Innovationspotenziale Im Sächsischen Dreiländereck Gezielt Mobilisieren Heinz Schmalholz 1
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Aktuelle Forschungsergebnisse 33 Innovationspotenziale im sächsischen Dreiländereck gezielt mobilisieren Heinz Schmalholz 1 Ende 2004 wurde die Region Oberlausitz-Niederschle- die Entwicklung einer regionalen Innovationsstrategie. sien, im Osten Sachsens gelegen und Grenzland zu Polen Die „InnoDreiländereck“-Analyse hatte somit und Tschechien (Dreiländereck), durch das Testat in einer Studie der DEUTSCHEN BANK RESEARCH aufgeschreckt, die Unternehmen, vor allem kleine und mittlere dass strukturschwache Regionen wie die Oberlausitz die Unternehmen (KMU), Landesentwicklung in Sachsen erheblich belasten wür- die Einrichtungen für Forschung, Entwicklung und den.2 Nach einem Besuch vor Ort bestätigte der Autor der Lehre im tertiären Bereich sowie Studie dann allerdings der Region, dass er schnell wach- die innovationsfördernden Einrichtungen sende Betriebe kennen gelernt habe, die sich auslän- dische Märkte erschließen, eigene Produkte entwickeln, in der Region zum Gegenstand. Sie lieferte ein Indikato- sich der Forschung verschreiben und gut in Netzwerken renset zur Bewertung des regionalen Innovationspotenzi- kooperieren würden.3 Zu differenzierteren – aber grosso als sowie der regionalspezifischen Rahmenbedingungen modo ähnlichen Befunden – kommt eine erst kürzlich ab- für Forschung, Entwicklung und Innovation. geschlossene Untersuchung über Innovationspotenziale und Entwicklungsperspektiven im sächsischen Dreilän- dereck. Nachfolgend werden zentrale Befunde dieser Datenbasis Studie präsentiert.4 Zur Informationsbeschaffung innovationsrelevanter Sach- verhalte bei den Unternehmen wurde eine schriftliche Ziel und Methodik der Untersuchung Umfrage durchgeführt, deren Adressaten 6.151 Unter- nehmen aus der Region waren. Die angeschriebenen Der Freistaat Sachsen hatte in den Jahren 2002 bis 2004 Unternehmen stammten überwiegend aus dem verarbei- mit InnoSachsen ein Regionalprogramm für innovative tenden Gewerbe, dem Baugewerbe sowie dem unter- Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Fonds für nehmensnahen Dienstleistungsbereich. Regionalentwicklung (EFRE) bei der Europäischen Kom- mission aufgelegt. Es zielte darauf ab, die Entwicklung Die Auswahl wurde vor allem unter dem Aspekt getrof- der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit in den fünf fen, dass in den Unternehmen dieser Sektoren ein be- sächsischen Gebieten, die mit besonderen Entwick- sonders hohes Innovations- und Technologiepotenzial lungsaufgaben (GmbE)5 behaftet sind, durch Konzentra- vermutet werden konnte und somit am ehesten Ansatz- tion der Programmmittel auf Maßnahmen in diesen Re- punkte für technologie- und/oder innovationsorientierte gionen zu unterstützen. Unterstützungsleistungen vorhanden sein dürften. Die Region Oberlausitz-Niederschlesien besteht in ihrer Der Rücklauf umfasste 634 Fragebogen, womit sich administrativen Gliederung aus vier Landkreisen (Bautzen, die Antwortquote auf 10,3 % der angeschriebenen Kamenz, Löbau-Zittau, Niederschlesischer Oberlausitz- kreis) und zwei kreisfreien Städten (Görlitz, Hoyerswerda). 1 In den zahlreich vorhanden regionalen Gremien, in denen Heinz Schmalholz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der ifo Niederlas- sung Dresden. Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Wissen- 2 Vgl. DEUTSCH (2004), S. 31. schaft zusammenarbeiten, wurde 2002 der Vorschlag für 3 Vgl. MATTERN (2005). 4 Detaillierte Ergebnisse finden sich in: BESOLD et al. (2005). das Projekt „Entwicklung einer Technologie- und Innova- 5 Hierzu zählen: Landkreis Torgau-Oschatz, Landkreis Döbeln, Landkreis tionswerkstatt im Dreiländereck – InnoDreiländereck“ kon- Riesa-Großenhain, Südraum Leipzig, Erzgebirge und Oberlausitz. 6 Unter der Federführung der Technologie- und Gründerzentrum Bautzen 6 zipiert und abgestimmt. Das Projekt war auf das Ziel GmbH waren weitere Projektpartner: LAUTECH Lausitzer Technologie- „Entwicklung einer auf Wissen und technologischer Inno- zentrum GmbH, Hoyerswerda, Technologiebetreuungs- und Gründer- zentrum Oberlausitz/Niederschlesien GmbH, Niesky, Technologie-Zen- vation basierenden regionalen Wirtschaft“ ausgerichtet. trum Zittau GmbH, Zentrum für angewandte Forschung e. V. (ZAF) an der Hochschule Zittau/Görlitz (FH), sowie das ifo Institut für Wirtschafts- forschung, Niederlassung Dresden und das Fraunhofer Institut für Sy- Das methodische Instrumentarium des Projekts orien- stemtechnik und Innovationsforschung ISI, Forschungsstelle für Innova- tierte sich an der europaweit verbindlichen Methodik für tionsökonomik an der Universität Bergakademie Freiberg. ifo Dresden berichtet 2/2005 34 Aktuelle Forschungsergebnisse Unternehmen belief. Unter Berücksichtigung des hohen Metallbearbeitung sind es sogar zwei Drittel der Unter- Anteils an sehr kleinen und kleinen Betrieben im Unter- nehmen. Im Bereich unternehmensorientierte Dienstlei- nehmensbestand der Region und dem für diese Gruppe stungen war weniger als ein Fünftel der Unternehmen mit von Unternehmen relativ schwierigen Zugang zu der for- FuE-Aktivitäten befasst. schungs-, innovations- und technologieorientierten The- matik des Fragebogens ist die Rücklaufquote als zufrie- Die Innovationsfähigkeit einer Region wird maßgeblich denstellend zu bewerten. von FuE-aktiven Unternehmen determiniert. In der Ober- lausitz beziehen diese ihre Innovationsimpulse im We- Die Einschätzung des in den Forschungseinrichtungen sentlichen aus der Umsetzung von Marktsignalen und der Region vorhandenen technologischen Potenzials dem direkten Vergleich mit Wettbewerbern, wobei die wurde durch eine schriftliche Befragung von 200 Hoch- hohe Nennung von Messen als Impulslieferant für beides schullehrern an folgenden Einrichtungen ermittelt: zu sprechen scheint. Internationales Hochschulinstitut Zittau (IHI), Als Haupthemmnis für Innovationsaktivitäten regionaler Hochschule Zittau/Görlitz (FH), Firmen erweist sich in Übereinstimmung mit mehreren Fachhochschule Lausitz. Studien zum Innovationsverhalten in Deutschland die Fi- nanzlage der Firmen. Finanzschwäche – hier vor allem Der Rücklauf aus dem Hochschulbereich betrug 60,5 %. mangelndes Eigenkapital – rangiert noch vor mangelnder Innovationsbereitschaft der Kunden in der Reihe der In- Des Weiteren unterzogen sich die sechs in der Region novationshemmnisse. tätigen Innovations- und Technologietransfereinrichtun- gen einer Befragung. Ebenso benennen die FuE-abstinenten Unternehmen ihre „Finanzschwäche“ als wesentlichen Grund, gefolgt Um die quantitativen Ergebnisse zu überprüfen und ge- von einem nur gering ausgeprägten Innovationsdruck gebenenfalls zu vertiefen, wurden Interviews mit Vertre- aufgrund fehlender Nachfrage nach innovativen Lösun- tern von Unternehmen, mit ausgewählten Hochschulleh- gen seitens der Kunden oder des Marktes. Die letztge- rern sowie weiteren Experten und Multiplikatoren in der nannten Argumente sind ebenso wie das Argument der Region geführt. Zusätzlich wurden zahlreiche Dokumen- „mangelnden Innovationsbereitschaft der Kunden“ durch te zur Regional-, Wirtschafts- und Innovationsentwick- die Position dieser Unternehmen in der Wertschöpfungs- lung in der Oberlausitz ebenso wie Vergleichsstudien und kette begründet. Zahlreiche Unternehmen der Region Fremderhebungen ausgewertet. arbeiten als Zulieferer für Finalproduzenten. Die FuE-aktiven Unternehmen gleichen ihre Defizite be- Innovationsbeteiligung der Unternehmen muss züglich personeller Ressourcen und Know-how durch ent- erhöht werden sprechende Kooperationen aus. Die wichtigsten Koope- rationspartner für betriebliche Innovationsprozesse sind Die Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen am privatwirtschaftlich agierende FuE-Dienstleister, darunter Innovationsprozess ist in der Oberlausitz noch zu gering spezialisierte Ingenieurbüros, gefolgt von – nicht nur in ausgeprägt. Diese Gruppe von Unternehmen weist ein der Region oder im näheren Umland ansässigen – Univer- Bündel von Faktoren auf, die ein kontinuierliches Wachs- sitäten und Hochschulen. tum der Firmen beschränken. Finanzierungs- und Markt- probleme stehen mit großem Abstand an der Spitze der genannten Gründe, während technische Ausrüstung und Forschungs- und Ausbildungspotenzial an den Produktqualität kaum als Wachstumshemmnisse gese- Hochschulen konzentriert hen werden. Die Region Oberlausitz-Niederschlesien verfügt über Auch fehlendes Personal für Forschung und Entwicklung keine Einrichtung der großen deutschen Forschungs- (FuE) wurde nicht als Wachstumshemmnis bewertet, ob- gesellschaften. Die für die Innovationskraft der Wirtschaft wohl nur knapp 27% der befragten Unternehmen über relevanten Potenziale sind an den schon genannten eigenes FuE-Potenzial verfügten. Diese Quote differiert Hochschuleinrichtungen sowie an der Staatlichen Stu- jedoch innerhalb der Sektoren und Branchen. Betrachtet dienakademie Bautzen angesiedelt. Zudem wirkt die man nur die Industrieunternehmen, verfügt jedes zweite Fachhochschule Lausitz traditionell in die Region hinein. über eigene FuE-Ressourcen, im Bereich Maschinenbau/ Die an den Hochschulen stattfindende Forschung ist ifo Dresden berichtet 2/2005 Aktuelle Forschungsergebnisse 35 auf ein breites Spektrum von Technologiefeldern ausge- In Zusammenhang mit der Innovationsförderung für Un- richtet. ternehmen kommt den Transfereinrichtungen der Fach- hochschulen in Zittau/Görlitz und Senftenberg und dem Die umfangreichsten Potenziale – nimmt man als Basis Innovation Relay Centre im ETB Neiße e. V. ebenso Be- die Zahl der auf diesen Gebieten arbeitenden Hoch- deutung in diesem System zu wie den vier Technologie- schullehrer – sind in den Feldern Energietechnik sowie und Gründerzentren.