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Regierungspräsidium

Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft”

33. Hessischer Landesentscheid zum Bundeswettbewerb 2010

Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 34117 Kassel Dokumentation 2009 Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft”

Dokumentation Landesentscheid 2009 Impressum

Impressum

Herausgeber Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 34117 Kassel Telefon: 0561 106-0 Internet: www.rp-kassel.de

Bearbeitung Regierungspräsidium Kassel Roswitha Rüschendorf Telefon: 0561-106-3125 E-Mail: [email protected]

Bildnachweis Regierungspräsidium Kassel Hiltrud Schwarze und Gabi Walper

Layout und Druck Boxan, Kassel

Juli 2010

2 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser, auf dem Dorf gehen die Uhren anders. Stimmt das Die Dokumentation des Landesentscheides 2009 ver- noch? Ich würde sagen: nur bedingt. sammelt zahlreiche Beispiele für den kreativen Umgang Selbstverständlich herrscht in einer kleinen Gemeinde mit dem Wandel dörflichen Lebens. Sie ist eine Einla- ein anderer Rhythmus als in der mittelgroßen Stadt oder dung zur Reise durch die Landschaften der Ideen. erst recht in der Großstadt. Aber auch in den ländlichen Gebieten und in den dörflichen Strukturen erleben wir Ob Teilnehmer an diesem Wettbewerb oder unbetei- eine Beschleunigung des Wandels. Eines Wandels, der ligte Gemeinde, ob Mitglied der Bewertungskommis- in sehr unterschiedliche Richtungen gehen kann. sion oder Bürger vor Ort – alle können Sie auf dieser So erleben Landkreise, die im „toten Winkel“ der Ver- Reise durch die Wettbewerbsdörfer Entdeckungen ma- kehrsinfrastruktur liegen, die Folgen des demografi- chen, die für Ihr Engagement und für Ihre Herausforde- schen Wandels ganz anders als diejenigen, denen neue rungen hilfreich sein werden. Strukturen in recht kurzer Zeit Einwohnerzuwachs und damit auch Integrationsaufgaben bescheren. Diesen be- Viel Freude an unseren Dörfern mit Zukunft und eine schleunigten sozialen Wandel zu gestalten – ganz gleich gute Lesereise wünscht Ihnen in welcher Richtung er sich vollzieht, das ist in unseren Dörfern und Gemeinden eine Herausforderung an Krea- tivität, Engagement und Eigeninitiative der Bürgerinnen Ihr und Bürger. Staatliche Institutionen können diese Prozesse unter- stützend begleiten; zum Beispiel dadurch, dass sie Platt- formen des Austausches anbieten und den Initiativen und Ideen einen Marktplatz schaffen, auf dem sie ver- glichen und bewertet werden können. Eine solche Platt- Dr. Walter Lübcke form ist der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Präsident des Regierungspräsidiums Kassel

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

2 Impressum

3 Vorwort

4 Inhaltsverzeichnis

7 Einführung

10 Reiseroute der Kommission

11 Karte: Teilnehmerorte

12 Siegerorte der Gruppe A und erfolgreiche Teilnehmer Urkunde für herausragende Einzelleistungen

13 Siegerorte der Gruppe B und erfolgreiche Teilnehmer

14 Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

16 Landesbewertungskommission

Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe A Bewertungsprotokolle, Bilder, Pressemitteilungen

20 Borken-Dillich

27 Breuberg-Rai-Breitenbach

33 Breuna

40 Cölbe-Schönstadt

46 Hofgeismar-Hümme

54 Kalbach-Heubach

61 Ringgau-Rhörda

68 Schlitz-Pfordt

75 Wettenberg-Launsbach

4 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Inhaltsverzeichnis

Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe B Bewertungsprotokolle, Bilder, Pressemitteilungen

84 Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach

90 Calden-Ehrsten

97 Edertal-Kleinern

104 Gießen-Allendorf

113 Gilserberg-Schönau

120 Groß-Umstadt-Richen

128 Hofbieber

135 Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden

142 Wetter-Oberrosphe

148 Willingshausen-Zella

Siegerehrung – Veranstaltung am 11. Oktober 2009 in der Stadthalle Melsungen

156 Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und weitere

160 Siegerehrung, Einladung und Programm

163 Grußwort des Gastgebers, Fritz Voit

165 Festrede des Hessischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Dieter Posch

169 Auf dem Land daheim – Die kulturtragende Aufgabe der Kirche im Dorf, Ulf Häbel

175 Eindrücke und Einblicke, Roswitha Rüschendorf

181 Regenerative Energien – Chancen für den ländlichen Raum, Norbert Lemb

185 Grußwort, Carola Carius, Orstvorsteherin Cölbe-Schönstadt

189 Grußwort, Werner Waid, Ortsvorsteher Edertal-Kleinern

192 Programm und Standplan, 5. Spezialitätenfestival

Anhang

196 Bewertungsbogen

198 Bildung der Regionen und Teilnehmerzahlen 2008

199 Teilnehmer des Regionalentscheids 2008

205 Hessische Landessieger seit 1959

208 Ihre Ansprechpartner für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft”

208 Informationen, Richtlinien, Links

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 5 6 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Einführung Einführung Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, was diese Broschüre nicht dokumentieren kann: Dieses sind zum Der 33. Hessische Dorfwettbewerb wurde 2008 unter einen die Begeisterung, die Anspannung und Herzlich- dem Titel „Unser Dorf hat Zukunft“ ausgelobt. Damit keit der Bewohnerinnen und Bewohner, die die Kom- traten der Landes- und Bundeswettbewerb erstmalig mission in den Dörfern vorfand. Zum anderen sind es die auch unter einer gemeinsamen Überschrift an. Die vor- sozialen Wirkungen und das gewachsene Miteinander, liegende Dokumentation gibt einen Einblick in die Aus- die die Vorbereitungen zur Dorfpräsentation auslösten. lobung des Hessischen Landesentscheides 2009. Sie richtet sich damit insbesondere an die19 teilnehmenden Orts- und Stadtteile und Kommunen, die diese zweite Was ging dem Landesentscheid Wettbewerbsstufe erricht haben. Die Broschüre wendet 2009 voraus? sich darüber hinaus an alle 200 Teilnehmer, die 2008 dem Aufruf des Hessischen Ministeriums zur Teilnahme 2008/2009 wurde der 50. „Geburtstag” des Hessischen am 33. Wettbewerb gefolgt sind. Die veröffentlichten Dorfwettbewerbes begangen. Als erstes Bundesland er- Reiseberichte sollen alle Orte ermuntern, auch 2011 er- öffnete Hessen 1958/1959 den Wettbewerb auf Länder- neut anzutreten. Angesprochen werden weiterhin alle, ebene unter dem Thema „Unser Dorf soll schöner die an der erfolgreichen Umsetzung des Wettbewerbes werden“. Daran wurde am 20. September 2007 in Stadt- beteiligt waren. Dieses sind die Mitglieder der Kommis- Allendorf im Rahmen eines Symposiums und einer Feier sionen und die Landkreisverwaltungen. Nicht zuletzt ver- erinnert. Der Wunsch, dass sich auch nach 50 Jahren zahl- folgt die Broschüre das Ziel, noch weitere Dörfer und reiche Kommunen und Orte erneut beteiligen, hat sich er- Kommunen zum Mitmachen zu bewegen. Vor diesem füllt. Bis zum Stichtag 1. März 2008 hatten 215 Orte ihre Hintergrund wird dieses Heft als „Werbematerial“ für Teilnahme an dem 33. Hessischen Wettbewerb bei den den erneuten Aufruf zum 34. Hessischen Dorfwettbe- jeweiligen Landkreisverwaltungen gemeldet. Die räumli- werb im Herbst 2010 eingesetzt. che Verteilung auf 19 Landkreise ergab eine Bildung von acht Austragungsregionen. Um möglichst gleiche Teil- nehmerzahlen pro Region zu erreichen, setzten sich die Inhalt der Dokumentation Wettbewerbsregionen aus einem oder mehreren Land- kreisen zusammen. Bedauerlicherweise haben 15 Dörfer Die Broschüre bietet einen Einblick in die Ergebnisse ihre Teilnahme im Nachhinein zurück genommen. Dieses und den Ablauf der Landesauslobung 2009. Der führte zu Ungleichheiten zwischen den konkurrierenden Schwerpunkt der Dokumentation liegt in den Berei- Regionen hinsichtlich der regionalen Teilnehmerzahlen. sungsprotokollen. Diese vermitteln, mit welchen The- Um dieses auszugleichen, konnten teilnehmerstarke Re- men sich welcher Ort beteiligt hat. Die örtlichen gionen ab 30 Dörfern neben den Erstplatzierten auch den Eindrücke wurden teilweise um weitere Informationen, Zweitplatzierten der teilnehmerstärksten Gruppe (A oder zum Beispiel zur Ortsgeschichte, abgerundet. Angaben B) in den Landesentscheid entsenden. Damit lag 2009 die zur Kommission, Bilder und Presseartikel (Auswahl) er- Gesamtzahl der Dörfer bei 19 statt 16. gänzen die Informationen. Die anlässlich der Siegereh- rung gehaltenen Grußworte und Vorträge reflektieren Ein Blick auf die Teilnehmerliste im Anhang zeigt, dass die Eindrücke der Bereisungswochen. Sie formulieren die Gruppe A mit 70 im Vergleich zur Gruppe B mit 130 auch aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und Teilnehmerorten schwächer vertreten war. (Die Gruppe A landespolitische Schwerpunkte. Die Siegerehrung am umfasst Orte mit mindest. dreijähriger Förderung aus 11. Oktober 2009 war eingebunden in die bundesweite den Programmen der Dorferneuerung oder einfachen „Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ und den Stadterneuerung ab 1983; die Gruppe B alle anderen.) „Tag der Regionen“.

In den Anlagen finden Sie die 200 Teilnehmerorte und ihre Protokollinhalt Zuordnung zu den Wettbewerbsregionen. Weiterhin sind die Bewertungskriterien zu finden. Auch werden alle bishe- Grundlagen eines Protokolls sind einerseits die einge- rigen Landessieger tabellarisch (1959 bis 2009) präsentiert. reichten Antragsunterlagen und andererseits die Ein-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 7 Einführung drücke von der örtlichen Präsentation. Die unterschied- rInnen dieses persönlich einbringen. Das bedeutet u.a., liche Informationsdichte der Vermerke begründet sich dass die Verantwortlichen selbst über ihre Aktivitäten auch aus dem Umfang des zur Verfügung gestellten Ma- berichten, statt sich, z.B. durch den Bürgermeister oder terials. Die Gliederung der Protokolle richtet sich nach Ortsvorsteher, vertreten zu lassen. Aber auch aus einer den fünf Hauptkriterien der Bewertung. Im Vordergrund breiten Teilnahme an der Begehung schließt die Kom- der Beschreibungen stehen die positiven Eindrücke der mission auf eine gewisse Anteilnahme und ein Interesse vorgestellten Ansätze und Aktivitäten. Fehlende Aussa- am Wettbewerb und seinen Inhalten. Konkret: Die Kom- gen zu Unterkriterien können ein Ausdruck für nicht im mission schaut auch, wer ist anwesend (angemessen zur Ort anzutreffende Ansätze oder fehlende Angaben sein. Tageszeit natürlich), wer berichtet und wie glaubwürdig Die Protokolle sind so abgefasst, dass sie auch ortsun- ist das Vorgestellte. (Passt die gewählte Darstellungs- kundigen Lesern einen Eindruck von dem Dorf und sei- form zu dem Inhalt?) nen Bewohnerinnen und Bewohnern wie auch von der Kommune vermitteln. Sie erheben jedoch nicht den An- Auch das Auftreten der Kommune in der Vorstellung ist spruch, die vielfältigen Aktivitäten und Leistungen in für die Bewertung bedeutsam. Wie Sie wissen, richten Gänze wiederzuspiegeln – dieses könnte kein noch so sich einige Bewertungsfragen auch an die Kommune. langer Vermerk erfüllen. Beispielhaft möchte ich die Fragen nach der Qualität gemeindlicher Planungen und Satzungen oder den Stand der regionalen Zusammenarbeit erwähnen. Aber Welche Rolle spielte die Präsentation auch die Frage, welche Anreize und Unterstützung die für die Bewertung? Kommunen bei der baulichen und grüngestalterischen Entwicklung im Vorfeld konkreter Maßnahmen anbieten, Wie stelle ich in eineinhalb oder zwei Stunden den Ort ist bewertungsrelevant. Diese Fragen richten sich aber so vor, dass die Kommission einen umfassenden und nicht nur an die Kommune sondern auch an die Orte. glaubwürdigen Eindruck erhält? Welche Bedeutung be- Denn: Bewertet wird auch, welchen Stellenwert diese sitzt die Präsentation für die Bewertung? Da diese Fra- überörtlichen Themen in der Bewohnerschaft haben, gen immer wieder gestellt werden, sei ein „Wort“ zur wie sie angesprochen werden oder wie ihre „Bearbei- Bedeutung der Ortsvorstellung anlässlich der Bereisung tung“ in der Gemeinde nachgefragt oder eingefordert gesagt. wird. Dabei sollten auch die Probleme angesprochen werden. Zunächst: Es gibt kein eigenes Bewertungskriterium für die Vorstellung des Ortes, aber sie fließt als Indikator (Hinweis) in mehrere Kriterien ein. Da ist zum einen das Anregungen für die Präsentation Unterkriterium der Ausbildung der „dörflichen Identität“ zu nennen, also die Frage nach dem sog. Wir-Gefühl. Die Zeit ist knapp bemessen und immer zu kurz um alles Zum anderen fließt die Präsentation in die Bewertung zur eigenen Zufriedenheit zu präsentieren. Vor diesem der verschiedenen Aktivitäten um die bauliche, grün- Hintergrund sind die nachfolgenden Anregungen zu ver- ordnerische, soziale und kulturelle Entwicklung des stehen. Ortes ein. Auch ist die „gefühlte“ Wirkung der konkre- ten Präsentation auf die Kommission nicht zu unter- o Auch Neubau- und Gewerbegebiete sowie Ortsrän- schätzen. der sollten in der Vorstellung bedacht werden und sei es – aus zeitlichen Gründen – nur als Luftauf- nahme. Was heißt das? o Tragen Sie nicht doppelt vor. Also: Verzichten Sie auf einen einführenden Vortrag zu allen Hauptkriterien Der Wettbewerb geht davon aus, dass die Kernidee, ge- wenn Sie sowieso eine örtliche Besichtigung einge- meinsam an der örtlichen Entwicklung mitzuwirken, von plant haben. Dieses hilft Zeit einzusparen. vielen BewohnerInnen aufgenommen und getragen o Ausstellungstafeln ergänzen sehr gut das Gehörte. wird. Ob dieser Grundgedanke im Ort verankert ist lässt Ihre Inhalte ergänzen das Gesehene. Um der Kom- sich auch daran beurteilen, ob und wie die Bewohne- mission ein gezieltes Nachsehen und Überprüfen zu

8 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Einführung

ermöglichen, rege ich an, ihr zum Abschluss (noch- Der Stichtag für die Anmeldung wird der 1. März 2011 mals) die Zeit für die nähere Betrachtung der Tafeln sein. Wie gewohnt, stehen interessierten Städten und zu geben. Gemeinden und den Orten die jeweiligen Landkreisver- o Rundgänge im Ort sind nicht wirklich durch Fahrten waltungen für weitergehende Informationen zur Seite. zu ersetzen. „Spaziergänge“ liefern einerseits opti- male Grundlagen für die Bewertung der Kriterien „Bauen und Grün im Dorf“, also für die Kriterien 3 und 4. Andererseits eröffnen sie die Möglichkeit, mit den Bewohnern zu sprechen. Letzteres ist eine wei- tere wichtige Informationsquelle und ergänzt den Antrag und die Vorträge. o Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn bei der Projekt- präsentation nicht alle Kommissionsmitglieder bei Ihnen stehen. Da möglichst vielfältige Eindrücke (in der kurzen Zeit) gesammelt werden sollen, gibt es zu- weilen für Sie nicht erkennbare „Arbeitsteilungen“. Aber: Sie können sich darauf verlassen, dass sich die Kommission austauscht.

Dank

Danken möchte ich allen, die auf vielfältige Weise den 33. Wettbewerb 2008/2009 ermöglichten und unter- stützten. Dieses sind die Hessische Landesregierung, die Mitglieder der Kommissionen und die Landkreisverwal- tungen. Dank auch an diejenigen, die mir ihre Beiträge von der Siegerehrung zur Verfügung gestellt haben. Er- gänzende Hinweise zu den Protokollen habe ich aus zahlreichen Teilnehmerdörfern erhalten. Auch hierfür sage ich danke. Was wäre die Dokumentation ohne Fotos und ohne ein ansprechendes Aussehen? Für die Aufnahmen bedanke ich mich bei meinen Kolleginnen Nach dem Wettbewerb ist vor dem Hiltrud Schwarze und Gabi Walper; für das Erschei- Wettbewerb nungsbild der Broschüre der Firma Boxan.

Die Gewinner, Cölbe-Schönstadt (Gruppe A) und Eder- Mit dem Wunsch, dass die eingetretene Dynamik in den tal-Kleinern (Gruppe B), vertreten Hessen beim Bun- Orten eine Fortsetzung findet, würde ich mich freuen, deswettbewerb 2010. Damit ist der 33. Hessische Sie (auch) 2011 wieder als Teilnehmer begrüßen zu dür- Wettbewerb offiziell abgeschlossen. fen.

Doch: Nach dem Wettbewerb ist vor dem Wettbewerb! So wird der Aufruf zum 34. Hessischen Wettbewerb Roswitha Rüschendorf 2011/2012 durch das Hessische Ministerium für Wirt- schaft, Verkehr und Landesentwicklung bereits im Herbst 2010 erfolgen. Da die Zielsetzungen des vergangenen 33. Wettbewerbes nicht an Aktualität verloren haben, bleiben die Bewertungskriterien nahezu unverändert. Dieses soll auch die Dörfer darin unterstützen, kontinu- ierlich weiter zu machen.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 9 Reiseroute – Landesentscheid 2009 33. Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“

Reiseroute – Landesentscheid 2009

Dienstag, 16. Juni 2009

1 11.00 – 13.00 Uhr Gruppe B Groß-Umstadt-Richen 2 14.30 – 16.00 Uhr Gruppe A Breuberg-Rai-Breitenbach

Mittwoch, 17. Juni 2009

3 08.30 – 10.00 Uhr Gruppe A Kalbach-Heubach 4 11.30 – 13.30 Uhr Gruppe B Hofbieber 5 15.30 – 17.00 Uhr Gruppe A Schlitz-Pfordt

Donnerstag, 18. Juni 2009

6 09.00 – 11.00 Uhr Gruppe B Gießen-Allendorf 7 13.00 – 15.00 Uhr Gruppe A Wettenberg-Launsbach

Montag, 22. Juni 2009

8 11.30 – 13.00 Uhr Gruppe B Willingshausen-Zella 9 15.30 – 17.00 Uhr Gruppe A Borken-Dillich

Dienstag, 23. Juni 2009

10 08.30 – 10.00 Uhr Gruppe B Edertal-Kleinern 11 11.30 – 13.00 Uhr Gruppe B Gilserberg-Schönau 12 15.00 – 16.30 Uhr Gruppe B Wetter-Oberrosphe

Mittwoch, 24. Juni 2009

13 09.00 – 11.00 Uhr Gruppe A Cölbe-Schönstad 14 13.30 – 15.00 Uhr Gruppe B Homberg-Ober-Ofleiden

Montag, 29. Juni 2009

15 11.00 – 12.30 Uhr Gruppe B Calden-Ehrsten 16 13.30 – 15.30 Uhr Gruppe A Hofgeismar-Hümme 17 16.30 – 18.30 Uhr Gruppe A Breuna

Dienstag, 30. Juni 2009

18 09.00 – 10.30 Uhr Gruppe B Sooden-Allendorf-Kleinvach 19 13.30 – 15.00 Uhr Gruppe A Ringgau-Röhrda

Das Zeitbudget für die Ortspräsentation beträgt bei einer Einwohnerzahl über 1.500 zwei Stunden. Gruppe A: anerkannte Dorferneuerungsschwerpunkte ab drei Jahren oder nach Förderabschluss Gruppe B: alle anderen Orte

10 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Teilnehmerorte

33. Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft"

Hümme Landesentscheid 2009 16 Hofgeismar A Orte der Gruppe A Breuna Calden 17 B Orte der Gruppe B Breuna Ehrsten Regierungsbezirk 15 Kassel Stadt Kreis Kassel Bad Sooden- Allendorf Gemarkung 18 Kleinvach

Werra- Gemeinde 10 Edertal Meißner- Kreis Röhrda Kleinern Reg.Bez. Kassel 19 Ringgau Waldeck-Frankenberg Borken (Hessen) 9 Dillich Schönau 11 Schwalm-Eder-Kreis Oberrosphe Gilserberg 13 Wetter Hersfeld-Rotenburg Willingshausen 12 Schönstadt Cölbe 8 Zella Marburg-Biedenkopf

Reg.Bez. Gießen Ober-Ofleiden

Homberg (Ohm) Schlitz

14 Pfordt Wettenberg Lahn-Dill-Kreis 5 7 Launsbach Vogelsbergkreis 4 Hofbieber Gießen Gießen Allendorf a. d. Lahn Hofbieber 6 Fulda

Limburg-Weilburg Kalbach Heubach 3 Wetteraukreis Hochtaunus- kreis

Reg.Bez. Darmstadt Main-Kinzig-Kreis Rheingau-Taunus-Kreis

Main-Taunus- Frankfurt Kreis am Main Offenbach Wiesbaden am Main

Offenbach

Richen Groß- 1 Gerau Darm- stadt Groß-Umstadt

Rai-Breitenbach Breuberg Darmstadt- Dieburg 2

Odenwald- kreis Bergstraße

Herausgeber: Regierungspräsidium Kassel, Dez. 25 Kartographie: Dez. 27.1

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 11 Siegerorte Gruppe A Die Siegerorte der Gruppe A

1. Sieger Cölbe-Schönstadt Landkreis Marburg-Biedenkopf

2. Sieger Breuberg-Rai-Breitenbach Landkreis Odenwald

3. Sieger Schlitz-Pfordt Landkreis Vogelsberg

Die erfolgreichen Teilnehmer der Gruppe A (in alphabetischer Folge)

Borken-Dillich Landkreis Schwalm-Eder

Breuna Landkreis Kassel

Hofgeismar-Hümme Landkreis Kassel

Kalbach-Heubach Landkreis Fulda

Ringgau-Röhrda Landkreis Werra-Meißner

Wettenberg-Launsbach Kreisfreie Stadt Gießen

Urkunde für herausragende Einzelleistungen

Kalbach-Heubach Würdigung des Fördervereins für die Sanierung und Neunutzung der ehemaligen Landsynagoge

12 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Siegerorte Gruppe B Die Siegerorte der Gruppe B

1. Sieger Edertal-Kleinern Landkreis Waldeck-Frankenberg

2. Sieger Wetter-Oberrosphe Landkreis Marburg-Biedenkopf

3. Sieger Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach Landkreis Werra-Meißner

Die erfolgreichen Teilnehmer der Gruppe B (in alphabetischer Folge)

Calden-Ehrsten Landkreis Kassel

Gießen-Allendorf Kreisfreie Stadt Gießen

Gilserberg-Schönau Landkreis Schwalm-Eder

Groß-Umstadt-Richen Landkreis Darmstadt-Dieburg

Homberg-Ober-Ofleiden Landkreis Vogelsberg

Hofbieber Landkreis Fulda

Willingshausen-Zella Landkreis Schwalm-Eder

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 13 Pressemitteilung Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Siegerdörfer des 33. Hessischen Landeswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ 2009 stehen fest

Erste Plätze im hessischen Landeswettbewerb „Unser gen Rechnung getragen werden. In Gruppe A sind die Dorf hat Zukunft“ an Cölbe-Schönstadt und Edertal- Orte vertreten, die bereits öffentliche Unterstützung Kleinern durch das Dorferneuerungsprogramm erhalten haben bzw. die noch Förderschwerpunkte sind. In Gruppe B Wirtschaftsminister Dieter Posch: „Der Erfolg der an sind die Orte, die bislang nicht an dem Dorferneu- dem Wettbewerb teilnehmenden Dörfer ist auch der Er- erungsprogramm teilnahmen, zusammengefasst. folg der Bürgerinnen und Bürger“ Im Landesentscheid 2009 der besten Dörfer Hessens Nach der Bereisung durch die Landesbewertungskom- wurden folgende Sieger ermittelt: mission im Juni 2009 stehen nun die Ergebnisse des hessischen Landeswettbewerbs „Unser Dorf hat Gruppe A Zukunft“ fest. „Der Erfolg der an dem Wettbewerb teil- nehmenden Dörfer ist Ausdruck eines großen und über- 1. Cölbe Schönstadt, Landkreis Marburg-Biedenkopf durchschnittlichen Engagements der Bürger. Mit diesem 2. Breuberg-Rai-Breitenbach, Odenwaldkreis Wettbewerb möchte die Landesregierung als Impulsge- 3. Schlitz-Pfordt, Vogelsbergkreis ber direkt die Akteure in den ländlichen Regionen ansprechen, um die Zukunft des ländlichen Raums durch Gruppe B Kontinuität und Nachhaltigkeit in gemeinschaftlicher Verantwortung zu sichern“, so Wirtschaftsminister Dieter 1. Edertal-Kleinern, Landkreis Waldeck-Frankenberg Posch am Donnerstag in Wiesbaden. 2. Wetter-Oberrosphe, Landkreis Marburg-Biedenkopf 3. Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach Der Landeswettbewerb wurde in zwei Stufen innerhalb von drei Jahren durchgeführt. Landesweit insgesamt 200 Als Siegerprämie erhalten die erstplazierten Dörfer je- Teilnehmerdörfer haben an den Regionalentscheiden, weils 5.000 Euro, die zweitplazierten Dörfer jeweils die im Jahre 2008 in acht Wettbewerbsregionen 3.000 Euro. Für den 3. Platz werden jeweils 2.000 Euro durchgeführt wurden, teilgenommen. Die 19 erfolg- vergeben. reichsten Kandidaten aus den Regionalentscheiden nahmen in diesem Jahr am Landesentscheid teil. Durch Die übrigen Teilnehmer: Borken-Dillich, Breuna, Hofgeis- gute Wettbewerbsvorbereitungen und ansprechende mar-Hümme, Kalbach-Heubach, Ringgau-Röhrda und Präsentationen konnte die Landesbewertungskommis- Wettenberg-Launsbach (Gruppe A) sowie Calden- sion von den nachhaltigen Leistungen in den Dörfern Ehrsten, Gießen-Allendorf, Gilserberg-Schönau, Groß- überzeugt werden, sagte der Minister. Umstadt-Richen, Homberg-Ober-Ofleiden, Hofbieber und Willingshausen-Zella (Grupppe B) erhalten jeweils Sowohl in den Regionalentscheiden als auch im Lan- eine Urkunde für die erfolgreiche Teilnahme am hessi- desentscheid wurde nach zwei Gruppen differenziert. schen Landesentscheid. Der Förderverein für die Dabei sollte den unterschiedlichen Ausgangsbedingun- Sanierung und Neunutzung der ehemaligen Landsyna-

14 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Pressemitteilung goge in Kalbach-Heubach erhält eine Auszeichnung für herausragende Gemeinschaftsleistungen.

Die beiden Siegerdörfer aus dem Landesentscheid wer- den Hessen im nächsten Jahr bei dem 23. Bundeswett- bewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ vertreten.

„Diese Dörfer waren im Wettbewerb gemeinschaftlicher Leistungen sehr erfolgreich. Ich hoffe, dass durch diese beispielhaften Leistungen und individuellen Lösungsan- sätze in Zukunft noch weitere Orte zu eigenen Aktivi- täten angeregt werden“, so Posch abschließend.

Hinweise:

Die Preisverleihung durch Wirtschaftsminister Posch wird am Sonntag, dem 11. Oktober 2009 in Melsungen statt- finden.

Auskunft zu den Ergebnissen des Landesentscheids erteilt die Vorsitzende der Landesbewertungskommis- sion: Roswitha Rüschendorf, Regierungspräsidium Kas- sel, Tel.: 0561 / 106-3125.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 15 Landesbewertungskommission 2009 33. Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Landeskommission 2009

Hermann Brand Konrad Moog Hessischer Städte- und Gemeindebund e. V. Gemeinde Dautphetal

Henry-Dunant-Straße 13 Hainstraße 1 Postfach 13 51 35232 Dautphetal 63165 Mühlheim/Main

Roswitha Rüschendorf Norbert Lemb (Leitung) Naturschutz-Akademie Hessen Regierungspräsidium Kassel Friedenstraße 38 Steinweg 6 35578 Wetzlar 34117 Kassel

16 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Landesbewertungskommission 2009

Volker Schmülling Christoph Wüstenhagen Hessisches Ministerium für Umwelt, Landesarbeitsgemeinschaft der Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren (LAKS)

Postfach 31 09 c/o Kulturzentrum Schlachthof 65021 Wiesbaden Mombachstraße 12 34127 Kassel

Dagmar Söder Landesamt für Denkmalpflege Hessen Hiltrud Schwarze (Assistenz) Schloß Biebrich 65203 Wiesbaden Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 Brigitte Tkalec Landfrauenverband Hessen e. V.

Taunusstraße 151 61381 Friedrichsdorf

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 17 18 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Bewertungsprotokolle Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe A

Borken-Dillich

Breuberg-Rai-Breitenbach

Breuna

Cölbe-Schönstadt

Hofgeismar-Hümme

Kalbach-Heubach

Ringgau-Rhörda

Schlitz-Pfordt

Wettenberg-Launsbach

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 19 Borken-Dillich

Dillich ist der südlichste Stadtteil der Großgemeinde Borken im Schwalm-Eder-Kreis. Die Gesamtgemeinde mit ins- gesamt 14 Stadtteilen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten durch den Wandel in Landwirtschaft und Bergbau/ Energiegewinnung strukturell mehrfach neu orientieren müssen. In der jüngeren Geschichte bestimmte 100 Jahre lang die Braunkohleförderung und -verstromung die Entwicklung der Region. Spuren der Industriegeschichte finden sich entsprechend in Landschaft, Stadt und Dörfern. Nach der Schließung des Bergbaus 1991 legt die Stadt Borken unter Aufnahme der Auswirkungen der 100-jährigen Bergbaugeschichte einen Schwerpunkt auf den Ausbau touri- stischer Angebote. In Dillich selbst wurde Tagebau von 1950 bis 1963 betrieben. Das Dorf hat derzeit knapp 500 Ein- wohner. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Dillich 1008 unter dem Namen „Thielleichi“. Die Entwicklung des Ortes bestimmte von 1318 bis 1826 die Adelsfamilie von Dalwigk maßgeblich. Unter dem selbst gewählten Motto „starke Bürger – starke Vereine – starke Kommune“ arbeiten acht Vereine, eine engagierte Kirchengemeinschaft und der Ortsbeirat in einer lebendigen Dorfgemeinschaft zusammen. Dillich be- teiligte sich 2008 erstmals am Hessischen Dorfwettbewerb. Unterstützung aus dem Hessischen Dorferneuerungs- programm erhielt der Ort von 1994 bis 2002.

Allgemeine Entwicklung nommen und partizipiert an einigen Förderprogram- men. Ziele, Handlungs- und Förderschwerpunkte wer- Das Dorferneuerungsprogramm beeinflusste die Ent- den in Folge regional abgestimmt. Zu nennen ist wicklung des Ortes in den vergangenen 17 Jahren in insbesondere der Zweckverband „Schwalm-Eder- weiten Bereichen. Der im Rahmen der Dorferneuerung West“, einem Zusammenschluss von insgesamt fünf gegründete Arbeitskreis „Unser Dorf“ besteht noch Kommunen. Weiterhin ermöglicht die Beteiligung im heute und ist ein wichtiger Motor zahlreicher Initiativen. Regionalforum „Schwalm-Aue e.V.“ eine Europäische Der Ortsbeirat in Dillich ist von allgemeinen Verwal- Förderung aus dem Leader-Programm von 2007 bis tungstätigkeiten entlastet. Diese werden von einer kom- 2013. Die Kooperation umfasst sechs Kommunen. munalen Dienststelle übernommen. Zudem arbeitet der Borken ist touristisch mit vier Kommunen in der kreis- Ortsbeirat arbeitsteilig und jedes Mitglied des Ortsbei- übergreifenden Arbeitsgemeinschaft „Erlebnisregion rates hat bestimmte Aufgaben übernommen. Edersee“ vernetzt.

Der Einfluss des Dorfes Dillich in der Stadt Borken ist – In welcher Form und in welchem Umfang Ortsbeirat, Ar- nach Aussage des Bürgermeisters – sehr groß. beitskreis oder Bewohner konkret an der Ausgestaltung der kommunalen Ziele mitwirken und welche bisherigen Die Stadt ist regional und interkommunal stark vernetzt. investiven Auswirkungen die regionale Zusammenarbeit Sie hat an mehreren Forschungsprogrammen teil ge- für Dillich hatte, ist der Kommission nicht bekannt.

20 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Borken-Dillich

Dillich setzt sich derzeit mit den Auswirkungen des de- Die kommunale Infrastruktur des Dorfes mit Feuerwehr- mografischen Wandels auseinander. Die Einwohnerzahl standort, Friedhof, Gasthaus, Gemeinschaftshaus, Ju- geht von 1950 mit 767 Bewohnern kontinuierlich zurück. gendclub, Pfarrscheune, Sport-, Grill-, und Festplatz ist Der Stadtteil verzeichnet mit ca. 28 % noch einen durch- in Bezug auf die Bewohnerzahl zufriedenstellend. Der schnittlich hohen Altersanteil von Bewohnern über 60 Kindergarten befindet sich im benachbarten Nassener- Jahren. Das sich abzeichnende Problem der Überalte- furt, und wird von derzeit acht Dillicher Kindern besucht. rung korrespondiert mit einem zunehmenden Leerstand Zur Grundschule gehen die Kinder nach Frielendorf- an Gebäuden. Es liegt eine Gebäudeerhebung für den Verna. Post, Bank und Sparkasse wurden in den ver- Ortskern mit Angaben über Gebäudenutzung bzw. -leer- gangenen Jahren geschlossen und durch Automaten stand sowie über innerörtliche Flächenreserven vor. Da- ersetzt. Vier Mal täglich bietet die Buslinie eine Anbin- nach sind ca. 15 Gebäude vermerkt, die kurz- oder dung an die Stadt Borken. Ein Edeka-Markt versorgt die mittelfristig einer Neunutzung zugeführt werden könn- Bürger mit Gütern des täglichen Bedarfs. Es gibt auch ten. Das Interesse von Bürgern und Fremden, dieses Po- zwei Gaststätten im Dorf. Insgesamt finden sich ca. 50 tential zu nutzen, wird als gering beschrieben. Ein Arbeitsplätze aus Landwirtschaft, Dienstleitung, Hand- Bebauungsplanentwurf für ein Baugebiet mit ca. 12 – 15 werk, Gewerbe. Die „langsame“ Internet-Nutzung er- Bauplätzen im Südosten der Ortslage liegt vor. In der weist sich als Nachteil für die lokale wirtschaftliche Neuaufstellung befinden sich aktuell der Landschafts- Entwicklung. Derzeit ist Dillich lediglich über wlan an das und der Flächennutzungsplan. weltweite Netz angeknüpft. Der Ortsbeirat sowie die Stadt bemühen sich zurzeit um eine Verbesserung der Für die Kommission stellte sich die beschriebene Ent- Übertragungsleistungen. wicklung widersprüchlich dar. Dem vorhandenen Pro- blembewusstsein sollte auf der Grundlage des Gebäudekatasters eine Konzeption zur Stärkung des Ortskernes folgen. Diese liegt nach Einschätzung der Kommission noch nicht schlüssig vor. Nicht erkennbar war weiterhin, welche Vorgaben der Dorfentwicklungs- plan bzw. das -konzept für die zukünftige Siedlungsent- wicklung besitzt. Die Kommission empfiehlt die Folgerungen aus dem Leerstands- und Nutzungskataster unter Einbindung der Bewohner zu erörtern und Überle- gungen zum weiteren Vorgehen abzustimmen. Neben Gesprächen mit den Eigentümern, einer begleitenden fachlichen Beratung wäre ein aktives Immobilien- und Grundstücks- und Gebäudemanagement durch die Stadt wünschenswert. Hessenweit finden sich hierzu einige Bei- spiele (z.B. Bad Hersfeld, Marburg). Finanzielle kommu- nale Investitionsanreize, z.B. zur Sanierung, wären dabei eine Hilfe. Die innerörtlichen Freiflächen könnten unter In die touristische Entwicklung Borkens ist Dillich bisher Abwägung städtebaulicher Gesichtpunkte und ökologi- nur wenig und zumeist indirekt eingebunden. Mit zwei scher Anforderungen abschließend bewertet und über Ferienwohnungen ist der wirtschaftliche Nutzen (noch) das Internet offeriert werden. Auf die konkurrierende gering. Hintergründe sind neben der relativen Ferne zu Ausweisung eines weiteren Neubaugebietes sollte zu- den ausgewiesenen Freizeitseen Borkens, dass die ca. gunsten der Ortskernstärkung verzichtet werden. 160 ha großen, im Tagebau entstandenen Abbauflächen zum Teil wieder aufgefüllt wurden. Sie wurden der Land- Inwieweit für die Kommune und Dillich ein energetisches wirtschaft erneut als Nutzfläche zur Verfügung gestellt Konzept zur Nutzung erneuerbarer Energien und zur oder der natürlichen Sukzession überlassen. Die vier ver- Steigerung der Energieeffizienz vorliegt ist der Kommis- bleibenden Abbauflächen bilden heute Seen. Ihre Be- sion nicht bekannt. Photovoltaikanlagen finden sich in- deutung liegt in der Naherholung, wobei sich einer zu dessen auf mehreren Privatdächern. einem Biotop entwickelt hat.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 21 Borken-Dillich

Seit 1955 wird der Gutshof in Dillich von der Familie von Ries als Ackerbaubetrieb mit 300 Hektar bewirtschafte- ter Fläche genutzt. Mit einem geplanten Ferienhaus soll ein weiteres Standbein im Tourismus geschaffen werden. Weitere drei Vollerwerbslandwirte (Milchviehhaltung) sind im Ort ansässig. Sie arbeiten überbetrieblich und ihre Nachfolge scheint gesichert.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Dillich verfügt über acht aktive Vereine: Burschenschaft, Landfrauenverein, Freiwillige Feuerwehr, Chorverein, Ju- gendclub, Schützenverein, Sportverein und SPD-Orts- verein. Der Sportverein Blau-Weiß Dillich blickt auf eine fast hundertjährige Tradition zurück. Mit 160 Mitgliedern über 30 Jahren betreibt er das von der Gemeinde bereit betreut er acht Jugendmannschaften im Fußball. Zu- gestellte Gebäude in der Neuenhainer Straße in Eigen- sätzliche Abteilungen betreiben Gymnastik und Aero- regie. Im Laufe der Jahre wurden immer wieder Reno- bic. Der Verein betreibt den Sportplatz und das eigene vierungen in Eigenleistung durchgeführt. Der Club ist Vereinsheim, das in Eigenleistung erweitert wurde. Zu- täglich ab 19 Uhr geöffnet und bietet neben Gemein- sätzlich wurde ein Grill-Pavillon für die Bürger von Dil- samkeiten und Spielen auch Seminare für die Dorfju- lich errichtet. Der Schützenverein „Thileichi 1929 Dillich gend, Sportturniere und Kanutouren an. Einmal jährlich e.V.“ hat mit über 20.000 Arbeitsstunden einen eigenen findet in Kooperation mit der Burschenschaft eine Rock- Schießstand und Vereinsheim errichtet. Durch zahlreiche nacht in Dillich statt. Diese organisiert mit ca. 23 aktiven Aktivitäten, auch außerhalb des klassischen Schützen- Mitgliedern jährlich die Kirmes. Das Besondere in Dillich vereins erfreut er sich einer steigenden Mitgliederzahl. ist das so genannte Ständchengeld. Der Chorverein Dil- Der Schützenverein führt u.a. das Ostereierschießen für lich hat 23 aktive Sänger und 80 fördernde Mitglieder. Jedermann durch, organisiert das Osterfeuer und zwei- Bei kirchlichen und öffentlichen Veranstaltungen singt mal jährlich einen Kindersachenbasar. Als bleibendes der gemischte Chor. Der Landfrauenverein Dillich trifft Zeichen seiner sportlichen Erfolge legt der Verein einen sich wöchentlich. Dabei werden Themen wie Ernährung, Schützenwald an, in dem jedes Jahr der Schützenkönig Gesundheit, Gartengestaltung und Reiseberichte be- eine Eiche pflanzt. handelt. Neben der Beteiligung an fast allen Dorffesten, organisiert der Landfrauenverein jährlich eine Ernte- Der Jugendclub „HOY“ Dillich besteht aus ca. 20 jun- dankfeier und eine Adventsfeier. Die Freiwillige Feuer- gen Menschen im Alter von 14 bis 23 Jahren. Schon seit wehr stellt mit 24 Mitgliedern den Brandschutz für Dillich und die angrenzenden Ortschaften auf einer Fläche von über 700 ha sicher. Eine Jugendfeuerwehr betreut 16 Ju- gendliche, die neben ihren Übungsabenden, sich mit einem Theaterstück an der jährlichen Weihnachtsfeier beteiligen. Die Feuerwehr verfügt im Feuerwehrhaus über einen Multifunktionsraum für Treffen und Feiern. Der SPD-Ortsverein Dillich engagiert sich – neben der politischen Arbeit – bei Weihnachtsfeiern, organisiert Radtouren und Sommerfeste und das traditionelle He- ringsessen am Aschermittwoch.

Nicht nur für die Neubürger wurde weiterhin eine vor- bildliche Broschüre über Dillich mit allen Ansprechpart-

22 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Borken-Dillich ner aus Verwaltung, Politik, Kirche und Vereinen sowie sen mit zahlreichen imposanten Gebäuden ist in Fach- weiteren wichtigen Informationen zusammengestellt. werk- und Massivbauweise errichtet. Es ist nach wie vor Dillich hat im Jahre 2008 sein 1000jähriges Bestehen ge- ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Wohnnutzung. Ur- feiert. Die vielfältige Geschichte und interessanten Ge- sprünglich eng mit dem Gut verbunden liegt in unmit- schichten sind in einer fast 400 Seiten dicken Chronik telbarer Nachbarschaft das Dillicher „Schloss“, welches zusammengefasst und für die Bürger aufbereitet und do- privat bewohnt wird. Das ebenfalls beeindruckende An- kumentiert. Hierin finden sich auch die Geschichte der wesen steht am Standort einer Wasserburg, auf der die Dillicher Synagogengemeinde und ihrer Mitglieder. Im Familie von Dalwigk, ein Adelsgeschlecht aus dem Ort selbst gibt es keinen Verweis darauf. Raum Korbach, 1361 eine Burg errichtete. Es wurde zu- letzt 1905 – 1909 im Stile des Historismus unter Auf- Die Gemeinschaft aller Vereine mit ihren vielfältigen Ver- nahme zahlreicher Renaissance-Elemente von dem anstaltungen und Aktivitäten bilden zusammen mit der Architekten August Dauber sowohl innen als auch außen Evangelischen Kirchengemeinde ein engmaschiges so- völlig umgestaltet. ziales Netz, das es – nach Aussagen auch der jungen Bürger in Dillich – interessant und lohnenswert macht hier zu leben. Das sich die Bewohner stark mit „ihrem“ Dorf und dem selbst gewählten Motto identifizieren, wurde der Kommission glaubhaft vermittelt.

Baugestaltung und -entwicklung

Ein unregelmäßiger Ortsgrundriss, ein weitläufiges Stra- ßennetz und städtebaulich unterschiedliche Besied- lungsbereiche charakterisieren die bebaute Ortslage von Dillich. Der kleine, historische und früher geschlos- sene Ortskern im Nordwesten wirkt mit der Kirchenum- bauung, trotz mehrerer Abbrüche in den 70ern und Anfang der 80er Jahre, sehr homogen. Der ehemalige ovale Kirchhof liegt inselartig innerhalb eines Wege- Die Kirche mit umliegender Bebauung, der Gutshof und bzw. Straßennetzes, dem heutigen Kirchring. Er ist von das Schloss sind mit den dazugehörigen Frei- und Grün- einer kleinteiligen Bebauung mit Einhäusern und Streck- flächen als Gesamtanlage nach dem Hessischen Denkmal- höfen sowie Wirtschaftgebäuden ringförmig umschlos- schutzgesetz ausgewiesen. Bau-, siedlungsgeschichtliche sen. Im Umfeld der Kirche liegen weitere ehemals und künstlerische Gründe sprechen für diese Wertigkeit. öffentlich genutzte Gebäude. Dieses sind die erste Dabei unterliegen die meisten Gebäude auch einem Schule von 1760 (1837 erweitert) sowie die ehemalige Schutz als Einzeldenkmal. Östlich der Gesamtanlage ste- Synagoge (2. Hälfte des 18. Jh.) und das jüdische Ge- hen eine größere Anzahl weiterer Baudenkmäler als Zeug- meindehaus (Anfang 19. Jh.). Alle Gebäude befinden nis der Siedlungserweiterung, darunter auch die etwas sich heute im Privatbesitz, letztere seit 1938. Die evan- abseits liegende Mühle. Insgesamt dominiert im Ortskern gelische Kirche, Ende des 16. Jh. erbaut und mehrfach die bis in das 20. Jahrhundert reichende traditionelle Fach- verändert, wurde Anfang der 60er Jahre innen grundle- werkrähmkonstruktion. Als Baumaterialien finden sich ent- gend renoviert. Ihre Baugeschichte ist noch nicht ab- sprechend Holz, Schindeln, Putzbau und Ziegel sowie schließend erforscht. unverputzte Naturstein- und Sandsteinsockel. Auf Grund eines Brandes stammen die meisten Gebäude aus der Zeit Nördlich des Kirchrings schließt sich das ehemalige Rit- nach 1757. Viele wurden mit Unterstützung einer Beratung tergut an, das später als Herrensitz genutzt wurde. Die im Rahmen der Dorfentwicklung fachgerecht renoviert. Die Gebäude des großen landwirtschaftlichen Guts wurden Bürgerinformation „Dorferneuerung Dillich“ wird noch im 19. Jh. nach einem Besitzerwechsel erneuert und heute für die Beratung und als Entscheidungshilfe einge- 1910 um ein neues Verwalterhaus ergänzt. Das Anwe- setzt.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 23 Borken-Dillich

Außerhalb des unmittelbaren Ortskerns prägen eine re- semble. Die kleinteilige Bebauung korrespondiert an- lativ lockere Bebauung mit sehr großen Grundstücken sprechend mit der angrenzenden Straßen- und Frei- und vielen Freiflächen weite Teile des Ortsbildes. Hin- raumgestaltung. Pflasterrinnen im Ortskern orientieren sichtlich ihrer Maßstäblichkeit, Proportionsausbildung, sich an traditionellen Wegebeziehungen und gliedern Farbgebung und Materialwahl sind die Gebäude im wei- den Straßenraum. Natursteinmauern fassen kleine Bau- teren Ortskern überwiegend an die traditionelle Bau- erngärten und Grünflächen vor den Häusern ein. Fassa- weise angepasst, d.h. fügen sich unauffällig ein. Neuere denberankungen, alter Baumbestand darunter auch Baugebietsausweisungen erstrecken sich weitläufig in zahlreiche Obstbäume, Gehölze z.B. Holunder und Ra- südlicher und östlicher Ortslage. Wie oben bereits er- batten mit Staudenbepflanzung finden sich häufig. wähnt, empfiehlt die Kommission die innerörtliche Ver- dichtung stärker zu steuern, ggf. auch bauleitplanerisch. Im weiteren Dorf wechselt das Bild der Grünflächen: Bei der vertieften Flächenbewertung ist dabei grund- großflächige Gärten und gärtnerisch genutzte Baulücken stücksbezogen abzuwägen, welche Flächen aus Grün- sowie üppige Heckeneinfriedungen geben Dillich ein den der Ortsbildsicherung und der ökologischen grünes, naturnahes Bild. Selbst in den jüngeren Gärten Vielfalt auch langfristig von einer Bebauung freizuhal- sind zahlreiche naturnahe Gestaltungselemente, wie Na- ten sind. tursteinmauern oder Pflanzen aus traditionellen Bauern- gärten eingebunden. Obstanlagen inmitten des Dorfes und großkronige Bäume nehmen einerseits die Funktion von Raumkanten auf. Andererseits verstärken sie den dorftypischen Eindruck der lockeren Bebauung.

Sehr stimmig und einladend zeigt sich der südwestliche Ortseingang mit großzügiger beidseitiger (Böschungs-)Be- pflanzung auf Rasen. Hier befindet sich zudem das aus acht Eichen bestehende Naturdenkmal. In mehreren auch neueren Straßenabschnitten wurde auf eine Befe- stigung der Randstreifen zugunsten der Anlage von Grünflächen und Rabatten verzichtet. Unter Aufnahme eines (noch zu entwickelnden) grünordnerischen Leitbil- des empfiehlt die Kommission die zahlreichen positiven Beispiele im Ort herauszustellen und fortzuführen. Die Die öffentlichen Gebäude befinden sich in einem sehr naturnahe Gestaltung der Gärten und Parkflächen sowie guten Zustand. Das Dorfgemeinschaftshaus, nach Ab- die in weiten Teilen erhaltene bis noch nicht renovierte bruch mehrerer Anwesen 1981 eingeweiht, ist Mittel- Bausubstanz alter landwirtschaftlicher Gebäude ermög- punkt für Feste und Feierlichkeiten und steht neben der licht es bedrohten Tierarten wie Schleiereule und Fle- Pfarrscheune auch für private Nutzungen zur Verfügung. dermausarten in Dillich zu siedeln. Der Schlosspark mit Die Pfarrscheune ist behindertengerecht ausgebaut und seinem mehr als hundertjährigen Baumbestand ist trotz bildet das kirchliche, ehrenamtlich betreute Gemeinde- der punktuellen Überformung durch die private Nutzung zentrum der evangelischen Kirchengemeinde. Trauer- ein Kleinod in der ganzen Region. Ebenso beeindruk- halle und Vereinshäuser sind schlicht und funktional kend ist die Lindenallee im alten, heute noch genutzten, gehalten und damit dörflich ansprechend gebaut. Gut Friedhof. Sie ist neben den steinernen Denkmälern, die gelungen ist auch der Umbau des Feuerwehrgeräte- älteste Stehle steht hier seit 1635, ein Zeichen dafür, hauses. dass der Friedhof von Dillich schon sehr früh aus dem kirchlichen Dorfmittelpunkt ausgesiedelt wurde und seit Beginn des 17. Jahrhunderts an diesem Standort be- Grüngestaltung und -entwicklung steht. Es wäre zu wünschen, wenn die zahlreichen alten Grabsteinplatten als Zeugnisse der Dillicher Geschichte Das baulich-räumliche Gefüge bildet mit seinen Frei- vor Schlagregen etc. geschützt und damit auch langfri- und Verkehrsflächen im Ortskern ein harmonisches En- stig erhalten blieben.

24 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Borken-Dillich Dorf in der Landschaft Ansprechpartnerin

Die Gemarkung Dillich umfasst eine Fläche von 514 Andrea Bernhardt Hektar und liegt in der Westhessischen Senke. Weitge- Am Pfarrgarten 10 hend sandige Böden finden sich im Norden. Im Osten 34582 Borken (Hessen) – Dillich erstreckt sich ein Waldgebiet mit der Leutehecke, einer als Naturdenkmal ausgewiesenen Baumgruppe aus 15 starken Stieleichen. Die imposanten Baumriesen mit aus- ladenden Kronendächern sind ca. 250 bis 300 Jahre alt. Früher wurden hier von einem Hirten die Schweine des Dorfes zur Eichelmast geführt. In diesem Bereich ist das Dorf gut in die Landschaft eingebunden. Den Gegensatz dazu bildet der südwestliche Ortsrand, für den eine zu- sätzliche Eingrünung empfohlen wird. Auch die ver- stärkte Eingrünung des vor dem Ortseingang gelegenen Gewerbeunternehmens sowie der landwirtschaftlichen Aussiedlerbetriebe wird angeregt.

Der Sportplatz und das angrenzende Schützenhaus, der Fest- und Spielplatz sind gut in die Landschaft einge- bunden. Der bestehende Baumbestand rund um das Schützenhaus wird durch die Pflanzung einer Eiche des jeweiligen Schützenkönigs ergänzt. Die Hecken im Au- ßenbereich werden durch die Stadt Borken gepflegt und jährlich wird der Obstertrag von ca. 40 Obstbäumen ver- steigert. Im Westen fließt der Bach Olmes, in dessen Wiesengrund in den 50er und 60er Jahren große Men- gen Braunkohle abgebaut wurden. Für die Olmes liegt eine Planung zur Renaturierung vor, die in Teilen bereits umgesetzt ist. Ziel ist, die Fließgeschwindigkeit des Ba- ches durch zusätzliche Mäander zu verringern und so frü- here Begradigungen im Zuge des Braunkohletagebaus teilweise zu korrigieren.

Die Bewertungskommission, August 2009

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 25 Borken-Dillich

26 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Breuberg-Rai-Breitenbach

Rai-Breitenbach liegt im Odenwaldkreis und Unesco-Geopark Bergstraße-Odenwald, unmittelbar an der Landes- grenze zu Bayern. Der Stadtteil ist mit seinen derzeit 883 Einwohnern im Breuberger Land am Fuße der Burg Breu- berg gelegen. Schon früh war das Gebiet des heutigen Rai-Breitenbachs auf Grund der Lage an der Mümling, der Quellversorgung und der Rückzugsmöglichkeiten in den nahen Wald ein Siedlungsplatz. In seinen heutigen Grenzen entstand der Ort aber erst 1858 als Zusammenschluss der zwei Dörfer Raibach und Breidenbach. Hierzu gehören auch der südlich von Breitenbach gelegene „Mühlhäuser Hammer“, der Weiler Mühlhausen und das „Schlösschen“ sowie der nördlich gelegene Arnheiter Hof mit Kapelle. Rai-Breitenbach war von 1992 bis 2000 Dorferneuerungsschwerpunkt. Der Ort beteiligt sich seit 1992 mehrfach an dem hessischen Dorfwettbewerb. Im Internet ist der Stadtteil unter der Kerngemeinde Breuberg sowie unter www.bioenergiedorf-odenwald.de zu finden. Das dörfliche Motto lautet: „Miteinander – Füreinander“.

Entwicklung des Ortes Ortsrandbegrünung weiter ablesbar bleibt. Die Auswei- sung des nördlichen Baugebiets „Wohnen am Raibach“ Breuberg gilt auf Grund der guten straßenverkehrlichen mit ca. 50 Bauplätzen wird seitens der Kommission kri- Anbindung als Wachstumskommune des südlichen tisch bewertet. Demgegenüber wird eine mittel- oder Landkreises. Prognostisch wird von einem Bevölke- langfristige Arrondierung der Flächen im Bereich des rungszuwachs ausgegangen. Zurzeit wird die Neuauf- Biomasseheizkraftwerks unter Beachtung der Nutzungs- stellung des Flächennutzungsplans mit Landschaftsplan verträglichkeit empfohlen. von 1991 geprüft. Für Rai-Breitenbach wird angestrebt, sowohl den Ortskern zu sichern als auch eine harmoni- Über die Stadt Breuberg ist Rai-Breitenbach Mitglied in sche und landschaftsverträgliche Erweiterung vorzuneh- der Interessengemeinschaft Odenwald e.V. und der Lea- men. Aktuell befindet sich ein Bebauungsplan in der-Region Odenwald. Durch seine naturräumliche Lage Aufstellung. Er sieht an der südöstlichen Ortslage in un- ist die Gesamtregion ein beliebtes Fremdenverkehrsge- mittelbarer Nähe zum Schulzentrum auf einer Streu- biet. Ein Rad- und Wanderwegenetz sind vorhanden. obstwiese eine Verdichtung vor. Örtliche Überlegungen Breuberg ist aktiv in der touristischen Arbeitsgemein- für ein ökologisches Dorf in nördlicher Ausrichtung lie- schaft Nord eingebunden. Im Tagestourismus wird der gen weiterhin vor. Die Kommission empfiehlt bei der ak- Schwerpunkt gesehen. Welche touristischen Ziele und tuellen Neubebauung „8 Morgen“ darauf zu achten, Maßnahmen für Breuberg und im Besonderen für Rai- dass über eine starke Durchgrünung des Areals die alte Breitenbach angestrebt werden, wurde für die Kommis-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 27 Breuberg-Rai-Breitenbach sion nicht erkennbar. Derzeit kann der örtliche wirtschaft- hat sich mit großem Engagement von der Projektent- liche Effekt nicht sehr hoch sein, da es im Ort nur eine wicklung 2005 über die Genossenschaftsgründung 2006 Gaststätte und eine Übernachtungsmöglichkeit auf dem mit derzeit 165 Mitgliedern bis zur Inbetriebnahme 2008 Reiterhof gibt. Auch der Anschluss an den ÖPNV ist le- eingesetzt. Für das Nahwärmenetz wurden dabei 7,5 km diglich über die Schulbuslinie gewährleistet. Im Ort wäre Leitungen im Ort verlegt. 150 Haushalte sind ange- zu prüfen, welche Potentiale aktiviert werden könnten. schlossen. Ausbaupläne liegen vor. Technische Grund- lage bilden eine Holzhackschnitzelanlage und ein Unterdurchschnittlich für einen Ort dieser Größe stellt Blockheizkraftwerk. Da die Biomasse (Hackschnitzel und sich die Grundversorgung dar. Sie wird in weiten Teilen Rapsöl) aus der Region gewonnen wird, trägt dieses Pro- durch Angebote der Gemeinde Höchst und der anderen jekt auch zur regionalen Wertschöpfung bei. Zusammen Breuberger Stadtteile sichergestellt. Ein Lebensmittel- mit Wetter-Oberrosphe sind damit zwei von vier Bio- geschäft fehlt. Neben der ev. Kirche, dem Friedhof, dem energiedörfer aus Hessen im diesjährigen Landesent- Sportplatz und den Vereinshäusern sind weiter die Mo- scheid vertreten. dell-Grundschule und die kreiseigene Mittelpunktschule an öffentlichen Einrichtungen zu nennen. Letztere wurde in den 60-ziger Jahren gegründet. Sie nimmt heute mit Bürgerschaftliche Aktivitäten und Haupt-, Realschule und Gymnasialzweig ca. 1.200 Kin- Selbsthilfeleistungen der aus dem Umland auf. Ein attraktives Angebot ein- schließlich Mittagsbetreuung zeichnet die Schule aus. Das kulturelle und soziale Leben findet insbesondere sei- Im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften wurden ein nen Ausdruck in den 13 Vereinen bzw. Vereinssparten mit Schulgarten und ein Insektenhotel angelegt. Aber auch zum Teil langer Tradition. Sie begleiten den Jahresablauf Kurse u.a. der Volkshochschule finden hier statt. Das mit zahlreichen sportlichen, kulturellen, sozialen, land- Wasserwerk Mühlhausen stellt die gesamte Wasserver- schaftspflegerischen und umweltpädagogischen Ange- sorgung des Ortes sicher. boten und Projekten. Einige Vereine und zahlreiche Veranstaltungen sind auch überörtlich ausgerichtet. So Der „Dorftreff“ (Bürgerhaus) ist nicht nur bauliches Zen- wurde das „Rawischer Sommertheater“ in diesem Jahr trum im Ortskern. Mit einer attraktiven Außenanlage und bereits zum 10. Mal im Rahmen des Kultursommers Süd- mehreren Nebengebäuden entstand im Rahmen der hessen ausgerichtet. Im Ort sind die Vereine zu einem Dorferneuerung ein sozialer und kultureller Mittelpunkt. Vereinsring zusammengeschlossen. Dieser lädt auch zu Ein weiteres soziales Zentrum ist die alte Schule. Hier der weit über die Grenzen hinaus bekannten Dorfweih- befinden sich der örtliche Kindergarten mit kostenloser nacht mit lebender Krippe auf dem Dorfplatz ein. Betreuungsmöglichkeit und ein Jugendtreff. Die Zu- sammenarbeit mit dem städtischen Jugendpfleger wird als konfliktfrei beschrieben.

Es gibt nur einige wenige Arbeitsplätze im Bereich Dienstleistung und Landwirtschaft im Ort. Das Heiz- kraftwerk bindet eine Honorarkraft. Der nahe gelegene Industriebetrieb Veith Pirelli bietet u.a. zahlreichen Ein- wohnern aus Breuberg „Lohn und Brot“.

Die Zusammenarbeit zwischen der Stadt, dem Ortsbei- rat, Dorfarbeitskreis und den Bewohnern wird nicht nur als eng sondern auch als gut bewertet. Mehrere Rai-Brei- tenbacher sind im Magistrat und in der Stadtverordne- tenversammlung vertreten. Ausdruck dessen sind weiterhin die Mitwirkung in der Kommission „Kultur und Die Arbeitsgruppen der Schule beteiligen und bringen Tourismus“ und die in nur wenigen Jahren erfolgte Ent- sich ebenfalls in die örtliche Vereinsarbeit ein. Von Sei- wicklung zum „Bioenergiedorf“. Die Dorfgemeinschaft ten der Bewohner gibt es örtliche Patenschaften bei der

28 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Breuberg-Rai-Breitenbach Lehrstellensuche. Weiterhin sind eine Krabbelgruppe, Baugestaltung und -entwicklung ein SeniorInnentreff und der bereits erwähnte Jugend- treff in Eigenregie organisiert. Eigenleistung und Selbst- Auf topografisch bewegtem Gelände und von zwei hilfe der Ortsgemeinschaft tragen erheblich dazu bei, nordsüdlich verlaufenden, teilweise verrohrten, Bächen dass die dörfliche Lebensqualität mit ihrer ökologischen geprägt, hat sich das historische Raibach westlich der und kulturellen Vielfalt gewahrt bleibt. Hänge in den Bachniederungen entwickelt. Die Stra- ßenverläufe und baulich-räumliche Anordnung der Be- Aus der dörflichen (Angebots-)Not eine Tugend ma- bauung mit der höher gelegenen Kirche vermitteln den chen, das haben sich einige Bewohnerinnen gesagt und Ortstypus eines Haufendorfes. Der in der Denkmalto- die AG „Nachbarschaftshilfe“ gegründet. Das bisher nur pografie skizzierte Ursprung als Straßendorf ist, zumin- in Planung entwickelte Projekt hat den Aufbau einer dest auf den ersten Blick, nicht mehr erkennbar. Das (Tausch-)Börse von Hilfeleistungen zum Ziel. Dabei sol- ehemalige selbständige Dorf Breitenbach liegt westlich len Jung und Alt, Vereine, Schulen und Unternehmen des gleichnamigen Baches und grenzt, durch eine eingebunden werden. Die mögliche thematische Palette Straße getrennt, an Neustadt an. Städtebaulich be- ist vielfältig und greift nahezu alle Alltagssituationen ins- trachtet bildet dieser Teil des Ortes eine bogenförmig besondere älterer Bewohner auf. Ein ehrgeiziges Vorha- verlaufende Appendix. Das kirchliche, wirtschaftliche ben, welches auf das Mitmachen vieler Bewohner und kulturelle Zentrum von Rai-Breitenbach liegt hinge- angewiesen ist. Eingebracht werden dabei Lebenser- gen östlich des Baches, wobei Sportgelände und Schul- fahrung und vorhandene Qualifikationen. Die Neben- zentrum eine gewisse Scharnierfunktion haben. effekte sind: Miteinander kommunizieren, Kontakte knüpfen und fördern. Die Koordination soll ein ehren- amtliches Büroteam übernehmen. Ein Engagement mit hoher Zielsetzung unter dem Motto: Gemeinsam sind wir stark. Räumlich möchte sich das Team in der alten Schule niederlassen.

Charakteristisch für den Ortskern ist einerseits eine of- fene Bauweise mit sowohl trauf- oder giebelständig ste- henden Gebäuden und (eingeschränkt) Straßenräumen, die mehrfach nutzbar sind. Dieses Bild steht in einem harmonischen Einklang mit einer ausgeprägten inner- örtlichen Durchgrünung. Unter weiterer Aufnahme des Elements Wasser wurden diese Gestaltungs- und städte- baulichen Merkmale und im Rahmen der Dorferneue- rung fortgeführt, ohne indessen nostalgisch zu wirken. Einen bildungspolitischen und umweltpädagogischen So führt am Ortseingang die Lindenstraße durch eine Auftrag hat sich auch die Genossenschaft gegeben. Sie Allee aus Kirschbäumen und Ebereschen vorbei an den bietet Führungen auch für Schulen an. hier typischen Fachwerkhäusern mit Sandsteinsockeln in die Dorfmitte, zum Dorftreff. Baum- und Pflanzinseln, Welche Verknüpfungen es zur Bürgerstiftung Breuberg Höfe mit Natursteinpflaster und üppige Begrünung fal- gibt, blieb offen. Einige Irritationen vor Ort hinterließen len angenehm auf. bei der Kommission den Eindruck, dass der Informati- onsaustausch zwischen dem Ortsbeirat, dem „Arbeits- Mit dem Ausbau einer ehemaligen Scheune zum „Dorf- kreis Unser Dorf“ und den Bewohnern noch wirkungs- treff“ und mit dem Neubau der Brunnenhalle und Re- voller gestaltet werden könnte. mise wurde nicht nur eine neue lebendige Mitte

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 29 Breuberg-Rai-BreitenbachBorken-Dillich geschaffen, sondern auch eine städtebauliche unbefrie- vate Baudenkmäler gibt es nur sehr wenige im Ort. Die digende Situation beendet. Darüber hinaus setzen die auch im Rahmen der Dorferneuerung realisierten Um- öffentlichen Gebäude bauliche Akzente und bieten Ori- und Ausbaumaßnahmen haben überwiegend Vorbild- entierung für zukünftige Baumaßnahmen. Dieses ge- funktion. Sie fügen sich harmonisch in den Straßenraum schieht einerseits durch die Aufnahme vorgefundener ein. Lediglich einige Neubauten im engen Ortskern Formen/Maßstäblichkeit und Materialien wie Holz, heben sich hinsichtlich ihrer Größe, Proportionen und Sandstein, Ziegel. Andererseits wird auf neue Gestal- Fassadengliederung ab. Solar und Photovoltaikanlagen tungselemente und ungewöhnlichen Farbgebungen, finden sich im neueren Ortsteil. z.B. beim Buswartehäuschen nicht verzichtet. Die be- schriebenen Grundsätze sollen auch bei der geplanten Sanierung der alten Schule von 1869 und seines Umfel- des Eingang finden. Erste Planungen sehen eine Anbin- dung an den Dorftreff mit Freifläche, Spielplatz, Bachanbindung etc. vor. Die Kommission befand die Aufwertung der Gesamtsituation positiv, registrierte aber eine gewisse Überformung des Außenbereichs. Sie plädiert für mehr extensiv genutzte Freiflächen.

Insgesamt sollte weiterhin ein großes Augenmerk auf die Beratung privater Bauherren gelegt werden. Kom- munale Finanzierungsanreize für eine Inanspruchnahme wären wünschenswert. Eine Baugestaltungsfibel könnte Unterstützung leisten. Denkbar ist weiterhin, positive Beispiele, z.B. über einen Themenpfad, hervor zu heben.

Grüngestaltung und -entwicklung Sehr eindrucksvoll erhebt sich die alte romanische Wehr- kirche mit Wehrmauer und Wehrfriedhof am Hang. Die Charakteristisch für Rai-Breitenbach ist die intensive umfangreichen Planungen und Überlegungen für eine Durchgrünung des Ortes. Sie betrifft sowohl den öffent- Um- und Neugestaltung des alten Friedhofs sowie des lichen (Verkehrs-)Raum als auch private Flächen. Auch Kerzenhäuschens (alte Trauerhalle) werden durch eine ein Schulgarten wurde angelegt. AG koordiniert. Hierbei werden auch neue und alterna- tive Bestattungsformen mit in das Konzept aufgenom- Lebensraum für Fauna und Flora bieten innerorts Ge- men. Erhöhter Sanierungsbedarf besteht insbesondere hölze und Hecken, Wasserläufe, zahlreich vorhandene für die alte Kirchhofsmauer, die mit ihren „Bischhofs- Sandsteinmauern, teilweise als Trockenmauern ausge- mützen“ gleichfalls unter Denkmalschutz steht. Die bildet und diverse Freiflächen. In den vielen Vor- und Kommission empfiehlt die historischen Grabsteine vor Hausgärten finden sich gepflegte standortgerechte Schlagregen und Frost zu schützen. Bäume und Sträucher, die auch in den vergangenen Jah- ren neu angepflanzt wurden. Dabei wird auch ein be- Schutzcharakter besitzen auch die oben genannten au- sonderes Augenmerk auf die Ortseingänge gelegt. ßerhalb des Ortes liegenden Anlagen. Während das (pri- Spontanvegetation findet sich an vielen Stellen. In die vate) Schlösschen nur noch eine Ruine darstellt, soll die Vereinsarbeit sind Ortsbildpflege, Natur- und Land- Arnheiter Kapelle zeitnah gesichert bzw. saniert werden. schaftsschutz feste Bestandteile. Der Friedhof soll im Schließlich handelt es sich hierbei um den einzigen Rahmen der Neukonzeption als „Ort der Begegnung“ noch bestehenden Kirchenbau Deutschlands, welcher auch eine stärkere Bepflanzung erhalten. Unter dem mit Lehm gemauert und mit Kalkmörtel verfugt ist. Pri- Motto „Altes und Bewährtes bewahren und erhalten“

30 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Breuberg-Rai-Breitenbach wird aktiver Naturschutz betrieben. Dieser positive Ge- samteindruck findet sich jedoch nicht durchgängig. So könnte manche Privatfläche durch einfache Entsiege- lungs- und Pflanzmaßnahmen zur weiteren Artenvielfalt beitragen. Wünschenswert wäre, wenn die geplante Grünfibel umgesetzt würde. Empfohlen wird, diese durch Hinweise über die Nutzung alternative Energien zu ergänzen.

Dorf in der Landschaft

Die 1.006 ha große Gemarkung weist ca. 77% Waldan- teil auf. Die Einbindung der bebauten Ortslage in den land- und forstwirtschaftlich genutzten Kulturraum ist Ansprechpartner sehr gut. Eingebettet in Feucht-, Wildblumen- und Streuobstwiesen vermittelt die Umgebung dem Besu- Ortsvorsteher cher den Eindruck einer stimmigen Parkanlage. In den Horst Stapp vergangenen Jahren wurde das Augenmerk verstärkt auf Zum Pitschgrund 2a Naturschutzmaßnahmen gelegt. So wurden Gehölze ge- 64747 Breuberg-Rai-Breitenbach pflanzt und eine Feuchtwiese angelegt. Weiterhin gibt es private Initiativen zur Anlage von Ackerschonstreifen sowie und Pflege des Grünlandes durch Beweidung. Am alten Bahndamm entstanden eine Benjeshecke und Infotafeln. Wolfgang Kalbhenn Ein Insektenhotel und eine Storchenhilfe wurden aufge- Breubergstraße 32 stellt. Aber auch die Pflege der Kopfweiden und 64747 Breuberg–Rai-Breitenbach Obstbäume ist ein wichtiger Bestandteil der aktiven Naturschutzarbeit durch die Einwohner und Schulklassen. Die Liste der anstehenden Projekte ist noch lang, z.B. das abschnittsweise Mähen der Feldraine. Umweltpädago- gische und touristische Ziele verfolgt die Initiative, einen thematischen Wanderweg als „Zeitreise durch die Ener- giegewinnung im Breuberger Land“ aufzubauen.

Die Bewertungskommission, August 2009

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 31 Breuberg-Rai-Breitenbach

32 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Breuna

Der Ortsteil Breuna liegt im Naturpark Habichtswald auf einer Anhöhe umgeben von Feldern und Wiesen inmitten einer ausgedehnten bewaldeten Hügellandschaft. Das Dorf, im Westen des Landkreises Kassel gelegen, wurde im Jahr 1257 erstmals urkundlich erwähnt. Die aktuelle Einwohnerzahl des Arbeiter- und Wohndorfes liegt bei 1.635. Die gleichnamige Gemeinde mit insgesamt fünf Ortsteilen zählt ca. 4.000 Einwohner. Auf ihrer Homepage unter www.breuna.de beschreibt die Gemeinde ihr Selbstverständnis „zwischen Idylle und Moderne“. Dieses trägt einer- seits dem staatlich anerkannten Luftkurort als Fremdenverkehrsgemeinde Rechnung. Zum anderen verweist der Slo- gan auf die Entwicklungsmöglichkeiten, die sich u.a. durch die guten verkehrlichen Anbindungen über die A 44 und B 7 ergeben. In Anlehnung daran lautet das Motto des Dorfes Breuna: „Dorf bleiben! - Für Zukunft offen!”. Die Gemeinde ist Mitglied im Regionalforum „KulturLandschaft HessenSpitze“. Damit partizipiert Breuna von 2007 bis 2013 von dem europäischen Förderprogramm Leader. Der Ortsteil Breuna (ohne Rhöda) hat mehrfach seit Wettbewerbsgründung 1958/59 mit guten Ergebnissen am Dorf- wettbewerb teilgenommen. Bereits 1980 war der Ort im Landesentscheid vertreten (2. Landessieger). Aktuell be- findet sich Breuna in dem Dorferneuerungsprogramm (2003 bis 2012).

Allgemeine Entwicklung Kommune und den Bürgern wird mit der Beschreibung ,kurze Wege’ realistisch wieder gegeben. Über die ak- Der Ortsteil Breuna hat als Kernort keinen eigenen Orts- tive Mitwirkung der Gemeinde beim Regionalforum wird beirat. Bereits seit 10 Jahren, also deutlich vor dem Be- die kommunale Entwicklung mit regionalen Zielen ab- ginn der Dorferneuerung, gibt es den Arbeitskreis (AK) gestimmt. Mit Partnergemeinden in Italien und Thürin- Dorferneuerung. Drei thematische Schwerpunkte hat gen wird ein reger Austausch gepflegt. sich der AK gesetzt: 1. aktive Ortskernentwicklung; 2. Zuzug und Integration von Neubürgern; 3. Schaffung Nach einem leichten Anstieg bis 1990 ist die Einwoh- von Arbeitsplätzen durch Unternehmensansiedlungen. nerzahl seitdem stabil. Etwa 18 % der Einwohner/innen Zurzeit hat der AK 19 Mitglieder. Neben der Umsetzung sind unter 18 Jahre alt, etwa 57 % 18 – 60 Jahre und des Dorferneuerungsprogramms werden durch den etwa 25 % über 60. Kreis zahlreiche Aktivitäten zur Bereicherung des dörf- lichen Lebens initiiert. Der Arbeitskreis ist ein wichtiges Nach einer Bürgerversammlung für die Gesamtge- Bindeglied zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und meinde zum demografischen Wandel wurde ein ge- der Verwaltung. Die Zusammenarbeit zwischen der samtgemeindlicher Arbeitskreis (AK) „Demografischer

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 33 Breuna

Wandel“ gegründet. Dieser führte eine Bürgerbefra- hende Gemeindesatzungen findet sich auf der Internet- gung durch. Ziel war, Kenntnisse darüber zu erhalten, seite unter Ortsrecht. welche Infrastrukturangebote ergänzend zu den vor- handenen Einrichtungen gewünscht sind und welche In Anlehnung an das örtliche Motto „Dorf bleiben! - Für Ideen es gibt, die Wohn- und Lebensqualität von Breuna Zukunft offen!” kommt dem Ausbau regenerativer Ener- weiter zu steigern. Nach einer ersten Auswertung wer- gie seit einigen Jahren verstärkte Aufmerksamkeit zu. den die aktuellen Probleme, die sich aus dem demo- Zum einen betreibt die Gemeinde selbst eine Holzpel- grafischen Wandel ergeben, als (noch) gering bewertet. letheizung und unterhält fünf Photovoltaikanlagen. Eine Doch zeigen u.a. deutlich sinkende Geburtenzahlen, Holzheizung für mehrere öffentliche Einrichtungen ist in dass ggf. Handlungsbedarf für Breuna besteht. Es wird Planung. Zum anderen finden sich im Ort mehrere pri- angestrebt, neben dem Ausbau des sozialen Netzes für vate Photovoltaik- und Solarthermieanlagen sowie zwei Seniorinnen und Senioren auch auf die Standortattrakti- Windkrafträder. Auch beteiligen sich Landwirte an einer vität für junge Familien zu achten. Ein Leerstands- und Biogasanlage im Nachbarort. Über die Regionalplanung Sozialkataster für alle Ortsteile wird über die Gemeinde ausgewiesen ist ein100 ha großes Areal nördlich der initiiert. Ortskernlage in (wald-)exponierter Lage. Zurzeit werden die bauleitplanerischen Vorgaben erstellt. Ursprünglich Planungsrechtlich wurde 2008 dem Ziel nach einem Ein- war die doppelte Fläche geplant, was eine nicht hin- wohnerzuwachs durch die Ausweisung eines südwest- nehmbare Beeinträchtigung des Landschaftsbildes für lich liegenden Wohnbaugebiets über 2,1 ha Rechnung die Ortsbewohner bedeutet hätte. Welche Auswirkun- getragen. Diese wird in zwei Abschnitten realisiert. Ins- gen die Neuausweisung für den Fremdenverkehr haben gesamt regeln mehrere B-Pläne, ein Flächennutzungs- könnte, wurde nicht thematisiert. und Landschaftsplan die Flächenentwicklung. Hervorzu- heben ist das 2007 entstandene an der A 44 gelegene interkommunale Gewerbegebiet. Nach anfänglichen Be- legungsproblemen ist dieses zwischenzeitlich gut ange- nommen und bietet derzeit ca. 500 Arbeitsplätze.

Ungeachtet der großzügig ausgewiesenen Bauflächen zielt die Gemeinde auf eine Nutzungssicherung der Ge- bäude im Ortskern. Ein Förderprogramm des Kreises un- terstützt neben der Dorferneuerung die Instandsetzung alter Bausubstanz. Die Kommission gewann den Ein- druck, dass über die kommunalen Planungen die unter- schiedlichen Aspekte von Innenentwicklung, Gewerbe- ansiedlung und Dorferneuerung gut und ausgewogen Als Kernort besitzt Breuna eine überdurchschnittliche öf- miteinander verknüpft werden. Vor der Erschließung und fentlich getragene Infrastruktur. Sie wird ergänzt durch Vermarktung des zweiten Bauabschnittes „Vorm Steinfeld diverse private Angebote und Dienstleistungen. So sind II“ empfiehlt die Kommission eine Freiflächenkartierung Dorfgemeinschaftshaus, Kindertagesstätte, Grundschule in der Ortslage unter Ausweisung städtebaulich sinnvol- und Jugendraum, diverse Sportanlagen, die Märchen- ler Baulücken und nachhaltig zu sichernder Freiflächen. landtherme, ein Seniorenpflegeheim, Gemeindebüche- Diese würde einerseits eine Orientierung für die Eigen- rei, Rathaus, ev. Kirche und Gemeindehaus, Spielplätze, tümer bieten, andererseits die baulichen Entwicklungs- Einzelhandel, Banken, Arztpraxen und Pflegedienste, ziele der Gemeinde transparent machen. Die Aus- eine Postagentur, ÖPNV-Verbindungen u.v.a. zu nennen. weisung von Abrundungsflächen nach § 34 BauGB Als Fremdenverkehrsort haben sich zudem seit den 60- könnte das Vorhaben ergänzen. Die Durchführung der er Jahren Gaststätten, Hotel und Pensionen etabliert. Fragebogenaktion, d.h. das Vorgehen und die Zusam- Die Freizeiteinrichtungen mit Multifunktionsanlage an menarbeit mit der Gemeindeverwaltung bewertet die der Märchenlandtherme einschließlich eines Wellness- Kommission als beispielhaft und übertragbar auch auf bereichs, die zentral gelegene Kulturscheune, Grillhütte, andere Gemeinden. Eine gute Übersicht über beste- Reiterhöfe tragen zu dem großen Freizeitwert Breunas

34 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Breuna für Bewohner und Erholungssuchende bei. Infotafeln der Tränke haben die Vereine viele Eigenleistungen er- und Wegweiser, Wander- und Radwege komplettieren bracht. das vielfältige Angebot. Mehrere Broschüren informie- ren die Besucher über die gemeindlichen Angebote und Einer der wichtigsten Kulturträger ist der Verein Breu- Veranstaltungen im „Märchenland der Brüder Grimm“. naer Tränkenfest. Er ist auch Träger und Betreiber der Kulturscheune. Neben zahlreichen Vereinsveranstaltun- Zur weiteren Wertschöpfung in Breuna tragen vier land- gen finden hier Konzerte, Lesungen oder Ausstellungen wirtschaftliche Haupt- und mehrere Nebenerwerbsbe- überregional bekannter Künstler statt. Zu den wichtig- triebe bei. Es werden eigene Produkte direkt vermarktet. sten Dorfveranstaltungen zählen neben dem Tränken- Als Besonderheiten ist der Kartoffelzuchtbetrieb zu nen- fest die alljährliche Kirmes, das Sportfest, der alle zwei nen. Die vorhandenen Brennrechte ermöglichen die Ver- Jahre stattfindende Weihnachtsmarkt und das Kartoffel- wertung des örtlichen Obstes. fest. Die Jugendarbeit erfolgt in Zusammenarbeit zwi- schen der ev. Kirchengemeinde und der kommunalen Die Kommission hält zusammenfassend fest, dass das Jugendpflege. Einige Vereine betreiben aktiv Nach- innovative Vorgehen der Gemeinde und die zieIorien- wuchsförderung. Die Neubürger werden überwiegend tierte Ausrichtung der Arbeitskreise wesentlich zur posi- über die Vereine in das Sozialleben in Breuna integriert. tiven strukturellen Entwicklung Breunas beigetragen Eine offizielle Begrüßung erfolgt über einen Neubür- haben. Eine gute Kommunikation und Abstimmung bil- gerempfang. den dabei den „Kitt“ der Vernetzung. Mit Spannung sind die Auswertung der Bewohnerbefragung und die daraus getroffenen Folgemaßnahmen zu erwarten. Dabei wäre wünschenswert, wenn die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und mögliche Ansätze unter Beteiligung vieler Bewohner diskutiert, abge- stimmt und umgesetzt würden.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Es gibt in Breuna 15 Vereine, dazu eine Reihe überörtli- cher. Mit insgesamt etwa 2.400 Mitgliedern liegt eine Hervorzuheben ist auch der sorgsame Umgang mit der überdurchschnittliche Vereinsbindung vor. Diese arbei- Geschichte des 2. Weltkrieges und nationalsozialisti- ten gut zusammen. Für ihre Vereinsheime, das Feuer- schen Zeit. Eine aktive Erinnerungsarbeit ist in Breuna wehrhaus und besonders auch für die Kulturscheune an verankert. So wird der gut 200 Jahre alte jüdische Fried- hof erhalten und gepflegt. In Zusammenarbeit mit dem Verein „Gegen das Vergessen e.V.“ aus Volkmarsen wur- den Geschichtsrundgänge organisiert, bei denen an die ehemalige, seit dem 18. Jahrhundert nachgewiesene jü- dische Bevölkerung erinnert wird. Ebenso sind die gro- ßen und gut gepflegten Kriegsgräberstätten im Ort ein eindrucksvolles Mahnmal und Orte des Gedenkens. Vor diesem Hintergrund wäre es aus Sicht der Kommission konsequent, wenn auch die neuzeitliche Ortsgeschichte eine (stärkere) Beachtung in dem gemeindlichen Inter- netauftritt finden würde.

Der Geschichte und dem Brauchtum widmen sich wei- tere regelmäßige und teilweise generationenübergrei-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 35 Breuna fende Vereinsaktivitäten. Der Erhalt des ,Brünsken Platt’, St. Margaretenkirche die öffentlichen, herrschaftlichen die Erstellung eines „historischen Pfads in Breuna“, die und privaten Anwesen. Obwohl einige der ortsge- Durchführung der 750-Jahr-Feier und die Komposition schichtlich und städtebaulich bedeutsamen Anwesen in eines Breuna-Liedes sind beispielhaft zu nennen. Be- den vergangenen Jahrzehnten abgebrochen wurden, sonderen Anteil haben hieran der Geschichts- und Kul- weist Breuna heute noch einen gut erhaltenen Ortskern turverein sowie der Heimat- und Verkehrsvereins. Breuna auf. Die Ortsmitte mit der neugestalteten historischen ist weiterhin dem Ecomuseum Habichtswald ange- Tränke, umrahmt von Kirche und Kulturscheune bildet ein schlossen. ansprechendes Zentrum. Letztere ist ein gelungenes Bei- spiel einer Umnutzung landwirtschaftlicher Bausubstanz. An sozialem Engagement sind vor allem der Sozialver- Die historischen Bezüge kombiniert mit modernen Ge- band VdK sowie die Kirchengemeinde zu erwähnen. Die staltungselementen und einer großzügigen Platzgestal- Angebote werden durch Nachbarschaftshilfe ergänzt. tung fügen sich stimmig zusammen. Das Rathaus passt Von der Auswertung der Bewohnerbefragung durch den sich mit seiner neueren Architektur gut in das Ortsbild AK Demografischer Wandel erhofft sich die Gemeinde ein. Positiv auffallend sind u.a. auch das gut erhaltene eventuelle Angebotsdefizite zu schließen. alte Feuerwehrhaus, der jüdische Friedhof, die Ausseg- nungshalle des Friedhofes und die schöne Lage des Kin- Insgesamt vermittelt Breuna den Eindruck einer vitalen dergartens. Die ehemalige Synagoge wird heute Kommune mit ineinander greifenden Initiativen und Ver- landwirtschaftlich genutzt. Denkmalpflegerisch vorbild- einen und einem guten ,Wir-Gefühl’. Die Überschau- lich erhalten ist die ev. Kirche. Die modern gestaltete barkeit der Gemeinde zum einen und ihr besonderes Bushaltestelle im Ortskern bildet einen interessanten Engagement zum anderen haben zu einer starken Ver- Kontrast neuer und alter Gestaltungselemente. Viele öf- knüpfung der vielfältigen Ansätze und Aktivitäten ge- fentliche Gebäude sind mit Photovoltaikanlagen ausge- führt. In wie weit dabei jeweils alle Bürgerinnen und stattet. Insgesamt wirkt das Ortsbild überdurchschnittlich Bürger angesprochen und eingebunden werden, also harmonisch. Im Bereich der Dorfmitte gibt es viele hi- auch diejenigen, die sich nicht in Arbeitskreisen oder in storische Anwesen im Privatbesitz, die sich in einem Vereinen engagieren, war für die Kommission nicht klar guten Erhaltungszustand befinden. Historische Bauma- erkennbar. Im Hinblick auf den Ausbau nachhaltiger Mit- terialien bzw. -stile sind Holz und Fachwerk, Ziegel- und wirkungsstrukturen und die Integration von Neubürgern Bruchsteinmauerwerk, Basaltpflaster. Die historische wird empfohlen ggf. die direkte Ansprache zu inten- Dacheindeckung ist zumeist der Kremp- und Biber- sivieren. schwanzziegel. Auch die vorhandenen Neubauten sind größtenteils gut in das Dorf eingepasst. Leerstand gibt es nur wenig. Mit Unterstützung aus dem Dorferneue- Baugestaltung und -entwicklung rungsprogramm wurden bislang neben dem Dorfplatz und der Aktionsfläche im Umfeld der Märchenland- Geschichtlich und stammesmäßig betrachtet lagen therme 45 private Maßnahmen durchgeführt. Breuna und Rhöda bis in die Neuzeit in einem Grenzge- biet. Die Wirkungen zeigen sich bis heute u.a. in der Sprache (Dialekt) und dem Ortsbild. So fanden und fin- den sich im Ort noch heute mehrere Bauformen. Neben der fränkischen Bauweise war das sächsisch-fränkische Einhaus als Mischform vorherrschend.

Hofanlagen und Wohnhäuser spiegeln die wirtschaftliche und soziale Dorfentwicklung wieder. Das abseits der Ei- senbahn und Poststation liegende Dorf Breuna war bis Beginn des 20. Jahrhunderts überwiegend landwirt- schaftlich geprägt. Handwerk und Tagelohn boten gleichfalls ein bescheidenes Einkommen. Als sog. Hau- fendorf gruppierten sich um die 1257 erstmals erwähnte

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Da für den Altkreis Wolfhagen noch keine Denkmalto- einer modern-traditionellen Metallskulptur eines Kir- pografie vorliegt, die Hinweise aus der Chronik von mesburschen bereichert. 1988 zum Teil überholt und die vorläufigen Schnell- erfassungen der Denkmalfachbehörde lückenhaft sind, Die öffentliche Begrünung korrespondiert in weiten Tei- empfiehlt die Kommission eine aktuelle Erfassung der len mit den Privatflächen. So finden sich Hofbäume und Kulturdenkmäler. Vor dem Hintergrund der demografi- gut gepflegte Bauern- und Obstgärten. Diese werden schen und sozialen Entwicklung könnte diese eine wei- häufig von traditionell vorhandenen Holzstaketenzäunen tere Grundlage für die bauliche Entwicklung des und Natursteinmauern aber auch Hecken begrenzt. Ortskernes liefern (s.o.). Zur Sicherung des historisch ge- Manche Gebäude haben ausgeprägte Fassadenbegrü- prägten Erscheinungsbildes des Ortskerns wird eine nungen. Baumreihen und Eingrünungen sorgen wie bei aktive Bauberatung auch nach Abschluss der Dorfer- dem Reiterhof für harmonischen Ortsanbindung. Spezi- neuerung empfohlen. Diese sollte bereits im Vorfeld fische Maßnahmen, die zur Ausbildung einer Artenviel- anstehender Renovierungsarbeiten ansetzen. Eine orts- falt im Dorf beitragen, wurden der Kommission nicht spezifische Gestaltungs- und Grünfibel sollte erarbeitet vorgestellt. und jedem Haushalt zur Verfügung gestellt werden.

Grüngestaltung und -entwicklung

Breuna ist insgesamt sehr gut, insbesondere auch im öf- fentlichen Raum durchgrünt. Die Ortsmitte rund um die Tränke ist auch hierfür ein besonders Beispiel. Die funk- tionale und ästhetische Platzgestaltung überzeugt nicht zuletzt auch wegen des Baumbestandes und der Spiel- platzausführung. Mit zahlreichen hochstämmigen Neu- anpflanzungen, abgesengten Bordsteinen und niveau- gleichem Ausbau und einem ausgeprägten Straßenbe- gleitgrün wurden zahlreiche Straßen neu gestaltet. Die Konkrete Verbesserungsmöglichkeiten sieht die Kommis- Straßenräume wirken ruhig und sind in weiten Teilen na- sion beim Schulhof durch weitere Begrünungs- und Ent- hezu barrierefrei. Auf eine Versiegelung wurde stellen- siegelungsmaßnahmen, bei dem landwirtschaftlichen weise, insbesondere im sog. halböffentlichen Raum, Aussiedlerbetrieb und dem Getränkemarkt sowie teil- verzichtet. Diese Gestaltungselemente finden sich auch weise im Neubaugebiet durch ergänzende Eingrünungen. in den jüngeren Baugebieten. Die Beschilderungen und Auch bieten noch Wege- und Straßenränder zuweilen Hinweistafeln sind zurückhaltend und ansprechend. Ört- Platz für Entsiegelungen und die Ausbildung einer Rude- liche Besonderheiten sind die Gerichtseiche aber auch ralvegetation. Im Neubaugebiet wäre eine Beratungshilfe die Mehlbeeren am Friedhof. Die Gestaltung des neuen mit dem Ziel der Homogenisierung der Einfriedungen und Verkehrskreisels ist vermutlich einmalig in Hessen. Er einer naturnahen Bepflanzung wünschenswert. Wie im wurde nach Vorgaben von Feng Shui bepflanzt und mit Ortskern gilt dabei der Grundsatz, dass durch weniger Gestaltung in der Regel mehr erreicht wird.

Dorf in der Landschaft

Die Gemarkung hat eine Größe von 1.297 ha. Der Ort Breuna fügt sich insgesamt harmonisch in die umge- bende Landschaft. Markante Landschaftselemente sind der südlich liegende Braunsberg und der südwestlich von der A 44 durchschnittene Hamberg mit jeweils gut 300 Metern sowie der östlich ansteigende Wald mit dem

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Steinberg. Die guten Böden erlauben eine intensive landwirtschaftliche Nutzung. Die naturräumliche Lage, die relative Kleinteiligkeit der Grün- und Ackerflächen, die in weiten Teilen gute Ortsrandeingrünung und Orts- durchgrünung, Feldholzinseln und Waldränder sorgen für ein abwechslungsreiches Landschaftsbild. Die Verbin- dungsstraßen und Ortseingänge sind ebenfalls durch Bäume und Gehölze in die Umgebung eingebunden. Auf der Gemarkung stehen einige Naturdenkmäler u.a. die Gerichtseiche. Gehölzstreifen entlang des Rhödaer Ba- ches gehen naturnah in die angrenzenden Wiesen über. Vorhandene Streuobstflächen werden erhalten und ge- pflegt. Neuanpflanzungen aus dem Samen der Natur- denkmäler sollen standortbewährte Baumarten sichern.

Begrüßenswert wäre, wenn die vorhandenen wertvollen Landschaftsbestandteile erhalten bleiben und sich In- itiativen für aktive Natur- und Umweltschutzmaßnahmen fänden. Weitere, über die Ausgleichsmaßnahmen hinausgehende Anpflanzungen wären gerade auch an- gesichts der neuen Gewerbe- und Siedlungsflächenaus- weisungen zu prüfen. Eine zusätzliche südwestliche Ortsrandbepflanzung würde vermutlich die Sicht zu der Produktions- und Lagerhalle auf dem interkommunalen Gewerbegebiet zumindest für die Ortsbewohner ein- dämmen.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Ralf Hartmann Volkmarser Straße 3 34479 Breuna

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33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 39 Cölbe-Schönstadt

Cölbe-Schönstadt im Landkreis Marburg-Biedenkopf liegt standortgünstig. Einerseits verbindet die B3 den Ort mit dem Oberzentrum Marburg. Andererseits liegt nördlich der Burgwald, das größte zusammenhängende Waldgebiet Hessens. Diesem ist Schönstadt auch geologisch und geografisch zugeordnet. Mit 1.582 Einwohnern hat der Ort in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich an Einwohnern gewonnen. Zwei Leitgedanken stehen für Schönstadt: „Schön, schöner, Schönstadt“ und „Zukunft gestalten – Miteinander leben“. Schönstadt hat von 1985 – 1995 eine Förderung aus dem Dorferneuerungsprogramm erhalten und sich erst- malig 2008 am Dorfwettbewerb beteiligt. Der Ort präsentiert sich unter www.schoenstadt.net im Internet.

Allgemeine Entwicklung ist in Planung. Ein besonderes Augenmerk liegt in der Aus- einandersetzung mit den sozialen, wirtschaftlichen und Die Zusammenarbeit zwischen dem Ortsbeirat, den Be- baulichen Wirkungen der demografischen Entwicklung. wohnern und der Kommune gestaltet sich zielführend Eine restriktive Baulandausweisung bei Priorisierung der In- und unterstützend. Dieses drückt sich glaubwürdig in nenentwicklung ist selbsterklärtes Ziel. Allerdings waren für der Aussage wieder: „Wir gehen höflich miteinander die Kommission entsprechende konkrete (grundstücksbe- um, respektieren Meinungen, diskutieren kontrovers zogene) Folgerungen nicht klar erkennbar. Die Möglich- ohne den fairen Umgang aus den Augen zu verlieren.“ keiten einer Fortschreibung des Dorfentwicklungsplans Hiervon zeugen die innerörtlichen Arbeitsstrukturen, die oder die Aufstellung eines Bebauungsplans wurden nicht Themenpalette und die Intensität ihrer Bearbeitung. Die angesprochen. Sie könnten Orientierung für alle liefern. Handlungsfelder reichen von der Mitwirkung bei der Dabei gibt die Kommission zu bedenken, dass die gegen- Fortschreibung des Flächennutzungsplanes mit inte- wärtige Qualität des Ortskerns sich gerade auch aus dem griertem Landschaftsplan, der Friedhofssatzung oder Wechselspiel von Bebauung und Freiflächen ergibt. Eine dem Bau des Regenrückhaltebeckens bis zur Erstellung zeitnahe sorgfältige Flächenbewertung wäre daher wün- von Gebäudenutzungskatastern, eines Energieatlas ein- schenswert, wie auch eine Vermarktungshilfe zukünftig leer- schließlich der Kartierung solartauglicher Dachflächen. stehender Gebäude.

Schönstadt plant einen weiteren Ausbau regenerativer Kommunale Investitionsanreize durch Förderprogramme Energiegewinnungen und -nutzungen. Bereits heute findet gibt es nicht. sich ein Energiemix aus Blockheizkraftwerk, Wasserkraft, Schönstadt besitzt gute öffentliche und (eingeschränkt) Solarthermie, Photovoltaik im Ort. Ein Bürgersolarkraftwerk private Infrastrukturangebote. Hier sind u.a. die betreute

40 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Cölbe-Schönstadt

Grundschule und der integrative Kindergarten zu nen- nativen Energien im Dorf“, die Bemühungen um die Er- nen. Mit dem anvisiertem Projekt „Neue Dorfmitte“, haltung und Ausgestaltung des Dorfladens mit eigener einem Zentrum mehrerer Geschäfte und Dienstleistun- Wirtschaftlichkeitsprüfung, die Erstellung der o.g. Kata- gen, soll die Nahversorgung bereichert werden. Hand- ster. Zu erwähnen sind weiterhin die Bemühungen zur werksbetriebe und Dienstleistungsbetriebe aber auch Stärkung der dörflichen Identität mit sowohl modernen kleine Industriebetriebe stellen ca. 300 Arbeitsplätze. Kommunikationsformen (Internet) oder eines innerörtli- Zur innerörtlichen Wertschöpfung trägt weiterhin das chen Wettbewerb um die Schaffung einer Dorfhymne Hofgut „Fleckenbühl“ bei. Das ehemalige Rittergut wird als auch der Pflege des Dialekts. seit 1985 nach biologisch-dynamischen Prinzipien von der Suchthilfe Fleckenbühl betrieben. Neben der Land- wirtschaft mit Käserei unterhält dieses einen Hofladen mit Café, eine Töpferei und Seminarräume. Dem Gut kommt beim energetischen Ausbau Schönstadts eine wichtige Rolle zu, da ab Herbst 2009 die Wärme aus dem Biomasseheizwerk des holzverarbeitenden Betrie- bes über eine Nahwärmeleitung genutzt werden soll. Dem Wandertourismus wird eine ausbaufähige Rolle im Ort beigemessen.

Insgesamt fallen professionelles und vernetztes Vorge- hen, eine starke Verzahnung zu der örtlichen Wirtschaft und die zielführende Zusammenarbeit mit der Kom- mune und Dritten, wie dem Hofgut „Fleckenbühl“ auf. Viele Projekte und Feste sind generationsübergreifend ausgerichtet. Mehrere Vorhaben befinden sich noch in Planung, wie der energetische Ausbau, die Schaffung einer funktionalen Dorfmitte, eine Tauschbörse etc.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Der 2008 gebildete Arbeitskreis „Unser Dorf hat Zu- Selbsthilfeleistungen kunft“ mit vier Arbeitsgruppen (Soziales / Kultur / Sport; Ökologie; Wirtschaftliche Entwicklung; Schönstadt fei- Das kulturelle Leben und soziale Miteinander werden ert) hat vieles angestoßen, entwickelt und mit den Be- wesentlich durch die gut 30 Vereine und Gruppen ge- wohnern und der (Kirchen-)Gemeinde realisiert. prägt. Die Angebote für die Jugendlichen sind entspre- chend vielfältig. Die Palette der Aktivitäten und Eine Grundlage für die Projekte bilden die Ergebnisse Angebote reicht von der Geschichts- und Brauchtums- der „Selbstbewertung des dörflichen Engagements“. pflege über kulturelle und sportliche Angebote bis hin Sie führten zu folgenden Handlungslinien: 1. Dorfge- zu zahlreichen Ansätzen, die sich den aktuellen örtlichen meinschaft stärken; 2. Zukunftsthemen aufgreifen; Problemen stellen. Zu nennen sind ausschnittsweise die 3. Grüngestaltung / Natur- und Landschaftspflege; (Neu-) Bürgerbroschüre „Leben in Schönstadt“, die Be- 4. Touristische Potentiale zur Vitalisierung des Ortes nut- wirtungsaktion für Wanderer und die Anlage des (histo- zen; 5. Aktivitäten zur baulichen Gestaltung und Nutzung. rischen) Prämienwanderwegs „Junkernpfad“, die Baum- patenschaften, der Energie(beratungs-)tag, die „Emp- Die vorgestellten Projekte weisen auf eine hohe inte- fehlungen zur Grüngestaltung und Nutzung von alter- grative Fähigkeit der Initiatoren, Aktiven und Verant-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 41 Cölbe-Schönstadt wortlichen hin. Hierauf ist sicherlich auch in Zukunft das Gehöften und das ehemalige Rittergut „Fleckenbühl“. Hauptaugenmerk zu richten. Zu erwarten ist, dass Viel- Letzteres wurde in den vergangenen 15 Jahren schritt- falt und Tempo der Aktivitäten der vergangenen zwei weise denkmalgerecht saniert, aus- und umgebaut. Jahre nicht gehalten werden können. Umso wichtiger wird es sein, die innerörtliche Kommunikation nicht ab- brechen zu lassen und gleichzeitig die Verantwortung „auf mehrere Schultern“ zu verteilen. Nur so kann unse- res Erachtens die gegenwärtige Anerkennung und Un- terstützung der Dorfbewohner auch nachhaltig gesichert werden. Unterstützung und Anerkennung durch die Kommune sind dabei weitere wichtige Erfolgsfak- toren.

Baugestaltung und -entwicklung

Das Erscheinungsbild von Schönstadt, d.h. seine baulich- räumliche und gestalterische Entwicklung werden maß- geblich durch die Ansiedlung (1. H. 14 Jh.) und Bürgerhaus/Feuerwehrgerätehaus, Friedhofshalle und Geschichte der Milchlinge von Schönstadt bestimmt. Das Kindergarten, mit An- und Umbauten, sind jüngeren Da- von ihnen 1749 auf den Grundmauern der Wasserburg tums. Da sie nicht im historischen Ortskern liegen, wir- erbaute Herrenhaus (Schloss) bildet den Kern der heute ken Architektur, Formensprache und Materialwahl nicht vorzufindenden Anlage aus der Zeit um 1900 mit mehre- ortsbildstörend. Während der Kindergarten standort- ren (Wirtschafts-)Gebäuden und dem Park. Der dazuge- günstig und im Grüngürtel gelegen im Gesamtbild hörige Ort bildete sich zunächst um die Kirche als transparent und leicht wirkt, könnte das Bürgerhaus nach Haufendorf mit starker landwirtschaftlicher Prägung aus. den bereits vorgenommenen baulichen Veränderungen Der Ausbau des Straßen- und Bahnnetzes beeinflusste (Eigenleistung) durch eine bessere räumliche Einbin- die weitere Einwohner- und Bauentwicklung, wobei der dung noch weiter aufgewertet werden. Dieses könnte Bau der Main-Weser-Bahn im 19. Jh. eine Stagnation be- durch weitere grünordnerische Maßnahmen erfolgen, deutete. Heute nehmen Durchreisende Schönstadt häu- u.a. durch hochstämmige Bäume entlang der Straße fig nur von der nordsüdlich verlaufenden, ortstrennenden sowie über eine Teilbepflanzung der Freifläche. Bundesstraße 3 wahr. Sehr ansprechend wirken u.a. die historische Schule und Kirche (1887) mit Gemeindehaus (1904), das Trafohäus- chen (Fledermausquartier), aber auch das neue Vereins- haus. Eine (hessische?) Besonderheit bildet der ehemalige Hochwasserbehälter, der als Vereinsraum ausgebaut wurde. Einen kleinen Wermutstropfen ver- mittelt die aus Sicherheitsgründen aufgestellte Holz- stellwand.

Vielfältig zeigen sich die Straßenräume. Die wirtschaftli- che und soziale Entwicklung des Ortes aber auch die to- pografische Lage prägen das städtebauliche Bild. Verspringende Raumkanten, dezentrale platzförmige Schönstadt ist reich an Kulturdenkmälern. So gibt es Straßenausweitungen aber auch geschlossene Baugren- neben einer Gesamtanlage eine sehr große Gebäude- zen prägen den Ortskern. Auffallend ist der großzügige zahl, die als Kulturgut gewertet sind. Zu ihnen zählen Straßenraum mit nicht abgegrenzten Flächen in der Post- neben der Kirche, die „Schlossanlage“ mit umliegenden straße. Mehrere Neubaugebiete erstrecken sich weitläu-

42 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Cölbe-Schönstadt fig in Nord, West und Ost. Einige Straßenbreiten wurden beispielhaft für eine ansprechende Begrünung genutzt.

Mit insgesamt 96 Maßnahmen zeigt das Dorferneue- rungsprogramm Wirkung auch im privaten Bereich. Neben zahlreichen Renovierungsarbeiten gibt es diverse Gebäudeumnutzungen. Vorherrschend sind im Ortskern die geschichtlich genutzten und die Region prägenden Materialien wie Holz, Ziegel, Sandstein, Ton und damit eine erdgebundene Farbgebung. Zahlreiche den Stra- ßenraum begleitende Details wie Einfriedungen, Pfo- sten, Mauern, Kratzputz bereichern das vielseitige Ortsbild. Optische Einbrüche sind vereinzelt, insbeson- dere bei einer gewerblichen Nutzung, festzustellen. Auch hier würden vermutlich einfache grünordnerische Maßnahmen eine bessere Einbindung bewirken. Bei Im privaten Bereich sind noch zahlreiche Haus- und Neuanlagen von Photovoltaik und Solarthermie sollte Nutzgärten vorhanden. Bauerngärten und bepflanzte die jeweilige Wirkung auf das Straßenbild berücksich- Bereiche mit einheimischen Gehölzen bestimmen das tigt werden. Auch sollte die Ausbildung von Stufen ver- Ortsbild. Viele Häuser zieren Hausbäume, z.B. Flieder, mieden werden. Esskastanie, Kirsche. Die Pflasterungen der Innenhöfe sind häufig offenfugig belassen. Die offenen drei Fließ- Das Schloss mit den angrenzenden Gehöften und dem gewässer sind nicht nur harmonisch in das Ortsbild in- Park hebt sich hinsichtlich Größe und Ausführung von tegriert, sondern weisen über ihre Saumstreifen eine der die Kirche umliegenden Dorfbebauung ab. Wie Artenvielfalt auf. Der Bachlauf „Rotes Wasser“ zeigt sich auch das ehemalige Rittergut Fleckenbühl ist es von ein- als „grünes Band“. Die Selbstverpflichtung der Bürger, zigartigem Reiz. die Magerrasenflächen freizuhalten, die Dokumentation ortstypischer Pflanzen, die Streuobstkartierung, Baum- Die weitere Sicherung und Pflege der Gebäude, gerade patenschaften und Schnittkurse sowie diverse Arten- auch ihrer Baudetails und Schmuckelemente sowie Ein- schutzmaßnahmen stützen das Bestreben um eine fassungen und Freiflächen bedarf einer fachlichen Bera- vielfältige Fauna und Flora gerade auch im Dorf. Hierzu tung, die auch zukünftig gewährleistet werden sollte. tragen das Hofgut Fleckenbühl sowie das Schloss mit seinen Hof- und Freiflächen unverkennbar bei. Insge- samt gibt es zahlreiche Kleinbiotope, deren Vernetzung Grüngestaltung und -entwicklung weiter ausgebaut werden soll.

Die Anlage, Gestaltung und Pflege der Freiflächen im öf- fentlichen und privaten Bereich ist vielfältig, auch unter ökologischen Gesichtspunkten. Der Friedhof hat einen reichen alten Baumbestand und ist von Hecken umge- ben. Die Koniferen wurden durch Laubbäume, Zieräpfel und Zierkirschen ersetzt. Im südlichen Teil wurde Mager- rasen angelegt. Auch im Bereich der Schule gibt es einen alten Baumbestand, unter anderem ein großer Walnuss- baum. Ortsbildmarkant ist die 1871 gepflanzte Friedens- eiche. Neben Linden sind Maulbeerbäume als örtliche Besonderheit zu finden. Die grünordnerische Verzahnung zwischen dem Ortskern und den Neubaugebieten ist in weiten Teilen gut gelungen. Darauf sollte auch bei der angestrebten Bauverdichtung geachtet werden.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 43 Cölbe-Schönstadt Dorf in der Landschaft Ansprechpartner

Drei räumlich getrennte Sondernutzungen im Südwe- Ortsvorsteherin sten setzen sich von dem Ort ab. Dieses sind das bereits Carola Carius erwähnte Hofgut Fleckenbühl, ein holzverarbeitender Im jungen Hain 8 Betrieb sowie der Flugplatz, der vom „Kurhessischen 35091 Cölbe-Schönstadt Verein für Luftfahrt von 1909 e.V.“ getragen wird.

Der Ort ist in Teilen gut in die umliegende Landschaft eingebunden. Einerseits sind eine reich strukturierte Heckenlandschaft bei Fleckenbühl und Obstwiesen die prägenden Merkmale. Die Bewirtschaftung des Hofgu- tes nach ökologischen Kriterien und eine dem Natur- raum angepasste Beweidung mit Schafen und Ziegen aber auch die naturnahe Bewirtschaftung des privaten Junkernwaldes tragen dazu bei. Andererseits begrün- den die bereits erwähnte Verzahnung der Gärten mit Pferdekoppeln, Wiesen, Obstbaum-, Heckenreihen im weiteren Ortskern die kleinräumige Struktur. Geplant ist, von einer mobilen Mosterei das Obst pressen zu lassen. Sehr schön präsentieren sich der Waldspielplatz, das Junkerngrab im Privatwald und das als Biotop angelegte Rückhaltebecken. Da keine weitere Ausweisung von Neubaugebieten erfolgen soll, empfiehlt die Kommis- sion eine verstärkte Ortsrandausbildung durch weitere Anpflanzungen zu prüfen.

Die Bewertungskommission, August 2009

44 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Cölbe-Schönstadt

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 45 Hofgeismar-Hümme

Im nördichen Landkreis Kassel in der Talsenke des Essebachs liegt Hümme mit 1.555 Einwohnern. Das Essetal läuft nördlich in das Diemeltal aus; östlich des Ortes steigt der Rheinhardswald an. Hümme zählt zu den ältesten Sied- lungen im Landkreis Kassel und wurde um 850 bereits urkundlich erwähnt. Bis heute wird die Ortsentwicklung we- sentlich durch die verkehrliche Anbindung beeinflusst. Die „alte Bremer Landstraße“ querte den Ort bis 1730. Allerdings fiel Hümme in Folge kriegerischer Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert wüst und wurde erst 1664 neu aufgebaut. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde mit dem Bau eines Kanals von Bad Karlshafen nach Kassel durch das Esse-Diemeltal begonnen. Die Relikte sind noch erkennbar und werden heute radtouristisch genutzt. Mit dem Anschluss an die Eisenbahn und dem Ausbau zu einem Knotenpunkt entwickelte sich Hümme seit Mitte des 19. Jahrhunderts weiter zu einem „Eisenbahnerdorf“. Zu dieser Zeit wurden bereits 991 Einwohner gezählt. Die Schlie- ßung des Bahnanschlusses wurde vor Jahren erfolgreich verhindert. Hümme ist in erster Linie ein Wohnstandort. Seine (naturräumliche) Lage, ein breites Infrastruktur- und Freizeitan- gebot sowie eine lebendige Dorfgemeinschaft tragen zu der hohen Lebensqualität bei. Von 1987 bis 1995 erhielt Hümme Unterstützung aus dem Dorferneuerungsprogramm. Einen guten Einblick vermittelt die eigene Homepage unter www.huemme.org.

Allgemeine Entwicklung die Lebensqualität in Hümme unter Einbeziehung mög- lichst vieler Bürger auch für die Zukunft zu sichern bzw. Die Zusammenarbeit zwischen dem Ortsbeirat, der Ar- auszubauen. Vor dem Hintergrund der demografischen beitsgemeinschaft (AG) „Unser Dorf“, dem Stadtparla- Prognosen für Nordhessen ein umfangreiches Vorhaben. ment und der -verwaltung ist intensiv und wird als gut Hierzu wurde ein „Projektkatalog“ erstellt. Nach zehn beschrieben. Die örtlichen Vorstellungen und Planungs- Jahren kann die AG auf 100 realisierte Projekte und Ver- absichten werden mit Nachdruck vorgetragen und im anstaltungen blicken. Unter dem Motto: „Leben – Woh- Rahmen der Möglichkeiten berücksichtigt und umge- nen – Arbeiten“ wurden diese aus dem Ort heraus setzt. Eine Besonderheit, die auch überregional nicht so initiiert und unter großer Beteiligung umgesetzt. Sie zei- häufig anzutreffen sein dürfte, bildet die o.g. Arbeitsge- gen sich überwiegend im öffentlichen Raum. Hümme meinschaft. 1999 wurde sie partei- und vereinsübergrei- nimmt u.a. aufgrund dieser Entwicklung unter den ins- fend gebildet, nachdem 1998 keine Mehrheit im gesamt sieben Stadtteilen eine herausragende Position Ortsbeirat für eine Wettbewerbsteilnahme zustande ein. Respekt und Anerkennung hat die Kommission nicht kam. Der Schwerpunkt wurde seither darauf gerichtet, nur vor den Ergebnissen sondern insbesondere auch vor

46 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Hofgeismar-Hümme den dazu aufgebauten Kommunikationsstrukturen und nicht bereits vorgesehen, sollten alle geeigneten Dach- seinen sozialen Wirkungen. Die Frage, wie der „harte flächenpotentiale darin vermerkt und die Karte an alle Kern“ der AG über weitere zehn Jahre stabilisiert und Haushalte verteilt werden. Ob die alte Mühle zur Ener- generiert werden kann, sollte bei aller Projektarbeit nicht gieerzeugung über Wasserkraft zu nutzen ist, wäre zu aus den Augen verloren werden. prüfen. Eine Energieberatung erfolgt durch die Stadt. Diese unterstützt auch Dach- und Fassadenrenovierun- Nach den statistischen Angaben ist die Einwohnerzahl in gen und ergänzt damit die Investitionsanreize des Land- den vergangenen zehn Jahren um 90 Personen rückläu- kreises für denkmalgeschützte Objekte. Direkte und fig. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Arbeitsplätze indirekte städtische Förderungen trugen zur Erhaltung um 15 auf 161 an. Aufgrund der bereits erkennbaren de- und Betriebsentwicklung einiger Betriebe bei, nament- mographischen Entwicklung und seinen sozialen Auswir- lich in den Bereichen Fahrzeugbau, Bau einer Biogasan- kungen wurde die modellhafte Teilnahme an einem lage sowie der Entwicklung einer mobilen Bühne. datengestützten Infosystem zur Gebäude- und Grund- versorgung (Gebäudeinformationssystem-Leerstandska- taster) beschlossen. Die Initiative hierzu trägt der Landkreis Kassel in Zusammenarbeit mit anderen. Die Er- gebnisse sind in Bearbeitung. Nach Aussagen der Stadt wird derzeit kein Bebauungsplanverfahren für den Ort betrieben. Trotz bestehender Konflikte mit der Kommu- nalaufsicht soll auch keine Straßenausbaubeitragssat- zung aufgestellt werden. Angestrebt wird eine weitere Innenverdichtung der Bebauung durch Schließung in- nerörtlicher Baulücken sowie die Umnutzung leerste- hender Gebäude. Der Flächennutzungsplan wurde 1978 rechtskräftig, der Landschaftsplan ist von Ende 2001. Ei- nige Bebauungspläne regeln die Neubauentwicklung. Eingebettet in die „Erlebnisregion Kassel-Land“ ver- marktet sich Hofgeismar mit anderen Städten unter Die Kommission empfiehlt als weitere Grundlage für die „Märchenland Reinhardswald“. Hümme selbst definiert Siedlungsentwicklung eine parzellenscharfe Erstellung eines sich hierbei als „Basisstation“, gleich „ob Wandern, Baulückenkatasters. Dieses könnte über den Ortsbeirat vor- Schwimmen, Radfahren, Kultur erleben oder einfach nur genommen werden. Fachliche Begleitung sollte dabei ein- entspannen“. Dieses unterstützen die vielfältigen An- gebunden werden, insbesondere auch, um die Wertigkeit bindungen an regionale Konzepte und Netzwerke in der Freiflächen im Ortskern und an den historischen Orts- den Bereichen Tourismus und Kultur. Zu nennen sind ins- rändern festzuhalten. Die Ergebnisse sind öffentlich vorzu- besondere das Ecomuseum Reinhardswald und das stellen und bieten neben dem Leerstandskataster Orien- „Netzwerk Industriekultur Nordhessen“, der Märchen- tierung gerade auch für die privaten Eigentümer. Vor dem wanderweg und Eco-Pfad-Diemel sowie der regionale Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung sieht die Kom- Fahrrad-Pool. Organisatorisch erfolgt eine Anbindung mission in der langfristigen Nutzungssicherung der inner- an das Regionalforum Region Kassel-Land e.V. Diese örtlichen Liegenschaften eine große Herausforderung für wird als sog. Leader-Gruppe auch durch die Europäische die Kommune und den Ort. Um einer Entleerung entge- Union unterstützt. Wander- und Radwege (R 4) gehen genzuwirken, sollte dem Nutzungskataster zeitnah ein Maß- durch den Ort. In diesem Kontext stehen auch der ab- nahmenplan folgen. Empfohlen wird außerdem, die aus geschlossene Umbau des Bahnhofsumfeldes zu einer kommunalen Planungen erwachsenden Vorteile für die Bür- ansprechenden touristischen Infostelle und die geplante ger noch stärker herauszustellen und in Anknüpfung an den Umnutzung des alten Bahnhofs. Dorfentwicklungsplan ein städtebauliches Gesamtkonzept weiterzuentwickeln. Die Verknüpfung der örtlichen Wünsche mit den regio- nalen Zielen bewertet die Kommission als wegweisend Im Aufbau befindet sich ein „Solarkataster“. Aktuell gibt und überdurchschnittlich. Beeindruckend ist dabei, mit es ca. 50 Photovoltaik- und Solarthermieanlagen. Sofern welcher Hartnäckigkeit und „langem Atem“ die Projekte

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 47 Hofgeismar-Hümme verfolgt und umgesetzt werden. Wünschenswert für Orts- Bürgerschaftliche Aktivitäten und besucher aber auch für die innerörtliche Informations- Selbsthilfeleistungen weitergabe wäre eine fortlaufende Internetaktualisierung. Hümme hat ein breit gefächertes Freizeit-, Sozial- und Kul- Die touristischen Aktivitäten werden durch eine gute öf- turangebot. Getragen wird dieses von den Kirchen und den fentliche und private Infrastruktur und Grundausstattung Vereinen, Initiativen, Förder- und Arbeitskreisen. Unter die begleitet. So befinden sich u.a. im Ort eine katholische insgesamt 31 Gruppierungen fallen auch drei Frauenkreise und evangelische Kirche, eine städtische Verwaltungsau- und ein Seniorenkreis. 14 sind in der Vereinsgemeinschaft ßenstelle, die Grundschule mit sechs Klassen, ein kom- Hümme organisiert. Zahlreiche regelmäßig stattfindende munaler Kindergarten sowie ein Gemeinde- und Aktivitäten begleiten den Jahresverlauf. Maibaumaufstel- Jugendraum. Sportanlagen, Spielplätze und zwei Turn- lung, Heimatfest, Jugendfußballturnier, Volksradfahren, Kar- hallen, Friedhof mit Aussegnungshalle. Mehrere Vereins- nevalsveranstaltungen, Sonnenwendfeuerfest, Garagenfest, gebäude, die Dorfwiese sowie die 2006 ausgebaute Dorf- Oktoberfest, Weihnachtsmarkt, Eierlesen, Jugendfeuer- und Kulturscheune fallen weiterhin unter die Baulast der wehrfest, Martinsumzug usw. belegen dieses beispielhaft. Stadt. Beachtenswert, dass das Catering für den „Scheu- nenbetrieb“ ausschließlich über die örtliche Gastronomie erfolgt. Es wird angeregt zu prüfen, ob bzw. wie eine ganzjährige Bespielbarkeit der (Theater-)Bühne mittelfri- stig realisiert werden könnte. Dieses würde eine weitere kulturelle Aufwertung Hümmes bedeuten.

Die leitungsgebundene Versorgung der Haushalte mit Gas und Kabelfernsehen konnte zusammen mit der Ab- wassernetzsanierung und dem Kläranlagenneubau in den vergangenen Jahren abgeschlossen werden. Mit zehn Haltestellen im Ort ist auch eine sehr gute Erreich- barkeit der Busse gegeben. Die Regional-Tram garan- Weitere Projekte wie die monatliche Herausgabe der tiert weiterhin eine gute Anbindung an Kassel. „Hümmer Nachrichten“ seit nunmehr 40 Jahren und Bildbände sowie Ausstellungen des Geschichtsvereins Bäckerei und Metzgerei und Lebensmittelgeschäft bieten u. a. zur Bahngeschichte, vervollständigen die umfang- eine Grundversorgung mit Lebensmitteln. Letzteres reichen Aktivitäten. Neubürger werden über die Initiati- konnte durch örtliche Unterstützung gesichert werden. ven etc. in das dörfliche Gemeinwesen eingebunden. Imkereiprodukte sind über die mobile Direktvermarktung Als Willkommensgeschenk erhalten sie einen soge- erhältlich. Ergänzt wird die Angebotspalette durch zwei nannten „Neubürgerkoffer“. Dieser enthält alle wesent- gastronomische Betriebe mit „Fahrradpool-Station“, lichen Informationen einschließlich Kontaktadressen. einem Reisebüro und einer Post- und Versandhausagen- tur. Örtliche Zusammenschlüsse gibt es mit dem Maschi- Die Neugestaltung des Schulumfeldes wurde gemeinsam nenring und im Bereich der Holzverarbeitung. durch Lehrer, Eltern und Schüler realisiert. Außerge- wöhnliche didaktische und methodische Ansätze führten zu einer Zertifizierung der Schule durch das Schulamt. So gibt es u.a. einen Schulgarten mit der Nachzucht histori- scher Kartoffelsorten auf Hochbeeten. Vorbildlich auch die Vorlesestunden durch Großeltern in der Schule und die Kinder- und Märchentheateraufführungen.

Die Neugestaltung der Kindergartenaußenanlage und Spielplatz erfolgte in Eigeninitiative. Der Jugendraum, geöffnet am Wochenende, wird mit Unterstützung des städtischen Jugendarbeiters in Eigenregie verwaltet.

48 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Hofgeismar-Hümme Eine Kunsttherapeutin arbeitet mit Kindern und Ju- Baugestaltung und -entwicklung gendlichen im eigenen Atelier. Es wurde ein Förderver- ein zur Erhaltung und Sanierung des um 1770 Die starke Bauentwicklung, der unregelmäßige Orts- errichteten Kirchenareals gegründet. Zurzeit stehen die grundriss mit einem organisch angelegten Straßennetz Sanierung der Orgel und der Bau eines barrierefreien und die in Teilen lockere Bebauung erfordern einen Kirchenzugangs an. „zweiten Blick“, den Ort und seine Siedlungsgeschichte zu erfassen. Von dem Ursprung des Ortes im Bereich des Beachtenswert ist die „Historische Dorferkundung Bahnhofs und dem Schwesterdorf Haldungen zeugen Hümme” mit 30 Infotafeln. Begleitend wurde eine Bild- heute nur noch schriftliche Zeugnisse. Der baulich be- broschüre von der Initiative Hümme „Unser Dorf“ er- zeugte historische Ortskern befindet sich weiter nord- stellt. Bergahornpflanzung und Patenschaftsübernahme östlich. Mit gotischem Westturm liegt die evangelische anlässlich des „Baum des Jahres“ durch den Ge- Kirche im Zentrum eines oval geschnittenen Wehrkirch- schichtskreis seien ebenfalls erwähnt. Unter den Initiati- hofs. Die ältesten Anwesen schließen sich konzentrisch ven finden sich Selbst- und Nachbarschaftshilfen. So gibt entlang der alten Poststraße, heute Hauptstraße, an. Die es neben der VdK-Sozialberatung private Spendenak- ersten Erweiterungen erfolgten nach Südwesten entlang tionen, die die Sanierung der Kirchenglocken und -fen- der Hauptstraße Richtung Mühlbach. Er bildet die süd- ster realisierten oder Hilfen für Flut- und Brand- liche Ortsbegrenzung. Es folgten Siedlungserweiterun- schadensopfer organisierten. Private Hol- und Bring- gen ab dem späten 17. Jahrhundert nach Süden und dienste für Ältere und Behinderte ergänzen die Ange- Südwesten. Die Anbindung an die Bahn führte zu einem bote im Dorf. Wohnungsneubau Anfang des 20. Jahrhunderts. Wei- tere Baugebiete folgten in den 50er Jahren nach Nord und Nordwesten.

Eine Obstverwertung aus den Streuobsterträgen sowie Baumpflanzaktionen und Baumschnittlehrgänge werden angeboten. Zur Vermittlung der notwendigen Kennt- nisse bei Streuobstmaßnahmen für Baumschnitt- und Zwei Gesamtanlagen weist der Ort auf. So ist zunächst Neupflanzungen werden seitens der „Dorfinitiative“ der älteste Teil des Ortskerns einschließlich seiner noch Fachleute eingebunden. Am „Apfelbaumweg“ findet erhaltenen Ortsrandbegrünung mit Grabland und Wie- die Versteigerung des Streuobstes statt. Die angestrebte sen geschützt. Die zweite Anlage umfasst die südliche weitere Grünvernetzung mit der umliegenden Land- und südwestliche Siedlungserweiterung ab Ende des 17. schaft wird durch ausgefallene Projekte unterstützt. So Jahrhunderts. Als Sonderform des niederdeutschen Hal- konnten bisher 143 Bäume aus der Aktion „Ein Baum für lenhauses findet sich in Hümme das Diemelsächsische jede/n 70-jährigen“ mit Unterstützung der Stadt ge- Hallenhaus. Ebenfalls als Einhaus ausgebildet verfügt es pflanzt werden. Der „Seniorenhain“ soll demnächst um jedoch über ein Obergeschoss, so wie die überwiegend Sitzgruppen und Namenstafeln ergänzt werden. Öffent- in Hessen vorfindbaren Ernhäuser. Die große Anzahl die- liche Grünflächen, z.B. in der Birkenallee, werden zum ser bau- und kulturgeschichtlichen Zeugnisse aus dem Teil durch Anwohner gepflegt und erhalten. Neupflan- späten 16. und 17. Jahrhundert prägen den Ortskern zungen im Ortsbereich werden durchgeführt. maßgeblich. Daneben gibt es einige Querdielenhäuser

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 49 Hofgeismar-Hümme sowie Flurquerdielenhäuser erbaut bis zum Ausklang ßen und dezentrale Plätze umgebaut, das Bachbett der des 19. Jahrhunderts. Danach endete die regional-tra- Esse neu gestaltet und der Spielplatz erneuert. Kleintei- ditionelle Bauweise. Knapp 50 Gebäude unterliegen lige Natursteinpflasterungen finden sich vielfach im dem Einzeldenkmalschutz aus geschichtlichen, wissen- (halb-)öffentlichen Raum, u.a. an der Sparkasse. Die schaftlichen und künstlerischen Gründen. Darunter fällt Kopfsteine der alten „Essebrücke“ von 1740 wurden ge- die ev. Kirche mit traditionellem Sandsteinplattendach. sichert. Eine weitestgehende Wiederverwendung der Sich dieser „Kostbarkeiten“ annehmend, wurde im Ver- alten Materialien wird grundsätzlich angestrebt. lauf der Dorferneuerung viel Wert auf Sanierung, Umbau und Folgenutzungen der ehemaligen landwirtschaftlich All diese Maßnahmen führten zu einer beachtlichen Auf- genutzten Anwesen gelegt. So finden sich im Ort zahl- wertung des Ortsbildes. Im Ort wurde dadurch ein gro- reiche gut sanierte Anwesen. Als traditionelle Baumate- ßer Impuls ausgelöst, der, wie oben beschrieben, bis rialien kamen dabei Holz und Tonziegel wieder zum heute anhält. Ein kleines und feines Projekt ist der kon- Einsatz. Kleinteilige und konstruktiv ausgeführte Holz- tinuierliche Austausch „moderner“ Einfriedungen durch fenster finden sich wie auch Holztore und Verschalun- ortstypische Staketenzäune. Hier ist bereits ein großer gen. Unter denkmalpflegerischer Beratung wurden viele Erfolg mit 1.300 Metern zu verbuchen. der aufwendigen Schnitzornamente wieder hervorge- hoben.

Daneben stehen jedoch mehrere Gehöfte bzw. Wohn- häuser, deren Erscheinungsbild eine Unternutzung oder einen Leerstand vermuten lassen. Als Langzeitaufgabe sieht die Kommission eine denkmalpflegerisch abge- stimmte Nutzungssicherung. Vor diesem Hintergrund sollte unter Einbindung der Eigentümer und der Stadt ein Entwicklungskonzept für die betroffenen Areale er- stellt werden. Eventuelle Verkäufe sollten begleitet und koordiniert werden; ein ev. Zwischenerwerb durch die Stadt wäre wünschenswert (Immobilienmanagment). Eine baufachliche Beratung im Vorfeld von Renovie- rungsarbeiten sollte offensiv angeboten werden; auch Eine größere planerische und finanzielle Dimension be- um historische Innenausstattungen und -konstruktionen sitzt die 2008/2009 abgeschlossene Neugestaltung des möglichst zu sichern. Bahnhofsumfeldes. So wurden nach ersatzloser Demon- tage der Altuhr durch die Bahn drei Bahnhofsuhren neu Die verdichtenden privaten Neubauten fügen sich hin- installiert, ein überdachter Warteplatz und Fahrradstän- sichtlich ihrer Maßstäblichkeit und Formensprache rela- der errichtet. Neu gestaltet wurde auch der Straßen- tiv harmonisch in das Gesamtbild ein. Vereinzelt herrscht raum. Auf dem Kreisel fand ein historischer Prellbock eine gewisse Überformung und Materialbeliebigkeit vor. seinen Platz. Das Altpflaster wurde im Parkplatzbereich Schlicht und damit dem dörflichen Charakter angemes- eingesetzt. Funktional ausgebaut und zeitgemäß „mö- sen zeigen sich die neueren kommunalen und kirchli- bliert“ entstand so in der Nachbarschaft der historischen chen Gebäude wie die katholische Kirche, die Schule, Altbebauung ein ausgewogenes Gesamtbild. Einen klei- der Kindergarten, Bushaltestellen, Ortseingangstafeln, nen Wehmutstropfen bilden die noch sehr jungen Neu- Vereinshäuser. Eine städtebaulich gute und gestalterisch pflanzungen. Hier wären größere Bäume wünschenswert ansprechende Lösung wurde mit dem Ausbau der Kul- gewesen. Die Kommission empfiehlt bei den anstehen- turscheune in Nachbarschaft zum Feuerwehr- mit Schüt- den Umbauarbeiten weitere Gehölze wie Flieder, Ho- zenhaus gefunden. lunder, Rosenstöcke zu pflanzen.

Neben der privaten Inanspruchnahme der Dorferneue- Der Umfeldplanung schließen sich aktuelle Planungen rungsmittel wurde ein Schwerpunkt auf den Ausbau der zur Neunutzung des Bahnhofs an. Die Ergebnisse einer Frei- und Verkehrsflächen gelegt. So wurden u.a. Stra- von der Stadt in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstu-

50 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Hofgeismar-Hümme die für die künftige Nutzung des 1897/98 erbauten, seit Zymbelkraut) und unbefestigte Flächen mit unter- den 60-er Jahren leerstehenden Bahnhofsgebäudes, schiedlich ausgeprägter Ruderalvegetation bei. stehen aus. Die Überlegungen reichen von touristischen und/oder vereinsgebundenen Nutzungen bis hin zu ge- Beachtenswert ist die gut gelöste Reaktivierung der ehe- werblichen Nutzungsvarianten wie bspw. Eventveran- maligen Flutmulden zur Schaffung von Retentionsflä- staltungen im gastronomischen Sektor oder auch chen zur Reduzierung von Hochwasserschäden in Tagespflegeangebote für Senioren. Ziel ist auch eine Absprache mit der Wasserwirtschafts- und Naturschutz- stärkere Aufwertung des Bahnhofsstandortes. Mit Span- verwaltung. Auch die Ausbildung der Wasserläufe mit nung ist zu erwarten, ob sich einige der vorläufigen Esse und Mühlgraben ist hervorzuheben. Der Mühlgra- Ideen für eine mögliche Folgenutzung des alten Bahn- ben zeigt einen standortgerechten Bewuchs (Farne) und hofes realisieren lassen. Das Hauptaugenmerk wird aus ist mit dem alten gusseisernen Geländer versehen. Wei- Sicht der Kommission im folgenden auf ein Trägerkon- tere ortsprägende Merkmale besitzen der parkähnliche zept zu legen sein, wobei aus finanziellen Erwägungen alte Friedhof mit Trockenmauer, die raumbildende Frie- eine Privatnutzung anzustreben ist. denseiche aus dem 19. Jahrhundert und der schön ge- staltete „Maibaumplatz“ mit Ortsbild prägender Linden- In räumlicher Nähe befindet sich ein Industriedenkmal: und Rotdornbepflanzung. der 1900 gebaute Lokschuppen mit handbetriebener Drehscheibe. Sein Erhalt wird über eine örtliche Initia- tive angestrebt. Ein Konzept sieht ein Museum der ört- lichen Bahngeschichte mit wechselnden Ausstellungen vor. Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Bahnan- schlusses für die Ortsentwicklung wäre die Umsetzung sehr zu begrüßen.

Grüngestaltung und -entwicklung

Eine gute Durchgrünung kennzeichnet den Ort. Hierzu tragen Bauerngärten mit Bruchsteinmauern, (alte) Stein- treppen, Fassadenbegrünungen, die kleinteilige Frei- raumgestaltung im Oberdorf ebenso bei wie die dörflich gestalteten Spielplätze und die gepflegten Linden und Ahornbestände sowie die Hainbuchenhecken im Bahn- hofsbereich. Das Kirchenumfeld mit den alten Linden, Zur langfristigen Sicherung der Bäume empfiehlt die die Rotdorn- und Ligusterhecken oder die noch ables- Kommission stärker auf eine ausreichende Dimensionie- baren, grasbetonten alten Wegesysteme (Gänseweg) rung der Baumscheiben im öffentlichen Straßenraum zu prägen den öffentlichen Raum. Im Bereich des Bahn- achten. Auf die Verbesserungspotentiale hinsichtlich der körpers finden sich gut ausgeprägte typische Ruderal- Einheitlichkeit der verwendeten Pflastermaterialien fluren mit Wärme liebenden Arten. Bereichernd sind die wurde bereits hingewiesen. Pflanzergänzungen ermög- Rabatten mit Hortensien, Lavendel und Rosen, dörfliche lichen der Spielplatz und die Neubaugebiete. Zur Un- Hausbäume und eine dörfliche Flora u.a. mit Stockmal- terstützung der Beratungsarbeit wird die Auflage einer ven in Privatgärten des alten Ortsbereiches. Beispielhaft „Grünfibel“ mit Angaben zu dorftypischen Materialen, ist die Beteiligung am Projekt „Archegarten“. Gehölzen, Nutz- und Zierpflanzen ebenfalls empfohlen.

In Zusammenarbeit mit der Naturschutzakademie Hes- sen sind vier Mustergärten mit erhaltenswerten alten Dorf in der Landschaft Pflanzen und Gehölzen entstanden. Zu dem Gesamt- eindruck tragen auch der zum Teil üppige Mauerbe- Der Ortsteil Hümme ist weitgehend harmonisch in die wuchs mit typischen Vegetationsmustern (Mauerraute, umgebende Landschaft eingebettet. Im Nordwesten

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 51 Hofgeismar-Hümme liegt die Gemarkung im Landschaftsschutzgebiet Mit Ausnahme des südöstlichen Einganges (hinter dem (LSchG) „Auenverbund Diemel“. Im Südwesten im kom- Bahnübergang) bilden die Ortseingangsbereiche har- binierten LSchG „Dingel und Eberschützer Klippen“. monische optische Übergänge zur Landschaft. Das am Dieses ist auch als Fauna-Flora-Habitat ausgewiesen. Ortsrand gelegene Gewerbegebiet fiel hinsichtlich sei- Die Gesamtfläche von knapp 1.040 ha ist überwiegend ner Landschaftseinbindung positiv auf. Das Neubauge- landwirtschaftlich geprägt. Städtebauliche Beeinträchti- biet am südwestlichen Ortsrand liegt recht exponiert gungen ergeben sich insbesondere durch den Bahnver- und könnte hinsichtlich seiner landschaftlichen Einbin- lauf mit ortstrennender Wirkung. Nicht besichtigt wurde dung noch deutlich verbessert werden. Dieses gilt ana- das Segelfluggelände und Wochenendhausgebiet, log für das große Lagergebäude am südöstlichen beide am südwestlichen Gemarkungsrand gelegen. Ortseingang hinter dem Bahnübergang rechts in Orts- einfahrtrichtung. Die ehemals deutlich näher in Ortsrandlage befindliche Wald-Feldgrenze wurde im Laufe der Jahre vor allem durch die zunehmende landwirtschaftliche Flächeninan- Die Bewertungskommission, August 2009 spruchnahme zurückgedrängt. Auffallend sind die in den Außenbereich führenden Wegeverbindungen mit al- leenartigem Baumbestand. Kleinwald-, Feldgehölz-, Ansprechpartner Hecken- sowie Streuobststrukturen betonen die land- schaftliche Vielgestaltigkeit im Außenbereich des Ortes. Edith Matthes Schulstraße 13 34369 Hofgeismar

Nördlich der Ortslage befindet sich das Naturschutzge- biet „Hümmer Bruch bei Stammen“. Die „Hümmener Hute“; eine Heidefläche mit altem Hainbuchenbestand, ist ein Naturdenkmal und liegt östlich des Ortes. Land- schaftsprägend sind die umfangreichen Grünbestände im Bereich der „Esse“ sowie der Bahnanlagen, das „Al- lerbruch“ - Feuchtgebiet mit Graureiher-, Eisvogel-, Rohrdommel- und Wasseramselvorkommen, die „Esse- Auen“, und das Biotop „Tiefenbach“ mit Verlandungs- und renaturierten Flächen. Die Nisthilfen für Störche wurden nicht gesehen. Raumprägenden Charakter be- sitzen die 100-jährigen Eichen im Bereich der Karls- bahntrasse. Mit zwei „Babywiesen“ wird der Streuobst-, Weiß- und Rotdorn- bestand anlässlich einer Geburt im Ort ergänzt.

52 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Hofgeismar-Hümme

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 53 Kalbach-Heubach

Kalbach-Heubach ist anerkannter Erholungsort im Landkreis Fulda. Das Dorf mit seinen ca. 700 Einwohnern liegt am nördlichen Rand des Hessischen Landrückens, dem verbindenden Höhenzug zwischen Rhön und Vogelsberg. Die Ge- markung Heubach liegt im Landschaftsschutzgebiet „Frauenstein” und dem Naturpark „Hessische Rhön“. Die Gemeinde ist Mitglied im Regionalforum Fulda-Südwest. 1983 bis 1990 wurde Kalbach-Heubach über das Dorferneuerungsprogramm gefördert. 1999/2000 nahm der Ort be- reits am 30. Dorfwettbewerb teil. Das Motto des Dorfes lautet „Lich sänn Häwich”.

Allgemeine Entwicklung kreiseigene Projekt zur Neunutzung leerstehender Anla- gen aktuell geprüft. Hierbei würden die Planungskosten Die Zusammenarbeit zwischen Kommune, Ortsbeirat durch den Landkreis und die Kommune teilweise über- und Bewohnern gestaltet sich konstruktiv und die örtli- nommen und Vermarktungshilfe angeboten. Die Kom- che Entwicklung bereichernd. Anlassbezogen werden mission bewertet die bisherige Bestandserfassung als Arbeitskreise bzw. Ausschüsse gebildet, die bis zum Pro- eine gute Grundlage, sich weiter intensiv mit der sozialen jektabschluss auch mehrere Jahre arbeiten. Beispielhaft und baulichen Innenentwicklung Heubachs auseinander sei die örtliche Begleitung beim Bau des Bürgerhauses zu setzen. Hierbei sind sicherlich vorrangig die betroffe- genannt. Dieses wird heute ehrenamtlich vom Heimat- nen Eigentümer einzubinden. Die Kommission plädiert verein verwaltet. Auch zwei Fördervereine („Landsyn- jedoch dafür, das Gesamtthema gerade auch öffentlich agoge Heubach“ und ev. Kindergarten „Sonneninsel”) weiter zu behandeln, da vielfältige Wirkungen, z.B. auf sprechen für die enge Verzahnung von Bürgern, Kirche, die private und öffentliche Infrastruktur, zu erwarten sind. Ortsbeirat und Kommune. Dabei sollten auch Vorgaben für die städtebauliche und baulich-gestalterische Entwicklung abgestimmt werden. Die Einwohnerzahl ist seit ca. 10 Jahren relativ stabil und Sofern diese über den Dorfentwicklungsplan nicht vor- hinsichtlich der Altersstruktur ausgewogen. Nach einem liegen, wäre seine Fortschreibung oder die Aufstellung Gemeindevertreterbeschluss wurde 2008 ein Freiflächen- eines Bebauungsplans für die Ortskernlage zu prüfen. Er- und Leerstands-/Nutzungskataster erstellt. Dieses weist fahrungen im Management von Immobilien und Flächen aktuell 13 leer stehende und mehrere untergenutzte Ge- liegen auch in anderen hessischen Kommunen vor. Ein bäude auf. Die Besitzer von Freiflächen sollen im Weite- Erfahrungsaustausch wird empfohlen. Der Innenentwick- ren bezüglich ihrer Nutzungsvorstellungen befragt lung sollte absoluter Vorrang vor der Ausweisung neuer werden. Auch wird eine Einbindung Heubachs in das Baugebiete gegeben werden.

54 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Kalbach-Heubach

Planungsvorhaben des Ortes sind die Erweiterung des wird das Betreuungsangebot durch eine Krabbelgruppe, Feuerwehrhauses, die Neugestaltung des Kinderspiel- die von einer Elterninitiative getragen wird und die platzes sowie die Ausweisung eines Wander- und Rad- einen Raum über dem Kindergarten nutzen kann. Eine wegenetzes. Weiterhin sollen verstärkt regenerative und Grundschule, Einkaufsmöglichkeiten sowie ärztliche Ver- regionale Energiequellen genutzt werden. Nach dem sorgung gibt es im Nachbarort Uttrichshausen, wohin es Vorbild anderer Dörfer wird ein Holzhackschnitzel-Heiz- auch Busverbindungen gibt. kraftwerk mit einem entsprechenden Nahwärmesystem errichtet. Dazu ist die Gründung einer Genossenschaft gerade erfolgt.

An sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Grundaus- stattung hat Heubach u.a. eine evangelische Filialkirche, einen Sportplatz, ein Feuerwehrhaus, eine Mehrzweck- halle im Bürgerhaus (Sport, Kultur, Vereine etc.). Auch gibt es ein öffentliches Freibad. Im Bürgerhaus gibt es eine Gemeindebücherei, an die auch die Kindergarten- kinder bereits herangeführt werden. Die 2006 wieder eingeweihte Landsynagoge ist einerseits ein musealer Ort. Er lädt ein zum Erinnern und gibt Einblicke, wie sich ehemals jüdisches Leben in der Synagoge gestaltete. Andererseits finden hier dem Ort und der Räumlichkeit angemessene Veranstaltungen statt. Weitere Angebote für Kinder und Jugendliche sind ein Kinderspielplatz am Für Senioren gibt es mehrere Angebote u.a. regelmä- Bürgerhaus und ein selbstverwalteter Jugendraum im ßige Treffen. Die Pflegeversorgung wird durch die Sozi- Feuerwehrhaus. Der Ortsvorsteher bietet zweimal wö- alstation Fliedetal gewährleistet. Der „Sozialverband chentlich eine Reihe gemeindlicher Dienstleistungen an. VdK Deutschland“ engagiert sich in der Senioren- und Für die Verschönerung und Pflege der dörflichen Ein- Behindertenbetreuung. In den letzten sieben Jahren richtungen steht dem Ortsbeirat seitens der Kommune haben sich fünf kleinere Betriebe im Ort neu gegrün- ein Etat in Höhe von 6500,- p.a. zur Verfügung. det, darunter auch ein Café mit Billardraum und Sola- rium. Einige landwirtschaftliche Betriebe vermarkten ihre Bedingt durch die geografische Lage im Mittelgebirge Produkte direkt. kommt dem Aktiv-Tourismus eine auch wirtschaftliche Be- deutung zu. So stieg die Zahl der Übernachtungen von 2005 mit ca. 11.600 auf je ca. 14 – 15 Tsd. in den Folge- Bürgerschaftliche Aktivitäten und jahren bei tendenziell steigender Verweildauer. Die örtli- Selbsthilfeleistungen chen Beschilderungen und Informationsmöglichkeiten sind aktuell, umfassend und ansprechend vom Heimat- Es gibt in Heubach 12 Vereine, z.T. in langer Tradition. verein gestaltet. Skilift, eine Loipe, ein Paragliding- Diese kümmern sich auch intensiv um die Jugendarbeit. Übungshang sowie ein großes Rad- und Wanderwegenetz Daneben gibt es die Kinder- und Jugendarbeit in der sorgen für ein breites touristisches Angebot. evangelischen Gemeinschaft und zwei eigenständige Jugendinitiativen: ,Chor ohne Namen’ und Tanzgruppe Für die Kinder des Ortes und des Nachbarortes Ut- ,Blue Magic Girls’. In der Pflege von Tradition und trichshausen gibt es einen bereits seit 63 Jahren beste- Brauchtum ist eine Vielzahl von Vereinsaktivitäten zu henden evangelischen Kindergarten. Der Kindergarten nennen, wie die Pflege der Heubacher Sprache, histori- hat ein fortschrittliches pädagogisches Konzept. Über sche Theateraufführungen, Kirmes, Backhausfest, Lied- Projektarbeit bestehen Berührungspunkte der Kinder zu gutpflege oder Schellenmann. den örtlichen Vereinen und Betrieben. Er bietet auch in- tegrative Plätze an und ab August 2009 gibt es Betreu- Besonders auffallend sind das große gemeinschaftliche ungsmöglichkeiten für unter 3-jährige Kinder. Ergänzt Engagement und die Eigenleistungen, die in vielen Be-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 55 Kalbach-Heubach reichen eine wichtige Voraussetzung für die örtliche Ent- jeden kennt und wo Geschichte viel personengebunde- wicklung sind. Der Bau des Bürgerhauses wurde durch ner wahrgenommen wird, mehr als bemerkenswert. etwa 11.500 Std. Eigenleistung möglich. Auch die Re- Auch vor diesem Hintergrund erfolgte die Verleihung staurierung der Landsynagoge und einige weitere Bei- einer Sonderauszeichnung für Heubach. spiele zeugen hier von dem starken Gemeinschaftssinn. Viele Impulse und Aktivitäten gehen dabei vom örtli- chen Heimatverein aus. So hat er sich in den vergange- nen Jahrzehnten für den Erhalt und die Neunutzung gefährdeter historischer Gebäude (alte Schule, Back- haus, altes Spritzenhaus) eingesetzt. Die kontinuierliche Pflege aller Grünanlagen und des Wandernetzes wird von ihm organisiert. Seine Bemühungen um die Dorf- entwicklung und Landschaftspflege brachten der Ge- meinde Kalbach die Auszeichnung „Spar-Euro“ durch die Hessische Landesregierung.

Im Rahmen der Vereinsarbeit bestehen eine Reihe von Austausch- oder Partnerschaftsprogrammen mit Verei- nen aus anderen Ländern oder Regionen. Neubürger werden insbesondere über Vereinsaktivitäten integriert. An sozialen Initiativen ist der Hilfsdienst ,Engelsruf’ zu nennen. Unter dem Dach des Sozialverbandes VdK wird unkompliziert nachbarschaftliche Hilfe für bedürftige Menschen organisiert (Einkäufe/Besorgungen, Arztbe- suche, Kinderbetreuung, Computerkurse für Senioren etc.). Oft hört man in Heubach den lakonischen Satz: „Wer einmal hier ist, bleibt”. Insgesamt entsteht der Eindruck Besondere Erwähnung verdient die bereits angespro- eines starken 'Wir'-Gefühles (s.a. das Motto). Die „Hä- chene Heubacher Landsynagoge. In dem Förderverein wicher” gehen viele wichtige Entwicklungen gemeinsam wurden unterschiedliche Interessengruppen eingebun- an. In einem kurzen Filmbeitrag, den Heubacher selbst den und es wurde ein stimmiges Konzept zur Restaurie- produziert haben, wird ein leicht selbstironischer Blick rung und weiteren Nutzung entwickelt. Die Synagoge auf den Ort und seine Menschen geworfen. Die hohe verbindet in vorbildlicher Art und Weise Erinnerung und Identifikation der Bewohner mit ihrem Ort bietet derzeit Gedenken mit kulturellen Begegnungen. Einerseits hat eine gute Voraussetzung, auch Jugendliche in die Ge- das Haus durchaus Museumscharakter. Andererseits fin- meinschaftsleistungen einzubinden. Diesem sollte wei- den hier anspruchsvolle Veranstaltungen statt, die vor terhin große Aufmerksamkeit zukommen. Nur so werden allem das Miteinander großer Religionen zum Thema sich auch längerfristig die gerade vom Heimatverein ge- haben und deren Anspruch ohne weiteres mit groß- tragenen vielfältigen Aufgaben bewerkstelligen lassen. städtischen Kulturprogrammen vergleichbar ist. Für Vergleichbares gilt auch für die Arbeit der Förderver- Schulen der weiteren Umgebung ist die Landsynagoge eine. Förderlich könnte dabei vielleicht ein verstärktes auch zu einem interessanten Ausflugsziel und Lernort Zugehen auf die Neubürger sein. Neu geprüft sollte geworden. Dass damit gleichzeitig auch die dörfliche (jü- eine (Neu-)Eröffnung eines Dorfladens. Ggf. kann das dische) Geschichte der NS-Zeit Thema wurde, ist Konzept in Zusammenarbeit mit einer Sozialeinrichtung, zwangsläufig. In einem Gedenkbuch in der Synagoge die sogenannte ,schwer vermittelbare’ Arbeitslose be- werden alle jüdischen Bürger Heubachs gewürdigt, die treut, erstellt werden. Auch hierbei sollten weite Teile während der Shoa umkamen oder vertrieben wurden. der Bevölkerung eingebunden werden. Schließlich Sie beherbergt weiterhin ein Heimatarchiv. Eine so strin- könnte durch die weitere Entwicklung eines sanften Tou- gente und mutige Herangehensweise an diesen Teil der rismus (Camping, Pensionen/Hotel, Gaststätten) sowie Geschichte ist in dörflichen Zusammenhängen, wo jeder die schon angesprochenen Pläne für eine Bioenergie-

56 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Kalbach-Heubach anlage in genossenschaftlicher Trägerschaft noch weite- Städtebaulich betrachtet sind Alt- und Neubebauung res wirtschaftliches Potential im Ort generiert werden. zumeist harmonisch angeordnet. Ortsbildprägende Ein- brüche gibt es jedoch bei einigen An- und Umbauten, bei denen oftmals Gebäude- und Fassadengliederung Baugestaltung und -entwicklung sowie Materialverwendung neue Maßstäbe im Ort set- zen. Gut gelungen zeigt sich der Um- und Anbau des Entstehungsgeschichtlich entwickelte sich Heubach ent- Bürgerhauses. lang des gleichnamigen Bachs. Das enge Tal „erzwang“ eine spätere Bebauung auch auf den höheren Lagen, so dass sich der Ort heute durch verschiedene Bauab- schnitte auf einem unregelmäßigen Geländerelief als Haufendorf zeigt. In Folge gibt es das „sog. Alte Dorf“, das Mittel-, Unter- und Oberdorf. Die historische Be- bauung ist landwirtschaftlich geprägt. Es finden sich Dreiseitanlagen, Hakenhöfe und die für die Rhön typi- schen Wohnstallhäuser, deren Nutzungen zum Teil ver- tikal angeordnet sind. An historischen Baumaterialien herrschen Sandstein, Bruchsteine und Basaltpflaster, Fachwerk-, Naturstein- und verschindelte Häuser vor. Landwirtschaftliche Nebengebäude sind oft in Holzbau- weise (senkrecht verbrettert) erkennbar. Die historische Dacheindeckung ist zumeist das Krempziegeldach. Im Rahmen der Dorferneuerung wurde die Ortsdurch- Mit seiner kleinparzelligen Bebauung ist der gesamte hi- fahrt und der Gerichtsplatz an der Linde neu gestaltet, storische Ortskern als Gesamtanlage nach dem Denk- ebenso Friedhof- und Kirchumfeld. Der Lindenplatz malschutzgesetz erfasst. Hierunter fallen auch der wurde seiner historischen Bedeutung als Gerichtsplatz Dorfplatz (1696) mit Dorflinde (1951), die Kirche (Mitte und städtebaulichen Wertigkeit angemessen sehr schön 18 Jh.) und der Treppenaufgang. Die evangelische Kir- wieder hergestellt. Bushaltestellen wurden im Stile der che wurde Mitte der 80er Jahre restauriert. Sie ist inner- dörflichen Bebauung aus Sandstein errichtet. Darüber halb des Dorfes reizvoll gelegen und mit der den hinaus wurde 1995 der Killeplatz (einst Standort des Kirchhof umgebenden Natursteinmauer markant und er- Kille-Hauses) als Skulpturenstandort für den identitäts- haltenswert, aber auch sanierungsbedürftig. Neben die- stiftenden ,Schellenmann’ ortsgerecht gestaltet. Viele sen öffentlichen Gebäuden werden das Backhaus, die Maßnahmen dokumentieren das ausgeprägte Ge- Landsynagoge (Denkmalschutzpreis 2007) und knapp schichtsbewusstsein der Verantwortlichen. Denkmal- zehn private Anwesen als Kulturdenkmäler aus vor allem schutz und Ortsbildgestaltung werden mit touristischen orts- und baugeschichtlichen Gründen bewertet. Anforderungen zusammengeführt, z.B. bei der Restau- rierung der alten Brunnenanlagen, der Aufstellung von Plakatwänden (als Schutz gegen Häuserwerbung) oder der Holzwegweiser, die auf die unterschiedlichen Wan- der- und Radwege sowie Sehenswürdigkeiten hinwei- sen. An den alten Häusern wurden die historischen Hausnamen angebracht.

Auch im privaten Bereich wurde im Rahmen der Dorfer- neuerung eine große Anzahl von Anwesen (insgesamt 66 Maßnahmen) saniert oder aufgewertet. Die Intention der Dorferneuerung sollte auch weiterhin Beachtung fin- den. Dabei wäre es wünschenswert, wenn bei anste- henden Sanierungs- und Umbaumaßnahmen verstärkt auf das historische Dorfbild und seine prägenden Ele-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 57 Kalbach-Heubach mente wie Gebäudegliederung und -gestaltung, Mate- leerstehenden Haus zwar Naturnähe in den Ort. Aber rialverwendung und Farbgebung geachtet wird. Auch Baumschnitt und extensive Pflege wären angebracht, würde manche (teil-)entsiegelte (Hof-)Fläche das Anwe- um den Charakter als Streuobstwiese zu erhalten. Als sen und den Straßenraum harmonischer gestalten. Eine bewusstes Gestaltungsprinzip finden sich Ruderalflächen kleinräumige Bepflanzung oder eine offenfugige Pfla- eher im öffentlichen Raum. Für die bereits empfohlene sterung oder wassergebundene Decke wären Alternati- Entsiegelung weiterer Flächen würden sich mehrere ven. Wir empfehlen, auf vorhandene positive Beispiele Möglichkeiten anbieten. Das eine oder andere Fremd- im Ort öffentlich, z.B. über Tafeln oder einen Rundweg, gehölz könnte noch durch orts- bzw. regionsspezifische hinzuweisen. Fachliche Beratung im Einzelfall sowie die Sorten ersetzt werden. Hausbegrünungen und Haus- Erstellung einer Bau- und Grüngestaltungsfibel werden bäume wie Flieder würden das Dorfbild und die Auf- empfohlen. Letztere sollte auch Hinweise zur Nutzung enthaltsqualität im Straßenraum weiter verbessern. alternativer Energie aufnehmen. Empfohlen wird auch, auf eine Vereinheitlichung von Einfriedungsmaterialien (vorzugsweise Holzstaketenzaun und Sandsteinmauern) zu achten. Grüngestaltung und -entwicklung

Wie beschrieben gewährt Heubach vielfältige aber auch widersprechende und konkurrierende Einblicke. Dieses gilt neben der Bauentwicklung auch für die Ortsbegrü- nung. So bestimmen einerseits große Laubbäume das Dorfbild. Neben Linden finden sich z.B. an einigen Stel- len Mehlbeerbäume. Wie der Lindenplatz sind der Kirch- hof mit anschließendem Friedhof markante und ansprechende innerörtliche Freiflächen. Letzterer könnte durch die Pflanzung weiterer Laubbäume noch aufge- wertet werden.Sehr ansprechend sind auch das (private) Kirchenumfeld mit Backhaus, Obstbaumwiese und Ge- wässer. Im Sinne eines zeitgemäßen Artenschutzes wäre es er- freulich, wenn die mancherorts sichtbare Abschreckung von Schwalben durch aufgehängte CDs entfernt würde. Die Anbringung einfacher Kotbrettchen kann der Ver- schmutzung durch Schwalbenkot mit wenig Aufwand entgegenwirken.

Dorf in der Landschaft

Heubach fügt sich harmonisch in die Mittelgebirgsland- schaft ein. Von Frauenstein und Schwarzenberg, Aus- läufern der Vorderrhön, hat man einen schönen Blick über das in die Hanglage eingebettete Dorf weiter in Richtung Wasserkuppe. Insgesamt handelt es sich um einen in seiner Kleinräumigkeit und Vielfältigkeit relativ In der Mehrzahl der Privatgärten finden sich neben Zier- naturnahen Landschaftsraum. Das Dorf liegt im Natur- auch heimische Pflanzen sowie Gehölze, Obstbäume. park Rhön. Die Landwirtschaft prägt durch ihre z.T. ex- Auch einige gut angelegte Bauerngärten sind zu finden. tensive Nutzung die Gemarkung. Etwas höher gelegen Spontanvegetation findet sich insbesondere überall schließen sich Mischwälder an. Die vorhandenen Streu- dort, wo Unternutzungen bzw. Leerstand vorliegen. So obstbestände sind meist in gutem Pflegezustand. Das bringt ein verwildertes Gartengrundstück mit einem Obst wird zu großen Teilen verwertet, wobei in der Ern-

58 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Kalbach-Heubach tezeit erfreulicherweise auch die Kinder des Ortes ein- bezogen werden. Die Übergänge vom Dorf zum Land- schaftsraum sind meistenteils gut. Die Möglichkeiten einer stellenweise verbesserten landschaftlichen Einbin- dung der Neubaugebiete sollten geprüft werden. Auch manche Wirtschaftsgebäude außerhalb könnten wirksa- mer eingegrünt sein. Der schön gestaltete und gut ge- pflegte Grillplatz mit Hütte lädt in landschaftlich besonders reizvoller naturnaher Lage auf dem Schwar- zenberg zum Verweilen und Feiern ein.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Ortsvorsteher Gerhard Müller Hauptstraße 12 36148 Kalbach

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 59 Kalbach-Heubach

60 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Ringgau-Rhörda

Geografisch betrachtet liegt Röhrda zwischen dem nordhessischen Bergland und dem Thüringer Wald im Natur- park Meissner-Kaufunger Wald. An zwei Quellen im Netratal gegründet, gehört Röhrda zu den ältesten Siedlungs- plätzen der Region. Der Ringgau und mit ihm Röhrda blicken auf eine abwechslungsreiche Geschichte zurück. Als Grenzgebiet im nordöstlichen Werra-Meißner-Kreis gehörte der Ort bis Mitte des 15. Jahrhunderts wechselhaft zu Thüringen und Hessen. Noch bis Kriegsende 1945 orientierte sich die Bevölkerung überwiegend nach Eisenach. Röhrda unterlag bis in die Neuzeit, 1803, zwei Gerichtsbarkeiten und damit unterschiedlichen herrschaftlichen Zu- gehörigkeiten. Auch mehrere Dialektgrenzen stoßen in Röhrda aufeinander. Die wichtige Handelsstraße von Leip- zig nach Frankfurt „Die langen Hessen“ führte durch den Ringgau. Den Ort auch zukünftig bei den zu erwartenden demografischen Veränderungen „lebenswert erhalten und gestalten“, dass haben sich die 770 Bewohner zum Ziel gesetzt. Röhrda hat seit 1961 häufig am Dorfwettbewerb teilgenommen und erhielt dabei 1989 die Goldmedaille auf Bundesebene. Mittel aus dem Programm der Dorferneuerung wurden 1982 bis 1989 eingesetzt. Die Röhrda prä- sentiert sich unter www.roehrda.de im Internet.

Allgemeine Entwicklung das Leerstandskataster um das edv-gestützte Bau- lückenkataster des Landkreises und ggf. eine grund- Die Grenzlage zur ehemaligen DDR wirkte sich erheblich stücksbezogene Altersanalyse zu ergänzen. Die Erhebun- auf die Entwicklung Röhrdas nach 1950 aus. Die Bevöl- gen könnten in Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde kerungszahl sank bis 1990 von 943 auf 769 Einwohner. und örtlichen Vertretern heraus erstellt werden. Nach der Grenzöffnung war ein leichter Anstieg zu ver- zeichnen. In Folge der aktuellen demografischen Ent- Der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschafts- wicklung im Werra-Meißner-Kreis fiel der Bewohnerstand plan ist von 1993. Bis 2005 war der gesamte Ort durch nach 2000 erneut auf nunmehr auf 770. Davon sind 49 einen Bebauungsplan abgedeckt. Der Ortskern wurde als Zweitwohnsitz gemeldet. Die Gemeinde hat mit Un- 2005 entlassen. 2004 erfolgte eine Erweiterung und Er- terstützung des Landkreises aktuell ein Leerstandskata- schließung am südöstlichen Ortsrand um ein Wohngebiet ster erstellt. Nachdem in den vergangenen Jahren mit 14 Bauplätzen und einem kleinem Gewerbegebiet. mehrere Objekte verkauft werden konnten, stehen zur- Der Kauf der ersten zwei Grundstücke wird von der Ge- zeit noch einige Gebäude, darunter zwei Wohnhäuser, meinde subventioniert, wobei bis heute kein Verkauf vor- leer. Daneben wurden elf Häuser neu gebaut und zahl- liegt. Mit der Ausweisung steht die Gemeinde im reiche Anwesen an Kinder übertragen. Empfohlen wird Gegensatz zu aktuellen Bestrebungen des Landkreises,

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 61 Ringgau-Rhörda zukünftig den Schwerpunkt auf die Sicherung der Orts- Luftkurort waren bisher trotz der guten naturräumlichen kerne und Abrundung der Baubestände zu setzen. Die Bedingungen nicht gegeben. Dieses mag u.a. daran lie- Kommission hat die Ausweisung unter Abwägung der gen, dass es neben dem Landgasthof nur wenige Pri- voraussichtlichen Nachfrage und der Gesamtkosten und vatquartiere im Ort gibt und die touristische Freizeit- ohne die finanzpolitischen Hintergründe zu kennen, kri- infrastruktur auf mehrere Ortsteile verteilt ist. In Röhrda tisch hinterfragt. Aus ihrer Sicht sollte eine außervertrag- befinden sich u.a. eine Parkanlage mit integriertem Dorf- liche Lösung mit der Hessischen Landgesellschaft gesucht teich, ein Wassertretbecken und ein Sportgelände ein- werden. Da im Landkreis vermutlich in weiteren Kommu- schließlich Tennisspielplatz. Die weiteren öffentlichen nen ein Überangebot an Bauplätzen auf der Grundlage Infrastruktureinrichtungen umfassen Grundausstattun- älterer Bebauungspläne vorliegt, wird ein gemeinsames gen wie Grundschule mit Sporthalle, Dorfgemein- Vorgehen empfohlen. schaftshaus, Gemeindebücherei, Spielplätze, Friedhof mit Kapelle, Vereinsräume und eine Grillhütte sowie ein Feuerwehrgerätehaus. Daneben gibt es eine Reihe kirchlicher Angebote in den kircheneigenen Gebäuden. Weiterführende Schulen werden über die Nachbarorte abgedeckt. Rollende Dienste, z.B. der Bank, ergänzen die Versorgung.

Die Grundversorgung mit Lebensmitteln decken ein Ge- schäft sowie mehrere Direktvermarkter ab. Letztere ver- kaufen auch überregional. Die Gemeinde engagiert sich zurzeit im Aufbau eines „Markttreffs“ im Nachbarort Dat- terode. Sollte das Projekt realisiert werden, so würde es zu einer guten Ergänzung der Angebotspalette in Röhrda führen. Neben der Landwirtschaft, u.a. einem Saatgut- betrieb im Ortskern, bieten eine Reihe von kleinen Un- ternehmen und Dienstleistern über 100 Arbeitsplätze im Ort. Eine bestehende private Biogasanlage soll zukünftig Unter der Überschrift „Demografie im Dialog“ wurde Schule und Sporthalle energetisch versorgen. Privat gibt Ende 2007 eine Kooperationsveranstaltung in Röhrda es einige Photovoltaikanlagen. Über den öffentlichen zum Thema „Älter werden in unseren Dörfern“ durch- Nahverkehr ist die Kreisstadt Eschwege zu erreichen. Die geführt. Neben der Gemeinde Ringgau beteiligten sich Breitbandversorgung wird zurzeit ausgebaut. die Nachbargemeinde Weißenborn und der Landkreis. Von ihm ging die Initiative aus. In wie weit in Röhrda die Das Zusammenwirken von Ortsbeirat, Bewohnern und der auf der gut besuchten Veranstaltung formulierten Ziele Gemeindeverwaltung wird von den Beteiligten als ver- und Ansätze zur Verbesserung der Alltags- und Lebens- trauensvoll und gut bezeichnet. Sprechstunden ermögli- situation älterer Bewohner aufgegriffen und weiterver- chen einen unkomplizierten persönlichen Kontakt zum folgt wurden, ist der Kommission nicht bekannt. Nach Bürgermeister. Information des Bürgermeisters wurden bereits einige kleine Projekte umgesetzt.

Die Grenz- und Mittelgebirgslage machen den Ringgau zu einem interessanten (Rad-) Wandergebiet. Auch meh- rere Fernwanderwege queren die Region. Als Naherho- lungsgebiet hat sich der Ringgau über die Region hinaus etabliert. Trotz mehrfacher Bemühungen in der Vergan- genheit ist der Übernachtungstourismus hingegen von geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Die Voraussetzun- gen für eine Prädikatisierung zu einem Erholungs- oder

62 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Ringgau-Rhörda Bürgerschaftliche Aktivitäten und heblich an der Sanierung des Bürgerhauses, der Kirche, Selbsthilfeleistungen Grillhütte und aktuell am Umbau des Dorfangers betei- ligt. Auch der Pflege des öffentlichen Grüns nehmen sich Vielleicht war es die relative Abgeschiedenheit der ver- die Vereine an. Der Heimat- und Verkehrsverein sowie gangenen Jahrzehnte, die den 10 örtlichen Vereinen der örtliche Förderverein haben sich in den vergange- eine starke Mitgliedschaft sicherte. Während die mei- nen Jahren intensiv um eine weitere Aufwertung des sten ab Mitte des 20. Jahrhunderts gegründet wurden, Ortsbildes eingesetzt. In Anlehnung an die Ortsge- liegen die Wurzeln der Freiwilligen Feuerwehr und des schichte war und ist es Ziel, die Bedeutung des Wassers Männergesangvereins im vorangegangenen Jahrhun- für die Entwicklung Röhrdas sichtbar werden zu lassen. dert. Viele Kinder und Jugendliche engagieren sich in In Eigenleistung wurden dazu abschnittsweise mehrere den Vereinen u.a. in der Freiwilligen Feuerwehr, im Tur- Abschnitte freigelegt und ausgebaut. Auf ehemalige nermusikzug und in der Sportgemeinschaft Datte- Mühlenstandorte wird verschiedenartig hingewiesen. rode/Röhrda. Auch eine Laientheatergruppe spielt seit Wichtige Vorarbeiten liefert die 1998 abgeschlossene 1985. Die Rahmenbedingungen für eine offene, beglei- umfassende Ortschronik. Die Hervorhebung des Ele- tete Jugendarbeit stellt die ev. Kirchengemeinde in der ments Wasser hat die Kommission sehr positiv bewer- ehemaligen Pfarrscheune. Eine kritische Standortbe- tet. Nicht nur vor diesem Hintergrund bietet sich ein schreibung ihrer Aktivitäten stellten die Jugendlichen markierter und als Flyer ausgearbeiteter Rundgang der Kommission vor. Im angrenzenden alten Pfarrhaus durch den Ort an. Als neues Projekt plant der Verein die bietet die Kirchengemeinde den Bewohner an, sich au- Herausgabe eines Mundartbuches. ßerhalb des dörflichen Alltags zu treffen. Frauencafé, Männerfrühstück stehen hierfür beispielhaft. Soziale Hilfe wird im Ort noch stark über die Nachbarschaften gewährleistet. Sie sind auch wichtige Ansprechpartner für die Neubürger.

Eine große Anzahl von vereinsorganisierten Festen be- gleitet das Jahr. Dabei ragen zwei Veranstaltungen her- Die Kommission gewann insgesamt den Eindruck, dass aus: die Kirmes und das Angerfest mit einem Dorfmarkt. die Bewohner Röhrdas eine starke Bindung zu ihrem Ort Letzteres wird von den Vereinen gemeinsam organisiert aufweisen und sich mit ihm und der Region identifizie- und durchgeführt, während die Kirmes zumeist privat or- ren. Durch die Randlage und die schwierige finanzielle ganisiert wird. Einige Veranstaltungen sind von überört- Situation der Kommune haben sich die Bewohner schon licher Bedeutung. lange zur Selbsthilfe verpflichtet und dieses durch „handfeste“ Unterstützung unterstrichen. Diese Selbst- Welchen großen Stellenwert die Vereine für das örtliche verpflichtung wird zukünftig unter der prognostizierten Leben besitzen, ist auch an dem Umfang der Eigenlei- demografischen Entwicklung noch wichtiger werden. stungen zu erfassen. So haben sich die Bewohner er- Auch aus diesem Grund wäre die Fortsetzung und örtli-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 63 Ringgau-Rhörda che Beteiligung an dem o.g. Demografieprojekt „Älter Röhrda ist ein Haufendorf von besonderem Charme. Di- werden…“ wünschenswert. verse Straßen- und Wegebeziehungen, zuweilen be- gleitet von den schmalen Bachläufen, eröffnen abwechslungsreiche Einblicke. Neben dem anspre- chenden Dorfanger gibt es eine Reihe kleiner, dezen- traler Raumöffnungen und Plätze, begrenzt von gut erhaltenen Anwesen. Die Grundstückszuschnitte und Größe der Anwesen sind noch heute Spiegel der wirt- schaftlichen und sozialen Entwicklung einerseits und Resultat der naturräumlichen Vorgaben mit vielen Ge- ländesprüngen andererseits. Der bau- und kulturge- schichtliche Wert von Röhrda schlägt sich entsprechend in der Ausweisung des gesamten Ortskerns als Gesamt- anlage nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz nie- der. Zahlreiche private Anwesen sind darüber hinaus neben den kirchengeschichtlichen Zeugnissen als Ein- Eine große Herausforderung für den Ortsbeirat und die zeldenkmäler ausgewiesen. Neben der geschichtlichen Vereine sieht die Kommission weiterhin darin, Gemein- Bedeutung sind städtebauliche aber auch künstlerische sinn und Miteinander auch in der jungen Generation zu Gründe angeführt. Die althistorische private Bebauung sichern bzw. zu wecken. Hierzu werden über die derzeiti- reicht vereinzelt bis Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. gen Angebote neue Initiativen zu entwickeln sein. Film-, Traditionell ist der fränkische Fachwerkstil im Ort vor- Internet- oder Zeitungsprojekte könnten vielleicht Anreize herrschend. An Materialien herrschen neben Holz, Kalk- bieten, sich als Jugendlicher mit dem Dorf und seiner Ent- bruch- und Sandstein sowie Ziegel und eine rote wicklung auseinander zu setzen. Vielleicht kann hierfür die Dacheindeckung aus Ton (ehemals Krempziegel) vor. An bereits aktive Jugendgruppe gewonnen werden. Einfriedungen finden sich der Staketenzaun und schmie- deeiserne Hofabgrenzungen. Neue Wohnhäuser fügen sich zumeist harmonisch in das Straßenbild ein. Die im Baugestaltung und -entwicklung Rahmen der Flurbereinigung in den 70-er Jahren durch- geführte partielle Ortsentkernung bzw. Neuordnung fällt Mit acht (ehemaligen) Mühlen kann Röhrda als das Müh- nur „auf den zweiten Blick“ auf. Die organische Bau- lendorf des Ringgaus bezeichnet werden. Die topogra- weise reicht mit Einschränkungen bis in die neueren fisch bewegte Lage und sein unregelmäßiger Grundriss Baugebiete an den Ortsrändern. Eine städtebauliche machen es für die Bewohner und Besucher zu einem Ort Zäsur bildet neben der B7 im Norden die östlich verlau- der langen Wege. Achse der Siedlungsentwicklung fende Ringgaustraße, die den Ortskern von den Sport- waren die zwei Quellbäche. Wie bereits eingangs be- anlagen und dem geplanten Neubaugebiet trennt. schrieben, schaut Röhrda auf eine bewegte Geschichte zurück. Dieses spiegelt sich auch in seiner Bauentwick- lung wieder. Zwei historische Siedlungskerne sind heute auszumachen. Ob zeitgleich entwickelt und zusammen- gewachsen oder zeitlich versetzt entstanden ist offen. Un- bestritten aber zählt der Martinsborn mit der Kapelle in südwestlicher erhöhter Lage zur Erstbebauung. Als Zeug- nis steht heute noch die Westmauer als Ruine im Dorf. Das zweite und heutige Zentrum liegt an der um 1400 er- bauten Kirche Peter und Paul. Als „Eigen- und Wehrkir- che“ errichtet, liegt sie ebenfalls exponiert. Wehrturm und das erhaltene spitzbogige Tor der Umfassungsmauer gehen auf den Beginn des 16. Jahrhunderts zurück. Un- mittelbar angrenzend der großzügig angelegte Gutshof.

64 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Ringgau-Rhörda

Neben der herausragenden Kirche sind die sonstigen fachliches Beratungsangebot im Vorfeld anstehender öffentlichen Gebäude wie Pfarrscheune und altes Pfarr- Maßnahmen, da weitere Fassadenfreilegungen und Ge- haus, Backhäuser, Grillhütte, und Bürgerhaus (alte bäuderenovierungen zu erwarten sind. Andererseits Schule), altes Feuerwehrhaus, Friedhofshalle, Vereins- sollte das Heft Empfehlungen zu Freiraumgestaltungen, heime hinsichtlich ihrer Maßstäblichkeit und Ausführung Einfriedungen und Bepflanzungen, ggf. straßen- oder gut in das Gesamtbild integriert. Sehr schön auch die grundstücksbezogen enthalten. Die Hinweise und Anre- Eingangsbereiche Martinsborn und Schindgraben mit gungen sollten dem Grundsatz folgen: weniger ist zu- dem Pavillon. Schule und Sporthalle einschließlich ihres meist mehr und zwar sowohl für das Auge, das Umfeldes heben sich davon als schlichte Zeugnisse der Wohlbefinden und für Flora und Fauna. Dieser Grund- 70-er Jahre ab. Als Besonderheit sei das ehemalige jü- satz gilt auch bei der Anlage von Wegen, für sog. halb- dische Bad im Keller eines Privatanwesens genannt. Die öffentliche Randbereiche, kleine Plätze, Straßen- und Gesamträumlichkeiten wurden beispielhaft saniert. Sie Hofbefestigungen etc. Ein gutes Beispiel bietet hierzu stehen für Feiern auch öffentlich zur Verfügung. Welche der neugestaltete Dorfanger und der Schindgraben. Bedeutung die jüdische Gemeinde für Röhrda besaß, blieb unerwähnt. Grüngestaltung und -entwicklung

Röhrda präsentiert sich als ein intensiv durchgrünter Ort. Weite Teile sind naturnah gestaltet u.a. das Kirchenum- feld mit Aufgang, der neugestaltete Anger als Linden- platz, die Spielplätze, Schindgraben mit Treppe und auch das Wassertretbecken am Ortseingang. Beein- druckend auch der große üppig begrünte Friedhof, der von einer Natursteinmauer gefasst ist. Empfohlen wird, die alten Grabsteine vor Schlagregen und Frost zu schüt- zen.

Nach zahlreichen Verschönerungsmaßnahmen in den 80- und 90-er Jahren widmete sich der Heimatverein in den vergangenen Jahren erneut der Straßenraumge- staltung nunmehr mit dem Ziel der partiellen Bachfrei- legung, ohne jedoch eine Renaturierung vornehmen zu können. Neben einigen ausgebauten Teilstücken mit be- gleitender Bepflanzung ist eine gewisse Material-, For- men- und Farbenvielfalt im Straßenraum auffallend. Dieses findet sich auch in Teilen der Neubaugebiete und schließt auch die Einfriedungen ein. Daneben gibt es zahlreiche, in Trockenbauweise ausgebildete Natur- Harmonisch und dörflich geprägt sind ebenfalls eine steinmauern, zum Teil renovierungsbedürftig. Reihe privater Anwesen. Beispielhaft seien die innerört- lichen Nutzgärten und das Umfeld der Untermühle mit Die Kommission empfiehlt über einen offenen Prozess Baumbestand und breiter Fugenbildung in den gepfla- und mit fachlicher Begleitung eine Gestaltungs-, Grün- sterten Freiflächen genannt. Tritt- und Ruderalgesell- und Energiefibel zu erstellen und an alle Haushalte zu schaften finden hier Raum. Neben zahlreichen hoch- verteilen. Diese sollte einerseits Hinweise über den Um- stämmigen Bäumen gibt es eine Anzahl von Gehölzen gang mit historischer Bausubstanz und Nutzung alter- wie Rosenstöcke, Flieder, Obstbäume etc. in den Stra- nativer Energien liefern. Wünschenswert wäre ein aktives ßenräumen und Höfen. Weiterhin tragen Hecken,

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 65 Ringgau-Rhörda

Mauer- und Fassadenbegrünungen zur Ortbegrünung Grabland ist der Ortsbebauung vorgelagert. Zahlreiche bei. Spezielle Maßnahmen zum Artenschutz wurden Obstbäume markieren traditionell die Wege und Stra- nicht vorgestellt. ßen. Sehr schön liegt die Grillhütte am Ortsrand in Wald- randnähe. Eine Wiese wird ehrenamtlich von Senioren Die Kommission empfiehlt weitere Teilentsiegelungen extensiv gepflegt. Ob und in welchem Umfang Arten- und Neupflanzungen vornehmen. Im Sinne der eigenen und Naturschutzmaßnahmen durch überörtliche Natur- Zielsetzung sollten standortfremde Gehölze nach und schutzgruppen wahrgenommen werden, ist der Kom- nach ersetzt werden. Hierfür finden sich zahlreiche Bei- mission nicht bekannt. Auch die eventuelle Einbindung spiele im Ort. Vielleicht könnten auch die Rosenrabat- der jüngeren Generation in Pflegemaßnahmen wie ten im Straßenraum als Leitgehölz aufgegriffen und Baumschnitte wurde nicht angesprochen. fortgeführt werden. Die Hangbepflanzung mit Boden- deckern könnte durch Stauden ersetzt werden. Positive Verbesserungen in der Eingrünung der bebauten Orts- Beispiele könnten öffentlich hervorgehoben werden, lage sieht die Kommission in der verstärkten Bepflan- z. B. durch entsprechende Beschilderungen ggf. als zung des Orteinganges von der B 7 kommend durch Rundweg ausgebildet. straßenseitige Bepflanzung des Gewerbebetriebes. Im Süden wäre eine westliche hochstämmige Bepflanzung der Straße im Kurvenbereich mit einer Torausbildung Dorf in der Landschaft wünschenswert. Dieses würde das Gesamtbild mit der guten Friedhofsbegrünung abrunden. Auch die relativ Die Gemarkung von Röhrda ist von mehreren Schutzge- offene Schulbebauung könnte stärker durch Bepflan- bieten umgeben. Im Süden grenzt das Vogelschutzge- zungen an die Ortslage angebunden werden. Auf eine biet „Rendaer Höhe“ an. Im Westen und Norden liegen Eingrünung des neuen Baugebiets ist zu achten. je ein Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. Der Ort ist insgesamt landschaftlich sehr gut eingebunden. Hierzu trägt einer- seits der westliche, kleinstrukturierte und landwirt- Die Bewertungskommission, August 2009 schaftlich genutzte Kulturraum mit anschließend ansteigendem Waldgebiet bei. Andererseits ist in weiten Teilen eine gute Verzahnung zur innerörtlichen Begrü- Ansprechpartner nung gegeben. Dieses trifft insbesondere für den west- lichen, nördlichen und nordöstlichen Ortsrand zu. Als Alexander Hartmann Besonderheit für einen Ort in dieser Größe ist der im Hintergasse 19 Rahmen der Flurbereinigung ausgebaute und die Netra 37296 Röhrda einbindende Dorfteich mit einem großzügigen, natur- nah angelegten Park hervorzuheben. Das Gelände bie- tet einerseits Möglichkeiten für die Naherholung und den Anglersport. Gleichzeitig ist mit ihm ein eindrucks- volles Biotopsystem entstanden.

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33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 67 Schlitz-Pfordt

Im östlichsten Teil des Vogelsbergkreises liegt Pfordt mit aktuell 399 Einwohnern. Pfordt ist einer von 16 Ortsteilen der Burgenstadt Schlitz im Schlitzerland. Mit einer Fläche von 142 qkm stellt sie die drittgrößte Flächengemeinde Hessens. Die Pfordter Gemarkung umfasst davon eine Gesamtfläche von 902 ha, von der ca. 43 % landwirtschaft- lich genutzt werden. Das seit dem Jahr 852 unter dem Namen „Porta“ erwähnte Dorf leitet seinen Namen von lat. „porta”= Pforte ab. Ein Name, der sich aus seiner Lage an einem Pilgerweg nach Fulda herleiten könnte oder aber auch aus der alten Wegeverbindung vom Kloster Fulda zur Kirche nach Schlitz, die bei Pfordt den Fluss querte. In der zuletzt genannten Annahme wird ein Bezug zu der Abgabe annehmenden Klosterpforte in Fulda hergestellt. Die im Ursprung mittelalterliche Kirche bildet den Mittelpunkt der in der Talaue der Fulda gelegenen Dorfsiedlung. Von leicht ansteigenden Ackerflächen umgeben, ist die Gemarkung traditionell landwirtschaftlich geprägt. Pfordt ist wie die anderen – überwiegend sehr kleinen – Stadtteile in Bezug auf die kommunale Ausstattung und Dienstleistungen auf die nahe gelegene zentrale Kernstadt orientiert. Die hohe Motivation und kontinuierliche Ak- tivität der Einwohner zeigt sich u.a. in den häufigen und erfolgreichen Teilnahmen am Dorfwettbewerb mit bisher 14 Beteiligungen. 2012 läuft die Unterstützung aus dem Programm der Dorferneuerung für Pfordt nach neunjähri- ger Dauer aus. „Gemeinsam die Zukunft gestalten“ ist Leitbild des Ortes. Über die Homepage der Kernstadt www.schlitz.de sind Eindrücke über Pfordt erhältlich.

Allgemeine Entwicklung vorweisen. Davon stellen die je vier landwirtschaftlichen Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe (noch) über zehn. Nach einem deutlichen Rückgang nach 1950 steigt die Weitere Arbeitsplätze liegen im Handwerk, Handel und Einwohnerzahl von Pfordt seit 1970 von 318 Einwohnern Dienstleistungen. Rollende Wagen ermöglichen eine wieder leicht aber stetig auf nunmehr knapp 400 Be- Versorgung mit Lebensmitteln. wohner an. Dieses hat mehrere Gründe. Die Attraktivität der naturräumlichen Lage macht Pfordt zu einem be- Die kommunal bereitgestellte Infrastruktur ist im Verhält- liebten Wohnstandort. Dabei bieten die Nähe zur Kern- nis zu der Einwohnerzahl angemessen. So sind u.a. Fried- stadt aber auch zum Oberzentren Fulda, Lauterbach, hof mit Halle, ein betreuter Jugendraum (im ehemaligen Hünfeld und Bad Hersfeld Arbeitsmöglichkeiten in der Backhaus), und Vereinsräume im Ort vorhanden. Eine Be- Region. Auch hat sich die innerörtliche private Beschäf- reicherung für das Gemeinwesen stellt die 2009 fertig tigungsstruktur ständig weiterentwickelt. Mit 48 Ar- gestellte Kulturscheune dar. Sie übernimmt in weiten Tei- beitsplätzen kann Pfordt eine relativ hohe Anzahl len die Aufgaben des bisherigen, zu kleinen Bürgerhau-

68 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Schlitz-Pfordt ses in der ehemaligen Schule. Dieses steht nunmehr zum und Leerstandserfassung liegt für die Gesamtstadt und Verkauf an. Ein mobiler Bürgerbus, gesponsert von städ- für den Vogelsbergkreis (noch) nicht vor. Eine Chance zu tischen Unternehmen, ergänzt die Anbindung an das weiteren Verbesserungen wird in dem gewünschten Netz des öffentlichen Personennahverkehrs. Ausbau der innerörtlich verlaufenden Kreisstraße u.a. durch großzügige Bepflanzungen gesehen. Die Kom- Der Flächennutzungsplan trat 1993, der Landschaftsplan mission empfiehlt neben dem Nutzungskataster die 2002 in Kraft. Die Kommune als auch die Bewohner Erstellung eines fachlich abgestimmten Baulückenkata- haben sich zum Ziel gesetzt, die Lebensqualität in Pfordt ster. gerade auch vor dem Hintergrund der negativen De- mografieprognosen nicht nur zu sichern sondern zu er- höhen. Ein Bündel von Ansätzen und Aktivitäten wurden hierzu entwickelt und bereits umgesetzt. Im Bereich der Siedlungsentwicklung wurde dieses zunächst über die Ausweisung von zwei kleineren Baugebieten eingelei- tet. Das erste „Dorfgebiet“ arrondiert seit 1993 den We- sten des Ortskerns. 1998 wurde der Bebauungsplan „Am Schlitzer Garten“ mit weiteren Bauplätzen im Nord- westen des Ortes rechtskräftig. Die Kommune fördert dabei den Zuzug junger Familien. Für das erste bis dritte minderjährige Kind erhält eine Familie einen Preisnach- lass von 1.000 Euro pro Kind. Auch der unentgeltliche Kindergartenbesuch in der Kernstadt soll Anreize zum Zuzug geben.

In den vier Dorferneuerungsarbeitskreisen wird ergän- Auch die touristischen innerörtlichen Angebote sollen zend der Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Stabilisie- ausgebaut bzw. ergänzt werden. Ausgeschilderte Wan- rung der Innenentwicklung gelegt. Ein Scheunenkataster derwege, der Hessische Fernradweg R1 (von der Was- mit Überlegungen für zukünftige Nutzungen befindet serkuppe zur Weser) und eine Kanuanlegestelle bieten sich in Arbeit. Danach hat Pfordt relativ wenig Leerstand bereits heute Möglichkeiten der Naherholung und für in seiner Gebäudesubstanz zu beklagen. Eine aktive Ver- den Fremdenverkehr. Eine örtliche Gastronomie mit marktung leerstehender Gebäude wird mit Unterstüt- Biergarten und Übernachtungsmöglichkeiten ist vor- zung der Stadt betrieben. Eine systematische Nutzungs- handen. Südlich und in kurzer Entfernung befinden sich zwei Seen (ehemalige Kiesabbauflächen). Der sommer- liche Badebetrieb sowie die Möglichkeit zum Sportan- geln ziehen bereits seit Jahren Gäste an. Änderungen des F-Plans und ein Bebauungsplan von 2003 ermögli- chen weitergehende touristische Nutzungen. Derzeit wird ein (Betreiber-) Konzept „Freizeitgebiet Pfordter Seen“ erstellt und ein Investor gesucht. Damit soll dem Tourismus eine weitere expandierende Rolle in der ört- lichen Entwicklung zukommen. Ob die Ausweisung des Freizeitgebietes den erhofften wirtschaftlichen Folge- effekt für Pfordt bringen wird, wird von der Kommission kritisch hinterfragt. Dem hingegen ist von einer regio- nalen Wertschöpfung auszugehen.

Ein engmaschiges Netzwerk der Zusammenarbeit kenn- zeichnet Pfordt. Durch Bürgerversammlungen werden bei anstehenden Planungen die Bürger vor Ort betei-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 69 Schlitz-Pfordt ligt. Ortsbeirat und die Arbeitskreise gewährleisten ei- den. Die Förderung der Jugend ist ein wichtiger nerseits Transparenz und Mitwirkung. Sie eröffnen an- Schwerpunkt der Vereins- und Engagementaktivitäten. dererseits auch Möglichkeiten, initiativ zu werden. Eine Sie bieten eine breite Kinder- und Jugendarbeit an. Ein Interessensweitergabe bei kommunalen Planungen und Beispiel ist der mit 260 Mitgliedern sehr aktive Sport- Entscheidungen sichern weiterhin mehrere Bewohner verein. Allein 10 Betreuer trainieren die Fußballju- durch ihre Vertretung in den städtischen Gremien ab. gendmannschaften und führen Freizeiten durch. Die Kir- Eine Abstimmung mit regionalen Entwicklungszielen ist mesburschen und -mädchen richten die traditionelle durch die Mitgliedschaft der Stadt im Regionalforum Bachkirmes aus. Nachdem das Backhaus längere Zeit „Vogelsberg“ und durch die Mitarbeit einiger Ortsbe- ohne Nutzung geblieben war, wurde dieses in Eigenlei- wohner gegeben. Die gemeinsame Klammer aller Akti- stung zu einem sehr ansprechenden Jugendraum um- vitäten bildet der Wunsch, die demografischen gebaut. Die evangelische Kirchengemeinde engagiert Veränderungen aktiv zu gestalten. Die Kommission ge- sich gerade auch in der Jugendbegleitung. Der kürzlich wann dabei den Eindruck eines vertrauensvollen und gegründete innovative Kulturverein „Kultur aktiv” initi- zielorientierten Miteinander, was von den Bewohnern iert Theateraufführungen in der neuen Kulturscheune. anerkannt und geschätzt wird. Die Jugend-Theatergruppe will ihre schauspielerischen Aktivitäten durch vermehrte Auftritte noch intensivieren.

Bürgerliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Zahlreiche Vereine und Gruppen prägen das breite und lebendige soziale und kulturelle Leben im Ort. Mehr- fachmitgliedschaften der Bewohner sind häufig zu fin-

Ein regionaler Schwerpunkt liegt in der Brauchtums- pflege mit Volkstanz- und Trachtengruppen sowie einer Spinnstube für Ältere und Jüngere. Weithin bekannt ist das internationale Schlitzer Trachtenfest. Hieran betei- ligt sich die Gruppe regelmäßig und bietet darüber hin- aus den internationalen Gästen Quartier. Weitere Vereine wie die Freiwillige Feuerwehr, der Taubenverein, zwei Chorsparten (traditionell und modern), eine Gym- nastikgruppe oder ein lockeres Treffen der Seniorinnen ermöglichen eine vielfältige Freizeitgestaltung. Die

70 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Schlitz-Pfordt

Landfrauen der Gesamtgemeinde agieren auch in Pfordt Durch den weitgehenden Verzicht auf Einfriedungen pri- frei nach dem Motto: "Mitmachen – mitreden – mitein- vat genutzter Flächen besitzt der Ort ein unverwechsel- ander mehr erreichen." Den Jahresverlauf begleiten ge- bares organisches Straßenbild. Mehrere Brände im 20. meinsam organisierte Veranstaltungen und Aktionen wie Jahrhundert führten zu Ersatzbauten, die sich baulich- „saubere Flur“. Die Jagdgenossenschaft unterstützt zahlreiche Projekte u.a. durch die unentgeltliche Bereit- stellung des Maschinenparks und eines Baugerüsts. Die Inneneinrichtung der Kulturscheune wurde von ihr maß- geblich mit finanziert. Neubürger erhalten ein Willkom- menspaket und werden über die Vereine integriert.

Eine Ortschronik und Hausschilder (in Arbeit), die auf die alten Familiennamen verweisen, tragen mit dazu bei, dass die örtliche Geschichte lebendig bleibt.

Traditionell beteiligen sich die Bewohner an öffentlichen Bau- und Grünmaßnahmen. Dieses dokumentieren be- eindruckend viele Projekte, zuletzt mit Unterstützung aus räumlich und gestalterisch insgesamt gut in das Ge- dem Dorferneuerungsprogramm. Als Beispiele sind zu samtbild einfügen. Nicht verschwiegen werden soll die nennen: Dorfplatz und Spielplätze, Jugendraum, Fried- Tatsache, dass im (vermeintlichen) Einklang mit der hof, Grillhütte und Kulturscheune. Wettbewerbsprogrammatik 1969 ein großes Anwesen im Ortskern abgebrochen und an seiner Stelle ein Springbrunnen errichtet wurde. Der Ortskern ist unge- Baugestaltung und -entwicklung achtet der baulichen und gestalterischen Einbrüche und Veränderungen noch immer eine Gesamtanlage nach Linksseitig der Fulda gelegen bietet Pfordt mit einem dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Darunter fallen unregelmäßigen Grundriss ein sehr ansprechendes Orts- auch knapp 20 Anwesen bzw. Wohnhäuser als Einzel- bild. Den Auftakt bildet der schöne, gut eingegrünte denkmäler. Sie dokumentieren die wirtschaftliche und Ortseingang mit der mächtigen, alten Steinbogen- soziale Entwicklung des Ortes seit dem 17. Jahrhundert. brücke von 1804 über die Fulda. In der Dorfmitte erhebt Die Mehrzahl der Denkmäler entstammt aus dem sich die auf einen vorreformatorischen Bau zurückge- 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Fachwerkkon- hende und 1615 in ihrer heutigen Form entstandene Kir- struktionen und Ziegelmauerwerk, Verschalung und che. Den Turm erhielt sie 1894. In unmittelbarer Nähe Schindeln, Sandsteinsockel, rote Tonziegel sind die vor- steht die ehemalige Schule von 1903, ab 1970 bis 2009 herrschenden traditionellen Baumaterialen. Die Reno- als Bürgerhaus genutzt. Im „alten Deutschen Baustil“ als vierungen und Sanierungen wurden fachgerecht und Putz- und Fachwerkbau ausgebildet, ist sie ein weiteres zurückhaltend insbesondere hinsichtlich der Material- ortsbildprägendes Element von hohem städtebaulichen, und Farbgebung durchgeführt. Als schlichte Massivbau- geschichtlichem und künstlerischen Wert. Platzartig und ten wurden die jüngeren Häuser errichtet; darunter auch offen sind das Umfeld von Kirche und Schule mit der das Sportlerheim und die Trauerhalle. Diese anspre- mächtigen Linde. Als dritte öffentliche Einrichtung be- chende gestalterische „Bescheidenheit“ sollte auch wei- findet sich das ehemalige Backhaus gegenüberstehend. terhin Leitbild bleiben. Photovoltaik- und Solarthermie- Bei der angestrebten Privatisierung der Schule sollte Anlagen sind vereinzelnd zu finden. darauf geachtet werden, dass auch das (kleine) Grund- stück dorfgerecht gestaltet wird. Die ehemalige und ge- Das Feuerwehrhaus, 1996 in einer ehemaligen Scheune genwärtige öffentliche Nutzung dieses Dorfbereiches eingerichtet, ist ein Beispiel für die sinnvolle Umnutzung sollte dabei ablesbar bleiben. der zuvor leerstehenden, in Gemeindebesitz befindli- chen Hofanlage. Die mit viel Eigenleistung umgebaute Die Straßenbilder zeichnen sich durch malerisch grup- Kulturscheune „Dorfschern” als Ort für Veranstaltungen pierte Bauten und große, zur Straße hin offene Höfe aus. kann als besonders gelungener moderner architektoni-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 71 Schlitz-Pfordt scher Beitrag zum Ensemble des Ortes gewertet wer- Der Platz in der Ortsmitte an der Kirche, ehemals Schul- den. Sie kann angemietet werden. Eine Ergänzung des hof, lebt von der alten, großkronigen Linde. Ihre Pflege Angebots an Vereinsräumen im Dachgeschoss ist pro- und ihr Erhalt sollten auch weiterhin – nach einem Ver- jektiert. Ergänzt durch einen Kinderspielplatz und eine kauf des Schulhauses – ein wichtiges Anliegen bleiben, Grillhütte, stellt sie einen zweiten attraktiven „Ortsmit- auch um die hohe Aufenthaltsqualität dieses Festplat- telpunkt“ am Ortsrand dar. zes zu erhalten. Die Neuanpflanzungen mit kleinkro- nigen Bäumen als Markierung des Weges zum Kirchen- Ebenfalls als sinnvolle Nutzung wird der Ankauf eines eingang fassen den Platz auf angenehme Weise. Eine größeren Hofes mit Nebengebäuden als Winterquartier Besonderheit stellt der Abenteuerspielplatz im alten durch einen Wanderzirkus gesehen, wobei wiederum Hohlweg „Relles Hohl“ dar. Er ist ein nachahmenswertes der Zirkus einen erfreulichen Beitrag zur Belebung des Beispiel für die Belebung und Aufwertung eines histori- Dorflebens leistet. schen Landschaftsreliktes, das durch seinen natürlichen Bewuchs und seine besondere Atmosphäre als Spiel- platz auch ohne vorgefertigte Standartgeräte einen Grüngestaltung und -entwicklung hohen Reiz ausübt. Sehr ansprechend auch der Friedhof mit alter Ummauerung und neuer Bepflanzung. Die dörfliche Begrünung mit altem Baumbestand, über- wiegend einheitlichen Neupflanzungen, Hecken und Empfohlen wird eine Erneuerung der Allee zum Sport- schönen Nutzgärten wirkt harmonisch. Dazu tragen auch platz, der durch eine bessere Eingrünung noch gewin- die zahlreichen nicht versiegelte Flächen bei. Idyllische nen könnte. Ortsuntypische Gehölze sollten weiter nach und dabei funktionsgerechte Situationen und Räume er- und nach ausgetauscht und Fassadenberankungen und geben sich durch die zur Straße offenen, großen und oft Gehölze, wo möglich, ergänzend gepflanzt werden. liebevoll bepflanzten oder gepflasterten Hofflächen.

Dorf in der Landschaft

Harmonisch und malerisch gelegen präsentiert sich Pfordt in der naturbelassenen Flussaue. Die leicht hü- gelige Landschaft weist im Auenbereich Grünland- und ansteigend Ackerbaunutzung bei kleinteiliger Struktu- rierung und guter Durchgrünung auf. Der angrenzende Wald reicht teilweise bis an das Dorf. Die östlich des Dorfes von Südwest nach Nordost verlaufende Fulda ist beidseitig als Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Fuldatal“ ausgewiesen und als Fauna-Flora-Habitat- Gebiet „Obere- und mittlere Fuldaaue“ klassifiziert. Nördlich grenzt das Naturschutzgebiet „Breitecke“, ein Feuchtgebiet, an. Im Osten liegt das große Naturschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Breitenbachtal bei Michelsrombach“ mit Teilen in der Gemarkung.

Der Ort ist durch die Flussbepflanzung zum einen und den Obstbäumen und Wiesen zum anderen insgesamt gut eingegrünt und mit der Landschaft verbunden. Landwirtschaftliche Nutzung, ein extensiv genutzter Kul- turraum, vielfältige vernetzte Biotopsysteme und eine Freizeitnutzung an den Seen liegen scheinbar ohne stö- rende Wechselwirkungen nah bei einander. Der Bau einer Fischtreppe unterstützt u.a. den Artenschutz. Nach

72 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Schlitz-Pfordt einem erfolgreichen Projekt zum vorbeugenden Gewäs- serschutz erfolgt die pflanzenbauliche Nutzung unter möglichst gewässerschonenden Gesichtspunkten, für den die Stadt als Betreiber des Wasserwerks den Land- wirten für den Mehraufwand einen finanziellen Ausgleich leistet.

Insgesamt erscheint die Einbindung des Dorfes in die Landschaft sehr gelungen, fast ideal; hier wäre nur noch auf eine ergänzende Bepflanzung von Feldrainen hinzu- weisen. Das Gebiet der Pfordter Seen bildet ein Poten- tial, das sensibel und so schonend wie möglich

touristisch entwickelt werden sollte. Beim Blick von oben zeigt sich eine durchweg intakte und bisher weitgehend ungestört erscheinende Dachlandschaft. Um diese in Zu- kunft zu erhalten, sollten neue Standorte für Solaranla- gen und Photovoltaik sehr gut überlegt werden. Die Erstellung eines Dachkatasters als Bürgerinfo wird emp- fohlen. Auf moderne glasierte Dacheindeckungen sollte verzichtet werden.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Herbert Schlosser Friedhofsweg 3 36110 Schlitz – Pfordt

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 73 Schlitz-Pfordt

74 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Wettenberg-Launsbach

Launsbach ist mit 364 ha Fläche und 2.390 Einwohnern ein Ortsteil der Gemeinde Wettenberg im Landkreis Gießen. Nach Auflösung der Stadt Lahn schlossen sich 1979 neben Launsbach zwei weitere mittelhessische Gemeinden zur Gesamtgemeinde Wettenberg zusammen. Diese liegt im Verdichtungsraum des Oberzentrums Giessen. Geografisch betrachtet gehört Launsbach zum Gleiberger Land. Dieses wird im Osten und Süden von der Lahn be- grenzt. Die an Launsbach angrenzenden Erhebungen liegen bei über 300 Meter. Darunter befindet sich auch der Glei- berg mit der Ober- und Unterburg. Erstere reicht bis in das Jahr 1000 zurück. Das Gleiberger Land mit dem knapp 500 Metern sich erhebenden Dünsberg geht nordwestlich in das Gladenbacher Bergland über. Mit dem Jahr 1242 wird Launsbach im Vergleich zu den umliegenden Ansiedlungen relativ spät erstmals erwähnt. Eine junge Siedlungsgründung lässt sich entsprechend vermuten. In der (sumpfigen) Lahnaue gelegen, unterstand der Ort bis 1885 zumeist dem gemeinschaftlichen Besitz zweier Obrigkeiten. Erst ab dieser Zeit befindet es sich im Alleinbesitz der Grafen von Nassau. Seine kleinbäuerliche Struktur erhielt sich Launsbach bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit der Ansiedlung von Zigarrenfabriken und dem Bau der Bahnstrecke Wetzlar-Lollar nahm die Einwohnerzahl stark zu. So entwickelte sich Launsbach zur Wohngemeinde mit einem hohen Auspendleranteil u.a. nach Wetzlar und Gießen. Launsbach wurde von 1992 bis 2001 als Schwerpunkt aus dem Hessischen Dorferneuerungsprogramm unterstützt. Nach dem offiziellen Abschluss beteiligt sich der Ortsteil seit 2002 kontinuierlich am Hessischen Dorfwettbewerb. Die Leitgedanken des Ortsteiles liegen in der Nachhaltigkeit, der Vernetzung und der Integration seiner Bewohner. Informationen zu Launsbach sind über die Homepage der Gemeinde Wettenberg einzusehen.

Allgemeine Entwicklung bleiben. Mit der Erhaltung der Kindertagesstätte und der Grundschule konnten dafür wichtige Voraussetzungen Die attraktive Wohnlage in der Nähe zu Giessen hat die geschaffen werden. Einwohnerzahl in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich wachsen lassen. Der Anstieg erfolgte von 1.120 Einwoh- Launsbach verfügt derzeit über eine umfassende und nern 1950 über 1.780 Personen im Jahr 1970 bis aktuell gut funktionierende öffentliche Infrastruktur. Mit der be- ca. 2.400 Einwohner im Haupt- und Nebenwohnsitz. Pro- treuten Grund- und integrierten Gesamtschule „Glei- gnostisch wird bis 2020 von einer stabilen Stagnation berger Land“ ist die schulische Versorgung optimal. ausgegangen. Durch eine lokale Bildungsinitiative „Fa- Zwei Kindertageseinrichtungen, die kommunale Kinder- milie hat Zukunft“ will Launsbach auch zukünftig attraktiv tagesstätte „Mäusenest“ und die privat geführte Ein-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 75 Wettenberg-Launsbach richtung „Ameise e.V.“ stehen im Ortsteil zur Verfügung. arzt bis zum Tierarzt sehr gut. Trotz der guten Lage und Alle Bildungsträger arbeiten beeindruckend eng zu- Angebotsstruktur zeigen sich jedoch Probleme um die sammen. Sie engagieren sich gemeinsam und vielfältig Erhaltung der örtlichen Lebensmittelversorgung und der mit ihren Fördervereinen und anderen Organisationen. Poststelle im Dorf. Letztere wurde in das ev. Gemeinde- So wird z.B. über die Ferienspiele eine zweiwöchige haus integriert. Ganztagsbetreuung in den Sommerferien sichergestellt. Besonderes Augenmerk wird auf die pädagogische Kon- zeption und Ausrichtung gelegt. Die Jugendarbeit be- sitzt eine große Bedeutung. Neben den Vereinen engagieren sich hierbei die Kirchengemeinde und die Kommune sehr stark. Auch gibt es in Wettenberg seit 2006 wieder eine Jugendvertretung.

Auch um die Auswirkungen des prognostizierten demogra- fischen Wandels zu spezifizieren, hat die Gemeinde 2007/2008 ein Strukturgutachten für Launsbach erstellen las- sen. Kommunalpolitischer Wunsch ist, die örtliche und kom- munale Entwicklung aktiv zu steuern. Unter Aufnahme des Dorferneuerungsplans wurden Handlungslinien und Ziele formuliert. Vorschläge zur „institutionalisierten“ Einbindung der Bewohner und zum Aufbau eines Kommunikationsnetz- Das Bürgerhaus mit Kegelbahn, Vereins- und Sozialräu- werks ergänzen die Empfehlungen. Überalterungstenden- men sowie die Verwaltungsstelle mit einem Versamm- zen gibt es in den älteren Neubaugebieten. Eine Antrag- lungsraum und das Bürgerprojekt Belzgass bieten neben stellung zur Aufnahme in ein hessisches Förderprogramm der Evangelischen Kirche und dem Evangelischen Ge- ist beabsichtigt. Auch über eine kommunale Eigeninitiative meinde- und Jugendhaus Möglichkeiten für Veranstal- ein „Kommunales Beratungsprogramm“ anzubieten wird tungen und sind wichtige innerörtliche Treffpunkte. nachgedacht.

Ein Busrundverkehr bindet den Ort an die Kernge- Launsbach ist mit Flächennutzungsplan, Landschaftsplan meinde an. Mehrere klassifizierte Straßen stellen die und mit Bebauungsplänen fast flächendeckend beplant. (über-)regionale Anbindung sicher. Von dem sukzessiv Für den Ortskern existiert eine Gestaltungssatzung. ausgebauten regionalen Rad- und Wandernetz im Glei- Neubauprojekte oder Straßenbaumaßnahmen werden berger Land erhofft sich Launsbach einen weiteren At- frühzeitig in öffentlichen Veranstaltungen den Bürgern traktivitätszuwachs und wirtschaftlichen Nutzen. vorgestellt und so eine aktive Bürgerbeteiligung er- reicht. Spezielle Anreize, wie die Modernisierung der Trotz der teils städtisch wirkenden Strukturen leben und Ortskerne oder die energetische Nutzung von Gebäu- arbeiten in der Gemarkung Launsbach noch ein Haupt- den ergänzen die klassischen Flächenplanungen. erwerbslandwirt und mehrere Landwirte im Nebener- werb. 209 Arbeitsplätze existieren im Dorf und bieten – Wettenberg konnte bereits zahlreiche Preise als um- rein rechnerisch – knapp 10 Prozent der Bevölkerung weltfreundliche Kommune und klimafreundliche Ge- wohnortnahe Beschäftigungsmöglichkeiten. Die ärztli- meinde gewinnen. Dieses schlägt sich auch in dem che Versorgung ist vom Allgemeinmediziner über Zahn- Ortsteil Launsbach nieder. Die Gemeinde hat dabei die

76 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Wettenberg-Launsbach

Bürger über einen Energiebeirat eingebunden und ein kommunalen Bürgerlotsen, die aktiven Projektbeiräte eigenes Förderprogramm zur energetischen Beratung und Arbeitskreise und eine anlassbezogene breite Ein- aufgelegt. Sie konzentriert zahlreiche eigene Geldmittel bindung der Bewohner gewährleisten Transparenz und auf energetische Sanierung der kommunalen Gebäude. öffentliche Akzeptanz in der Planung und Umsetzung. Investitionen zur Energiegewinnung, z.B. Photovoltaik- Während die Kommune durch den Bauhof meist tech- Anlagen auf öffentlichen Dächern, überlässt sie im Ge- nische Hilfestellungen z.B. bei Festen und Veranstaltun- genzug privaten Investoren. Eine energetische Beratung gen gibt, leisten die Bürger ehrenamtliches Engage- ist gewährleistet. ment, z. B. im Naturschutz oder bei Ferienspielen. Die Gemeinde zeichnet dieses Engagement dann ihrerseits 2006 vertrat der Ortsteil das Land Hessen mit gutem Er- wieder durch Wettbewerbe und Prämierungen aus. Bei- folg beim europäischen Dorferneuerungswettbewerb. spielhaft sind auch die Projekte, die auf ein generati- onsübergreifendes „Älter werden“ zielen.

Die durchgeführten Aktionen und Initiativen, die aktiv vom Bürgermeister und dem Gemeindeparlament un- terstützt werden, zielen auf eine Stärkung des „Wir-Ge- fühls“ und ein soziales Miteinander. Wie tragfähig dieses „Wir-Gefühl“ ist, zeigen zahlreiche Initiativen der Bür- ger, die sich z. T. in der Phase der Dorferneuerung von 1992 bis 2001 entwickelt wurden und bis heute in vielen

Launsbach kooperiert des Weiteren über die Gesamt- gemeinde Wettenberg in mehreren regionalen Netz- werken. So agiert die Gemeinde im Zusammenschluss mit drei weiteren Kommunen als Tourismusregion „Glei- berger Land“. Die Wurzeln der interkommunalen Zu- sammenarbeit liegen jedoch schon im Jahre 1994. Schwerpunktmäßig stehen dabei Fragen der Sicherung bzw. des Ausbaus der Infrastruktur und der Daseinvor- sozialen, kulturellen und bürgerschaftlichen Bereichen sorge. Weiterhin ist die Gemeinde Mitglied im Regio- erfolgreich sind. Allein 45 Personen engagierten sich in nalforum „Giessener Land“. Dieses ist auch als sog. der Vorbereitung des Wettbewerbes „Unser Dorf hat Zu- Leader-Aktionsgruppe durch die Europäische Union kunft“. Weitere „Wurzeln“ für den hohen Grad der Mit- anerkannt. Projekte werden entsprechend von 2007 bis wirkung und Eigeninitiative liegen auch in der Be- 2013 finanziell unterstützt. Im Sozial- und Ausbildungs- teiligung an dem kommunalen Agenda 21-Prozess. bereich gibt es mehrere interkommunale Zusammen- schlüsse, z.B. die AWO-Kleeblatt-Pflegeeinrichtungen. Des Weiteren pflegt die Gemeinde mehrere intensive Bürgerschaftliche Aktivitäten Austausch- und Arbeitsbeziehungen zu (außer-)euro- päischen Städten. Grundlage des ausgeprägten „Wir-Gefühls“ ist die oben beschriebene gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit Die Zusammenarbeit zwischen der Kommune und den zwischen Kommune, Kirche, Vereinsgemeinschaft und Bürgern wird in Launsbach in vielfältiger Form gelebt. Bewohnern. Das Dorf profitiert einerseits von der pro- Impulse für Projekte finden sich thematisch breit ge- fessionellen Unterstützung durch die Mitarbeiter der Ge- streut. Initiiert werden sie aus dem Ort und der Verwal- meinde u.a. dem Umweltberater und dem Kinder- und tung gleichermaßen. Die örtliche Verwaltungsstelle, die Jugendbüro. Andererseits lebt es von dem hohen eh-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 77 Wettenberg-Launsbach renamtlichen Engagement vieler Bürger und der Kir- täten. Hier ist die Vernetzung mit den Naturschutzverei- chengemeinde. nen besonders intensiv. Zahlreiche dörfliche Feste und Aktivitäten, von der Kirmes über die Kelter und dörfli- Auffallend sind die unterschiedlichen Themenfelder, in chen Theateraufführungen bis zum örtlichen Sporttag denen sich Bürger in Vereinen und Arbeitsgemeinschaf- bereichern das Jahr. ten – oft generationsübergreifend – engagieren. Sie um- fassen sowohl die klassisch-traditionellen Vereinsangebote Im Bereich der Bildung haben alle Einrichtungen, von in Sport, Gesang und Feuerwehr. Es sind darüber hinaus der Kindertagesstätte über die Grund- und Gesamt- die zahlreichen kulturellen, umweltpädagogischen und so- schule je einen aktiven und mitgliederstarken Förder- zialen Aktivitäten, die das Vereins- und Gruppenleben aus- verein. Diese kooperieren auf vielfältige Weise und machen. Hierunter fallen die Aktivitäten der Heimatstube konkret mit den örtlichen Vereinen, Senioren, Institutio- zur Pflege des Brauchtums über Mundartpflege, die Do- nen, der Kirchengemeinde und der sehr aktiven Bur- schen- und Mädchenschaft „Eiskaale“ zusammen. Zusätzlich wird die Vernetzung in Arbeitsgruppen „Fa- milienfreundliche Kommune“ und „Lokales Bündnis Wettenberg: Familie hat Zukunft“ oder dem Projekt „Runder Tisch für Kinderbetreuung“, zum Teil ortsteil- übergreifend, gefördert und unterstützt. Eine örtliche Bildungsmesse bzw. ein Bildungsforum, die die Bil- dungsmöglichkeiten im weitesten Sinne vorstellte, fand 2008 über 80 Teilnehmer.

Dieses alles sind die äußerlich erkennbaren Ergebnisse eines großen bürgerschaftlichen Engagements und einer zukunftsorientierten Kommunalentwicklung. Die kumentation der Hausnamen, die Ortsspaziergänge oder äußerlich nicht unmittelbar erkennbaren Wirkungen sind die vielfältigen Angebote des Kunst- und Kulturkreises für Launsbach mindestens gleich bedeutend. Diese lie- Wettenberg e.V. Es sind aber auch die Ferienspiele, die gen in dem Miteinander der Generationen, dem Ein- Arbeit der Jugendvertretung, die Großelterntage, die An- binden von Neubürgern und die Hilfe bei der Betreuung lage eines Gesundheitspfades durch die Seniorenwerk- aller Altersgruppen von Kleinkind bis Jugendlichen. Die statt, die Dorf-Polka, Kirmes und Backhausfeste oder die Kommission erlebte ein lebendiges soziales Netzwerk, Artenschutzmaßnahmen, die das innerörtliche Miteinan- in dem „Wir-Gefühl“ und „Bürgerstolz“ zu Recht zu fin- der dokumentieren. Die Professionalität der Projektdurch- den sind. führungen bezeugen beispielhaft die Broschüren „Familien-Spiel-Räume“ und die „24. Wettenberger Feri- enspiele“ sowie das „Wettenberg-Spiel“, ein Gedächtnis und Wissensspiel für die ganze Familie.

Ein außergewöhnliches Projekt ist das „Bürgerprojekt Belzgass e.V.“. Mit seiner wirtschafts- und sozialge- schichtlichen, umwelt- und bildungspolitischen Ausrich- tung beschreitet der Verein den Spagat, die örtliche Geschichte mit den gegenwärtigen Herausforderungen und zukunftsweisenden (nachhaltigen) Lösungen zu ver- binden. Es ist ein Projekt, das Jung und Alt anspricht und dabei sinnlich erfahrbar bleibt.

In der Launsbacher Vereinsgemeinschaft koordinieren die 21 Vereine zweimal jährlich alle Termine und Aktivi-

78 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Wettenberg-Launsbach Baugestaltung und Bauentwicklung Entwicklung, wie der Ausbau von Scheunen und Ne- bengebäuden zu Wohnraum, gesteuert. Die Kirche ist Der alte Siedlungskern von Launsbach liegt am Osthang saniert, das ehemalige Spritzenhaus wurde zu einem des Wettenberges. Der Einwohnerzuwachs ging einher Kelterhaus umgebaut und wird vom örtlichen Obst- und mit einer insbesondere südlichen und westlichen gro- Gartenbauverein betreut. Das Backhaus bzw. Rat- ßen Flächeninanspruchnahme durch Einfamilienhäuser. haus/Backhaus und die alte Schule wurden fachgerecht Dabei wurde der Wettenberg halbkreisförmig im Süden saniert. Neben diesen sind eine größere Anzahl der Ge- umschlossen. Diese Bebauung grenzt direkt an den bäude als Einzelkulturdenkmal ausgewiesen. Zahlreiche Nachbarort Krofdorf-Gleiberg an. Neben den Ausläufern stehen für die regionaltypischen Hüttenberger Hofreiten des nordsüdlich verlaufenden schmalen Höhenzuges mit den zum Teil noch typischen Hoftoren. Städtebauli- trennt der parallel verlaufende Gleibach die beiden che und geschichtliche aber häufig auch künstlerische Ortsteile. Im Bereich des letzten Neubaugebietes sind Erwägungen begründen die hohe Gebäudewertigkeit. noch ca. 10 Bauplätze baureif. Die neuen Baugebiete haben die Vorgabe, sich in der Baugestaltung den um- Das baulich-räumliche Gefüge und das Straßenbild gebenden Baulichkeiten anzupassen. zeichnen sich insgesamt durch wenig Leerstand/Unter- nutzung und kaum Baulücken aus. Die Gemeinde un- terstützt diese Entwicklung im Ortskern. Dieses erfolgt über Beratungsangebote und die Prämierung besonde- rer Projekte zur Erhaltung ortstypischer Bausubstanz und dorfgerechten Gestaltung von Freiflächen, Vor- und Hausgärten. Zahlreiche Private engagieren sich bei der traditionellen Grüngestaltung bzw. der Begrünung von Hauswänden. Finanzielle Zuschüsse gibt es für eine energetische Vor-Ort-Beratung.

Zu den besonderen Projekten gehört das bereits oben erwähnte Bürgerprojekt „Belzgass“, bei dem eine alte Hofreite komplett mit Wohnhaus und Nebengebäuden in ihrer Bausubstanz und den räumlichen Nutzungen er- halten wurde. Das Bürgerprojekt dient als Lernort, Be- Die Präsentation des Ortes erstreckte sich vorwiegend gegnungsstätte und lebendiges Museum mit Tierhaltung auf die historisch-alte und die angrenzende(n) neue(n) und traditioneller Gartenbewirtschaftung. Ortsmitte(n). Der alte Ortskern gruppiert sich kreisför- mig um die 1618 (um-)gebaute Kirche. Diese liegt in Das aus den siebziger Jahren stammende Bürgerhaus einem von einer mächtigen Bruchsteinmauer umschlos- mit angebauten Vereinsräumen bildet mit dem Feuer- senen Kirchhof. Die Kirche wurde an Stelle einer 1289 wehrhaus, der Grundschule und dem Kindergarten ein erwähnten Kapelle neu errichtet. Der alte Ortskern Zentrum der westlichen Neubebauung. Funktional aus- zeichnet sich noch heute durch eine geschlossene und gebildet erstreckt es sich über ein zusammenhängendes stellenweise dichte kleinteilige Bauweise aus. Seine bau- größeres Areal, in dem die Gebäude und die Nutz- und lichen Anlagen reichen bis in das 17. Jahrhundert zurück, Freiflächen mit einander verschränkt sind. Hinsichtlich als Landwirtschaft und Handwerk noch die Wirtschafts- der Gebäudeproportionen, ihrer Maßstäblichkeit, For- struktur bestimmten. Der traditionelle Fachwerkrähmbau mensprache, Material- und Farbwahl heben sich diese bzw. die Mischbauweise herrschen vor. Als traditionelle öffentlichen Gebäude selbstbewusst von der traditionel- Baumaterialien finden sich neben dem Holz, der Ziegel- len Bauweise ab. Als Scharnier zwischen diesen beiden stein, (Bruchsteinsockel-)Mauerwerk, Schiefer und die Zentren entstand an der Obergasse das sogenannte rote Tonziegel. Mehrere Gebäude sind verputzt Dienstleistungszentrum als neue Ortsmitte. oder/und umgebaut. Über einen im Rahmen der Dorf- erneuerung entwickelten Bebauungsplan und eine Ge- Mehrere Gebäude halten wichtige Angebote für die Be- staltungssatzung wird die bauliche und gestalterische wohner vor. Die Verwaltungsstelle, die private Kinderta-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 79 Wettenberg-Launsbach gesstätte und die Geldinstitute sowie mehrere Gewerbe- zungen aufgewertet und damit auch ökologisch berei- und Dienstleistungsbetriebe sind hier verortet. Weitere chert. Die Pflege der öffentlichen Grünflächen wird durch öffentliche Einrichtungen wie das neue Evangelische Kin- den Bauhof mit ausgebildeten Gärtnern sichergestellt. der- und Jugendhaus, die Gesamtschule mit den Sport- Dieses wird durch einen ehrenamtlichen Gießdienst un- einrichtungen und der Friedhof befinden sich am terstützt. Ortsrand. In Zusammenarbeit mit dem Obst- und Gartenbauverein und dem Naturschutzbund werden – auch innerörtlich – Artenschutzmaßnahmen durchgeführt. Fledermausquar- tiere im Kirchturm, Schleiereule in der Belzgass und ein Schwalbenhaus sind beispielhafte Ergebnisse.

Bei innerörtlichen Bepflanzungen kooperieren Ge- meinde und Verbände, bei privaten Anpflanzungen kön- nen Bürger auf professionelle Beratung der Gemeinde mit Pflanzlisten zur standortgerechten Bepflanzung zu- rückgreifen. Zur stärkeren Motivation der Bürger sich an diesen Angeboten zu beteiligen, gibt es den Wettbe- werb „Blühendes Wettenberg“. Anfallendes Schnittgut wird energetisch in einer Hackschnitzelanlage verwertet. Alle öffentlichen Hochbauten wurden von der Ge- meinde energetisch geprüft. Auf der Kindertagesstätte befindet sich eine thermische Solaranlage, auf öffentli- chen Gebäuden eine 100 KW Photovoltaikanlage als Bürgersolaranlage und Heizungen öffentlicher Gebäude wurden mit Gasbrennwertanlagen oder Pelletheizungen ausgestattet. Das Engagement der Gemeinde, unter- stützt von einem Energiebeirat aus Bürgern, hat der Ge- meinde zahlreiche bundesweite Preise eingebracht. Auch hierbei profitiert Launsbach von der guten Zusam- menarbeit mit der Gesamtgemeinde Wettenberg.

Grüngestaltung und Grünentwicklung

Die naturnahe Pflege und Erhaltung von innerörtlichem Die Spielplätze im Dorfgebiet wurden nach pädagogi- Grün ist Launsbach sehr wichtig. Es ist Teil des gemeind- schen Kriterien zusammengestellt und ihr Zustand ist lichen Konzeptes zur Umsetzung von Umweltschutzmaß- gut. Durch ein dezentrales Mulden- und Rigolensystem nahmen in der Gemeinde, für die die Gemeinde konnte eine dezentrale Versickerung des anfallenden Wettenberg – mit Launsbach – bereits zahlreiche Preise Regenwassers, insbesondere bei Starkregen, erreicht erhielt. Im Ortsgebiet gibt es für Grünflächen ein Herbi- werden. zid- und Pestizidverbot. Durch Festsetzungen in den Be- bauungsplänen wird eine gute Durchgrünung auch der Neubaugebiete sichergestellt. Auffallend ist der teilweise Dorf in der Landschaft Verzicht auf Einfriedungen im Neubaugebiet. Vielerorts prägen großkronige Bäume, insbesondere im Bereich der Launsbach wird umgeben von einer abwechslungsrei- Sportanlage und der Schule das Bild der Grünflächen. chen Kulturlandschaft. Im Südwesten der Gemarkung Das Kirchenumfeld wurde städtebaulich durch Neupflan- liegt das Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Lahn-

80 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Wettenberg-Launsbach

Dill“. In einer aktiven Kooperation zwischen Gemeinde, das Ziel eine autochthone Forellenart (Bachforelle) zu Landwirten und Naturschutzverbänden werden zahlrei- erhalten. Eine aktive Bachpatenschaft von engagierten che Projekte zur Landschaftspflege und zum Arten- und Bürgern begleitet das Renaturierungsprojekt des Glei- Biotopschutz betreut. Die Landschaftspflegegemein- baches. schaft pflegt die ausgedehnten Streuobstwiesen mit 1.500 Bäumen und der Obst- und Gartenbauverein berät bei der Sortenauswahl für Neupflanzungen. Die Die Bewertungskommission, August 2009 Ernte der Bäume wird im Herbst durch den Obst- und Gartenbauverein versteigert und kann auch gleich in der örtlichen Kelter zu Saft bzw. Most verpresst wer- Ansprechpartner den. Ernst Friedrich Die gemeindeeigenen Waldflächen werden nachhaltig An der Ziegelhütte 8 bewirtschaftet. Das Grünland wird u.a. mit einer alten 35435 Wettenberg Haustierrasse, dem Roten Höhenvieh, beweidet. So- wohl artenreiche Magerstandorte wie auch Feucht-

wiesen werden in den Niederungen nach einem abge- stimmten Pflegekonzept genutzt. Die natürlichen Bach- läufe und -täler sind ein wichtiges Nahrungsbiotop für den Schwarzstorch. Der Gleibach, der durch die westli- che Gemarkung Launsbach fließt, wurde mit Unterstüt- zung aus Landesmitteln renaturiert. Neben der Erhaltung einer artenreichen Lebensgemeinschaft ist

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 81 Wettenberg-Launsbach

82 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Bewertungsprotokolle Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe B

Calden-Ehrsten

Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach

Edertal-Kleinern

Gießen-Allendorf

Gilserberg-Schönau

Groß-Umstadt-Richen

Homberg-Ober-Ofleiden

Hofbieber

Wetter-Oberrosphe

Willingshausen-Zella

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 83 Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach

Relativ ruhig und ohne Durchgangsstraßen liegt in dem großen Werrabogen das Dorf Kleinvach im Naturpark Meiss- ner-Kaufunger Wald. Im Osten der kleinen Gemarkung steigt der Hörne mit 523 m Richtung Thüringen an. Nord- westlich und jenseits des Flusses verlaufen die B 27 und die Bahnstrecke Bebra-Göttingen. Die Kernstadt Bad Sooden-Allendorf im Werra-Meißner-Kreis befindet sich nur drei km nördlich. Die seit 1196 nachweisbare aber erst 1297 erstmals schriftlich erwähnte Siedlung gruppiert sich um eine mittelalterliche Wasserburg. Ihren Platz nimmt heute das Rittergut mit seinem Herrenhaus der Renaissance sowie der zugehörigen evangelischen Kirche von 1559 ein. Die 1596 mit dem Gut belehnte und bis vor einigen Jahrzehnten ansässige Familie Hombergk, die sich nach dem Ort von Vach nannte, bestimmte über Jahrhunderte maßgeblich die Geschicke des Dorfes. Nunmehr zum dritten Mal in Folge nimmt der Ort mit seinen 265 Einwohnern am Dorfwettbewerb teil. Als Leitgedanken steht: „Kleinvach ist ein zukunftsfähiges Dorf für alle Generationen.“ Im Internet ist Kleinvach unter www.bad-sooden-allendorf.de zu finden.

Allgemeine Entwicklung Ein Gebäudenutzungs- und Baulückenkataster auf der EDV-gestützten Grundlage des Landkreises lag noch Die Bevölkerungszahl stieg auf Grund der hohen nicht vor, soll aber umgesetzt werden. Aktuell gibt es Flüchtlingszahl in den 50-er Jahren auf 400 Einwohner. einen geringen Leerstand. Darunter fallen ein privates Nach einem Rückgang liegt sie seit 1970 relativ stabil Backhaus und die alte Schule in der Hörnestraße. bei aktuell 265 Personen. Ein Flächennutzungsplan von Letztere ist in kommunalem Eigentum. Eine städte- 2007, ein Landschaftsplan von 2005 sowie ein Bebau- bauliche Besonderheit Kleinvachs ist die starke Begrü- ungsplan von 2001 regeln die Siedlungsentwicklung. nung des Ortes mit großzügigen innerörtlichen Letzterer umfasst im Südosten des Ortskernes 30 Bau- Grünflächen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die plätze. Diese sind weitgehend belegt. Eine südliche Er- Kommission bei der Erstellung des Baulückenkatasters weiterung ist möglich, soll aber unter Aufnahme der den unverwechselbaren Charakter des Ortskernes zu prognostizierten Baulandnachfrage für den Werra- sichern. Das bedeutet, dass unter Mitwirkung der Be- Meißner-Kreis nicht weiter verfolgt werden. Der Magistrat wohner und mit fachlicher Begleitung auch die unterstützt in geringem Umfang Fassadenrenovierungen langfristig von einer Bebauung freizuhaltenden Flächen und den Einbau von Fenstern bei denkmalwürdigen oder als solche ausgewiesen werden. Dieses würde eine Ori- geschützten baulichen Anlagen. entierung der Grundstückseigentümer bieten.

84 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach

Im Verhältnis zur Ortsgröße ist eine gute öffentliche arbeit wird insgesamt als gut und vertrauensvoll be- Grundstruktur im Ort vorhanden. Kommunale Einrich- wertet. Die Kommission gewann den Eindruck, dass der tungen wie Dorfgemeinschaftshaus mit Grillplatz, Fried- Ortsbeirat örtliche Wünsche und Interessen aktiv auf- hof, Feuerwehr, Spiel- und Bolzplatz und Jugendraum greift und den Weg zur Kommune sucht. sowie eine kleine Kirche von 1559 sind vorhanden. Die Anzahl der örtlichen Arbeitsplätze liegt bei ca. 15. Den größten Anteil daran hat die Land- und Forstwirtschaft Bürgerschaftliche Aktivitäten und mit acht Arbeitsplätzen. Daneben sind einige Hand- Selbsthilfeleistungen werksbetriebe, ein Architekturbüro und ein Gewerbe- betrieb ansässig. Das soziale und kulturelle Miteinander prägen zum einen die Kirchengemeinde und die sechs Vereine im Ort. Die Anbindung an die Kernstadt ist zufriedenstellend. Mehrfachmitgliedschaften in den Vereinen sind häufig Dort werden auch die Kindergartenkinder betreut. Ein anzutreffen. Sie zeichnen sich für zahlreiche Treffen, Ak- Anrufsammeltaxi (AST-Taxi) ergänzt das öffentliche tionen und Feste wie Wanderungen und Seniorentref- Nahverkehrsangebot. Rollende Dienste sichern eine fen aus, sind aber auch für regional ausgerichtete Grundversorgung mit Waren und Dienstleistungen. Turniere und Veranstaltungen verantwortlich. Einige Feste werden gemeinsam organisiert und durchgeführt. Die Nähe zur Bäderstadt Bad Sooden-Allendorf und zur Beispielhaft hierfür stehen: Osterfeuer, Brunnen- und Werra bieten günstige Voraussetzungen, sich als Ort in Backhausfest, Kirmes und Beachparty. Insgesamt sind die touristische Region einzubinden. Kleinvach liegt an viele Kinder und Jugendliche in den Vereinen aktiv. gut ausgebauten und ausgeschilderten Wanderwegen. Dabei findet die Feuerwehr einen besonderen Zuspruch. Für Radtouristen ist der Werra-Radweg und die An- In Anlehnung an das Kirchenjahr bietet die Kirchenge- bindung an den Herkules-Radweg Kassel – Eisenach meinde mehrere Angebote für die Bewohner. besonders interessant. Kleine Anlegestellen unter- stützen den Kanutourismus. Im Ort ergänzen eine Kinderspielwiese, eine Wassertretstelle und Angel - möglichkeiten die Freizeitangebote. Mit mehreren Über- nachtungsangeboten für unterschiedliche Zielgruppen ist Kleinvach sehr gut aufgestellt. Darunter befinden sich der Gutshof und ein u.a. für seine Küche regional bekan- ntes Gasthaus mit 60 Betten sowie das 2009 ent- standene kleine „Heuhotel“ an der Werra.

Die Überschaubarkeit des Ortes und die damit verbun- dene sozialräumliche Nähe ermöglichen kurze Wege und schnelle Absprachen zwischen dem Ortsbeirat, den Bewohnern und der Kirchengemeinde. Die Zusammen- Zum anderen gibt es eine Reihe von vereinsunabhängi- gen Gemeinschaftsaktivitäten und Nachbarschaftsleis- tungen, die dem gesamten Ort zu gute kommen. Von beispielhafter Eigeninitiative zeugen die in ihrer gesamten Länge nach historischem Vorbild und mit vorhandenem Material gepflasterte Dorfstraße und die Innenrenovierung der Kirche. Ein im Verhältnis zur Orts- größe beeindruckendes Engagement ist noch ander- weitig zu verzeichnen. Die örtliche Teilnahme am Freiwilligentag wird für die Pflege von Erholungsflächen, u.a. am Kulturdenkmal „Weißes Kreuz“ genutzt. Dorf- bewohner betreuen die örtliche Kleinkindergruppe über den „Tigerlämmchenclub“. Sie gestaltete auch den Bar-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 85 Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach fußweg im Bereich der Wassertretstelle. Weiterhin gibt strahlende Initiative hat sich die Veranstaltung "LaW- es neben dem AST-Taxi das Angebot „Ältere fahren Jün- erra" etabliert. Schon zum dritten Mal findet die Ausstel- gere” mit dem Auto für Jugendliche. Auch die Organi- lung von Frauenkunst aus der Region statt. Mit über 30 sation und Gestaltung des Jugendraumes unter Regie Künstlerinnen verschiedener Sparten zieht sie zahlreiche des Sportvereins ist vorbildlich. Inwieweit ein hinausge- Besucher an und gilt (noch) als Geheimtipp. hender Bedarf in der Betreuung von Kindern im Alter von sechs bis 14 Jahren besteht, war für die Kommission nicht auszumachen. Ungewöhnlich befand die Kommis- sion, dass sich bisher kein Bewohner mit der schriftlichen Aufarbeitung der interessanten Ortsgeschichte befasst.

Eine mobile Essensversorgung ermöglicht der örtliche Gasthof am Ortseingang. Er wird Generationen über- greifend betrieben. Zu ihm gehört ein landwirtschaft- licher Betrieb mit Schweinemast. Der Gasthof bietet 60 Betten vornehmlich für Wander- und Radtouristen an. Insgesamt wirkt das Miteinander der Akteure in dem Der Apfelweinpressclub verarbeitet und vermarktet kleinen Ort allein schon durch die räumliche Nähe sehr eigene Obstprodukte. Eine neue private Initiative greift verwoben. Eingebunden sind, gemäß dem oben genan- den Kanu-Tourismus auf der Werra auf. Sie bietet einen nten Motto, alle Generationen und auch die Neubürger. Transfer-Service im alten Fährhaus mit eigener An- Eine ausgeprägte Nachbarschaft und ein starkes Wir- legestelle und Heuhotel im – damit sinnvoll umge- Gefühl ist spürbar und erlebbar. Dieses zu pflegen und nutzten – ehemaligen Raiffeisenlager an. Als Unter- über die junge Generation kontinuierlich zu generieren stützung dieses lokalen Unternehmens wäre die Ar- wird eine wichtige Aufgabe nicht nur für den Ortsbeirat rondierung des benachbarten, gegenwärtig brach sein. Dieses dürfte der Ortsgemeinschaft auch zukünftig liegenden kleinen Grundstücks zur Nutzung für eine Toi- gelingen, wenn Mitwirkung und die Bereitschaft, Ver- lettenanlage oder sonstige ergänzende Einrichtungen antwortung zu teilen, weiterhin angeboten werden. der Kanustation empfehlenswert. Dieses erfordert nach Aussagen den Grunderwerb. Vielleicht kann die Stadt bei den Kaufverhandlungen vermitteln oder das kleine Baugestaltung und -entwicklung Areal zunächst selbst erwerben. Obwohl nur wenige herausragende historische Einzel- Einen besonderen Stellenwert im kulturellen und touris- bauten das Ortsbild bestimmen, macht ein stimmiges tischen Angebot nimmt das Rittergut ein. Dort bietet die Gesamtbild den besonderen Reiz von Kleinvach aus. anderenorts wohnende Eigentümerfamilie attraktive Fe- Dieses begründet sich einerseits aus der dem Flussver- rienwohnungen an. Der Schafstall kann für Feiern lauf folgenden Bebauung in der Werraniederung. An- genutzt werden. Im großen Gutshof finden Floh- und an- dererseits ist es der klar ablesbare städtebauliche dere Märkte statt. Als erfolgreiche, über den Ort hinaus Grundriss mit den großen innerörtlichen Freiflächen. Aus

86 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach geschichtlichen Erwägungen wurde der historische gangsmöglichkeit zu erwägen. Das kommunale und Ortskern einschließlich des Uferstreifens als Gesamtan- noch zu sanierende Nachbargebäude aus dem frühen lage nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz aus- 19. Jahrhundert (alte Schule) wäre vielleicht als Schu- gewiesen. Im Zentrum steht dabei der Gutshof. Dieser lungsraum geeignet und damit einer sinnvollen Nutzung wie weitere Gebäude in der Hörnestrasse und Fährgasse zugeführt. besitzen die Wertigkeit von Einzeldenkmälern. Die Bau- denkmäler dokumentieren in ihren Grundrissen und Aus- Die im Inneren anlässlich der 400-Jahrfeier vorbildlich führungen die wirtschaftliche und soziale Entwicklung erneuerte Kirche würde nach entsprechender Sanierung des Ortes bis in das 19. Jahrhundert und damit vierhun- der Fassade und der Umgestaltung der Außenanlage dert Jahre Ortsgeschichte. Hier herrschen als tradi- unzweifelhaft eine Bereicherung des Ortsbildes dar- tionelle Baumaterialien Fachwerk, Holz, Sandstein und stellen. Ein auf dem Nachbargrundstück gelegener Flüs- Ziegel vor. Der rote Krempziegel findet sich nur noch siggastank könnte durch entsprechende Abpflanzung in vereinzelt. Das Gutshaus sowie die Kirche sind massiv seiner störenden Wirkung gemildert werden. gebaut und verputzt. Die Ergänzung des alten Straßen- dorfes durch eine relativ einheitliche, südlich vorge- lagerte Bauzeile der Nachkriegszeit gliedert sich gut ein. Dieselbe Qualität sollte auch in den jüngsten Er- weiterungsgebieten durch eine gewisse Einheitlichkeit bei Formen, Farben und Materialien angestrebt werden. Die Verwendung glänzender Dachziegel, eine manch- mal willkürlich erscheinende Anordnung von Photo- voltaikelementen oder untypische Bauformen bilden hier aber auch im Ortskern stellenweise eine Beein- trächtigung des Ortsbildes. Überstände an Gauben etc. Verzierungen an Blendbrettern und Balkongeländern sowie Treppenläufen verweisen vereinzelt auf nachemp- fundene süddeutsche Gestaltungsmerkmale. Ein Rück- Eine Bereicherung für die Brunnenfeste bildet ein privat griff auf einfache regional überlieferte Ausführungen vorbildlich instandgesetztes Backhaus. Ein weiteres würde zuweilen zu einem ruhigeren Gesamtbild beitra- Backhaus, derzeit vom Verfall bedroht, sollte allein aus gen. Textlich und bildlich festgehaltene Gestaltungs- städtebaulichen Gründen für eine zukünftige Nutzung – empfehlungen, verbunden mit Nutzungshinweisen zum welcher Art auch immer - unbedingt gesichert und er- Einsatz alternativer Energien und einer fachlichen Be- halten werden. Gleiches gilt für eine baulich intakte alte ratung im Vorfeld der Baumaßnahmen werden emp- Schmiede, ebenfalls in Privathand. Anzuerkennen ist die fohlen. private Leistung für die Erhaltung des großen und orts- bildprägenden Gutshofes mit seiner umfangreichen Das Dorfgemeinschaftshaus (DGH), eingerichtet in der Bausubstanz, bestehend aus Herrenhaus, großvolumi- ehemaligen Dorfschule, ist architektonisch ansprechend. gen Scheunen und Brennhaus. Es stellt mit dem gut ausgestatteten Jugendraum und der separaten Grillhütte einen zum geselligen Treffen und Feiern einladenden Ortsmittelpunkt dar. Der Grüngestaltung und -entwicklung Gesamteindruck könnte aus Sicht der Kommission durch eine ansprechendere Außengestaltung noch mehr Einen unschätzbaren Wert stellt der Fluss mit seinen be- gewinnen. Bei einem ev. Neueinbau der Fenster sollte grünten Ufern und den dortigen, den Häusern vorge- eine konstruktive Fensterteilung gewählt werden. lagerten Bauerngärten dar. Die nach altem Vorbild mit vorhandenem Material vorbildlich in Eigenleistung Das bestehende Feuerwehrhaus fügt sich gut in das gepflasterte Fährgasse und Hörnestraße versinn- Ortsbild ein. Der geplante und im Modell vorgestellte bildlichen hier symbolhaft die „Durchgängigkeit in der seitliche Anbau sollte jedoch nochmals überdacht wer- Vielfalt”. Der niveaugleiche Ausbau der Gehwege oder den. Alternativ wäre ein Zwillingsbau mit Durch- die Verwendung halbhoher Bordsteine tragen mit dazu

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 87 Bad Sooden-Allendorf-KleinvachBorken-Dillich bei. Sehr ansprechend sind Grünstreifen, die die Hörnes- verbindet. Empfohlen wird eine Entsiegelung und die trasse flankieren und der Verzicht auf ausgewiesene be- Pflanzung eines großkronigen Baumes in der Mitte, das festigte Gehwege. Im Gegensatz dazu steht mancher Trafohäuschen sollte eingegrünt werden. private und halböffentliche Randbereich. Sie zeichnen sich durch Material- und Gestaltungsvielfalt aus. An- erkennenswert ist die Wiedererrichtung eines Brunnens Dorf in der Landschaft an alter Stelle, wobei die Gestaltung durch Anhäufung unterschiedlicher Elemente nicht ganz schlüssig erscheint. Das Dorf findet im Westen und Norden eine natürliche Rahmung durch den Flusslauf der Werra. Nach Süden und Osten bilden Neubaugebiete den Ortsrand. Hier wäre eine Verbesserung der Eingrünung möglich; auf eine Erweiterung der Neubaugebiete sollte verzichtet werden.

Die das Dorf umgebenden Ackerflächen und Weiden der Flussniederung werden in weiterer Entfernung durch das hügelige Waldgebiet begrenzt. Im Außenbereich gibt es schöne Streuobstbestände, die durch eine Ar- beitsgruppe gepflegt werden. Für die Verwertung sorgt der örtliche Kelterclub. Mit Ausnahme der Ortslage liegt Die mit einfachen Mitteln angelegte Bootsanlegestelle die Gemarkung im „Landschaftsschutzgebiet Auenver- fügt sich gut in den schönen Wiesenbereich am Werraufer bund Werra“. ein. Auch die rustikale Bushaltestelle unter einer großen Eiche passt zum Dorf. Eine Frauengruppe von 15 Perso- Eine regionale Besonderheit mit Seltenheitswert sind die nen pflegt in verdienstvoller Weise das öffentliche Grün. privat genutzten und dadurch auch in ihrem Bestand er- haltenen 34 Kelleranlagen südlich der Ortslage aus dem Neben Obstbäumen und Weide- und Grünflächen be- späten 19. Jahrhundert. Ein weiteres kulturlandschaft- stimmen viele Hainbuchenhecken das Ortsbild. Auch liches Denkmal, auch als Wanderziel ausgewiesen, stellt schöne Ruderalflächen mit Spontanvegetation, Nutz- die südlich des Ortes gelegene ehemalige Wüstung gärten und individuelle Rabattenbepflanzungen mit Wettingen mit der reizvollen Andreaskapelle, dem Fried- Stauden sowie alten Rosenstöcken finden sich. Mit den hof mit Grablege der örtlichen Adelsfamilie Hombergk Fassadenberankungen ergibt sich insgesamt ein sehr und dem weißen Kreuz dar. Die Wegeverbindungen vielgestaltiges, aber dem dörflichen Charakter durchaus dorthin könnten durch passende Bepflanzungen noch angemessenes Bild. Ein Kleinod sind die vorhandenen attraktiver gestaltet werden. Vergleichbares gilt für die Gartenzäune mit alten Granitpfosten, ergänzt durch viele Brückenstraße als Ortseingang von Westen. Eine kleine Staketenzäune; so auch am neugestalteten Spielplatz an Allenausbildung mit hochstämmigen Bäumen wäre ein der Werra. Das Neubaugebiet weicht optisch durch seine Vorschlag. Konzentration von Nadelgehölzen vom Ortskern ab.

Am Parkplatz des Gasthofes „Zur Linde“ sollte unbe- Die Bewertungskommission, August 2009 dingt die Planung umgesetzt werden, die eine Eingrü- nung der Fläche durch Bäume und Hecken anstelle des Ansprechpartner vorhandenen Metallzaunes vorsieht. Weiterhin wird eine Ergänzung des Bestandes an großkronigen Bäumen im Ortsvorsteher öffentlichen Raum, vor allem in den Nebenstraßen, Klaus Polednicek empfohlen. Der schon oben angesprochene DGH-Platz Brückenstraße 12 verdient eine hochwertigere Gestaltung, die eine öko- 37242 Bad Sooden-Allendorf - Kleinvach logische Aufwertung durch Versickerungsmöglichkeit und Funktionalität mit noch höherer Aufenthaltsqualität

88 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 89 Calden-Ehrsten

Ehrsten liegt in einem der nördlichsten Ausläufer der Hessischen Senke im flachen Talgrund der Nebelbeeke im Landkreis Kassel. Im Westen grenzt die Gemarkung an den Habichtswald. Die nähere und weitere Umgebung von Ehrsten ist durch die Höhen des Mittelgebirges geprägt. Dabei steigen im Süden und Südwesten der Bärenberg und Hohe Dörnberg auf bis zu 600 Meter an. Gemarkung und Ort werden von mehreren Bächen durchzogen. Als Dorf „Heristi, später „Hersten“, schaut Ehrsten auf eine über 1200-jährige Geschichte zurück. Seine erste ur- kundliche Erwähnung ist 952. Die Siedlung liegt im wechselnden Einflussbereich der fränkischen und sächsischen Gra- fen und der Paderborner und Mainzer Kirchen. Das Rittergeschlecht derer von Schartenberg bestimmt die Entwicklung für einige Jahrhunderte. Ein Bergfried der westlich gelegenen Burganlage zeugt heute noch davon. Die bewegte Geschichte Ehrstens begründet sich u.a. aus der strategischen Lage der Siedlung am Fulda-Diemel- Höhenweg (Hohe Straße), einer bis ins 14. Jahrhundert wichtigen Verkehrsachse. Sprachlich beeinflusst wird Ehrsten durch seine Lage an der Sprachgrenze zwischen Nieder- und Mitteldeutsch, wobei sich in Ehrsten die niederdeut- sche Mundart durchsetzte. Das einst bäuerlich-handwerklich geprägte Dorf erlebte mit dem industriellen Aufschwung in Kassel und dem Bahn- bau im 19. Jahrhundert größere soziale und wirtschaftliche Veränderungen. Der Bau des Flughafens in Calden 1968 und die Eingemeindung zu Calden 1972 setzten weitere Entwicklungsimpulse in den vergangenen Jahrzehnten. Heute zählt der Ort 701 Einwohner. In der Befürchtung, die eigene dörfliche Identität zu verlieren, haben sich die Ehrstener zur Aufgabe gesetzt, ihre Lebensqualität durch eigenes Zutun bewusst weiter zu entwickeln. Ihr Leitmotto lautet: „1200 Jahre machen Lust auf Zukunft“. Nach 2005 hat Ehrsten 2008 zum zweiten Mal am Dorfwettbewerb teilgenommen. Beide Male konnte sich der Ort für den Landesentscheid qualifizieren. Mit der Anerkennung als Dorf- erneuerungsschwerpunkt 2007 wird Ehrsten in der Folgezeit nunmehr auch finanziell unterstützt.

Allgemeine Entwicklung des Dorfes zahlreiche Projekte auf ihn zurück. Mit Beginn der Dorf- erneuerung wurde ein Arbeitskreis gebildet. Dieser glie- Die Bewohner Ehrstens sind über ein enges Informa- dert sich bei ca. 60 Aktiven in sechs thematische tions- und Mitwirkungsnetzwerk in die Entscheidungen Gruppen. Kurze Wege, arbeitsteiliges und professionel- des Ortsbeirats und der Kommune eingebunden. Als les Vorgehen, eine enge Vernetzung zu den Vereinen wichtiger Impulsgeber und Koordinator dörflicher und intensive Abstimmung mit dem Ortsbeirat sowie die Schwerpunkte hat sich bereits 1996 der „Arbeitskreis Durchführung von Bürgerversammlungen, kennzeichnen Geschichte und Dorfentwicklung e.V.“ (AGD) gebildet. überzeugend die innerörtliche Zusammenarbeit. Hinzu Unter großer Beteiligung der Bewohnerschaft gehen kommen die wöchentlichen Bürgersprechstunden durch

90 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Calden-Ehrsten den Ortsvorsteher. Gute Kontakte bestehen zur polni- tung angestrebt werden. Weiterhin würde ein qualifi- schen Kirchengemeinde und zum „Schutzhof Calden“. ziertes Freiflächenkataster Hinweise für die weitere Seit einigen Jahren findet ein verstärkter Austausch mit bauliche Entwicklung im Dorf bieten. Auch nach Ab- benachbarten Ortsteilen und Gemeinden projektbezo- schluss der Dorferneuerung sollte die „eingefrorene“ gen statt. Planung nicht aktiviert werden. Mit der 18. Änderung des Flächennutzungsplans wurde die Flächenentwick- lung für Ehrsten 2007 aktualisiert; der Landschaftsplan wurde in den 90er Jahren fortgeschrieben. Mehrere Be- bauungspläne sind vorhanden, u.a. zur Legalisierung eines Kleingartengebietes östlich des Ortes. Calden ist Mitglied im Regionalforum „KulturLandschaft Hessen- Spitze“. Dieses wird auch als Lokale Aktionsgruppe im Rahmen des Leader-Programmes durch die Europäische Union gefördert. Welche Wechselwirkungen zwischen Ehrsten und dem Regionalforum bestehen wurde nicht vorgestellt.

Mit aktuell 701 Einwohnern hat Ehrsten gegenüber dem Jahr 1995 gut 80 Einwohner verloren. Auch vor diesem Hintergrund wurde ein Leerstandskataster erstellt. Da- nach verzeichnet Ehrsten elf Gebäudeleerstände. Erste Anwesen konnten veräußert werden. In der Vergangen- heit wurde bereits der Gutshof zu Wohnzwecken, die große landwirtschaftliche Scheune als Konzertscheune Seit einigen Jahren richtet sich der örtliche Fokus auf die und ein Aussiedlerbetrieb als „Schutzhof Calden“ um- Aufstellung eines Konzeptes zur Nutzung regenerativer gebaut. Dem Ziel, den Ortskern zu stärken und zu reak- Energien und auf Planungen zur Steigerung der örtli- tivieren, wurde dadurch Rechnung getragen, dass die chen Energieeffizienz sowie auf Ansätze der Energiever- Ausweisung einer Wohnbaufläche von vier ha 2007 nicht meidung. Hierzu wurden u.a. eine Machbarkeitsstudie weiter bauleitplanerisch verfolgt wurde. Die weitere über das Kompetenznetzwerk DeENet, eine Haushalts- Siedlungsentwicklung soll verdichtend und arrondierend befragung, ein Dachflächensolarkataster und mehrere erfolgen. Im Ort findet sich hierzu ein hohes Problem- öffentliche Informationsveranstaltungen durchgeführt. bewusstsein. Die Kommission empfiehlt auch konzep- Nach der ersten Auswertung werden Potenziale in dem tionell an dem Thema „Gebäudeleerstand – Wieder- Ausbau von Solarenergiesystemen und dem Aufbau nutzung“ weiter zu arbeiten. So besteht über die Dorf- eines Nahwärmenetzes im Ortskern im Weiteren ge- erneuerung im Grundsatz die Möglichkeit, über Ge- prüft. Ein auch investives Interesse der Bewohner scheint spräche und Objekt- oder Teilbereichsplanungen, vorhanden zu sein. Vorbildhaft ist die Konzeptanbindung Grundstücks- und Nutzungsüberlegungen zu skizzieren. an Ansätze der Kommune und des Landkreises. Welchen Es sollte auch eine aktive Vermarktung der Anwesen Stellenwert die 2006 vorgestellten Überlegungen zur unter Einbindung (Federführung) der Gemeindeverwal- Einbringung von Biomasse und damit zur Sicherung

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 91 Calden-Ehrsten landwirtschaftlicher Arbeitsplätze noch haben, blieb bei Betriebe ist auch der fehlende DSL-Anschluss nachtei- der Vorstellung offen. lig. An einer Lösung wird zurzeit mit der Kommune ge- arbeitet. Ohne wirtschaftliche Bedeutung für den Ort ist Die öffentliche Grundversorgung in Ehrsten ist zufrie- der Tages- und Übernachtungstourismus. denstellend. So gibt es neben einem Dorfgemein- schaftshaus (DGH) u.a. Spiel- und Freizeitanlagen, Vereinsgebäude, einen Friedhof mit Trauerhalle sowie Bürgerschaftliche Aktivitäten und eine ev. und kath. Kirche mit eigenen Jugend- und Ge- Selbsthilfeleistungen meinderäumen. Für das DGH. 1975 aus der alten Schule entstanden, wird zurzeit ein Trägerkonzept erstellt. Die Als beispielhaft und beeindruckend bewertet die Kom- Kommission empfiehlt hierzu den Kontakt zu Willings- mission die Breite der dörflichen Aktivitäten und Selbst- hausen-Zella, einem weiteren Wettbewerbsteilnehmer, hilfeleistungen. Sie werden einerseits getragen aus der aufzunehmen. Kinderkrippe, Kindergärten und Schulen Achtung vor der Tradition und Geschichte sowie einer liegen in der Kerngemeinde und Umgebung. großen Verbundenheit mit dem Dorf. Andererseits zeichnen sich die Projekte durch Innovation und Ca. 50 Unternehmen mit knapp 100 Arbeitsplätzen in Zukunftsorientierung aus. An der kulturellen, sozialen Handwerk, Landwirtschaft und insbesondere Dienstlei- und wirtschaftlichen Entwicklung im Dorf sind die be- stung sind in Ehrsten zu finden. Hierunter fallen auch die stehenden Vereine und „modernen“ Arbeitsgruppen privat geführte, überregional bekannte Kulturscheune, gleichermaßen beteiligt. Dabei wird auch ein großes der „Schutzhof Calden“ als größter Arbeitgeber und das Augenmerk auf den umliegenden Kulturraum gelegt. landtechnische landwirtschaftliche Lohnunternehmen sowie ein Hofladen-Cafe´ und eine Bankfiliale. Mit sie- ben Betrieben, davon vier im Haupterwerb ist die Land- wirtschaft noch relativ stark im Ort vertreten.

Die Versorgung mit Dienstleistungen und Gütern des täglichen Bedarfs im Ort sicher zu stellen, hat sich 1998 die Bewohnerschaft nach Schließung des letzten Ladens zur Aufgabe gestellt. Seit nunmehr knapp 12 Jahren gibt es in den Räumen des ehemaligen Ladens in der Orts- mitte das neue und nunmehr barrierefrei ausgebaute Geschäft. Unter dem Namen „Unser Laden“ wird dieses als GbR geführt. Getragen wird es von ca. 70 Bewoh- nern, einem ehrenamtlich tätigen Vorstand und sieben Bewohnerinnen auf 400 Euro Basis. Daneben haben zahlreiche Bewohner in den vergangenen Jahren an Unter den Vereinen befindet sich der über 100 Jahre dem Aufbau mitgewirkt. Die Angebotspalette wurde alte und mitgliederstärkste Verein der freiwilligen stetig erweitert. Heute finden sich dort neben Lebens- Feuerwehr. Er engagiert sich stark in der Kinder- und Ju- mitteln und Backwaren, Frischfleisch, Versandhausver- gendausbildung, organisiert eine Reihe von Veranstal- tretung, Bücherei, Zeitschriften und ein Cafe´. Ange- tungen und Festen im Jahr und pflegt internationale nommen werden Lottoscheine und Wäsche zur Reini- Kontakte. Mit einem großen Anteil von Eigenleistungen gung. Viele Frischprodukte kommen aus der Region; die konnte das alte Geräte- und Schulungshaus um- und Waren werden auch dorthin ausgeliefert. Mit dem Bür- ausgebaut werden. Traditionsreich sind auch der ge- gerladen konnte nicht nur das Versorgungsdefizit beho- mischte Chor von 1886, der ortsübergreifende Zusam- ben werden. Der Laden ist vielmehr auch zu einem menschluss der Landfrauen, die sozialdemokratischen unentbehrlichen Treffpunkt für die Bewohner geworden. Gruppierungen und der Turn- und Sportverein. Die Ver- Direktvermarktung und Imkerei erweitern die Ange- eine sind in einem Vereinsring zusammengeschlossen. botspalette im Dorf. Zum Leidwesen der Bewohner fehlt Über dem „AK Geschichte und DE“ wurde die dörfli- es noch immer an einer Gaststätte. Für Bewohner und che Geschichte neu thematisiert. Im Ergebnis sind u.a.

92 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Calden-Ehrsten eine Chronik und ein Kalender, ein Dorfarchiv, ein Brun- All die oben aufgeführten Aktivitäten und Planungen las- nenkataster, die Dokumentation der Mundart und alter sen erkennen, dass sich die Bewohner von Ehrsten sehr Hausnamen, Ortstafeln und vieles mehr entstanden. Be- stark mit ihrem Dorf identifizieren und eine große Be- gleitet werden die „Entdeckungen“ und Forschungser- reitschaft vorliegt, die Lebensqualität in ihrem Dorf auch gebnisse durch zahlreiche öffentliche Veranstaltungen für die nächsten Jahrzehnte zu sichern. mit dem Ziel, die Spuren der Geschichte im Dorf nach- haltig in Wert zusetzen und im Alltag soweit wie mög- lich zu verankern. Hierzu zählt auch die Pflege der Baugestaltung und -entwicklung Kulturlandschaft und der vorhandenen Biotope. Auf öf- fentlichen Grenzbegängen wird die Gemarkung vorge- Mit zwei von Südwest nach Nordost parallel verlaufen- stellt. Die Anlage von Kulturwegen befindet sich im den Straßen wirkt der heutige „alte“ Ortskern von Ehr- Aufbau. Dieses gilt auch für eine eigene Homepage. Sie sten planmäßig angelegt. Rechtwinklig abgehende soll umfassende Informationen sowohl in Hochdeutsch Quergassen verbinden die beiden Längsstraßen. In als auch in Platt aufnehmen und auch über Angebote einem der schachbrettartig ausgebildeten Karrees (alter des Dorfladens informieren. Kirchhof) liegt die Kirche. Mit Bauelementen aus dem 15. Jahrhundert weist sie spätgotische Elemente auf und dürfte damit zu den ältesten baugeschichtlichen Zeug- nissen im Ort zählen. In unmittelbarer Nachbarschaft steht das 1834 erbaute Pfarrhaus. Die bauliche Entwick- lung verlief allerdings entlang der alten Dorfstraße, der heutigen Zierenberger Straße. Im Norden begrenzt die Lanfter die historische Bebauung. Der alte Ortskern mit seiner straßenzeiligen (Hof-)Bebauung und den rück- wärtigen Garten- und Freiflächen steht als Gesamtan- lage aus geschichtlichen Gründen unter Denkmalschutz. Sie umfasst auch eine größere Anzahl von Einzeldenk- mälern. Diese stammen überwiegend aus dem 18. und 19. Jahrhundert und stehen zumeist in der Tradition des mitteldeutschen Ernhauses, sind aber auch als Hofan- Die jahreszeitlich festgelegten und überlieferten Feste lage ausgebildet. Die zumeist in Fachwerkrähmbauweise wie Kirmes, Erntedank, Karneval und Lanfterfest wurden in den vergangenen Jahren anlassbezogen erweitert. Hierzu trägt auch die Neuanlage eines Dorfplatzes in der Ortsmitte bei. Dieser wurde überwiegend in Eigen- leistung ausgebaut wie auch der 2009 eingeweihte naturnahe Spielplatz und die Anlage einer Multifunk- tionsfläche für die Jugendlichen. Die zuletzt durchge- führten Projekte stehen ebenfalls beeindruckend für die Selbsthilfe und Eigenorganisation der Bewohner.

Die Aufnahme und dörfliche Integration von Spätaus- siedlern wie auch ein harmonisches Miteinander der Re- ligionsgemeinschaften prägen weiterhin das soziale Leben im Dorf. Die Jugendlichen werden neben den errichteten und zum Teil noch verkleideten bzw. ver- Vereinen durch ein Jugendorchester und ein zweimal putzten Gebäude prägen das städtebauliche Bild. Die wöchentlich geöffnetes, kirchlich betreutes Jugendzen- ab den 60er Jahren entstandenen Baugebiete wirken im trum angesprochen. Die sehr aktive Kirchengemeinde Vergleich zum Ortskern weitläufig und mit Ausnahme wird durch einen eigenen, neu gegründeten Förderver- des großen Baugebietes im Nordwesten organisch an- ein unterstützt. gelegt. Sie umschließen den alten Ort in weiten Teilen.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 93 Calden-Ehrsten

Zumeist unauffällig fügen sich die Neubauten hinsicht- lich ihrer Maßstäblichkeit, Materialwahl und Farbgebung einschließlich ihrer An- und Umbauten in das Ortsbild ein. Dieses gilt auch für die kommunalen und kirchlichen Gebäude, die sich in einem guten Zustand befinden. Beispiele hierfür sind der Feuerwehrstützpunkt, ehemals Raiffeisenlager, die Bushaltestellen und die Freizeitanla- gen (zum Teil noch renovierungsbedürftig) und die Trau- erhalle, 1953 erbaut. Herausragend saniert ist die Kirche. Wie diese ist auch das DGH ein identitätsstiftendes Kleinod. Die Kommission empfiehlt die weiteren Um- baumaßnahmen im DGH unter Aufnahme der histo- rischen Vorgaben und Baudetails handwerklich auszu- führen. auch in den jüngeren Baugebieten, wo Rotdorn, Linden und Lavendel bepflanzte Rabatten vorzufinden sind. Im Dorf finden sich gute Beispiele für private Gebäude- Daneben finden sich aber auch Straßenbereiche mit sanierungen und -renovierungen sowie Umnutzungen. zahlreichen standortfremden und ökologisch minder- Über die beraterische und finanzielle Unterstützung aus wertigen Gehölzen sowie eine größere Anzahl verdich- dem Dorferneuerungsprogramm ist zu erwarten, dass teter Freiflächen. Sehr harmonisch zeigt sich das weitere Anwesen folgen. Dieses würde die innerörtliche Ortsbild in den Abschnitten mit den unbefestigten Stra- Wohnqualität stärken und das Ortsbild bereichern. Es ist ßenrandstreifen u.a. in den Ortseingängen. Nutz- und zu wünschen, dass die noch vorhandenen historischen Grabland ist in der bebauten Ortslage noch häufig zu Baudetails wie Türen etc. dabei aufgenommen werden. finden. Vom Anglerverein gespendet wurde ein Schwal- Empfohlen wird im Rahmen der Dorferneuerung eine benhaus aufgestellt. Es wäre wünschenswert, wenn über möglichst grundstücksbezogene Bau-, Gestaltungs- und Beratung und Bürgerbroschüre die standortfremden Ge- Grünfibel unter Beteiligung der Bewohner und fachli- hölze nach und nach ersetzt würden. Dabei könnten cher Begleitung zu erstellen. Positive Beispiele könnten mehrere private Flächen, z.B. das Ladenumfeld, durch z.B. durch Vorstellung im Internet, Ortstafeln, Rundweg Teilentsiegelungen und Bepflanzungen aufgewertet öffentlich In-Wert gesetzt werden. Die Bürgerbroschüre werden. könnte durch Empfehlungen zur Nutzung alternativer Energien einschließlich und Hinweise zu geeigneten Dachflächen (Dachflächenkataster) ergänzt werden. Die- ses ist mit der unteren Denkmalschutzbehörde abzu- stimmen. Im Weiteren wird auf die 2006 protokollierten Anregungen zur baulichen Entwicklung verwiesen.

Grüngestaltung und -entwicklung

Eine große Zahl hochstämmiger und großkroniger Laub- bäume, insbesondere Linden, prägt das Dorfbild nicht nur im Ortskern. In weiten Teilen fassen Bäume, niedri- gere Gehölze oder Hecken beidseits den Straßenraum. Die Kommission empfiehlt die fehlenden Raumkanten durch Neuanpflanzungen auszubilden und auch die Blu- Unter Aufnahme der Ortsgeschichte und mit dem Ziel, menkübel zu ersetzen. Auffallend die zahlreichen Haus- die ökologische Vielfalt und Aufenthaltsqualität im Dorf berankungen, Wein aber auch Rosengewächse, die zu verbessern, plant der Arbeitskreis Dorferneuerung, Hecken und die vielfältigen innerörtlichen Ziergärten mit die innerörtliche „grüne Achse“ zu stärken. Die Verbin- üppigem Staudenbestand. Gute Beispiele finden sich dung reicht vom südlich gelegenen Friedhof über die

94 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Calden-Ehrsten

Kirche und Pfarrgarten, führt entlang der Lanfter zum zumeist entlang der Bachläufe und der wasserführenden neuen Spielplatz. Mit der Neugestaltung des Pfarrgar- Gräben. Im Süden liegt ein kleiner Flächenanteil in dem tens wurden bereits erste Maßnahmen realisiert. Ein Landschaftsschutzgebiet „Landschaftsteile im Altkreis überzeugendes Konzept, das im Rahmen der Dorfer- Hofgeismar“. Im Westen der Ortslage (ehemals Natur- neuerung sukzessiv fortgeführt werden sollte. Markant park Habichtswald mit dem Schartenberg) reichen Teile präsentiert sich dabei das Kirchenumfeld mit seiner dorf- des Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet „Wälder bei Zie- gerechten Begrünung und einer Sandsteinfassung mit renberg“ in die Gemarkung. In diesem Gemarkungsteil Staketenzaun. Auch der im 18. Jahrhundert an den Dorf- wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe von Na- rand verlegte Friedhof mit der mehrhundertjährigen, turschutzmaßnahmen realisiert. So entstand ein Flach- 1987 sanierten Linde und dem üppigen Baum- und Ge- wasserbiotop in Ortsrandnähe. Dem historischen Weg hölzbestand sowie der barocken Mauereinfassung sind zur Schartenburg folgend wurde der Frankenteich zu vorbildhafte Beispiele dörflicher Grün- und Freiraumge- einem Amphibienschutzgebiet ausgebaut und unterhalb staltung. Empfohlen wird, die historischen Grabsteine eine Feldholzinsel angelegt. Erläuterungen informieren noch besser vor Schlagregen zu schützen wie auch die die Besucher über diesen Teil der Landschaft. Weiterhin erneute Ausweisung der „Friedenslinde“ als Natur- wurde die verwilderte Streuobstwiese wieder herausge- denkmal. Nicht weniger beeindruckend präsentieren stellt und mittels Pflegeschnitte „verjüngt“. Die weitere sich am alten Ortseingang das historische „Kriegergärt- Anpflanzung alter Obstsorten soll den Gesamtbestand chen“ (Kastanie, Linde, Eiche, gepflanzt 1871). Neben im Ort vergrößern. Das gekelterte Obst wird beim nun- der Friedhofslinde und der Beuys-Eiche gehören sie zu mehr jährlich stattfindenden Apfelfest verkostet. Einen den wohl am stärksten wahrgenommenen Bäumen im Einblick in die Fauna und Flora der näheren Umgebung Ort. Umweltpädagogisch begleitet werden die Maß- Ehrstens bietet die Ortschronik. Als Naturdenkmal fin- nahmen durch einen Naturlehrpfad, der weiter ausge- det sich (nur noch) eine Wieseneiche südlich der Orts- baut werden soll. Sehr ansprechend wurde das DGH lage. und sein Umfeld mit dem Altbaumbestand u.a. durch Berankungen, altem Natursteinpflaster gestaltet. Die Aus der weitläufigen (Neu-)Bebauung, dem verzweigten funktionsbedingte Asphaltierung der neuen Multifunkti- Straßennetz und den Bachläufen haben sich unter- onsfläche fällt gegenüber dem Sport- und Freizeitberei- schiedlich strukturierte Ortsrandbegrünungen ausgebil- chen und dem DGH-Umfeld ab. det. Der hohe Freiflächenanteil in der bebauten Orts- lage sichert eine insgesamt gute Anbindung an die um- gebende Landschaft, insbesondere im Nordosten zur Dorf in der Landschaft Nebelbeeke. Die Grün- und Gehölzstreifen entlang der Bäche und Straßen bilden eine Vernetzung in den Ort Nach dem Verkauf eines Waldanteils vor gut 100 Jahren hinein. Partiell wäre eine stärkere Ortsrandausbildung besitzt die Gemarkung heute nur noch 541ha. Überwie- wünschenswert. Auch die ackerbaulich genutzten Flä- gend wird sie ackerbaulich genutzt. Grünland findet sich chen besitzen noch Potenziale für eine weitere Struktu- rierung der Gemarkung.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Wolfgang Braun Meimbresser Straße 8 34379 Calden-Ehrsten

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 95 Calden-Ehrsten

96 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Edertal-Kleinern

Der 1968 staatlich anerkannte Erholungsort Kleinern liegt im Wesetal zwischen Edersee und Bad Wildungen im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Er gehört zum Naturpark Kellerwald-Edersee und erstreckt sich unmittelbar am süd- östlichen Rand des gleichnamigen Nationalparks. 1225 wurde das Dorf erstmals urkundlich erwähnt. Unter dem Grafen von Waldeck entstand 1662 das Schloss Christiansburg. In der Zeit bis zu seinem Abriss 1712 erlebte Klei- nern einen großen Aufschwung. Heute weist das Dorf mit aktuell 614 Einwohnern eine stabile Einwohnerstruktur auf. Eine Besonderheit sind die drei im Gemarkungsbereich entspringende Heilquellen. Durch sie, die Mühlen und durch das ehemalige Eisenhammerwerk wird die bereits historische Bedeutung des Wassers für das Dorf am Wesebach und Heimbach deutlich. In dem zur 777-Jahrfeier entworfenen Logo sind die Quellen symbolisch dargestellt. Kleinern hat seit 1959 mehrfach am Wettbewerb teilgenommen. Nach 12- jähriger Pause erzielte der Ort im Regio- nalentscheid 2008 den 2. Platz. Das Logo „Lustig Kleinern“ stammt aus der Zeit der Grafenresidenz. Es wird heute um das Motto „ das lebendige Dorf mit Zukunft“ ergänzt. Die seit 1997 bestehende Internetseite lautet: www.kleinern.de.

Allgemeine Entwicklung steht noch für ca. 10 Häuser. Der demografische und strukturelle Wandel ist in Ansätzen auch in Kleinern sicht- Eine als gut und sachorientiert geschilderte Zusammen- bar. Aktuell ist ein Leerstand bei drei Wohngebäuden zu arbeit prägt das Verhältnis zwischen Bürgern, Ortsbei- verzeichnen. Vor dem Hintergrund der demographi- rat, „Dorfteam“ und der Großgemeinde. Die vielfältigen schen Situation und der zurückgehenden Baulandnach- Aktivitäten zeugen von der starken Vernetzung unter- frage wird keine neue Baugebietsausweisung angestrebt einander. Verbindungen gibt es auch zum Verein und dem Entwicklungsziel „Innen vor Außen“ Vorrang „Region Kellerwald-Edersee”, dem Träger für das euro- eingeräumt. Dieses wirkt schlüssig, zumal es noch in- päische Förderprogramm LEADER sowie zur National- nerörtliche Bauflächen gibt. Das energetische Förder- parkverwaltung. So wird nordwestlich des Ortes eines programm der Großgemeinde soll ausreichende Anreize von vier Nationalpark-Informationszentren entstehen. zur Wiedernutzung des Leerstands schaffen. Begonnen wurde bereits mit dem „Info-Schmetterling“ als sog „Interimslösung“. Die Kommission regt an, dass neben dem Fördermittel- anreiz auch eine aktive und örtlich unterstützte Ver- Flächennutzungsplan und Bebauungspläne haben die marktung und professionelle Beratung eingesetzt Siedlungsentwicklung der jüngsten Vergangenheit ge- werden. Diese sollte individuell und grundstücksbezo- lenkt. Der Landschaftsplan ist neu aufgestellt. Mit meh- gen erfolgen. Dabei sollten einerseits die Möglichkeiten reren Bauabschnitten wurden nordwestlich des Orts- des Wohnen im Altbau aufgezeigt werden. Andererseits kerns seit 1983 Bauplätze ausgewiesen. Potential be- sollten auch die Vorteile des Wohnens im Ortszentrum

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 97 Edertal-Kleinern

tionalpark andererseits frühzeitig erkannt und stetig aus- gebaut haben. Die aktuell stabilen Einwohnerzahlen, die günstige Lage in der Ferienregion „Edersee“, das hohe Maß an dörflicher Gemeinsamkeit und Engagement ver- deutlichen, dass der Ort in wesentlichen Punkten eine zukunftsfähige Position einnimmt. Gleichwohl bestäti- gen die für die Region prognostizierten demographi- schen Veränderungen die Notwendigkeit, diese zu verfolgen und die Attraktivität des Ortes am Rande des Edersees nachhaltig zu sichern.

Welche sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen das abseits liegende (ehemalige) Wochenendhausgebiet südlich des Wesebachtales mit mehr als 50 Häusern auf den Ort und insbesondere das Ortskern haben, konnte die Kommission nicht abschließend beurteilen.

Die Gesamtgemeinde finanziert seit 2001 ein Bera- tungsangebot für den Einsatz regenerativer Energien. mit kurzen Wegen und sozialer Nähe deutlich heraus- Zahlreiche Solar- und einige Photovoltaikanlagen zeigen gestellt werden. das Interesse der Bürger an zukunftsorientierter Ener- gienutzung. Neben der Auseinandersetzung mit dem Das Angebot an infrastruktureller, öffentlicher und pri- demografischen Wandel wird empfohlen, dass sich das vater Grundausstattung und deren Frequentierung ist in Dorf im Sinne einer ganzheitlichen und nachhaltigen Zu- Kleinern überdurchschnittlich. An öffentlichen Einrich- kunftssicherung noch stärker mit der Nutzung regenera- tungen stehen neben der ev. Kirche, dem Friedhof und tiver Energieträger befasst. Inwieweit dabei in der Dorfgemeinschaftshaus ein ev. Kindergarten, Spielplatz, waldreichen Umgebung mit der Möglichkeit der ver- Feuerwehr, Backhaus, Sportplatz und weitere Freizeit- stärkten Holznutzung für zentrale oder dezentrale Wär- anlagen bereit. Mit knapp 50 wird die Anzahl der ört- meerzeugung auch die Realisierung der Nutzung bzw. lichen gewerblichen Betriebe u.a. aus Handwerk, Dienst- Wiedernutzung der Wasserkraft an den ehemaligen leistung, Gastronomie und Landwirtschaft angegeben. Mühlen eine Rolle spielt, wäre zu überprüfen. Unter Hinzuziehung der privat geführten Ferienunter- künfte dürfte die Anzahl der im Ort registrierten Ar- beitsplätze das Doppelte erreichen.

Diese Vielfalt verweist auch auf die lange Fremdenver- kehrstradition und unterstreicht nicht zuletzt die daraus resultierende zusätzliche Nachfrage. Schließlich ist Klei- nern seit 1983 Luftkurort und seit 1993 mit dem Zusatz- prädikat „familienfreundlich“ ausgezeichnet. Ca. 22.000 Übernachtungen pro Jahr bei knapp 50 Übernach- tungsangeboten sind ein Indiz für die wirtschaftliche Be- deutung des Fremdenverkehrs. Mit ehrenamtlich erstellten Web-Portalen informiert Kleinern über seine touristischen Angebote und örtlichen Aktivitäten. Ins- gesamt ist festzustellen, dass die Kommune und der Ort die günstigen Standortbedingungen mit der räumlichen Nähe zu den Bäderorten Bad Wildungen und Rhein- hardshausen und demNaturpark einerseits und zum Na-

98 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Edertal-Kleinern Bürgerschaftliche Aktivitäten und bewerb“ und der Dorferkundungspfad. Letzterer steht Selbsthilfeleistungen mit seinen 17 Stationen nicht nur im Internet, sondern ist auch als kleine Broschüre erhältlich. Die Vielfalt der ge- meinsamen Tätigkeiten schließt weiterhin Baumpflanz- Kleinern hat ein ausgeprägtes, sozial und thematisch aktionen, Grünflächenpflege, die Schaffung und breit gefächertes Vereinsleben. Mit zahllosen Festveran- Betreuung von Erkundungs-, Natur-, Lehr- und Wander- staltungen bereichern die Vereine im Jahresverlauf das wegen und die Eigenleistung bei mehreren baulichen Dorfleben und steigern gleichsam die Attraktivität des Projekten (Sportlerheim, Wassertretanlagen etc.) ein. Ortes auch für die Gäste. Alle örtlichen Aktivitäten sind in einem Jahresterminplan festgehalten. Beachtenswert ist der von der Vereinsgemeinschaft ge- schaffene Jugendförderfond. Zur weiteren Unterstüt- zung und Bündelung der örtlichen Jugendarbeit wird im Sommer ein Jugendparlament gewählt. Neubürger wer- den persönlich vom Ortsvorsteher begrüßt.

Schon frühzeitig erkannte das Dorf, dass eine Grund- versorgung mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs für den Fremdenverkehrsort existentielle Be- deutung hat. Der bereits 1993 unter Beratung der Denk- malpflege und mit finanzieller Förderung aus Mitteln der Regionalentwicklung in einer ehemaligen Scheune ein- gerichtete Dorfladen, bietet heute auf 200 m2 Verkaufs- fläche ein Warensortiment von über 5.000 verschie- denen Artikeln an. Er hat sich zu einem wichtigen inner- örtlichen Treff- und Kommunikationspunkt entwickelt.

Das reichhaltige dörfliche Engagement, die Dorfhymne und das Logo „Lustig Kleinern“ zeugen von einem star- ken Wir-Gefühl und der Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit „dem lebendigen Dorf mit Zukunft“. Um Die örtlichen Aktivitäten spannen einen Bogen zwischen auch zukünftig die zahlreichen Projekte finanzieren zu Tradition und Fortschritt. Im geschichtlichen Fokus ste- können, empfiehlt die Kommission, den Aufbau einer hen der bevorstehende 300ste Jahrestag des Abrisses Bürgerstiftung zu prüfen. Die zahlreichen Betriebe im von Schloss Christiansburg, das Leben und Werk des Ort und das große Interesse seiner Bewohner an der ört- Landschaftsmalers Willi Tillmanns und die Geschichte lichen Entwicklung bilden aus Sicht der Kommission der Mühlen und der Kirche. Die Nutzung auch moderner gute Voraussetzungen, um das nötige Stammkapital auf- Informationsmittel in Form von einem gut gegliederten zubauen. Webportal spricht neben den Gästen gerade auch die jüngere Generation an. Der Internetzugang für Einhei- mische und Gäste im i-Punkt im Bürgerhaus ist kosten- los.

Die örtlichen Angebote im musikalischen, sozialen und umweltpädagogischen Bereich richten sich gezielt an unterschiedliche Altersgruppen. Beispielhaft seien die Kindertanzgruppe, die Flötengruppe, die Weihnachts- wichtel, die Mineralquellen- und naturkundlichen Füh- rungen sowie die Seniorengymnastik aufgeführt. Beachtenswert sind auch das „Drehbuch zum Dorfwett-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 99 Edertal-Kleinern Baugestaltung und -entwicklung

Die im 13.Jahrhundert erbaute und im 17. Jahrhundert in ihrer heutigen Form in barocker Architektur erweiterte ev. Kirche ist mit ihrem wuchtigen Turm das dominie- rende Gebäude des Ortes. Der künstlerisch wertvolle geschnitzte Lindenholzaltar ist ein bedeutsames Kleinod der Kirche. Ringförmig, insbesondere in südlicher, tal- seitiger Richtung, schließt sich der historische Ortskern mit einem großen Anteil fachgerecht sanierter Fach- werkgebäude an. Dabei ist die baulich-räumliche Enge von Bebauung und Straßenraum im unmittelbaren Um- feld der Kirche weitgehend erhalten. Dieses engere Zen- trum besitzt die Wertigkeit einer Gesamtanlage nach dem hessischen Denkmalschutzgesetz. Daneben sind gut zehn Gebäude bzw. Anwesen als Kulturdenkmal aus- gewiesen. dungen, Stützmauern und Hofflächen wäre es wün- schenswert, wenn im Ort eine baufachliche Beratung ge- rade im Vorfeld baulicher Veränderungen angeboten würde. Bei dem Neueinbau von Fenstern sieht die Kom- mission einen besonderen Beratungsbedarf. Der Einbau von Holzfenstern mit konstruktiven (Sprossen-)Teilungen wäre für zahlreiche Altgebäude angemessen. Eine Ge- staltungsfibel könnte unterstützend wirken. Sie sollte auch den Anbau und Ausbau von Balkonen und Loggien aufnehmen. Handelt es sich doch hierbei um relativ neue Bauelemente, die ihren Ursprung im Fremdenver- kehr finden.

Das Dorfgemeinschaftshaus mit Dorfbrunnen, dem angrenzenden Backhaus und der ansprechenden Straßenraumgestaltung bilden als „Dorfplatz“ den Mit- Die Siedlungsentwicklung westlich und nordwestlich der telpunkt vieler örtlicher Feiern und Feste. Die sonstigen alten Ortslage hat in den letzten Jahrzehnten den Cha- öffentlichen Gebäude und Einrichtungen zeigen den rakter des ursprünglichen Haufendorfes verändert. Dies verantwortlichen Umgang mit den Grundsätzen von wird u.a. an der fingerförmigen Bebauung im Bereich Ortsbilderhaltung und -gestaltung und der richtigen der „Elmsbergstraße“ deutlich. Verwendung von Material und Farben. Dieser Gesamt- eindruck wird auch bei individuellen Lösungen, z.B. bei Obwohl im weiteren Ortsbereich eine deutliche Durch- Bänken, Hinweisschildern und sonstigen kleinteiligen mischung der älteren Bausubstanz mit jüngeren Gebäu- Elementen der Freiraumgestaltung, nicht beeinträch- den vorliegt, waren die Bemühungen um den Erhalt und tigt. die Sicherung zahlreicher ortsbildprägender Altgebäude und des städtebaulichen Gesamtbildes erfolgreich. Die- Bei der Solar- und Photovoltaiknutzung sollten die Be- ses ist letztlich auch ein Ergebnis der Aktivitäten vor Ort. lange der Ortsbilderhaltung und der Denkmalpflege Viele Gebäude sind handwerksgerecht renoviert und sa- weiterhin eine angemessene Berücksichtigung finden. niert. Dabei kamen die regionalen Baustoffe wie Holz, Die Kommission empfiehlt die Erarbeitung eines Dach- Ziegel, Ton, Sandstein wieder zum Einsatz. Im Hinblick flächenkatasters für die Solar- und Photovoltaiknutzung. auf mittel- und langfristig anstehende Vorhaben, z.B. Dieses könnte die Gunstflächen darstellen, die sowohl Gebäuderenovierungen oder Erneuerung von Einfrie- eine wirtschaftliche Nutzung versprechen, aber auch den

100 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Edertal-Kleinern

Belangen der Ortsbilderhaltung und der Denkmalpflege privaten und öffentlichen Bereich und die Auswahl in- Rechnung tragen. Dieses wäre eine Entscheidungshilfe nerörtlicher Einfriedigungen unter Beachtung ortstypi- gerade für Privathaushalte. scher Vorbilder. Die sichtbaren ersten Erfolge sollen weiter verfolgt werden.

Im Neubaugebiet „Auf dem kleinen Felde“ sind bau- leitplanerische Festsetzungen zur Ortsrandeingrünung und zur inneren Durchgrünung des Siedlungsbereiches befriedigend umgesetzt worden. Beim bevorstehenden Straßenausbau im Neubaugebiet sollte der Erhalt un- versiegelter Straßenrandflächen angestrebt werden. Sie bieten Raum für zusätzliche Durchgrünungen aber auch für Ruderal- und Trittgesellschaften.

Die in ihrer Ausdehnung einmalige Freizeitanlage „Spicke“ in der Aue des Wesebaches, aber auch die in- nerörtliche Anlage mit der Sonnenuhr am „Zipfel“, die öffentlich zugänglichen Quellen und Brunnen und die vielfältigen Wander- und Erlebnispfade erfordern einer- Grüngestaltung und -entwicklung seits ein sehr großes Pflegeengagement der Bürger. An- dererseits tragen aber alle Begrünungs- und Pflege- Vogelschutz- und Grüngestaltungsmaßnahmen und ihre maßnahmen zur Steigerung des Erholungs- und Erleb- Pflege nehmen im Bewusstsein der Bürger und in den niswert des Fremdenverkehrsortes bei. Aktivitäten der örtlichen Gemeinschaft breiten Raum ein. In der gesamten Ortslage, aber auch im Bereich der 2,5 Hektar großen Freizeitanlage „Spicke“ erfolgt die Pflege der öffentlichen Anlagen in Eigenleistung der Bürger bzw. Ortsvereine. Zahlreiche Bruthilfen für Vögel wurden aufgestellt.

Traditionelle innerörtliche Bepflanzungen mit Hofbäu- men, Bauern- und Kräutergärten, Hecken, Trockenmau- ern und Fassadenbewuchs prägen das Ortsbild. Seit einigen Jahren werden gezielte Baumpflanzaktionen zum Erhalt aussterbender Obstbaumsorten durchge- führt. Auch kleinräumig wie bei staudenbepflanzten Vor- gärten, Pflanzbeeten im Straßenbereich und beim Blumenschmuck ist zu erkennen, dass die Bedeutung von „Grün im Dorf“ nachhaltig bei den Bürgern veran- kert ist. Ein Anlieger der Elmsbergstraße war mit seinem ökologisch gestalteten Vorgarten Teilnehmer der Aktion „Offene Gärten 2008“.

Nach Aussage der örtlichen Vertreter wurden in den ver- gangenen Jahren das Thema der Bepflanzung und Durchgrünung öffentlich thematisiert. Dabei ging es konkret um den Verzicht bzw. das Entfernen nicht stand- ortgerechter Bäume und Sträucher in der Ortslage, den ökologischen Wert von Entsiegelungsmaßnahmen im

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 101 Edertal-Kleinern Dorf in der Landschaft Ansprechpartner

Die Gemarkung ist mit Ausnahme der Ortslage als Vo- Ortsvorsteher gelschutzgebiet, der nordwestliche Teil zusätzlich als Werner Waid Fauna-Flora-Habitat-Schutzfläche ausgewiesen. Hier Heimbachstraße 7 liegt auch das Naturschutzgebiet „Dicker Kopf“. Dar- 34549 Edertal – Kleinern über hinaus liegen auf der Gemarkung zwei Naturdenk- mäler.

Insgesamt ist das Dorf weitgehend harmonisch in die Landschaft eingebunden. Die Eingrünung der Ortsrän- der und der Außenbereichsbauten sind überwiegend vorbildlich. Defizite am nordöstlichen Ortsrand könnten noch behoben werden. Auch die Ortseingänge der Durchgangsstraße könnten durch eine weitere Bepflan- zung noch stärker betont und damit aufgewertet wer- den. Auch eine intensivere Strukturierung der landwirtschaftlichen Flächen in den anschließenden Ge- markungsteilen durch Gehölze, Hecken usw. würde zu einer verbesserten Verzahnung mit dem Nationalpark beitragen. Baumbepflanzungen in Richtung des Natio- nalpark-Info-Schmetterlings und entlang der Straße nach Emdenau zeigen, dass hier bereits vernetzende und strukturierende grünordnerische Elemente realisiert wor- den sind.

Von besonderer ökologischer Wertigkeit ist der südliche Gemarkungsteil im Bereich der Wesebachaue u. a. mit den von Nabu-Mitgliedern angekauften und gepflegten Feuchtwiesen und Obstbaumpflanzungen und auch der Freizeitanlage „Spicke“.

Die Bewertungskommission, August 2009

102 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Edertal-Kleinern

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 103 Gießen-Allendorf

Gießen-Allendorf liegt im südwestlichen Teil des Landkreises Gießen in der oberhessischen Tiefebene am Kleebach, der von Südost nach Nordwest mitten durch das Dorf fließt und nördlich des Ortes in die Lahn mündet. Dabei be- findet sich der alte Ortskern südwestlich in Tallage. Die flächenmäßig größeren wohnbaulichen Erweiterungen lie- gen nordöstlich des Bachlaufs. Die Gemarkung hat knapp 388 ha. Allendorf blickt mit seiner ersten urkundlichen Erwähnung 790 auf eine über 1200-jährige Geschichte zurück. Im 13. Jahrhundert wird es nachweislich dem Zentgericht Hüttenberg mit 20 weiteren Dörfern unterstellt. Hüttenberg be- zeichnet gleichzeitig den Landschafts- und Kulturraum zwischen Gießen im Westen, Wetzlar im Osten, Lahn im Nor- den und dem Limesverlauf im Südosten. Der Hüttenberg war über Jahrhunderte bis 1703 gemeinschaftlicher Besitz der Landgrafen von Hessen und der Grafen von Nassau. Mit der Teilung Hüttenbergs wurde Allendorf Hessen-Darm- stadt zugewiesen. Erbauseinandersetzungen, Kriege und aber auch ungünstige Bodenverhältnisse führten Anfang des 19. Jahrhun- derts zu einer hohen Schuldenlast. Der Verkauf gemeindeeigenen Landes an das Nachbardorf war eine Folge. Die- ses beschleunigte einen frühen landwirtschaftlichen Strukturwandel vom Haupt- zum Nebenerwerb. Die zunehmende Industrialisierung ermöglichte Mitte des 19. Jh. neue Erwerbsmöglichkeiten, u.a. im Stein-, Sand- und Kiesabbau. Bis in das 20. Jahrhundert bestand dabei eine kleinbäuerliche Dorfstruktur. Mit der großen Bevölkerungszunahme nach 1945 und den entsprechenden Baugebietsausweisungen erweiterte sich Allendorf räumlich und strukturell. Über einen Grenzänderungsvertrag und schloss sich die Gemeinde Allendorf 1971 freiwillig dem Oberzentrum Gießen an. Dieses erfolgte vor dem Hintergrund der Neugründung der „Lahnstadt“, zu der Allendorf als Bezirk Dutenhofen von 1977 bis (zur Auflösung) 1979 gehörte. Heute leben 1.966 Einwohner im Stadtteil, davon 172 im Nebenwohnsitz. Allendorf nahm erstmalig 2008 am Hessischen Dorfwettbewerb teil und konnte sich auf Anhieb überzeugend für den Landesentscheid qualifizieren. Als Leitgedanken hat der Ort formuliert: „Es ist schön in Allendorf zu leben für jede Generation. Unser Dorf hat Zukunft! Keine Angst vor dem demografischen Wandel.“ Die eigene Homepage infor- miert unter www.allendorf-lahn.de umfassend über die Teilnahme an dem Dorfwettbewerb und gibt einen Einblick in den Stadtteil. Allendorf bemüht sich um die Aufnahme in das Dorferneuerungsprogramm des Landes.

104 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gießen-Allendorf Allgemeine Entwicklung Ungeachtet dessen widerspricht die Baugebietsaus- weisung den Grundsätzen des Dorferneuerungspro- Der aktive und selbstbewusste Ortsbeirat besteht aus gramms. Städtische Förderprogramme, z.B. zur Gebäu- neun Mitgliedern. Er sieht sich in seinem Selbstver- desanierung, werden nicht angeboten. ständnis heute vor allem in einer Mittlerfunktion zwi- schen Bürgerschaft und Verwaltung sowie den Mit Ausnahme der Obergasse ist der Ausbau der Orts- städtischen Gremien im Sinne eines „Dienstleisters“ für sowie überörtlichen Straßen abgeschlossen. Der Brun- die Bürgerschaft. Dieses hat sich gerade auch in Kon- nenplatz wurde neu gestaltet. Die Trinkwasserver- und fliktsituationen wie im Zusammenhang mit dem Ausbau Abwasserentsorgung sind auf gutem technischem der Untergasse und der Erhebung von Straßenbeiträgen Stand. Das Trinkwasser, ehemals aus einem ortseigenen gut bewährt. Frühzeitige und umfassende Bürgerbetei- Versorgungsnetz, wird den Landwirten kostenlos zur Ver- ligungen bei sämtlichen, den Ort und seine Bürger be- fügung gestellt. Dieses gilt auch für die Speisung des treffenden Planungen, Maßnahmen und Projekten wie Dorfbrunnens und des Kneippbeckens sowie die Berie- dem innerörtlichen Straßenausbau oder der Erstellung selung des Sportplatzes. Vorbildlich wird der Umgang des Rundwegekonzeptes sind daher die Regel. Fünf mit den natürlichen Wasserressourcen zur Bewältigung Stadtverordnete, zwei Magistratsmitglieder und zwei der örtlichen Hochwasserproblematik im Rahmen der Kreistagsabgeordnete aus Allendorf vertreten überört- Anlagen zur Hochwasserrückhaltung bewertet. Die Maß- lich mit großer Kontinuität den Stadtteil. Die Kommune nahmen beinhalten dabei einen naturnah gestalteten unterhält eine Verwaltungsstelle im Ort. Auenbereich mit Kleebach und Mühlengraben und die Integration des örtlichen Rundwanderweges. Nach Ab- Die Initiative zur Teilnahme am Dorfwettbewerb ging schluss der Rekultivierung wird der letzte Abschnitt ge- von einer interdisziplinär zusammengesetzten Arbeits- schlossen. gruppe unter Leitung des Ortsvorstehers aus. Sie beab- sichtigt den angestoßenen Prozess auch über den Wettbewerb hinaus weiter kontinuierlich zu begleiten und zu gestalten. Die Kommission empfiehlt an ausge- wählten strukturellen Themen auch konzeptionell weiter zu arbeiten.

Die Stadt hat 2000 einen Flächennutzungsplan (F-Plan) aufgestellt. Ein Landschaftsplan liegt seit 2005 vor. Meh- rere Bebauungspläne bilden die Grundlage für die nord- östliche Siedlungserweiterung, die ab Mitte der 50er Jahre einsetzte. Der F-Plan sieht die Ausweisung eines großzügigen neuen Baugebietes von ca. 30 ha als nord- östliche Erweiterungsfläche vor. Diese sichtexponierte Fläche soll ggf. kostenermäßigt Bauland für junge Fa- milien bereitstellen. Die geplante Baugebietsauswei- Als Stadtteil von Gießen verfügt Allendorf über eine sung wird von der Kommission kritisch hinterfragt. Für überdurchschnittliche Infrastruktur. Zwei Busverbindun- sie war u.a. nicht erkennbar, wie sich die Folgen des de- gen nach Gießen und Wetzlar, ortsnahe Anschlüsse an mografischen Wandels im Hinblick auf die Einwohner- den Nah- und Fernverkehr (BAB) und ein sich im Aus- und Infrastrukturentwicklung der Stadt und insbeson- bau befindendes Radwegenetz ermöglichen eine hohe dere Allendorfs darstellen. Es gab auch keine Hinweise Mobilität. Die Kommune unterhält eine einzügige darauf, wie das landes- und stadtpolitische Ziel, bebaute Grundschule mit derzeit rund 50 Schülerinnen/Schüler Ortslagen zugunsten der Sicherung von Freiflächen zu in drei Klassen. Die Grundschule konkurriert mit der Ein- verdichten bzw. zu reaktivieren, für Allendorf umgesetzt richtung in Klein-Linden. Wünschenswert wäre, wenn in werden kann. Die Kommission empfiehlt, unter Einbin- Allendorf der Schulstandort auch langfristig gesichert dung der Bewohner die innerörtlichen Baulücken fach- werden könnte. Hierzu erfolgen zurzeit Überlegungen. lich begründet aufzunehmen und öffentlich zu machen. Die zweizügige Kindertagesstätte besitzt mehrere al-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 105 Gießen-Allendorf tersgemischte Gruppen und bietet eine sehr gute Ganz- 15 % die unter 18-jährigen. Es gibt derzeit noch keinen tagesbetreuung. Die Beiträge sind einkommensabhängig nennenswerten Gebäudeleerstand. Gleichwohl wird im gestaffelt. Weiterhin befinden sich im Ort eine Mehr- Ort erwogen, ein Leerstands- bzw. Umnutzungskataster zweckhalle mit Nebenräumen, ein Backhaus, der Fried- zu erarbeiten. hof mit Trauerhalle. Eine große Sportanlage, Fest- und Bolzplatz, ein Freibad, Vereinshäuser und mehrere Spiel- plätze runden die infrastrukturellen kommunalen Ein- richtungen ab. Die Kirchengemeinde unterhält neben der Kirche ein Gemeindehaus mit Jugendraum. Eine selbstverwaltete Jugendabteilung des Turn- und Sport- vereins (TSV) wird angestrebt. Die kommunale Jugend- einrichtung liegt im Nachbarort. Sie wird insgesamt von drei Stadtteilen genutzt.

Rund 50 Betriebe/Unternehmen und Dienstleister ge- währleisten eine gute innerörtliche Grundversorgung. Sie umfasst auch (zahn-)ärztliche Praxen und drei Heb- ammen, mehrere Einzelhandelsgeschäfte, zwei Gast- stätten, eine Ausflugsgaststätte (Mühle), Kreditinstitute Unter dem Motto: “Unser (Allen-)Dorf hat Zukunft“ und einige kleine Handwerksbetriebe. Rollende „Läden“ wurde eine kritische Bestandsaufnahme zu mehreren ergänzen die Angebote. Über den seit 1976 bestehen- Teilbereichen örtlichen Lebens erstellt. Daraus wurden den mitgliederstarken „Förderkreis häusliche Pflege vielfältige Ziele abgeleitet. Unter den Fragen „Wo ste- e.V.“ besteht ein bürgernahes, differenziertes Hilfsange- hen wir, wo wollen wir hin?” wurden die Ergebnisse aber bot im Ort welches u.a. über den „Altentreff“ gerade auch die Projekte nachvollziehbar über Text, Grafik und auch die älteren Bewohner im Stadtteil erreicht. Bild auf zahlreichen Schautafeln visualisiert. Diese mit Unterstützung der Stadt beeindruckende und professio- nell erstellte Präsentation bildet eine ausgezeichnete Grundlage für die weitere Arbeit im Stadtteil. Sie ist dabei ein hervorragendes Medium, um weitere Bewoh- ner in die Diskussion, Planung und Umsetzung von Stadtteilprojekten einzubinden. Die Kommission emp- fiehlt die Tafeln dauerhaft aufzustellen.

Über die kommunale und örtliche Zusammenarbeit mit der Landschaftspflegevereinigung Gießen gibt es kleine Wertschöpfungsketten. Sie umfassen die umfangreichen Bemühungen zur Pflege und Erhaltung, Nutzung und Vermarktung der umfangreichen Streuobstbestände u.a. auf der stadteigenen Kuhwiese und dem privaten Ju- denberg. Pflanzung, Baumschnitt, Obstversteigerung, Die oben genannten kommunalen und örtlichen Ange- Einsatz einer mobilen Presse und Obstbrand tragen bote und Aktivitäten zielen auch darauf, dem demogra- dazu bei. Vereine und Landwirte führen die Arbeiten phischen Wandel aktiv zu begegnen und das Leben und gegen ein geringes Entgelt durch. Weitere Flächenan- Arbeiten im Stadtteil für alle Generationen qualitativ käufe werden erwogen. In Allendorf liegt ein Teil des hochwertig zu sichern. Gegenwärtig verzeichnet der größten zusammenhängenden Streuobstwiesenkom- Stadtteil bei stagnierender bzw. leicht rückläufiger Be- plexes Oberhessens. Weitere wirtschaftliche Initiativen völkerungsentwicklung eine recht ausgeglichene Alters- sind die private Reaktivierung des alten städtischen struktur. Knapp 60 % der Einwohner stellen die 18 bis Backhauses, die Nutzung der Gemeinschaftsgefrieran- 60-jährigen, gut 25 % die über 60-jährigen und knapp lage über den Feuerwehrverein, das Kartoffelfest mit Di-

106 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gießen-Allendorf rektvermarktung und die Maschinengemeinschaft mit Kinder- Jugend-, Senioren- und Frauenaktivitäten. Unterstützung der Jagdgenossenschaft. Neben den Vereinen engagieren sich dabei der Kinder- garten, die Kirchengemeinde und der oben erwähnte Allendorf profitiert einerseits deutlich von der Nähe zum „Förderkreis häusliche Pflege e.V.“ stark. Nachbar- Oberzentrum und seinen Infrastrukturangeboten. An- schaftshilfe wird traditionell angeboten. Eine große An- dererseits hält der Stadtteil zahlreiche kommunale und zahl traditioneller und jahresbezogener Veranstaltungen private Angebote auch für die benachbarten Orte vor. prägen den Jahresverlauf. Straßenfeste ergänzen diese Bewohner und Kommune scheinen gleichermaßen von Angebote. Mehrere Chöre darunter ein „Projektchor“ der selbstbewussten, dörflich geprägten Gemeinschaft, bereichern das kulturelle Leben. Um die Integration von ihrer traditionsbewussten Identität und dem hohen Ge- Neu- und ausländischen Mitbürgern in die dörfliche Ge- staltungswillen zu profitieren. Die Kommission gewann meinschaft, aber auch in der Vereinsarbeit zu verbessern, den Eindruck, dass durch die Wettbewerbsvorbereitun- soll eine „Neubürgerinformationsschrift“ erstellt werden. gen ein noch engerer „Schulterschluss“ zwischen den Vereinen, dem Ortsbeirat und der städtischen Verwal- Übertragenswerte umweltpädagogische Projekte wer- tung entstand. den kooperativ mit Kindergarten und Schule umgesetzt. Zu nennen sind Projekte wie die Schulhofneugestaltung durch Schüler, die Naturschutzmaßnahmen im Schul- Bürgerschaftliche Aktivitäten und garten und die umwelt- und naturschutzorientierten Pro- Selbsthilfeleistungen jektarbeiten. Sie führten in ihrer Gesamtheit zu der Auszeichnung der Schule als „Umweltschule“. Maßnah- Allendorf besitzt mit 18 Vereinen und mehreren „Clubs“ men der Landschaftspflege finden über die Vereine or- ein sehr reges soziales und kulturelles Miteinander. Die ganisiert statt. So hat sich der Angelverein „Unteres Vereinsgründungen reichen zum Teil bis in das 19. Jahr- Kleebachtal“ die Ufer- und Auenpflege zur Aufgabe ge- hundert. Zahlreiche Neugründungen gab es in den ver- stellt. Daneben existiert eine vielschichtige Natur- gangenen zwei Jahrzehnten. Die Vereine haben sich zu schutzarbeit. Sie wird in erster Linie durch die örtliche der Vereinsgemeinschaft „Allendorf/Lahn“ zusammen- Naturschutzgruppe getragen und durch das Umweltamt geschlossen. Mit dem Ortsbeirat besitzt die Gemein- Gießen und die Landschaftspflegevereinigung Gießen schaft eine wichtige Bedeutung als Multiplikator und unterstützt. Die Übernahme der Pflege von öffentlichen Initiator innerörtlicher Diskussionen. In wechselnder Grünanlagen ist sichergestellt und soll durch Paten- Leitung werden von ihr die zahlreichen Veranstaltungen schaftsmodelle ergänzt werden. koordiniert oder auch durchgeführt. Das Mehrzweckge- bäude wird von ihr verwaltet. Ferner betreibt er auch seit 2007 in Zusammenarbeit mit dem Ortsvorstand die an- sprechende und gut strukturierte örtliche Homepage. Sie wird fortlaufend aktualisiert und maßgeblich durch die örtlichen Gewerbetreibenden finanziert. Nach Ein- stellung des offiziellen Mitteilungsblattes übernahm der Vereinsring ebenfalls die Herausgabe des „Allendorfer Blättchens“ dreimal pro Jahr mit einem umfassenden In- formationsangebot. Auch werden die umfangreichen Ei- genleistungen, wie beim Bau des Mehrzweckgebäudes, über den Vereinsring und Ortsbeirat abgestimmt. Ins- gesamt ist eine große Bereitschaft der Vereine festzu- stellen, sich über die Pflege ihres Vereinszwecks hinaus, für das Gemeinwesen zu engagieren. All die beschriebenen (Vereins-) Aktivitäten tragen maß- geblich dazu bei, die dörfliche Identität nachhaltig zu Auffallend sind die thematische Vielfalt und die soziale stärken. Sie ergänzen in besonderer Weise den wichti- Vernetzung der Aktivitäten. So gibt es zahlreiche gene- gen kulturellen Schwerpunkt im Ort, die Dorfgeschichte rationsübergreifende, auch interkonfessionell getragene lebendig zu halten und das Brauchtum zu pflegen. Hier-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 107 Gießen-Allendorf für zählen u.a. die Erstellung der Dorfchronik und die chen Ortsteil. Hier fanden sich um den Dorfplatz (Thing- Pflege der Hüttenberger Mundart. In privater Hand lie- platz?) mit einer mehrhundertjährigen Linde über Jahr- gen ein Heimatmuseum und ein kleines Mühlenmu- hunderte fast alle gemeindeeigenen Einrichtungen wie seum. Auch gibt es eine Sammlung archäologischer Backhaus, Wachthaus, Armenhaus, Spritzenhaus und die Flurfunde. Es sind neben der Traditionspflege aber auch in das 13. Jh. zurückgehende nördlich versetzte Kirche die neuartigen Projekte, die Gemeinsinn und Wir-Gefühl mit Kirchhof, Leiternhaus, Dorfschule (später Rathaus). unter den Bewohnern stärken. Projekte wie die oben ge- In Nachbarschaft lagen die privaten Anwesen, die Gast- nannte eigene Homepage, ein Allendorf-Lied und Al- stätten und das herrschaftliche Zollhaus. Noch heute bil- lendorf-Gedicht sowie die Erstellung eines ortseigenen det der Dorfplatz den Ausgangspunkt für die historische Wappens zählen dazu. Letzteres wurde den Bewohnern Dorfwanderung. Hier stehen die nunmehr knapp 80-jäh- 2004 zur Abstimmung gestellt und findet sich nun auf rige Linde, das aus dem 19. Jahrhundert stammende den Ortseingangsschildern. Um die Haus- und Einwoh- und mehrfach umgebaute und aktuell restaurierte Back- nergeschichte auch im Alltag zu verankern, empfiehlt die haus mit Feuerwehrschlauchturm/Spritzenhaus. Zusam- Kommission die Erstellung von Haustafeln mit den hi- men mit der nach 1845 umgebauten ev. Kirche, der storischen Dorfnamen und Hausnummern. Dieses alten Kirchhofsmauer und den eingelassenen Grabstei- könnte ggf. als Schulprojekt zur dörflichen Spurensuche nen, dem ev. Gemeindehaus sowie der „Zehntscheune“ durchgeführt werden. (Armenhaus) besitzt dieser Teil des Dorfes für seine Be- wohner heute einen hohen Identifikationswert. Die Zukunft der örtlichen „freiwilligen Feuerwehr“ er- schien der Kommission vor dem Hintergrund der Be- rufsfeuerwehr in Gießen fraglich. Empfohlen wird, konzeptionelle Überlegungen zur Sicherung dieser für die Ortsgemeinschaft wichtigen Einrichtung anzustellen. Mit der bereits erwähnten Backhausnutzung, den Haus- schlachtungen, den Obstversteigerungen und der Branntweinherstellung sowie der Selbstvermarktung ei- niger landwirtschaftlicher Produkte können örtlich er- zeugte und verarbeitete Lebensmittel vermarktet bzw. erworben werden.

Die Kommission erfuhr beeindruckt, dass zentrale Ver- waltungs-, Organisations- und Angebotsstrukturen eines Oberzentrums die Ausbildung eigenständiger Stadtteil- projekte nicht ausschließen und ein Stadtteil sehr wohl seine relative kulturelle, soziale und wirtschaftliche Ei- genständigkeit bewahren kann. Um auch weiterhin die Einbindung der Bewohner zu stärken, aber auch Pro- jekte finanziell abzusichern, wird die Gründung eine Bür- Der Ortskern bildet mit der weiteren, entlang des Stra- gerstiftung in Allendorf angeregt. ßenkreuzes sich erstreckenden Bebauung eine denk- malpflegerische Gesamtanlage. Sie umfasst die Grenzen der baulichen Entwicklung Allendorf bis ca. 1815. In- Baugestaltung und -entwicklung nerhalb dieser Grenzen besonders im Kirchenumfeld mit der angrenzenden Hintergasse ist die Dorfstruktur Auf den ersten Eindruck vermittelt der Ortskern heute noch weitestgehend erhalten. Sie wird durch die Hüt- das Bild eines Straßendorfes, welches von Südwest nach tenberger Hofreiten, zumeist L-förmig ausgerichtet, ge- Nordost ausgerichtet ist und dessen Straßenverlauf den prägt. Ihre Bebauung geht bis in das ausgehende Kleebach in östlicher Richtung quert. Tatsächlich liegt 17. Jahrhundert zurück. Entsprechend unterstehen zahl- der historische Siedlungskern jedoch kompakt im heuti- reiche Gebäude auch dem Einzelschutz. Städtebaulich gen Einmündungsbereich mehrerer Straßen im westli- herausragend zeigt sich die Untergasse mit ihren regel-

108 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gießen-Allendorf mäßig angeordneten Hofreiten und beidseits weitge- kend sind Freifläche und Spielbereich. Hier finden sich hend erhaltenen Scheunen und der Dorfschmiede. Der auch die Kalksteine der alten Kleebachbrücke wieder. verkehrsberuhigte Ausbau hat ansprechende Baum- Der Kindergarten bildet eine städtebauliche „Brücke“ pflanzungen und Pflanzinseln vorgesehen, für die mit- zum „Neudorf“. Die Kleebachbrücke, in ihren Ursprün- telfristig Pflegepatenschaften vergeben werden sollen. gen aus dem 17. Jahrhundert, musste in 2007 in „tech- Der Ausbau der Obergasse und die Sanierung eines nischer Bauweise“ vollständig neu errichtet werden. Die Dorfbrunnens stehen derzeit an. ambitionierte Neugestaltung des Brunnenplatzes mit dem darunter befindlichem Regenrückhaltebecken Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren zahlrei- sowie mit Wasserspiel und Sitzgelegenheiten bildet mit che (Fachwerk-)Bauten saniert und Wirtschaftsgebäude dem gegenüber liegendem „Centralpark“ mit Boule- umgenutzt. Dabei blieben auch mehrere der regionsty- platz und Kneippbecken zwei wichtige innerörtliche pischen „Hüttenberger Hoftore“ erhalten. Da noch eine Grün- und Freizeitflächen. Es wäre zu überlegen, wie der Reihe von Fassaden unter Putz oder Fassadenverklei- „Dorfplatz“ räumlich stärker gefasst werden könnte. Hin- dungen liegen, sind weitere Sanierungen und mögliche sichtlich der Materialwahl folgt er stilistisch eher städti- Ortsbildverbesserungen mittelfristig zu erwarten. Ein- schen Leitbildern. Er setzt aber damit auch deutliche schränkend auf das Gesamtbild wirken manche neue Kontraste und schafft so einen interessanten Span- Fassadendetails mit eher städtischen oder sogenannten nungsbogen zwischen dem altem Ortskern und der jen- modernen Stilelementen. Städtebaulich positiv sind hin- seits des Kleebachs gelegenen Neubebauung. Diese gegen die giebelständigen Neubauten in der Ober- und vollzog sich ab 1900 zunächst einzeilig nach Norden. In Untergasse zu bewerten. Um das bauliche Gesamtbild den folgenden Jahrzehnten wurden nördlich und nord- im Ortkern nachhaltig zu verbessern empfiehlt die Kom- östlich weitere große Baugebiete ausgewiesen. Eine Be- mission ein Gestaltungsleitbild zu erstellen. Dieses sollte sichtigung dieser Gebiete erfolgte aus zeitlichen möglichst grundstücksbezogen die Eigentümer u.a. Gründen nicht. über Farbgebung, Fassadengliederung, Materialeinsatz und handwerkliche Ausführungen von Türen und Fen- stern informieren. Wünschenswert wäre, wenn neben der Broschüre eine baufachliche Beratung im Vorfeld von Veränderungen initiiert werden könnte. Angeregt wird ein eigener Arbeitskreis zu diesem Thema im Ort.

Dorfleben und Ortsbild werden aber von weiteren öf- fentlichen Gebäuden bestimmt. Dieses ist zunächst die Kleebach-Grundschule. Wegen ihrer städtebaulichen und ortsgeschichtlichen Bedeutung stehen die 1858 er- baute „rote Schule“ und die 1908 errichtete, angren- zende „weiße Schule“ heute unter Denkmalschutz. Im Kontrast steht hierzu der rückwärtige Anbau. Die zentral gelegene Mehrzweckhalle mit angegliedertem Textilge- schäft und vorgelagertem Parkplatz entstand Anfang der 70er Jahre unter Abbruch mehrerer Gebäude. Sie fällt hinsichtlich der baulichen Formensprache und funktio- nalen Ausrichtung zwar deutlich gegenüber der weiteren Die städtischen und örtlichen Ansätze zur Nutzung er- Bebauung ab. Mit Gaststätte und Räumlichkeiten für neuerbarer Energien wurden der Kommission nicht vor- den Ortsbeirat und der Nähe zur Sportanlage besitzt sie gestellt. Hierzu könnten die öffentlichen und privaten jedoch eine wichtige Funktion für das sportliche und kul- Potentiale für Solarthermie, Photovoltaik und Wasser- turelle Leben der Ortsgemeinschaft. Unauffällig und kraft geprüft werden. Inwieweit alternative Heizsysteme daher ansprechend präsentieren sich die Neubauten der z.B. über den Einsatz von Biomasse, Holzhackschnitzel, freiwilligen Feuerwehr, die Gemeinschaftsgefrieranlage für den Stadtteil realistisch und wirtschaftlich tragbar und der Kindergarten. Ungewöhnlich und beeindruk- sind, konnte nicht beurteilt werden.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 109 Gießen-Allendorf Grüngestaltung und -entwicklung sadenberankungen und ihre fachgerechte Pflanzung und Pflege liefern.

Die bebaute Ortslage Allendorfs weist gut ausgeprägte dörfliche Grünbestände auf: Im „Kirchenpark“ fallen auch unbefestigte Bereiche mit Spontanvegetation auf. Die umgebende Mauer hat eine typische Vegetation ausgebildet. Die Spielplätze und ihr Umfeld, die Schul- gelände mit Schulgarten, Kräuterspirale, Insektenhotel, Teich und Bolzplatz, die Grünanlage am Kleebachwehr, die Eingrünung des Sportplatzes und die Obstbaum- wiese im Übergangsbereich zur offenen Landschaft sind Elemente, die maßgeblich zur innerörtlichen Durchgrü- nung beitragen. Möglichkeiten zur verbesserten Platz- ausbildung sieht die Kommission noch bei der neuen Brunnenanlage. Partiell würden straßenseitige Ergän- zungspflanzungen die Aufenthaltsqualität verbessern. Als ansprechend und gut im Hinblick auf die Gehölz- auswahl wertete die Kommission die Grüninseln und Pflanzbeete, die im Zuge der umfangreichen Straßen- ausbaumaßnahmen erstellt wurden. Als Leitstaude wurde hier die Rose eingesetzt. Übertragbar auch die durchlässige Versiegelung des Kirchweges. Sie ermög- licht die Ausbildung von Ruderalgesellschaften und Spontanvegetation. Ökologisch wertvoll sind die inner- örtlichen, in Eigenleistung der Allendorfer Vereine in den 70er Jahren angelegten Vogelschutzgehölze „Hoch- straße“, „Am Kasimir“ und am nordöstlichen Bebau- ungsrand sowie die Flächen „Am Rondell“ mit dem Dorf in der Landschaft Ortsbild prägenden Ahornbaumbestand.

„Allendorf ist grün und liegt schön in der Landschaft“, so Großzügige, überwiegend dörflich ausgebildete Nutz- die Worte des Ortsvorstehers. Die Kommission fand gärten und Innenhöfe vereinzelt mit (Obst-)Baumbe- diese Aussage vor Ort meist eindrucksvoll bestätigt. Ins- stand, prägen den alten Ortskern. Dort wo Grünstreifen gesamt wirkt das Dorf harmonisch in die umgebende zwischen Straßen und Gehweg angelegt wurden, wirkt Landschaft eingebettet. Verantwortlich hierfür ist zum der Straßenraum wohltuend strukturiert. Der am Orts- einen das grüne Band des Kleebachs. Der Bachlauf, rand gelegene Friedhof wird durch einen alten Trauer- seine Zuflüsse und der Mühlgraben bilden naturnahe weidenbestand geprägt. Auenwaldstrukturen mit hoher ökologischer Qualität. Sie sind Teil des Landschaftsschutzgebiets „Auenverbund Einschränkend wirkte sich aus, dass die Neubaugebiete Lahn-Dill“. Die augenfälligsten großflächigen Grünbe- östlich des Kleebachs lediglich als Luftbild bewertet wer- stände im ortsnahen Außenbereich sind zum anderen den konnten. Als Artenschutzmaßnahmen finden sich die Streuobstbestände. Sie erstrecken sich überwiegend Vogelnisthilfen für Schwalben. südwestlich des Ortes und reichen teilweise bis in die Ortslage. Ihre Sicherung erfolgt durch ein differenziert Die Kommission empfiehlt in Erweiterung der Bau- und entwickeltes Pflegemanagement u.a. über Schafbewei- Gestaltungsbroschüre auch eine Grünfibel zu erstellen. dung. Die Umsetzung erfolgt über die Landschaftspfle- Diese könnte Hinweise zur Freiflächengestaltung von gegemeinschaft Gießen (LPV) und die Landwirte unter Höfen, Vorgärten, Straßenrabatten, Bauminseln etc. auf- Einbindung der örtlichen Vereine und Naturschutzgrup- nehmen und die Bewohner über Gehölze, Stauden, Fas- pen. Hochstammneupflanzungen bei kostenloser Baum-

110 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gießen-Allendorf beschaffung durch die Stadt und unter maßgeblicher Durch die oben beschriebenen Maßnahmen konnten Regie des SPD-Ortsvereins sowie der Beteiligung von die Lebensräume für eine biologische Vielfalt auch nach- Feuerwehr und der örtlichen Naturschutzgruppe ver- haltig ausgebaut werden. Die gut ausdifferenzierten Bio- vollständigen diese Maßnahmen. Alleenartige raumbil- top- und Nutzungsstrukturen in Allendorf begünstigen dende Baumreihen prägen die Straßenverbindungen die Ausprägung der typischen Artenvielfalt bei Flora und Kleinlinden – Lützellinden. Fauna, speziell der Vogelwelt mit Steinkauz, Wendehals, Schwarzmilan, Pirol, Wasseramsel, Eisvogel. Ansitzwar- Noch eher kleinbäuerlich geprägt zeigt sich das land- ten für Raub- bzw. Greifvögel wurden zur Unterstützung wirtschaftliche Nutzungsmuster der anschließenden of- durch den örtlichen „NABU“ errichtet. fenen Gemarkung. Wiesen, Äcker und waldartige Relikte u.a. drei angelegte Feldholzinseln begünstigen den Ein- Einschränkend auf das positive Gesamtbild wirkt die druck einer relativ intakten Landschaft. Ein „Erinne- nordöstliche „sternförmige“ Neubauentwicklung in rungswäldchen“ soll ergänzend angelegt werden. Im Hanglage. Dies gilt analog für die älteren Siedlungs- Nordwesten oberhalb der Autobahn liegt das Fauna- bauten der „Wohnbau Gießen“ im Bereich des Hoch- Flora-Habitat-Schutzgebiet „Lahnaue zwischen Atzbach wasserschutzdammes. Durch mangelnde bzw. voll - und Gießen“. ständig fehlende Eingrünung sind sie sehr exponiert und beeinträchtigen das Orts- und Landschaftsbild der Aue Überzeugend ist die Integration der in Rekultivierung erheblich. Empfohlen wird, die vorgelagerten Wiesen- befindlichen ehem. Kreisabfalldeponie, die als „Grüner bereiche ggf. für entsprechende Maßnahmen ins Auge Hügel“ mit Aussichtspunkt und Bepflanzung gestaltet zu fassen sowie mittelfristig die vorhandenen Nadel- werden soll. Die Deponie wird in das Grün- und Rund- gegen Hartholzauengehölze auszutauschen. Dies gilt im wegekonzept integriert. Dieser führt auch zum Allen- Grundsatz auch für die in der Vergangenheit vermutlich dorfer Wäldchen im Norden. Sehr positiv wird die ohne bauleitplanerische Vorbereitung entstandene Anlage eines kulturhistorischen Pfades und die Spuren- Kleingartenanlage im Ortseingangsbereich, die den Zer- suche der alten Wüstung bewertet. Informationstafeln siedelungseffekt verstärkt. Empfohlen wird zumindest auch mit historischen Hinweisen weisen auf die örtlichen eine Überplanung mit dem Ziel einer besseren land- Besonderheiten hin. schaftlichen Einbindung oder ein sukzessiver Rückbau.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Stephan Henrich Stadtplanungsamt Berliner Platz 1 35390 Gießen

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 111 Gießen-AllendorfBorken-Dillich

112 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gilserberg-Schönau

An der Südgrenze des Naturparks Kellerwald-Edersee im Schwalm-Eder-Kreis liegt die Gesamtgemeinde Gilser- berg. Nur wenige Kilometer nördlich vom gleichnamigen Gemeindesitz befindet sich der kleine Ort Schönau. Mit 354 Meter über dem Meeresspiegel liegt der Ortsteil in der Quellmündung des Humbaches, der westlich unterhalb des Dorfes in die Gilsa mündet. Östlich und nördlich steigt die Gemarkung auf knapp 500 m an. Hier befinden sich auch der örtliche Hausberg, der „Schlossberg“ und der „Silberstollen“. Dieser bereits auf der benachbarten Gemarkung liegende ehemalige Schacht wurde vor einigen Jahren als Fledermausstollen ausgebaut. Erstmals 1264 als „Scho- nowe“ urkundlich erwähnt, hat der Ort aktuell 297 Einwohner. Er ist heute überwiegend Wohnort. Schönau hat einige Male in den 80er und 90er Jahren am hessischen Dorfwettbewerb teilgenommen. 2008 errang der Ortsteil im Regionalentscheid den zweiten Platz in seiner Bewertungskategorie. In diesem Jahr wurde Schönau auch als Dorferneuerungsschwerpunkt anerkannt. Zum Zeitpunkt der Bewertung lag eine Ortsentwicklungskon- zeption vor. Die gegenwärtige Aufbruchstimmung drückt sich in dem Leitgedanken zur Ortsentwicklung aus: „Lebendiges Dorf mit traditionsbewussten, jedoch aufgeschlossenen, toleranten, aktiven Bewohnern, die Touris- musangebote und neue Wege der Dorfgemeinschaft entwickeln“. Informationen über Schönau sind über die Home- page der Gemeinde unter www.gilserberg.de zu finden.

Allgemeine Entwicklung der Friedhof (ohne Trauerhalle), ein Festplatz und die Schutzhütte auf dem Schlossberg. Zwei Mal täglich fährt Bis in das letzte Jahrhundert hinein war Schönau struk- ein kommunaler Bus den Ort an. turell stark von der Landwirtschaft und dem angeglie- derten Handwerk geprägt. Heute gibt es nur noch drei Schönau hat in den letzten Jahrzehnten einen Einwoh- landwirtschaftliche Betriebe, wovon einer im Haupter- nerzuwachs um 20 % gegenüber 1970 zu verzeichnen. werb arbeitet. Die 15 der 17 örtlichen Arbeitsplätze Seit 2000 ist eine stabile Einwohnerzahl zu beobachten, kommen aus Dienstleistungs- und Handwerksbetrieben. allerdings mit einer Tendenz zur Überalterung. Eine Be- Eingeschränkt ist die innerörtliche Versorgung mit Gü- sonderheit ist, dass 45 Personen lediglich im Zweit- tern und Dienstleistungen des täglichen und periodi- wohnsitz gemeldet sind. In der Ausweisung von zwei schen Bedarfs. Neben einer mobilen Versorgung stellen größeren Wohnbaugebieten nördlich und oberhalb des insbesondere der Ortsteil Gilserberg als Kleinzentrum Ortskerns Ende der 60er und Mitte der 70er Jahre liegt und die Nachbargemeinden die öffentliche und private eine Begründung. Diese weisen auch Ferienhäuser auf. Infrastruktur bereit. In Schönau selbst finden sich neben Ein weiteres kleines Baugebiet erstreckt sich westlich der evangelischen Kirche an öffentlichen Einrichtungen des Ortes und wurde 1986 erschlossen. Insgesamt gibt ein Dorfgemeinschaftshaus mit dem selbstverwalteten es noch mehrere freie Bauplätze. Der Flächennutzungs- Jugendraum, ein Feuerwehrgerätehaus und Spielplatz, plan wurde 1980 genehmigt, der Landschaftsplan 2003.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 113 Gilserberg-Schönau

Die Kommune hat keine eigenen Förderprogramme zur barten Landkreises Waldeck-Frankenberg. Die Mitglied- Bauunterhaltung oder -sanierung im Haushalt einge- schaft in der touristischen Arbeitsgemeinschaft „Rot- stellt. käppchenland Schwalm-Knüll“ eröffnet im Grundsatz weitere Möglichkeiten für den Ausbau des Fremdenver- Die Wirkungen von Strukturwandel, partieller Abwan- kehrs. Auch gibt es eine Einbindung in das touristische derung und Überalterung zeigen sich nicht nur in der Konzept des Nationalparks Kellerwald - Edersee. So örtlichen Erwerbs- und Infrastruktur sondern sind auch führt der Qualitätswanderweg „Kellerwaldsteig“ ober- ablesbar über Gebäudeleerstand und -unternutzungen halb des Ortes vorbei. Schönau ist auch Ausgangspunkt im Ortskern. Diese Situation betrifft überwiegend die für den Kulturerlebnispfad „Stätte-Tour“. Dieser lenkt großen Hofanlagen. Ein Leerstand- und Nutzungskata- die Besucher an kultur- und wirtschaftsbedeutsame ster befindet sich auf Initiative des Landkreises in Arbeit. Zeugnisse in der nahen Region. Der Schlossberg mit Die Kommission empfiehlt die Nutzungsanalyse auch dem historischen Tanzplatz und der „Kyramide“ (Keller- auf die „neuen“ Baugebiete auszudehnen und um ein wald-Klimaschutz-Pyramide) ist ein weiterer nahegele- Baulückenkataster zu ergänzen. Dieses sollte, fachlich gener Anziehungspunkt. Die Mountainbiker starten mit unterstützt, die städtebaulichen wertvollen Freiflächen internationalen Teilnehmern jährlich zu einem Marathon berücksichtigen und als freizuhaltende Flächen auswei- im Ort. Noch fehlt es an einer klaren, auch nach außen sen. wahrnehmbaren touristischen Angebotskonzeption. Unter Aufnahme der oben beschriebenen Vorgaben wird diese voraussichtlich in dem Freizeitsegment Wan- dern liegen.

Auch gibt es bisher auf Grund der fehlenden Infrastruk- tur noch keinen lokalen wirtschaftlichen Nutzen von den interessanten wander- und radtouristischen Angeboten in naturnaher und abwechslungsreicher Landschaft. So sind u.a. weder Gaststätte noch Zimmer- oder Woh- nungsanbieter im Ort zu finden.

Die Kommission gewann den Eindruck, dass zwar einer- seits die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für Eine Problemlösung für die Altbausubstanz erhoffen sich eine touristische Anbindung gut sind. Andererseits er- die Bewohner und die Gemeinde über das Dorferneue- fordern parallele Vermarktungswege und die Vernet- rungsprogramm. Die Mitglieder des Arbeitskreises zungsvielfalt aufwendige organisatorische und inhalt- Dorferneuerung (AK-DE) sind sich der schwierigen Si- liche Abstimmungen. Hinzu kommt, dass die Verbin- tuation durchaus bewusst und sehen in der Wiederbe- dungen kreisübergreifend in zwei weitere Landkreise rei- lebung des Ortszentrums eine Hauptaufgabe für die chen. Personell, so der Eindruck der Kommission, laufen nächsten Jahre.

Ein Ansatzpunkt für eine Reaktivierung wird in dem Auf- und Ausbau touristischer Angebote u.a. durch eine ver- stärkte Verknüpfung mit bestehenden regionalen Akti- vitäten gesehen. Die naturräumlichen und organisa- torischen Voraussetzungen hierfür sind im Grundsatz günstig. So ist die Gemeinde Gilserberg in zahlreichen Verbänden vertreten. Sie ist Mitglied im „Regionalforum Kellerwald-Edersee e.V.”, wodurch eine Projektförde- rung durch die Europäische Union bis 2013 ermöglicht wird. Ein weiterer Ansatzpunkt bietet die anvisierte Ein- bindung an die Konzeption des Geo-Parks des benach-

114 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gilserberg-Schönau die Aktivitäten bisher stark auf den Gemeindevorstand gleichbar strukturierten Regionen eröffnet vielleicht zu. neue Ansätze und Lösungen. Diese sind auch aus der Mitgliedschaft in dem Zweckverband „Schwalmver- Die Zusammenarbeit zwischen dem Ortsbeirat und der bund“ zu erwarten. Er eröffnet eine regionale Schwer- Gemeinde wird beiderseits als vertrauensvoll und gut punktabstimmung und Projektförderungen. Auch aus beschrieben. Zwei Ortsbewohner sind im gemeindlichen der Mitwirkung im interkommunalen „Virtuellen Grün- Parlament vertreten. Im Kinder- und Jugendbeirat sowie derzentrum“ können über Beratung und Vermittlung im Seniorenbeirat finden sich Mitglieder aus Schönau. Einzellösungen z.B. durch Unternehmensgründungen Mit der Bildung des AK-DE bietet sich nunmehr die gefunden werden. Möglichkeit einer weiteren Arbeits- und Verantwor- tungsteilung zwischen der Gemeinde, dem Ortsbeirat und den Bewohnern. Im Rahmen der Dorferneuerung Bürgerschaftliche Aktivitäten und sollten die Ansätze zusammengeführt und im Hinblick Selbsthilfeleistungen auf eine Umsetzung gewichtet werden. Die Aktivitäten der Kirchengemeinde und mehrerer Ver- eine tragen das kulturelle und soziale Leben im Dorf. So organisiert die Feuerwehr neben den Wettkämpfen das traditionelle Himmelsfahrtsfest und engagiert sich in der Jugendarbeit u.a. mit umweltpädagogischen Projekten. Sehr rege sind der Singkreis und der evangelische Frau- enkreis mit seinen wöchentlichen Treffen. Letzterer plant für die Bewohner Tagesfahrten und richtet den jährlichen Seniorennachmittag aus. Der Jugendclub zeichnet sich mindestens für drei jährlich wiederkehrende Feste ver- antwortlich: Diese sind der Kinderkarneval, die Maifeier und das Glühweinfest. Eine mehrtägige Fahrt organisiert der Verein der Reisefreunde für das Dorf. Weiterhin sind der „Schönauer Gedenktag“ und die kommunalen Feri- enspiele Angebote, die das Dorfleben bereichern. Die Motivation und Bereitschaft sich aktiv einzubinden sind Nachbarschaftshilfe bei Beerdigungen ist genauso derzeit sehr hoch im Ort. Der dörfliche Focus wird zurzeit selbstverständlich im Alltag verankert wie die Pflege des auf den Ausbau des DGH und den Umbau der Ortsmitte öffentlichen Grüns durch die Vereine und Bürger. Die gelegt. Eine Konzeption, die die Privatanwesen einbe- Kommission gewann bei der Vorstellung den Eindruck, zieht, steht noch aus oder wurde nicht vorgestellt. Die dass starke kirchliche und geschichtliche Bindungen be- Kommission kann die private Investitions- und auch In- stehen und die Pflege von Tradition und ihrer Werte die novationsbereitschaft im Ort nicht beurteilen. Allerdings Dorfgemeinschaft verbindet. sieht sie für eine örtliche Strukturstärkung insbesondere dann eine Chance, wenn Konzept und Umsetzung von einer breiten Mehrheit der Bewohner erarbeitet und (auch investiv) getragen werden. Hierzu sind sicherlich viele vertrauensvolle Einzelgespräche mit den Eigentü- mern zu führen, um die Möglichkeiten der Veränderung auszuloten. Diese könnten ggf. über ein „Tandem“ – Dorferneuerungsberater und Vertreter des AK-DE – wahrgenommen werden. Auch kommt aus Sicht der Kommission der Gemeindeverwaltung eine aktive Auf- gabe als Immobilienmanager zu. Den „goldenen und schnellen Weg“ einer Problemlösung wird es nicht geben. Ein Austausch mit anderen Kommunen in ver-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 115 Gilserberg-Schönau

Mit der Aufnahme des AK-DE entstanden neue Impulse. Erfolgsfaktoren wie ein starker Gemeinschaftssinn und Ein wesentliches Motiv liegt in der fehlenden räumlichen die Bereitschaft der Verantwortungsübernahme, liegen Ausstattung der Gruppentreffen. Das DGH als ehema- auf jeden Fall vor. Die Dorferneuerung und die Vorbe- lige Schule verfügt nicht annähernd über die benötig- reitungen zur 750-Jahrfeier im Jahr 2014 bieten die ten Räume und ist darüber hinaus in Teilen in einem Chance, die innerörtlichen sozialen Bindungen genera- unzureichenden baulichen Zustand. Hiervon betroffen tionsübergreifend noch weiter auszubauen. Der ge- ist insbesondere der Jugendraum. Innenrenovierungen plante eigene Internetauftritt unter der Adresse wurden bereits in Eigenleistung abgeschlossen. Da im www.schoenau-kellerwald.de wird dabei zur notwendi- Ort, mit Ausnahme des Kirchengebäudes, kein sonsti- gen Transparenz beitragen. ger öffentlicher Raum vorhanden ist, erfährt das Dorfgemeinschaftshaus mit den geplanten Nutzungser- weiterungen wie einem „Internetdorfladen“ und einer Baugestaltung und -entwicklung „Dorfstube“ eine hohe Wertschätzung als kultureller, sozialer und infrastruktureller Dorfmittelpunkt. Zurzeit Die Orts- und Bauentwicklung von Schönau zeigt sich gibt es eine Reihe konkreter Überlegungen, wie die ört- auch für Besucher gut ablesbar. So präsentiert sich das lichen Freizeitangebote ergänzt und die Hilfsangebote historische Ortszentrum mit der sichtexponierten ev. Fi- erweitert werden können. Ein Trägerverein wurde bereits lialkirche und dem umgebenden Friedhof und den gro- gegründet. Im weiteren Planungsverlauf wird es insbe- ßen zwei- und dreiseitigen Höfen aus dem 18. und 19. sondere darum gehen, die vorhandenen und geplanten Jahrhundert. Entlang der Straße zur Kirche schließen Angebote, ihre Pflege und die Gebäudeunterhaltung sich in Folge der Siedlungsentwicklung ab dem 19. Jh. auch nachhaltig personell, organisatorisch und finanziell kleinteiligere Hofanlagen an. Einige größere innerört- abzusichern. Die Kommission empfiehlt hierzu einen liche Freiflächen verweisen heute auf ehemalige An- Austausch mit vergleichbaren Trägervereinen (z.B. Wil- wesen im Kern. Einschneidend haben sich auf die lingshausen-Zella als diesjährigen Wettbewerbsteilneh- Ortsbaustruktur die Ereignisse vom August 1855 nie- mer). dergeschlagen. Bei einem Wirbelsturm wurden von 47 Gebäuden 45 beschädigt. Die städtebauliche Beson- derheit des Ortskerns liegt heute in dem abwechs- lungsreichen Wechsel von bebauten und unbebauten Flächen. Weitergehende städtebauliche Überlegungen sollten dieses als Leitmotiv unterstützend aufgreifen. Deutlich abgesetzt vom Dorfkern zeigt sich die bereits erwähnte jüngere Bauentwicklung am Südhang des Schlossberges nördlich des Ortskerns. Die Kirche verweist auf das Jahr 1585. Sie ist mehrfach aus- und umgebaut worden. Als früher protestantischer

Die Aufbruchstimmung im Ort ist im Weiteren auf die Neugestaltung des DGH-Umfeldes und der Ortsmitte ausgerichtet. Letztere dient als Festplatz und ist Übungs- fläche für die Freiwillige Feuerwehr.

Für die Kommission war beeindruckend, wie offensiv und zielgerichtet die Vorhaben vom AK-DE vorgetragen wurden. Es ist den Akteuren zu wünschen, dass eine große Anzahl der Bewohner die Vorhaben tatkräftig und nachhaltig unterstützen. Wichtige Voraussetzungen und

116 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gilserberg-Schönau

Saalkirchenbau in Bruchsteinmauerwerk mit erneuertem die leerstehende und stark renovierungsbedürftige Fachwerkobergeschoß aus dem 20. Jh. steht sie unter Scheune einer öffentlichen Nutzung ggf. im Kontext des Denkmalschutz. Diesem unterstehen auch sechs weitere touristischen Konzeptes zugeführt würde. Gebäude/Anwesen sowie die abseits des Ortes lie- gende Hichelmühe. Fachwerkrähmbau, Ziegel- und Angestrebt wird weiterhin, den Treppenaufgang zur Kir- Sandsteinmauerwerk, Tonziegel, Holzschindel sind die che, zum Ehrenmal und zum Friedhof mit regionalen historischen und auch heute noch anzutreffenden Bau- Baustoffen barrierefrei umzugestalten. Die geplanten materialien und -weisen. Einige Anwesen wurden in den funktionalen und optischen Aufwertungen werden zwei- vergangenen Jahren unter Aufnahme der historischen felsohne zu einer Attraktivitätserweiterung des Dorfes Vorgaben renoviert. Insgesamt zeichnet sich Schönau für seine Ortsbewohner und Besucher beitragen. Die durch ein vielfältiges Straßen- und Ortsbild aus, wozu Kommission empfiehlt auf einen naturnahen Ausbau zu die topografisch bewegte Lage beiträgt. Beeindruckend achten und sich auf wenige, aber wiederkehrende Ma- liegt die alte Schule, das jetzige DGH, mit großem Um- terialien zu beschränken und Überformungen zu ver- feld und in erhöhter Lage. Der großzügige Aufgang und meiden. Dieser Grundsatz gilt auch für die anstehenden Vorplatz sollen nach den ersten Überlegungen neben privaten Ausbaumaßnahmen. Die Aufstellung eines ge- dem Spielplatz weitere Freizeitfunktionen (Bolzplatz, stalterischen und auch energetischen Leitbildes mit kon- Basketballkorb) insbesondere für Jugendliche und Kin- kreten, ggf. grundstücksbezogenen Empfehlungen wäre der aufnehmen. Der untere Bereich (Wanderparkplatz) wünschenswert. Die zahlreich vorhanden positiven Bei- könnte zu einer allgemeinen touristischen Informations- spiele im Dorf könnten ergänzend als Vorbilder heraus- und Anlaufstelle ausgebaut werden. gestellt werden. Hinweise zum Artenschutz bei anstehenden Umbaumaßnahmen könnten die Fibel er- gänzen.

Grüngestaltung und -entwicklung

Der historische Grüngürtel um den Ortskern mit Gärten und Obst(wiesen) ist noch in weiten Teilen erhalten. Zahlreiche innerörtliche unversiegelte Hof-, Wiesen- und Freiflächen, Hof- und Obstbäume, Bauerngärten, Haus- berankungen, Hecken und Gehölze tragen zu einer in weiten Teilen guten und intensiven Durchgrünung bei. In der Schlossbergstraße, am Kirchhof sowie vor dem Dorfgemeinschaftshaus fallen u.a. alte Laubbäume ins Auge. Die weitere große Freiraumplanung erstreckt sich auf den Fest- und Feuerwehrübungsplatz. Diese derzeit un- gegliederte asphaltierte Fläche mit fehlenden Nut- zungszuweisungen in zentraler Ortslage gibt dem Dorfzentrum eine gewisse Beliebigkeit. Auch hier ist eine Nutzungs- und Gestaltungsaufwertung beabsich- tigt. Dieses soll geschehen durch die Wiederherstellung des ehemaligen Dorfbrunnens sowie der Errichtung eines offenen Gebäudes, das sowohl als Bühne für Ge- sang oder Schauspiel wie auch als Unterstand bei Dorf- oder Grillfesten genutzt werden kann. Für die neue Orts- mitte empfiehlt die Kommission eine Teilbereichspla- nung unter Einbezug der gegenüberliegenden Anwesen und Grundstücke. Dabei wäre es wünschenswert, wenn

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 117 Gilserberg-Schönau

Sehr ansprechend sind auch die Straßenbereiche, in denen auf die Anlage von ausgebauten Gehwegen zu- gunsten von (niveaugleichen) Rasenflächen und Rabat- ten verzichtet wurde oder private Bepflanzungen, die in den öffentlichen Raum ranken. Ruderalgesellschaften sind (noch) auf den sog. ungeordneten Flächen zu fin- den. Dass dieses auch zukünftig der Fall ist, sollte bei den weiteren Planungen berücksichtigt werden. Auch sollte auf die Ausbildung großer Baumscheiben geach- tet werden. Fehlende städtebauliche bedeutsame Raumkanten könnten durch die Pflanzung hochstämmi- ger Bäume (wieder) hergestellt werden. Dieses gilt ins- besondere für die bereits erwähnte Dorfmitte aber auch für einige Straßenabschnitte. Die Erarbeitung und Ver- teilung einer Broschüre mit Pflanz- und Gestaltungs- empfehlungen für Frei- und Nutzflächen mit Angaben zu Gehölzen, Stauden, Kletterpflanzen, Pflaster, Einfrie- Ergänzungen vorgenommen werden. Auf eine gute Ein- dungen wäre als Orientierungshilfe für die Eigentümer grünung der Gebäude im Außenbereich sollte geachtet wünschenswert. werden.

Dorf in der Landschaft Die Bewertungskommission, August 2009

An den Ausläufern des Naturparks Kellerwald in ver- kehrlich ruhiger Lage liegt Schönau reizvoll auf dem Gil- Ansprechpartner serberger Hochland. Der Nordteil der Gemarkung ist als Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet „Waldgebiet südlich Hans-Hermann Rittig Densberg“ ausgewiesen. In der Gemarkung gibt es ei- Kirschbrunnen 4 nige naturräumliche und kulturgeschichtliche Besonder- 34630 Gilserberg heiten. Ökologisch interessant sind z.B. die Teichanlage an der Hichelmühle und der Bach Gilsa als Lebensraum für Eisvogel und Schwarzstorch. Als Ausgleichsmaß- nahme wurde vor einigen Jahren seitens der Gemeinde eine Streuobstwiese angelegt. Weitere Streuobstwiesen wurden durch die Jagdgenossenschaft geschaffen. Die Nisthilfen für Vögel und Insekten und Fledermäuse un- terstützen den Artenschutz im Ort und in der Gemar- kung. Natur- und Kulturraum sind auch für das Projekt Geopark Waldeck-Frankenberg von besonderer Bedeu- tung. Alte Abbau- und Verhüttungsstätten sind neben Gesteinsvorkommen und Versteinerungen in der Ge- markung zu finden. Der Wanderweg „Stätte-Tour“ zwi- schen Schönau und Schönstein greift die Thematik des historischen Bergbaus auf.

Fast idealtypische Ortseingänge mit gekrümmter Lini- enführung und guter Anpflanzung führen in das Dorf. Insgesamt ist der Ort gut in die umgebende Landschaft eingebunden und mit dieser verzahnt. Punktuell könnten

118 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Gilserberg-Schönau

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 119 Groß-Umstadt-Richen

Richen liegt als Stadtteil der Odenwälder Weininsel Groß-Umstadt im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Die Einwohner- zahl beträgt aktuell 1.631. Seine erste urkundliche Erwähnung führt auf das Jahr 1266 zurück. Gemarkungsfunde wei- sen auf eine römische Besiedlung hin. Eine günstige Voraussetzung bot hierfür der Bach „Richer“, der heute den Ort von Süd nach Nord quert und in die Gersprenz fließt. Auf diesen Bach („fluevio ricchina“, Urkunde von 766) geht ver- mutlich der Ortname zurück. Nachweisbar gehörte die Siedlung um 1300 zum Kloster Fulda, Ende des 14. Jahrhun- derts zu Kurpfalz und ab 1576 zur Kurpfalz und Hessen. Um 1635, nach dem Ende des 30jährigen Krieges finden sich nur noch vier Familien im Dorf. Eine aktive Anwerbung auch in Österreich und der Schweiz führt zur erneuten Be- siedlung und zum wirtschaftlichen Neubeginn. Bis in das 20. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl kontinuierlich, aber bescheiden an. Den großen Zuwachs erfuhr der Ort erst nach Kriegsende durch die Niederlassungen der Flüchtlinge. Nachdem Richen mehrere Jahrhunderte Filialort zu Groß-Umstadt war, erfolgte seine Eingemeindung 1977. Natur- räumlich gehört der Ortsteil mit seinen 600,5 ha zum vorderen Odenwald im Rhein-Main-Tiefland. Richen hat 2008 zum zweiten Mal nach 2005 am Hessischen Dorfwettbewerb teilgenommen. Der Stadtteil wurde, auch als Ergebnis seines großen Engagements, 2009 als Schwerpunkt der Dorferneuerung anerkannt. Das Motto der Dorf- gemeinschaft lautet: „Historisches bewahren, Zukunft aktiv gestalten“. Einen ersten Einblick in das Dorf bietet die In- ternetpräsentation unter www.richen.eu sowie die Plattform der Kommune, die über den Verlauf der Dorferneuerung informiert.

Allgemeine Entwicklung agentur, gibt es seit 2008 wieder einen privat geführten kleinen Laden mit angeschlossener Bäckerei und holz- Die kontinuierliche Steigerung von ehemals 750 Ein- gefeuertem Ofen. Das innerörtliche Grundsortiment an wohnern im Jahr 1950 bis aktuell 1.631 führte nicht nur Lebensmitteln wird ergänzt durch einen der Landwirt- zu einer weiteren Inanspruchnahme der Flächen, son- schaft und Metzgerei angegliederten Hofladen für dern trug auch zur strukturellen Stärkung des Stadtteiles Wurst- und Fleischwaren. Eher ungewöhnlich für einen bei. So finden sich heute über 40 Betriebe und Unter- Ort dieser Größe ist das Fehlen von Gastronomie, Ban- nehmen mit rund 300 Arbeitsplätzen im Ort. Dabei stel- ken und Sparkassen. Mit noch 18 Arbeitsplätzen in der len zwei Transportunternehmen sowie der städtische (verarbeitenden) Landwirtschaft besitzt diese eine noch Bauhof einen großen Anteil der Beschäftigten. Daneben vergleichsweise große Bedeutung. Die Kommune stellte finden sich mehrere kleinere, innovative Unternehmen. mit dem Einwohnerzuwachs weitere Grundversorgun- Neben zwei Blumengeschäften, eine davon mit Post- gen in Richen bereit. Heute finden sich in kommunaler

120 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Groß-Umstadt-Richen

Trägerschaft u.a. eine Schule, die mehrere Schulformen Jahren erstellt. Zur Absicherung der nachhaltigen Ziele umfasst und eine Kindertagesstätte. Ferner zeigt sich die sind auch selbstbeschränkende Maßnahmen u.a. zur Stadt als Baulastträger verantwortlich für das alte Rat- Siedlungsentwicklung aufgenommen. Vielleicht auch vor haus, den Sportplatz, zwei Spielplätze, die Trauerhalle, diesem Hintergrund wird die Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr- und Vereinshäuser sowie in Ermangelung dem Ortsbeirat, den Bewohnern und der Stadt als trans- eines Bürgerhauses für einen Saal als Anbau an eine parent, produktiv und atmosphärisch gut beschrieben. ehemalige Gaststätte. Eine langfristige Absicherung des Insgesamt tragen hierzu zum einen die offene Informa- gut genutzten Saalanbaus für die dörflichen Aktivitäten tionspolitik der Stadt, zum zweiten die Vertretung meh- wäre wünschenswert. Das ehemalige Rathaus bietet rerer Bewohner Richens im Stadtparlament und drittens Räumlichkeiten für den Ortsbeirat und einige Vereine. eine auf Mitwirkung ausgerichtete Arbeit des Ortsbei- rats bei. Religiöse und soziale Zentren sind neben der evangeli- schen Kirche die beiden kirchlichen Gemeindehäuser. Ein wichtiger „Kümmerer“ für innerörtliche Probleme ist Beide befinden sich in der Nachkriegssiedlung. Die ev. die seit 1999 sehr rege agierende Agenda-21 Gruppe. Kirche ergänzt mit einer eigenen Einrichtung die städti- Der kleine und beständige Kern hat sich die Reaktivie- sche Kinderbetreuung. Schon vor der Gebietsreform rung historischer und öffentlich genutzter Räumlichkei- hatte die Gemeinde ein gut ausgebautes und in Stand ten sowie die Brauchtumspflege zur Hauptaufgabe gehaltenes Wasser- und Kanalalisationsnetz. Die Anbin- gestellt. Von der Dorferneuerung erwarten die Bewoh- dung an die nahe gelegene Bundesstraße, sowie der un- ner weitere Impulse auch zur Stärkung der Innenent- mittelbar in der Nähe gelegene Anschluss an Schnell- wicklung. Der Prozess soll offen und unter großer straße und Autobahn, ermöglicht es den Bürgern schnell Mitwirkung der Bewohner gestaltet werden. in die Ballungszentren Rhein-Main zu gelangen. Ein Anruf-Bus ergänzt die Nahverkehrsangebote. Die An- bindung an das Radwegenetz ist gegeben. Die Oden- Bürgerschaftliche Aktivitäten und waldbahn verläuft entlang der östlichen Baugrenze. Im Selbsthilfeleistungen Ergebnis ist festzustellen, dass die räumliche Nähe zur Kernstadt, eine durchschnittliche Grundinfrastrukturaus- Neben den Bildungseinrichtungen prägen sieben Ver- stattung und die gute Verkehrsanbindung den Zuzug eine, die Agenda 21-Gruppe und die zwei Kirchenge- junger Familien begünstigen. Letzteres wird auch durch meinden das kulturelle Angebot und das soziale finanzielle Anreize der Kommune unterstützt. Entspre- Miteinander in Richen. Der Zusammenschluss der Ver- chend ist der Anteil der Kinder mit 10 % und der Per - eine zu einem Kulturring ermöglicht zum einen eine kon- sonen unter 20 Jahren mit gut 20 % im Ort über- kurrenzfreie Abstimmung der verschiedenen Aktivitäten durchschnittlich hoch. und zum anderen die Durchführung gemeinsamer Ver- anstaltungen wie die Teilnahme an dem Groß-Umstäd- Die örtlichen Pläne und Satzungen sind an denen der ter Weinfest. Es ist auch der Kulturring, der den Kernstadt orientiert. Der Flächennutzugsplan von 1988 Internetauftritt des Ortes organisiert. Es wäre wün- befindet sich in der Neuaufstellung. Er ist auf der Inter- netseite der Stadt einsehbar. Ein Bebauungsplan ist vor- handen. Einige Bauplätze sollen zur Abrundung nördlich des Friedhofs bereitgestellt werden. Die Gemeinde sieht es als eine primäre Aufgabe, gerade die alten Hofreiten zu reaktivieren. Dafür hat sie einen Ortsbildpflegefonds aufgelegt. Die Energieberatung wird aus der Kernstadt angeboten. Ob diesem ein Konzept zugrunde liegt wurde nicht erörtert. Ein vorbildhaftes kommunales Handlungskonzept wurde im Rahmen der Agenda-21 Diskussionen 2001 vom Stadtparlament verabschiedet. Dieses thematisch breit angelegte Programm wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung in gut drei

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 121 Groß-Umstadt-Richen schenswert, dass sich für den weiteren Ausbau und die auch die große integrative Wirkung. Die Kommission regelmäßige Aktualisierung weitere Bewohner verant- möchte (nicht nur) die Agenda 21-Gruppe ausdrücklich wortlich zeigen. in ihrer Ausrichtung bestärken, Altes zu sichern und – durch Zulassen von Neuem – lebendig zu halten. Unter diesem Leitgedanken wurden auch Vereinshäuser und Saalrenovierungen in großer Eigenleistung der Bewoh- ner realisiert.

Eine Besonderheit bei den jahreszeitlich geprägten An- geboten ist die auf eine private Initiative zurück gehende Richer Fastnacht. So hat sich Richen in den vergangenen Jahren in der Region zu einer Hochburg mit Prinzenpaar und vielen Veranstaltungen ausgebildet, obgleich es kei- nen eigenständigen Karnevalsverein vor Ort gibt.

Neben den traditionsreichen Vereinen wie dem Turn- und Sportverein Richen (TSV), der Freiwilligen Feuer- wehr oder dem auf über 120 Jahre zurückblickenden Gesangverein Eintracht haben sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Landfrauen, die Sportschützen und die Angler und Naturschützer zu neuen Vereinen zu- sammengeschlossen. Ihre Feste und Aktionen wurden mit der Gründung der Agenda 21-Gruppe vor 10 Jahren um weitere, auf das Gemeinwohl ausgerichtete, Projekte und Angebote ergänzt. So wurde durch ihre Initiative und ihr Engagement das öffentliche Badhaus mit Back- haus baulich gesichert und zu einem kleinen Dorfmu- Viele Jugendliche engagieren sich in den Vereinen. So seum mit restauriertem Backofen umgenutzt. Auch der bietet die Feuerwehr derzeit zwei Gruppen für 60 Kinder Erhalt und die Instandsetzung des baulich angebunde- und Jugendliche an. Mehrere sportliche Sparten unter- nen alten Rathauses von 1869 sowie die private Restau- hält der mitgliederstarke TSV Richen auch für seine 180 rierung der darin befindlichen originalen Turmuhr gehen jungen Mitglieder. Noch relativ neu, aber bereits mit auf diese Gruppe zurück. Mit der großen Beteiligung am einem guten Echo versehen, ist die Laien-Theater- Tag des offenen Denkmals 2002 und 2007 hat die gruppe des TSV. Beide Kirchengemeinden unterhalten Agenda 21-Gruppe den Blick weiterhin auf die innerört- in ihren Räumen eine Reihe generationsübergreifender lichen, privaten Altbaubestände gelenkt. Vorbildhaft Angebote. In Ergänzung der bestehenden kirchlichen sind zwei sehr ansprechende Broschüren in Zusammen- und Vereinsangebote regt die Kommission an, die Mög- arbeit mit der Stadtverwaltung entstanden. Aktuell or- lichkeit für die Gründung und Eigenorganisation eines ganisiert die Gruppe Kurse, Ausstellungen, Märkte, ein Jugendchors zu prüfen. Dieses könnte vielleicht mit Un- monatliches sonntägliches Frühstück im alten Rathaus terstützung der Schule erfolgen. Die Gruppe könnte sich und mehr. Dabei wird sie, soweit erforderlich, von den im Schwerpunkt „modernem“ Liedgut zuwenden. Wün- Vereinen und Bewohnern unterstützt. Insbesondere auf schenswert wäre zudem, wenn die Teilnahme am Kul- die Privatunterstützung sind die Aktionen „Herbstzau- tursommer Südhessen, eine bislang private Initiative, ber in Richer Höfen“ und „ Kunst in Bauerngärten“ an- weiterhin und auf breiter Basis realisiert werden könnte. gewiesen. Diese unregelmäßig stattfindenden Projekte Noch fehlt es an einem Jugendraum im Stadtteil. Aus sind weitere Beispiele für das große und nachhaltig aus- Sicht der Kommission sollte in der Dorferneuerung ein gerichtete Engagement im Dorf. Durch die Beteiligung Augenmerk auf die kommunale und freie Jugendarbeit der neu Hinzugezogenen bezeugen die Aktionen aber und das fehlende Raumangebot gelegt werden.

122 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Groß-Umstadt-Richen

überwiegend in das 17. und 18. Jahrhundert zurück. Mit der Saalkirche von 1758/59, dem alten Rathaus und dem integrierten ehemaligen Back-, Spritzen- und Badhaus, der Schule von 1869, lagen alle wichtigen öffentlichen Einrichtungen bis in der Neuzeit in dem Zentrum. Nicht mehr vorhanden sind weitere gemeindliche Einrichtun- gen, die im Rathaus und seinem Umfeld untergebracht waren. Beispielhaft seien die Viehwaage und die Was- serpumpe genannt. Trotz zahlreicher Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten ist die Gesamtstruktur gut erhalten. Sie zeichnet sich durch geschlossene Hof- reiten mit zumeist giebelständigen Fachwerkhäusern auf schmalen Grundstücken aus. Ortscharakteristisch sind die großen rundbogigen, straßenseitigen Sandsteintore mit teilweise noch vorhandenen Handpforten aus dem frühen 18. Jahrhundert. An regionaltypischen Materia- lien und Bauformen herrschen Sandstein(quader), Fach- werkrähm und Ziegelmauerwerk, Putzbau, Satteldach zum Teil mit Krüppelwalm sowie Holzschindel, Holzver-

Die Kommission erlebte über die Präsentation der oben beispielhaft skizzierten Projekte und Ansätze eine hohe Identifikation der Bewohner mit ihrem Dorf. Sie gewann dabei den Eindruck, dass anstehenden Entscheidungen zur weiteren Ortsentwicklung unter Abwägung vielfälti- ger Argumente und unter Einbindung möglichst zahl- reicher Bewohner getroffen werden sollen. In wie weit hierbei auch die „alten Neubürger“ eingebunden wer- den können, konnte die Kommission nicht abschließend beurteilen.

Baugestaltung und -entwicklung

Gemessen an der heutigen flächenhaften Ausdehnung des Stadtteiles erstreckt sich das historische Zentrum des Dorfes auf kleiner Grundfläche. In Anlehnung an die parallel in Süd-Nord-Richtung verlaufende Dorf- und Hauptstraße lehnt sich die Ortskernbebauung an. Die im rechten Winkel liegende Schmiedegasse verbindet die beiden Straßen. Rechtwinklig sind auch die nach außen, also nach Westen und Osten abknickenden Wege und Straßen angelegt. Dadurch ergibt sich ein re- gelmäßiger Grundriss des Ortskerns mit zum Teil sehr geringer Straßenbreite. Seine heutige Bebauung führt

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 123 Groß-Umstadt-Richen schalung; Klappläden und eine rote Ziegeleindeckung wäre zu wünschen, wenn im Rahmen der Dorferneue- vor. Ungewöhnlich hinsichtlich seiner großzügigen Pro- rung die vorhandene Altbebauung nicht nur hinsichtlich portionen und der Materialverwendung (gelber und ihrer Substanz sondern auch in ihrer Nutzung gesichert roter Ziegelstein, kombiniert mit Sandstein) zeigt sich die und fachgerecht renoviert werden würde. Dabei könnte alte Schule, die seit 1969 bei detailgetreuer Außensa- auch manche Überformung zurückgenommen und nierung als Kindergarten genutzt wird. Auch Dank der Fremdmaterialien wieder ausgetauscht werden. Emp- Eigenleistung befinden sich die öffentlichen Gebäude fohlen wird, Leitlinien zur Baugestaltung unter Einbin- in einem guten Erhaltungszustand, sind aber teilweise dung der Bewohner/Eigentümer möglichst straßen- renovierungsbedürftig und energetisch zu effektivieren. bezogen zu erstellen. Diese sollte auch auf Neu- und An- bauten eingehen. Ferner wären konkrete Hinweise zum Einsatz regenerativer Energien und zur Freiraumgestal- tung einschließlich Begrünung hilfreich.

Die Ortserweiterung erfolgte zum einen im Norden und Nordwesten jenseits der Haupt- und Semder Straße. Ins- besondere die Letzte stellt mit ihrem Ost-West-Verlauf eine städtebauliche Zäsur dar und schiebt sich funktional als Riegel zwischen dem Ortskern einerseits und der Wohn-, Gewerbebebauung und den Sportanlagen an- dererseits. Am Ortseingang vor dem Sportplatz wären Querungshilfen für Fußgänger eine mögliche Sicher- heitsmaßnahme. Die neue Umgehungsstraße von Groß- Umstadt soll den Ortskern merklich entlasten, was derzeit in eingeschränkter Form durch einen Kreisel ge- Im privaten Bereich wurden ebenfalls mit großer Eigen- schieht. Die größte Neugebietsausweisung liegt indes- leistung mehrere Hofanlagen nach historischem Vorbild sen im Südwesten mit der Gustav-Hacker-Siedlung, der und mit entsprechender handwerklicher Ausführung Grundschule, dem ev. Kindergarten und dem katholi- sowie unter Berücksichtigung ökologischer Bauprodukte schen Gemeindehaus. Die Siedlung grenzt unmittelbar und des Denkmalschutzes saniert. So erhielt 2004 eine an die Kernstadtbebauung. Die Kommission empfiehlt, Hofreite den hessischen Denkmalpreis. Anerkennens- sofern noch nicht vorliegend, ein Baulückenkataster wert und bedeutsam für die dörfliche Geschichte sind unter fachlicher Abwägung und Aufnahme erhaltens- auch die private Neunutzung der örtlichen Schmiede werter innerörtlicher Garten-, Grün- und Freiflächen zu und die Sicherung ihrer Einrichtung einschließlich der erstellen. Dabei sollte auch die zum Teil noch vorhan- Werkzeuge. Der gesamte Ortskern mit einigen Anwe- dene alte Ortskerneingrünung berücksichtigt und auf- sen östlich der Hauptstraße wird als Gesamtanlage nach gewertet werden. Ob die geplante Wohnbauabrundung dem Hessischen Denkmalschutzgesetz bewertet. Sie be- in der Nähe des Friedhofs der Umsetzung des Dorfer- inhaltet auch einige Einzeldenkmäler u.a. die oben er- wähnten öffentlich genutzten Gebäude. Neben ihrer städtebaulichen und ortsgeschichtlichen Bedeutung sind es oftmals baukünstlerische Gründe, die ihre Wer- tigkeit ausmachen. Zwei Kulturdenkmäler liegen zudem außerhalb der Gesamtanlage. Eines davon ist das um 1900 erbaute dörfliche Spritzenhaus.

Leerstände fielen mit Ausnahme des alten markanten Mühlenanwesens nicht auf; ein Leerstands- und Nut- zungskataster wurde nicht vorgestellt. Sofern nicht er- stellt, empfiehlt die Kommission eine Aufstellung aus der auch Belegungs- und Altersdaten hervorgehen. Es

124 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Groß-Umstadt-Richen neuerungsprogrammes widerspricht, wurde nicht the- Arten bzw. Sorten gewählt werden. In Verbundenheit mit matisiert. Im Grundsatz schließen sich jedoch eine Neu- der Weinbautradition vor Ort sollten die vorgefundenen bebauung und Programmaufnahme aus. Auch die im Gebäudebegrünungen durch Weinstöcke weiter ver- Flächennutzungsplanentwurf dargestellten Siedlungs- folgt werden. Neben dem Wein könnte sich die Rose als flächenerweiterungen sollten ebenfalls im Kontext der Leitpflanze ausbilden und über Patenschaften gepflegt Dorferneuerungsziele geprüft werden. werden.

Sicherlich nicht einfach in der Umsetzung gestaltet sich der örtliche Wunsch nach einer Ortsmitte. Historisch lag diese im Bereich der Kirche. Sie war aber weniger räum- lich sondern eher funktional, also über die Nutzung, aus- gebildet. Mit der Bevölkerungsentwicklung sind heute die infrastrukturellen Angebote mit Saal, Sportplatz, Kin- dergärten etc. im Ort verteilt. Es stellt sich aus Sicht der Kommission die Frage, ob nicht eine Aufwertung der gegenwärtigen (neuen und alten) Funktionsräume der Vorzug gegenüber dem Ausbau nur einer Mitte gege- ben werden sollte.

Grüngestaltung und -entwicklung

Die enge und straßenangrenzende Bebauung im alten Ortskern erlaubt nur eine zurückhaltende Begrünung im Straßenraum. Hochstämmige Bäume und Gehölze bil- den daher die Ausnahme. In Ermangelung dieser Mög- lichkeiten wurden an zahlreichen Fassaden Wein- und Rosenstöcke gesetzt. Neben den ebenfalls vorfindbaren Kirschbäumen bietet sich insgesamt ein harmonisches Bild. Zusammen mit dem niveaugleich ausgebauten schmalen Gehwegen und Rinnen sind die Straßenräume einerseits funktional ausgerichtet und andererseits im Hinblick auf Materialwahl und Formensprache dörflich angemessen schlicht. Um zukünftige Überformungen zu verhindern sollte dieses Grundprinzip bei den augen- scheinlich anstehenden Straßensanierungen beibehal- ten werden. Die Kommission empfiehlt die Fußwege- Als innerörtliche grüne Oase zeigt sich der ehemalige beziehungen auch zu den Neubaugebieten gestalterisch Löschteich und Waschplatz. Er wurde zu einem dörfli- und grünordnerisch aufzuwerten. Dabei könnte auch der chen kleinen Park mit altem Baumbestand umgestaltet. eine oder andere kleine Platz für eine nachbarschaftli- Möglichkeiten der weiteren Eingrünung werden im Um- che Nutzung naturnah angelegt werden. feld der Sportanlagen und entlang der begleitenden Bachläufe gesehen. Dabei wäre die Pflege sicher zu stel- Entlang der alten Dorfstraße mit dem Basaltpflaster fin- len. Einige öffentliche Grünbereiche werden von den den sich in den Hofinnenflächen oftmals noch gepflegte Bewohnern gepflegt. So auch der Friedhof, der, wie die Bauern- und Nutzgärten. Daneben gibt es Gehölzpflan- Spielplätze, aus zeitlichen Gründen nicht vorgestellt zungen und mit Sommerblumen bepflanzten Terracotta- wurde. Potential für Entsiegelungen sieht die Kommis- Töpfe. In dieser Gesamtheit wirken die Anwesen sion an manchen Randbereichen aber auch im Umfeld ansprechend und freundlich. Bei der Anpflanzung von des Feuerwehrhauses. Als Maßnahmen zum innerörtli- neuen Hofbäumen sollten jedoch verstärkt heimische chen Artenschutz entstand ein Insektenhotel.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 125 Groß-Umstadt-Richen Dorf in der Landschaft

In der schmalen, nord-südlich verlaufenden Gemarkung Richens liegen zwei Landschaftsschutzgebiete (LSCHG). Diese sind im Nordwesten die „Untere Gersprenz“ und im Norden das LSCHG „Landkreis Dieburg“. Beide be- sitzen gleichfalls den Status eines Vogelschutzgebietes nach der EU-Vogelschutzrichtlinie. Nördlich der Ortslage liegen auch einige Einzelhöfe. Bei guten Ackerböden wird die Gemarkung landwirtschaftlich und vielfältig ge- nutzt. Entlang des nördlichen, renaturierten Richer Ba- ches erfolgt eine extensive Pflege durch Schafhaltung. Die landschaftliche Einbindung des Dorfes ist in weiten Teilen gut gegeben. Dieses ist auch mit Einschränkun- gen für die Einfahrtsstraßen gegeben. Naturschutz- und Landschaftspflegemaßnahmen sind in die Vereinsarbeit integriert. Unter Einbindung des Naturschutzbundes entstanden dabei Vogelnisthilfen u.a. für Störche. An umweltpädagogischen Aktionen werden neben dem Bau des Insektenhotels auch Vogelstimmwanderungen angeboten.

Die Bewertungskommission, August 2009

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Kai Cezanne Schmiedestraße 6 64823 Groß-Umstadt

126 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Groß-Umstadt-Richen

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 127 Hofbieber

In der reizvollen Mittelgebirgslandschaft der Vorderrhön liegt das im Jahre 1093 erstmals eindeutig erwähnte, aber als Siedlungsort („Biberaha“) wohl wesentlich ältere Hofbieber. Früher Sitz des Zehntgrafen und des Centgerichts hat Hofbieber heute seine Zentralität als Kerngemeinde mit 16 bzw. 18 Ortsteilen im Landkreis Fulda ausgebaut. Die gleichnamige Gesamtgemeinde ist eine aufstrebende Ferienregion. Sie wirbt für sich im Internet unter dem Motto “in der Natur verwurzelt”. Schließlich liegt Hofbieber sowohl im Naturpark Hessische Rhön als auch im Biosphä- renreservat Rhön. Auf topografisch bewegtem Gelände präsentiert sich Hofbieber inmitten einer durch die Land- wirtschaft geprägten, offenen Landschaft mit markanten Erhöhungen und weitem Blick, den rhöntypischen „offenen Fernen”. Der staatlich anerkannte Luftkurort Hofbieber hat 1.985 Einwohner. Hofbieber hat erstmalig am 33. Dorfwettbewerb 2008 teilgenommen. Mit dem öffentlichen Aufruf „ Wir machen mit!“ konnte Hofbieber sich auf Anhieb für den Landesentscheid qualifizieren. Hofbieber ist unter www.hofbieber.de im Internet zu finden.

Allgemeine Entwicklung um das Marketing. In nordwestlicher Randlage und westlich des Friedhofs des Ortes wurde vor kurzem ein Hofbieber hat sich zu einem bevorzugten Wohnort auch 1,5 ha großes Gewerbegebiet für das örtliche Handwerk für die Beschäftigten der im nahe gelegenen Raum ausgewiesen. In Planung befindet sich die angrenzende Fulda angesiedelten Unternehmen entwickelt. Der Ort Ausweisung einer Industriefläche über 1 ha. Flächenut- ist als Fremdenverkehrsort etabliert. In Folge verzeichnet zungs- und Landschaftsplan entstanden Mitte der 90- die Kerngemeinde seit 1970 einen großen, fast doppel- Jahre. ten Bewohnerzuwachs. Diesen Trend sieht man als Ver- pflichtung an, den Ort auch in Zukunft für alle Der Ort stellt insgesamt eine bemerkenswert vollstän- Generationen attraktiv zu erhalten und zu gestalten. dige Infrastruktur. Sie deckt nahezu alle Bereiche des Neubaugebiete werden nachfrageorientiert ausgewie- täglichen Bedarfs ab. Bäcker- und Metzgerläden, Bank- sen. Ein aktuelles Baugebiet in nordöstlicher Ortslage stellen sowie zwei Supermärkte, Apotheken und Ärzte verfügt noch über ca. 20 Bauplätze. sind ebenso vorhanden wie zwei Kindergartenstandorte, vier Kinderspielplätze, ein modernes Gemeindezen- Hofbieber ist aber auch Arbeitsstandort. Mit 150 Ar- trum/Bürgerhaus, Grund-, Haupt- und Realschule an der beitsplätzen insbesondere im Handwerk und in Dienst- Biebertalschule und Sportanlagen u.a. ein Golfplatz. Re- leistungen besitzt der Ort ein recht hohes wirtschaft- gionale Produkte bieten eine Ölmühle, die Raps aus ört- liches Potenzial. Ein im Ort ansässiger Gewerbeverein lichem Anbau verarbeitet, ein Geflügelzüchter sowie die bündelt die gewerblichen Aktivitäten und kümmert sich örtlichen Imker mit Direktvermarktung.

128 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Hofbieber

Zufriedenstellend sind auch die Anbindungen an den öf- wichtige Ergänzung der sozialen Betreuung ist das der- fentlichen Nahverkehr sowie an das Rad- und Wander- zeit im Bau befindliche Familienzentrum. Neben einer wegenetz. In Zusammenarbeit mit der touristischen Seniorenbegegnungsstätte und der Geschäftsstelle des Arbeitsgemeinschaft „Die Rhöner“ werden die touristi- KNHH soll das Zentrum zu einer Beratungs-, Schulungs- schen Angebote kontinuierlich ausgebaut. Attraktionen und Bildungsstelle u.a. für Familien, Eltern, Alleinerzie- wie der Milseburgradweg (R 3), der Golfplatz und ein hende, Senioren werden. Auch soll die Einrichtung in Fa- Barfuß-Erlebnispfad im Ort sind (über-)regional bekannt. milienfragen beraten. In dem Gesamtkomplex sind Der Fremdenverkehr hat auch für Hofbieber einen integriert eine Kindertagesstätte, eine Kindergrippe und hohen Stellenwert. Er stärkt die Infrastruktur und bindet ein Hort mit Mittagstischangebot auch für die Grund- Arbeitsplätze. Ein ehrgeiziges Projekt, das Bewohner schüler der Biebertalschule. Getragen wird das Modell- und Besucher aller Altersklassen anziehen und zusam- vorhaben von einer Stiftung gemeinsam mit der menführen soll, ist der auf einer zentrumsnahen Freiflä- Nachbargemeinde. che konzipierte “Generationenpark“. Die fortge- schrittene Planung sieht unterschiedliche Erlebnisfelder für spielerische Aktivitäten vor.

Mit einem Holzhackschnitzel-Heizwerk setzt man auf ört- liche Ressourcen in der Energiegewinnung. Sie versorgt zahlreiche öffentliche Einrichtungen und private Haus- halte. Auch ein „Bürgersolar-Projekt“ wird angeboten. Sie sieht die Installation von Anlagen auf öffentlichen Dächern vor (Feuerwehrhaus, Gemeindebauhof und demnächst Holzhackschnitzel-Heizanlage). Eine kom- munale Energieberatungsstelle unterstützt Bewohner hinsichtlich energetischer Maßnahmen und Modernisie- Kommunale Vorhaben und örtliche Projekte verstehen rungen. Die Gemeinde berät auch bei der Planung von sich als Gemeinschaftsprojekte der Kommune, des Orts- Zisternen. beirats und der Bewohnerschaft. Die vorgestellte Zu- sammenarbeit wirkt überzeugend. Dabei bilden die Auf Wunsch des Ortsbeirats wurde eine gutachterliche Vereine ein wichtiges Glied. Eine enge Verzahnung be- Untersuchung von der Gemeinde finanziert, um insbe- steht zum kommunalen (Kriminal-)Präventionsrat, zu den sondere den Ortskern als neuen Dorfmittelpunkt neu zu Geschichts-, Senioren- und Jugendbeiräten. Diese sind gestalten. Der Auftrag beinhaltet auch eine Flächen- in den vergangenen Jahren gegründet worden. Zu wich- und Gebäudeanalyse und ggf. die Entwicklung neuer tigen Themen finden Bürgerversammlungen statt. Posi- Nutzungskonzepte. Ziel ist es, die innerörtliche Entwick- tive informelle Strukturen und sehr aktive Einzel- lung vorrangig zu behandeln und keinen Leerstand ent- personen bringen die anstehenden Projekte voran; der stehen zu lassen (aktuell ein Leerstand im Ortskern). Der Dorfwettbewerb wirkte inspirierend und sozial integrie- Landkreis unterstützt die Ortskernsanierung. Weitere rend. Seitens der Gemeinde wird in der Förderung des Projekte sind sichere Schulwege/Verbesserung der ver- bürgerschaftlichen Engagements eine Chance gesehen, kehrlichen Situation und das o.g. Generationenprojekt. sowohl die Lebensqualität in allen Orten zu sichern als auch die Zufriedenheit ihrer Bewohner, den sozialen Eine wichtige soziale Einrichtung ist das Hilfesystem Frieden, zu garantieren. KNHH (Kommunales Netzwerk-Humandienste Hofbie- ber), das nach vorausgegangenen Bürgerbefragungen und Bedarfserhebungen ins Leben gerufen wurde und Bürgerschaftliche Aktivitäten und damit unmittelbar auf den demographischen Wandel Selbsthilfeleistungen reagiert. Im mobilen Einsatz werden ältere, kranke und bedürftige Mitbürger versorgt und Nachbarschaftshilfe 19 Vereine und Gruppen prägen das Leben im Ort. Sie organisiert. Hierfür wurden auch Mitarbeiter gezielt aus- bilden mit der Kirche und der politischen Gemeinde den gebildet. Pflege findet zu Hause nach Bedarf statt. Eine sozialen und kulturellen „Kitt“ im Gemeinwesen. Einige

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 129 Hofbieber agieren auch überregional oder sind Dachverbänden an- stellen insbesondere Ortsbeirat und AdÖV vor außer- geschlossen. Hohe stabile Mitgliederzahlen, lange Tra- gewöhnlichen Herausforderungen. Art und Umfang, wie ditionen und Untersparten kennzeichnen viele von dieses angegangen wird, führte zu einer großen Aner- ihnen. Eine Vielfalt von Veranstaltungen und Angeboten kennung durch die Kommission. Als Zukunftsaufgabe ist vorzufinden. Die Beschäftigung mit Brauchtum und sieht sie Kontinuität im Wirken und in der Zusammenar- Historie besitzt dabei einen hohen Stellenwert. Mund- beit auszubauen. Das bedeutet auch, die Kinder und Ju- art- und Liedpflege, thematische Wanderungen, Hei- gendlichen bereits heute zu gewinnen. Ob dieses auch matabende oder die umfangreiche Ortschronik, erstellt weiterhin schwerpunktmäßig über die Vereinsarbeit zu 2003 anlässlich des Ortsjubiläums, seien beispielhaft ge- gewährleisten ist, ist selbstkritisch zu hinterfragen. Ggf. nannt. Dem wirtschaftlichen und touristischen Ausbau sind über den selbstverwalteten Jugendraum hinaus des Ortes widmen sich weitere Vereine. So ist Träger der weitere Rahmenbedingungen oder (Mitwirkungs-)Ange- örtlichen Fremdenverkehrsarbeit der Verkehrsverein. bote erforderlich, um die Identifikation mit dem Wohn- Touristisch engagiert sich auch der mitgliederstarke ort zu fördern und den Weg zum Mitmachen zu ebnen. Rhönclub. Die Förderung der Wirtschaft in der Gesamt- Dem bereits beschrittenen Weg der projektgebundenen gemeinde hat sich der Gewerbeverein zum Ziel gesetzt. Zusammenarbeit mit den Schulen und Kindergärten wird dabei eine besondere Bedeutung gegeben. Neben der Vereinsarbeit im engen Sinne kommen di- verse öffentliche Angebote und Feste dazu. Sie richten sich nach dem (kirchlichen) Jahresablauf oder sprechen die Gäste an (Schwerpunkt 2009 Sternenwanderungen). Integration und soziale Hilfe bieten neben den Vereinen die kirchliche Frauengruppe (kfd) und der Sozialverband VdK. NeubürgerInnen werden über eine Info-Broschüre begrüßt. Um eine bessere Abstimmung untereinander und mit der Kommune zu erzielen, haben sich die Ver- eine zu einem “Arbeitskreis der örtlichen Vereine” (AdÖV) zusammengeschlossen.

Baugestaltung und -entwicklung

Historisch betrachtet ist Hofbieber ein Haufendorf mit einer klar ausgebildeten Dorfmitte. Diese Ortsstruktur ist auch heute noch ablesbar. Im Mittelpunkt steht, weit- hin sichtbar, die prägnante doppeltürmige Katholische Pfarrkirche. Sie wurde um 1900 anstelle eines spätgoti- schen Vorgängerbaus errichtet. Die St. Georgs-Kirche ist ein Wahrzeichen des Ortes. Die Kirche (mit zum Teil noch erhaltener wehrhafter Friedhofsmauer), Pfarrhaus, Schule (Abriss 1999) und Gasthaus bildeten bis zu Be- Das breite und vielseitige Engagement und Wirken der ginn des 20. Jahrhunderts das religiöse und gesell- Gruppen und Vereine wird überdurchschnittlich bewer- schaftliche Zentrum des Ortes. Um sie gruppierten sich tet. Die schwierige Aufgabe, nicht nur die örtlichen Be- (Klein-)Gehöfte und Einzelhäuser. Der großräumige Lin- lange aufzugreifen, sondern gleichzeitig als Kern- denplatz und der Kirchenvorplatz mit Kriegerdenkmal gemeinde die kommunale Gesamtentwicklung und auch des 1. Weltkrieges entstanden erst ab 1920 nach Ge- die touristisch-regionale Stärkung im Blick zu haben, bäudeabträgen.

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Auch heute konzentrieren sich im Ortszentrum in fuß- Das Gesamtbild ist indessen modern, oft auch in Anleh- gängerfreundlichen Entfernungen die meisten wichtigen nung an die historische Formensprache. Durch die An- Gemeinschaftseinrichtungen: In Nachbarschaft zur Kir- häufung unterschiedlicher und auch vereinzelt groß- che finden sich das moderne und architektonisch an- maßstäblicher Neubauten (Schulzentrum, Bürgerhaus, sprechende Bürgerhaus, außerdem die Schule mit neuer Handelsunternehmen u.a.) vermittelt die Ortsmitte dem Schulhalle, Kindergarten/Hort wie auch ein Lebensmit- Besucher eine gewisse Beliebigkeit im Sinne einer ver- telmarkt. Dieser wurde gut in eine vorhandene große loren gegangenen Geschichte. Bis heute nicht zufrie- Scheune integriert und das denkmalgeschützte zugehö- denstellend gelöst ist das großflächige Platzgefüge in rige Wohnhaus mitgenutzt. Die Neubaugebiete folgen der Ortsmitte. dem Talverlauf und erstrecken sich nordöstlich und süd- westlich des Ortskerns.

Die Kommission empfiehlt im Hinblick auf ein harmoni- sches, auch modernes Gesamtbild die 2003 entstan- dene Gestaltungssatzung um ein baulich-räumliches und gestalterisches Leitbild zu ergänzen. Straßenbezogene Aussagen würden insbesondere privaten Bauherrn Ori- entierung anbieten. Dieses sollte auch über den AdÖV verankert werden. Beratungsangebote und ggf. Finan- zierungsanreize wären eine sinnvolle Ergänzung.

Ein Altbau, ehemals Bäckerei mit Café, wurde von der Gemeinde angekauft, um freiere Hand bei der Neuord- nung des Zentrums zu haben. Hier wäre zu überlegen, ob das bauhistorisch nicht herausragende, jedoch orts- bildprägende Gebäude mit vertretbarem Aufwand er- halten und einer neuen Nutzung zugeführt werden Nachdem die alte, kleinteilige Baustruktur dem Zeitgeist könnte. Dieses könnte einen weiteren Identitätsverlust der 60/70-er Jahre folgend für Neubauten und Ver- in diesem Bereich vermeiden. Das schon mit verschie- kehrsflächen weitgehend verschwand, finden sich heute denen Planungsvarianten in Angriff genommene Ge- nur noch relativ wenige Kulturdenkmäler im Ort. Zum samtkonzept für die Ortsmitte sollte ein besonderes Teil baulich verändert, dokumentieren sie die (kleinland-) Augenmerk auf die Unterbringung des ruhenden Ver- wirtschaftliche und soziale Geschichte Hofbiebers. Orts- kehrs legen, der gegenwärtig das Straßenraumbild sehr bildprägend sind sie Zeugen traditionellen Bauens, oft stark dominiert. Nicht besucht wurden der abseits lie- als ehemalige Wohnstallhäuser/Ernhäuser mit zum Teil gende Weihershof und die Weihersmühle und Friedhof. künstlerischen Qualitäten erstellt. Der Gutshof ist als Ensemble denkmalgeschützt.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 131 Hofbieber Grüngestaltung und -entwicklung Landschaft soll durch den schon oben angesprochenen, projektierten Generationenpark mit Spielplätzen für alle Mit der Entfernung von Teilen der alten, kleinteiligen Be- Altersklassen ergänzt werden – hier ist, bei wirklich krea- bauung im Ortszentrum einerseits und der Neubebau- tiver Planung, sicherlich eine Bereicherung des Freirau- ung andererseits entstanden großzügig angelegte mes in Ortsrandnähe zu erwarten. Verkehrs- und Freiräume mit weiten Durchblicken. So vielfältig und ansprechend die Durchgrünung der neue- ren Baugebiete ist, so zurückhaltend ist sie im Ortskern. Dorf in der Landschaft In Teilräumen ist ein hoher Versiegelungsgrad, auch mit Betonsteinen, vorzufinden. Als verbesserungsfähig wird Trotz seiner relativ großen Ausdehnung fügt sich der Ort auch der Schulhof mit seiner insgesamt relativ hohen gut in die hügelige Landschaft ein. Dazu tragen eine re- Versiegelung bewertet. Von einer Begrünung der Fas- lativ intakte Dachlandschaft mit starker Durchgrünung saden wird selten Gebrauch gemacht. Abhilfe könnte ebenso wie umliegende Streuobstwiesen, die über ein Grüngestaltungsplan liefern, der grundstücksbezo- Baumpatenschaften gepflegt werden, bei. Auch der mit gen aufgestellt und abgestimmt werden sollte. Er sollte einer großen Anzahl einheimischer Gewächse be- auch eine Fibel über orts- und standortgerechte Arten pflanzte westlich und auf 400 m Höhe liegende Golfplatz für Garten- und Freiflächen beinhalten. Dieses würde die trägt zu dem harmonischen Bild bei. Dieser wurde auf vorhandenen positiven Ansätze aufwerten und die Ent- dem kargen Boden angelegt. Ebenfalls landschaftsmar- scheidungen bei Neuanlagen erleichtern. kant hebt sich östlich der Ortslage das Europäische Schutzgebiet Fauna-Flora-Habitat „Vorderrhön“ und das Landschaftsschutzgebiet „Hessische Rhön“ als Waldge- biet ab.

Die ehemals inmitten eines ummauerten Kirchhofs ge- legene Pfarrkirche kommt in ihrem heute weiträumigen, begrünten und fast parkartig wirkenden Umfeld gut zur Wirkung. Ein besonders schönes und eigenständiges Element darin ist der aus Basaltsteinen neugestaltete alte Dorfteich „Weeth“. Optisch positiv wirken etliche schöne Großbäume im Zentrum. Alte und neuere Basalt- und Sandsteinmauern bringen das ortstypische Material gut zur Geltung. Für die Pflege der öffentlichen Grün- flächen bestehen Patenschaften.

Als originelle Idee kann die Anlage des „Sinnespfades” unter künstlerischer Beteiligung von Kindern als Zuwe- gung zum Barfuß-Erlebnispfad gewertet werden. Letz- terer stellt ein begrüßenswertes Angebot auch für den Fremdenverkehr dar. Der spielerische Umgang mit der

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Anders das Erscheinungsbild im Nordwesten der Orts- lage. Hier herrschen landwirtschaftliche und am Orts- rand gewerbliche Nutzungen vor. Landschaftsprägende Bepflanzungen gibt es vorwiegend entlang der Straßen. Bei der Bebauung des schon vorhandenen Gewerbege- bietes sollte auf gute Landschaftsverträglichkeit und grünordnerische Verzahnung geachtet werden. Mit der neu geplanten Industriefläche wird erstmals der durch die L 3174 begrenzte nordwestliche Ortsrand über- schritten. Wünschenswert wäre eine hochstämmige nördliche Bepflanzung. Auch der oberhalb des Ortes an der Landstraße gelegene Edeka-Großmarkt fällt relativ stark ins Auge.

Geschichtsträchtige Objekte wie Flurdenkmäler sowie historisch bedeutende Orte in der Umgebung wie das „Küppelchen” mit Kapelle, Kreuzweg und Mariengrotte werden gepflegt und im Bewusstsein gehalten. Dieses gilt auch für mehrere Bildstöcke und Feldkreuze. Alte, verwilderte Ackerterrassen stellen wertvolle Biotope dar. Sehr gut gelegen auch der Grillplatz „Farrod“.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Ortsvorsteher Gerhard Quanz Biebersteiner Weg 19 36145 Hofbieber

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134 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden

Ober-Ofleiden ist ein Dorf mit 1.060 Einwohnern und zweitgrößter Stadtteil von Homberg/Ohm im Vogelsberg- kreis. Seine erste urkundliche Erwähnung liegt um 800. Sie steht vermutlich im Zusammenhang mit der Niederlas- sung des Hl. Bonifatius auf der nahegelegenen Amöneburg. Die naturräumliche Lage in der Ohmaue lässt eine frühere Siedlungsgründung vermuten. Ober-Ofleiden liegt in der Senke des Ohmtals. Geografisch betrachtet be- findet sich der Stadtteil zwischen dem nordwestlich liegenden Amöneburger Becken und dem Nördlichen Vogels- berg-Vorland, wobei letzterer zum Westhessischen Bergland gehört. Der Siedlungskern und heutige alte Ortskern mit Kirche findet sich westlich des süd-nördlich verlaufenden Flusses Ohm. Die einwohnermäßig größeren Neu- baugebiete erstrecken sich nordöstlich hangaufwärts. Sie grenzen unmittelbar an die Bebauung der Stadt Hom- berg. Der Stadtteil bezeichnet sich selbst als Stadt und Land, als Gemeinschaft zwischen Tradition und Moderne, zwischen Villa und Fachwerk. Trotz oder wegen dieser vermeintlichen Gegensätze ist das Motto des Dorfes „Ein Dorf baut Brücken“, womit sowohl die realen Bauwerke über die Ohm für Verkehr und Fußgänger, als auch das Zusammen- wirken der Menschen in Ober-Ofleiden gemeint ist. Ober-Ofleiden hat 2008 erstmalig am Hessischen Dorfwettbe- werb teilgenommen. Eine Anerkennung als Dorferneuerungsschwerpunkt erfolgte 2009.

Allgemeine Entwicklung gemeinschaftshaus, Vereinshäuser, Backhaus, Grill-, Sport-, Bolz- und Spielplätze, ein selbstverwalteter Ju- Ober-Ofleiden ist verkehrsmäßig gut angebunden. In der gendtreff sowie drei gastronomische Betriebe bilden die Nähe befinden sich Bundesstraßen-, Autobahn- und Örtlichkeiten für gemeinschaftliche Aktivitäten. Weiter- Bahnanschlüsse. Den Ort durchquert eine Landesstraße. hin wurden zuletzt einige dezentrale Plätze für nachbar- Die 1901 im ersten Abschnitt eingeweihte Ohmtalbahn schaftliche Treffen geschaffen. Neben der evangelischen wurde 1980 zunächst für den Personenverkehr- und 1993 Kirche bietet ein Gemeindehaus das religiöse Zentrum. für den Güterverkehr geschlossen. Heute finden hier noch Ein Friedhof mit Trauerhalle ist ebenfalls vorhanden. Materialfahrten für das angrenzende Basaltwerk statt. Durch den Stadtteil führen mehrere regionale Radwege. Ober-Ofleiden verfügt mit 22 Betrieben in Handwerk, Industrie und Dienstleistung über eine für die Größe des Ober-Ofleiden ist ein Dorf mit teilweise städtischen Ortes beachtliche Wirtschaftsstruktur. Zusammen mit der Strukturen. Ein Kindergarten und eine Krabbelgruppe Land- und Forstwirtschaft mit insgesamt sechs Haupt- stehen den örtlichen Kindern zur Verfügung. Das Dorf- und Nebenerwerbsbetrieben, sind in Ober-Ofleiden 71

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 135 Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden

Arbeitsplätze vorhanden. Am Rande des Stadtteiles ist entsprechende Vorgaben und Satzungen entbehrlich ein überörtliches Schulungszentrum der AOK angesie- machen würde. Gleichwohl empfiehlt es sich, die Erhal- delt. Im zum Teil in der Gemarkung liegenden Stein- tung der vor allem im alten Ortsteil vorhandenen, noch bruch findet regelmäßig die Stein-Expo, eine Messe weitgehend in traditioneller Bausubstanz erhaltenen über Abbautechnik, statt. Höfe und Gebäude durch eine Gestaltungssatzung oder eine Baufibel zu unterstützen. Die Nachfrage in dem einwohnerstarken Stadtteil an Gü- tern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs hat eine gute private Infrastruktur zur Sicherung der Grundver- sorgung entstehen lassen. Allein drei Supermärkte in einem Einkaufszentrum, verschiedene Handwerksbe- triebe und mehrere gastronomische Betriebe bilden das Gerüst der privaten Angebotsstruktur. Ein Hofladen mit Hausschlachtung und Direktvermarktung und ein attrak- tiver Blumenladen, der gezielt aus der Stadt aufs Dorf umgesiedelt ist, ergänzen regionaltypisch und hoch- wertig das Angebot an Einkaufsmöglichkeiten. Darüber hinaus sichert die Nähe zur Kernstadt die infrastruktu- relle Grundausstattung.

Die Stadt Homberg hat für Ober-Ofleiden ein Leer- standskataster erstellen lassen. Danach stellt in der Der Ortsbeirat Ober-Ofleiden ist das Bindeglied zwi- Selbsteinschätzung des Dorfes der demografische Wan- schen Bürgern und Stadtverwaltung. Er hat keine Ver- del kein großes Problem dar. Die Einwohnerzahl ist in waltungsaufgaben zu erledigen. Die örtlichen Probleme den letzten zehn Jahren „lediglich“ von 1.172 Einwoh- und Planungen werden in den Ortsbeiratssitzungen in nern im Jahr 2000 auf aktuell 1.057 zurückgegangen, Anwesenheit von Bürgermeister oder Magistratsmit- davon sind 50 im Nebenwohnsitz. Um eine weitere bau- gliedern besprochen. Die öffentlichen Sitzungen finden liche Entwicklung zu ermöglichen, ist die Schaffung von unter reger Beteiligung der Bürger statt. ca. 15 zusätzlichen Bauplätzen im westlichen Grüngür- tel und in Abrundung der Ortslage in Diskussion. Bau- plätze in der „Peripherie“ sollen nicht geschaffen Bürgerschaftliche Aktivitäten und werden. Für neue Bauplätze interessieren sich nach ei- Selbsthilfeleistungen genen Angaben im Ortskern 15 Bauwillige. Welche Aus- wirkungen ein Umzug für die innerörtliche Gebäude- Das gesellschaftliche Leben in Ober-Ofleiden wird durch auslastung im Ortskern haben könnte, wurde nicht erör- zahlreiche Veranstaltungen und Feste und ein reges Ver- tert, wie auch nicht auf den möglichen Konflikt mit dem einsleben geprägt. Die Hofreite Nicklas dient als Kulisse Dorferneuerungsprogramm des Landes Hessen. Dieses eines Theaterstückes, das von der ca. 20 Personen um- schließt im Grundsatz eine Neuausweisung von Wohn- fassenden örtlichen Theatergruppe vorgeführt wird. Das bauflächen aus. Die Kommission hat die Neuausweisung aktuelle Stück greift ein Thema der örtlichen Kirchenge- kritisch bewertet. Sie empfiehlt vielmehr eine innerörtli- schichte zur Christianisierung auf. Es wurde von einem che, grundstücksbezogene Freiflächenbewertung. Bürger geschrieben und dreht sich um das Lutherbild Dabei sollten auch grünordnerische Aspekte aufge- von Ober-Ofleiden. nommen werden. Zur kommunalen Entwicklung liegen derzeit die planerischen Grundlagen in Form eines Flä- Rund um verschiedene „Treffpunkte“ in Ober-Ofleiden chennutzungsplanes, eines Bebauungsplanes mit Land- haben sich regelmäßige Feste entwickelt. Hierunter fal- schaftsplan und einer Abrundungssatzung vor. len das Brunnenfest des heimatkundlichen Kreises am Dorfbrunnen und das Eichbaumfest im Neubaugebiet, Nach eigenem Bekunden, ist das Bewusstsein für eine wo sich an einem Sitzplatz unter einer alten Eiche ein regionaltypische Baugestaltung sehr ausgeprägt, was Nachbarschaftsfest entwickelt hat. Nach der Eigeninitia-

136 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden tive Jugendlicher, einen Bauwagen am Ortsrand als Treff- Kontakte zwischen dem altem Dorf und Neubaugebiet punkt auszubauen, gibt es nunmehr auch das Bauwa- wurde ein Fußball-Turnier mit Mannschaften aus den genfest der Bauwagenfreunde, die dabei den Apfelsaft Ortsteilen organisiert. und Apfelwein aus selbst gekelterten Äpfeln der örtli- chen Streuobstwiesen nutzen. Das Maifeuer in Ober- Ofleiden wird traditionell entfacht. Erstmals im Rahmen der Vorbereitung des Wettwerbes „Unser Dorf hat Zu- kunft“ fand ein Neujahrsfest statt. Dorfabende und Seniorennachmittage werden vom Ortsbeirat mit Unter- stützung der acht Vereine und Gruppen organisiert.

Der Landfrauen- und Hausfrauenverein, die Burschen- und Mädchenschaft, der Heimatliche Kreis oder die evangelische Jugend bieten Möglichkeiten, sich im Dorf zu treffen. Seit 2009 ergänzt ein Kinderchor die beiden Erwachsenen-Chöre und die Flötengruppe. Jung und alt engagieren sich gemeinsam in den neuerdings zwei Gärten spielen nicht nur im Ortsbild eine besondere Backhausgruppen. Nicht nur sportliche Freizeitangebote Rolle, sie sind auch Thema für verschiedene Aktionen. stellen die Freiwillige Feuerwehr, der Sport- und Frei- Im Kindergarten wurde eine Kräuterspirale für die Klei- zeitclub, der Sportverein und die „Garagenjungs“, eine nen angelegt und die Vielzahl interessanter und gut ge- Gruppe männlicher und weiblicher Bürger, die sich dem pflegter Bauerngärten wurde im Rahmen eines Motorradsport widmen. Der SV 1959 Ober-Ofleiden ist Wettbewerbes des Heimatkundlichen Arbeitskreises mit mit mehreren Abteilungen und Sparten nicht nur mit- dem „Ober-Ofleidener Gartenpreis“ ausgezeichnet. glieder-, sondern auch leistungsstark. Alle Vereine be- Diese Bauerngärten lockten u.a. im Rahmen der Hessi- teiligen sich an Aktionen wie „Saubere Landschaft“ oder schen Zentralveranstaltung „Tag der Offenen Garten- die Schaffung von Sitzmöglichkeiten im Dorf, wie zum pforte“ auch Gartenfreunde aus anderen Regionen nach Beispiel die Herrichtung des Eichbaumplatzes. So wur- Ober-Ofleiden. den in Eigeninitiative mehrere kleine Platzbereiche wie die zwei Brunnenplätze angelegt. Die Kommission sieht die große Herausforderung für den Ortsbeirat und die Vereine, die eigene dörfliche Identität zu pflegen und fortwährend neu zu generieren. Erschwerend schätzt sie hierbei die räumliche Distanz zwischen den Siedlungsbereichen und die Nähe zur Kernstadt ein. Vor diesem Hintergrund hat die Jury den eingeschlagenen Weg, soziale Nähe auch über Nach- barschaften auszubauen, besonders positiv bewertet.

Baugestaltung und -entwicklung

Die Baugestaltung von Ober-Ofleiden als Gesamtheit betrachtet, ist unterschiedlich und vielfältig. Dieses ist insbesondere der regen Siedlungsentwicklung der ver- gangenen fünf Jahrzehnte östlich der Ohm geschuldet. Gemäß dem Motto von Ober-Ofleiden „Brücken schaf- Im Umfeld der Kirche, deren Kernsubstanz auf das 13. fen“ legt der örtliche Sportverein ein besonderes Au- Jahrhundert zurück geht, zeigt sich ein gut erhaltener genmerk auf die Integration ausländischer Kinder. Die und städtebaulich weitgehend intakter Ortskern. Seine Dorfgemeinschaft zeigt sich aufgeschlossen gegenüber Ursprungsbebauung erstreckt sich südlich der Kirche auf Neubürgern aller Nationalitäten. Zur Verbesserung der unregelmäßigem Grundriss. Neben Einhäusern finden

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 137 Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden sich zwei- und dreiseitige Hofanlagen. Diese, zum Teil großen Wirtschaftsgebäude zu erstellen, da diese kurz- sehr großen Anwesen sind zumeist in zeitgemäßer Fach- oder mittelfristig untergenutzt sein dürften. werkrähm- und in Mischbauweise mit massiven Erdge- schoss gebaut. Mehrere Gebäude weisen Schmuck- Am Rande des alten Ortsteils stehen das baulich und elemente auf. Unter Beibehaltung der traditionellen gestalterisch ansprechende Dorfgemeinschaftshaus Baumaterialien und Formensprache schließt sich daran (ehemalige Schule) aus den 60er Jahren und die später die ortsbildprägende „jüngere“ Bebauung aus dem spä- angebaute Kindertagesstätte. Sie könnten durch eine ten 18. und 19 Jahrhundert entlang der heutigen Durch- Gebäudebegrünung und verbesserte Umfeldgestal- gangsstraße und Brunnenstraße an. Einige wenige tung noch weiter aufgewertet werden. Kindergarten Hofanlagen liegen dabei straßenbegleitend östlich der und Trauerhalle sind gestalterisch schlichte Funktions- Ohm. Als dorftypische Materialien finden sich Holz, bauten. Sie fügen sich unauffällig in die Ortsbebauung Ziegel, Sandstein und Schiefer sowie Basalt im Freiraum. ein. In der Dacheindeckung dominiert (noch) die rote Ton- ziegel. Als Wetterschutz finden sich Holzschindel und Naturschiefer. Nachahmenswert ist die Beschilderung der meisten Häuser im alten Ortskern mit den Dorf- namen seiner (früheren) Besitzer.

Insgesamt wirkt der alte Ortskern trotz einiger, u.a. stra- ßenausbaubedingter Abbrüche, sehr harmonisch. Hierzu tragen zum einen die Ausbildung markanter (Straßen-) Raumkanten durch imposante Einzelgebäude oder Bäume (Linden und Eichen) bei. Zum anderen sind es die gut gepflegten Gebäude, deren Fachwerk behutsam und handwerklich gerecht freigelegt und renoviert wurde. Zwei historische Brunnen und das alte, ebenfalls sanierte Backhaus sind noch funktionierende Zeugen vergangenen Dorflebens und dörflicher Sozial- und Wirt- Die Bebauung aus dem 20. und 21. Jahrhundert auf der schaftsstrukturen. Hierzu zählen auch das imposante anderen Ohmseite wirkt gegenüber der Altbebauung Mühlenanwesen im Ort sowie die „Alte Schule“ von gestalterisch heterogener und ist, soweit gesehen, ohne 1781 und die kleine Dreschhalle, beide beispielhaft pri- bauliche Besonderheiten. Ein kleines Gewerbegebiet vat saniert bzw. renoviert und genutzt. Unter Einbezie- zwischen dem alten und neuen Ortsteil verstärkt die hung modernster Heizungstechnik, u.a. mit regenera- trennende Wirkung der Ohm, auch wenn die vorhande- tiven Energien und optimaler Wärmedämmung wird zur- nen Verkehrs- und Fußgängerbrücken „Verbindungen“ zeit ein weiteres Gebäude umgebaut. In der Mühle wird schaffen. Für Besucher erweckt es so den Anschein von bereits über Wasserkraft Strom erzeugt. zwei Dörfern unter einem Namen.

Die Kirche in Ober-Ofleiden ist der älteste Kirchen- Die dreibogige Ohmbrücke von 1890 wurde im Ober- standort in Hessen. Durch den aktiven Förderverein der aufbau erneuert und verbreitert sowie im Bestand Kirche konnte u.a. bisher die Dachkonstruktion erneuert saniert. Hierdurch ist dem Ort eine „gesichtslose“ Be- werden. Zu den überregionalen Besonderheiten der Kir- tonbrücke erspart geblieben. Einschränkend ist festzu- che gehört zweifelsohne das Kirchenbild „Luther mit stellen, dass sich der positive Eindruck vor allem durch Schwan“. Aus den oben genannten Aspekten wird der die Seitenansichten erschließt und weniger bei der enge Ortskern als Gesamtanlage nach dem Hessischen Überquerung. Mit Hinweis auf das alte Geländer war die Denkmalschutzgesetzt bewertet. Er beinhaltet eine historische Brücke bis zu ihrem Ausbau in die Liste der Reihe von Einzeldenkmälern, einige auch im weiteren Kulturdenkmaler aufgenommen. Ortskern. Die Kommission empfiehlt im Rahmen der Dorferneuerung mit den Eigentümern und in enger Zu- Der Fußgängersteg über die Ohm wurde in Holzbau- sammenarbeit mit der Stadt Nutzungskonzepte für die weise ausgeführt. Diese von der Bevölkerung gern ge-

138 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden nutzte Überquerung der Ohm könnte an den Übergän- Im neuen Ortsteil ist die Grüngestaltung insbesondere in gen zum Land optisch aufgewertet werden und durch Privatgärten durch die weit verbreitete Gartenkultur der eine entsprechende Eingrünung das Straßenbild opti- Thujas und Rasenflächen geprägt. Bemerkenswert sind mieren. die Eingrünung der Parkstreifen mit noch jungen Bäu- men und Rosengewächsen. Hier wurde der Grundstock für eine spätere Ortsbild betonende Durchgrünung ge- Grüngestaltung und -entwicklung legt.

Das Ortsbild von Ober-Ofleiden zeichnet sich durch eine starke Durchgrünung und zahlreiche ortsbildprägende Dorf in der Landschaft Bäume aus. Ausladende Linden und Eichen beschatten Plätze, fassen optisch z.B. das Ehrenmal vor der Kirche Ober-Ofleiden ist umgeben von einer attraktiven Mit- oder begrünen den Friedhof. Dabei werden im alten telgebirgslandschaft. Nordwestlich des alten Ortskerns Ortskern die öffentlichen Bäume durch private Anpflan- erstreckt sich entlang der Ohm das Landschaftsschutz- zungen in Höfen und Gärten, oftmals auch mit einhei- gebiet „Auenverbund-Lahn-Dill“. Die Aue der Ohm mischen Gehölzen, ergänzt. Zusammen mit dem meist prägt die umgebende Landschaft und ist weitgehend noch vorhandenen traditionellen Pflaster mit Fugenbil- traditionell als Grünland genutzt. Der mäandrierende dung zeigt sich ein durchgrüntes und harmonisches und außerhalb der Ortschaft wenig verbaute Fluss ist Ortsbild. Die herausragenden Bauerngärten mit ihren ty- u.a. Lebensraum für den Eisvogel, was ein Indiz für einen pischen Stauden und Nutzpflanzen, die offensichtlich weitgehend intakten Flusslauf ist. keine Vorzeigefunktion haben, sondern „lebendig“ ge- nutzt werden und die mehr oder weniger hohen Trok- Insbesondere am Rande des alten Ortsbereiches ist die kenmauern machen Ober-Ofleiden zu recht zu einem Verzahnung des Ortsrandes mit den umgebenden Vieh- Ausflugsziel für Gartenfreunde. weiden sehr eng. Die Weideflächen schließen sich oft nahtlos an die Gartenflächen an. Neben der Viehhaltung sind es die Obstgärten, die den Übergang zwischen Dorf und Landschaft bilden. Seit 2009 gibt es ein spe- zielles Programm in Ofleiden, was die Neupflanzung und Pflege der Streuobstwiesen fördert. Durch einen Baum- schnittlehrgang wurde das Wissen um die Pflege der Obstbäume verbessert. Die örtliche Burschenschaft be- treut einen Teil der Obstbäume. Sie erntet und keltert das geerntete Obst.

Die sanierten Brunnen bilden heute nicht nur einen An- laufpunkt für jung und alt. Einer der Brunnen ist auch ein ökologisches Kleinod mit dem Vorkommen des sehr sel- tenen Hirschzungenfarns. Die „grüne“ Badestelle an der Ohm wird durch die Ofleidener Bürger genutzt. Der Be- reich stellt damit ein vorbildliches Miteinander von Nut- zung und Erhaltung der Auenlandschaft.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 139 Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden

Ein Lehrpfad informiert mit Infotafeln und Musteranla- gen, wie einem Insektenhotel über praktische Natur- schutzmaßnahmen. Durch Nisthilfen für Fledermäuse und Steinkauz wird gezielt die Tierwelt gefördert. Die Fledermäuse haben im örtlichen Kirchturm einen Le- bensraum gefunden, wobei sie die Aue und das Umfeld des Dorfes als Jagdgebiet nutzen.

Hervorzuheben ist die Allee am hohen Berg mit einem alten Bestand an erhaltenswerten Esskastanien. Der Ortsrand des neueren Ortsteils wurde durch Hecken teil- weise eingegrünt. Diese Bemühungen sind ein guter An- fang und sollten weiter verstärkt werden.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Ortsvorsteher Hans Knauf Brunnenstraße 12 35315 Homberg/Ohm - Ober-Ofleiden

140 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Homberg/Ohm-Ober-Ofleiden

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 141 Wetter-Oberrosphe

Das am Rande des Burgwaldes; des größten hessischen zusammenhängenden Waldgebietes gelegene Dorf im Land- kreis Marburg-Biedenkopf, blickt auf eine mehr als 1200-jährige Geschichte zurück. Mit zurzeit 827 Einwohnern ist die Einwohnerzahl stabil. Auswirkungen des auch in dieser Region prognostizierten demografisch bedingten Be- völkerungsrückganges sind noch nicht zu verzeichnen. Der Stadtteil von Wetter hat von 1977–1983 mehrfach am Wettbewerb teilgenommen und 1983 eine Goldmedaille im Bundesentscheid errungen. Erstmalig 2008 wieder dabei, wurde das Dorf Sieger im regionalen Wettstreit. Ober- rosphe präsentiert sich unter www.oberrosphe.de im Internet. Das örtliche Motto: „Oberrosphe – ein Dorf im Auf- bruch“ steht glaubwürdig auch für die vergangenen Jahrzehnte.

Allgemeine Entwicklung der dortige Bebauungsplan noch (teilweise schon er- schlossene) Entwicklungsflächen ausweist, hat die Dorf- Die aktuellen dörflichen Aktivitäten bezeugen eine leben- gemeinschaft erkannt, dass aufgrund des aus der dige, aktive und vorausschauende Dorfgemeinschaft. demografischen Entwicklung resultierenden Nachfrage- Diese befasst sich auch mit der Nutzung regenerativer rückganges nach neuen Bauflächen, die Innenentwicklung Energieträger und den Auswirkungen des zu erwartenden mit der Nutzung von vorhandenen Baulücken und dem demografischen Wandels. Das Verhältnis von Bürgerinnen Erhalt potentiell leerfallender Altbausubstanz in den Fokus und Bürgern untereinander und die Zusammenarbeit zwi- rücken muss. Ein örtlich initiiertes Leerstandskataster weist schen Bevölkerung und Ortsbeirat werden als beispielhaft aktuell nur geringen Gebäudeleerstand aus. Die Kom- bezeichnet. mune gewährt mit einem Förderprogramm bauwilligen jungen Familien einen finanziellen Anreiz beim Erwerb Oberrosphe verfügt, geschichtlich begründet, über eine kommunaler Bauplätze. Trotz stabiler Einwohnerzahlen Gesamtanlage und weist diverse Einzeldenkmäler aus. Die sollte die thematisierte demografische Entwicklung im Siedlungsentwicklung der letzten Jahrzehnte gründet sich Fokus bleiben. Die bereits initiierte Erhebung der Leer- auf Darstellungen eines genehmigten Flächennutzungs- standssituation, Sozial- und Nutzungsstruktur sollte fort- planes und Festsetzungen zweier Bebauungspläne. Ein geführt und die Ergebnisse im Dorf unter Einbindung der Landschaftsplan ist in Aufstellung. Die offensichtlichste Stadt Wetter erörtert werden. Bauentwicklung des sich über weite Bereiche als Straßen- dorf präsentierenden alten Ortes hat sich in den letzten Die Mitarbeit in der Entwicklungsregion „Burgwald – Eder- Jahren am südwestlichen Ortsrand konzentriert. Obwohl bergland“ hat die Durchführung diverser Veranstaltungen,

142 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Wetter-Oberrosphe u. a. des „Kulturherbstes Burgwald“, des Herbstmarktes enden Kaffee und Kuchen, einen speziellen Senioren- mit dem Tag der Regionen und die Präsentation bei der kaffee 40+ sowie Angebote von Selbstvermarktern und Burgwaldmesse ausgelöst. auch den Rahmen für die Aktivitäten der Vereine mit Sport, Gesang, Tanz und Brauchtumspflege. Traditionen Das Angebot des öffentlichen Personen-Nahverkehrs zur und Brauchtum werden so rege gepflegt. Kernstadt, den weiterführenden Schulen und zum Zen- trum Marburg wird als zufrieden stellend bewertet. An öffentlich bereitgestellter Infrastruktur gibt es u.a. ein Dorfgemeinschaftshaus, die aktuell durch eine Eltern- initiative gerettete Grundschule und den eingruppigen Kindergarten. Dieser arbeitet mit der Schule beispiel- gebend zusammen, z. B. bei der Organisation der Mit- tagsversorgung. Zur Unterstützung der Unterhaltung und Sanierung der ortsbildprägenden Kirche mit ihrem einzigartigen Fachwerkaufbau und ihrer wertvollen Kan- zel hat sich ein Förderverein gebildet.

Die günstige naturräumliche Lage am Rande des Burg- waldes mit interessanten Wander- und Radwegen bie- tet ein ausbaufähiges Potential für sanften Tourismus. Es bestehen deshalb Ansätze, das noch geringe Angebot Im ehemaligen Wiegehäuschen (Viehwaage) wurde eine an Ferienwohnungen und örtlicher Gastronomie, gege- (Tausch-)Bücherei, auch mit Vorleseangeboten, einge- benenfalls mit Mitteln der Regionalförderung zu erwei- richtet. Der Dorf- und Getränkeladen sichert auch über tern. Bei der Präsentation wurde deutlich, dass im einen Bringdienst die Nahversorgung mit Waren des Bereich von Land- und Forstwirtschaft, Handwerk und täglichen Bedarfs. Dienstleistung eine ansehnliche Zahl von Arbeitsplätzen im Dorf vorhanden sind.

Da überdurchschnittliches Entwicklungspotential für den Ausbau des touristischen Angebotes vorliegt, sollten die Bemühungen fortgesetzt und forciert werden. Dabei sind nicht nur weitere engagierte „MitstreiterInnen“ zu suchen sondern auch ökonomische Aspekte bei den eh- renamtlich realisierten Angeboten sollten aufgenommen werden. Unterstützung bei Konzeption und ggf. Finan- zierung bietet u.a. die Landkreisverwaltung

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen Herausragendes Projekt der örtlichen Gemeinschaft Mit 19 Vereinen und Interessengruppen weist Ober- stellt das im Herbst 2008 in Betrieb genommene zen- rosphe ein vielfältiges und reges Vereinsleben auf. Vom trale mit Holzhackschnitzel befeuerte Heizkraftwerk mit Heimat- und Verschönerungsverein wird im „Alten Forst- dem zugehörigen Nahwärmenetz dar. Aktuell sind mehr hof“ das weit über die Grenzen des Dorfes bekannte als 120 Haushalte sowie öffentliche Gebäude an dem und mit wechselnden thematischen Schwerpunkten an genossenschaftlich organisierten Unternehmen (117 Ge- die Öffentlichkeit tretende Dorfmuseum, einschließlich nossen) angeschlossen und werden mit Nahwärme ver- der Außenanlagen mit Bauerngarten etc. betreut. Das sorgt. Land und Landkreis haben das Pilotprojekt Dorfmuseum bietet auch auf Anfrage und an Wochen- finanziell unterstützt. Ein weiterer Ausbau zu einer Kraft-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 143 Wetter-Oberrosphe

Wärme-Kopplung ist zeitnah geplant. Das Projekt hat verbundenen Straßenraumgestaltungen genutzt. Das In- Oberrosphe als „Bioenergiedorf“ (www.bioenergiedorf- teresse aller Altersgruppen am Wettbewerb, an dessen oberrosphe.de) gemacht und ist am Rande des holzrei- Vorbereitung und an der Präsentation des Ortes vermit- chen Burgwaldes auch ein vorbildliches Beispiel des telt ein authentisches Bild von der Verbundenheit der Aufbaues und der Entwicklung eigener Wertschöp- Bewohner mit ihrem Lebensumfeld. Die herausragende fungsketten. Die Weiterentwicklung bzw. der Ausbau Qualität des Oberrospher Dorflebens dürfte dabei aus des Heizwerkes zu einer BHKW-Lösung ist in Planung dem überdurchschnittlichen Engagement von (zahlrei- und sollte mit noch breiterer personeller tatkräftiger Un- chen) Einzelpersonen gespeist werden. Dieses führte terstützung realisiert werden. Dieses wäre der in diesem neben den beschriebenen Leuchtturmprojekten Mu- Raum bedeutsamen Pilotfunktion angemessen und seum „Alter Forsthof“ und „Bioenergiedorf“ zu einer würde auch eine Entlastung der derzeitigen Verantwort- breiten Verzahnung mit vielfältigen innerörtlichen sozia- lichen ermöglichen. len, wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten. Die Identifikation der Bewohner mit dem Leitgedanken „Oberrosphe – ein Dorf im Aufbruch“ wird dadurch spürbar und überzeugend. Diesen Weg weiter zu gehen und dabei auch die nachfolgende Generation mitzu- nehmen ist die Herausforderung für die Zukunft.

Baugestaltung und -entwicklung

Der Dorfmittelpunkt mit dem Dorfgemeinschafts- und Feuerwehrhaus (altes Bürgerhaus), der Dorfbrücke, dem Bücherhäuschen, den ortsbildprägenden Bäumen, den Mauern- und Natursteinpflasterflächen und der Ge- schichtstafel verbindet Denkmalschutzziele und Funk- tionalität gelungen und vorbildlich. Architektur mit modernen Komponenten, regionale Baustoffe (Sand- In Vorbereitung der Wettbewerbsteilnahme hat der Ort stein, Ziegel, Holz), eine behutsame Freiraummöblie- mit sechs Bewohnergruppen jeweils eine Selbstbewer- rung und -gestaltung sowie ortstypische Bepflanzung tung des dörflichen Engagementspotentials vorgenom- und Grüngestaltung fördern die hohe Aufenthaltsquali- men. Ziel war es, über die Stärken-/Schwächenanalyse tät der angrenzenden Gebäude und Freiflächen. die innerörtlichen Handlungserfordernisse zu erkennen und gegebenenfalls neu auszurichten.

Die stetigen Aktivitäten, Oberrosphe lebens- und lie- benswert und einzigartig zu gestalten, spiegeln sich nicht nur in den gegenwärtigen Projekten wieder, son- dern werden auch in den Zukunftsideen des Aufbaues eines Skulpturenweges, eines Lehr- und Sinnesparkes, dem Wiederaufbau der kleinen Schutzhütte auf der „Stirnhelle“, der ortsbildverträglichen Gestaltung der Fest- und Freifläche nahe der Ortsmitte und des natur- nahe geplanten Erhalts des Bachlaufes deutlich. Der Blick der Bürger für denkmalpflegerische Belange Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an kommu- und den Erhalt des Ortsbildes wird aber auch bei dem nalen Entscheidungen ist groß. Aktuell wurden die Mit- liebevoll sanierten „Alten Forsthof“, dem Interesse an wirkungsmöglichkeiten bei den laufenden Planungen der Sanierung der Kirche und deren Außenbereich (Plat- des innerörtlichen Kreisstraßenausbaues und den damit tenweg, Umfassungsmauer, Baumbewuchs) durch Grün-

144 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Wetter-Oberrosphe dung des Förderkreises und an vielfältigen sonstigen findet, sind in einigen privaten Bereichen noch weitere ortsbildgestaltenden Aktivitäten deutlich. Beispielhaft Verbesserungen und Ergänzungen wünschenswert. seien noch die Gestaltung der Brunnen „Federborn“ und „Müllersborn“, die Sanierung und Nutzung des Gleichwohl zeigen eine erhebliche Anzahl von Privat- Backhauses und die vorbildlichen Hinweistafeln an den grundstücken mit Hofbäumen, gut gestalteten Innen- öffentlichen Gebäuden genannt. höfen, Blumen- und Staudenbeeten, ortstypischen (metallischen ) Einfriedigungen und lebenden Hecken In dieser Gesamtbetrachtung stellen sich Baugestaltung einen vorbildlichen Charakter und ein großes Interesse und -entwicklung im privaten Bereich eher durch- für eine dorfgerechte Durchgrünung und Gestaltung. schnittlich dar. Vor dem Hintergrund, dass hierzu pro- Die positiven Beispiele „werbend“ im Dorf einsetzen fessionelle Beratung und finanzielle Unterstützung einen und eine fachliche, ggf. von Ortsbewohnern getragene wertvollen Anreiz zum Erhalt, zur Sanierung und gege- Beratung könnten zu einer Sicherung und Abrundungen benenfalls Umnutzung privater alter Bausubstanz liefern führen. Beachtenswert sind die zahlreichen kleinräumi- könnten, ist die Enttäuschung der Dorfgemeinschaft gen Flächen und Mauern, die eine Spontanvegetation über die bisher vergeblichen Bemühungen zur Auf- (noch) ermöglichen. Allerdings waren auch erforderliche nahme in das Dorferneuerungsprogramm nachvollzieh- Sanierungsarbeiten, z.B. an der Kirchmauer erkennbar. bar. Gleichwohl existieren auch im privaten Bereich eine Reihe gelungener Altbausanierungen. So wurde u.a. Der dringende Wunsch der Ortsgemeinschaft auf eine dem Hof „Gerds“ eine Auszeichnung mit dem Denk- optische Aufwertung und funktionale Gestaltung der malschutzpreis zuerkannt. Besonderes Augenmerk großen Fest- und Parkplatzfläche in der Innerortslage könnte den sichtexponierten, hanglagigen Gebäuden zwischen Bücherhäuschen und Dorfmuseum und unter zukommen. Fassadengliederungen, angepasste Materi- Einbindung des angrenzenden Gewässers, verdient alwahl könnten bei anstehenden Renovierungen verein- ebenfalls konzeptionelle und finanzielle Unterstützung, zelt zu einer harmonischeren Einbindung führen. Auch da es sich bei dieser Fläche um eine wichtige Komplet- gezielte Bepflanzungen wären denkbar. tierung der innerörtlichen Freiraumgestaltung handelt. Auch bei dieser Baumaßnahme gilt der Grundsatz, dass weniger bei Materialwahl und Farbgestaltung in der Regel ein mehr an Wirkung erzeugt.

Dorf in der Landschaft

Am nördlichen bzw. östlichen Ortsrand besteht ein un- mittelbarer Übergang der Ortsbebauung zum Wald. Die fingerartig nach Süden ausgedehnten älteren Sied- lungsflächen stellen sich talseitig fast ohne jegliche Orts- randeingrünung dar. Auch der südwestliche Ortsrand mit dem exponierten Reiterhof, dem anschließenden Neubaugebiet und dem Heizwerk sollten aus ökologi- schen und landschaftsästhetischen Gründen zur charak- teristischen Gestaltung des Überganges zwischen Grüngestaltung und -entwicklung Bebauung und freier Landschaft grünordnerisch aufge- wertet werden. In den übrigen Bereichen, insbesondere Die Kommission nahm eine insgesamt harmonische nördlich der Ortslage im Auenbereich der „Rosphe“, fin- Grüngestaltung des Dorfes wahr. Während im öffentli- det sich ein reich strukturierter Ortsrand mit Streuobst- chen Bereich ein hohes Bewusstsein für Grüngestaltung wiesen, Wäldchen, extensiven Grünlandflächen mit und Baumartenwahl sichtbar wird und besonderen Aus- Nassstaudenfluren, Amphibientümpel und -teichen. Die druck am Dorfgemeinschaftshaus/Feuerwehrgeräte- Pflege ortsnaher Biotope erfolgt unter Mitwirkung von haus, am Museum „Alter Forsthof“ und an der Kirche Nabu-Mitgliedern.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 145 Wetter-Oberrosphe

Im (fiskalischen) Burgwald innerhalb der weit hineinrei- chenden Gemarkungsgrenze von Oberrosphe sind eine Vielzahl verschiedener ineinander greifender Lebens- räume mit einem überregional bedeutsamen Arten- spektrum anzutreffen. Besonders wertvolle Landschafts- teile (z. B. die „Franzosenwiesen“) sind als Naturschutz- gebiete mit höchstem Schutzstatus versehen. Das Ne- beneinander von naturnahen Buchenwäldern, heidel- beerreichen Kiefernforsten, Mooren, naturnahen Tei- chen und Quellbächen, mageren Sandböden und den angrenzenden bzw. eingesprengten Agrarlandschaften, stellt ein kostbares Kleinod innerhalb der hessischen Landschaften dar und birgt ein hohes Potential für naturnahe Erholung und sanften Tourismus.

Die Bewertungskommission, August 2009

Ansprechpartner

Ortsvorsteher Hans Busch Hofestr. 9 35083 Wetter-Oberrosphe

146 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Wetter-Oberrosphe

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 147 Willingshausen-Zella

Willingshausen-Zella liegt im südlichen Landkreis Schwalm-Eder in der Auenlandschaft gebildet durch Schwalm, An- treff und Grenf. Der Ort wurde im Jahr 1224 erstmals urkundlich erwähnt. Der Ortsname soll zurückgehen auf das lateinische „cella“. Dieses bezeichnet eine Mönchszelle oder auch kleine (Mönchs-)Ansiedlung. Im dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf vollkommen zerstört und erst Jahre später um 1658 wieder aufgebaut. Einen wirtschaftlichen Aufschwung verzeichnet Zella in Folge der Bahnstreckeneröffnung Treysa-Hersfeld 1907 (Knüllwaldbahn). Die Strecke wurde in den 70er Jahren wieder stillgelegt und wird in Teilen heute radtouristisch genutzt. Aktuell zählt der Ort 512 Einwohner. Willingshausen gehört zur Kulturlandschaft der „Schwalm“. Die Region vermarktet sich touristisch als „Rotkäpp- chenland“. Die Kulturgeschichte der Schwalm steht seit dem 19. Jahrhundert im Blickpunkt der volkskundlichen For- schung. In Willingshausen gründete sich die älteste Künstlerkolonie Europas. Die Gemeinde beteiligt sich in langer Tradition mit jeweils mehreren Ortsteilen am Hessischen Dorfwettbewerb. Zella hat im Jahr 2005 erstmalig teilgenommen. Das Motto des Dorfes leitet sich aus dem Ortsnamen ab und lautet „Zusammenhalt, Einigkeit, Liebe, Lieder, Außergewöhnlich”. Der im Aufbau befindlichen Internetseite www.zella-in- der-schwalm.de ist bereits einiges über den Ort zu entnehmen.

Allgemeine Entwicklung frühzeitig zur Diskussion und Abstimmung gestellt. Bei- spiele hierfür sind die Planung und Realisierung eines Die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem neuen Dorfgemeinschaftshauses sowie die Festlegung Ortsbeirat ist eng und vertrauensvoll. Aus Zella sind seiner Trägerschaft, die Maßnahmen zur Kanalnetzer- eine Beigeordnete im Gemeindevorstand sowie zwei neuerung oder die Neuregelung der Friedhofssatzung Bürger im Parlament vertreten. Der Ortsbeirat besteht mit Ausweitung der Bestattungsformen. Hierzu werden aus fünf Mitgliedern. Von großer Bedeutung ist das in- Bürgerversammlungen einberufen, örtliche Befragun- formelle Netzwerk der Zusammenarbeit. Ein wichtiges gen und Einzelgespräche geführt. Die Kommission er- Bindeglied zwischen den Bürgern, Ortsbeirat und der lebte eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und eine Kommune ist dabei der „Verbund Zeller Vereine“ (VZV). hohe innerörtliche Bereitschaft, Verantwortung mit zu Dieser wurde 2003 gegründet. Er gestaltet maßgeblich übernehmen. Deutlich wird diese vorbildhafte Koope- die innerörtliche Entwicklung mit und ermöglicht die er- ration insbesondere bei den vertraglich geregelten forderliche Transparenz bei Projektplanungen und -um- Betreiberkonzepten für die alte Schule und dem Dorf- setzungen. Wichtige öffentliche Vorhaben werden gemeinschaftshaus (DGH).

148 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Willingshausen-Zella

Willingshausen und Zella sind nicht nur über die Vereine erfasst und behoben. Es gibt eine Abwassersatzung und regional orientiert. Sie sind auch Mitglied in der Touristi- eine Straßenbeitragssatzung. Darüber hinaus existiert schen Arbeitsgemeinschaft „Rotkäppchenland Schwalm- eine fortgeschriebene Friedhofssatzung von 2008. Die Knüll“ und im Regionalforum „Schwalm-Aue“ e.V. Das Gemeinde Willingshausen trägt den kreiseigenen Titel Forum erhält eine Förderunterstützung von 2007 bis Solargemeinde 2007. In Zella selbst finden sich Anlagen 2013 durch das Europäische Leader Programm. Maß- regenerativer Energienutzung. Diese sind jedoch aus- nahmen nach dem Stadtumbauprogramm des Bundes schließlich in Privathand. Die vorgestellte CO 2-Bilan- „Schwalm-Eder-West“ sind geplant. zierung weist u.a. vier Blockheizkraftwerke, einige Photovoltaik- und mehrere Solaranlagen auf. Sie werden Die Einwohnerzahl ist seit 1970 stabil und seit 2000 energetisch ergänzt um eine Pellet-, fünf Feststoffbrenn- leicht steigend bei einer etwas überdurchschnittlichen und vier Wärmepumpen-Anlagen. Im Ausbau befindet Geburtsrate. 1950 wohnten ca. 100 Einwohner mehr im sich die Wasserkraftnutzung auf der ehemaligen Mühle. Dorf. Bei dem gleichzeitigen etwas überdurchschnittli- Die Kommission empfiehlt die Erstellung einer Gesamt- chen Anteil älterer Personen lässt dieser Anstieg die Be- konzeption zur systematischen und effektiven Nutzung wohner zuversichtlich in Richtung Zukunft blicken. regenerativer Energien und zum schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Diese könnte mit Bauleitplanungen sind umfassend vorhanden. So wurden grundstücksbezogenen Potentialangaben und Förder- der Landschaftsplan 2003 und der neu aufgestellte Flä- hinweisen an jeden Haushalt verteilt werden. chennutzungsplan 1991 genehmigt. Die Ortslage wird durch mehrere Bebauungspläne abgedeckt. Am alten Bahnhof wurde ein Gewerbe- und Sondergebiet ausge- wiesen. Das letzte größere 1994 erschlossene Baugebiet erstreckt sich in südwestlicher Richtung und verfügt noch über zwei freie Grundstücke. Die Siedlungsentwicklung entspricht den vorliegenden Planungen. Empfohlen wird bei einer Neuaufstellung des Flächennutzungsplans die Landschaftsplanung zu integrieren.

Unter Beachtung der zu erwartenden demografischen Entwicklungen sind keine weiteren Siedlungsflächen vor- gesehen. Bei weiterer Nachfrage sollen Baulücken im In- nenbereich genutzt werden. Die Kommission empfiehlt ein fachlich abgestimmtes Baulückenkataster, welches die Wertigkeit der innerörtlichen Freiflächen angemes- An öffentlicher sozialer, kultureller und wirtschaftlicher sen berücksichtigt. Ein EDV-gestütztes Leerstandskata- Grundausstattung bietet Zella im Verhältnis zur Einwoh- ster ist auf Initiative des Landkreises in Bearbeitung. Die nerzahl eine gute Ausstattung: Sportplatz, zwei Spiel- ersten Ergebnisse weisen einige wenige leerstehende plätze, Feuerwehrhaus, Friedhof mit Trauerhalle, und untergenutzte (Wohn-) Gebäude innerhalb der Festplatz, Grillhütte und ein neues und altes Dorfge- denkmalgeschützten Gesamtanlage auf. Auch diese Be- meinschaftshaus. Letzteres ist die alte Schule. Sie wird standsaufnahme sollte für den Gesamtort vervollstän- seit 2005 als Vereinshaus und Bücherei genutzt. Die digt und um eine Analyse ergänzt werden. In evangelische Kirche und das Gemeindehaus mit einem Abstimmung mit der Denkmalfachbehörde könnten kirchlichen Jugendclub ergänzen die Angebote. Kinder- städtebauliche Teilbereichsplanungen die weitere garten und Grundschule sowie die ärztliche Versorgung innerdörfliche Entwicklung steuernd unterstützen. Ein liegen indessen in den Nachbarorten, wohin es Bus- aktives kommunales Immobilienmanagement wäre be- verbindungen gibt. Vielleicht könnte bei bleibender an- gleitend wünschenswert. steigender Geburtenrate in Zella mittelfristig eine Kin- dertagesstätte aufgemacht werden? Willingshausen Die leitungsgebundene öffentliche Infrastruktur ist gut. beteiligt sich an dem interkommunalen Kooperations- So wurden Mängel des Abwassersystems systematisch projekt „Virtuelles Gründerzentrums“, welches Gewer-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 149 Willingshausen-Zella beansiedlungen ermöglichen bzw. erleichtern will. Es selbstverwaltete Betrieb läuft in dieser Form erheblich gibt eine Reihe von Programm- und Hilfeangeboten wie ökonomischer. Hand angelegt wurde auch beim Bau des Fahrdienste und regelmäßigen Treffen für Senioren. In- Festplatzes, des Platzes „Radlers Ruh“, der Renovierung wieweit Jugendliche aus Zella im kommunalen Kinder- des Festplatzes und des Backhauses. Die Spielvereinigung parlament mitwirken, wurde nicht vorgestellt. Zella-Loshausen plant den Ausbau des Vereinsheimes am Sportplatz mit einem hohen Anteil von Eigenleistungen.

Jugendarbeit findet in Zusammenarbeit mit der Kirche und der kommunalen Jugendpflege statt. Weiter be- treiben die Feuerwehr und der Sportverein aktiv Nach- wuchsförderung. Es gibt weitere Angebote für Kinder seitens der Kommune, etwa die Ferienspiele unter Ein- beziehung des ,Kleinen Kultursommers’ und in Eltern- initiative eine Krabbelgruppe. Die Neubürger integrie- ren sich am leichtesten über die Vereine in Zella. Auf eine gute Nachbarschaft weist die bemerkenswerte Initiative der Bewohner des Neubaugebietes hin. Sie organisiert zweimal jährlich ein Fest und lädt dazu alle Bewohner ein. Fast sechzig Arbeitsplätze finden sich in der Landwirt- schaft, dem verarbeitendem Gewerbe, Dienstleistung und Handel. Entsprechend gut ist die private Versor- gung, zumindest in Teilbereichen. So gibt es neben den Metzgereierzeugnissen in der örtlichen Fleischerei auch eine Reihe von Waren des täglichen Bedarfes zu kaufen. Rollende Wagen ergänzen das Versorgungsangebot. Der örtliche Hotel- und Restaurantbetrieb stellt seine Räumlichkeiten auch regelmäßig für das dörfliche Leben zur Verfügung, z.B. den Festsaal für Theatervorstellun- gen. Eine Dorfwirtschaft dient als Treffpunkt. Von tages- touristischer Bedeutung sind mehrere regionale Wander- und Radwege, die durch Zella führen. Welche wirt- schaftliche Bedeutung der örtliche Fremdenverkehr für die Gesamtgemeinde und Region hat, wurde nicht erör- tert.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Es gibt in Zella 15, darunter traditionsreiche, Vereine und Gruppen. Sie sind im schon erwähnten VZV zusammen- geschlossen. Der Verband bildet eine gute organisatori- sche Basis für das überdurchschnittliche gemeinschaftliche Engagement mit vielfältigen Eigenleistungen und Festen. Zur Pflege von Tradition und Brauchtum tragen eine Als nachahmenswerte Besonderheit ist die Trägerschaft Vielzahl von regelmäßigen Vereinsaktivitäten bei: das des VZV für das alte und neue Dorfgemeinschaftshaus her- Tragen der Schwälmer Trachten, das Volkstheater, Kir- vorzuheben. Schon der Bau des neuen DGH wurde durch mes mit Brühtrogrennen, Backhausfest, Brotbackkurse etwa 2.000 Stunden Mitarbeit möglich. Der laufende in Backhaus und altem DGH, Gesangsverein, Fischerfest,

150 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Willingshausen-Zella Gedenkfeier zum Volkstrauertag. Für die Durchführung Baugestaltung und -entwicklung zeichnen sich der VZV, einzelne Vereine oder auch Ver- einskooperationen aus. Die Veranstaltungen und Ver- Der alte Ortkern ist mit einem rechtwinkligen Straßen- einsaktivitäten sind zumeist generationenübergreifend netz annähernd rund als Haufendorf ausgebildet. Im und zuweilen auch überregional ausgerichtet. Die örtli- Osten fließt die Schwalm, im Süden der Mühlbach durch chen Gewerbebetriebe sind gut eingebunden. Das orts- das Dorf. Die Gemeinschaftsbauten mit dem Backhaus ansässige Hotel organisiert auch eine Reihe von von 1770, der alten Dorfschule (das heutige Vereinshaus kommerziellen Disco-Veranstaltungen, die zum Teil meh- und Bücherei) und alte Schulscheune sowie dem Ge- rere Tausend junge Leute nach Zella locken. meindehaus liegen nah bei einander. Ein wenig nördlich steht die ummauerte Kirche von 1805; südlich versetzt An sozialen Initiativen ist vor allem das Engagement des das Mühlenanwesen. Die Siedlungserweiterungen im Evangelischen Frauenkreises erwähnenswert, wodurch 18. und 19 Jahrhundert erfolgten entlang der Kurhes- Nachbarschaftshilfe und Programme für ältere und hilfs- sen- und Rasenstraße und vereinzelt westlich, angren- bedürftige Menschen organisiert werden. Ein örtlicher zend an den „Eckweg“ und die Straße „Zum kühlen Mietwagenservice bietet für Senioren Fahrdienste zu gün- Grund“. Die Ausweisung als Gesamtanlage nach dem stigen Preisen an. Am Neubaugebiet wurde ein Spielplatz hessischen Denkmalschutzgesetz greift diese noch mit viel Eigenleistung der Anwohner geschaffen. heute gut ablesbare Siedlungsentwicklung auf. Nicht aufgenommen sind die Erweiterungen jenseits (östlich) Auf private wirtschaftliche Impulse wurde bereits oben der Schwalm aus dem frühen 20 Jahrhundert. Hier liegt hingewiesen. Es gibt drei Blockheizkraftwerke im Ort, auch die jüngere Siedlungserweiterung. Sie erfolgte im mit denen die jeweiligen Unternehmen und auch einige kleineren Umfang östlich entlang der nördlichen Aus- Haushalte angeschlossen sind. Einige Erzeuger u.a. die fahrtstraße. In zweiter Reihenbebauung wurde für den Imker, vermarkten ihre ländlichen Produkte direkt. Das Hotelbetrieb eine (Erweiterungs-) Fläche bereit gestellt. touristische Potenzial wird vor allem durch den örtlichen Größere Ausweisungen von Wohngebieten erfolgten in Hotelbetrieb genutzt. Eine Mühle wird in privater Regie den 90er Jahren in westlicher und südwestlicher Rich- restauriert, wobei hier auch die Wasserkraft einer Nut- tung. zung zugeführt werden soll.

Insgesamt vermittelt Zella mit seinen verzahnten, inein- ander greifenden Initiativen und Aktivitäten ein unauf- geregtes und stark ausgeprägtes „Wir-Gefühl”. Die anstehenden Dinge werden gemeinsam angegangen und realisiert. Dass die Kommune intensiv über den VZV mit dem Vereinen zusammenarbeitet und Bürger über Befragungen in wichtige Entscheidungen eingebunden werden, fördert die Gemeinschaftsbildung zusätzlich. Nach außen hin wird dieses u.a. durch das bereits am Ortseingang lesbare Motto oder über ein eigenes Ge- dicht dokumentiert. Dieses hohe Engagement auch in den weiteren Jahren zu halten wird nicht einfach sein und bedarf vermutlicher eigener Überlegungen. Wün- Auffallend in Zella ist der hohe Anteil in ihrer Grundsub- schenswert wäre, wenn der begonnene Internetauftritt stanz (noch) gut erhaltener Hofanlagen. Kleine dreisei- ergänzt und aktualisiert würde. Eine gegenseitige Ver- tige Anlagen prägen neben zweigeschossigen linkung mit der Kommune wird empfohlen. Dieses wird Ernhäusern das Dorf. Bemerkenswert, weil nur noch sel- sicherlich nur dauerhaft möglich, wenn die Textverant- ten in Dörfern zu finden, eine größere Anzahl von Stän- wortlichkeit bei mehreren Vereinen/Personen und die derbauten. Diese Konstruktion wurde in Zella noch im Einstellung und Pflege des Internets bei nur einer oder 18. Jahrhundert errichtet. Entsprechend hoch ist der An- zwei Personen liegt. Vielleicht findet sich hierfür ein EDV- teil der denkmalgeschützten Einzelanlagen mit knapp begeisterter Jugendlicher. 40 Anwesen und weitaus mehr Einzelgebäuden. Das

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 151 Willingshausen-Zella dorfbauliche Gesamtbild ist im Ortskern weitgehend un- Das große Potential der historischen, zum Teil unterge- gestört. Neu- und Anbauten fügen sich hinsichtlich ihrer nutzter Bausubstanz und die hohe Bereitschaft, sich für Maßstäblichkeit und Formensprache dem historischen das Gemeinwesen zu engagieren, bieten aus Sicht der Erscheinungsbild unter. Somit hat Zella insgesamt eine Kommission gute Voraussetzungen für eine Unterstüt- weitgehend ungestörte Dorfstruktur mit ansprechenden zung durch das Programm der Dorferneuerung. Fachli- Raumsituationen aufzuweisen. che Beratung, Teilbereichsplanungen (z.B. von der Kirche zur alten Schule) und Förderungen könnten dazu Als traditionelle Baumaterialien herrschen Fachwerk beitragen, den Ortskern in einer vielfältigen Nutzung zu auch in Kombination mit Klinker, vereinzelt Schiefer- und sichern, ohne dass das städtebauliche Gefüge nachhal- Holzschindelfassaden, Sandsteinmauerwerk, Holztore tigen Schaden nimmt. Bis dahin wäre eine offensive Bau- und Basaltpflaster vor. Die historische Dacheindeckung und Gestaltungsberatung gerade im Vorfeld von Reno- ist zumeist der Krempziegel. Die Gebäude sind jedoch vierungsarbeiten von großer Wichtigkeit. Zur Sicherung in einem unterschiedlichen Erhaltungszustand. Einerseits der zahlreichen Baudetails und Bauelemente wäre eine wurden zahlreiche private Anwesen unter Berücksichti- (grundstücksbezogene) Gestaltungsfibel wünschens- gung denkmalpflegerischer Kriterien in den letzten Jah- wert. Diese könnte unter Mitwirkung der Bewohner auf- ren renoviert bzw. werden zurzeit saniert, u.a. das Gehöft gestellt werden (ggf. über mehrsemestrige Volkshoch- neben der alten Schule sowie die erwähnte alten Mühle. schulkurse). Ein fachlich abgestimmtes Baulückenkata- Instandsetzungsmaßnahmen stehen jedoch andererseits ster ist in die oben genannte Gebäudebestandsauf- bei mehreren privaten Anwesen aus. Mehrere Fassaden nahme zu integrieren. Die Kommission bestärkt den Ort sind (noch) mit ehemals „modernen“ Materialen ver- ausdrücklich darin, auf die Ausweisung von weiteren kleidet. Hierdurch entsteht ein heterogenes Gesamtbild. Bauzeilen zugunsten der Funktionssicherung des Orts- kerns zu verzichten. Ein Leitbild für die Straßenraumge- Die öffentlichen Anlagen und Gebäude sind in einem staltung wird weiterhin empfohlen. Dieses sollte nur überwiegend sehr guten Zustand. Hinsichtlich ihrer Pro- wenige Baumaterialen und -formen aufnehmen, um eine portionen und Gestaltung halten sich das neue DGH optische „Ruhe“ zur erzeugen (weniger ist mehr). und angrenzende Feuerwehrhaus am Ortsrand erfreu- lich an die örtlichen Vorgaben. Positiv vermerkte die Kommission auch, dass die alte Schule entgegen der ur- Grüngestaltung und -entwicklung sprünglichen Planung in (öffentlicher) Nutzung bleibt. Eine Bushaltestelle und das Gefallenendenkmal fügen Insgesamt vermittelt Zella einen harmonisch dörflich be- sich gut in das Ortsbild ein. Ein gelungenes Beispiel ge- grünten Eindruck: Als Straßenleitbaum ist die Stieleiche meinschaftlicher Renovierung ist auch das Backhaus und anzutreffen. Ortseinfahrten, Spielplätze und Friedhof die Kirche. Renovierungen stehen noch an der alten sind besonders gut gestaltet. Auch finden sich verein- Schule und der ehemaligen und inzwischen privatisier- zelt schöne Hofbäume und Gehölze, gut gepflegte Bau- ten Schulscheune an. ern- und Obstgärten, oft auch mit den dazu gut passenden Holzstaketenzäunen, Hainbuchenhecken oder Naturstein-Trockenmauern. An manchen Gebäu- den prägen Fassadenbegrünungen positiv das Hof- und Straßenbild. Eingrünungsmaßnahmen an dem Neubau- gebiet sowie dem neuen DGH sind weitgehend gut ge- lungen. Die Schwalm und der Mühlbach sind naturnah im Dorf integriert. Einige Grünanlagen werden von Ver- einen und Anwohnern gepflegt, so auch der Friedhof, der neue Spielplatz oder der Sportplatz.

Empfohlen werden Entsiegelungsmaßnahmen zur Aus- bildung von Tritt- und Ruderalgesellschaften und eine weitere dorfgerechte Bepflanzung in Anlehnung an das o.g. Leitbild zur Straßenraumgestaltung. Sportplatz,

152 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Willingshausen-Zella

Aussiedlerhof und Hotelbetrieb könnten durch weitere Zella liegt harmonisch in der Auenlandschaft von Eingrünungen verstärkt in die umgebende Landschaft Schwalm und Antreff. Eine heckenreiche Feldflur in Ver- eingebunden werden. Hierzu würde auch eine Teilent- bindung mit der guten auch innerörtlichen gewässerbe- siegelung des Hotelparklatzes beitragen. gleitenden Durchgrünung tragen zur insgesamt guten Einbindung des Dorfes in den Natur- und Kulturraum bei. Das naturnahe Schwalmufer ist innerhalb der Ge- Dorf in der Landschaft markung vom örtlichen Anglerverein gepachtet und wird von diesem wie auch die Fischteiche mit angrenzender Die Gemarkung hat eine Größe von 561 ha. Sie ist als Feldholzinsel gepflegt. schmaler Korridor ausgebildet und verläuft von Süd- westen nach Nordosten. Zwei Landschaftsschutzgebiete Die südliche von Gungelshausen kommende Ortsein- liegen in der Gemarkung. Dieses sind der „Auenver- gangsstraße weist als Hohlweg auf die erhaltenswerte bund Schwalm“ und das „Vogelschutzgebiet Schwalm- Struktur der alten Wegeverbindungen hin. Die ge- niederung bei Schwalmstadt“. Sie umschließen mit schwungene Linienführung und die Abpflanzungen er- Ausnahme nach Süden nahezu vollständig die Ortslage. geben eine nahezu idealtypische dörfliche Eingangs- Im Bereich der Antreff wird ortsteilübergreifend die Re- situation. Bedauerlich ist der Abbruch der barocken naturierung und Pflege der Auen über den „Förderver- Brücke im Zuge des Kreisstraßenausbaus vor einigen ein Kulturlandschaft“ unterstützt. Mit extensiver Pflege Jahren. Ein Streuobstbestand an der K 106 und Born- und Bewirtschaftung des Grünlandes wird der naturnahe wiesenweg ist in einem recht guten Pflegezustand. Charakter der Auenlandschaft nachhaltig gesichert. Im Nachbarort Loshausen nisten Weißstörche, die innerhalb der Zellaer Gemarkung ebenfalls ihren Lebensraum fin- Die Bewertungskommission, August 2009 den. Empfohlen wird, die Pappelbestände im Auenbe- reich nach und nach durch naturnähere Uferbaum- bepflanzungen wie Erlen, Weiden, Eschen etc. zu erset- Ansprechpartner zen. Ortsvorsteher Stefan Völker Gassengärten 3 34628 Willingshauen-Zella

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 153 Willingshausen-Zella

154 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Siegerehrung Siegerehrung

Veranstaltung am 11. Oktober 2010 in der Stadthalle Melsungen

Pressemitteilung des Hessisches Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und weitere

Einladung und Programm zur Preisverleihung

Grußwort des Gastgebers Fritz Voit

Unser Dorf hat Zukunft Dieter Posch

Auf dem Land daheim Ulf Häbel

Eindrücke und Einblicke Roswitha Rüschendorf

Regenerative Energien Norbert Lemb

Grußwort der Ortsvorsteherin von Cölbe-Schönstadt Carola Carius

Grußwort des Ortsvorstehers von Edertal-Kleinern Werner Waid

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 155 Pressemitteilung Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Pressemitteilung

Wiesbaden, 09.07.2009

ACHTUNG: Sendesperrfrist Donnerstag, 9. Juli, 8:00 Uhr!!!

Siegerdörfer des 33. Hessischen Landeswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ 2009 stehen fest

Erste Plätze im hessischen Landeswettbewerb „Unser Sowohl in den Regionalentscheiden als auch im Lan- Dorf hat Zukunft“ an Cölbe-Schönstadt und Edertal-Klei- desentscheid wurde nach zwei Gruppen differenziert. nern Dabei sollte den unterschiedlichen Ausgangsbedingun- gen Rechnung getragen werden. In Gruppe A sind die Wirtschaftsminister Dieter Posch: „Der Erfolg der an Orte vertreten, die bereits öffentliche Unterstützung dem Wettbewerb teilnehmenden Dörfer ist auch der Er- durch das Dorferneuerungsprogramm erhalten haben folg der Bürgerinnen und Bürger“ bzw. die noch Förderschwerpunkte sind. In Gruppe B sind die Orte, die bislang nicht an dem Dorferneue- Nach der Bereisung durch die Landesbewertungskom- rungsprogramm teilnahmen, zusammengefasst. mission im Juni 2009 stehen nun die Ergebnisse des hessischen Landeswettbewerbs „Unser Dorf hat Zu- Im Landesentscheid 2009 der besten Dörfer Hessens kunft“ fest. „Der Erfolg der an dem Wettbewerb teil- wurden folgende Sieger ermittelt: nehmenden Dörfer ist Ausdruck eines großen und überdurchschnittlichen Engagements der Bürger. Mit Gruppe A diesem Wettbewerb möchte die Landesregierung als Impulsgeber direkt die Akteure in den ländlichen Re- 1. Cölbe Schönstadt, gionen ansprechen, um die Zukunft des ländlichen Landkreis Marburg-Biedenkopf Raums durch Kontinuität und Nachhaltigkeit in gemein- schaftlicher Verantwortung zu sichern“, so Wirtschafts- 2. Breuberg-Rai-Breitenbach, Odenwaldkreis minister Dieter Posch am Donnerstag in Wiesbaden. 3. Schlitz-Pfordt, Vogelsbergkreis Der Landeswettbewerb wurde in zwei Stufen innerhalb von drei Jahren durchgeführt. Landesweit insgesamt 200 Teilnehmerdörfer haben an den Regionalentscheiden, Gruppe B die im Jahre 2008 in acht Wettbewerbsregionen durch- geführt wurden, teilgenommen. Die 19 erfolgreichsten 1. Edertal-Kleinern, Kandidaten aus den Regionalentscheiden nahmen in Landkreis Waldeck-Frankenberg diesem Jahr am Landesentscheid teil. Durch gute Wett- bewerbsvorbereitungen und ansprechende Präsentatio- 2. Wetter-Oberrosphe, nen konnte die Landesbewertungskommission von den Landkreis Marburg-Biedenkopf nachhaltigen Leistungen in den Dörfern überzeugt wer- den, sagte der Minister. 3. Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach

156 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Pressemitteilung

Als Siegerprämie erhalten die erstplazierten Dörfer je- Hinweise: weils 5.000 Euro, die zweitplazierten Dörfer jeweils 3.000 Euro. Für den 3. Platz werden jeweils 2.000 Euro Die Preisverleihung durch Wirtschaftsminister Posch wird vergeben. am Sonntag, dem 11. Oktober 2009 in Melsungen statt- finden. Die übrigen Teilnehmer: Borken-Dillich, Breuna, Hof- geismar-Hümme, Kalbach-Heubach, Ringgau-Röhrda und Wettenberg-Launsbach (Gruppe A) sowie Calden- Auskunft zu den Ergebnissen des Landesentscheids er- Ehrsten, Gießen-Allendorf, Gilserberg-Schönau, Groß- teilt die Vorsitzende der Landesbewertungskommission: Umstadt-Richen, Homberg-Ober-Ofleiden, Hofbieber Roswitha Rüschendorf, Regierungspräsidium Kassel, und Willingshausen-Zella (Grupppe B) erhalten jeweils Tel.: 0561 / 106-3125. eine Urkunde für die erfolgreiche Teilnahme am hessi- schen Landesentscheid. Der Förderverein für die Sanie- Kontakt: rung und Neunutzung der ehemaligen Landsynagoge in Pressestelle - Marion Jäkle Kalbach-Heubach erhält eine Auszeichnungen für her- Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr ausragende Gemeinschaftsleistungen. und Landesentwicklung Kaiser-Friedrich-Ring 75, 65185 Wiesbaden Die beiden Siegerdörfer aus dem Landesentscheid wer- Tel 0611 815 2023, Fax 0611 815 2227 den Hessen im nächsten Jahr bei dem 23. Bundeswett- Mail: [email protected] bewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ vertreten. www.wirtschaft.hessen.de

„Diese Dörfer waren im Wettbewerb gemeinschaftlicher Leistungen sehr erfolgreich. Ich hoffe, dass durch diese beispielhaften Leistungen und individuellen Lösungsan- sätze in Zukunft noch weitere Orte zu eigenen Aktivitä- ten angeregt werden“, so Posch abschließend.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 157 Pressemitteilung

Engagementbote Kurzinformationen der LandesEhrenamtsagentur Hessen

Ausgabe 09-2009 September 2009 Nachwuchs neu denken – „Senioren für die Vereinarbeit gewinnen“ Workshop der LandesEhrenamtsagentur und des Landessportbundes Hessen am 17.10.09 von 10.00 -16.30 Uhr in der Landessportschule in Frankfurt. Ältere Menschen für die ehrenamtliche Mitarbeit im Sportverein zu gewinnen wird zu einer immer wichtige- ren Aufgabe der Vereinsarbeit. Auf der einen Seite gibt es immer mehr Menschen, die gesund und tatkräftig in den Ruhestand gehen. Andererseits gibt es eine Vielzahl ehrenamtlicher Aufgaben in den Vereinen, die auf Erledigung warten. Beides, die tatkräftigen Älteren und die Aufgaben zusammen zu bringen, müsste doch gelingen. Theoretisch hört sich dies leicht an, in der Praxis ist das aber gar nicht so einfach. Der Work- shop will zeigen, wie es gehen kann. Es werden wichtige Tipps für die Einbindung von Senioren gegeben und gemeinsam Strategien für eine stärkere Mobilisierung der Älteren erarbeitet. Hauptzielgruppe der Ver- anstaltung sind Vereinsfunktionäre und Personalverantwortliche, die Wege suchen, ältere Menschen für die ehrenamtliche Mitarbeit im Sportverein zu gewinnen. Mit einer Email an [email protected] erhalten Sie weitere Informationen.

Vorankündigung 2010 Die LandesEhrenamtsagentur startet im nächsten Jahr wieder eine Fortbildungsreihe „Freiwilligen- Management“. Von April bis November sind drei dreitägige Seminareinheiten geplant. Die Fortbildung wird zum sechten Mal angeboten und richtet sich an Interessierte aus sozialen Einrichtungen, Verbänden, Vereien usw., die mit Freiwilligen arbeiten (wollen). Die Ausschreibung erfolgt Ende Oktober, wer sich bereits jetzt einen Platz sichern möchte, sendet eine Email an [email protected].

„Unser Dorf hat Zukunft“ – Landesauslobung 2009 Bürgerengagement in hessischen Dörfern Die diesjährige Ehrung aller Teilnehmer/innen am Hessischen Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ – Lan- desauslobung 2009 - findet am 11.10.2009 in Melsungen statt. Die Urkunden überreicht der Hessische Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Dieter Posch. Eingebunden ist die Veranstaltung in die Woche des Bürgerschaftlichen Engagements und den Tag der Regionen. Die Besucher/innen erwartet ab 9.30 Uhr ein vielfältiges Programm. Einladung und mehr Informationen unter http://www.rp- kassel.de/irj/RPKS_Internet?uid=2c50cc75-bcfa-3111-0104-397ccf4e69f2 oder bei Roswitha Rüschendorf, RP Kassel (0561-106-3125).

Ehrenamtliche jetzt auch fit im „Web 2.0“ Am 22.09. und am 27.10. bietet die Landesehrenamtskampagne „Gemeinsam Aktiv“ in Wetzlar und Kassel beitragsfreie Veranstaltungen an. Noch können Sie sich kurzfristig anmelden, es sind noch wenige Plätze frei. Alle Infos unter www.gemeinsam-aktiv.de

Bewegungsfreundlicher Schulhof – Schulhofgestaltung Unter diesem Motto führt der Landessportbund Hessen (lsb h) am 11. und 12.11.2009 ein Grundlagen- und Aufbauseminar in der Sportschule in Frankfurt durch. Lehrer/innen, Mitarbeiter/innen von Schulämtern, Grünflächen- und Bauämtern sowie Eltern- und Schülervertretungen sind die Zielgruppe. Im Grundlagense- minar geht es um Bedarfs- und Grundlagenplanung. Beim Aufbauseminar geht von den konkreten Pla- nungsschritten bis zur Bauüberwachung. Die Seminare können auch einzeln besucht werden. Alle weiteren Informationen unter: http://www.landessportbund-hessen.de/bereiche/sportinfrastruktur/veranstaltungen/seminarangebote.html

Feste sicher feiern Tipps zur Lebensmittelhygiene und -sicherheit bei Vereinsfesten Egal ob in kleiner oder großer Runde, ein reichhaltiges Angebot an Speisen gehört fast zu jeder Feier dazu. Doch das birgt auch ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotenzial für die Gäste. Bereits kleine Nachläs- sigkeiten im Umgang mit Nahrungsmitteln können große Folgen in Form von Lebensmittelinfektionen oder gar Lebensmittelvergiftungen haben. Wo die Gefahren lauern und wie man damit umgehen sollte, zeigt eine ansprechende Broschüre des Deutschen Hausfrauenverbandes. Landesverband Hessen. Sie soll vor allem Vereine hinsichtlich Lebensmittelsicherheit auf Festen fit machen. Der DHB bietet auch Seminare an. Weite- re Informationen unter: http://www.hausfrauenbund-hessen.de/236.html

Impressum: LandesEhrenamtsagentur Hessen, Otto-Fleck-Schneise 4, 60528 Frankfurt/M  069 - 67 89-426  069 - 67 89-206 @ [email protected]

Herausgeber: LandesEhrenamtsagentur Hessen

158 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Pressemitteilung

Herausgeber: Hessische Städte- und Gemeinde-Zeitung 09/09

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 159 Einladung zur Siegerehrung

160 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Impressionen

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 161 Impressionen

162 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Fritz Voit Erster Stadtrat von Melsungen

Grußwort des Gastgebers

Sehr geehrter Herr Staatsminister Posch! Sehr geehrter Herr Regierungspräsident Dr. Lübcke! Sehr geehrte Frau Rüschendorf! Sehr geehrte Teilnehmerorte 2009! Sehr verehrte Damen und Herren!

Ihnen allen ein herzliches Willkommen in unserer schö- nen Fachwerkstadt Melsungen.

Sie haben mit Ihrer Entscheidung in Melsungen die fünf- zigste Preisverleihung „Unser Dorf hat Zukunft“ stattfin- den zu lassen, und damit hier ein Jubiläum zu begehen, eine gute Wahl getroffen. Zu diesem Jubiläum und Ihrer Wahl des Ortes meinen herzlichsten Glückwunsch und gerischen Beistand und die Möglichkeit, mit dem öf- viel Erfolg auch weiterhin. Damit möchte ich gleichzeitig fentlichen Nahverkehr die unterschiedlichsten Ziele zu die Grüße und Glückwünsche unseres Bürgermeisters, erreichen, aber auch die Bereitstellung und Schaffung Dieter Runzheimer und die der städtischen Gremien von Arbeitsplätzen. Dies ist eine zwingende Notwen- überbringen. digkeit, um die jungen Leute überhaupt am Ort zu be- halten. Ein Abwandern dieser Menschen würde das Eine gute Wahl zum Einen, weil viele teilnehmende Dör- Ende einer Dorfgemeinschaft bedeuten. fer in Mittel- und Nordhessen liegen; zum Anderen, weil heute auch das 5. Nordhessische Spezialitätenfestival Sicherlich trägt dieser Wettbewerb dazu bei, die An- hier stattfindet. Dazu wünsche ich Ihnen nach der Preis- strengungen zu verstärken, ländliche Regionen und Dör- verleihung viel Vergnügen und einen guten Appetit. fer für die Menschen lebenswert zu erhalten. In diesem Sinne wünsche ich allen Teilnehmern von 2009, dass sie Melsungen hat mit seinen sieben Ortsteilen 14.000 Ein- auch nach der Preisverleihung in ihren Bemühungen wohner und bietet weit über 6.000 Arbeitplätze an. Vier nicht nachlassen und andere anspornen, dieses Ziel viel- unserer Ortsteile waren in der Dorferneuerung, einer ist leicht im nächsten Jahr zu erreichen. es noch. Die anderen drei Ortsteile profitierten durch Kanal- und Straßenneubau, die das Ortsbild erneuerten, Herzlichen Glückwunsch und der Veranstaltung einen ohne den typischen Charakter zu verändern. Die Ziel- guten Verlauf. setzung, unseren Ortteilen eine Zukunft zu geben, wird von den Bewohnern, den Ortsbeiräten und den Stadt- verordneten gemeinsam verfolgt. Jeder Ortsteil schickt einen Stadtverordneten in das Parlament und ist damit auch dort gewichtig vertreten. Dorfgemeinschaftshäu- ser, Spiel- und Sportplätze, ein lebendiges Vereinsleben, die Feuerwehr im Dorf und die Pflege gut nachbar- schaftlicher Beziehungen ergänzen diesen Bereich.

Das soziale Gefüge ist die Grundlage für ein reales Leben im Dorf. Dazu gehört aber auch die Anbindung an Kindergärten, Schulen, ärztliche Versorgung, seelsor-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 163 Impressionen

164 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Dieter Posch Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Festrede

„Unser Dorf hat Zukunft – ein Wettbewerb gemeinschaftlicher Leistungen“

Sehr geehrte Frau Rüschendorf, sehr geehrter Herr Stadtrat Voit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich sehr, hier in Melsungen mit Ihnen den Ab- schluss des 33. Landesentscheides „Unser Dorf hat Zukunft“ 2009 feiern zu dürfen und die Preisträger auszeichnen zu können.

Der Dorfwettbewerb – ein Wettbewerb gemein- schaftlicher Leistungen – hat in Hessen bereits seit 50 wirtschaftlichen Entwicklung. Nach der zeitgemäßen Na- Jahren Tradition. Mit dem 33. Wettbewerb 2008/2009 mensänderung des Bundeswettbewerbs hat Hessen den können wir auf 50 erfolgreiche Jahre Dorfwettbewerb Wettbewerbstitel „Unser Dorf hat Zukunft“ ebenfalls mit über 10.000 Teilnehmern zurückblicken. Als erstes übernommen. Bundesland hat Hessen 1958/1959 den Wettbewerb flächendeckend durchgeführt. Der erste Bundeswettbe- „Unser Dorf hat Zukunft“ – der Name des Wettbe- werb fand 1961 statt. werbes steht für einen hohen Anspruch an das dörfliche Leben. Dabei ist die Bedeutung von Kontinuität und Im Laufe dieser 50 Jahre haben sich die Wettbewerbs- Nachhaltigkeit gewachsen. Dies bedeutet, dass nicht in schwerpunkte den politischen und gesellschaftlichen erster Linie die zu bestimmten Wettbewerbsterminen er- Veränderungen fortlaufend angepasst. Neben Erhal- brachten Leistungen den Ausschlag geben sollen, son- tungs-, Pflege- und Verschönerungsaufgaben wurden dern dass das über längere Zeiträume zu bewertende bereits 1968 bauliche und städtebauliche Gesichts- überdurchschnittliche Engagement der Bürgerinnen und punkte in den Vordergrund gestellt. Bewertet wurden Bürger sowie die gemeinschaftlichen Leistungen im Hin- unter „Einzelleistungen“ die Maßnahmen im privaten blick auf Nachhaltigkeit die ausschlaggebende Rolle Lebensbereich und unter „Gemeinschaftsleistungen“ spielen. die Ergebnisse zur Aufwertung des Ortsbildes und zum Aufbau gemeinschaftlicher Einrichtungen. Im Jahre 1975 Der Dorfwettbewerb lebt vom gemeinsamen Handeln wurden erstmals bürgerschaftliche Initiativen und die Mit- und vom gemeinsamen Erfolg. Dieses Engagement ver- arbeit bei Gemeinschaftsleistungen in die Bewertung dient Anerkennung. Um dafür gute Rahmenbedingun- aufgenommen. Damals fanden auch die Aspekte Orts- gen zu schaffen, veranstaltet das „Netzwerk Bürger- geschichte, Natur- und Landschaftsschutz und die schaftliches Engagement“ in diesem Jahr bereits die Denkmalpflege verstärkt Eingang in die Richtlinien. fünfte bundesweite Woche des bürgerschaftlichen Engagements, die heute zu Ende geht. Mit der Durch- Mit dem Hessischen Wettbewerbstitel „Unser Dorf“ ist führung dieses Wettbewerbs und der heutigen Ehrung seit 1993/94 der Ansatz einer ganzheitlichen Entwick- der Teilnehmer möchte die Landesregierung als Impuls- lung des Dorfes in den Vordergrund getreten. Das bür- geber direkt die Akteure in den Regionen ansprechen. gerschaftliche Engagement erhielt in diesem Zu- Ziel ist dabei die Sicherstellung und Verbesserung der sammenhang eine erneute Aufwertung und erstreckte ökologischen, ökonomischen und sozialen Leistungs- sich auch auf die Bereiche der sozialen, kulturellen und fähigkeit der ländlichen Regionen.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 165 Dieter Posch

Die Entwicklung ländlicher Räume in Hessen steht heute Förderprogramme sollen sich wettbewerbs-, wertschöp- vor neuen mehrdimensionalen Herausforderungen. An- fungs- und beschäftigungswirksame Impulse im Sinne gesichts der gravierenden regionalen Unterschiede sind einer selbstragenden Entwicklung besser entfalten kön- differenzierte Lösungen gefragt. Das regionalpolitische nen. Ziel der hessischen Landesregierung heißt deshalb „Stärkung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit“ durch Darüber hinaus ist eine weitere wichtige Aufgabe im dynamische Entwicklungsprozesse. ländlichen Raum die Förderung der Kompetenzentwick- lung z.B. von leitenden Akteuren der Regionalforen, von Der demografische Wandel hat die Dörfer längst er- ehrenamtlichen Akteuren auf der örtlichen und re- reicht. Für viele Vereine und Einrichtungen im Dorf geht gionalen Ebene sowie für Existenzgründer, durch fach- es um das nackte Überleben. Neben vielen anderen As- liche Fortbildung, Coaching, Prozessmanagement und pekten gewinnt die Leerstandsproblematik zunehmend Controlling, um den demografischen Wandel strukturi- an Bedeutung. Wenn sich die Leerstände ausbreiten, so erend zu begleiten sowie regionsspezifische Entwick- rückt ein absehbares Ende des dörflichen Lebens näher. lungschancen zu erkennen und daraus Projekte Besonders in stark schrumpfenden ländlichen Sied- anzustoßen. Neue demografisch notwendige Anpas- lungsbereichen ist die ökonomische Tragfähigkeit von sungsstrategien und die Überwindung interkommunaler infrastrukturellen Grundausstattungen gefährdet. Die Konkurrenzen (Kirchturmdenken) sind dabei unerlässlich. Infrastrukturkosten je angeschlossenen Haushalt steigen Sie sind die Voraussetzung dafür, dass eine nachhaltige an. Durch den Bevölkerungsrückgang erhöht sich die Innenentwicklung der Städte und Gemeinden stat- kommunale Pro-Kopf-Verschuldung und engt die Hand- tfinden kann. Dazu gehören verschiedene regionale Ver- lungsspielräume vor Ort weiter ein. netzungsstrategien wie z. B. kommunale Kooperationen, interkommunale Entwicklungskonzepte und landesweite Beispielhaft für den Strukturwandel sei hier auch die Pilotprojekte, wie z.B. „Vitale Orte 2020“. zunehmend fehlende Infrastruktur genannt. Vielerorts hinterlässt die größte Lücke das nicht mehr existierende Das Entwicklungsziel lautet dabei „Innenentwicklung Dorfgasthaus – nicht nur für die gastronomische Ver- geht vor Außenentwicklung“, da die Nutzung der sorgung, sondern als zwangloser Anlaufpunkt und In- Bausubstanz in den Kerngebieten vieler Dörfer nicht formationsquelle für Gäste und Dorfbewohner mehr nachhaltig gesichert ist. Um eine nachhaltige insbesondere außerhalb organisierter Gruppen und Innenentwicklung zu ermöglichen, sollte eine kommu- Vereine. nale Gesamtstrategie für Investitionen in die Kernbere- iche der Kommunen entwickelt und der Verzicht auf Diese Entwicklungen, vor allem der Bevölkerungsrück- weitere Baulandausweisungen festgeschrieben werden. gang, erfordern die Anpassung der Infrastrukturen hin- In der Konsequenz lassen sich dadurch sowohl ein weit- sichtlich des Nachhaltigkeitsaspektes unter der Prämisse erer Flächenverbrauch in den Ortsrandlagen als auch „Mehr Dorf für weniger Bürger“. Hierzu gehören ins- weitere Erschließungskosten für die Kommune durch besondere innovative Lösungen zur Sicherung und Straßenbau sowie Ver- und Entsorgung reduzieren und Verbesserung der Erreichbarkeit von Einrichtungen der in vielen Fällen können die bestehenden Systeme auch Grundversorgung sowie deren Umstrukturierung unter wieder ausgelastet werden. dem Aspekt einer effizienteren Nutzung. So können z. B. auch Rückbaumaßnahmen in bestimmten Fällen ein Die Förderung kann heute auch über die Förderschwer- sinnvoller Lösungsansatz sein. punkte hinausgehend in anderen Ortsteilen zur Umset- zung eines ortsübergreifenden Innenentwicklungs- Dies soll im Rahmen der aktuellen Förderprogramme, konzepte für Investitionsmanagement und punktuelle durch Verbesserung der Wohnqualität in den Ortsker- Maßnahmen zur Innenentwicklung der Ortskerne einge- nen der Dörfer, durch Steigerung der allgemeinen setzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Orte und Lebensqualität, durch Bewahrung des kulturellen Erbes Maßnahmen im Rahmen der kommunalen Entwick- und der regionalen Identitäten sowie durch Wertschöp- lungsstrategie mit dem Förderschwerpunkt in einen fung aus der Entwicklung wirtschaftlicher Kompetenz überörtlichen konzeptionellen Zusammenhang gestellt und des Landtourismus erreicht werden. Durch diese und in Dimension und Wirkung beschrieben sind.

166 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Dieter Posch

Nachhaltige Innenentwicklung im Sinne der hessischen missionen, die Landesbewertungskommission sowie die Dorferneuerung ist in erster Linie ein Anschub für die zuständigen Landkreisverwaltungen, die die Orte im zukunftsfähige Entwicklung der Gesamtgemeinde, ins- Vorfeld des Wettbewerbs fachlich betreuen. besondere im Hinblick auf ein selbständiges Immobilien- und Flächenmanagement. Flächen- und Immobilien- Abschließend möchte ich alle Bürgerinnen und Bürger in management kann z.B. darin bestehen, dass in ein ort- den Orten mit bis zu 3.000 Einwohnern ermuntern, auch steilbezogenes Immobilien- und Grundstücksmana- am nächsten Wettbewerb wieder teilzunehmen, um ihr gement investiert wird, um problematische Anwesen Dorf im Rahmen des Wettbewerbs gemeinschaftlicher marktfähig für einen Verkauf mit nachfolgender Investi- Leistungen für die Zukunft fit zu machen. tion zu machen. Die kommunale Investition ist ver- gleichsweise niedrig und kann auch von finanz- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. schwachen Kommunen bewältigt werden.

Darüber hinaus bestehen weitere Fördermöglichkeiten im Rahmen des „Entwicklungsplans für den ländlichen Raum 2007 bis 2013“ zur Förderung von Projekten, zur Erschließung regionaler Märkte, zur Verbesserung der Versorgung und zur Förderung der Regionalkultur, un- abhängig von einem Förderschwerpunkt der Dorfer- neuerung. Das bedeutet aber, dass sich die Kommunen aktiv in die Entwicklung der ländlichen Regionen ein- bringen und dabei ihre herausragenden Projekte im re- gionalen Entwicklungsplan verankern.

Der Dorfwettbewerb soll dazu beitragen, das Verständ- nis der Dorfbevölkerung für zukünftige Herausforderun- gen zu stärken und die bürgerschaftliche Mitwirkung zu intensivieren. Er soll beispielhaft gemeinschaftliche Leis- tungen und Lösungsansätze herausstellen und weitere Orte zu eigenen Aktivitäten anregen. Im Ergebnis geht es also nicht nur um die Platzierung im Rahmen des Wet- tbewerbes, sondern um eine Stärkung der dörflichen Identität, des gemeinsamen Zusammenlebens und einer nachhaltigen Gestaltung des eigenen Lebensraumes.

In der heutigen Zeit, in der sich der Staat mit seinen sehr begrenzten Finanzmitteln aus vielen wichtigen Bere- ichen zurückziehen muss, ist es umso wichtiger, dass durch gemeinschaftliche Leistungen Zeichen gesetzt werden. Deshalb haben gerade solche Wettbewerbe Zukunft, die mit einem relativ geringen finanziellen Ein- satz solche positiven Entwicklungsprozesse anstoßen. Auch nach 50 Jahren hat der Dorfwettbewerb in Hessen nichts an Attraktivität eingebüßt.

Mein besonderer Dank für das Engagement bei der Durchführung des Wettbewerbs gilt auch all jenen, die über Jahre hinweg ihren wichtigen Beitrag geleistet haben – dazu zählen die regionalen Bewertungskom-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 167 Impressionen

168 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Ulf Häbel Pfarrer i.R. aus Laubach-Freienseen

Auf dem Land daheim – Die kulturtragende Aufgabe der Kirche im Dorf Berufssoziologische Aspekte aus der Arbeit eines Dorfpfarrers

Vor neunzehn Jahren bin ich mit meiner Familie aufs Land gezogen. Dort war ich mit einer halben Anstellung 19 Jahre lang Dorfpfarrer, betreibe nebenher eine Selbstversorgerlandwirtschaft und beschäftige mich in- tensiv mit der Frage nach dem Leben auf dem Land. Wenn ich in Synoden oder anderen kirchlichen Gremien von Landleben oder der Kirche im Dorf rede, wird dies oft mit der Bemerkung “idyllisch” kommentiert. Doch mich interessiert nicht die vermeintliche Idylle des Le- bens auf dem Land und auch nicht die traditionsorien- tierte Positionierung der Kirche im Dorf. Mich interessiert die Frage nach dem Sinn dörflicher Lebensformen und Ländliche Räume sind namenloses „Umland” der Me- was die Kirche zur Sinngebung und Lebensdeutung bei- tropolen geworden. Was zur alltäglichen Lebensgestal- tragen kann. tung und Daseinsvorsorge nötig ist, wanderte in kleinere oder größere Zentren ab, z.B. Ausbildungsplätze und bezahlte Arbeit, Läden und Arztpraxen, öffentliche Ver- I. „Von Heimat redet hier keiner” waltungen und Schulen. Die Menschen auf dem Land haben diese Veränderungen als Verlust ihrer selbstbe- Dörfer waren einmal relativ eigenständige Lebensräume. stimmten Lebensformen und der ihnen vertrauten Struk- Für die Menschen, die dort arbeiteten und lebten, war turen erlebt. Sie fühlten sich als „Opfer” zentralistisch das Dorf wie ein Organismus, zu dem sich die meisten orientierter Veränderungsprozesse. An drei sogenann- innerlich zugehörig fühlten. Man war im Dorf daheim, ten Reformen will ich das deutlich machen. das war der unmittelbare Lebensraum auf den sich die Menschen bezogen haben. Die Gemarkung rundherum, Mit der Landreform (Flurbereinigung) begann in den Feld, Wald und Flur, die Kulturlandschaft war die Le- Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts die Umwand- bensgrundlage. In der Land- und Forstwirtschaft mit den lung der kleinräumig-bäuerlichen Landwirtschaft zur dazugehörenden Handwerkern fanden die meisten heute global orientierten Agrarindustrie. „Wachsen und Dorfbewohner Arbeit und Brot. Zu dem Lebensraum Weichen” ist seitdem das Motto. Bis zum heutigen Tag Dorf gehörten ganz selbstverständlich der Kindergarten geben täglich ca. 50 Bauernhöfe in Deutschland wegen und die Volksschule dazu. Hier lernten die Kinder Sitten mangelnder Wirtschaftlichkeit auf. 1950 gab es in der und Traditionen des Dorfes kennen und die Lebensfor- (alten) Bundesrepublik Deutschland ca. 2,5 Millionen men und Überzeugungen der Menschen zu verstehen. Bauernhöfe; 2008 sind es im vereinigten Deutschland Heimatkunde und Weltgeschichte beschrieben den Ho- knapp 500.000. rizont, in dem die nachkommenden Generationen sich im Gefühl der Zusammengehörigkeit mit den Vorfahren Durch die Verwaltungsreform in den Sechzigerjahren begriffen. Schließlich muss man wissen, woher man verloren die Dörfer ihre politische Selbständigkeit. Aus kommt, um zu wissen, wer man ist. verwaltungstechnischen Gründen wurden die Dörfer in Städte oder Großgemeinden eingegliedert. Lange An- In den letzten 60 Jahren hat sich das Leben auf dem tragswege zu Behörden und oft von örtlicher Sach- Land grundlegend gewandelt. Die relative Selbständig- kenntnis ungetrübte Entscheidungen werden von den keit ist einer starken Fremdbestimmung gewichen. Bürgern beklagt. Der Ortsbeirat eines Dorfes darf sich

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 169 Ulf Häbel ohne Entscheidungskompetenz zu ausstehenden Pro- fältig auf die geographische und soziale Umwelt bezo- blemen äußern, wenn diese oft schon in der zentralen gen. Diesen Zustand versucht man mit dem Begriff des kommunalen Verwaltung erledigt sind. „Wenn die Kuh „regionalen Dorfes”, bzw. „der Dörfer im Dorf” auszu- geschissen hat, sagen wir: Platsch”, formulierte ein Orts- drücken. Man kann die unterschiedlichen Verhaltensfor- beirat diese Erfahrung sarkastisch. men und Orientierungen in vier sogenannte Kulturkreise idealtypisch kategorisieren: Im Zuge der zentralistisch angelegten Veränderungen verschwanden über die Bildungsreform auch Kindergär- ten und Dorfschulen. Überschaubare „Zwergschulen” 1. Die Alt-Dörfler gaben die Kinder an unübersichtliche Mittelpunkt- oder Gesamtschulen ab. In großen zentralen Schulen sollen Darunter sind die „Ur-Einwohner“ eines Dorfes zu ver- angeblich die Bildungschancen größer sein. Man han- stehen, die „Einheimischen”. Es sind Menschen, deren delte sich freilich gleichzeitig ein höheres Gewaltpoten- Herkunftsfamilie und Bekanntschaftsnetze im Dorf be- tial an den Schulen ein und unterwarf die Kinder dem heimatet sind. Sie fühlen sich mit dem Dorf und seinen Stress langer Transportwege. Traditionen verbunden, haben ein hohes Zugehörig- keitsgefühl und auch ein starkes Wir-Bewusstsein. Frü- Im Dorf geblieben ist bisher die Kirche. Sie ist so zusa- her stellten die Alt-Dörfler in der Regel die Honoratioren gen die „letzte Instanz” für Kultur und Sinngebung. In des Dorfes wie Bürgermeister, Ortslandwirt und Ver- einer Denkschrift über den ländlichen Raum forderte der einsvorsteher. Die Alt-Dörfler orientieren sich an den Tra- Europarat schon 1996 seine Mitgliedsländer auf, die ditionen und Legitimationsorten, an dem Rathaus vielfältigen ländlichen Regionen in Europa zu fördern (solange es im Dorf war), an dem Gasthaus (mit seinen und weiter zu entwickeln. Ziel ist dabei nicht, idyllische meinungsbildenden Stammtischen) und an der Kirche. Naturreservate oder folkloristische Museen zu schaffen, Die Alt-Dörfler erleben und bedauern den Traditionsab- sondern das Zugehörigkeitsgefühl der Menschen zu bruch am stärksten. Sie versuchen, die ihnen vertrauten ihrem Dorf und ihre Beheimatung in der Region zu stär- und liebgegewonnenen Traditionen weiter zu pflegen ken. Als „identitätsfestigende Einrichtungen” werden (Kirmes, Traditionsfeste, Mundart, heimisches Liedgut). vor allem die Kirchengemeinden, die Ortsvereine sowie Ihr Erfolg ist bescheiden. Kindergärten und Schulen genannt. Lasst wenigstens die Kirche im Dorf, lautet deshalb die dringliche Bitte. An die Pfarrerinnen und Pfarrer gewandt heißt dies: Mischt 2. Die Neu-Dörfler euch in das Alltagsleben ein, bringt euch selbst und die euch anvertraute Botschaft sinngebend und lebens- Eine stark zunehmende Gruppierung in den letzten drei deutend ein. Jahrzehnten sind die Neuzugänge im Dorf. Oft sind das Menschen, die aus der Metropole aufs Land ziehen wegen der schönen Landschaft, der ruhigen Lage oder II. Die Dörfer im Dorf und die weil der Bauplatz billiger ist als in der Stadt. Manche zie- kulturvermittelnde Aufgabe hen auch nur für die Zeit der „Kinderaufzucht“ in den der Kirche ländlichen Raum. Zu den Neu-Dörflern zählen aber auch Menschen, die durch Einheiraten ins Dorf gekommen Ein Dorf, so klein und überschaubar es auch sein mag, sind. Inzwischen stellen in vielen Dörfern, die im Umland hat seine eindeutige Prägekraft, die es früher einmal ge- von Metropolen liegen, die Neu-Dörfler bereits die habt hat, verloren. Auf der einen Seite hat der Traditi- Mehrheit der Bevölkerung. In ihrem Bewegungsdreieck onsabbruch auch auf dem Land längst eingesetzt und sind sie ganz anders ausgerichtet als die Alt-Dörfler. Sie Orientierungsverluste mit sich gebracht. Auf der ande- orientieren sich an individuellen Interessen; sie wollen, ren Seite ist die Vielfalt der unterschiedlichen Lebens- dass das Dorf ihnen auch bietet, was sie von ihm erwar- formen und Überzeugungen aus der Stadt einge- ten. Man kann das Bewegungsdreieck mit dem Party- wandert. Das Dorf ist keine “heile Welt”, es ist weder keller (für ausgesuchte Freunde), einem Interessenverein naturbezogene Idylle noch Geborgenheitsreservat. Es (Trimm -Dich, Golf, Tennis) und dem Zweitwagen (den ist keine in sich geschlossene Lebenswelt, sondern viel- sie wegen der hohen Mobilität brauchen), kennzeichnen.

170 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Ulf Häbel

Das Traditionsdreieck der Alt-Dörfler ist ihnen fremd, ja an Orten kultureller Heimatlosigkeit bzw. in cliquenbe- geradezu suspekt. Sie wollen sich auch nicht in die tra- stimmten Nischen: In der Gartenhütte am Ortsrand, in ditionelle Dorfgemeinschaft (Gesangverein, Feuerwehr, ihrem eigenen Kultverein (Fanclub) und in auffallendem Schützenverein) einbringen. Für die Alt-Dörfler ist die- Konsumverhalten (Medien, Alkohol). Sie spielen für die ses starke persönliche Interesse der Neu-Dörfler bei aktive Gestaltung des dörflichen Lebens keine Rolle. Sie gleichzeitig fehlender Identitätsabsicht mit dem alten werden, wenn die Anzahl nicht zu groß ist, meist gedul- Dorf befremdlich, fast beleidigend. det, aber kaum ins dörfliche Leben einbezogen. Sie ver- bindet eher eine negative Identität mit dem Dorf. Wenn man das dörfliche Leben im Horizont dieser vier „Kul- 3. Die emanzipierten Dörfler turkreise” bzw. Verhaltensmuster begreift, wird klar, dass das Dorf ein Lebensraum sozialer Umbrüche und Span- Eine dritte Gruppe, die in den letzten drei Jahrzehnten nungen ist. in Dörfern von sich reden machten, kann man als eman- zipierte Dörfler bezeichnen. Es handelt sich oft um jün- Eindeutige Orientierungen sind der Vielfalt und Wider- gere Menschen – besonders Frauen – die eine neue sprüchlichkeit gewichen. Auseinandersetzungsfähigkeit Ländlichkeit und Lust am Dorf mitbringen. Sie ziehen ist angesagt, die auf der Anerkennung der neuen Plura- ähnlich wie die Neu-Dörfler aus irgendeinem, oft indivi- lität des Dorfes basiert. Es geht in einer nachhaltigen duellen Grund ins Dorf. Oft sind es auch Menschen, die Entwicklung des dörflichen Lebens nicht um die Frage, nach längerer Abwesenheit (z. B. Ausbildung, Beruf) in welche Gruppierung sich durchsetzt, sondern um die ihr Herkunftsdorf zurückkehren. Sie sind in der Regel gegenseitige Vermittlung der Lebensformen und die nicht an der traditionellen, ländlichen Agrarkultur inter- Vernetzung der verschiedenen kulturellen Prägungen. essiert, aber am Dorf als regionalem Lebensraum. Sie Im Mittelpunkt des dörflichen Lebens steht nicht eine suchen gemeinsame Handlungsorte im Dorf. Sie enga- bestimmte Prägung des Menschen, sondern der gieren sich in Bürgerinitiativen, die z.B. zur Einrichtung Mensch selbst, in seiner gottebenbildlichen Würde und von Krabbelgruppen für Kleinkinder führen. Sie bringen mit seinem Recht auf die eigene und im sozialen Kontext Ideen zur Einrichtung eines Waldkindergartens ein oder verantwortete Lebensgestaltung. Dieser kulturvermit- unterstützen die Wiedereröffnung von Dorfschulen, telnden Aufgabe sollte sich die Kirche im Dorf stellen. Läden oder Selbstvermarktungshöfen. Man könnte sie Denn sie ist mit ihrer biblischen Botschaft an den Men- als Anhänger einer neuen ländlichen Bewegung be- schen gewiesen, dessen Wert nicht in ökonomischer zeichnen. Ihr Bewegungsdreieck ist zwischen Bürger- Nutzbarkeit oder einer spezifischen kulturellen Prägung initiativen, Direktvermarktungsorten und dörflichen liegt, sondern in seiner Gottebenbildlichkeit und Ver- Kunstkneipen zu sehen. Sie haben zwar eine gebro- söhnungsfähigkeit. Die Kirchengemeinde kann Forum chene und auf Zeit begrenzte Identität mit dem Dorf; ihr für den vermittelnden Diskurs sein, da sie sich nicht par- Interesse gilt aber der Gestaltung des gemeinsamen tikularen Interessen unterwerfen muss. Pfarrerinnen und dörflichen Lebens. In diesem Bewusstsein, dass Treff- Pfarrer im Dorf sollten „Lotsen” zwischen den unter- punkte, Kontakte und Kommunikation zwischen den schiedlichen Kulturen sein, um verständnisverbindend Menschen sinnvoll und nötig sind, gibt es Berührungs- und vermittelnd zu einer gemeinsamen Kultur der punkte mit den Alt-Dörflern und gelegentlich Hand- Menschlichkeit beizutragen. lungskoalitionen mit ihnen. III. Lasst die Kirche im Dorf – 4. Die Rand-Dörfler die letzte Instanz für eine Kultur der versöhnten Gemeinschaft Eine vierte Gruppe stellen Randsiedler des Dorfes, die isoliert und am Rand leben. Ob es die entwürdigend be- In einem Dorf gab es Streit zwischen zwei Vereinen um zeichneten „Dorfdeppen” sind oder zwangsweise zuge- den Termin und die Gestaltung der Kirmes. Als sich wanderte Aussiedler oder Asylsuchende: Sie leben ohne keine Lösung in dem entstandenen Konflikt finden ließ, innere Zugehörigkeit zum Dorf, bleiben meist Rand- gingen ein paar Leute zum Ortspfarrer mit der Bitte: siedler und heimatlos. Sie finden ihr Bewegungsdreieck „Herr Pfarrer, Sie müssen sich da einmischen; die Kirche

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 171 Ulf Häbel ist doch überparteilich und steht für Versöhnung!” Mit Wahrnehmen dieser Bitte war ein durchaus richtiges Empfinden für die Aufgabe der Kirche beschrieben. Sie vertritt keine par- In einem Dorf war nach mehrjähriger Vakanzzeit wieder tikularen oder gruppenspezifischen Interessen. Sie soll ein Pfarrer in sein Amt eingeführt worden. Auf die Frage, ein Gemeinschaftsinteresse entwickeln und fördern hel- was man von ihm erwarte, sagte jemand: „Wir wollen, fen, das die unterschiedlichen Gruppierungen und Le- dass der Pfarrer für uns da ist und keine Programme auf bensanschauungen in konstruktive Beziehung bringt. uns runterlässt“. Die Präsenz des Pfarrers ist nötig, seine Nicht die einseitige Zugehörigkeit zu einem Kulturkreis, wahrnehmende Anwesenheit, die teilnehmende Partizi- sondern deren Vermittlung beschreibt die angemessene pation. Innerkirchlich gesprochen geht es weniger um Aufgabe der Kirche im Dorf. Wenn auch Kirche und die Residenz im Pfarrhaus, mehr um die empathische Pfarrhaus meist im alten Dorf stehen und damit der und zuverlässige Präsenz im Lebensraum. Der Pfar- Wunsch der „Alt-Dörfler” verständlich ist, dass der Pfar- rer/die Pfarrerin soll die Menschen aufsuchen, ihre Be- rer einer von ihnen sein soll, steht der Pfarrer/die Pfar- dürfnisse und Lebenssituationen kennenlernen und rerin zwischen den Kulturkreisen. Er/sie soll sie angemessen zur Sprache bringen. Die Landbevölkerung vermitteln und so das Zugehörigkeitsgefühl aller Men- ist durch die kulturellen Verluste der letzten Jahrzehnte schen zu ihrer Lebenswelt stärken. weitgehend verstummt. Besonders den Bauern hat es die Sprache verschlagen, die „Opfer” veränderter Le- Das Leitbild des Dorfes, in dem ich lebe – es wurde im bensbedingungen wurden! Dieses Phänomen aufmerk- Zuge des Dorferneuerungsprozesses entwickelt – lautet: sam wahrzunehmen und behutsam und angemessen In unserem Dorf soll jede und jeder Heimat, Bildung und wieder zur Sprache zu bringen, ist eine geradezu seis- Identität finden. Die Kirchengemeinde wird zum Forum mographische Aufgabe für die Kirche auf dem Land. für einen Diskurs über die unterschiedlichen Vorstellun- gen und Lebensentwürfe im Dorf. Die dahinter stehende Vision ist die Beheimatung aller Menschen im Ort, die Verstehen versöhnte Gemeinschaft bei unterschiedlichen biogra- phischen, religiösen und kulturellen Prägungen. Wenn es uns gelingt die unterschiedlichen Bedürfnisse Eine biblische Metapher für diese Vision finde ich im und Lebensumstände der Menschen angemessen aus- „wandernden Gottesvolk“: Zu dem in der Wüste wan- zudrücken und in einen konstruktiven Diskurs miteinan- dernden Volk gehörten Avantgardisten und Nachzügler, der zu bringen, werden sich die Menschen von „ihrer Links- und Rechtsabweichler, Zentralisten und Rand- Kirche“ verstanden und sich ihr zugehörig fühlen. Wenn siedler. Sie zählten alle dazu. Erst zusammen waren sie wir nicht einseitig für Traditionen oder moderne Ideen, das Volk. Für die Gemeinsamkeit stand der Kultus (Got- für individuelle Interessen oder Anpassungen an Kollek- tesdienst, Gebet, Gesang), der alle in ihrer Würde ach- tive stehen, sondern die faire und konstruktive Beziehung tete und sie über alle Unterschiede hinweg einte. Die der Unterschiede aufeinander fördern, kann ein neues dargelegte kulturorientierte Aufgabenstellung der Kir- Verständnis für eine versöhnte Gemeinschaft entstehen. che geht über religiöse Dienstleistung (Gottesdienst, Amtshandlung, Unterricht) hinaus. Sie ist ein ständiger Mit einem Begriff aus der interaktionistischen Rollen- Prozess der Partizipation und Begleitung von Menschen theorie kann man das die Ambiguitätstoleranz nennen. in einem sich wandelnden Lebensraum. Der evangeli- Damit ist nicht eine repressive Toleranz gemeint, die sche Theologe Friedrich Schleiermacher hat einmal von sagt, man kann es ja nicht ändern, dass es die Anderen der gegenseitigen Anverwandlung von Glaube und Le- (Rand-Dörfler, Traditionalisten usw.) gibt, man muss sie benswelt gesprochen. Dieser Prozess lässt sich an dem eben ertragen. Ambiguitätstoleranz ist der Wunsch und Dreischritt der Organisationsentwicklung – wahr- das Bestreben, die anderen zu verstehen und bei allen nehmen, verstehen, gestalten – deutlich machen. religiösen, biographischen oder kulturellen Verschie- denheiten den Lebensraum, den alle teilen auch ge- meinsam zu gestalten. Für dieses Bemühen steht die Kirche im Dorf. Deshalb sollten Pfarrerinnen und Pfarrer Lotsen zwischen den Kulturkreisen sein und für einen zielorientierten Diskurs einstehen.

172 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Ulf Häbel Gestalten

Die skizzierte Aufgabe schließt natürlich ein erhebliches Maß an Konfliktpotential ein, dem sich die Kirche nicht entziehen kann. Sie wird geradezu ein Forum für Aus- einandersetzungen sein müssen. In der pluriformen Ge- sellschaft (auch im Dorf) gibt es bei der Suche nach Orientierung drei grundlegende Verhaltensmuster. Das eine ist der Rückzug in die eigene kulturelle Nische. Menschen ziehen sich in die vertraute Traditionen und Herkunftsbräuche, in ihre Kindheitsfrömmigkeit oder Er- fahrung zurück. Rückzugstendenzen in die totale Privat- heit oder in gleichgesinnte (oft fundamentalistisch orientierte) Gruppierungen werden zurzeit immer stär- ker. Das zweite grundlegende Verhaltensmuster ist die ständige Anpassung an Trends, Modeerscheinungen und angebliche Mehrheitsmeinungen. Bei dieser Hal- tung ist der Verlust der eigenen Identität für Einzelne wie auch Gruppen und Organisationen unausweichlich. Das dritte Grundmuster, das alleine die Kultur der versöhn- ten Gemeinschaft fördern kann, ist die Auseinander- setzung. Bedingung dazu sind die realistische Wahr- nehmung der Situation im (ländlichen) Lebensraum, das Verständnis für die unterschiedlichen Lebensformen und Prägungen sowie die Fähigkeit, die Unterschiede fair aufeinander zu beziehen.

Die Kirche im Dorf sollte diese Auseinandersetzung för- dern, ja ein Forum dafür sein. Damit würde sie eine Kul- tur der versöhnten Gemeinschaft der Menschen vertreten, was ihrem Auftrag entspricht. Ein besonderes Interesse der Kirche müsste bei den Randsiedlern der dörflichen Gemeinschaft liegen. Denn an den Rändern einer Gesellschaft wird deutlich, wohin sie tendiert. Die Ränder zeigen Brüche, Abbrüche oder innovative Ten- denzen auf. Die Ränder sind wie ein Tastsinn für abster- bendes oder auferstehendes Leben.

Deshalb: Lasst die Kirche im Dorf als letzte Instanz einer Kultur der Menschlichkeit.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 173 Impressionen

174 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Roswitha Rüschendorf Regierungspräsidium Kassel

Eindrücke und Einblicke

Als „Luftschnäpper“ sind wir Mitte Juni aufgebrochen; Reisende, die Kulturraum, Landschaft und Ihr Dorf ken- nen lernen wollten. Luftschnäpper, das sind Erholungs- suchende, die einfliegen, sich alles kurz anschauen, eine gewisse Unruhe ins Dorf bringen, und dann wieder ver- schwinden. So mögen es vielleicht einige von Ihnen oder Ihrer Mitbewohner gedacht haben, nicht wahr? Aber unser Besuch war ein wenig diffiziler, unsere Be- wertungstätigkeit komplex und anspruchsvoll. Doch dazu später mehr.

Vorbemerkung • die Richer Vereine und Gruppen zeigten uns ein- drucksvoll, dass es nicht auf die Anzahl der Vereine Wir, die Sommerfrischler, wurden herzlich, mit Anspan- ankommt sondern auf das, was man daraus macht; nung, einer gewissen Unruhe, aber zuweilen auch einer • den Aufbau einer Tauschbörse für individuelle Hilfe- guten Portion Gelassenheit empfangen. Sie haben uns leistungen, dass haben sich die Rai-Breitenbacher eingeladen Zeugen zu werden: Zeugen von dem, was vorgenommen; Sie und Ihr Team zusammen mit der Bewohnerschaft • dass die hohe Lebensqualität in Heubach selbst und Ihrer Kommune für Ihren Ort in den vergangenen Außerirdische zum Bleiben ermuntert, dass demon- Jahren und Monaten initiiert, organisiert und aufgebaut strierten uns die Häwicher mit Selbstironie; haben. Für Sie ging es darum, eine Momentaufnahme • da ist Hofbieber, die Jung und Alt, Einheimische und für uns zu „zeichnen“ und dabei auch Ihre Visionen, Gäste über einen Generationenpark noch mehr zu- Ziele und Ideen für die weitere Zukunft Ihres Lebens- sammen führen wollen; mittelpunktes zu präsentieren. • selbst überdurchschnittliche Vereinsaktivitäten sind noch zu toppen, dass führte uns Pfordt durch die Wir sind gestoßen auf Dörfer voller Energie (nein, nicht Neugründung des Vereins Kultur-Aktiv vor; wie Sie nun spontan denken, Bioenergiedörfer, die gab • die Ressourcen von Naturraum und Menschen auch es auch, aber dazu später), Dörfer, die vor Tatendrang wirtschaftlich nutzen, darauf verstehen sich die Al- klirrten, ohne indessen den Bezug zum Realisierbaren lendorfer; verloren zu haben. Für Ihre Darstellungen (!!!), Ihre Herz- • Ein Beispiel für eine interaktive Wertschöpfung, dafür lichkeit und Gastfreundschaft bedanke ich mich im steht Launsbach; hier werden Kooperation und so- Namen alle Kommissionsmitglieder noch einmal aus- zialer Austausch groß geschrieben; drücklich! • Dass Bürger Verantwortung übernehmen wollen und können, dass zeigen die Bürger aus Zella: Sie haben die Trägerschaft für ihr DGH übernommen; Einblicke in die Themenvielfalt • Ein Team von Experten, so gestaltet sich die Arbeit und Arbeitsstrukturen des Ortsbeirats in Dillich; • die Jugend über ein eigenes Parlament zu Wort kom- Gesehen haben wir vieles! Einen Farbtupfer aus der Pa- men lassen, dass hat sich Kleinern vorgenommen; lette der Darbietungen möchte ich Ihnen im Folgenden • ihre Ortsmitte wollen sie wieder beleben, daran ar- andeutungsweise zeichnen: beiten alle in Schönau;

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 175 Roswitha Rüschendorf

• (Vor-)Lesen bildet, dass sagten sich die Oberrospher Das geht nur, wenn gegenseitiges Vertrauen besteht, und bauten ihr Wiegehäuschen zu einer lebendigen Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird und Bücherei um; auch die eine oder andere Alleinzuständigkeit aufgege- • ungewöhnliche Schritte gingen die Schönstädter, um ben wird. Ein „dickes Fell“ und Humor, Beharrlichkeit ihren (privat geführten) Dorfladen wieder auf die und Diplomatie sind persönliche Eigenschaften, die es Beine zu helfen; Ihnen erleichtern, Misstrauen, Abwehr, Neid und Fehl- • sechs Auszeichnungen für regionaltypische Gärten – schlägen zu begegnen. Denken wir z.B. daran, welche damit schafft Ober-Ofleiden nicht nur Augenweiden Hürden zu überwinden sind, um ein Leerstands- und im Ortsbild sondern setzt auch Vorbilder; Nutzungskataster zu erstellen und die Ergebnisse öf- • Welche großen Wirkungen und Erfolge Diskussionen fentlich zu diskutieren. auf Augenhöhe erzeugen, davon kann sich jeder in Ehrsten überzeugen; Zusammenfassend ist für mich festzuhalten, dass all die • 100 Projekte in 10 Jahren, dass schafft nur Hümme; dörflichen Projekte auf einem hohen Grad der innerört- • Die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Kommune er- lichen Kommunikation und Vernetzung beruhen. Dieses kennen und Wünsche erfassen, dass initiiert Breuna zeichnet aus meiner Sicht nicht nur die 19 Teilnehmer- durch eine ungewöhnliche Fragebogenaktion; orte am Landesentscheid, sondern auch alle 200 Dörfer • wenn kein Geld da ist, dann pflastern wir eben selbst aus dem Regionalentscheid 2008 aus. Dadurch unter- unsere Straße, das sagten nicht nur die Bürger aus scheiden sie sich von vielen anderen hessischen Dörfern Kleinvach, sondern sie taten dieses auch; und Stadtteilen. Alle hier im Saal wissen aus Erfahrung, • wie junge Menschen eine alte (Pfarr-)Scheune wie- welches Geschick es erfordert, aus einer Idee ein Stroh- derbeleben können, dass zeigt Röhrda. feuer zu entfachen; welche Bemühungen erforderlich sind, Nachbarn, Vereins- und Parteikollegen etc. zu er- Vermeintliche Selbstverständlichkeiten, die uns in zahl- reichen und letztendlich diese zu überzeugen, an dem reichen Dörfern weiterhin begegneten waren … Gedanken weiter zu arbeiten. Dutzende von Abstim- mungen und Konzeptentwürfen pflastern den Prozess, • die gemeinschaftliche und ehrenamtliche Pflege öf- bis ein Projekt umgesetzt wird. Wie viel Überzeugungs- fentlicher Grünanlagen, arbeit ist zu leisten, bis im Idealfall eine Veränderung in • die Nachbarschaftshilfen, den dörflichen Alltag zur Selbstverständlichkeit wird. • die Erstellung von Engagement-Barometern durch den Einsatz der Arbeitshilfe „Selbstbewertung leicht Von meinem Beitrag am heutigen Tage erwarten Sie gemacht“, daher zu Recht, dass ich hervorhebe, wie stark Sie waren • die Internetpflege, und sind, wie überdurchschnittlich Ihr Zusammenwirken • Kooperationen zwischen Schulen, Kindergärten und um eine attraktive Zukunft für Ihren Ort. Hierin bestärke Vereinen, ich Sie und mit mir alle Kommissionsmitglieder gerne • die Bespielung gemeinschaftlich errichteter Kultur- und mit voller Überzeugung. Ihre Dörfer stehen für In- scheunen, novation und Aufbruch. Dieses bejaht ausdrücklich die • die Betreibung von Dorfläden, Unterschiedlichkeit der Ausgangsbedingungen und • die Erstellung regelmäßig erscheinender Dorfzeitun- auch der Ansätze und Projekte. Sie können Stolz auf das gen und vieles mehr. hohe soziale und kulturelle Wirken in Ihrem Ort sein. Und: Sie persönlich dürfen mit großer Zufriedenheit auf Das alles initiieren Sie und mit Ihnen viele andere. Sie das bisher Erreichte blicken. In diesem Sinne haben für haben nicht nur Ideen gehabt, sondern es auch ge- uns alle Orte gewonnen, nicht nur die sechs Preisträger! schafft, Strukturen im Dorf aufzubauen. Ich denke an die- ser Stelle an die zahlreichen Arbeitskreise Unser Dorf mit ihren diversen Unterarbeitsgruppen. Viele haben sich Einblicke in die Bewertung bereits über Jahre bewährt und arbeiten eng mit dem Ortsbeirat und der Kommune zusammen. Der Soziologe Ungeachtet dieser Gewissheit werden Sie sich einige würde sagen: Sie schaffen und pflegen einen Ort des seit dem 9.Juli, dem Tag der Ergebnisveröffentlichung, Lernens in Ihrem Gemeinwesen. fragen: Warum stehen Schönstadt, Kleinern, Rai-Brei-

176 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Roswitha Rüschendorf tenbach, Oberrosphe, Pfordt und Kleinvach an der rien. Bei der Bereisung waren große Unterschiede in der Spitze der Bewertung und nicht wir? Wodurch unter- örtlichen Darstellung zu verzeichnen. Im Gesamtergeb- scheiden sich ihre Projekte von den unsrigen? Was zeich- nis ist es nur dem beharrlichen Nachfragen einzelner net sie aus? Waren wir nicht überzeugend? Haben wir Kommissionsmitglieder zu verdanken, dass manche uns unzureichend präsentiert? Orte auf die jetzige Punktzahl kamen.

Sicher in dem einen oder anderen Ort wäre die Regie Betrachten wir uns nunmehr den oben genannten zwei- noch verbesserungsfähig. Diese Antwort sehe ich aber ten Aspekt. Oder: Was bedeuten diese Vorgaben für die nur vor dem Hintergrund, dass in einer optimalen Prä- Arbeit der Kommission? Wie kamen wir zu den Enzel- sentation möglichst alle Wettbewerbskriterien ange- informationen und damit Ergebnissen? sprochen werden. Um die Fülle der dörflichen Ansätze in der knappen Zeit Zunächst zur Frage: Was fließt denn in eine Bewertung von 1,5 oder 2 Stunden aufnehmen zu können, war es ein? Eine Bewertung beruht vor allem auf zwei Aspek- unser Anliegen, möglichst viele Informationen zu sam- ten: meln. Dieses erfolgte zunächst durch Ihre Präsentation. Erster Aspekt: Die Berücksichtigung aller Bewertungs- Aber, wir ergänzten diese durch gezielte Gespräche ein- kriterien in ihrer Auffächerung in fünf Hauptkriterien und zelner Kommissionsmitglieder mit den Bewohnern. Es zahlreichen Unter- und Teilkriterien. Sie gemeinsam bil- wäre einfacher – für alle – gewesen, lediglich gemein- den die Grundlage der Bewertung. Das heißt: Zu jedem sam den Worten der „Sprecher“, also nur einigen, zu – auch Teilkriterium – erfolgt eine Einschätzung und Be- lauschen. Als angemessen haben wir es jedoch be- wertung – und das auch, wenn ein Teilkriterium nicht trachtet, das eine zu tun, ohne das andere nicht sein zu vorgestellt wurde. lassen. D.h. wir haben uns bewusst bei den Ortsrund- Zweiter Aspekt: Die Glaubwürdigkeit der Vermittlung. gängen unter die Bewohnerschaft gemischt. Erhalten Hierzu sind in der Regel ergänzende Informationen als haben wir dadurch einen Strauß aus Informationen, Mei- das offiziell Präsentierte erforderlich. nungen und Eindrücken. Sie bildeten die Basis für den späteren internen Austausch. Sie sind die Grundlage, Weiter zur Frage: Was macht nun eine überdurch- dass die Breite der örtlichen Ansätze möglichst umfas- schnittliche Bewertung aus? send bewertet werden kann. (Es wäre allerdings ver- Bei einer überdurchschnittlich guten Bewertung haben messen zu sagen, dass dieses wirklich gelingen kann.) die Orte zunächst zu allen fünf Haupt- und Unterkrite- rien Aussagen getroffen. Dabei werden zu zahlreichen Nicht alle fanden unser (angekündigtes) Vorgehen, den Aussagen auch Ansätze gezeigt. Eine überdurchschnitt- Kontakt auch mit der weiteren Bewohnerschaft im Ver- liche Bewertung hat darüber hinaus auch mindestens in lauf des Rundganges zu suchen, vorteilhaft. Zu sehr einem Hauptkriterium in Gänze, zumeist aber in zweien, waren doch einige auf eine lediglich geschlossen – zu- besonders hoch punkten können. hörende Kommission eingestellt. Dass wir hier zuweilen für Irritationen gesorgt haben, bedauere ich. Gleichwohl Dieses kann anschaulicher so beschrieben werden: Es bestätige ich, dass es für jeden Ort, in dem es auch Zeit reicht nicht, wenn z.B. in dem Hauptkriterium 2 „Bür- für Gespräche gab, ein Gewinn war. gerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen” die „Kulturelle Vielfalt“ als ein Unterkriterium von vieren au- ßergewöhnlich hoch ist. Auch die anderen drei Teilkrite- Diesjährige Besonderheit rien müssen recht hoch bepunktet werden, um abschließend eine überdurchschnittliche Punktzahl im Ich möchte nicht schließen, ohne auf eine Besonderheit Hauptkriterium 2 zu erzielen. So ist zu erklären, dass die in diesem Jahr zu sprechen zu kommen, zumindest für Bewertungsspanne im Hauptkriterium 2 in der Gruppe B mich war es eine. Unter den 19 Orten waren zwei Kern- zwischen 23 und 31 (von max. 35) Punkten liegt. gemeinden. Dieses stellt alle Beteiligten vor eine große Offensichtlich ist auch die Spanne im Hauptkriterium 1 Herausforderung, insbesondere auch dann, wenn kein „Allgemeine Entwicklung“. Dieses Handlungsfeld um- Ortsbeirat vorgesehen ist. Da der Landeswettbewerb fasst drei Unterkriterien mit klar formulierten Teilkrite- nicht als ein Wettbewerb der Kommunen ausgeschrie-

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 177 Roswitha Rüschendorf ben ist, mussten, aus dem Blickwinkel der Kommission, Gegenteil, also die Verbindung der einzelnen Aspekte die ortsspezifischen Ansätze herausgestellt werden. Hier sowie die dahinter stehenden Motive herzustellen. Nur gilt mehr denn je die Aussage: Bewertungsgrundlage durch diese beiden Prozesse war es uns möglich, die bleibt die Richtlinie. Das kann im Ergebnis bedeuten, Komplexität der dörflichen Strukturen zu erfassen. dass wir die Aktivitäten und Ansätze des Bürgermeisters, der Gemeindevertretung und der Verwaltung ohne Ab- Ich leite nunmehr zu einem thematischen Schwerpunkt striche als engagiert, zukunftsweisend und überdurch- über, der gegenüber dem Wettbewerbsjahr 2006 in die- schnittlich einschätzen. Dennoch muss der Ort im sem Jahr noch augenfälliger vertreten war: Dem Ausbau Ergebnis nicht (ganz) vorne liegen. Denn die Jury be- und der effektiven Nutzung nachhaltiger Energien. Hier- wertet den Ort auch vor der Frage: Welchen Anteil mit waren und sind aktuell viele der 19 teilnehmenden haben die Ortsbewohner an der Entstehung und Um- Kommunen und Stadt-/Ortsteile befasst. Die präsen- setzung des Gezeigten – oder – Was konkret tue ich in tierten Beispiele waren hinsichtlich ihrer Konzeption und meinem Ort für meine Kommune? Flapsig formuliert? Umsetzung beeindruckend und (mit kleinen Einschrän- Nicht allein die Geschicke und Weitsicht des Bürger- kungen) überzeugend. Vor diesem Hintergrund wird meisters und des Parlaments stehen im Vordergrund der nunmehr mein Kollege aus der Jury, Herr Norbert Lemb, Bewertung. Gleichwohl sind diese wichtig und finden auf einige Wettbewerbsorte und ihre energetischen sich entsprechend auch in verschiedenen Kriterien wie- Wege besonders eingehen. der. Vergleichbares gilt auch für die Orts- und Stadtteile, in denen Einrichtungen der Stadt und des Landkreises Ich bedanke mich für Ihr Zuhören! (Kindertagesstätten, Sozialzentren, Schulen, etc.) über- durchschnittlich vertreten sind, z.B. wie in Allendorf, Ri- chen, Launsbach).

Eine persönliche Anmerkung am Rande: Ich könnte mir sehr gut einen Landeswettbewerb vorstellen, der, unter Aufnahme der regelmäßigen Veröffentlichungen des Hessischen Städte- und Gemeindebundes unter der Überschrift Aktive Bürger – Starke Kommunen steht. Haben doch in den vergangenen Jahren zahlreiche Ge- meinden und Städte nicht nur neue Wege auf die de- mografischen und strukturellen Herausforderungen gesucht, sondern auch dabei die Bedeutung der Bürger bei der Bewältigung der Aufgaben (wieder-)entdeckt. Wir zumindest haben großartige Kommunen auf der Be- reisung vorgefunden

Lassen Sie mich abschließend zum Ausgangspunkt mei- ner Gedanken, dem Bild des Luftschnäppers, zurück kehren, also zur Vorstellung des einflatternden und das Dorf überfliegenden Besuchers: Die vorherigen Einblicke in die Vielfalt der Themen und das Prozedere der Bewertung sollten die Komplexität einer Ergebnisfindung nochmals veranschaulichen. Die- ses war mir auch deshalb wichtig, um dadurch die eine oder andere Enttäuschung zu relativieren. Wir waren vor Ort bemüht, das Präsentierte zu differenzieren und zu- gleich zu einem Ganzen zu integrieren. Das Differenzie- ren zielte auf die Wahrnehmung von Details und die Vereinzelung des Gezeigten. Die Integration suchte das

178 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Impressionen

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 179 Impressionen

180 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Norbert Lemb Bewertungskommission

Regenerative Energien – Chancen für den Ländlichen Raum

Als Jury-Teilnehmer der letzten drei Landeswettbewerbe „Unser Dorf hat Zukunft“ fällt bei der Bereisung 2009 auf, dass die Regenerativen Energien deutlich an Be- deutung im Ländlichen Raum gewonnen haben. Sicher kann man sagen, das hängt mit der allgemeinen Be- deutung der regenerativen Energien in der Energiepro- duktion, der gesellschaftlichen Diskussion und der Wirtschaftlichkeit zusammen. Aber so einfach ist es nicht.

Bei der Bereisung wurde deutlich, dass in den Dörfern oft von Verlusten gesprochen wird. Der demografische Wandel mit Verlust an Einwohnern, Verlust an Infra- betreiben. Wichtig ist dabei, dass die Region nicht nur struktur und Einkaufsmöglichkeiten sowie dem Verlust die Lasten der Windkraft durch landschaftliche Beein- an sozialen und kulturellen Einrichtungen. Auf einmal ist trächtigungen trägt, sondern auch an der wirtschaftli- da ein Thema, das neu ist, das neue Potenziale für eine chen Wertschöpfung, der meist von Fonds und wirtschaftliche Tätigkeit erschließt, ja sogar – wenn auch Investoren gebauten Anlagen, partizipiert. in begrenztem Maße, aber immerhin – auch neue Ar- beitsplätze ins Dorf bringen kann. Die Produktion und Nutzung von Biomasse in Biogas- anlagen ist die Fortsetzung der klassischen Landwirt- Der Ländliche Raum, das Dorf, bietet hier neue Chan- schaft. Dies geht nur mit der notwendigen Fläche, den cen und Potenziale. Ein Mix an Möglichkeiten, regene- landwirtschaftlichen Geräten und natürlich der Investi- rative Energie zu gewinnen, ist im Ländlichen Raum tion in eine Biogasanlage. Hier kann die Landwirtschaft gegeben. Wasserkraft, Sonnenstrom, Windkraft, Bio- – neben dem klassischen Anbau von Nahrungs- und Fut- masse! Und der besondere Charme dieser Energie ist termitteln – in die Energieerzeugung bzw. in die Vorstufe nicht nur die wirtschaftliche Ertragskraft – es werden dazu einsteigen und ein zusätzliches Element der wirt- auch strukturelle Potenziale des Ländlichen Raumes schaftlichen Wertschöpfung erschließen. (wieder) genutzt. Die Biomasse Holz ist in einigen Regionen als regiona- Für die energetische Nutzung von Wasserkraft werden ler und nachwachsender Rohstoff wieder entdeckt wor- alte Mühlen, die früher eher lokalen Produktionsprozes- den. Nicht nur die stark angestiegene Gewinnung von sen Strom lieferten, wieder rentabel und genutzt. Oft- Kaminholz, sondern auch die Nutzung in lokalen Bio- mals werden sie durch ortsfremde Investoren betrieben. massekraftwerken hat nicht nur ökologische Vorteile, Aber, neben der Stromnutzung kommt so oft Kapital ins sondern sie fördert auch regionale und lokale Wert- Dorf, welches auch die Bausubstanz und nicht nur das schöpfungsketten. „Kraftwerk“ saniert. Das Orts- oder Landschaftsbild pro- fitiert so nebenbei. Die Solarstromproduktion ist bisher auf großen Flächen – allerdings nur mit Bebauungsplan – möglich. Klassi- Bei der Windkraft profitiert nicht immer das Land- sche Ackerflächen können für Freiflächen auch genutzt schaftsbild. Hier sind sicher Einzelfallentscheidungen zu werden, allerdings ist die meistverbreitete Form der So- treffen. Unstrittig ist, dass der Ländliche Raum die Fläche larstromproduktion die Nutzung von großen Dachflä- zur Verfügung hat, um Windparks aufzunehmen und zu chen. Hier können eine bisher ungenutzte Scheune

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 181 Norbert Lemb wieder zu einem Wirtschaftsfaktor und die dörfliche Ge- bäudestruktur zu einem Nutzen für seine Eigentümer werden.

Die Nutzung Regenerativer Energien im Ländlichen Raum ist eine Chance, die in mehrfacher Form zukunfts- fähig ist. Erstens ist die Energiegewinnung mit regene- rativen Ressourcen zukunftsfähig, zweitens ist zu erwarten, dass diese Form der Energiegewinnung mit der Endlichkeit der fossilen Ressourcen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Neben der Nutzung regenerativer Ressourcen ist zumindest bei Wind, Solar und Biomasse die effiziente Gewinnung von Energie mit großen Flä- chen (Land/Dach) verbunden. Hier hat der Ländliche Raum definitiv einen Standortvorteil gegenüber urba- nen und dicht besiedelten Räumen, wo meist die Fläche nicht vorhanden ist oder die Grundstückspreise groß- flächige Anlagen wenig wirtschaftlich machen.

Dass zahlreiche Menschen die Chancen der regenerati- ven Energien im Ländlichen Raum erkannt haben und bereits nutzen, zeigen die zahlreichen Energiegewin- nungsanlagen im Ländlichen Raum. Aber auch die Dörfer und Gemeindeverwaltungen fördern diese Zu- kunftschance: Ob durch kommunale Dachanalysen zur Prüfung der Eignung für Photovoltaik oder die Bildung von lokalen Energiegemeinschaften zur gemeinsamen Produktion, Verteilung und Nutzung von Energie. Es sind alles Initiativen, die in der Summe dem Ländlichen Raum und unseren Dörfern einen Standortvorteil ge- genüber anderen Kommunen und den Ballungsräumen geben. Vor allem aber gibt die Gewinnung regenerativer Energien den Dörfern eine Zukunft.

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184 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Carola Carius Ortsvorsteherin von Cölbe-Schönstadt

Grußwort

Sehr geehrter Herr Staatsminister Posch, sehr geehrter Herr Regierungspräsident Dr. Lübke, sehr geehrte Frau Rüschendorf, verehrte Gäste aus den Teilnehmerorten,

wir alle hier haben die Chance genutzt, das Leben auf dem Land attraktiver zu gestalten. Sie, Frau Rüschen- dorf, mit der Organisation und Durchführung des Wet- tbewerbs, wir mit unserer Teilnahme und unserem Engagement. Es gilt: „Dabei sein ist alles“. Vielen Dank an den Bläserchor 1901 Schönstadt e.V., der diesen Gedanken mit „The olympic spirit“ so passend untermalte. – gute Information und Transparenz. Für die regelmäßi- Vielleicht möchten Sie wissen, warum Schönstadt im gen Treffen der Initiative „Unser Dorf hat Zukunft“ wer- Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ so erfolgreich den daher immer Tagesordnungen und Protokolle war, quasi aus dem Stand heraus auf den 1. Platz kom- geschrieben und auf unserer Internetseite und im Mit- men konnte. Ich denke: teilungsblatt veröffentlicht.

– ein Grund war sicher die interessante und gut aufgear- – unsere Broschüre „Leben in Schönstadt“ über Ak- beitete Dorfgeschichte, tivitäten und Einrichtungen in Schönstadt, die an alle Bürger verteilt wird, – die alten Gemäuer, wie das Rittergut Fleckenbühl, das Schloss, der Gutshof und die Martinskirche, – und vor allem das große Engagement der vielen Men- schen im Dorf, die sich – über den eigenen Tellerrand – die vielen Fachwerkgebäude, die dank der gezielten hinaus – den unterschiedlichsten Themen verschreiben, Förderung durch die Dorferneuerung sehr schön erhal- so wie Sie alle hier das auch für Ihre Dörfer getan haben. ten sind, Wir haben viel Unterstützung erfahren. Die Kreisver- – auch die Aktivitäten der nahezu zwanzig Vereine mit waltung Marburg-Biedenkopf half uns beispielsweise auf Ihrer zum Teil über hundertjährigen Tradition haben dem Weg, Stärken und Schwächen heraus zu arbeiten. einen Beitrag dazu geleistet, Viele Projekte konnten wir dank der Unterstützung durch unsere Gemeinde zügig umsetzen. Wir haben uns vieler – unsere zum großen Teil fein gegliederte Landschaft, Hilfen und Helfer bedient, zum Beispiel auch der Region das Grün im Dorf mit den vielen Nutzgärten, Burgwald-Eder-Bergland. Ihnen allen unseren recht her- zlichen Dank! – die Anlagen im Bereich alternativer Energiegewin- nung, die wir dank vieler Investitionen durch Privatper- In unserer Dorfbevölkerung ist eine unglaubliche Eigen- sonen und Firmen vorweisen konnten, dynamik entstanden, die ständig Neues hervorbringt. Ganz besonders gelungen ist die Neuauflage unserer – unser Energieatlas und die eigene Energiemesse 2008, traditionellen Dorfkirmes. Mitglieder des Bläserchors die eine gute Grundinformation für unsere Mitbürger erstellten ein neues Konzept für das Fest, das nun leistete, „Schönstadt feiert“ heißt. Es beinhaltet einen hohen

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 185 Carola Carius

Spaßfaktor, richtet sich im Kern an die Dorfbevölkerung und hat mit der Dorfolympiade und den Mannschaften der Straßen und Firmen einen äußerst integrativen Charakter, ganz bewusst generationenübergreifend. Wir freuen uns schon auf die zweite Ausgabe des Festes Ende Oktober.

Ein besonders wichtiges Projekt heißt „Nahversorgung Schönstadt“. Wir haben in dieses Projekt viel Zeit in- vestiert, da wir der Überzeugung sind, dass die Ver- sorgung unseres Dorfes mit den Gütern des täglichen Bedarfs und die Schaffung eines lebendigen Dorfmit- telpunktes unerlässlich sind, will man das Miteinander, die lebendige Dorfgemeinschaft fördern. Dazu gehört für uns auch, dass für ältere Mitbürger die Möglichkeit eines betreuten Wohnens geschaffen wird.

Verehrter Herr Posch, wir würden uns freuen, wenn wir insbesondere hierfür auf Ihre Unterstützung zählen könn- ten. Es ist gesamtgesellschaftlich von großem Nutzen, wenn wir – alt geworden – nicht oder nicht verfrüht in die Pflegeeinrichtungen der umliegenden Städte um- gesiedelt werden müssen und wenn das Dorf als Kul- tur- und Lebensraum in seiner Vielfalt weiter entwickelt wird. Ich freue mich sehr, den Preis für unser Dorf ent- gegen nehmen zu dürfen und ich tue dies in dem Bewusstsein, dass jedes Teilnehmerdorf Lob und An- erkennung verdient hat.

Recht herzlichen Dank!

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188 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Werner Waid Ortsvorsteher von Edertal-Kleinern

Grußwort

Sehr geehrter Herr Staatsminister Posch, sehr geehrter Herr Regierungspräsident Lübcke, sehr geehrte Frau Rüschendorf, verehrte Mitglieder der Landesbewertungskommission, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Aus „lustig Kleinern“ grüße ich Sie alle als Ortsvorsteher ganz herzlich. Kleinern ist ein 620 Seelen-Ort der Gemeinde Edertal und liegt im Naturpark Kellerwald- Edersee zwischen dem Heilbäderzentrum Bad Wildun- gen-Reinhardshausen und dem Edersee, idyllisch gelegen im Wesetal, südöstlich am Nationalpark Keller- wald-Edersee.

Das landwirtschaftlich geprägte Dörfchen entwickelte Am 9. Juli teilte uns Frau Rüschendorf mit, dass wir im sich in den letzten Jahren mit maßgeblicher Hilfe der Re- Dorfwettbewerb mit hauchdünnem Vorsprung den gionalförderung zu einem kleingewerblich und touris- 1. Platz belegten und damit Hessenmeister 2009 für tisch orientierten familienfreundlichen Luftkurort. Orte ohne Dorferneuerung sind. Den Freudentaumel Ausgestattet mit einer komfortablen Infrastruktur und hätten Sie erleben sollen, die Kleinerschen – ob Jung vielfältigen Freizeitangeboten! Die Ferienregion Eder- oder Alt –, alle freuten sich riesig über diesen Erfolg. Wir see etabliert sich sukzessiv zu der führenden „Sanften feierten bis in die späten Abendstunden. Und wenn’s Tourismus“-Region in Nordhessen. Das Angebot vom ums Feiern geht, da sind die Kleinerschen Bewohner Natur- und Nationalpark, sowie das darauf abgestimmte echt stark, das zeigt unsere fest- und feierfreudige Marketing des Verkehrsvereines Kleinern fördern erheb- Dorfgemeinschaft in jedem Jahr bei unseren sehr zahl- lich diese positive Entwicklung. reichen Festveranstaltungen.

Durch unsere schon mittlerweile 10. Teilnahme am Wett- Ein Festhighlight unseres Ortes möchte ich als Beispiel bewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, wurde die Chance, besonders herausstellen: Haben Sie schon einmal einen das Wir-Gefühl in unserem Ort zu stärken, genutzt und Almabtrieb besucht? Sie müssen nicht in den Allgäu führte zu einer großen Aufbruchstimmung. Die Dorfge- fahren, in Kleinern findet eine solche Veranstaltung alle meinschaft und das „Unser Dorf-Team“ schaffte es im zwei Jahre statt. Beim Almabtrieb im vergangenen Jahr, laufenden Wettbewerb, gemeinsame Aktionen anzuge- waren unter den weit mehr als 3.000 Gästen unter an- hen, beispielhaftes herauszustellen und Projektideen derem auch Besucher aus Kassel anwesend und überzeugend in die Tat umzusetzen. bestaunten das Spektakel auf dem Dorfplatz. Sie hock- ten zusammen mit anderen Personen in Lederhose und Nach dem tollen Erfolg im Regionalentscheid, das uns in Trachtenhemd, schunkelten zu der stimmungsvollen die Top Ten unseres Hessenlandes brachte, stand in un- Volksmusik, in der Hand eine halbe Maß Bier, mit einer serer Lokalpresse die Schlagzeile: Das Sommermärchen großen Haxe und Leberkäse auf dem Teller. Da sagte geht weiter. Daraufhin krempelte das „Unser Dorf- der Franz in Kasseler Mundart: Du Karl „Das es hie Team“ und engagierte Dorfbewohner wieder die Ärmel schenner als innen Allgäu!” – Und am nächsten Samstag hoch. Wir warfen uns dementsprechend in Schale und ist bei uns Kartoffelfest, zu dem ich Sie alle herzlich ein- so wurde noch ein – für unser kleines Dorf – grandioser laden möchte. Erfolg errungen.

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 189 Werner Waid

Haben Sie Verständnis und Nachsicht, das ich die Wer- gan:„lustig Kleinern, das lebendige Dorf mit Zukunft“ bung für außergewöhnliche Festveranstaltungen in un- hoch motiviert. serem Ort so deutlich herausstelle. Wir können nicht in die Zukunft blicken, aber wir können Meine sehr versehrten Damen und Herren, den Grundstein für unsere Zukunft legen und damit in einem Fachwerkdorf wie Kleinern schlägt das Herz der Zukunft bauen: Regenerative Energien, Natur und dörflichen Identität. Das haben „Unser Dorf-Team“, die Umwelt, Demographischer Wandel, Integration, Mitglieder der zehn örtlichen Vereine, zehn örtlichen überörtliche Zusammenarbeit – es gibt noch sehr viele Gruppen, der Ortsbeirat und engagierte Dorfbewohner Arbeitsfelder anzupacken und für kommende Genera- der Bewertungskommission in der Präsentation und tionen weiterzuentwickeln! beim Dorfrundgang überzeugend darstellen können. Es war sehr anstrengend, aber es hat uns auch großen Spaß Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie gemacht! das Unerreichbare. Für die Furchtsamen ist sie das Un- bekannte. Für die Klugen und Tapfern ist sie die Chance. Für die sehr gute Zusammenarbeit und Unterstützung Diese Worte des Französischen Schriftstellers Victor seitens der Gemeinde Edertal möchte ich mich bei Hugo beschreiben am besten den Kleinerschen Geist! Ihnen Herr Bürgermeister Gottschalk, aber auch dem „Unser Dorf-Team“ und allen Dorfbewohnern von Klein- Herzlichen Glückwunsch an Cölbe-Schönstadt zum ern für das große Engagement ganz herzlich bedanken. 1. Platz im Wettbewerb mit Dorferneuerung!

Einen besonderen Dank möchte ich für einen unserer Sil- Sehr geehrter Herr Stadtrad Voit, herzlichen Dank für die berlocken aussprechen: Mein besonderer Dank geht an Gastfreundschaft in der Bartenwetzer-Stadt. Vielen Dank Bert Rohrbach. Mit überaus großem ehrenamtlichen En- an Frau Göbel für die tatkräftige Unterstützung im Re- gagement installierte und aktualisiert er seit über 10 gional- und Landesentscheid. Aber vor allem, herzlichen Jahren nicht nur unseren professionellen Internetauftritt. Dank, liebe Frau Rüschendorf und den Damen und Her- Er lieferte auch die Idee für das Drehbuch zum Dorf- ren der Bewertungskommission: Merci, Merci, Juri! wettbewerb, das er selbst eindrucksvoll bearbeitet und gestaltet hat. Die toll gelungene über 50-seitige Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit! Broschüre zeigt Einblicke in unsere 784- jährige Dorf- geschichte, in die Entwicklungen der Gegenwart. Sie zeigt Perspektiven für unsere Zukunft und hat damit er- heblich zu unserem Erfolg beigetragen! Schauen sie mal unter www.kleinern.de. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen über unseren familien- freundlichen Luftkurort Kleinern und seine Umgebung!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Kleinerschen Bürger sind stolz, die Gemeinde Eder- tal, Kreis Waldeck-Frankenberg und unser Hessenland im nächsten Jahr beim Bundeswettbewerb zu vertreten und werden alles versuchen, den tollen Erfolg zu wieder- holen. Für den Bundeswettbewerb läuft unsere Ideen- schmiede schon auf Volldampf, wir sind dabei zukunftsfähige Ideen und Projekte zu entwickeln und er- folgreich in die Tat umzusetzen. Bitte drücken Sie uns die Daumen, denn ich bin zuversichtlich, dass wir es auch im nächsten Jahr schaffen können, eine gute Platzierung zu erreichen. Die Bürger stehen mit dem „Unser Dorf-Team“ zusammen und sind mit dem Slo-

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33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 191 Programm und Standplan

192 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Impressionen

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 193 194 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Anhang Anhang

Bewertungsbogen Bildung der Regionen und Teilnehmerzahlen 2008 Hessische Landessieger des Dorfwettbewerbes 1959 – 2009 Ansprechpartner für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ Informationen, Richtlinien, Links

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 195 Bewertungsbogen

Bewertungsbogen – Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ – 2008 / 2009 1

Stadt / Gemeinde Stadt- / Ortsteil Gruppe

Haupt- / Unterkriterien Teilkriterien Höchst- erreichte punktzahl Punktzahl 1. Allgemeine Entwicklung

Zusammenarbeit zwischen Kommune, • Mitwirkung bei kommunalen Planungen und örtlichen, kom- Ortsbeirat und Bewohnern munalen, regionalen Entwicklungskonzepten • Auseinandersetzung mit den Folgen des demogra fi schen Wandels

Örtliche Planungen, Konzepte, • Stand, Qualität und Umsetzung Satzungen • Verantwortlicher Umgang mit den natürlichen Ressourcen

Soziale, kulturelle und wirtschaftliche • Vorhandene Infrastruktureinrichtungen im Hinblick auf die Grund ausstattung örtlichen Erfordernisse und ihre Qualität • Aufbau und Entwicklung eigener Wertschöpfungsketten 10

2. Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Kulturelle Vielfalt • Vereinsleben / Zusammenarbeit • Pfl ege historischen Brauchtums, Dorffeste • Umgang mit der Kultur-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte • Angebote außerhalb der Vereine 10

Soziales Gefüge • Initiativen und Einrichtungen sozialer und kultureller Selbsthilfe • Einbindung von Neubürgern in das Gemeinschaftsleben • Generationsübergreifende Initiativen • Umweltpädagogische und ökologisch ausgerichtete Initiativen 10

Wirtschaftlich-soziale Initiativen • Einrichtung von (Teil-) Arbeitsplätzen • Initiativen zur Nutzung der örtlichen Erwerbspotentiale • Sicherung bzw. Aufbau der Grundversorgung 10 • Örtliche und überörtliche Kooperationen

Dörfl iche Identität • Ausprägung des „Wir-Gefühls“ 5

3. Baugestaltung und -entwicklung

Im öffentlichen Bereich • Erscheinungsbild, Erhaltung, Pfl ege und Nutzung von Gebäuden und baulichen Anlagen • Berücksichtigung von Denkmalschutz und Denkmalpfl ege • Einsatz umweltgerechter Materialien und Techniken • Ortstypische Gestaltung und Nutzung der Frei- und Ver- kehrsfl ächen • Geordnete Außenwerbung und Beschilderung 10

Im privaten Bereich • Erscheinungsbild, Erhaltung, Pfl ege und Nutzung von Gebäuden und baulichen Anlagen • Berücksichtigung von Denkmalschutz und Denkmalpfl ege • Einsatz umweltgerechter Materialien und Techniken • Ortstypische Bauformen und Materialien bei Renovierungen • Ortstypische Gestaltung von Neu- und Umbauten • Eingliederung von Neu- und Umbauten in das Ortsbild 10

Zwischensumme

196 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Bewertungsbogen

Bewertungsbogen – Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ – 2008 / 2009 2

Haupt- / Unterkriterien Teilkriterien Höchst- erreichte punktzahl Punktzahl

Zwischensumme 65

4. Grüngestaltung und -entwicklung

Gestaltung, Nutzung und Pfl ege von • Dorfgerechte Begrünung von Plätzen und Freifl ächen, Sport- Grünfl ächen im öffentlichen Bereich und Spielanlagen, Friedhöfen, Verkehrsfl ächen, Grünanlagen und Gewässern • Erhaltung von Ruderalfl ächen mit ortstypischer Wildfl ora • Eingrünung bzw. landschaftliche Einbindung von Straßen, Ver- und Entsorgungseinrichtungen sowie Aussiedlungsbe- trieben, Industrie- und Gewerbekomplexen mit im Naturraum standortgerechten Gehölzen • Historische Besonderheiten • Fassaden- und Dachbegrünung • Erhaltung und Entwicklung von naturnahen Lebensräumen für Pfl anzen und Tiere / Vernetzte Biotopsysteme • Spezielle Arten- und Biotopschutzmaßnahmen 10

Gestaltung, Nutzung und Pfl ege von • Dorfgerechte Begrünung von Vor-, Wohn- und Nutzgärten Grünfl ächen im privaten Bereich • Anpfl anzung von Haus- bzw. Hofbäumen und Obstgehölzen • Fassaden- und Dachbegrünung • Eingrünung von Industrie-, Gewerbe- und landwirtschaftlichen Gebäuden mit im Naturraum standortgerechten Gehölzen • Auswahl der Einfriedungen unter Beachtung der ortstypischen Vorbilder • Erhaltung und Pfl ege der Grabstätten und Grabmale unter Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte • Erhaltung und Entwicklung von naturnahen Lebensräumen für Pfl anzen und Tiere • Spezielle Arten- und Biotopschutzmaßnahmen 15

5. Dorf in der Landschaft

Gestaltung, Entwicklung, Nutzung • Erhaltung, Pfl ege und Entwicklung charakteristischer und und Pfl ege der Kulturlandschaft vielfältiger Landschaftsbestandteile sowie schutzwürdiger Biotope • Anbindung der innerörtlichen Grün- und Freifl ächen an die Landschaft • Qualität landschaftspfl egerischer Maßnahmen in der Gemarkung • Einbindung in die Landschaft • Gestaltung und landschaftliche Einbindung von baulichen Anlagen unter ökologischen Gesichtspunkten • Historische Besonderheiten • Förderung des Arten- und Biotopschutzes • Umsetzung von Landschaftsplänen, landschaftspfl egerischen Begleitplänen und Planung vernetzter Biotopsysteme 10

Gesamtpunktzahl 100

Ort / Datum Unterschrift

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 197 Regionen und Teilnehmerzahl 33. Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“

Regionalentscheid 2008 Bildung der Regionen und Teilnehmerzahlen 2008

Region Landkreis/Stadt (Anzahl) Federführung

Kassel (35) Kassel (35) Landkreis Kassel

Schwalm-Eder (31) Schwalm-Eder (31) Landkreis Schwalm-Eder

Nordwest (30) Waldeck-Frankenberg (13) Marburg-Biedenkopf (17) Landkreis Waldeck-Frankenberg

Nordost (21) Werra-Meißner (17) Hersfeld-Rotenburg (4) Landkreis Werra-Meißner

Südost (22) Fulda (16) Main-Kinzig (6) Landkreis Fulda

Mitte (23) Vogelsberg (19) Wetterau (4) Landkreis Vogelsberg

West (17) Lahn-Dill (3) Limburg-Weilburg (9) Gießen (5) Hochtaunus (-) Landkreis Marburg-Biedenkopf

Süd (21) Bergstraße (1) Darmstadt-Dieburg (7) Groß-Gerau (1) Rheingau-Taunus (8) Odenwald (4) Landkreis Darmstadt-Dieburg

Veränderungen gegenüber dem Anmeldestichtag 01.03.08: 15 Abmeldungen

Teilnehmer am Landesentscheid 2009: Sieger der Gruppen A und B sowie ab einer Regionsgröße von 30 Teilnehmern auch der zweite Sieger der stärksten Gruppe; damit insgesamt 19 Orte

Stand: 07.10.2008

198 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Teilnehmer des Regionalentscheids 33. Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft”

Teilnehmer des Regionalentscheides 2008 lfd.Nr. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe AB 1. Neckarsteinach-Grein Bergstraße Süd X 2. Babenhausen-Harreshausen Darmstadt-Dieburg Süd X 3. Babenhausen-Hergershausen Darmstadt-Dieburg Süd X 4. Groß-Umstadt-Raibach Darmstadt-Dieburg Süd X 5. Groß-Umstadt-Richen Darmstadt-Dieburg Süd X 6. Groß-Umstadt-Semd Darmstadt-Dieburg Süd X 7. Modautal-Ernsthofen Darmstadt-Dieburg Süd X 8. Reinheim-Überau Darmstadt-Dieburg Süd X 9.* Seeheim-Jugenheim-Balkhausen Darmstadt-Dieburg Süd X 10. Bad Salzschlirf Fulda Süd-Ost X 11. Fulda-Trätzhof Fulda Süd-Ost X 12. Hilders-Brand Fulda Süd-Ost X 13. Kalbach-Heubach Fulda Süd-Ost X 14. Poppenhausen-Abtsroda Fulda Süd-Ost X 15. Poppenhausen-Rodholz Fulda Süd-Ost X 16. Tann-Wendershausen Fulda Süd-Ost X 17. Ebersburg-Ried Fulda Süd-Ost X 18. Eichenzell-Büchenberg Fulda Süd-Ost X 19. Eichenzell-Rothemann Fulda Süd-Ost X 20. Flieden-Stork Fulda Süd-Ost X 21. Fulda-Lüdermund Fulda Süd-Ost X 22. Fulda-Sickels Fulda Süd-Ost X 23. Gersfeld-Mosbach Fulda Süd-Ost X 24. Hofbieber Fulda Süd-Ost X 25. Hünfeld-Sargenzell Fulda Süd-Ost X 26. Gießen-Allendorf Gießen West X 27.* Biebertal-Frankenbach Gießen West X 28. Langgöns-Oberkleen Gießen West X 29.* Pohlheim-Grüningen Gießen West X 30. Pohlheim-Dorf-Güll Gießen West X 31. Rabenau-Rüddingshausen Gießen West X 32. Wettenberg-Launsbach Gießen West X 33. Gernsheim-Allmendfeld Groß-Gerau Süd X 34. Alheim-Licherode Hersfeld-Rotenburg Nord-Ost X 35. Alheim-Baumbach Hersfeld-Rotenburg Nord-Ost X 36. Philippthal-Gethsemane Hersfeld-Rotenburg Nord-Ost X 37.* Bad Hersfeld-Sorga Hersfeld-Rotenburg Nord-Ost X 38. Hauneck-Bodes Hersfeld-Rotenburg Nord-Ost X 39. * Wehrheim -Pfaffenwiesbach Hochtaunuskreis West X

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 199 Teilnehmer des Regionalentscheids lfd.Nr. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe AB 40. Bad Emstal-Balhorn Kassel Kassel X 41. Bad Emstal-Riede Kassel Kassel X 42. Breuna Kassel Kassel X 43. Breuna-Niederlistingen Kassel Kassel X 44. Breuna-Oberlistingen Kassel Kassel X 45. Breuna-Wettesingen Kassel Kassel X 46. Calden-Ehrsten Kassel Kassel X 47. Fuldatal-Simmershausen Kassel Kassel X 48. Grebenstein-Burguffeln Kassel Kassel X 49. Grebenstein-Schachten Kassel Kassel X 50. Helsa-Eschenstruth Kassel Kassel X 51. Helsa-St. Ottilien Kassel Kassel X 52. Helsa-Wickenrode Kassel Kassel X 53.* Hofgeismar-Hombressen Kassel Kassel X 54. Hofgeismar-Hümme Kassel Kassel X 55. Hofgeismar-Kelze Kassel Kassel X 56. Liebenau-Lamerden Kassel Kassel X 57. Liebenau-Ostheim Kassel Kassel X 58. Naumburg-Altendorf Kassel Kassel X 59. Naumburg-Altenstädt Kassel Kassel X 60. Nieste Kassel Kassel X 61. -Heisebeck Kassel Kassel X 62. Schauenburg-Elmshagen Kassel Kassel X 63.* Schauenburg-Martinhagen Kassel Kassel X 64. Trendelburg-Deisel Kassel Kassel X 65. Trendelburg-Eberschütz Kassel Kassel X 66. Trendelburg-Friedrichsfeld Kassel Kassel X 67. Wahlsburg-Lippoldsberg Kassel Kassel X 68. Wahlsburg-Vernawahlshausen Kassel Kassel X 69. Wolfhagen-Gasterfeld Kassel Kassel X 70. Wolfhagen-Ippinghausen Kassel Kassel X 71. Wolfhagen-Ista Kassel Kassel X 72. Wolfhagen-Leckringhausen Kassel Kassel X 73. Wolfhagen-Nothfelden Kassel Kassel X 74. Wolfhagen-Philippinenburg Kassel Kassel X 75. Wolfhagen-Wenigenhasungen Kassel Kassel X 76. Zierenberg-Burghasungen Kassel Kassel X 77. Dillenburg-Manderbach Lahn-Dill West X 78. Hüttenberg-Vollnkirchen Lahn-Dill West X 79. Schöffengrund-Oberquembach Lahn-Dill West X 80.* Schöffengrund-Niederquembach Lahn-Dill West X 81.* Waldsolms-Weiperfelden Lahn-Dill West X 82. Brechen-Werschau Limburg-Weilburg West X 83. Dornburg-Langendernbach Limburg-Weilburg West X 84. Dornburg-Thalheim Limburg-Weilburg West X 85. Limburg-Ahlbach Limburg-Weilburg West X 86. Limburg-Eschhofen Limburg-Weilburg West X

200 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Teilnehmer des Regionalentscheids lfd.Nr. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe AB 87. Limburg-Offheim Limburg-Weilburg West X 88.* Runkel-Dehrn Limburg-Weilburg West X 89. Runkel-Ennerich Limburg-Weilburg West X 90. Villmar-Seelbach Limburg-Weilburg West X 91. Weilmünster-Laubuseschbach Limburg-Weilburg West X 92. Bad Soden-Salmünster-Wahlert Main-Kinzig Süd-Ost X 93. Biebergemünd-Rossbach Main-Kinzig Süd-Ost X 94. Jossgrund-Burgjoß Main-Kinzig Süd-Ost X 95.* Ronneburg-Hüttengesäß Main-Kinzig Süd-Ost X 96. Schöneck-Oberdorfelden Main-Kinzig Süd-Ost X 97. Sinntal-Weichersbach Main-Kinzig Süd-Ost X 98. Wächtersbach-Wittgenborn Main-Kinzig Süd-Ost X 99. Amöneburg-Erfurtshausen Marburg-Biedenkopf Nord-West X 100. Cölbe-Schönstadt Marburg-Biedenkopf Nord-West X 101. Dautphetal-Hommertshausen Marburg-Biedenkopf Nord-West X 102. Ebsdorfergrund-Wittelsberg Marburg-Biedenkopf Nord-West X 103. Fronhausen-Bellnhausen Marburg-Biedenkopf Nord-West X 104. Lahntal-Sterzhausen Marburg-Biedenkopf Nord-West X 105. Lohra-Altenvers Marburg-Biedenkopf Nord-West X 106. Lohra-Kirchvers Marburg-Biedenkopf Nord-West X 107. Marburg-Bauerbach Marburg-Biedenkopf Nord-West X 108. Marburg-Hermershausen Marburg-Biedenkopf Nord-West X 109. Münchhausen-Simtshausen Marburg-Biedenkopf Nord-West X 110. Stadtallendorf-Hatzbach Marburg-Biedenkopf Nord-West X 111. Steffenberg-Niedereisenhausen Marburg-Biedenkopf Nord-West X 112. Weimar-Niederwalgern Marburg-Biedenkopf Nord-West X 113. Wetter-Oberrosphe Marburg-Biedenkopf Nord-West X 114. Wetter-Treisbach Marburg-Biedenkopf Nord-West X 115. Wetter-Unterrosphe Marburg-Biedenkopf Nord-West X 116. Breuberg-Wald-Amorbach Odenwaldkreis Süd X 117. Breuberg-Rai-Breitenbach Odenwaldkreis Süd X 118. Erbach-Ebersberg Odenwaldkreis Süd X 119. Erbach-Bullau Odenwaldkreis Süd X 120. Aarbergen-Panrod Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 121. Aarbergen-Rückershausen Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 122. Hünstetten-Wallrabenstein Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 123. Idstein-Eschenhahn Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 124. Idstein-Nieder-Oberrod Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 125. Lorch-Wollmerschied Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 126. Taunusstein-Niederlibbach Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 127. Taunusstein-Wingsbach Rheingau-Taunus-Kreis Süd X 128. Borken-Dillich Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 129. Borken-Großenenglis Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 130. Edermünde-Grifte Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 131. Felsberg-Beuern Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 132. Gilserberg-Heimbach Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 133. Gilserberg-Schönau Schwalm-Eder Schwalm-Eder X

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 201 Teilnehmer des Regionalentscheids lfd.Nr. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe AB 134. Guxhagen-Grebenau Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 135. Homberg-Allmuthshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 136. Homberg-Holzhausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 137. Homberg-Mörshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 138. Jesberg-Hundshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 139. Knüllwald-Berndshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 140. Knüllwald-Völkershain Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 141. Körle Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 142. Malsfeld-Elfershausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 143. Melsungen-Günsterode Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 144. Melsungen-Kirchhof Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 145. Morschen-Eubach Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 146. Morschen-Heina Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 147. Neuental-Bischhausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 148. Neuental-Schlierbach Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 149. Oberaula-Hausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 150. Oberaula-Ibra Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 151. Oberaula-Olberode Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 152. Oberaula-Wahlshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 153. Spangenberg-Mörshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 154. Schwalmstadt-Wiera Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 155. Wabern-Hebel Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 156.* Wabern-Zennern Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 157. Willingshausen-Merzhausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 158. Willingshausen-Steina Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 159. Willingshausen-Zella Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 160. Lauterbach-Maar Vogelsberg Mitte X 161. Schlitz-Pfordt Vogelsberg Mitte X 162. Schlitz-Fraurombach Vogelsberg Mitte X 163. Lautertal-Meiches Vogelsberg Mitte X 164. Kirtorf-Ober-Gleen Vogelsberg Mitte X 165. Homberg-Gontershausen Vogelsberg Mitte X 166. Homberg-Ober-Offleiden Vogelsberg Mitte X 167. Gemünden-Ehringshausen Vogelsberg Mitte X 168. Schlitz-Willofs Vogelsberg Mitte X 169. Schlitz-Rimbach Vogelsberg Mitte X 170. Grebenau-Wallersdorf Vogelsberg Mitte X 171. Schotten-Eschenrod Vogelsberg Mitte X 172. Freiensteinau-Salz Vogelsberg Mitte X 173. Freiensteinau-Gunzenau Vogelsberg Mitte X 174. Romrod-Nieder-Breidenstein Vogelsberg Mitte X 175. Romrod-Strebendorf Vogelsberg Mitte X 176. Ulrichstein-Unter-Seibertenrod Vogelsberg Mitte X 177. Grebenhain-Herchenhain Vogelsberg Mitte X 178. Grebenhain-Nösberts-Weidmoos Vogelsberg Mitte X 179. Allendorf (Eder)-Haine Waldeck-Frankenberg Nord-West X 180. Bad Arolsen-Schmillinghausen Waldeck-Frankenberg Nord-West X

202 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Teilnehmer des Regionalentscheids lfd.Nr. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe AB 181.* Bad Arolsen-Wetterburg Waldeck-Frankenberg Nord-West X 182. Bad Wildungen-Bergfreiheit Waldeck-Frankenberg Nord-West X 183. Bad Wildungen-Mandern Waldeck-Frankenberg Nord-West X 184. Battenberg-Berghofen Waldeck-Frankenberg Nord-West X 185. Diemelsee-Benkhausen Waldeck-Frankenberg Nord-West X 186. Diemelstadt-Hesperinghausen Waldeck-Frankenberg Nord-West X 187. Edertal-Affoldern Waldeck-Frankenberg Nord-West X 188. Edertal-Hemfurth Waldeck-Frankenberg Nord-West X 189. Edertal-Kleinern Waldeck-Frankenberg Nord-West X 190. Frankenberg-Schreufa Waldeck-Frankenberg Nord-West X 191. Twistetal-Elleringhausen Waldeck-Frankenberg Nord-West X 192.* Vöhl-Basdorf Waldeck-Frankenberg Nord-West X 193. Vöhl-Buchenberg Waldeck-Frankenberg Nord-West X 194. Bad Sooden-Allendorf-Dudenrode Werra-Meißner Nord-Ost X 195. Bad Sooden-Allendorf-Kleinvach Werra-Meißner Nord-Ost X 196. Berkatal-Frankershausen Werra-Meißner Nord-Ost X 197. Berkatal-Hitzerode Werra-Meißner Nord-Ost X 198. Eschwege-Albungen Werra-Meißner Nord-Ost X 199. Eschwege-Niddawitzhausen Werra-Meißner Nord-Ost X 200. Herleshausen-Nesselröden Werra-Meißner Nord-Ost X 201. Meißner-Vockerode Werra-Meißner Nord-Ost X 202. Meißner-Wolfterode Werra-Meißner Nord-Ost X 203. Neu Eichenberg-Berge/Neuenrode Werra-Meißner Nord-Ost X 204. Ringgau-Lüderbach Werra-Meißner Nord-Ost X 205. Ringgau-Renda Werra-Meißner Nord-Ost X 206. Ringgau-Rittmannshausen Werra-Meißner Nord-Ost X 207. Ringgau-Röhrda Werra-Meißner Nord-Ost X 208. Waldkappel-Bischhausen Werra-Meißner Nord-Ost X 209. Waldkappel-Harmuthsachsen Werra-Meißner Nord-Ost X 210. Witzenhausen-Hundelshausen Werra-Meißner Nord-Ost X 211. Büdingen-Wolferborn Wetterau Mitte X 212. Niddatal-Kaichen Wetterau Mitte X 213. Büdingen-Eckartshausen Wetterau Mitte X 214.* Florstadt-Mockstadt Wetterau Mitte X 215. Butzbach-Fauerbach Wetterau Mitte X

* Abmeldungen Bad Arolsen-Wetterburg Waldeck-Frankenberg Nord-West X Bad Hersfeld-Sorga Hersfeld-Rotenburg Nord-Ost X Biebertal-Frankenbach Gießen West X Florstadt-Mockstadt Wetterau Mitte X Hofgeismar-Hombressen Kassel Kassel X Pohlheim-Grüningen Gießen West X Ronneburg-Hüttengesäß Main-Kinzig Süd-Ost X Runkel-Dehrn Limburg-Weilburg West X Schauenburg-Martinhagen Kassel Kassel X

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 203 Teilnehmer des Regionalentscheids lfd.Nr. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe AB

Schöffengrund-Niederquembach Lahn-Dill West X Seeheim-Jugendheim-Balkhausen Darmstadt-Dieburg Süd X Vöhl-Basdorf Waldeck-Frankenberg Nord-West X Wabern-Zennern Schwalm-Eder Schwalm-Eder X Waldsolms-Weiperfelden Lahn-Dill West X Wehrheim-Pfaffenwiesbach Hochtaunus West X

Stand: 01.10.2008

204 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Hessische Landessieger Hessische Landessieger des Dorfwettbewerbes 1959 - 2009

„Unser Dorf soll schöner werden”/„Unser Dorf”/„Unser Dorf hat Zukunft”

Jahr Ort Landkreis/Region Gruppe Anzahl d. Orte

1959 (Wanfried)-Altenburschla LK Werra-Meißner 68

1960 (Alsfeld)-Eifa Vogelsbergkreis 219

1961 (Butzbach)-Maibach Wetteraukreis 314

1962 (Frielendorf)-Allendorf Schwalm-Eder-Kreis A 292 (Leun)-Biskirchen Lahn-Dill-Kries B 124

1963 (Wetter)-Amönau LK Marburg-Biedenkopf A 13 (Laubach)-Münster LK Gießen B 286

1964 (Melsungen)-Adelshausen Schwalm-Eder-Kreis A 116 (Rimbach)-Albersbach Lk Bergstraße B 302

1965 (Heringen)-Herfa LK Hersfeld-Rotenburg A 155 (Idstein)-Oberauroff Rheingau-Taunus-Kreis B 310

1966 (Taunusstein)-Hambach Rheingau-Taunus-Kreis A 75 (Marburg)-Wehrshausen LK Marburg-Biedenkopf B 275

1967 (Lichtenfels)-Rhadern LK Waldeck-Frankenberg A 71 (Mittenaar)-Offenbach Lahn-Dill-Kreis B 406

1968 (Malsfeld)-Sipperhausen Schwalm-Eder-Kreis A 89 (Idstein)-Dasbach Rheingau-Taunus-Kreis B 458

1969 (Lindenfels)-Schlierbach LK Bergstraße A 78 (Mittenaar)-Offenbach Lahn-Dill-Kreis B 500

1970 (Volkmarsen)-Herbsen LK Waldeck-Frankenberg A1 112 Hüttenberg Lahn-Dill-Kreis A2 32 (Weinbach)-Freienfels LK Limburg-Weilburg B1 148 (Weilburg)-Waldhausen LK Limburg-Weilburg B2 45

1971 (Herborn)-Hirschberg Lahn-Dill-Kreis A1 87 Eichenzell LK Fulda A2 24 (Dautphetal)-Herzhausen LK Marburg-Biedenkopf B1 136 Hüttenberg Lahn-Dill-Kreis B2 33

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 205 Hessische Landessieger

1972 (Neuenstein)-Obergeis LK Hersfeld-Rotenburg A1 106 Aßlar-Wehrdorf Lahn-Dill-Kreis A2 23 Schwalmstadt-Ascherode Schwalm-Eder-Kreis B1 137 Bebra-Weiterode LK Hersfeld-Rotenburg B2 35

1973 Vöhl-Asel LK Waldeck-Frankenberg A1 125 (Selters)-Münster LK Limburg-Weilburg A2 19 Wanfried-Altenburschla Werra-Meißner-Kreis B1 187 Hilders LK Fulda B2 73

1974 Hünfeld-Großenbach LK Fulda A1 105 (Reinheim)-Georgenhausen LK Darmstadt-Dieburg A2 25 Willingen-Welleringhausen LK Waldeck-Frankenberg B1 233 (Dautphetal)-Holzhausen LK Marburg-Biedenkopf B2 78

1975 Hauneck-Rotensee LK Hersfeld-Rotenburg A1 97 Heringen-Lengers LK Hersfeld-Rotenburg A2 46 Wald-Michelbach - Oberschönmattenwag LK Bergstraße B1 256 Aßlar-Werdorf Lahn-Dill-Kreis B2 78

1976 Diemelstadt-Helmighausen LK Waldeck-Frankenberg A1 92 Lautertal-Gadernheim LK Bergstraße A2 22 Nüsttal-Silges LK Fulda B1 253 Sinn-Fleisbach Lahn-Dill-Kreis B2 78

1977 Bebra-Asmushausen LK Hersfeld-Rotenburg A1 67 Wartenberg-Landenhausen Vogelsbergkreis A2 13 Modautal-Asbach LK Darmstadt-Dieburg B1 240 Burgwald-Bottendorf LK Waldeck-Frankenberg B2 72

1978 Twistetal-Nieder-Waroldern LK Waldeck-Frankenberg A1 55 Kirchhain-Großseelheim LK Marburg-Biedenkopf A2 18 Wanfried-Völkershausen Werra-Meißner-Kreis B1 193 Wartenberg-Landenhausen Vogelsbergkreis B2 57

1979/1980 Idstein-Lenzhahn Rheingau-Taunus-Kreis A1 267 Nentershausen LK Hersfeld-Rotenburg A2 73 Lindenfels-Schlierbach LK Bergstraße S1 21 Wartenberg-Landenhausen Vogelsbergkreis S2 15

1981/1982 Bad Hersfeld-Beiershausen LK Hersfeld-Rotenburg A1 169 Fronhausen LK Marburg-Biedenkopf A2 41 Idstein-Lenzhahn Rheingau-Taunus-Kreis S1 62 Oberweser-Oedelsheim LK Kassel S2 35

206 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Hessische Landessieger

1983/1984 Nüstta-Rimmels LK Fulda A1 121

Selters-Eisenbach LK Limburg-Weilburg A2 39 Oberweser-Arenborn LK Kassel S1 36 Kirchhain-Großseelheim LK Marburg-Biedenkopf S2 17

1985/1986 Zwesten-Niederurff Schwalm-Eder-Kreis A1 126 Oberweser-Gieselwerder LK Kassel A2 31 Nüsttal-Rimmels LK Fulda S1 41 Wiesbaden-Frauenstein Stadt Wiesbaden S2 22

1987/1988 Hauneck-Bodes LK Hersfeld-Rotenburg A1 136 Geisenheim-Johannisberg Rheingau-Taunus-Kreis A2 22 Zwesten-Niederurff Schwalm-Eder-Kreis S1 34 Immenhausen-Holzhausen LK Kassel S2 26

1989/1990 Burgwald-Wiesenfeld LK Waldeck-Frankenberg A1 94 Bad Hersfeld-Asbach LK Hersfeld-Rotenburg A2 38 Lindenfels-Seidenbuch LK Bergstraße S1 32 Oberweser-Oedelsheim LK Kassel S2 29

1991/1992 Kirchhain-Burgholz LK Marburg-Biedenkopf A1 78 Witzenhausen-Roßbach Werra-Meißner-Kreis A2 33 Burgwald-Wiesenfeld LK Waldeck-Frankenberg S1 28 Willingshausen-Loshausen Schwalm-Eder-Kreis S2 31

1993/1994 Weißenborn-Rambach Werra-Meißner-Kreis A 58 Oberweser-Arenborn LK Kassel B 111

1995/1996 Willingshausen Schwalm-Eder-Kreis A 40 Kirchhain-Himmelsberg LK Marburg-Biedenkopf B 126

1999/2000 Edertal-Wellen LK Waldeck-Frankenberg A 85 Fulda-Malkes LK Fulda B 220

2002/2003 Wanfried-Heldra LK Werra - Meißner A 72 Münchhausen-Wollmar LK Marburg - Biedenkopf B 156

2005/2006 Frankenau-Altenlotheim LK Waldeck-Frankewnberg A 72 Alsfeld-Altenburg LK Vogelsberg B 101

2008/2009 Cölbe-Schönstadt LK Marburg-Biedenkopf A 70 Edertal-Kleinern LK Waldeck-Frankenberg B 130

Stand: 09.07.09

33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 207 Ansprechpartner Ihre Ansprechpartner für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“

Beratung vor Ort und Durchführung Grundsatzfragen und Bundeswettbewerb: des Regionalentscheides: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Ihre Landkreisverwaltung, Fachgebiet oder Abteilung Verkehr und Landesentwicklung Dorf- und Regionalentwicklung, ländlicher Tourismus Referat I 5 Karl-Michael Musseleck Koordination des Regionalentscheides und Kaiser-Friedrich-Ring 75 Durchführung des Landesentscheides: 65185 Wiesbaden Regierungspräsidium Kassel, Dezernat 25 Roswitha Rüschendorf Telefon: 0611–815–2934 Steinweg 6, 34117 Kassel E-Mail: [email protected]

Telefon: 0561–106-3125 E-Mail: [email protected]

Informationen, Richtlinien, Links www.rp-kassel.de (Direktlink zum Dorfwettbewerb) www.hmwvl.hessen.de www.dorfwettbewerb.bund.de

Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Hg)., 2007: 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft – Hessischer Landesentscheid zum Bundeswettbewerb 2010“. Richtlinie & Empfehlungen. Wiesbaden 01.09.2007.

Weitere Informationen und unterstützende Materialien erhalten Sie bei Roswitha Rüschendorf, Regierungspräsidium Kassel.

208 33. Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” Umschlag 8-7:Layout 1 08.07.2010 10:29 Uhr Seite 1

Regierungspräsidium Kassel

Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft”

33. Hessischer Landesentscheid zum Bundeswettbewerb 2010

Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft” 34117 Kassel Dokumentation 2009