Aktualisierung Des Geologischen Kartenwerks Von Hessen Am Beispiel Der Neuauflage Der GK 25 Blatt 5316 Ballersbach (Lahn-Dill-Gebiet)
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Aktualisierung des geologischen Kartenwerks von Hessen am Beispiel der Neuauflage der GK 25 Blatt 5316 Ballersbach (Lahn-Dill-Gebiet) G4 HEINER FLICK & HEINZ-DIETER NESBOR Einleitung Das geologische Kartenwerk im Maßstab 1:25 000 5217 Gladenbach (2017) ergänzt. Die in den aktuali- (GK 25) liefert essentielle Daten zum geologischen sierten Kartenblättern dargestellten Kartierergebnisse Untergrund, die unter anderem für die Raum- und ergeben ein völlig neues Bild über den geologischen Landschaftsplanung, den Natur- und Landschafts- Untergrund in dem betreffenden Raum (Abb. 1). schutz sowie die Sicherung von Grundwasser-, Roh- stoff- und Energieressourcen oder aber auch seit neuestem für die Suche nach einem Standort für ein atomares Endlager in Deutschland dringend benötigt werden. Das Kartenwerk ist über einen Zeitraum von vielen Jahrzehnten von den Staatlichen Geologischen Diensten Deutschlands erstellt worden und daher in seiner Zusammensetzung sehr heterogen. So ist das Bundesland Hessen nur zum Teil durch moderne geo- logische Karten abgedeckt. Für manche Teilbereiche muss noch auf über 100 Jahre alte Karten zurückge- griffen werden, die eher von historischem Wert sind. Die deutlichen Differenzen zwischen den Erschei- nungsjahren der geologischen Karten rührt vor allem daher, dass für eine Neukartierung ein Zeitraum in der Größenordnung von drei Jahren Geländearbeit in dem 120 qkm großen Gebiet eines Kartenblattes veranschlagt werden muss. Darüber hinaus ist hier- für ein mit dem entsprechenden Gebiet und der dort vorkommenden Gesteinsfolge vertrauter Geologe er- forderlich. Verschiedentlich liegen dem Geologischen Dienst amtliche Manuskriptkarten vor, d. h. eine Neuauflage dieser Kartenblätter war schon in Vorbe- reitung, ist aber nicht mehr bis zu einer Veröffentli- chung fortgeführt worden. Das trifft auch für das hier vorgestellte Kartenblatt 5316 Ballersbach zu, das die Abb. 1: Vereinfachte geologische Karte von Hessen mit Kenn- aktuellen Kartierungen im Bereich des Lahn-Dill Ge- zeichnung der einzelnen Blattschnitte der GK 25, Blatt bietes u. a. auf Blatt 5315 Herborn (2012) und Blatt Ballersbach heruasgehoben (rote Umrandung) 153 Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie – Jahresbericht 2018 Historie Das im mittelhessischen Raum liegende geologische Südosten von den damaligen Geologen dem Falten- Blatt 5316 Ballersbach umfasst einen Kartenaus- bau zugeschrieben und nicht als Folge einer Schup- schnitt aus dem Lahn-Dill-Gebiet im Rheinischen pentektonik erkannt. Schiefergebirge (s. FLICK 2013). Das Kartenblatt be- findet sich zwischen Taunus im Süden und Wester- Der seitdem erfolgte Erkenntniszuwachs, besonders wald im Norden. der letzten Jahrzehnte, machte Neubearbeitungen notwendig. So sind die beiden nördlich anschlie- Als Blatt Ballersbach vor über 100 Jahren von der ßenden geologischen Karten 5215 Dillenburg und damaligen Königlich Preußischen Geologischen 5216 Oberscheld, in zweiter, neubearbeiteter Auf- Landesanstalt bearbeitet und herausgegeben wurde lage schon 1970 (LIPPERT) bzw. 1997 (BENDER et (KAYSER 1907), bestanden ganz andere Vorstellungen al.) veröffentlicht worden. Im Weiteren konnte das zur geologischen Struktur des Gebietes und zum Teil südliche Kartenblatt 5315 Herborn 2012 (FLICK) auch zur Altersstellung der dort zutage tretenden pa- herausgegeben werden. Danach erschien das über läozoischen Gesteine. Das betrifft insbesondere den Eck nordöstlich anschließende Blatt 5217 Gladen- Bereich der Hörre-Decke, die fälschlicherweise als bach in Neuauflage (BENDER & NESBOR 2017). Das Sattelstruktur zwischen Lahn- und Dill-Eder-Mulde Blatt 5316 Ballersbach schließt nunmehr eine wei- interpretiert wurde. Weiterhin wurde das generell tere Lücke im modernen Kartenwerk der GK 25 von vorherrschende Einfallen der Gesteinsschichten nach Hessen. Überarbeitung der Manuskriptkarte Für die Neubearbeitung von Blatt Ballersbach konnte tung durch die hoch komplizierte Tektonik der nur auf verschiedene Vorlagen zurückgegriffen wer- unzureichend aufgeschlossenen Schichtenfolge aus den. Die älteste ist die noch vor dem 2. Weltkrieg dem Erdaltertum und durch die unterschiedlichen begonnene Revisionskartierung durch W. KEGEL, die Interpretationen der sich überschneidenden Teilkar- im HLNUG archiviert ist. Nach dem Krieg erfolgten tierungen. Folglich waren umfangreiche eigene verschiedene Teilkartierungen im Rahmen von Geländebegehungen erforderlich. Lediglich für den Examensarbeiten durch die geologischen Institute Bereich der Hörre-Decke, die Teile des Kartenblattes mehrerer Hochschulen bzw. eine Zusammenarbeit einnimmt, konnte eine in sich geschlossene moder- mit den Forschungsinstituten Senckenberg (Frank- ne Bearbeitung durch BENDER (2006) übernommen furt und Dresden). Erschwert wurde die Bearbei- werden. Geologie des Blattgebietes Entsprechend der vollständigen Lage von Blatt Bal- schlote) erkennbar. Entsprechend der im Oberkar- lersbach innerhalb des Rheinischen Schiefergebirges bon wirkenden Kräfte der Variszischen Orogenese bildet das paläozoische Grundgebirge den Unterbau (Gebirgsbildung) weisen im Rheinischen Schiefer- (Abb. 2). Junge Überdeckungen sind nur aus dem gebirge alle Einheiten des Grundgebirges eine von Quartär in Form von Fließerden mit Hangschutt, Südwest nach Nordost gerichtete Orientierung der Lösslehmanreicherungen an den Unterhängen sowie Strukturen (Streichen) auf (Abb. 3). Deren Verständ- Nebentalsedimenten und Auenablagerungen in den nis hat sich in den letzten Jahren durch die Bestäti- Talauen vorhanden. Die räumliche Nähe des Blattge- gung einer weitreichenden alpinotypen Deckentek- bietes zum tertiären Vulkanismus des Westerwaldes tonik im Rheinischen Schiefergebirge grundlegend wird lediglich durch zwei Basaltvorkommen (Basalt- gewandelt (s. NESBOR 2019). Dabei sind alle struk- 154 HEINER FLICK & HEINZ-DIETER NESBOR Aktualisierung des geologischen Kartenwerks von Hessen am Beispiel der Neuauflage der GK 25 Blatt 5316 Ballersbach (Lahn-Dill-Gebiet) turellen Großeinheiten des Lahn-Dill-Gebietes auf Frankenbach- und Bicken-Ense-Decke, Armorika- Blatt Ballersbach vertreten (Abb. 4): Autochthone nische Decken mit Hörre-Decke und autochthone Dill-Eder-Mulde, Rhenoherzynische Decken mit Lahn-Mulde (s. FLICK & NESBOR 2019). Lahnmulde SN Dillmulde 320 Deutsche Stufen- Vulkanismus Sedimentäre Fazies Vulkanismus Oberkarbon Gliederung Kulm-Grauwacke Goniatites- Stufe (cd 3) Kulm-Tonschiefer 340 Visé-Stufe (basisch) Kulm-Kieselschiefer Phase 2 Pericyclus- Unterkarbon- Crinoiden-Kalke Stufe Unterkarbon Phase (cd 2) (basisch) Liegende Alaunschiefer Unterkarbon- (basisch) Gattendorfia- Zyklus Karbonischer Stufe Zyklus Karbonischer Tournai-Stufe (cd 1) 1 Unterkarbon-Phase 360 Hangenberg-Schiefer Wocklum-St. Phase Dasberg-St. (basisch) Hemberg-St. Oberdevon- Phase (basisch) Nehden- Oberdevon- Famenne-Stufe Stufe Cypridinen-Schiefer Kalkknoten-Schiefer Oberdevon-Sandsteine Adorf- Riffkalk Dillen- Fazies burg- 380 Stufe Fazies Devonischer Zyklus Devonischer Devonischer Zyklus Devonischer Bandschiefer Plattenkalk Cephalopoden-Kalke Frasne-Stufe Kiesel- schiefer Styliolinen-Schiefer basisch) basisch) Phase + Plattenkalk Styliolinen-Schiefer Phase (überwiegend (überwiegend + Sandsteine Givet-Stufe Givet-Adorf- Givet-Adorf- Eifel-Quarzit Tonschiefer der Tonschiefer Wissenbacher der Wissenbacher Fazies Eifel-Stufe Fazies Leuner Phase Phase Schiefer Ems-Eifel- Ems-Eifel- Crino- Kondel/Eifel- iden- Kieselgallen- Schiefer (sauer - intermediär) Kalk (sauer - intermediär) o Schiefrig-sandige Eisengallen-Schiefer 400 Oberems-Fazies Sandsteine Ems-Stufe Singhofener Fazies und Tonschiefer u Hunsrück-Schiefer Siegen-Stufe Taunusquarzit Siegener Fazies Unterdevon Mitteldevon Oberdevon 420 Silur Ma Autochthone Schichtenfolge im Lahn-Dill-Gebiet Abb. 2: Darstellung der Erdzeitalter mit Kennzeichnung der das Lahn-Dill-Gebiet betreffenden Erdgeschichte, aus FLICK 2010) verändert 155 Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie – Jahresbericht 2018 Allochthone Struktureinheiten karbon folgte dagegen Armorikanische Decken eine nur geringmächtige Gießen-Decke Bad Laasphe Steinhorn-Decke Biedenkopf sogenannte Hungersedi- 40 Lindener-Mark-Decke mentation mit Schwarz-, Lohra-Decke Ton- und Kieselschiefern, Hörre-Decke bis sich das Herannahen Caldern Rhenoherzynische Decken der Variskischen Gebirgs- Kammquarzit-Decke Marburg Bicken-Ense-Decke und 30 bildung durch von Süden Wildestein-Decke her geschüttete turbidi- Frankenbach-Decke tische Folgen aus Ton- Autochthone Einheiten Haiger schiefern (Abb. 5) und Sedimentgesteine Unterkarbon Dillenburg mächtigen Grauwacken 20 Riffkalke ankündigte. des Mittel- und Oberdevons Mittel- und Oberdevon Dill-Eder-MuldeHerborn (+ lokal Unterdevon) Frankenbach Prägend für das Lahn- Meta-Vulkanite (karbonischer Zyklus) Tholeiitischer Basalt, wenig Alkalibasalt Dill-Gebiet war ein sub- 10 Meta-Vulkanite (devonischer Zyklus) mariner Vulkanismus, der Trachyt bis Alkalirhyolith in zwei Phasen – einmal Alkalibasalt bis Basanit Gießen in der Devon- und einmal Paläozoikum des Rheinischen in der Unterkarbon-Zeit Schiefergebirges Wetzlar (undifferenziert) 00 – Magmen unterschied- 56 Deckgebirge L a h n - M u l d e (ab Rotliegend) licher Zusammensetzung förderte. Infolge dieser Weilburg vulkanischen Tätigkeiten 90 entwickelten sich un- termeerische Vulkan- komplexe, die während Villmar Limburg des Devons aufgrund Diez der tropischen Klima- Balduinstein verhältnisse maßgeblich Korallen und Schwäm- men einen Lebensraum boten. So entstanden Katzenelnbogen mächtige Riffkomplexe, 30