IN ÖSTERREICH PORSCHE 917 IN ÖSTERREICH Die Vorgeschichte - Im Fokus der Motorsportgeschichte stehen nicht nur Personen wie Fangio, Clark, Rindt, Lauda oder Senna, Rennstrecken à la Monza, Le Mans, Zeltweg, Indy oder Nürburgring, sondern auch Fahrzeuge wie Mercedes Silberpfeil, Lotus 72, Ferrari 312T oder der aufsehenerregende Porsche 917. Diesem einzigartigen Boliden und seinen Spuren in der österreichischen Rennsporthistorie ist der Artikel gewidmet.

Text & Photos: Christian Sandler [email protected]

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Die FIA/CSI legte im Oktober 1967 neue Hub- raumobergrenzen für die Markenweltmeister- 1969 Beim Genfer Automobilsalon im schaft der Jahre 1968-1971 fest: Prototypen März 1969 präsentierte Porsche der staunenden maximal 3 Liter und homoligierte Sportwagen Weltpresse das ultimative Rennfahrzeug aus maximal 5 Liter, statt 50 zu produzierende Zuffenhausen. Am 21. April standen alle 25 Fahrzeuge setzte man diese Zahl auf 25 herun- Rennwagen fahrbereit im Innenhof des Porsche ter. Porsche sah im Sportwagenreglement die Werksgeländes zur technischen Abnahme durch Möglichkeit vom David zum Goliath aufzustei- die FIA/CSI bereit, inklusive Kofferraum und gen und endlich in Le Mans zu gewinnen. Fer- Reserverad wie es das Reglement erfordert. So dinand Piëch, Österreicher und Enkel von Fir- stand einer Teilnahme bei den Läufen zur Mar- mengründer Ferdinand Porsche und damaliger ken-WM nichts mehr im Wege. Entwicklungschef sollte dieses Projekt stemmen Doch wollte am Anfang niemand den „weißen von dem er im Nachhinein sagte es sei wohl das Riesen“ fahren. Zu unstabil, vor allem bei hoher waghalsigste Entwicklungsprojekt seiner Kar- Geschwindigkeit, waren sich die Fahrer wie Jo riere gewesen. Motorentwickler für den 12 Zy- Siffert, Kurt Ahrens und einig. linder mit Luftkühlung und Mittelabtrieb war Für Menschen mit Klaustrophobie war dieses das Genie Hans Metzger, später auch für den enge Cockpit auch nicht geeignet, bei geschlos- TAG Turbo Motor in der Formel 1 verantwort- sener Fahrertür kannst du den Kopf gerade mal lich. Der Porschemotor mit anfangs 4494 ccm 2 cm nach rechts bewegen. Es sind definitiv Hel- hatte eine Bohrung von 85 x 66 mm und 580 den die solche Fahrzeuge im Renntempo, unter PS. Dabei handelt es sich um einen V-Motor Stress, bei jeder Witterung, bei Tag und Nacht, mit einen Zylinderwinkel von 180 Grad, Alu-­ immer am Limit und dem Gegner im Nacken, Zylinderköpfe und 2 Ventile pro Zylinder mit um die Rennstrecken jagten. Nebenbei heulte Trockensumpfschmierung. Das Getriebe besaß der 12-Zylinder-Motor, immer am Drehzahl­ 5 Gänge und eine Borg & Beck-Dreischeiben- limit, ein paar Zentimeter hinter dir. Die be- trockenkupplung. Der Radstand hatte die bei scheidenen Fahrversuche des Autors mit dem Porsche üblichen 2300 mm. Die Karosserie aus 917er beschränkten sich auf das Fahrerlager in glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) wurde Laguna Seca 1998 bei den „Monterrey Historics“ mit einem Alu-Rohrrahmen verbunden. Ge- mit 917 016 von Chris McAllister - danke. samtgewicht 800 kg. Erster Renneinsatz des 1997 von der Motorsport Um die Kosten halbwegs in den Griff zu bekom- Weltpresse zum „Rennwagen des Jahrhunderts“ „Man druckte men bot man die Fahrzeuge im Vorfeld auch an gewählten Porsche 917 waren die 1000 km von Privatkunden an, die dazu 140.000 DM hinblät- Spa am 11. Mai 1969, wo der Wagen mit der dazu extra ein tern mussten. Man druckte dazu extra ein Ver- Fahrerpaarung Mitter/Schütz schon in der ersten Verkaufs­prospekt kaufsprospekt wie bei einem handelsüblichen Runde mit Motorschaden ausfiel. wie bei einem Straßenfahrzeug. Nächster Einsatz: 1000 km Nürburgring am 1. Juni 1969. Keiner der Porsche-Werksfahrer handelsüblichen wollte das „Geschwür“ fahren, so wurden die Straßenfahrzeug ...” Porsche-Strategen bei BMW fündig und heu-

1000 km Zeltweg 1969: Siffert/Ahrens gewinnen auf 917 009.

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erten das Duo Quester/Hahne an. Zu gefährlich für meine beiden Spitzenfahrer sagte BMW- Rennleiter Alex von Falkenhausen und pfiff sei- ne Mannen zurück. Porsche musste quasi über Nacht 2 geeignete Fahrer auftreiben und fand diese in der Paarung Piper/Gardner die den Wa- gen letztendlich auf Platz 8 ins Ziel brachten. Am 14. und 15. Juni 1969 standen die 24 Stun- den von Le Mans am Programm, wo die beiden Werksautos unter Stommelen/Ahrens und El- ford/Attwood die beiden schnellsten Startplätze erreichten, aber im Rennen jeweils mit Kupp- lungsdefekt ausschieden. Der Engländer John Woolfe setzte einen Porsche 917 privat ein, hatte aber leider in der ersten Runde einen schweren Unfall im Streckenabschnitt „Maison Blanche“ den er mit dem Leben bezahlte. Woolfe war mit dieser Waffe völlig überfordert, sein bisher schärfstes Renngerät war ein 2 Liter Chevron mit höchstens 200 PS. Seinen Traum unbedingt den ersten Turn zu fahren, musste er mit seinem Leben bezahlen. Bei den 1000 km von Zeltweg am 10. August 1969, dem letzten Lauf zur Marken WM, sah man den ersten Porsche 917 in Österreich und dies sollte ein Meilenstein in der Geschichte des aufregendsten Rennautos aller Zeiten wer- ter, Lins, Peter, Stuppacher, Rieder, Gerin, Pust, den. Österreichs erste permanente Rennstrecke Huber, Hofer ... Trainingsschnellste waren Ickx/ David Piper. wurde 2 Wochen vorher mit einem Sportwagen- Oliver auf dem von John Wyer eingesetzten rennen eröffnet und war in einem tadellosen Zu- Gulf--Ford, angetrieben vom aktuel- stand. Zum Beanstanden wäre höchstens die et- len Ford Cosworth Formel 1-Motor, mit einer was zu schmal geratene Boxeneinfahrt gewesen, Zeit von 1.46,7 Minuten, was wiederum einen die eher an eine Hofzufahrt erinnert. Es war auch Schnitt von 199,7 km/h entsprach. Platz 2 ging nicht zu übersehen, dass vor einem Monat noch an den Porsche 917 von Ahrens/Attwood mit die Planierraupen und Bagger die Hauptdarstel- 1.48,1. Achtschnellste wurde das Porsche 917 ler waren. Die Sicherheitsvorkehrungen wirken Duo Siffert/Redman mit einer Zeit von 1.49,0. heute, fast 5 Jahrzehnte später, ziemlich lächer- Am Abend entschieden sich die Porsche Verant- lich. Man sah Streckenposten in kurzen Hosen wortlichen für einen Fahrertausch, Siffert sollte und mit nacktem Oberkörper, auf Camping­ mit Ahrens den 917 009 fahren und Attwood sessel 1 Meter neben der Rennstrecke sitzen. mit Redman den 917 010. Darübergespannt waren Sonnenschirme und es Am Renntag strömten etwa 35.000 Zuschauer hatte etwas von einer Stimmung wie am Cam- bei herrlichem Sommerwetter zur Strecke. Das pingplatz. In jeder Box war ein Feuerlöscher und Rennen wurde auch live im Österreichischen eine ausgediente Trommel aus Karton mit der Fernsehen übertragen und lief über 170 Runden. Aufschrift „Omo“ gefüllt mit Ölbindemittel. Als damals Zehnjähriger habe ich dieses Rennen Gemeldet waren folgende Porsche 917: live, bei Opa‘s Schwarz/weiss-Fernseher, mitver- Start Nr. 29 - Fahrer: Ahrens/Attwood, folgt und seitdem bin ich vom „Virus Porsche Bewerber: Freiherr von Wendt, Chassis: 917 009 917“ befallen, im positiven Sinn. Niemand ge- ringerer als Juan Manuel Fangio senkte pünkt- Start Nr. 30 - Fahrer: Siffert/Redman, Bewerber: David Piper Racing, Chassis: 917 010 lich um 12 Uhr mittags die Startflagge und schickte die 36 Wagen auf die 1000 km lange Porsche stand dank des Typs 908 schon als Mar- Reise auf der ehemals schnellsten und schönsten kenweltmeister fest, so überließ man das Zepter Rennstrecke im Motorsportkalender. Das Start- den Privatteams und stellte diesen die Werks- duell gewann Ickx vor Siffert knapp vor Bonnier fahrer zur Verfügung. In den Porsche-Boxen sah auf Lola T70 und Gregory auf . In man aber dieselben Gesichter wie bei allen an- der vierten Runde kann sich Siffert an Ickx‘s Mi- deren Läufen zur WM: Bott, Piëch, Steinemann rage vorbeiquetschen, dann folgten Bonnier und usw.. Die Konkurenz war riesengroß, sämtliche Gregory und am fünften Platz der zweite 917 Teams wie Alfa, Matra, Gulf-Mirage, Lola T70 mit Attwood am Steuer gefolgt von Servoz-Ga- mit ihren Spitzenfahrern wie Ickx, Oliver, Rod- vin auf Matra 650. Die Meute legte ein Tempo riguez, Müller, Bonnier aus der Marken-WM vor- dass eher an einen Formel 1-Lauf erinnert als waren angetreten. Dazu waren eine Horde von an ein Langstreckenrennen, mit etwa 280 km/h Porsche 906, 907, 908, 910 und 911 am Start. preschten sie bei Start/Ziel vorbei. Das Tandem Das „who is who“ des Österreichischen Motor- Siffert und Ickx fuhren einen Rundenrekord sports stellte sich dem Training: Lauda, Ques- nach dem anderen und pflügten sich wie ein hei-

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Start zum 1000 km Rennen 1969. Rechts: Attwood/ ßes Messer durch die Butter durchs Feld. Ickx Über eine Pressemitteilung vom 30.9.1969 Redman am Weg zu Platz 3. übernahm bei der Überrundung von Piper wie- verlautbarte Porsches Rennabteilung dass John der die Führung und gab sie bis zu seinem Aus- Wyer Automotive Engineering Ltd. für die Jah- scheiden in der 99. Runde durch Lenkungsde- re 1970 und 1971 den Hauptteil der Rennein- fekt nicht mehr ab. Probleme hatten die beiden sätze abwickeln soll. Wyers Dauersponsor ist die 917er jeweils beim Boxenstopp. Die geplanten Company die mit ihrer kachelblauen/ 4 Stopps pro Fahrzeug sollten sie eigentlich nur orangen Farbgebung bis heute nicht mehr aus 6 Minuten brauchen, aber es wurden 10 Minu- dem Rennsport wegzudenken ist. Die Truppe ten daraus. Der Grund war Dampfblasenbildung um John Wyer mit dem technischen Leiter John in der Benzinleitung. Die Verantwortlichen Horsman und Rennleiter David Yorke reiste bei Porsche hatten eine Lösung parat die zwar am 14. 10. 1969 nochmals in die Steiermark nicht ganz der Sicherheit entsprach aber zweck- um dem 917er die aerodynamischen Schwä- dienlich war. Man ließ beim letzten Stopp die chen auszutreiben. Als Fahrer fungierten Kurt Zündung eingeschaltet, dadurch lief die Benzin- Ahrens, und Piers Courage. Für pumpe weiter und führte der Einspritzung Ben- diesen Test waren die Kurzheck-Fahrzeuge 917 zin unter Druck zu, so konnten sich keine Blasen 006, 917 008 und der neue CAN-AM Spyder mehr bilden und die Motoren sprangen sofort 917 027 aus Weissach mitgebracht worden. Die wieder an. Nach dem Ausscheiden von Ickx/Oli- Tests verliefen sehr zufriedenstellend im Ein- ver übernahm der Matra 650 von Servoz-Gavin/ klang mit der Rennabteilung und waren haupt- Rodriguez die Führung vor Siffert/Ahrens und sächlich auf Aerodynamik, Fahrstabilität und dem Lola von Bonnier/Müller, auf Platz vier Radkinematik ausgelegt. Mit Hilfe einiger Alu- folgte der zweite 917 mit Attwood/Redman am bleche, die man provisorisch auf das Heck niete- Steuer. Kurz darauf verunfallte der Matra und so te entstand das sogenannte „Wyer Heck“. Dieses blieb nur mehr das Duell Lola gegen Porsche das funktionierte perfekt, so entwickelte sich das an- schlussendlich Siffert/Ahrens für sich entschie- fangs unfahrbare Biest erst zum Dauerläufer und den und somit für den ersten Rennerfolg eines Seriensieger. Ab nun sollte dem Kampf in der Porsche 917 sorgten. Marken-WM der Porsche 917 gegen Lustig war auch die Siegerehrung, da standen und Alfa Romeo 33 nichts mehr im Wege ste- unsere Helden auf der Boxenmauer mit einem hen und die kommenden 2 Jahre als der „Kampf Strauß Blumen und dem Pokal in der Hand. Als der Titanen“ in die Geschichtsbücher eingehen. Treppe für dieses improvisierte Podest diente Nächste Gelegenheit für das österreichische Pu- eine leere Kiste Bier. blikum um einen Porsche 917 zu bewundern, Resultat: ergab sich bei der Jochen Rindt Show im No- vember 1969 im Wiener Messepalast. Dort sah Platz 1: Siffert/Ahrens, Porsche 917 009 5:23.36,98 - Schnitt 186 km/h man für eine Woche 917 001 in den legendären Platz 2: Bonnier/Müller, Lola T70, 5:24.44,13 Gulf-Farben, jedoch in der langen Version mit Platz 3: Attwood/Redman, Porsche 917 010, den beweglichen Heckspoilern, die nach dem Le 169 Runden Mans Einsatz verboten wurden. Nach diesem Premierensieg wurde der Porsche 917 in den Jahren 1970 bis 1975, auf allen Jochen Rindt Show 1969 in Rennstrecken und Meisterschaften wo er antrat, Wien, rechts innen: Der 917 zum Seriensieger und konnte ab nun nur mehr 001 ist dort ausgestellt. durch Reglementsänderungen gestoppt werden. Kurz vor dem Rennen in Zeltweg wurde für das Jahr 1970 in der Markenweltmeisterschaft Porsche Salzburg in der Alpenstraße für einen Teil der Renneinsätze beauftragt - sozusagen als „Semi-Werksteam“. Porsche Salzburg stand un- ter der Leitung von Ferdinand Porsches Tochter und Mutter von Ferdinand Piëch, Luise Piëch.

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Die lächerliche Hofzufahrt aus dem letzten Jahr 1970 Während der Saison 1970 stei- ist mittlerweile eine richtige Boxenzufahrt ge- gerte die Rennabteilung den Hubraum auf worden und die Erdhaufen aus dem letzten Jahr 4900 ccm und so erreichten die Fahrzeuge ca. sind inzwischen alle mit Gras überwachsen und 610 PS. Über die ganze Saison lieferten sich Por- so bot sich allen eine perfekte Strecke. Geblieben sche Salzburg und das Gulf Team einen Kampf sind so manche Abgrenzungen für die Zuschauer auf Augenhöhe. John Wyer gewann mit seiner aus ungeschälten Fichtenstämmen. Erste Reihe perfekt organisierten Truppe zwar die meisten Fußfrei ist schon recht toll aber die Ellbogen wa- Rennen, aber den Saisonhöhepunkt in Le Mans ren voll mit Harz. schnappten sich die Salzburger mit 917 023 Das Taining war eine spannende und aüßerst (Attwood/Herrmann) und sorgten für den ersten knappe Angelegenheit zwischen dem einzigen Gesamtsieg an der Sarthe für Porsche. Ferrari 512M mit Ickx und Giunti, den vier neu- Als die Porsche 917-Truppe zum Saisonfinale en pfeilschnellen Alfa Romeo 33-3 und den vier am 11. 10. 1970 zum 1000-km-Rennen in die Porsche 917. Das Duo Siffert/Redman hatte zu- Steiermark nach Zeltweg anreiste hat die Renn- viel Übersteuern und der Ferrari 512M kämpfte schmiede aus Zuffenhausen bis auf die 12 Stun- mit dem Benzindruck, trotzdem wurden Zei- den von Sebring, wo ein Ferrari 512S mit den ten gefahren wie 2 Monate zuvor beim Formel Fahrern Giunti/Vaccarella/Andretti gewann, alle -1-Grand-Prix. Pole ging an das Tandem Rod- Rennen gewonnen. Die 24 Stunden von Dayto- riguez/Kinnunen mit 1.40,48 vor dem Ferrari na, 1000 km von Brands Hatch, 1000 km von 512M von Ickx/Giunti mit 1.40,75 gefolgt von Monza, 1000 km von Spa, 24 Stunden von Le Ahrens/Marko mit 1.41,16 und Elford/Attwood Mans und die 6 Stunden von Watkins Glen ha- mit dem Siegerwagen von Le Mans mit 1.41,19. ben die Porsche 917 für sich entschieden. Bei Knapp dahinter folgten die Seriensieger Siffert/ der Targa Florio und bei den 1000 km am Nür- Redman und dem Rudel der Alfas. Natürlich burgring gewannen die Salzburger mit dem et- waren auch viele andere Österreicher wie Lins, was wendigeren Porsche 908/03. Porsche stand Lauda, Pankl, Peter, Rieder, Stuppacher und wie letztes Jahr auch schon vor dem Zeltweger Hofer mit den Typen 908 und 910 am Start, Rennen als Weltmeister fest. konnten aber um dem Gesamtsieg nicht mitfah- Gemeldet waren folgende Porsche 917: ren. Nachdem sich am Renntag der Nebel verzo- gen hatte, schickte wie letztes Jahr, Juan Manuel Start-Nr. 20 - Fahrer: Ahrens/Marko, Bewerber: Porsche Salzburg, Chassis: 917 020 Fangio die 31 Wagen um 10 Uhr vormittags auf Start-Nr. 21 - Fahrer: Elford/Attwood, die Rennstrecke. Ickx erwischte den besten Start Bewerber: Porsche Salzburg, Chassis: 917 023 vor Ahrens, Siffert, Rodriguez, Elford und den Start-Nr. 22 - Fahrer: Rodriguez/Kinnunen, Alfas. In der zweiten Runde quetschte sich der Bewerber: J. W. Automotive, Chassis: 917 016 kleine Mexikaner an Siffert vorbei hatte aber ge- Start-Nr. 23 - Fahrer: Siffert/Redman, Bewerber: J. W. Automotive, Chassis: 917 026/031 gen den um eine Sekunde pro Runde schneller Pedro Rodriguez.

911, 917, 911, 917, 911, 914 ... am Steuer von 917 016.

Sieg für Siffert/Redman. Boxenstopp für Attwood. „Quick Vic“Elford.

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Ahrens/Marko sahen keine Zielflagge im 917 020. fahrenden Ickx keine Chance. Das Rennen war Resultat: in dieser Phase extrem schnell und die Porsches Platz 1 Siffert/Redman, Porsche 917 026 hatten gegen den einzigen Ferrari absolut keine 5:08.04,67 - Schnitt 195km/h Chance. Der schnellste von ihnen, Rodriguez, Platz 2 De Adamich/Pescarolo, Alfa Romeo 33-3 fiel gleich in der fünften Runde mit Ventilscha- 168 Runden den aus. In Runde 49 schied Ickx mit Elektrik- Platz 3 Larrousse/Lins, Porsche 908 167 Runden problemen aus. Zwei Runden später übernahm Platz 4 Elford/Attwood, Porsche 917 023 Attwood von Elford das Auto und mußte aber 162 Runden gleich darauf mit einem Kühlerleck an die Bo- xen, der Kühlertausch kostete ihm 10 Runden Mit Porsche Salzburg hat sich die Porsche AG und somit fielen sie aussichtslos zurück. Plötz- in Stuttgart sozusagen eine Hintertür im Renn- lich führte Marko, der kurz zuvor das Auto von sport für die Saison 1970 offengelassen, falls mit Ahrens übernommen hatte. Zwei Privatfahrer Wyer etwas Unvorhergesehenes passieren soll. waren sich mit ihren 911er in der Texaco Schika- Da aber die Salzburger in Le Mans, am Nürburg- ne nicht über die Vorfahrt einig. Nachdem bei- ring und bei der Targa Florio den Engländern de über einen Umweg durch die Botanik wieder die Krone entrissen, war natürlich John Wyer die Strecke erreichten, schaufelten sie faustgro- „not amused“. Porsche wollte werksseitig sowie- ße Steine auf die Strecke die bis zum Rennende so keinen Motor für die ab 1972 geltende 3-Li- auch dort blieben. Leider hat sich die Porsche ter-Formel in der Marken-WM entwickeln, so Salzburg-Truppe mit dem Sprit etwas verschätzt schloss man aus Stuttgart die „Hintertür“ Salz- und so blieb der Lokalmatador in Runde 75 mit burg mit Saisonende 1970. Im Gegenzug wurde leerem Tank liegen. Dadurch lagen Siffert/Red- der 917er Motor (interne Nummer 912) um die man, das Erfolgsduo des Jahres, unangefochten letzten 100 ccm aufgebohrt um das Reglement bei Halbzeit mit 3 Runden Vorsprung vor dem von 5000 ccm auszunutzen, man erreichte damit Alfa Romeo 33-3 von De Adamich/Pescarolo in etwa 630 PS. Dieter Dechent, der in der Saison Führung. 14 Runden vor Schluss kommt doch 1970 das „Martini Racing Team“ und deren noch Spannung auf, da Sifferts Motor nur mehr Porsche 908 zu einigen Achtungserfolgen führ- auf 11 Zylindern lief und der Alfa Runde um te, übernahm die Fahrzeugflotte der Salzburger Runde gutmachte und 3 Runden vor Ende der und stieg mit den 917er in die erste Liga des Hetzjagd in der gleichen Runde wie der führen- Langenstreckensports auf. Mit Dr. Helmut Mar- de Porsche war. Den Italienern war das Glück ko und Rudi Lins waren auch zwei Österreicher auch nicht hold und Pescarolo wurde langsamer. dabei. Ergänzt wurde die Truppe von , Letzendlich hinkte der Alfa im Zeitlupentempo Gerràd Larousse und Gijs van Lennep. Ferrari mit einer Rauchfahne zwei Runden hinter dem nahm kurzerhand den 3-Liter-12-Zylinder aus Porsche ins Ziel. Die Italiener meinten, dass es der aktuellen Formel 1, pflanzte diesen in den Zündungsprobleme waren, obwohl sich unüber- Prototyp, fertig war die italienische Waffe für sehbar eine riesige Öllache unter dem Auto aus- die Saison 1971. breitete ...

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Martini Porsche sorgte für eine Sensation im 1971 Bevor sich die Truppe der Lang- Training, man installierte erstmals im Renn- strecken-WM zum vorletzten Lauf 1971 in sport ein ABS-System, Wyers Team hatte die- Zeltweg traf stand Porsche wie 1969 und 1970 ses Novum nicht - dafür hatten sie ein T-car schon als Weltmeister fest. Die ursprünglich im Training dabei um die Rennfahrzeuge zu favorisierten Ferrari-Prototypen konnten sich schonen. Pedro Rodriguez, der am Vorabend nicht in Szene setzten, dafür stieg Alfa Romeo des Trainings in eine Schlägerei in einem steiri- mit dem Tipo 33-3 zur zweiten Macht auf. Die schen Gasthaus beteiligt war, fuhr in der Form Italiener gewannen die 1000 km von Brands seines Lebens und holte sich mit Dick Attwood Hatch und die Targa Florio, nach Zeltweg waren als Copilot die „Pole“ mit 1.39,49 vor den Fer- sie auch noch bei den 6 Stunden von Watkins rari 312BP gefahren von den aktuellen Formel Glen erfolgreich. John Wyers Gulf Porsche ge- 1 Piloten Ickx/Regazzoni. Dahinter der Marti- wannen den Saisonauftakt mit den 1000 km von ni 917 mit Marko/Attwood und an der vierten Buenos Aires, die 24 Stunden von Daytona, den Stelle ein frustriertes Duo mit Siffert/Bell deren 1000 km von Monza und die 1000 km von Spa Gulf 917 extrem übersteuerte. Dahinter Müller/ jeweils mit den Porsche 917. Das Martini Ra- Herzog mit dem privaten Ferrari 512M gefolgt „Sogar eine cing Team gewann die 12 Stunden von Sebring von drei Alfa Romeo Tipo 33-3. Erwähnenswert ’Damenkarte‘ und den Saisonhöhepunkt bei den 24 Stunden sind auch noch die Eintrittspreise. Stehplätze von Le Mans mit den wunderschönen 917er in für das Wochenende waren um 80 Schilling zu gab es, die kostete den Martinifarben, zum Leidwesen der Gulf- haben, Tribünenplätze gab es um 250 Schilling 30 Schilling.” Mannschaft. Weiters schnappte sich Dechents und das Rennprogramm schlug sich mit 10 ÖS Team auch noch die 1000 km vom Nürburgring zu Buche. Sogar eine „Damenkarte“ gab es, die mit dem etwas wendigeren Porsche 908/03. Es kostete 30 Schilling. gehört auch noch festgehalten dass die Wagen Pünktlich um 12 Uhr mittags gingen die 24 der Langstrecken-WM im Prinzip genau so Wagen am 27. Juni 1971 auf die 1000 km lan- schnell wie die damaligen Formel-1-Fahrzeuge ge Reise, die vom Tempo her wieder einmal fuhren. Aerodynamisch waren sie den Grand- Formel 1-Niveau hatte. Rodriguez gewann das Prix-Boliden weit überlegen, der Nachteil lag Startduell vor Ickx, Müller, Marko und Siffert. natürlich am Mehrgewicht von etwa 250 kg wie Marko fuhr im Rennen ohne ABS. Schonungslos beim Porsche 917. und immer an der Grenze der Physik, bei an- Gemeldet waren folgende Porsche 917: fangs feuchter Strecke, wurde eine Rekordrun- de nach der anderen gefahren. Die Zeiten waren Start Nr. 15 - Fahrer: Siffert/Bell, in dieser Phase schneller als im Training. Noch Bewerber: J. W. Automotive, Chassis: 917 004/017 Start Nr. 16 - Fahrer: Rodriguez/Attwood, vor den ersten Boxenstopps crashte Müller mit Bewerber: J. W. Automotive, Chassis: 917 013/034 dem Ferrari 512M nach einem Aufhängungs- Start Nr. 28 - Fahrer: Marko/Larousse, schaden in die Leitplanke und Siffert schied Bewerber: Martini, Chassis: 917 030 mit Kupplungsschaden aus. Rodriguez parkte T-car - Bewerber: J. W. Automotive, Chassis: 917 016 etwa 6 Minuten, wegen eines Wackelkontaktes

1000 km 1971: Porsche 917 gegen Ferrari und Alfa Romeo.

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12 Zylinder mit Mittelabtrieb.

Letzte Ausbaustufe vom Porsche 917: 917/30 mit 1350 PS in der CAN AM Serie.

Le Mans-Siegerwagen beim Le Mans Classic 2012 (917 023).

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917 026/031 in den legendären Gulf-Farben.

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Marko beim überprüfen des ABS.

Sieger Rodriguez/Attwood.

Jo Siffert.

Gerard Larrousse. Müller vor Marko und Siffert.

an der Lichtmaschine, in den Boxen. Ickx über- Die schnellsten Fahrer in der Langstrecken WM gibt das nun führende Fahrzeug an Regazzoni. zu dieser Zeit waren eindeutig Siffert und Rod- Um dem Reglement Genüge zu tun, übergibt riguez. Die beiden haben sich die waghalsigsten Helmut Marko. der kleine Mexikaner für 13 Runden das Steuer Duelle der letzten Jahre geliefert, man denke an Attwood. Marko übergibt in der 70 Runde nur an Spa 1970 wo sie Seite an Seite durch Eau an zweiter Stelle das Steuer an Larrousse. Rod- Rouge mit etwa 250 km/h rasten. Man hätte riguez übernimmt wieder das Fahrzeug und be- kein Blatt Papier dazwischen schieben können. ginnt eine beispiellose Aufholjagd, wie man sie Sie waren nicht nur bei John Wyer Teamkol- selten gesehen hat. Bei Halbzeit führt Regazzoni legen, sondern auch in der Formel 1 bei BRM. vor Larousse und Rodriguez, dicht gefolgt von Leider konnten beide die Porsche-Meisterfeier Vaccarella und Stommelen, beide Alfa. Plötzlich nicht mehr erleben. Am 11 Juli 1971 starb Ped- wird es wieder einmal dramatisch: Larrousse hat ro Rodriguez bei den 200 Meilen vom Nürnberg in Runde 122 bei etwa 270 km/h einen Reifen- am Norisring in einem Ferrari 512 M von Her- schaden und demolierte den 917 unsanft an der bert Müller. , der sympatische Schwei- Leitschiene, Regazzoni parkte seinen Spyder in zer erlag seinen Verbrennungen am 24. Oktober Runde 148 ebenfalls etwas verbeult an der Leit- 1971 beim „Race of Champions“ im BRM V12- planke - beide out. Formel-1-Wagen. Pedro Rodriguez führt nun etwas glücklich aber Porsche wurde 1969, 1970 und 1971 Lang- verdient vor zwei Alfa und gibt den Sieg nicht strecken Weltmeister, der 917er hat dazu einen mehr aus der Hand. Von den insgesamt 170 großen Beitrag geleistet, unter anderem auch in Runden fuhr Pedro allein 157. Dick Attwood Österreich. Sämtliche in dieser Zeit der Lang- schlich geradezu peinlich berührt zur Siegereh- strecken WM in Österreich eingesetzten Fahr- rung, knapp 15 Minuten Renn­fahren hat er zum zeuge waren vom Typ 917K, K steht für Kurz- Sieg beigetragen. heck. Bei diesem Rennen war auch erstmals das von Weiters fielen in diese Zeit auch die Dreharbei- Luis Stanley, dem legendären BRM Boss, gestif- ten zu Steve McQueen‘s Kultfilm „Le Mans“, wo tete „International Grand Prix Medical Service“ die Porsche 917 eine wesentliche Rolle spielten. in Österreich im Einsatz. Mit Hilfe der beiden österreichischen Rennfah- Resultat: rer und Stuntmen, Peter Huber und Erich Gla- vitza, entstand ein Rennepos das in der Filmge- Platz 1: Rodriguez/Attwood, 917 013/034 5:04.26,01 - Schnitt 198km/h schichte nicht mehr wegzudenken ist. Platz 2: Hezemans/Vacarella, Alfa Romeo Tipo 33-3 168 Runden Platz 3: Stommelen/Galli, Alfa Romeo Tipo 33-3 168 Runden

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ließ, wurde Dritter mit 1.41,15 und an fünfter 1972 Da Porsche für die Langstrecken- Stelle fand sich Kraus mit 1.44,25 ein. Das Ren- WM 1972 kein passendes Rennfahrzeug ent- nen war für 34 Runden veranschlagt (201 km) wickeln wollte, konzentrierte man sich bei der und es herrschten Temperaturen wie am Vortag Evolution des Porsche 917 auf die amerikanische von etwa 34 Grad im Schatten. Das Startduell CanAm Serie und die europäische Interserie. In gewann Kinnunen vor Ganley, Kauhsen, Kel- beiden Serien war man schon seit 1970 tätig. leners und Kraus. Kinnunen konnte sich et- Porsche gewann mit dem Typ 917 die Interserie was absetzen während Kauhsen am BRM nicht von 1970 – 1975 und die CanAm Serie 1972 vorbeikam. In Runde 12 schied Kraus mangels und 1973. Die letzte Ausbaustufe des Typ 917 Benzindruck in der Texaco Schikane aus. Kurz waren ein 5600-ccm-Motor mit 2 Turboladern vor Halbzeit kam Kaushen in langsamer Fahrt und 1300 PS. Mit diesem 917/30 fuhr Mark mit einem Felgenschaden in die Boxen, bei einer Donohue am 9. August 1975 im Oval von Talla­ Überrundung hat ein Nachzügler nicht aufge- dega einen Weltrekord mit 355 km/h Durch- passt. Dadurch fiel Kauhsen hinter Kelleners auf schnittsgeschwindigkeit auf einer geschlossenen den vierten Platz zurück. 6 Runden vor Schluss Rennstrecke. schob sich der Aachener wieder an Kelleners Aber nun zurück nach Österreich. Am 9. Juli McLaren vorbei. Nur eine Runde später kam der „Dafür hatte man 1972 trat zum letzten Mal ein Porsche 917 in führende Kinnunen mit stotterndem Motor an aber eine Rakete der Alpenrepublik an, zum vierten Lauf der die Boxen, die Benzinpumpe war defekt. So war zur Verfügung die Inter­serie. Das Rennen lief unter dem Synonym der Weg zum Sieg für Ganley frei, obwohl er die „Jochen Rindt Memorial“. Im Kundenauftrag letzte Runde mit Zündaussetztern absolvierte. in etwa 5,2 baute man den Porsche 917/10 mit Abgasturbo­ Kaushen konnte darum nun bis auf etwa 20 Se- Sekunden auf lader, aus Gewichtsgründen verzichtete man kunden Abstand aufschließen. Kinnunen sah die 200 km/h auf ein Dach und so mutierte das Coupé zum Zielflagge nicht, wurde aber auf Grund der zu- Spyder. Die Dominatoren waren Leo Kinnunen, rückgelegten Distanz noch als Achter gewertet. beschleunigt und Willi Kauhsen auf Porsche 917/10 und Ernst Resultat: in Zeltweg eine Kraus auf Porsche 917 Spyder. Helmut Kelle- Platz 1: Howden Ganley, BRM P167 V/max von ners auf McLaren M8F und Helmut Marko auf 58.19,80 - Schnitt 207 km/h 340 km/h hatte.” BRM P167 waren die schärfsten Herausforderer. Platz 2: Willi Kauhsen, Porsche 917/10 002 Leider verlor Helmut Marko, kurz vor dem Zelt- 58.38,57 weger Rennen, beim Grand Prix in Le Castellet, Platz 3: Helmut Kelleners, McLaren M8F die Sehkraft seines linken Auges und so über- 33 Runden nahm Howden Ganley dessen Cockpit im BRM. In den 1970er Jahren wurde 917 001, in den Far- Gemeldet waren folgende Porsche 917: ben des Le Mans-Siegers 1970, auf verschiedenen Start-Nr. 1 - Fahrer: Leo Kinnunen, Rennwagenausstellungen wie der Jochen Rindt- Bewerber: AAW, Chassis: 917/10 004 Show oder Niki Lauda-Rennwagenausstellung Start-Nr. 11 - Fahrer: Willi Kaushen, in Österreich präsentiert. In diesem berühmten, Bewerber: WKRT, Chassis: 917/10 002 Start-Nr. 12 - Fahrer: Ernst Kraus, Bewerber: Boeri rot/weißen Porsche Salzburg Design, steht der Chassis: 917 026/31 Bolide heute noch im Porsche Museum in Stutt- gart. Anmerkung: der originale Siegerwagen aus Am Samstag zum Training gab es die Europa- Le Mans 1970, der ja auch 1970 in Zeltweg Erstmals mit Turbo: premiere des neuen Turbomotors für Kauhsen beim 1000 km Rennen fuhr, wurde inzwischen Kaushen (li.) und Kinnunen. Man installierte pro Zylinder- und Kinnunen. reihe einen Lader und generierte aus dem 4,5- Liter-Motor sagenhafte 850 PS, das Fahrzeug- gewicht lag bei etwa 740 kg. Obwohl es kein Werkseinsatz war erschien der ganze Techniker- stab aus Weissach. Ernst Kraus hatte in seinem 5,4-Liter-Motor keine Aufladung und brachte trotzdem 650 PS auf die Straße. Als Zeitzeuge hat man heute noch den fantastischen Turbo- sound dieser Boliden in den Ohren, den man mit modernen Hybrid-Fahrzeugen nicht vergleichen kann und will. Mittlerweile ist diese Interserie auch ein relativ teures Abenteuer geworden, ca. 2,4 Millionen Schilling kostete damals ein 917/10, mit Turboaufladung waren dann etwa 3 Millionen fällig. Dafür hatte man aber eine Rakete zur Verfügung die in etwa 5,2 Sekun- den auf 200 km/h beschleunigt und in Zeltweg eine V/max von 340 km/h hatte. Bei extremer Hitze holte sich Kaushen mit 1.38,60 die Pole vor Kinnunen 1.38,71. Ganley‘s BRM mit dem 8,1-Liter-Chevy-Triebwerk, der wie immer im Fahrerlager einen halbfertigen Eindruck hinter-

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05_2016_917.indd 99 14.09.16 20:12 PORSCHE 917 IN ÖSTERREICH

Mit 850 PS rund um den Kirchturm: 917/10 001 gefahren von Gerhard Berger bei der Ennstal Classic 2010.

„386 km/h er- zum teuersten Porsche 917 aller Zeiten. Zuerst fast alle Reservechassis, die irgendwo eingela- landete der Renner bei Vasek Polak in der USA, gert waren, wieder zum Leben erweckt und so reichten die dann ging es zur Matsuda Collection nach Japan kam es, dass derzeit weltweit etwa 54 Fahrzeu- Porsche 917 im von wo er zwischenzeitlich über „Symbolic Mo- ge existieren, nicht alle mit einwandfreier His- Jahre 1971 auf torcars“ bei Dr. Julio Palmaz in Kalifornien lan- torie. 917/10 016, ein Wagen mit lückenloser dete. Dieser veräußerte den Wagen letztendlich Geschichte, hat seit 1998 seine Heimat in Ost­ der fast 6 km um einen 2-stelligen Millionenbetrag an Carlos österreich. In den Jahren 1973-1975 wurde die- langen Geraden Monteverde und ist nun Teil der „Fica frio coll- ses Fahrzeug von Ernst Kraus erfolgreich in der ’Les Hunadieres‘ ection“ auf der britischen Kanalinsel Jersey. europäischen Interserie eingesetzt. 1976 erwarb Das Technische Museum in Wien veranstaltete Vasek Polak aus Los Angeles den Rennwagen in Le Mans, dieses eine Porsche Sonderausstellung im Jahr 1990. und setzte ihn bei diversen Oldtimerrennen in Tempo wird wohl Ausgestellt war der Interserien-Siegerwagen den USA ein. Berühmte Fahrer wie Milt Minter, wegen der beiden von Herbert Müller der Jahre 1974 und 1975 George Follmer, Hurley Haywood und Ritchie Schikanen auch im Martini-Design, Chassis 917/30 001. Dieses Ginther wechselten sich hinterm Lenkrad ab. Fahrzeug hatte als Besonderheit einen variablen Nach Vasek Polaks Tod im Jahre 1997 erwarb noch eine Wei- Radstand und steht heute im Porsche Museum der jetzige Besitzer den Wagen und setzte die- le nicht erreicht in Stuttgart. sen im „Historischen Motorsport“ ein. Unter werden.” Bei einer Oldtimer-Veranstaltung am Salzburg- anderem war 917/10 016 auch Teil der Porsche ring im Jahr 1992 sah man einen ganz besonde- Ausstellung „Design-Mythos-Innovation“ in der ren Leckerbissen aus der Porsche 917 Historie. alten Tabakfabrik in Linz im Jahre 2012. 917/30 004 in den berühmten Sunoco-Farben In Australien entstanden bei der Firma LMK/ wurde im Renntempo von Hans Joachim Stuck Kraftwerkz, zwischen 2003 und 2015, 25 per- um den Ring vor den Toren Salzburgs gejagt, fekte Replicas des berühmten Porsche 917 dieses Fahrzeug wurde im März 2016 bei der ausgestattet mit einem 3,8-Liter-6 Zylinder- „Amelia Island Auction“ in den USA um 3 Mil- Doppelturbo-Boxermotor und 915-Getriebe. lionen US Dollar versteigert, Vorbesitzer war der Zwei dieser Pretiosen landeten in Österreich: amerikanische Komiker Jerry Seinfeld. Bei „Weitec-Tuning“ in Pfaffenschlag im nörd- lichen Waldviertel wurden die beiden Geschosse für eine österreichische Strassenzulassung vorbe- reitet. Einer davon, in den berühmten Gulf-Far- Neuzeit 65 Porsche-917-Chassis ben lackiert, landete in Ostösterreich bei einem ­wurden von 1969 bis 1973 erzeugt, davon etwa Sammler. komplett 48 Fahrzeuge aufgebaut. Manche Der andere, im Martini-Design des Le Mans-Sie- Rennwagen wurden verschrottet dafür wurden gerwagen von 1971, gefahren von der Paarung andere auf Ersatzrahmen mit Originalteilen wie- Marko/v. Lennep mit der legendären Startnum- der aufgebaut. Im Laufe der Jahrzehnte wurden mer 22, wurde nach Wien ausgeliefert. Dieses

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V. li. o. im Uhrzeigersinn: Langheckversion 1971; 917/30 004 am Salzburg- ring 1992; Replica im Martini Design von Günther Spindler und 917/30 001 mit variablen Radstand im Technischen Museum Wien, 1990.

Fahrzeug sah man öfters in der Öffentlichkeit langen Geraden „Les Hunaudières“ in Le Mans, und steht derzeit bei „Hödlmayr Classic Car dieses Tempo wird wohl wegen der beiden Center“ in Schwertberg zum Verkauf. (Stand Schikanen auch noch eine Weile nicht erreicht August 2016) Der Autor dieser Zeilen hat- werden. Die aktuellen, sündteuren Boliden der te einmal das Vergnügen am Beifahrersitz, im WEC gelangen auch für Privatteams nicht mehr Rahmen der Ennstal Classic, den Stoderzinken in den Handel, somit engt sich der Kreis der mit dieser Ikone zu erklimmen - danke Günter! Fahrerklientel und Teams extrem ein. Die der- Moderne Streckenlayouts, eingeschränkte Mög- zeitigen Prototypen der Langstrecken-WM sind lichkeiten der Designer und umwelteffizientere hochkomplexe und faszinierende Rennwagen Antriebsaggregate lassen diese Art des Renn- aber ob sie den Legendenstatus eines Porsches sports heute nicht mehr zu. 386 km/h erreichten 917 erreichen werden steht in den Sternen. die Porsche 917 im Jahre 1971 auf der fast 6 km

Die Fahrzeughistorie der Porsche 917 alle Wagen die nötigen Zollpapiere, so Wo sind sie geblieben? ist ein sehr komplexes Thema, da wur- wurden bei internationalen Transporten den verunfallte Wagen an die Porsche teilweise einfach die Plaketten aus- Rennabteilung zurückgeschickt und getauscht. Da die Preise der Porsche mit einem anderen Rahmen wieder 917 sich in einem ständigen Höhenflug aufgebaut, aber mit der ursprüngli- befinden und manche Verkäufe sich chen Chassisnummer versehen wieder im Verborgenen abspielen, gibt es auf ausgeliefert. Speziell bei Wyer war dies die folgende Auflistung keine Garantie. gebräuchlich. Weiters hatten nicht (Stand August 2016)

Chassisnummer Eigentümer Design Standort

917 009 Charles Nearburg Collection Gulf Design USA 917 010 Seit 1969 im Privatbesitz von grün/weiß ENGLAND David Piper 917 004/017 Bruce McCaw Gulf Design USA 917013/034 Mark Finburgh Gulf Design ENGLAND 917 016 Chris McAllister Gulf Design USA 917 020 Christophe d`Asemburg Martini Design BELGIEN 917 023 Carlos Monteverde Le Mans 1970 ENGLAND (Fica Frio Collection) 917 026/031 Roald Goethe Gulf Design DEUTSCHLAND Übersicht über den Verbleib der auf 917 030 Graf Manfredino Rossi di Montelera silber ITALIEN Österreichs Rennstrecken von 1969- 917/10 002 Claudio Roddaro weiß MONACO 1972 eingesetzten Rennfahrzeuge. 917/10 004 Jobst Heemeyer AAW Design DEUTSCHLAND

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