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92004 INHALT · CONTENTS · SOMMAIRE HINDEMITH DIRIGIERT … M HINDEMITH CONDUCTS … M HINDEMITH DIRIGE … Impressum · Imprint · Impressum Hindemith-Forum … IN BERLIN · Gespräch mit Wolfgang Mitteilungen der Hindemith-Stiftung/Bulletin of the Hindemith Foundation/Publication de Boettcher 3 M … IN BERLIN · Conversation with la Fondation Hindemith Heft 9/Number 9/Cahier no 9 Wolfgang Boettcher 5 M … À BERLIN · Entretien © Hindemith-Institut, Frankfurt am Main 2004 Redaktion/Editor/Rédaction: avec Wolfgang Boettcher 6 Heinz-Jürgen Winkler Beiträge/Contributors/Articles de: Marcel Lachat (ML), … IN LEEDS · Interview mit dem Komponisten Susanne Schaal-Gotthardt (SSG), Giselher Schubert (GS), Richard Stoker (RS), Richard Stoker 8 M … IN LEEDS · Interview with Heinz-Jürgen Winkler (HJW) M Redaktionsschluß/Copy deadline/ the composer Richard Stoker 10 … À LEEDS · Etat des informations: 15. Mai 2004 Hindemith-Institut Interview du compositeur Richard Stoker 12 Eschersheimer Landstr. 29-39 60322 Frankfurt am Main Tel.: ++49-69-5 97 03 62 M Fax: ++49-69-5 96 31 04 HINDEMITH ALS DIRIGENT 14 HINDEMITH e-mail: [email protected] M internet: www.hindemith.org THE CONDUCTOR 15 HINDEMITH CHEF Gestaltung/Design/Graphisme: D’ORCHESTRE 15 Stefan Weis, Mainz Herstellung und Druck/Production and printing/Réalisation et impression: Schott Musik International, Mainz CENTRE DE MUSIQUE HINDEMITH À BLONAY 17 Übersetzung engl./English translation/ Traduction anglaise: David Babcock Übersetzung frz./French translation/ Traduction française: Jacques Lasserre CD Neuerscheinungen 20 M CD new releases 20 M Bearbeitung/Adaptation: François Margot Bildnachweise/Picture credits/Illustrations: Nouveautés sur CD 20 Wolfgang Boettcher, Hindemith-Institut, Hindemith-Musikzentrum, Richard Stoker, Stefan Weis Forum 23 Printed in Germany Hindemith-Forum 9/2004 HINDEMITH DIRIGIERT … HINDEMITH CONDUCTS … · HINDEMITH DIRIGE … Sie sind nicht nur als Orchestermusiker Saal sich füllte. Auf der einen Seite besteht … IN BERLIN und Solist aktiv, sondern auch als enga- der Anspruch, neue Musik zu präsentie- Gespräch mit gierter Kammermusiker. Was bedeutet ren, auf der anderen Seite will das Publi- Wolfgang Boettcher für Sie das Kammermusizieren? kum auch Bekanntes hören. Meine allerer- ste Idee war, jedes Jahr einen Quartett- Der ehemalige In der Kammermusik sind die schön- abend zu organisieren, an dem eines der Solocellist der sten Schätze der Musik verborgen. Von sechs späten Streichquartette op. 76 von Berliner Bach bis Bartók haben Komponisten in Joseph Haydn und eines der sechs Bartók- Kammermusikwerken ihre subtilsten Quartette auf dem Programm stehen soll- Philharmoniker Werke geschrieben, sei es Die Kunst der ten. Zum Abschluß dann ein Beethoven- über seine Fuge, die späten Streichquartette von Quartett frei nach Wahl des jeweiligen En- Erfahrungen mit Beethoven oder die sechs Streichquartet- sembles. Diese Zusammenstellung erwies dem Dirigenten te Bartóks. Darüberhinaus ermöglicht das sich als überaus zugkräftig, so daß alle die- Paul Hindemith. Musizieren, mit seinen Mitspielern inten- se Konzerte frühzeitig ausverkauft waren. sivst zu kommunizieren und besondere Alle sechs Bartók-Quartette und die sechs menschliche Bindungen herzustellen. Ein op. 76 von Haydn wurden in den sechs Herr Boettcher, wie kamen Sie zur Musik gutes Quartett wird eine Gemeinschaft; Jahren meiner künstlerischen Leitung auf- und speziell zu Ihrem Instrument? Kritik üben, kritisiert werden und sich ge- geführt von verschiedenen Quartett-Verei- genseitig anregen bestärken das Gefühl nigungen. Beide Komponisten, Haydn wie Meine Eltern waren beide Musiker. dieser Gemeinschaft. Bartók, entwickeln ja aus kleinen motivi- Mein Vater, Hans Boettcher, war ein be- schen Zellen große zusammenhängende gabter Pianist, der schon als Abiturient Bei wem haben Sie Cello studiert? Formen. Diese Analogie zog sich wie ein beide Brahms-Konzerte gespielt hatte. roter Faden durch die Konzerte. Von mei- Später studierte er bei Hermann Abert Ich habe in Berlin bei Richard Klemm nem Vorgänger habe ich übernommen, ei- Musikwissenschaft, pflegte aber weiter- an der Musikhochschule studiert und nen composer in residence nach Hitzacker hin das häusliche Musizieren. Meine Mut- dort auch mein Examen gemacht. Zwi- einzuladen: György Ligeti, Aribert Rei- ter ist ebenfalls Klavierspielerin und un- schendurch besuchte ich Meisterkurse mann, in memoriam Boris Blacher, Henri terrichtete als Privatmusiklehrerin. Oft bei Enrico Mainardi in Salzburg und stu- Dutilleux, György Kurtág und Sofija Gubaj- hörten wir Kinder abends vor dem Zu- dierte zwei Semester bei Maurice Gen- dulina habe ich gebeten. Die Auswahl ih- bettgehen Kammermusik. Das Cello dron. Heinz Friedrich Hartig unterrichtete rer Werke blieb natürlich den einzelnen spielte dabei oft Ulrich Pretzel, ein begei- mich in Gehörbildung, Ernst Pepping in Komponisten vorbehalten. Ich mußte al- sterter Musikliebhaber. Nebenbei be- Kontrapunkt und Boris Blacher in Analytik. lerdings darauf achten, die Balance zwi- merkt: Sein Bruder war Sebastian Haff- schen Neuem und Bekanntem zu wahren. ner, der ursprünglich Raimund Pretzel Doch auch als künstleri- Zwei Beispiele: Kurtags Kafka-Fragmente hieß. Sebastian nannte er sich nach Jo- scher Leiter der som- koppelte ich mit dem Schubert-Quin- hann Sebastian Bach und Haffner nach merlichen Musiktage tett, Blachers 2. Klavierkonzert und Mozarts Haffner-Symphonie. Hitzacker haben Sie Paul Dessaus Quattrodramma Ulrich Pretzel war Germanistik-Profes- sich einen Namen ge- mit Vivaldis sor und spielte mit großer Leidenschaft macht. Schildern Sie Cello. Mit welcher Inbrunst er das Cello uns Ihre Erfahrun- traktierte, hat mir sehr imponiert. Dazu gen als „Impresario“! faszinierte mich der Klang dieses Instru- ments und ... keiner in meiner Familie Mit meinen Kollegen vom Brandis- spielte Cello! „Onkel Ulli“ erzählte uns Quartett haben wir unser Debüt in Kindern, wenn wir ins Bett mußten, je- Hitzacker 1976 gegeben. Als künstlerischer Vier Jahreszei- desmal ein Märchen. Er war mein Idol! Leiter wurde ich erst 1986 tätig. Mein Vor- ten. Einen weiteren Später habe ich festgestellt, daß sein Cel- gänger, Eduard Brunner, ist damals als Lei- Schwerpunkt legte ich auf lospiel nicht das Feinste war, aber die ter zurückgetreten, und ich bin einge- Werke von Komponisten, die in Hingabe an die Musik hat er sich lebens- sprungen. Ich hatte eine Menge Ideen, der Nazizeit verfemt, verfolgt oder lang erhalten, und niemand kannte die von denen ich einige realisiert habe. gar ermordet wurden. Wir spielten klassischen Meisterwerke besser als er. Hitzacker war ja von Kriegsende bis in die z.B. viele Werke von Erwin Schulhoff Erst nach dem Krieg bekam ich ein Cello; 70er Jahre unangefochten das Kammer- und Ernst Toch, die damals so gut ich war damals zehn Jahre alt. Meine musikfestival in Deutschland. Inzwischen wie vergessen waren und nun wieder Mutter versetzte ein Schmuckstück, um aber wuchsen Festspiele wie Pilze aus ihren Platz im Musikleben haben. Schließ- mir ein Cello zu kaufen. dem Boden, darunter auch das Schleswig- lich hatte ich die Vorstellung, unbekannte Holstein-Festival unmittelbar in der Umge- Gebiete früher Musik dem sehr aufge- bung von Hitzacker. Die Programme muß- schlossenen Publikum vorzustellen; un- ten daher so gestaltet werden, daß der sere Streifzüge führten über Madrigale Hindemith-Forum 9/2004 3 des genialen Gesualdo bis ins 12. Jahr- nen er sich u.a. für Material zu seiner Wenn Sie Hindemith mit anderen Diri- hundert zurück mit einem Kirchenkon- Kepler-Oper Die Harmonie der Welt be- genten vergleichen, wie würden Sie sei- zert der Vokalgruppe Vox femina, die hin- dankt. Mein Vater kam in den letzten ne Art zu Dirigieren charakterisieren? reißend und glockenrein a cappella-Wer- Kriegstagen in Berlin ums Leben, und ke u.a. von Hildegard von Bingen gesun- Hindemith unterstützte uns nach dem Man hatte den Eindruck, ihm gehe es gen haben. Das Publikum war begeistert, Krieg. Ein großer Humanist mit unbe- nur um die Musik. Er lief von einer Instru- ich erhielt euphorische Briefe. Nun, nach stechlichem Charakter! mentengruppe zur anderen und zeigte sechs Jahren kennt man die Mechanis- genau, was er wollte. Die Verständigung men, und ich spürte, daß es Zeit war, die Was können Sie uns über seinen Um- mit ihm war immer gut. Das Pultvirtuo- Aufgaben als Festspielleiter in andere gang mit Orchestermusikern berichten? sentum war ihm suspekt. Er versuchte Hände zu übergeben. Wie ging es zu bei Orchesterproben mit immer, uns möglichst klar und intensiv in Paul Hindemith? das Werk einzuführen, ganz gleich, ob es Erzählen Sie uns über Ihre erste Begeg- eigene Kompositionen oder die anderer nung mit Paul Hindemith! Seit 1958 war ich Mitglied der Berliner Meister wie z.B. Webern oder Schönberg, Philharmoniker. Er kam regelmäßig als Liszt oder Bruckner waren. Das machte er Als kleiner Junge besuchte ich nach Dirigent zu uns und dirigierte nicht nur sehr anschaulich und mit großer Vitalität. dem Krieg ein Konzert im Berliner Tita- eigene Werke. Ich erinnere mich an eine Man hatte immer den Eindruck, daß er nia-Palast. Hindemith dirigierte die Berli- Probe der Großen Fuge op. 133 von ein besorgter Sachwalter war; nie ging es ner Philharmoniker und spielte Bratsche Beethoven; da ging man frischer aus der ihm um die eigene Person. Das abge- bei der Sinfonia concertante von Mozart. Probe als man gekommen war. Durch stimmte Zusammenspiel und die Gestalt Die Bratsche baumelte am Dirigentenpult seine spannende Arbeit an der Struktur des Werkes, das waren seine