert (hinter seinen beiden Söhnen Karl und Arthur), rechts daneben Erwin Moritz Reiniger

Lehrlingsausbildung In der Lehrlingsausbildung schlug Gebbert inhaltlich und auch durch gute Bezahlung neue Wege ein. Die Lehrzeit bei RGS betrug fünf Jahre und die Lehrlinge erhielten einen festen Wochenlohn von 5 Reichsmark, der es ihnen ermöglichen sollte, das tägliche Leben finanziell weitgehend selbst zu bestreiten. Im Ausbildungszyklus­ zwischen 1888 und 1893 waren nach Auskunft des Meisters Leibinger etwa 20 Gehilfen und 15 Lehrlinge beschäftigt, die nicht in einem gesonderten Bereich untergebracht waren, sondern in der Werkstatt verteilt waren und unter Hilfestellung der erfahreneren Gehilfen und Mechaniker im Akkord arbeiteten.150 Akribisch achtete Gebbert auf eine inhaltlich umfassende und ganzheitliche Aus­ bildung der Mechaniker, die auch verpflichtende Turneinheiten beinhaltete – für den Gesamtbetrieb wurde ein Werksturnbund gegründet.151 Eine Beschreibung der Lehrlings­ausbildung von 1898 hält zu Inhalten und Zielen der Lehrlingsausbildung bei RGS fest: „Die Lehrlinge werden nach besonderem, bewährtem Systeme praktisch aus­gebildet; 3 Meister befassen sich ausschließlich mit ihnen. Außerdem werden die Lehrlinge in 4 Klassen, wöchentlich je 6 Stunden, theoretisch unterrichtet, und zwar in den Fächern: Deutsch, Rechnen, Physik, speziell Elektrizitätslehre, Mathematik, Zeichnen und mechanische Technologie. Dadurch bildet sich die Firma besonders qualifizierte Feinmechaniker und Maschinenbauer aus, welchen sie auch zum Teil

50 ihr technisches Beamtenpersonal zu entnehmen in der Lage ist.“152 Der Unterricht erfolgte vor dem Umzug der Fabrik in die Luitpoldstraße samstags und sonntagvor- mittags in den Räumen der Realschule Friedrichsstraße. Als Lehrer agierten höhere Angestellte der Firma, wie der Betriebsleiter Jean Pilger oder der Oberingenieur Richard Bilgenroth, ein enger Freund Gebberts. Nach Bezug des neuen Fabrikgebäudes 1893 fand der Unterricht von nun an dort statt. Die Lehrlinge erhielten nun auch einen praktischen Grundlehrgang von Meistern, unter anderem im Feilen und Gewinde­ schneiden.153 Nach dieser Schulung mussten die Lehrlinge bereits einfache Akkord­ arbeiten selbst verrichten.154 Sie wurden während ihrer Ausbildungszeit zwar streng, aber auch optimal vorbereitet auf die Fabrikation von Präzisionsapparaturen von höchster Qualität. Für jene sollte RGS nach dem Willen Gebberts stehen. Auf die Lehrlinge und eigentlich die ganze Belegschaft wollte Gebbert mitunter auch erzieherisch einwirken. Er erließ im Betrieb ein Tabak- und Alkoholverbot , das freilich nicht immer eingehalten wurde156, obschon besonders bei den Lehr­lingen Wert auf Ordnung gelegt wurde157. Damit kam Gebbert seinen persönlichen Ansprüchen auch auf Betriebsebene nach, denn er selbst verzichtete im Sinne der naturnahen Lebensweise auf beides.

51 Öffentliches und Privates

Max Gebbert fühlte sich zu den Ideen und Lebensmodellen der Reformbewegungen­ seiner Zeit158 hingezogen. Vegetarische Ernährung war ihm ein hohes Gut, ebenso der Verzicht auf alkoholische Getränke und Nikotin. Er war ein Verfechter der Natur­ heilkunde159 und rezipierte theosophische Literatur ebenso wie östliche Schriften zu Weisheit und Religion. „Die Natur, die grösste Erzieherin, kontrolliert uns schärfstens in unserer Lebensführung“, schrieb Gebbert in „Die Organisation“.160 Begegnen wir hier einem verhaltenen Idealisten, dessen gesellschaftlichen und unter- nehmerischen Zwänge ihn an einem radikal reformerischen Leben hinderten? Der den Zwängen der wilhelminischen Gesellschaft nicht zu entfliehen vermochte? Zwischen Industrie und städtischen Eliten pflegte Gebbert seine Ideale zwar in der Freizeit, sei- nem Privatleben und vielleicht auch am Rande einiger betrieblicher Entscheidungen, war jedoch nicht in der Lage, sie in all seinen Lebensbereichen zu verwirklichen. Vielleicht war es ihm auch gar nicht daran gelegen, alle Forderungen der Lebens­ reformer umzusetzen, sondern sie lediglich zu rezipieren und partiell in seinen Alltag zu integrieren. Es war durchaus ein häufig kritisierter Zug der Reformer, enge Ver­ bindungen zum Establishment des Deutschen Reiches zu pflegen oder sich nicht klar von jenem abzugrenzen. So ist den Lebens­reformern und Max Gebbert nicht generell Anti-Modernität vorzuwerfen, sondern es einte sie vielmehr der Wunsch nach einer besseren, naturnahen und sinnerfüllten Moderne. Im gesellschaftlichen und politischen Leben übernahm Gebbert verantwortungsvolle Aufgaben und Positionen, besonders nachdem er in den 1890er Jahren die Weichen für den Erfolg und das Gedeihen der Firma gestellt hatte. Ende des Jahres 1899 wurde er zum Mitglied des Stadtmagistrats des Erlanger Stadtmagistrats gewählt, das Amt hatte er von 1900 bis Ende 1905 inne. Ferner engagierte er sich im Kuratorium der höheren Töchterschule sowie der städtischen Schulkommission und war Abgeordneter für die gewerbliche Fortbildungsschule.161 Auch als Stifter wurden er und seine Frau Marie aktiv, so schenkte Gebbert der Töchterschule einen Telegraphenapparat und der Volksschule zwei Sets elektrischer Lehrmittelapparate.162 Gebbert war – und dies entspricht seiner nicht-religiösen, aber dem kritischen Denken verpflichteten Gesinnung – seit 1895 aktives Mitglied der Erlanger Frei­ maurerloge „Libanon zu den 3 Cedern“163, an deren Versammlungen er ver­mutlich häufig teilnahm, wie sich aus einem Entschuldigungsschreiben für das Versäumnis einer Zusammenkunft an einem Dienstagabend im Mai 1899 schließen lässt.164 Zudem war Gebbert Ehrenmitglied der Vereinigung Kupfercassa e.V., einer Gemeinschaft, die zusammen Ausflüge und Tagesfahrten unternahm. Von allen Mit­gliedern wurden regelmäßig kleinere Geldbeträge (Kupfermünzen) eingezahlt.165

52 Handschriftliche Entschuldigungsnotiz auf Visitenkartenrückseite, adressiert an Dr. Friedrich Will166 wegen Fehlen in der abendlichen Logen-Versammlung vom Dienstag, 2. Mai 1899

53 Mitgliedertafel der Gesellschaft Kupfercassa Erlangen, 1897, auf dem rechten der drei mittigen Medaillons Max Gebbert

54 Familienleben und letzte Jahre

Max und Marie Gebbert hatten fünf Kinder, vier Söhne – Karl, Arthur, Eugen und Max junior – und eine Tochter, Irmgard. Karl wurde am 1. November 1887, ein Jahr nach der Heirat seiner Eltern, in Erlangen geboren (dort gest. 1956). Knapp drei Jahre danach, am 27. Mai 1890, kam ein zweiter Sohn namens Arthur Egon Volkmar zur Welt, der Ingenieur bei RGS und den Siemens-Reiniger-Werken wurde und somit dem unter­ nehmerischen Erbe Max Gebberts verbunden blieb. Arthur (gest. 1980 in Erlangen) war es auch, der in den 1950er Jahren Nachforschungen zum Leben seines Vaters unter anderem in Form von Fragebögen an ehemalige Mitarbeiter oder deren Angehörige anstellte. Der dritte Sohn Max Emil, geboren am 17. November 1896, wurde nur 21 Jahre alt. Unter dramatischen Umständen kam er, der als Offizier im Ersten Weltkrieg vor allem in Flieger­abteilungen diente167, in der Nähe seines Elternhauses in Uttenreuth bei einem Flug­zeugabsturz am 29. Mai 1918 ums Leben.168 Am 24. Oktober 1900 gebar Marie Gebbert den Sohn Eugen Adolf (gest. 1971 in Hannover) und drei Jahre später, am 11. Dezember 1903, das letzte Kind, die einzige Tochter Irmgard Adelheid (gest. 1948 in Freiburg). Alle Kinder waren wie Marie protestantischer Religion. Hin und wieder besuchte Max Gebbert seine Eltern Joseph und Adelheid in Oberschlesien. Sein Neffe Kurt Rauch berichtet von einem solchen Besuch, wobei das Jahr desselben nicht überliefert ist. Kurt erinnert sich, dass Max als Vegetarier vor allem „Grahambrot“ aus Vollkornschrot zu sich nahm und mit einem Forstgehilfen auf die Jagd ging.

Die vier Söhne Karl, Max jun., Eugen und Arthur (von links nach rechts), um 1910

55 Arthur, Max jun., Irmgard und Eugen Gebbert (von links nach rechts) vor der Villa in Uttenreuth, um 1905

In Erlangen wohnte die Familie anfangs in der am Zollhaus liegenden Buckenhofer­ straße in Erlangen170, gegenüber dem späteren Firmengelände, dann kurze Zeit in der Bergstraße 13 im Norden der Stadt171 und 1895 ebenfalls kurz in der Raumerstraße172. Spätestens seit 1897 beherbergte das fertiggestellte und erweiterte RGS-Fabrikgebäude auch die Familie des Besitzers, die Gebberts wohnten dort in der Luitpoldstraße 45 im zweiten Stock,173 was eine besondere Präsenz der Familie im Betrieb ermöglichte. Im Oktober 1898 entschieden sich die Gebberts für einen Umzug in eine ländlichere Gegend. Die Wahl fiel auf den Ort Uttenreuth bei Erlangen, der durch die Sekundär­ bahn Erlangen-Gräfenberg gut angebunden war. Max erwarb 1898 ein großes Grund­ stück an der Straße nach Buckenhof und ließ eine zweistöckige Villa im Stil eines Landhauses errichten – er selbst hatte die Gebäude entworfen, der Architekt Christian Böhmer die Pläne gezeichnet.174 Zur Erleichterung der Bauarbeiten wollte Gebbert 1899 zwischen seinem Grundstück und einem nahegelegenen Steinbruch­ sogar eine Roll­ bahn einrichten lassen.175 Nicht nur die Gebäude, auch den Garten hatte der Natur­ liebhaber Gebbert akribisch geplant und baute dort Mithilfe eines Gärtners Gemüse und Obst in Beeten – wie er es aus seinem Elternhaus in Oberschlesien kannte176 – und in Gewächshäusern an. Ferner ließ er Bienenhäuser für die Imkerei errichten.177 Mögliche Pläne über einen von Anfang an vorgesehenen Ausbau des Anwesens zu einem Sanatorium wurden nicht in die Tat umgesetzt.178 Den Arbeitsweg von Uttenreuth nach Erlangen unternahm Gebbert meist mit einem Zweispännerfuhrwerk.­ 179 Sein Sohn Arthur Gebbert erinnert sich, dass Max die Landstraße zwischen Erlangen und Uttenreuth auch zu „Spazierfahrten“ mit dem Fahrrad nutzte und dabei stets eine Pistole Modell Browning in der hinteren Hosen- tasche trug, „da nachts die Landstraßen noch einsamer waren als am Tage“.180

56 Villa Gebbert in Uttenreuth, undatierte Aufnahme

Max und Marie Gebbert (beide rechts im Bild) in einer Kutsche vor der Villa inUttenreuth, um 1905

57 Max war trotz des Umzuges der Familie weiterhin regelmäßig in der Familienwohnung in der Fabrik anzutreffen und gab diese erst 1902 gänzlich zugunsten der Uttenreuther Villa auf. Eine Magistratsmeldung von 1902 machte bekannt, dass Gebbert nun aus- schließlich bei seiner Familie in Uttenreuth wohnte und so die Voraussetzungen für seine Magistratszugehörigkeit, nämlich die Einwohnerschaft, nicht mehr gegeben seien. Mög­ licher­weise verzögerte sich die Prüfung der Angelegenheit oder es sprachen doch noch Gründe für Max’ Zugehörigkeit zum Stadtmagistrat, denn erst am 31. Dezember 1905 schied er aus gesundheitlichen Gründen endgültig aus dem Erlanger Magistrat aus.181 Am 19. Juni des Jahres 1905 trat Max aus der katholischen Kirche aus. Dieser Schritt, der wohl schon lange erwogen worden war, wurde auf dem Pfarramt der katholischen Kirche im wenige Kilometer von seinem Wohnort Uttenreuth entfernten Neunkirchen am Brand im Beisein seiner Ehefrau Marie und des Kaufmanns Carl Scholl vollzo- gen.182 Scholl († 1920) führte in Erlangen einen Kolonialwaren- und Feinkosthandel und gehörte vermutlich zum engeren persönlichen Netzwerk der Gebberts.183 Im Erlanger Wirtschaftsleben bekannt und engagiert184, war er nach dem Tod von Max Gebbert 1907 einer der Mitgründer der „Reiniger, Gebbert & Schall Aktiengesell­ schaft“.185 Später fungierte ein Karl Scholl, vermutlich der Sohn des oben Genannten, als Trauzeuge der zweiten Eheschließung von Max’ Sohn Arthur Gebbert.186 Gebberts Frau Marie war zeitlebens der evangelischen Kirche zugehörig. Ihren Mann nach dessen Austritt aus der katholischen Kirche zu einem Konfessionswechsel, einem Eintritt in die evangelische Kirche zu bewegen, scheint ihr Wunsch gerade in dessen letzten Lebensmonaten gewesen zu sein. Eine Notiz aus dem Kirchenbuch der evan­ gelisch-lutherischen Pfarrei Uttenreuth berichtet: „Max Gebbert war anno 1905 aus der katholischen Kirche ausgetreten und der evangelischen Kirche zugetan, zu einer förmlichen Aufnahme in die ev. Kirche, die seine Gattin wünschte, konnte sich der zuständige Geistliche mit Rücksicht auf dessen geistigen Zustand nicht entschließen, sicherte aber derselben die Teilnahme des ev. Geistlichen bei der Beerdigung des Genannten zu.“187 Ob Max Gebbert tatsächlich der evangelischen Kirche oder dem protestantischen Glauben nahestand, lässt sich nicht eindeutig belegen. Seine Sterbeurkunde verzeich- net, er sei „protestantischer Religion“ gewesen188, allerdings steht die Notiz aus dem Uttenreuther Kirchenbuch klar im Widerspruch dazu. Aus der Lektüre Gebberts und aus seinen Briefen aus den USA erhalten wir das Bild eines Suchenden und eines viel- fältig an philosophischen Fragestellungen interessierten Menschen, der Antworten auf große Fragen auch abseits der christlichen Pfade suchte. Max Gebbert verstarb am Nachmittag des 11. März 1907 in Uttenreuth im Alter von nur 51 Jahren. Die Todesanzeige seiner Familie nennt als Sterbeursache einen Schlag­ anfall, der sich wohl schon im Vorjahr ereignet hatte. Der Tod sei dann aber „unerwar- tet rasch“ eingetreten.189 Seine Witwe Marie trat das Erbe an.190 Das Testament allerdings hatte Max schon im Frühjahr 1904 aufgesetzt und auch weitere Belege deuten auf eine frühere unheilbare Krankheit hin.191 Dies wird auch durch den Bericht des Mitarbeiters Wilhelm Berger gestützt, denn Gebbert habe den

58 Traueranzeige der Familie Gebbert im Erlanger Tagblatt vom 12. März 1907

Betrieb zwar „vorzüglich geleitet“ und sich mit „tüchtigen Mitarbeitern“ umgeben,­ sei jedoch bald nach Bergers Firmeneintritt (1901) schwer erkrankt.192 Andere Quellen nennen den Herbst 1906 als Beginn der schweren Krankheit Gebberts193, womit aber wohl der Schlaganfall gemeint ist. Die RGS-Mitarbeiter aus den über die Welt verstreuten Geschäftsstellen und Ver­ tretungen brachten die Trauer über Gebberts Ableben in einer Todesanzeige zum Ausdruck und charakterisieren ihn darin als fleißigen und versierten Fachmann, als Menschenfreund und aufopferungsvollen Unternehmer, „der seine ganze Kraft der Entwicklung unserer Firma und dem Wohl ihrer Angestellten geopfert hat.“ Auch der Erlanger Magistrat würdigt sein ehemaliges Mitglied Gebbert, den „Mann von weitem Blick und regem Geist [...], der den gemeindlichen Angelegenheiten und namentlich dem Schulwesen lebendiges Interesse entgegenbrachte.“ Bürgermeister Klippel hob nicht nur seine Leistung als Fabrik­besitzer hervor, sondern auch seine „Wirksamkeit auf dem Gebiete der Wohltätigkeit.“194 Max Gebbert wurde am Nachmittag des 14. März am Neustädter Friedhof in Erlangen beigesetzt195. Die große Trauergemeinde196, darunter neben der Familie auch Ange­ hörige der städtischen Kollegien, Logen-Mitglieder, Direktion, Beamten und Arbeiter­ schaft von RGS197 und weitere Erlanger und Uttenreuther Bürgerinnen und Bürger, zogen zu Klängen der Stadtkapelle vom Fabrikgebäude aus durch die Stadt. RGS-Mechaniker trugen den reich geschmückten Sarg. Verschiedene hohe Beamte, Mechaniker und Filialleiter der Firma, wie der kaufmännische Leiter Karl Zitzmann

59 Traueranzeige der RGS-Mitarbeiter im Erlanger Tagblatt vom 12. März 1907

oder Wilhelm Berger, legten Kränze nieder. 198 Die Anfangspassagen der vom Uttenreuther Pfarrer Boss gehaltenen Grabrede deuten an, dass Max schon seit einiger Zeit erkrankt war. Er starb „nicht unerwartet, aber doch überraschend“, „ehe das Joch [...] zu schwer wurde“, die letzten Jahre seien getrübt gewesen.199 Pfarrer Boss, der Gebbert persönlich kannte, zeichnete in seiner Ansprache ein sehr privates Bild vom Unternehmer: ein ruhelos Vorwärtsstrebender sei er gewesen, der sich nicht mit rein äußerlichem Fortschritt wie Ausbildung und beruflichem Erfolg begnügt habe, sondern dem auch die innere Weiterentwicklung wichtig gewesen sei. Ein bedin- gungslos Gläubiger aber, so deutete es Pfarrer Boss, war Gebbert nicht, vielmehr ein Suchender und kritisch Fragender. Gebbert begegnet uns in diesen Worten und durch viele andere Zeugnisse aus der Feder seiner Zeitgenossen als Menschenfreund, der die Pflicht am Nächsten ernst nahm. Mit temperamentvollem Charakter ausgestattet, scheute er Konflikte nicht, wobei er aber durchaus bereit war, sich für Kränkungen zu entschuldigen. Die lokale Presse würdigte Gebbert mit einem Nachruf und betonte dabei sein unter­nehmerisches Wirken, das im Erlanger Wirtschaftsleben von zentraler Bedeutung gewesen sei – die Entwicklung von RGS hin zu einer großen, international sichtbaren Fabrik sei allein der „Verdienst dieses weitsichtigen Mannes [...], der das Fundament mit Einsetzung seiner riesigen Arbeitskraft für sein Unternehmen schuf, das vielen hunderten Arbeits­gelegen­heit und relativ hohen Verdienst gegeben hat“. Immer wieder wird dabei die außergewöhnliche Leistungsbereitschaft Gebberts betont.200

60 Dass auch die Erlanger Stadtverwaltung das verdiente Magistratsmitglied weit über des- sen Tod hinaus in Ehren hielt, zeigt die Benennung einer neuen Straße in „Gebbertstraße“ 1928. Seine Witwe Marie erfuhr vom entsprechenden Stadtratsbeschluss durch einen Brief des Erlanger Oberbürgermeisters. Der Stadtrat habe „einstimmig beschlossen, die neue Straße, die von der Nürnbergerstraße nach Osten bis zur Oesterreicherstraße­ führt, zu Ehren des Hauptgründers der Fabrik Reiniger, Gebbert & Schall ‚Gebbertstraße’ zu benennen“, um „der mehrjährigen selbstlosen und unermüdlichen Wirksamkeit des Heimgegangenen im hiesigen Magistrat“ in Dankbarkeit zu gedenken.201 Für die hoch verschuldete RGS oHG brachen nun neue Zeiten an. Das Unternehmen wurde knapp zwei Monate nach Gebberts Tod in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Doch weiterhin lag die Firma mehrheitlich in Gebbertscher Hand: Die Witwe Marie wurde zur Mehrheitseignerin der Anteile und trat in den nachfolgenden­ Jahren als Förderin und Mäzenin des sozialen Lebens in Erlangen und darüber hinaus in Erschei­ nung. Sie führte damit auch das Lebenswerk ihres Mannes weiter.202 Das Leben Max Gebberts endete früh – und dennoch zeichnet sich das runde Bild einer reifen und reflektierten Persönlichkeit ab, deren Aussagen, Ideale und Handlungen zumeist in Einklang miteinander standen, auch wenn sein Weg nicht immer frei von Rückschlägen und Misserfolgen war. Es war ein ehrgeiziges Leben, getrieben durch den Glauben an Fortschritt, geprägt durch soziales Unternehmertum und Humanismus, durchzogen von existenziellen Fragen an das menschliche Dasein und progressiven Ansichten. Gebbert beschritt neue Wege – rastlos strebte er immer vorwärts.

Gründeraktie der Reiniger, Gebbert & Schall AG, August 1907

61 Marie Gebbert, Ölgemälde des Nürnberger Malers Ludwig Kühn, 1914

62 Max Gebbert, Ölgemälde des Nürnberger Malers Ludwig Kühn, 1914

63 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 1

64 Dokumente zu Gebberts Leben

Geliebte Freundin! Heut vor einem Jahre sah ich Sie zum erstenmal203, und heut erhalte ich den ersten Brief von Ihnen. Unter dem Eindruck dieses mir günstig erscheinenden Omens schreibe ich diese Zeilen. Es ist mir heut nicht mehr möglich in nur freundschaftlichem Tone zu schreiben, ohne Ihnen auszusprechen was ich wirklich für Sie fühle. Fräulein Marie, ich liebe Sie. Sie wissen das, obwohl ich es in Worten nie aussprach. Am Tage unseres Scheidens saß ich Ihnen lange allein, wortlos gegenüber. Da drängte es mich unaufhörlich, Ihnen zu sagen, was in mir vorging; und doch that ich es nicht, weil der Verstand klüger sein wollte als das Herz. Dieser Kampf dauert nun ein Jahr in mir, doch jetzt geb ich ihn auf. Es mag nun kommen, was da wolle, ich bin bereit alles zu tragen, aber es soll mich

65 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 2

66 auch kein Bedenken mehr abhal- ten, Ihnen nun auch auszusprechen was mich nicht zur Ruhe kommen läßt. Ich habe mir in diesem Jahre mehrmals vorgenommen, Sie vergessen zu wollen, ich habe mir gesagt, es sei an eine Verbindung von Ihnen und mir nicht zu denken, ich habe also kein Recht, Ihre Ruhe zu stören, und dennoch mußte ich fortwährend an Sie denken; und ich sehe, daß auch Sie mich nicht vergessen haben, kann ich mich nicht länger bezwingen, ich muß Ihnen sagen, daß ich Sie liebe, unendlich liebe. Ich glaube auch in Ihren Augen gelesen zu haben, daß ich Ihnen nicht gleichgültig geblieben bin, obwohl ich wohl kaum hoffen darf, daß Sie mich im selben Maße lieben, als ich Sie. Daß ich nicht leichtfer- tig bin mit dem Worte Liebe, werden Sie aus meinem Verhalten ersehen haben; und wenn Sie daher wohl kaum an der Wahrheit

67 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 3

68 meiner Worte zweifeln können, so werden Sie meine Gefühle, sollten Sie dieselben auch nicht erwiedern können, doch wohl achten, und mir dann die Wahrheit nicht vorenthalten, mir aber wenigstens Ihre Freundschaft be- wahren. Ein auf mich gerichtetes Augen- paar schwebt mir unablässig vor und sagt mir, daß auch Sie mehr als freund- schaftliche Gefühle für mich hatten; ist dem auch heut noch so, dann machen Sie mich glücklich, indem Sie es aussprechen, selbst wenn Sie an eine einstmalige Verbin- dung mit mir nicht glauben. Erlauben Sie mir Ihnen zu sagen, daß ich bereit wäre, jedes Opfer zu bringen, mit Ihnen später vereint zu leben. Und sollte mir dies Glück auch nicht zu Theil werden, indem uns die Verhältnisse getrennt hielten, so würde ich mich doch schon glücklich fühlen im Bewußtsein Ihrer Liebe.

69 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 4

70 Wenn menschliche Energie aber über- haupt die Hindernisse, die unserer Liebe im Wege stehen möchten, zu besei- tigen vermag, so fühle ich gewiß diese Energie in mir, wenn ich mich von Ihnen, theure Marie, geliebt wüßte. Seit ich Sie kennen lernte, konnte mich nichts mehr ganz zufrieden machen. Obwohl ich mich auf Thätigkeit verschied- ener Art geworfen, und Erfolge hatte, die mich sonst gefreut haben würden, blieb ich immer unbefriedigt. Schon mehr als einmal war ich darum entschlossen Ihnen zu sagen, was ich für Sie fühle, wagte es aber nicht, wagte nicht einmal meinem Geburtstag- glückwunsch204 einige Zeilen beizulegen, da ich fürchten mußte, von Ihnen vergessen

71 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 5

72 worden zu sein, und deß- halb hätte ich alle Ursache mit Johanne205 zu zürnen. Sie hatte mir nach meinem Briefe, den ich an Sie beide richtete, bis vor kurzem auch nicht eine Silbe zukommen lassen, und glaube ich das um J. um so weniger verdient zu haben, als ich ihr in offenherzigster Freundschaft begegnet habe, daß ich aber eben nur Freundschaft für sie hatte, dafür kann ich doch nicht. Mit meinem Bruder Oscar war ich gerade wegen J. ein wenig in Dishar- monie gerathen, und erhielt deßhalb auch von ihm lange keine Nachricht, bis er mir vor etwa 6 Wochen in einem vom 22.12.83. datirten Briefe mittheilte, daß seine Frau ihn mit einem Töchterchen

73 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 6

74 beschenkt habe, das in der Taufe den Namen Alice erhielt. Gleichzeitig schrieb er mir, daß J. im Begriff stehe, sich mit Herrn Johann Peltzer, welchen Herrn wir auf der Hochzeit, kennen lernten, zu verloben. J. selbst fügte dem Briefe meines Bruders fol­- gende Randbemerkung bei:“ Lieber Freund! Du wirst es mir übel nehmen, daß ich nicht schon eher Deinen Brief be- antwortet habe, doch Zeit und Um- stände, die Du nun kennst, hielten mich davon ab. Dies soll nur ein Festtags- gruß für Dich sein von Deiner glück- lichen Freundin aus der fernen Hei- math gesandt. Nach den Feiertagen wer- de ich Dir recht aus­führlich schreiben, bis dahin sei herzlich gegrüßt von Deiner so sehr glücklichen Freundin H - L.“ Den versprochenen Brief habe ich noch nicht erhalten, und werde ich, nun ich weiß, daß

75 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 7

76 meine Briefe angekommen, nicht früher an J. schreiben, bis sie mir geschrieben und selbst dann Ihres, mir so theuren, Briefes nicht erwähnen, auch würde ich Sie bitten, ebenfalls von dem meinen zu schweigen, beson­- ders, als es mir nun beinahe scheinen will, daß J. sowohl Ihnen wie mir gegenüber nicht so gewesen ist, als sie es Freunden schuldig ist. Haben Sie meine mit J. geführte Correspon- denz gelesen? Es würde mir schwer fallen zu glauben, J. habe mir ab- sichtlich die Nachrichten von Ihnen, geliebte Marie, vorenthalten, und doch erinnere ich mich einiger Äußer- ungen, die mich beinahe eine Absicht vermuthen lassen. Noch etwas habe ich auf dem Herzen. J. schrieb mir im letzten Briefe vom 21.7.83., daß Sie beide sich photographieren

77 Erster Brief von Max Gebbert an Marie Ritz vom 25.02.1884 – Seite 8

78 ließen und ich die Bilder im nächsten Briefe erhalten sollte. Ich bitte Sie nun mir Ihr so theures Bild nicht länger vorent- halten zu wollen! Nun muß ich wohl schließen. Geliebte Marie, Sie mögen mir zu sagen haben, was immer es sei, aber eine Bitte ge- währen Sie mir, lassen Sie mich nicht auf Ihre Antwort warten. Die Briefe gehen ohnehin so lange über den Ozean, daß ich fürchte, die 6 Wochen werden mir zur Ewigkeit. Schon einmal wartete ich lan- ge vergebens mit Ungeduld auf einen Brief aus Schwelm. Wenn Sie mich nicht hassen, geliebte Marie, so lassen Sie mich nicht warten. Mit vielen Grüßen in Liebe und banger Erwartung Ihr Max Gebbert

79 Hochzeitszeitung von Marie Ritz und Max Gebbert vom 16. Oktober 1886 – Seite 1

80 Hochzeitszeitung von Marie Ritz und Max Gebbert vom 16. Oktober 1886 – Seite 2

81 Hochzeitszeitung von Marie Ritz und Max Gebbert vom 16. Oktober 1886 – Seite 3

82 Hochzeitszeitung von Marie Ritz und Max Gebbert vom 16. Oktober 1886 – Seite 4

83 Grabrede des Uttenreuther Pfarrers Boss zur Beerdigung von Max Gebbert am 14. März 1907

84 206Dem, der da ist und der da war und der da kommt, der tot war und siehe, er lebet, sei Lob, Ehr und Preis in der Gemein- de jetzt und in Ewigkeit! Amen. In dem Herrn geliebte leidtra- gende Mitchristen! Letzten Abschied gilt es jetzt zu nehmen vom geliebten Gatten, Vater, Schwager und Freund, des- sen Hingang zwar nicht uner- wartet, aber doch überraschend erfolg- te und eben deswegen euch tief erschüt- terte. Mögt ihr euch immerhin selbst sagen, womit Freunde und Be- kannte euch in diesen Tagen zu trösten suchten: Gott hat es wohl gemeint, daß Er ihn abrief, ehe das Joch für ihn und für euch noch schwerer wurde, als es schon war, so spricht doch das Herz,

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86 das in diesem Fall das Vorrecht hat vor dem Verstande: Uns ist leid um dich! Es ist, als ob die Erinnerung an die Lieben, die von uns geschieden sind, sich in den Tränen brechen wie die Son- nenstrahlen in den Regentropfen und uns ihr Bild in milde, liebliche Far- ben getaucht vor die Seele stellte. Das mag unsern Schmerz erhöhen, aber gerade in solcher Erinnerung ist auch eine befruchtende Kraft für unser Herz eingeschlossen, sofern uns die Lichtseiten, die uns an dem durch die Erinnerung verklärten Bilde unsrer Lieben entgegentreten, zur Prüfung des eignen Herzens und Lebens dienen können und sollen. Wenn wir von dem Standpunkt solcher Erinnerung aus des Mannes ge- denken, den wir heute zur Ruh ein Bettlein in der Erde bereitet haben, so ist es mir, als sollte ich euch zurufen: „Lasset uns laufen durch Geduld in dem Kampf, der uns verordnet ist.“ Ebräerbrief [sic] 12,1.

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88 Unser Leben auf Erden muß, wenn anders es einen Wert haben soll, ein Laufen, ein rastloses Vorwärtstrachten sein. Das fordert Ge- duld, damit wir in den mancherlei Kämpfen, die es für jeden, der Mensch heißt, zu bestehen gibt, nicht mutlos werden. Von solchem Laufen verspüren wir etwas in dem Leben des Mannes, an dessen Grab wir stehen. Als er das elter- liche Haus zu Rothaus in Schle- sien, wo er am 3. März 1856 als Sohn des städtischen Oberförsters Joseph Gebbert und dessen Ehefrau Adelheid geboren wurde, verließ, um sich nach Besuch des Gymnasiums in Neisse der elektrotechnischen Branche zu wid- men, da arbeitete er sich in Berlin mit der ihm eigenen Energie in dieselbe ein. Er diente, wie er wohl gelegentlich sich äußerte, von der Pike auf am Schraubstock und an der Drehbank. Aber nicht zufrieden damit, daß er sich die technische Fertigkeit erwor-

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90 ben hatte, suchte er dann während seiner Wanderjahre den geistigen Ho- rizont zu erweitern. In der Schweiz, in England, Frankreich und Amerika eignete er sich nicht nur fremde Spra- chen an, sondern erwarb sich dort auch die Tüchtigkeit, die ihn befähigte, Teil- haber, Leiter und zuletzt Alleinbesitzer einer Fabrik zu werden, deren Ruf weit über die Grenzen Deutschlands, ja Europas hinaus gedrungen ist. Rastlos strebte er vorwärts, die Kämpfe nicht scheuend, die ihm auf sei- nem Wege nicht erspart blieben und die ihn vor der Zeit aufrieben. So gestaltete sich sein äußerer Le- bensgang zu einem Laufen in Geduld. Doch wir würden der dem Ebrä- erbriefe [sic] entnommenen Aufforderung: Lasset uns laufen durch Geduld in dem Kampf, der uns verordnet ist, Gewalt antun, wollten wir sie lediglich auf unseren äußeren Werdegang anwen- den. Denn wenn dort vom Kampf die Rede ist, der uns verordnet ist, so ver- stehen wir unschwer, daß es sich um einen anderen Kampf handelt als

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92 nur um den für unsere irdisch leibli- che Existenz, sobald wir uns vergegen- wärtigen, wie jene Mahnung ange- schlossen ist an die unmittelbar vor- hergehende: lasset uns ablegen die Sünde. Es ist also von einem Kampfe gesprochen, der innerlicher Art ist. Das Feld, auf dem er sich abwickelt, ist unser Herz. Was es zu erkämpfen gilt, ist Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei. Der Kampfpreis ist die Krone des Lebens. Gerade dieser Kampf aber fordert unmenschliche Geduld. Denn es gilt sich durchringen zum Glauben und ihn tagtäglich behaupten in einer Welt des Zweifels, in einer wissensstolzen Zeit. Es gilt, das Herz nicht erkalten zu lassen in einer Welt voll Selbstsucht, Undank, Neid und Schadenfreude. Es gilt die Hoff­- nung nicht wegzuwerfen, in einer hoffnungsarmen Welt. Viele haben in unseren Tagen die­- sen Kampf ganz und gar aufgegeben und lassen sich lediglich begnügen an dem Kampf ums Dasein, den sie mit erbitterten Waffen führen oft

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94 auf Kosten eines guten Gewissens. Nicht so der Mann, an dessen Grab wir stehen. Wohl es gab eine Zeit, wo auch er mit dem Glauben seiner Kirche, aus welcher er in den letzten Jahren ausgetreten ist, ja mit dem Glauben überhaupt gebrochen hatte. Aber der Todesgeruch des Atheismus konnte ihn auf die Dauer nicht befrie­digen. Es kam eine Zeit, wo er die Öde und Leere des Herzens auszufüllen bestrebt war. Wir dürfen von ihm sagen, er gehörte zu den Gottsuchern, die es auch ernst nehmen mit den Pflichten gegen ihre Nebenmenschen. Das Wohlergehen seiner Untergebenen lag ihm am Her­- zen. Und ich glaube, daß es keine bloße Redensart ist, was die Beamten und Arbeiter seiner Fabrik in der von ihnen veröffentlichten Todesanzeige bezeugten. Erinnere ich mich doch noch recht gut, wie er persönlich zu mir kam und mich ersuchte, ich möchte mich seines erkrankten Hausmädchens anneh- men. Und mochte er auch eines hef­- tigen Temperamentes sein, so kam doch bei ihm auch der Rechtlichkeitssinn stets zum Durchbruch, Kränkungen wieder

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96 gutzumachen. Um wie vieles freilich hätte er sich bei seinem religiösen Streben das Lau- fen in dem Kampf erleichtert, wenn er sich willig dem Herrn zu Füßen gesetzt hätte, in dessen Leidensbild er sich so manchmal anschauend ver­­- tiefte. Denn in ihm, unseren Herrn Jesum Christum, finden wir den festen Grund zu dem Glauben an die Liebe Gottes des Vaters, in ihm die Kraft zum Kampfe gegen das eigene Herz, der uns verordnet ist, in ihm die lebendige Hoffnung, die in unser Leben hereinleuchtet als heller Morgen- Stern der Ewigkeit. Zu ihm schauet auf, insbesondere Du betrübte Witwe, die zwanzig Jahre lang in großer Geduld des Tages Last und Hitze mit dem Gatten getragen hat, schaue auf zu ihm mit deinen 5 Kindern, deren jüngstes des Vaters Sonnenstrahl war in den trüben letzten Jahren, daß euch, die ihr nun eine kleine Zeit leidet, Kraft und Friede von ihm zufließe und neu-

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98 er Mut eure Seele fülle, der Mut der Gottergebenheit, welcher spricht: Wir wollen laufen durch Geduld in dem Kampf, der uns verordnet ist. Er wirds wohl machen. Amen.

Grabrede v. Pfarrer Boss, Uttenreuth bei Vater Max Gebberts Beerd.207

99 Abkürzungsverzeichnis

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München BayHStA

Nachlass von Dr. Arthur Gebbert, in Familienbesitz, NL AG dem Siemens MedArchiv Erlangen temporär zur Auswertung überlassen Reiniger, Gebbert & Schall RGS

Siemens MedArchiv, Erlangen SMA

Staatsarchiv Nürnberg StAN

Abbildungsverzeichnis

Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abteilung III: 39 Geheimes Hausarchiv, München Deutsches Röntgen-Museum 29 links, 32

Familie Gebbert 7, 8, 11, 13, 17 beide Bilder oben, 18, 20, 40, 55, 56, 57, 62, 63, 64-98 Sammlung Wolfgang Appell 24 oben “lorlebergplatz.de” Siemens MedArchiv 17 unten, 21, 22, 23, 24 unten, 26, 30, 34, 37, 38, 42, 43, 44, 45, 46, 48, 50, 54, 61, Stadtarchiv Erlangen Titelbild, 53, 59, 60

OFFEN: S. 17, BEIDE BILDER OBEN, 18, 20 (WAR ENTWEDER AUS MEDARCHIV ODER NACHLASS GEBBERT), 29, 32, 48 (VERMUTLICH FAMILIE GEBBERT), 53, 54, 59, 60 (DIE LETZTEN BEIDEN WOHL NACHLASS GEBBERT)

100 Referenzen

1 Joseph Gebbert stirbt am 15. Januar 1891, vgl. Sterbeurkunde im Nachlass Arthur Gebbert (im Folgenden: NL AG). 2 Vgl. „Erinnerungen an Rothaus“ von Kurt Rauch (Neffe von Max Gebbert) von 1956, in: NL AG. 3 Siehe dazu den Taufschein vom 16. März 1856 in: NL AG. 4 Vgl. Erinnerungen Kurt Rauch (wie Anm. 2). 5 Nach dem Tode Adelheids 1891 heiratete er 1893 deren und Max’ Schwester Amalie Gebbert, die jedoch ein Jahr später verstarb, vgl. Erinnerungen Kurt Rauch (wie Anm. 2). 6 So zu Anfang bei Ferdinand Ernecke in der Berliner Wilhelmstraße 6, danach bei der Telegraphenbauanstalt von W. Gurlt, anschließend für neun Monate in Berlin-Friedenau bei Karl Bamberg. Danach arbeitete er für R. Fuess in der Alten Jakobstraße 108 und wechselte dann zu den Gebrüdern Naglo in der Waldemarstraße 44, die telegraphische Anlagen herstellten. 7 Vgl. Lebensdaten Max Gebbert (belegt), in: NL AG. 8 Vgl. „Lebenslauf des Herrn Gebbert sen. von Arthur Gebbert (mit Kommerzienrat Niendorf an G. v. Kupffer geschrieben“, Abschrift vom 27. Mai 1935, S. 1, in: NL AG. 9 Vgl. dazu die Auswandererliste vom 24. 04.1883, in: Staatsarchiv Hamburg, Bestand 373-7 I, VIII (Auswanderungsamt I), Band 48 (1. April 1883-29. Juni 1883), Fol. 897, Nr. 187 und 188. Gebbert und Richter werden beide als wohnhaft in London genannt – demnach ihr letzter fester Wohnsitz vor der Ausreise von Deutschland in die USA. 10 Vgl. dazu auch Bericht „Beiträge zu der Geschichte der Firma Reiniger, Gebbert & Schall“ von Karl Schall von April 1917, in: AO Wichtige Persönlichkeiten, Max Gebbert, S. 1 f. 11 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 2. 12 Vgl. den Eintrag in der Auswandererliste vom 24. April 1883 (wie Anm. 8), Nr. 187 sowie zur Ankunft in New York die Passagierliste der Polaria, in: National Archives Washington, D.C., Passenger Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1820-1897, Year: 1883, Arrival: New York, New York; Microfilm Serial: M237, 1820-1897; Microfilm Roll 466, Listennr. 705, darunter mit Nr. 706 Oscar Richter. 13 Vgl. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8). 14 Vgl. dazu u.a. den Bericht Schall von April 1917 (wie Anm. 10), S. 1. 15 Laut späterer Auskunft seines Sohnes Arthur erwarb Gebbert das amerikanische Staatsbürgerrecht, vgl. Aufzeichnungen A. Gebbert aus NL AG „Lebensdaten belegt“ sowie Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8), erhielt es aber wegen zu kurzen Aufenthaltes in den USA nicht. 16 Vgl. die Passagierliste der Polaria (wie Anm. 11). 17 Siehe dazu Absenderangabe auf dem Briefumschlag des Briefes von Max Gebbert vom 4. Juli 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 18 Vgl. zur Freundschaft zu Oscar Richter Brief Gebberts aus den USA vom vermutlich 12. Mai 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. Vgl. zur Ausreise Richters aus Deutschland über Hamburg die Auswandererliste vom 24. April 1883 (wie Anm. 8), Nr. 188. Er ist direkt unter Max Gebbert eingetragen, was darauf hindeutet, dass beide wissentlich gemeinsam die Reise antraten. 19 Vgl. Brief Gebberts aus den USA vom vermutlich 12. Oktober 1884, in Privatbesitz­ der Familie Gebbert. 20 Vgl. Brief Gebberts aus den USA vom 30. August 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 21 Vgl. Bemerkung im Brief Gebberts vom 12. Oktober 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert: „... meine Zeit des Abends aber wurde theils durch Logen-Geschäfte, theils durch die Abreise meines Freundes Richter nach Washington in Anspruch genommen.“

101 22 In einem Brief an Marie Ritz deutet Gebbert an, dass der Mensch seit Generationen nicht mehr in einer den Naturgesetzen entsprechenden Weise lebe, in physischer und moralischer Hinsicht, woraus seine frühe Beschäftigung mit naturgemäßer Lebensführung erahnt werden kann, vgl. Brief Gebberts vom 12. Oktober 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 23 Zwischen 1880 und 1910 wurden verschiedene Vegetarierkolonien in Europa gegründet, darunter die Kolonie Eden bei Berlin (1893) oder die Siedlung Monte Verità bei Ascona am Lago Maggiore. 24 Marie wurde am 1. März 1863 geboren, vgl. Taufschein Maries, ausgestellt am 14. Juni 1917, in: NL AG. 25 Vgl. dazu die USA-Briefe Gebberts, der Vorfall um die Freundin „Johanne“ wird in beinahe jedem der Briefe erwähnt, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 26 Vgl. Brief Max Gebberts vom 25. Februar 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 27 Vgl. Briefe Max Gebberts vom 25. Februar und 4. Juli 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 28 Vgl. Brief Max Gebberts vom 1. April 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 29 Vgl. Brief Max Gebberts vom vermutlich 12. Mai 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 30 Vgl. Brief Max Gebberts vom 1. April 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 31 Vgl. Brief Max Gebberts vom 1. April 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 32 Vgl. Vgl. Brief Max Gebberts vom vermutlich 12. Mai 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 33 Vgl. Brief Max Gebberts vom 1. April 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 34 Vgl. Brief Max Gebberts vom 12. Oktober 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 35 Vgl. Brief Max Gebberts vom vermutlich 12. Mai 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 36 Vgl. Brief Gebberts vom vermutlich 12. Mai 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 37 Vgl. Brief Gebberts vom 20. Dezember 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 38 Vgl. Brief Max Gebberts vom vermutlich 27. Juli 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 39 Vgl. Brief Max Gebberts vom 4. Juli 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert: „Ich warf mich, als ich kurze Zeit hier war und für Mathematik und Technik keine Lust und Ruhe finden konnte, auf Wahlagitation und Vereinsthätigkeit, übernahm viel Arbeit und hatte Erfolge und war dennoch unbefriedigt, immer wieder ertappte ich mich auf dem Gedanken, das ist doch alles eitel, das bringt mich Marie doch nicht näher.“ 40 Vgl. Aussagen in mehreren Briefen an Marie, u.a. im Brief vom 6. Juli 1884 und vom 27. Juli 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 41 Vgl. Brief Gebberts vom 4. Juli 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 42 Vgl. dazu Brief Max Gebberts vom 12. Oktober 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 43 So ist er dem Tanz als Selbstzweck sehr zugetan, wie er Marie am 20. Dezember 1884 schreibt. 44 Vgl. Brief Max Gebberts vom 30. August 1884, in Privatbesitz der Familie Gebbert. 45 Vgl. dazu Bericht „Beiträge zu der Geschichte der Firma Reiniger, Gebbert & Schall“ von Karl Schall von April 1917, in: AO Wichtige Persönlichkeiten, Max Gebbert, S. 1 f. sowie zur Adresse der Stuttgarter Firma „Lebenslauf des Fabrikanten Max Gebbert“, erstellt von Dieter Gebbert, der die Adresse mit „Stuttgart, Hilderlinstraße 12“ angibt, womit die Hölderlinstraße gemeint sein muss. 46 Siehe zum Sanatorium Weißer Hirsch Milde, Horst: Der Weiße Hirsch. Aufstieg und Fall eines Erholungsortes, Dresden 2005. 47 Vgl. Brief William Schall an Arthur Gebbert vom 14. April 1955, in: NL AG sowie zu Gebberts Freundschaft zum Sanatoriums-Besitzer Dr. Heinrich Lahmann Lebenslauf Gebbert (wie Anm.8). 48 Vgl. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8) sowie den Bericht Karl Schalls (wie Anm. 10), S. 2 f. 49 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 3. 50 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 3. 51 Vgl. hierzu u.a. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8); ferner Schraudolph, Erhard: Reiniger, Gebbert und Schall und Siemens-Reiniger-Werke. Zur Geschichte der elektromedizinischen Industrie in Erlangen, in: Erlanger Bausteine zur fränkischen Heimatforschung 40 (1992), S. 263-299, hier S. 266. 52 Vgl. Kopie eines Eintrags im Gewerbeänderungsregister der Stadt Stuttgart, in: SMA 1257. 53 Vgl. hierzu u.a. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8), S. 1.

102 54 Vgl. Heiratsurkunde vom 16. Oktober 1886 in: NL AG. 55 Schall wurde am 12. September 1893 im Vereinigten Königreich eingebürgert, sein Wohnort war zu dieser Zeit West Norwood in der Grafschaft Surrey, heute Stadtteil von London, vgl. Certificate of Naturalisation für Karl Schall, in: The National Archives, Kew, Surrey, England, Duplicate Certificates of Naturalisation, Declarations of British Nationality, and Declarations of Alienage, Class HO 334, Piece 20. 56 Vgl. Bericht an Niendorf „Herrn Kom.-Rat Niendorf“, S. 1, in: NL AG. 57 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), der davon berichtet, dass Reiniger von Schall verlangte, die englischen Geschäfte entgegen anders lautender Planungen auf alleiniges Risiko zu übernehmen, wogegen sich Schall verwehrte. Diese Weigerung war Anlass für schwere Differenzen. Letztendlich zahlte Reiniger Schall 5.000 Mark Entschädigung für den Vertragsbruch, vgl. dort S. 4. 58 Vgl. den Bericht des späteren RGS-Vertriebs- und Geschäftsstellenleiters Wilhelm Berger „Von RGS über RGS-Veifa zur SRW“ in: SMA, AO Wichtige Persönlichkeiten, Wilhelm Berger, 1173. 59 Siehe u.a. Anzeige der Firma um die Jahrhundertwende, in: SMA 1244, sowie Bericht an Niendorf (wie Anm. 56), S. 2. 60 Vgl. zu Auszeichnungen und Plaketten neben den Auflistungen in den Produktkatalogen u.a. das Foto einer Tafel mit Auszeichnungen, in: SMA 1277. 61 Vgl. Bemerkung zur Eröffnung der Geschäftsstelle in Berlin „letztes Jahr“ in: RGS-Katalog von 1893. 62 Vgl. Bericht an Niendorf (wie Anm. 56), S. 2. Demnach kehrte Gebbert bei Umzug der Fabrik nach Erlangen zurück und übernahm wieder die Leitung der Fabrikation. Vgl. ebenso Brief von Else Sonntag an Arthur Gebbert vom 19. November 1953, in: NL AG. 63 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 5. 64 Vgl. Stadtarchiv Erlangen, Adressbuch von Erlangen 1893. 65 Vgl. Bericht an Niendorf (wie Anm. 56), S. 1. 66 Vgl. neben dem Bericht „1888-1938“ des Mitarbeiters Christian Neubauer, gerichtet an Direktor Anderlohr, in: SMA, AO UB Med Interne Berichte, S. 3 f., auch Schraudolph, Geschichte (wie Anm. 51), hier S. 270 f. 67 Bis 1896 hieß die heutige Luitpoldstraße „Buckenhofer Straße“. Sie wurde anlässlich des Besuchs des Prinzen Luitpold von Bayern umbenannt. Der Osten Erlangens hatte sich durch die dortige Ansiedlung von RGS, der Kränzleinschen Bürstenfabrik und der Stauchschen Eisengießerei vom „Quartier der kleinen Leute“ zum Arbeiterviertel vergrößert, vgl. dazu Sandweg, Jürgen: Bauen und Wohnen im Wandel von hundert Jahren (1820-1920), in: Ders.: Erlangen. Von der Strumpfer- zur Siemens-Stadt. Beiträge zur Geschichte Erlangens vom 18. zum 20. Jahrhundert, Erlangen 1982, S. 434. 68 Vgl. Schraudolph, Erhard: Die Entwicklung von RGS bzw. SRW zwischen 1877 und 1945 in Wechselwirkungen zur Stadt Erlangen, Magisterarbeit, Erlangen 1984, S. 17. 69 Vgl. Sonderdruck anlässlich des Besuchs des Prinzen Ludwig von Bayern 1898, in: SMA 1226, S. 7. 70 Vgl. SMA, RGS Katalog 1894, Vorwort. 71 Vgl. Sonderdruck anlässlich des Besuchs des Prinzen Ludwig von Bayern 1898, in: SMA 1226, S. 7 f. 72 Vgl. dazu Bericht Berger (wie Anm. 54). 73 Vgl. Schätzungsgutachten anlässlich der Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesell­ schaft vom 1. Mai 1907, in: SMA, AO 7615 1-3-03. Der Schätzwert des Fabrikgeländes am 1. Mai 1907 betrug 271.660 Mark. 74 Vgl. Schätzungsgutachten (wie Anm. 73). 75 Vgl. dazu auch Bauernfeind, Martina: Sekundärbahn Erlangen-Gräfenberg („Seekuh“), in: Erlanger Stadtlexikon, hg. von Christoph Friedrich, Bertold Frhr. von Haller, Andreas Jakob, Nürnberg 2002 sowie Klebes, Günther/Kliesch-Brandes, Friedemann: Die Seekuh. Die Geschichte der Lokalbahn von Erlangen nach Gräfenberg, 2. Aufl., Erlangen 1989. 76 Vgl. Schraudolph, Geschichte (wie Anm. 51), hier S. 149.

103 77 William Niendorf trat erstmals am 3. Januar 1890 in die Firma ein, verließ dann aber die Firma zum 1. Juli 1891 wieder (vgl. SMA RGS-Personalbuch I, fol. 116, Eintrag 278). Im September 1891 wurde er erneut bei RGS angestellt, vgl. SMA RGS-Personalbuch I, fol. 179, Eintrag 411. Zwischen­ zeitlich diente er kurz als Soldat in Würzburg. 78 Vgl. dazu Bericht an Niendorf (wie Anm. 56), S. 2, aber auch Kapitel 6. 79 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 5. 80 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 5. 81 Vgl. Rundschreiben zum Ausscheiden Reinigers, in: SMA 263. 82 Vgl. Rundschreiben zum Ausscheiden Reinigers, in: SMA 263. 83 Vgl. Gebbert, Max: Grundgedanken für die Organisation, in: Die Organisation. Geschäftsblatt der Firma Reiniger, Gebbert & Schall 1 (1897), S. 1-11. 84 Zum philosophischen Begriff des „Gesamtgeistes“ bzw. „Gesamtbewusstseins“ vgl. zeitgenössisch: Eisler, Rudolf: Art. Gesamtbewusssein, in: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Bd. 1, Berlin 1904, S. 375-376. 85 Vgl. Bericht Berger (wie Anm. 54). 86 Vgl. Korrespondenzkarte aus dem Nachlass Jean Pilgers, in: SMA 1207. 87 Lobberich am Niederrhein. 88 Hierbei handelt es sich um die in Düsseldorf gelegene, 1880 von Otto Fellinger gegründete Naturheilanstalt Waldesheim-Grafenberg. Waldesheim und die Familie Fellinger scheint auch mit der Vegetarierbewegung in Beziehung zu stehen, wie die folgende Notiz aus der Zeitschrift Hygieia, Monatsschrift für Gesundheits- und Krankenpflege, Menschen- und Kulturkunde 2 (1889) belegt: „Erster internationaler Congress und zwanzigster Vereinstag der Vereine für naturgemäße Lebensweise in Cöln vom 11. Bis 16. September. Es war eine grosse und kühne Idee des Herrn Turnlehrers Weidner in Köln, Vize-Präsident des von E. Baltzer begründeten Vegetarier-Vereins, zu dem diesjährigen Vereinstage auch die englischen Vegetarianer und zugleich alle medizin­ ketzerischen Vereinigungen, Naturärzte, Hydropaten, Impfgegner, usw. einzuladen. Mit echter deutscher Schwerfälligkeit sind aber die letzteren nicht erschienen, mit Ausnahme des treuen Dr. Dock von der Wail, des edlen Fräulein Föllinger [Fellinger] von Waldesheim und Anderer, die zugleich auch Vegetarier sind.“ 89 Zur Naturheilkunde im Zeichen der Lebensreform siehe u.a. Heyll, Uwe: Wasser, Fasten, Luft und Licht. Die Geschichte der Naturheilkunde in Deutschland, Frankfurt am Main 2006. 90 Zu John Ruskin vgl. u.a. Kemp, Wolfgang: John Ruskin 1819-1900. Leben und Werk, Frankfurt am Main 1987. 91 Konkret zwei Schriften von H. Tolkmitt. 92 Zu Wilhelm Conrad Röntgen und der Entdeckung der Röntgenstrahlen vgl. u.a. Glasser, Otto: Wilhelm Conrad Röntgen und die Geschichte der Röntgenstrahlen, 3. erw. Aufl. (1. Aufl. 1931), Berlin u.a. 1995, sowie Fölsing, Albrecht: Wilhelm Conrad Röntgen. Aufbruch ins Innere der Materie, München u.a. 1995, und neuer: Die Augen des Professors. Wilhelm Conrad Röntgen, eine Kurzbiographie, hrsg. von Ulrich Mödder, Uwe Busch und Alexander Schug, Berlin 2008. 93 So der Titel der „Vorläufigen Mittheilung“, vgl. Glasser, Wilhelm Conrad Röntgen (wie Anm. 92), S. 23-25. 94 Der Begriff „Röntgensche Strahlung“ wurde wohl erstmals am 12. Januar von Ludwig Boltzmann in der Zeitung „Neue Freie Presse“ (Wien) benutzt, vgl. dazu Fölsing, wie Anm. 92, 363, Anm. 41. 95 Vgl. Glasser, Wilhelm Conrad Röntgen (wie Anm. 92), S. 30. 96 Vgl. u.a. Karl Lasser, Technische Leistungen, in: SMA, AO 7615 1-1-21. Vgl. ferner dazu Bienek, Karl H. P.: Medizinische Röntgentechnik in Deutschland. Historische Entwicklung und moderne Tendenzen, Stuttgart 1994, S. 39f. sowie Busch, Uwe: Über die Entwicklung der radiologischen Technik in Erlangen. Ein Beitrag zur Geschichte technischer Entwicklungen bildgebender Verfahren und der Strahlenforschung in der Radiologie, Diss. Remscheid 2003, S. 13. 97 Vgl. Bericht „Meine Erinnerungen an die Firma Reiniger, Gebbert und Schall in Erlangen“ von Alexander Erdmann vom 10. Februar 1954, in: SMA LO 1655, S. 2: „Es war wohl im Jahre 1896 als

104 Professor Röntgen seine aufsehenerregende Entdeckung machte. Ein Raunen und Staunen ging durch die Arbeiterreihen und die Firma griff dieses Gebiet gleich ganz energisch auf und versuchte gebrauchsfähige Apparate und Einrichtungen herzustellen. Auf die Kosten kam es dabei gar nicht an und manchmal habe ich mit heimlichen Bangen zugesehen wie Kupferspulen [...], die viele hunderte Mark kosteten ins Altmaterial wanderten, da sie die Erwartungen nicht erfüllten, die man in sie gesetzt hatte.“ 98 Vgl. dazu die RGS-Broschüre: Elektro-Medizinische Apparate und ihre Handhabung, 6. Aufl., Erlangen 1897, S. XXXIX f. 99 Vgl. dazu Glasser, Wilhelm Conrad Röntgen (wie Anm. 92), S. 239 und S. 245-249. 100 Vgl. Elektro-Medizinische Apparate (wie Anm. 98). 101 Postkarte Röntgens vom 3. November 1896, SMA, I.81. 102 Vgl. Brief Röntgens vom 27. November 1896, SMA I.85. 103 Vgl. Fölsing, wie Anm. 92, S. 189 ff. 104 Vgl. Bienek, Medizinische Röntgentechnik (wie Anm. 90), S. 39f. sowie Busch, Entwicklung (wie Anm. 90), S. 13. 105 Vgl. zu dieser Einschätzung auch Bericht Berger (wie Anm. 54). 106 Vgl. RGS-Produktkatalog von 1897. 107 Vgl. dazu Bericht Neubauer (wie Anm. 62), S. 16 f., sowie ferner den Bericht an Niendorf (wie Anm. 56), S. 2. 108 Vgl. u.a. Druckschrift zu einer Röntgen-Vorführung in München von 1896, in: SMA 1239. Darin enthalten findet sich auch ein Hinweis auf eine bereits erfolgte Vorführung durch den RGS- Physiker Dr. Rosenthal in Frankfurt am Main. Vgl. ferner Bericht Neubauer (wie Anm. 62), S. 16 f. 109 So in der Außenkommunikation im Sonderdruck von 1898, vgl. Sonderdruck anlässlich des Besuchs des Prinzen Ludwig von Bayern 1898, in: SMA 1226. 110 Ludwig III. war der letzte bayerische König. Ab 1912 Prinzregent, übernahm der Wittelsbacher 1913 den bayerischen Thron. Am 7. November 1918 rief Kurt Eisner den Freistaat Bayern aus und erklärte Ludwig III. für abgesetzt. 111 Der Besuch fand am 3. Juni 1898 statt. 112 Stadtarchiv Erlangen, 6.A.X., Nr. 37. Von Erlanger Seite hatte man an das Hofmarschallamt in München geschrieben, um das Programm des herrschaftlichen Besuches festzulegen. Man fragte nach, ob der Prinz auch an einer Besichtigung lokaler Fabriken interessiert wäre und zählte drei in Frage kommende Betriebe auf, nämlich 1. die Bürstenfabrik Erlangen, AG, Fabrikdirektor Kommerzienrat Kränzlein, 2. die elektrotechnische Fabrik von RGS, Besitzer Max Gebbert, 3. die Portfeuillefabrik Zucker & Co., Fabrikbesitzer Kommerzienrat Zucker. Allerdings blieb nur Zeit zur Besichtigung einer der drei Fabriken, da sich der Prinz nur etwa sechs Stunden in Erlangen aufhielt. Deshalb wurde von Erlanger Seite RGS als die größte Fabrik vorgeschlagen. 113 Alle Informationen zum Besuch des Prinzen Ludwig von Bayern entstammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, dem Bestand Stadtarchiv Erlangen, 6.A.X., Nr. 37. Der Verbandstag stand unter dem Protektorat des Prinzen. 114 Vgl. den Bericht von Arthur Gebbert, „Vor den Toren von Reiniger, Gebbert & Schall um 1890“ von Arthur Gebbert, in: SMA, AO Wichtige Persönlichkeiten, Max Gebbert), S. 3. 115 Bericht über den Prinzenbesuch in den Fränkischen Nachrichten vom 4. Juni 1898, in: SMA 1278. 116 Vgl. Gebbert, Vor den Toren (wie Anm. 114). 117 Bericht über den Prinzenbesuch in den Fränkischen Nachrichten vom 4. Juni 1898, in: SMA 1278. 118 An den Besuch bei RGS schloss sich ein Besuch in der Augenklinik mit anschließender Weiterfahrt zum Kanaldenkmal an. Gegen 18.30 Uhr kam der Prinz auf den Bergkellern an, den die ansässigen Brauereien auf Anordnung der Stadt feierlich geschmückt hatten, und nahm am Niklaskeller das Abendessen ein. Der Abend wurde musikalisch gestaltet. Bei einer Rede auf den Kellern betonte er, „es habe ihn mit Freude erfüllt, was er in den kurzen Stunden des Besuchs in

105 Erlangen gesehen in einem großen gewerblichen Etablissement und insbesondere von der Erlanger Universität…“. Um 21.15 Uhr fuhr die königliche Hoheit mit einem Sonderzug zurück nach Nürnberg. Bei ungünstigem Wetter hätte Ausweichmöglichkeit auf den Redoutensaal bestanden. Vgl. Stadtarchiv Erlangen, 6.A.X., Nr. 37. 119 Vgl. Sonderdruck (wie Anm. 103). 120 Die Geschichte von Erlangen in Wort und Bild, hrsg. von Friedrich Stein und Ludwig Müller, Erlangen 1898. 121 Im folgenden Kapitel wird hierauf genauer eingegangen. 122 Vgl. Sonderdruck (wie Anm. 103). 123 Vgl. Sonderdruck (wie Anm. 103). 124 Vgl. Gebbert, Organisation (wie Anm. 83), S. 7. 125 Vgl. Gebbert, Organisation (wie Anm. 83), S. 7 f. 126 Diese Einschätzung teilt auch der leitende Angestellte Wilhelm Berger, vgl. Bericht Berger (wie Anm. 54). 127 Vgl. dazu Bericht „Meine Erinnerungen an die Firma Reiniger, Gebbert und Schall in Erlangen“ von Alexander Erdmann vom 10. Februar 1954, in: SMA, AO 1655, S. 2: „Ich konnte mich überzeugen, dass die Firma gleich alles aufgriff, was für die Elektromedizin nur irgendwie in Frage kam.“ 128 Vgl. Bericht von William Niendorf vom 10. Juni 1935 als Nachtrag zur von Arthur verfassten Biographie seines Vaters Max Gebberts, in: SMA AO Wichtige Persönlichkeiten, Max Gebbert, 1249 sowie Sonderdruck (wie Anm. 140). 129 Vgl. Sonderdruck (wie Anm. 103). Das Erlanger Elektrizitätswerk wurde nach Plänen von RGS gebaut und am 28. Januar 1902 eröffnet, vgl. Erlanger Stadtlexikon (wie Anm. 70). 130 Dies berichtet Schall, vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 5: „... er hat, von Kränzlein sehr dazu gedrängt oder beinahe gezwungen und gegen meinen wiederholten und dringenden Rat, damals dann die elektrischen Lichtzentralen auf Dörfern angefangen...“ 131 Vgl. Bericht „Ergänzungen zur Starkstromabteilung“ von Wilhelm Berger von vermutlich Januar 1952, in: SMA AO Wichtige Persönlichkeiten, Wilhelm Berger, 1173. 132 Vgl. Bericht Niendorf (wie Anm. 122). 133 Die Gründer sollten Aktien in der Höhe ihrer Kapitaleinlagen erhalten, wobei sie für das nötige Betriebskapital sorgen wollten. Es entstanden aber gravierendere Probleme, da von 750.000 Reichsmark investiertem Kapital nur noch 75.000 Reichsmark vorhanden waren, vgl. Bericht Niendorf (wie Anm. 122). 134 Vgl. Bericht Niendorf (wie Anm. 122). 135 Erdmann (wie Anm. 91), S. 1. Erdmann verließ den Betrieb im April 1899, um in das optische Geschäft des ehemaligen RGS-Betriebsleiters Jean Pilger in Nürnberg zu wechseln, siehe ebd., S. 3. 136 Vgl. Bericht Erdmann (wie Anm.91), S. 1 f. 137 Vgl. Bericht Erdmann (wie Anm.91), S. 2. 138 Vgl. Gebbert, Organisation (wie Anm. 83). 139 Vgl. Bericht Erdmann (wie Anm.91), S. 2. 140 Vgl. Bericht Neubauer (wie Anm. 62) und u. a. Sonderdruck (wie Anm. 103), Schraudolph, Geschichte (wie Anm. 51), S. 266-269 und Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8). 141 Vgl. Sonderdruck (wie Anm. 103). 142 Vgl. Bericht Erdmann (wie Anm.91), S. 3. 143 Die Biegelei lag an der Kreuzung Bismarck-/Hindenburgstraße (früher Sieglitzhoferstraße). 144 Vgl. Bericht Erdmann (wie Anm.91), S. 3. 145 So zu entnehmen ebenfalls aus dem Bericht Erdmann (wie Anm. 91), S. 1 f. 146 Vgl. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8). 147 Vgl. Bericht Berger (wie Anm. 54). 148 Vgl. Bericht Erdmann (wie Anm.91), S. 2.

106 149 Vgl. Bericht Neubauer (wie Anm. 62). 150 Vgl. Abschrift der Aktennotiz von Pohlmann „Entwicklung unserer Lehrlingsausbildung“ (Angaben von Meister Leibinger) vom 24. März 1941, in: NL AG. 151 Vgl. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8). 152 Vgl. Sonderdruck (wie Anm. 103). 153 Vgl. dazu Aktennotiz Pohlmann (wie Anm. 150). 154 Vgl. dazu Aktennotiz Pohlmann (wie Anm. 150). 155 Vgl. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8). 156 Vgl. dazu Bericht Erdmann (wie Anm. 135). 157 Vgl. Aktennotiz Pohlmann (wie Anm. 150). 158 Zur Lebensreform um 1900 siehe beispielsweise Krabbe, Wolfgang R.: Gesellschaftsveränderung durch Lebensreform. Strukturmerkmale einer sozialreformerischen Bewegung in Deutschland in der Industrialisierungsperiode, Göttingen 1974, sowie Barlösius, Eva: Naturgemäße Lebens­ führung. Zur Geschichte der Lebensreform um die Jahrhundertwende,­ Frankfurt am Main 1997, und vor allem jüngstauch zu körperlich-gesundheitlichen Aspekten Wedemeyer-Kolwe, Bernd: Aufbruch. Die Lebensreform um 1900, Darmstadt 2017. 159 Vgl. dazu die oben erwähnte Postkarte an Jean Pilger (wie Anm. 86). 160 Vgl. dazu Gebbert, Organisation (wie Anm. 83). 161 Vgl. dazu u. a. Sonderdruck (wie Anm. 103); ferner Schraudolph, Geschichte (wie Anm. 51), S. 266-269 und Schraudolph, Entwicklung (wie Anm. 68), S. 12 f. sowie zur Mitgliedschaft im Magistrat u.a. „Handnotiz 2“, Stadtarchiv Erlangen, III.5.G.1. 162 Vgl. dazu Stadtarchiv Erlangen, Sitzungsprotokolle des Stadtmagistrats Erlangen vom 12. Juli 1900und vom 29. Januar 1903. 163 Vgl. Paulus, Regina: Max und Marie Gebbert, in: Erlanger Bausteine 1994, S. 217, die sich wiederum auf die Mitgliederverzeichnisse von 1904/5 und 1905/6 bezieht. 164 Vgl. Visitenkarte Gebberts mit rückseitiger Notiz, in: Stadtarchiv Erlangen, III.5.G.1. 165 Zu Gebberts Ehrenmitgliedschaft siehe Erlanger Tagblatt vom 15. März 1907, Meldung zu Gebberts Beerdigung. 166 Dr. phil. Friedrich Will (1847-1922) war Ingenieur, Zoologe und Münzkundler. Seit 1888 war er Mitglied der Erlanger Freimaurerloge „Zu den 3 Cedern“, vgl. Erlanger Stadtlexikon (wie Anm. 70). 167 Siehe BayHStA, Abteilung IV Kriegsarchiv, Kriegstammrollen, 1914-1918; Bd. 13088, Kriegsrangliste. 168 Vgl. BayHSta, Abteilung IV Kriegsarchiv, Kriegstammrollen, 1914-1918, Bd. 18146, Kriegsrangliste: Bd. 3; vgl. ferner Bescheinigung über Eintragung in das Sterberegister vom 31. Mai 1918, in: NL AG. 169 Vgl. Erinnerungen Kurt Rauch (wie Anm. 2). 170 1888 ist Gebbert in der Buckenhoferstraße 34 gemeldet, siehe Stadtarchiv Erlangen, NZ 90130 E69-1888: Adressbuch von Erlangen gefertigt 1888 vom Stadtmagistrate Erlangen, S. 136: „Gebbert, Max, Mechaniker u. Geschäftsteilhaber. Buckhfstr. 34“. Die Buckenhoferstraße wurde später in Luitpoldstraße umbenannt und führte am späteren Firmengelände vorbei. 171 Vgl. Stadtarchiv Erlangen, NZ 90130 E69-1892: Adressbuch von Erlangen gefertigt 1892 vom Stadtmagistrate Erlangen, S. 144. 172 Vgl. Brief Else Sonntag (wie Anm. 8) sowie Stadtarchiv Erlangen, NZ 90130 E69-1895: Adressbuch von Erlangen 1895, nach amtlichen Quellen bearbeitet, S. 125: „Gebbert, Max, Fabrikbesitzer, Raumerstraße 13. (Fabrik: Buckenhoferstraße 45)“. 173 Vgl. dazu Eintrag im Adressbuch, in: Stadtarchiv Erlangen, NZ 90130 E69-1895: Adressbuch von Erlangen 1895, nach amtlichen Quellen bearbeitet, S. 22 sowie Gebbert, Vor den Toren (wie Anm. 114).: „...da Gebbert, der in der Fabrik wohnte, ein besonders nettes Kindermädchen hatte, flog ein Hagel von Apfelsinen zum zweiten Stock hoch...“. Die ganze Wohnung der Gebberts war im zweiten Stock gelegen, wie auch der Mitarbeiter Christian Neubauer berichtet, vgl. Bericht Neubauer (wie Anm. 62).

107 174 Vgl. Paulus, Gebbert (wie Anm. 156), S. 222. 175 Vgl. StAN, LRA Erlangen Abg. 1956, Nr. 1183 (=Akten des Königl. Bezirkssamts Erlangen, Betreff: Rollbahn des M. Gebbert in Uttenreuth 1899), Max Gebbert teilte dem Bezirksamt Erlangen am 1. August 1899 mit, er „... beabsichtige von meinem in der Steuergemeinde Uttenreuth links der Strasse nach Uttenreuth gelegenen Steinbruchs bis zu meinem rechts desselben gelegenen Grundbesitze, wie dies aus dem in doppelter Ausführung anliegenden Plane ersichtlich ist, ein Industriegeleise von 600mm Spurweite zu legen“ und er deshalb die Genehmigung erbitte. Unter Auflagen wurde dem Vorhaben stattgegeben, allerdings umging Gebbert gewisse Auflagen, in dem er das Gleis vor der Straße enden ließ und die Rollwagen, beladen mit Erde und Steinen, nun per Hand vom Ende der Gleise bis auf die andere Seite geschoben wurden. Vgl. dazu auch Paulus, Gebbert (wie Anm. 156), S. 223. 176 Vgl. Erinnerungen Kurt Rauch (wie Anm. 2). 177 Vgl. Paulus, Gebbert (wie Anm. 156), S. 223. 178 Vgl. zu dieser Annahme Paulus, Gebbert (wie Anm. 156), S. 222-224. 179 Mit Zweispännerfuhrwerk kam er um 1900 in die Fabrik, vgl. Bericht Berger(wie Anm. 54). 180 Vgl. Gebbert, Vor den Toren (wie Anm. 114). 181 Vgl. dazu u.a. Meldung aus dem Erlanger Tagblatt vom 14. März 1907, „Oeffentliche Sitzung des Stadtmagistrats“. 182 „Zeugnis“ des Kirchenaustritts durch das katholische Pfarramt Neukirchen am Brand vom 19. Juni 1905 durch Pfarrer Lochner, vgl. NL AG. 183 Vgl. zum Geschäft Scholls den Bericht „Zur Geschichte der Delikatessen- und Kolonialwaren­ geschäfte der Firma F.C. Scholl in Erlangen, in: Stadtarchiv Erlangen, III.63.SCH.1. Enge Freunde Gebberts waren der Maler und Lebensreformer Fidus Höppner und Dr. Lahmann, der Gründer des Sanatoriums „Weißer Hirsch“, vgl. Lebenslauf Gebbert (wie Anm. 8). Ein weiterer enger Freund Gebberts war der RGSOberingenieur Richard (?) Bilgenroth, geb. 1852, vgl. William Niendorf, Lebenslauf von 29. Dezember 1948, in: SMA, AO Wichtige Persönlichkeiten, Niendorf. 184 Vgl. Nachruf auf Carl Scholl vom 30.06.1920, in: Fränkische Nachrichten 1883-1922, Stadtarchiv Erlangen, III.63.SCH.1 : „Herr Scholl gehörte seit langen Jahren auch dem Handelsgremium an und ebenso lange verwaltete er den Posten eines Kassiers für das Gremium.“ Der selben Notiz ist zu entnehmen, dass Scholl seit 1902 auch das Amt des Presbyters der Erlanger reformierten Gemeinde innehatte. 185 Die anderen Gründer laut Notariatsurkunde sind Marie Gebbert, Karl Zitzmann (der auch zum Vorstand und Generaldirektor bestimmt wird), Alfred Hirschmann und Adolf Zinn, vgl. Notariats­ urkunde über die Errichtung der Reiniger, Gebbert & Schall Aktiengesellschaft am 25.05.1907, in: SMA 1251, 186 Vgl. zum Handel, den ebenfalls nun Karl Scholl jun. führte den Eintrag zu „F.C. Scholl“ in: Einwohnerbuch von Erlangen 1929, hrsg. von Ludwig Rohmberg, Erlangen 1929, S. 135. Neben dem Hauptsitz wurden die Waren auch in zwei Erlanger Filialen verkauft. Zur Eheschließung vgl. Heiratsurkunde Arthur Gebberts, in: NL AG: 187 Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (Nürnberg), PfA Uttenreuth KB 9.5.0001 – 342 – 14, 1907 S. 90 ohne Nummer. 188 Vgl. Sterbeurkunde vom 12. März 1907, in: NL AG. 189 Vgl. Traueranzeige vom 12. März 1907, in: Erlanger Tagblatt vom 12. März 1907. 190 Vgl. Erbschein, ausgestellt vom Amtsgericht Erlangen am 19. März 1907, aus NL AG sowie ebd. Sterbeurkunde vom 12. März 1907. Auf dem Standesamt bezeugt die „Werkmeistergattin Margareta Schipferling“ aus Uttenreuth, die beim Tod zugegen gewesen sei. 191 Vgl. Bericht Schall (wie Anm. 10), S. 5: „Gebberts Krankheit muss aber damals schon angefangen haben [...]. Zum rascheren Fortschritt seiner unheilbaren Krankheit haben diese Unternehmungen [die Unternehmungen im Bereich der Starkstromtechnik] sicher beigetragen.“ Sowie Meldung aus dem Erlanger Tagblatt vom 14. März 1907, „Oeffentliche Sitzung des Stadtmagistrats“: „Solange

108 es seine Gesundheitsverhältnisse ermöglichten, habe er mit großer Pflichttreue an den Verhan­ dlungen des Magistrats teilgenommen...“ 192 Vgl. Bericht Berger (wie Anm. 54). 193 Unter anderem Bericht an Niendorf (wie Anm. 56), S. 3, sowie 194 Meldung aus dem Erlanger Tagblatt vom 14. März 1907, „Oeffentliche Sitzung des Stadtmagistrats“. 195 Bis 1999 wurden die Kosten über das Verfügungsrecht der Grabstätte sowie die der Grabpflege von der Siemens AG übernommen. 1999 verfügte der damalige Oberbürgermeister der Stadt Erlangen, Siegfried Balleis, die Übernahme der Kosten der „Ehrengrabstätte Gebbert“ für weitere 30 Jahre durch die Stadt Erlangen. Ferner übernahm die Siemens AG die Grabrechts­gebühren bis ins Jahr 2029, weil „der Name ‚Gebbert’ für den Unternehmensbereich Medizinische Technik und auch für die Stadt Erlangen nach wie vor von großer Bedeutung ist und nicht in Vergessenheit geraten darf.“ Vgl. NL AG, Kopie des Schreibens von OB Balleis an den Vorsitzenden des Bereichs­ vorstandes Medizinische Technik der Siemens AG, Erich Reinhardt, vom 16. November 1999. Das Nutzungsrecht wurde an die Vertreterin der Angehörigen, Frau Anneliese Lutz, Tochter von Arthur Gebbert, übertragen. 196 Vgl. Erlanger Tagblatt vom 15. März 1907, Meldung zu Gebberts Beerdigung: „Es wird wohl lange keine Beerdigung mit so außergewöhnlich starken [sic!] Beteiligung hier stattgefunden haben.“ 197 Die Fabrik blieb an diesem Tag geschlossen, die Gehälter wurden dennoch ausgezahlt, siehe Erlanger Tagblatt vom 15.03.1907, Meldung zu Gebberts Beerdigung. Anlässlich des Todes ihres Mannes schenkte Marie Gebbert der Fabrik-Krankenunterstützungskasse von RGS insgesamt 10000 Mark, vgl. Meldung im Erlanger Tagblatt vom 18.03.1907 und Richtigstellung im Erlanger Tagblatt vom 26.03.1907. 198 Vgl. Erlanger Tagblatt vom 15. März 1907, Meldung zu Gebberts Beerdigung. 199 Handschriftliche Grabrede aus: NL AG. 200 Vgl. Meldung vom 13. März 1907 im Erlanger Tagblatt, Rubrik „Lokalnachrichten aus Bayern – Erlangen“. 201 Vgl. Brief des Stadtrats Erlangen an Marie Gebbert vom 8. März 1928, in: NL AG. 202 Vgl. Schraudolph, Entwicklung (wie Anm. 68), S. 33, ferner dort die in Fußnote 35 (Kapitel I) angegebenen Archivalien. 203 Anfang des Jahres 1883 lernten sich Max Gebbert und Maria Emilia Ritz, genannt Marie, auf der Hochzeit von Max’ Bruder Oscar in Wesel am Niederrhein kennen. 204 Die hier angesprochene Glückwunschkarte zu ihrem Geburtstag am 1. März schickte Max Gebbert am 12. Februar 1884 an Marie Ritz, siehe Abdruck auf Seite 13 205 Die gemeinsame Freundin Johanne hatte anlässlich der Hochzeit von Oscar Gebbert versprochen, Post zwischen Max und Marie weiterzuleiten, dies aber nicht getan, möglicherweise weil sie selbst Interesse an Max hatte. 206 Transkription von Stefan Dirnberger. 207 Die Passage „Grabrede [...] Beerd.“ wurde von anderer Hand angefügt.

109 Stammbaum Familie Gebbert

Kinder von Max und Marie Gebbert

Karl Charles Arthur Egon Volkmar Gebbert Gebbert *01.11.1887 Erlangen * 27.05.1890 Erlangen + 12.01.1956 Erlangen + 03.09.1980 Erlangen

Eltern von Max Gebbert

Franz "Josef" "Adelheid" Florian Gebbert Julius "Max"Gotthard Caroline Koch * 06.05.1810 Laubnitz Gebbert * 12.07.1819 + 15.01.1891 Rothaus * 02.03.1856 Rothaus bei Neisse + 22.05.1893 Breslau bei Neisse + 11.03.1907 Uttenreuth

Großeltern

Johanna Aghata Franz Bernhard Christian Caroline Christiane Elisabeth Dittrich Gebbert Christoph Koch von Brandenstein * 02.10.1783 Frömsdorf * 09.07.1780 Grunau * 24.09.1790 Bönnigheim * 31.10.1776 Knau + 26.09.1834 Frömsdorf

Anna Maria Theresia Franziskus Laurentius Ratzke Gebbert * 08.03.1759 Laubnitz * 03.10.1756 Breslau + 05.02.1802 Kamenz Urgroßeltern

Anna Sabina Johann Christoph Teichgräber Gebbert * 27.03.1718 + 28.05.1800 Grunau Ururgroßeltern

Anna UNBEKANNT George Gebhard * 1709 + 31.12.1772 Michelau Urururgroßeltern

110 Irmgard Adelheid Max Emil Gebbert Eugen Adolf Gebbert * 17.11.1896 Erlangen * 24.10.1900 Uttenreuth Emilie Gebbert + 29.05.1918 Uttenreuth + 29.09.1971 Hannover * 11.12.1903 Erlangen + 03.03.1948 Freiburg

Eltern von Marie Ritz

"Carl" Friedrich "Marie" Emilie Ritz Emilie Klein Wilhelm Ritz * 15.03.1835 Schwelm * 01.03.1863 Schwelm * 10.06.1824 + 31.01.1891 Schwelm + 16.10.1929 Erlangen + 18.01.1903 Schwelm

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