Universitäts- Und Landesbibliothek Tirol
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Universitäts- und Landesbibliothek Tirol Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1931 19.12.1931 Heute Beilage „Tiroler RadiowoOe" Mil Sem Abmöblott Leuesle ßeiluag unö öerillullüMonäksschrist Zerglsnö' Für nicht verlangte Einsendungen wird telne Haftung übei-nom- Fenirut Gchrifkleitung Nr 75» " Fernruf Denvaltunc Nr 751 Adresse deS Wiener Büros : Dien, L, Elisabethstraße9/D. men. auch eine Verpflichtung,m Itüflsendung nichi anrrtannt. Bezugspreise für beide Vlatter Am Platze monatlich ln den AbholstellenS 8.80. FernrufB 22.4.29. Li«BezugSgebühr ist im vorhinein zu ent» Eigentümer. Verlegeru. Drucker Daqnec sche Universität»-Vach, Dir täglich zweimalige Zustellung ins Hau» für beide Llätter 70 Groschen . Einzel» richten. Durch Streik» oder durch höhere Gewalt bedingte Stü» Karl Pa ul druckerei, Erierflraße Derontw Schriftleiter in, «ummer 3» Groschen . EonnLags 40 Groschen . Mt täglich zweimaliger Postzu¬ rungen in der Zusendung verpflichten uns nicht zur Mflzahlung Salurnerstraße4. 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Dezember. gesprochenen Charakter einer Schutzhaft hatte. eingesetzt worden war, um die Aufr«hterhaüung der Ruhe und Das freisprechende Verdikt im Grazer Heimatwehr- Die Geschworenenhaben also im Verlauf des ganzen Pro¬ der gesetzlichen Zustände erworben hat. Diese Männer als xrozeß kann nach dem Verlauf der Verhandlung und nach zesses kaum etwas Ungünstiges über die acht Angeklagten „Hochverräter" zu brandmarken, konnten die Grazer Ge¬ dem Ergebnis des Beweisverfahrens nicht überraschen. Wenn gehört. Mitbestimmend für den Freispruch waren schließlich schworenen nicht über sich bringen Richter aus dem Volke Recht sprechen, muh immer damit ge¬ rechnet werden, daß sie, ohne daß sie damit ihre beschwcrene Richterpflichtverletzm, einer Reihe von unabwägbaren Einflüssen ausgesetzt sind, die letzten Endes ihren Wahrspruch bestimmen. Der Sturm , der sich in der sozialdemokratischen FreispruchimGrazer Heimatwehrprozeh. Presse gegen diesen Freispruch erhoben hat, war natürlich zu erwarten ; wir wissen ja noch gut, in welch unverantwort¬ Die Angeklagten auf freiem Futz. — Keine Zwischenfälle. licher Weise die Leidenschaftenam 15. Juli 1927 aufgestachelt wurden , als Wiener Volksrichter die „Schattendorfsr Mör¬ KB. Graz, 19. Dezember. Der Verteidiger ersuchte die Geschworenen um einen ein¬ der ' freisprachen. Die gleiche sozialdemokratische Presse iand es aber ganz in Ordnung, als ein paar Monate später, gleich¬ Um halb sieben Uhr erschienen die Geschworenenim Saale stimmigen Freispruch der Angeklagten, der eine Warnung falls von Richtern aus dem Volke, eine Anzahl von Marxisten und ihr Obmann verkündete, daß die erste Hauptfrage, ob an die Regierung wäre, im Staat Ordnung zu machen und freigesprochen wurden, die sich anläßlich der blutigen Vorfälle Dr. Psrimer des Hochverrates schuldig sei, mit zwölf Stimmen energische Maßnahmen zu ergreifm. am 15. Juli 1927 schwerer Gewalttaten schuldig gemacht hat¬ verneint wurde. Die zweite Hauptfrage, ob der Angeklagte Wenn Sie , meine Herren Geschworenen, so sagte der Ver¬ ten. Die Partei , die jetzt den Freispruch als ein „Schandurteil" Kammerhofer des Hochverrates schuldig ist, wurde gleichfalls teidiger, glauben, daß die Angeklcgten schuldig sind, dann bezeichnet und von einer „Iustizschande" spricht, darf auch nicht sollen sie auch nach dem alten Gesetz, und zwar mit dem vergessen, daß s i e es ist, die stets für die Beibehaltung der mit zwölf Stimmen verneint. Das Publikum wollte in Bei- reinen Schwurgerichtsbarkeit eintritt und sich fallsbezeugungen ausbrechen, wurde aber vom Vorsitzenden Tode bestraft werden . Bei die'en Worten brachen viele jeder Reform auf diesem Gebiete widersetzt. sofort zur Ruhe gewiesen. Zuhörer in Beifall aus . Der Borsizende crdnete die Räu¬ mung des Saales an. Da die Zuhörer nur mit Wider- Wer abgesehen ron dem rein gefühlsmäßigen Moment, Nachdem die Geschworenen alle an sie gestellten sta n d sich anschickten, den Saal zu verlassen, erschien Wache das jedes Gesthworcnenurteil in sich birgt, sprechen in dem Hauptfragen einstimmig verneint hatten, wurden die und nahm die Räumung vor , die einige Zeit dauerte. gestern abends beendeten Prozeß eine gewichtige Ruhe Angeklagten in den Saal geführt und der Vorsitzende ver¬ mildernder, ja entlastender Umstände mit, die von den Ge¬ kündete den Freispruch aller Angeklagten. Als die Schlußwort Dr. Pfrimers. schworenen, die ja nur die strikte Frage auf Hochverrat, bczw. auf Mitwirkung am Hochverrat zu beantworten hatten, be¬ Angeklagten in den Saal geführt wurden, grüßten sie viele der Zuhörer durch Heben des rechten Armes. Die Angeklagten Hierauf hiell der Angeklagte Dr. Psrimer eine kurze rücksichtigt werden mußten. An und für sich ist „Hochverrat" Ansprache an die Geschworenen, in der er sagte, erwiderten in gleicher Weise den Gruß. Es ereignete sich bei ein vielumstrittener rechtlicher Begriff; seine Grenzen haben der Heimatschutz wolle das B e ft e für die arbeitenden Stände der Verkündigung des Verdiktes und des Freispruches kein sich zweifellos auch mit den politischen Umwälzungen und für das Volk und das könne nicht als Hochverrat gewertet Zwischenfall. Der Staatsanwalt hat keine Erklärung ab¬ der Nachkriegszeit verschoben. Auch die Art, wie sich die Demo¬ werden. Deutsche Treue , Disziplin und Unter¬ gegeben. Die Verhandlung wurde um 6.55 Uhr geschlossen. kratien in den neuen Staaten entfaltet haben, hat den starren ordnung seien die sittlichen Werte , die im Heimat» Hochverratsbegriff, wie er in dem aus einer langvergangenen Vor den Toren des Gefangenhauses hatten sich einige hun¬ schutz hochgehalten werden. Eine Verurteilung der Angeklag¬ Zeit herrührenden Strafgesetz festgelegt ist, inodifiziert, wenig¬ dert Heimatwehrleute versammelt, um Dr. Psrimer zu er¬ ten würde auch einer Verurteilung dieser sittlichen Werte stens bei dem größten Teil der Bevölkerung. Wir teilen nicht warten . Rach Vj8 Uhr trat er mit seiner Gattin und Ing. gleich kommen. Der Freispruch würde auch für viele Hunderte die, auch von Seite der Verteidigung im Prozeß verfochtene Rauter aus dem Tore. Alle Heimatwehrführer fuhren dann Heimatschützler, gegen die die Unter'uchung noch weiterlüuft, Ansicht einiger Heirnatwehrführer, daß cs in Oesterreich über¬ in das Hotel Wiesler. den Freispruch bedeuten. haupt keinen Hochverrat geben könne, weil die Bildung der Republik Deutschösterreichsich staatsrechtlich nicht legal voll¬ Aus der Rede des Verteidigers Dr. pramer. Im Namen des deutschen Volkes appellierte Dr. Psrimer zogen habe — diese Auffassung werden die Staatsjuristen leicht an die Geschworenen, einen Freispruch zi fällen. widerlegen können. Für einen einfachen Mann aus dem Volke, KB. Graz, 19. Dez. Als letzter ergriff der Verteidiger Dok¬ tor Pfrimers , Dr. P r a m e r, das Wort. Er führte aus, der Der Angeklagte Kammcrhofer bat die Geschworenen, wenn der über ein so heikle- Judiz zu entscheiden hatte, dürfte aber der Hinweis der Verteidigung auf den Umsturz im Putsch sei auch deshalb ein politischer, weil politische Par¬ sie die Angeklagten für schuldig befinden sollten, doch wenig¬ November 1918 bestimmend gewesen sein. Was damals, teien, die Ministerien bekleiden, sich in ihn eingemengt hätten. stens ihren Führer Dr . Psrimer zu Nutz und From¬ da der Hochverrat gelungen war, als „volkbefreiende Tat" Dr. Prainer erinnerte daran , daß Landeshauptmann Doktor men des deutschen Volkes freizusprechen. Um halb 5 Uhr himmelhoch gepriesen wurde, konnte jetzt, wo aus Verzweif¬ R i n t e l e n ausgesagt habe, er habe mit Bundeskanzler Dok¬ nachmittags begann der Vorsitzende Landesgerichtsprüsident Dr. S o a n n e r mit dem Resums. lung über unhaltbare Zustände ein Umsturzversuch mit un¬ tor B u r e s ch wegen Erwirkung einer A m n e sti e gespro¬ tauglichen Mitteln unternommen wurde, nicht ohneweiters als chen. Die Amnestie sei nicht erteilt worden, wohl aber Kriminalverbrechen beurteilt werden. habe eine große Untersuchung gegen die Heimatschützerbe¬ Cicherheitsvorkehrungen in Steiermark. Im übrigen haben ja Anklagebehörde und Gerichtshof selbst gonnen, zu der sogar Wiener Polizeibeamte herangezogen wurden, und das Grazer Gericht sei für die Durchführung des KB. Graz, 19. Dez. Landeshauptmann Dr. Rintelen hatte den Geschworenen die Grenzen, in denen sich ihr Urteils¬ eingehende Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung der Ruhe spruch zu bewegen hotte, enge gesteckt. Es wäre strafrechtllch Prozesses bestimmt worden, wahrscheinlich in der Erwägung, daß die Geschworenen des zuständigen Leobener Krcis- und Ordnung bei Fällung und Verkündigung des Urteiles an- und prozessual möglich gewesen, den Geschworene