Kirche Und Menschenrechte: Diskriminierung Der Frau, Sklaverei, Antijudaismus Und Nationalsozialismus Im Spiegel Der Kirchengeschichte
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Dr. Ludwig Neidhart: Kirche und Menschenrechte: Diskriminierung der Frau, Sklaverei, Antijudaismus und Nationalsozialismus im Spiegel der Kirchengeschichte online veröffentlicht auf der Seite http://catholic-church.org/ao/ps/KircheMenschenrechte.html, © 2013 überarbeitete Version 06. Dezember 2018 1. Christlich-jüdische Wurzeln der Menschenrechte..................................................................................2 1.1. Altes und Neues Testament.................................................................................................................2 1.2. Frühchristliche Tradition....................................................................................................................2 1.3. Die Zwölf Artikel von 1525.................................................................................................................2 1.4. Die Bulle „Sublimis Deus“ Pauls III. 1537 und andere päpstliche Schreiben................................2 1.5. Moderne Menschenrechtserklärungen..............................................................................................3 2. Frühere Ablehnung der Menschenrechte durch die Kirche?.................................................................5 2.1. Die zeitweilige Billigung von Hinrichtung und Folter......................................................................5 2.2. Zur scheinbaren Ablehnung von Freiheitsrechten durch frühere Päpste......................................6 3. Bibel, Kirche und Diskriminierung der Frauen.......................................................................................7 3.1. Die Stellung der Frau in der Bibel......................................................................................................7 3.2. Die Forderung nach Unterordnung und der Bildvergleich von Haupt und Leib..........................8 3.1. Ein christliches Schleier- oder Kopftuchgebot?..............................................................................10 3.2. Ein allgemeines Rede- und Lehrverbot für Frauen?......................................................................16 3.3. Der Ausschluss der Frau vom Weiheamt.........................................................................................20 3.4. Frauen als minderwertige Wesen ohne Seele?................................................................................22 4. Zur Frage der Sklaverei...........................................................................................................................25 4.1. Allgemeines.........................................................................................................................................25 4.2. Sklaverei im Alten und Neuen Testament........................................................................................25 4.3. Die Unterscheidung zwischen gerechter und ungerechter Sklaverei............................................28 4.4. Stellungnahmen der Päpste zur Sklaverei.......................................................................................29 4.5. Maßnahmen durch Bischöfe, Konzilien, christliche Herrscher und Aktivisten..........................31 4.6. Stellungnahmen antiker und mittelalterlicher Theologen.............................................................32 4.7. Fromme Taten von Ordensleuten, Heiligen und überzeugten Christen.......................................34 4.8. Kirchenamtliche Texte, welche eine „gerechte“ Sklaverei rechtfertigten....................................35 4.9. Ausblick..............................................................................................................................................38 5. Kirche und Antijudaismus/Antisemitismus............................................................................................39 5.1. Rhetorische Polemik von Theologen................................................................................................39 5.2. Die Karfreitagsfürbitte für die Juden..............................................................................................41 5.3. Pogrome aufgehetzter Volksmassen und Judenschutz der Kirchenleitung..................................42 5.4. Mittelalterliche Diskriminierung der Juden...................................................................................44 5.1. Der rassistische Antisemitismus und seine nicht-christlichen Wurzeln........................................47 6. Kirche und Nationalsozialismus..............................................................................................................52 6.1. Katholische Kirche im Dritten Reich...............................................................................................52 6.2. Christen zwischen Widerstand und Anpassung..............................................................................56 6.3. Widerstand und Martyrium.............................................................................................................58 1 1. Christlich-jüdische Wurzeln der Menschenrechte Die Menschenrechte haben ihre philosophischen Wurzeln in der jüdisch-christlichen Religion und in der antiken Stoa, wo die Idee eines in Gott bzw. in der Natur fundierten Rechts (Naturrecht) entstand, das daher jedem Menschen zukommt. 1.1. Altes und Neues Testament Die Würde jedes Menschen kann mit der Gottesebenbildlichkeit des Menschen begründet werden, von der auf den ersten Seiten des Alten Testaments die Rede ist (Gen 1,22–27), und aus den alttestamentlichen zehn Geboten (Ex 20,1–17; Dt 5,1–21) können konkrete Grundrechte abgeleitet werden. Z.B. entspricht das Gebot „Du sollst nicht töten!“ dem Recht auf körperliche Unver- sehrtheit, und „Du sollst nicht stehlen!“ entspricht dem Recht auf persönliches Eigentum. Im Neuen Testament verkündigt Jesus Christus die Gleichheit aller Menschen vor Gott: „Nur einer ist euer Meister, ihr alle seid Brüder“ (Mt 23,8), und auch in den Paulusbriefen ist die fundamentale Gleichheit ausgesprochen, so heißt es in Kol. 3,11 (vgl. auch 1 Kor 12,13 und Gal 3,28): „Da ist nicht mehr Grieche und Jude, Beschnittener und Unbeschnittener, Fremder, Skythe, Sklave und Freier, sondern Christus ist alles in allem.“ 1.2. Frühchristliche Tradition Das Wort „Menschenrecht“ (ius humanum) im hier gemeinten Sinne gebrauchte als einer der ersten der nordafrikanische früh- christliche Schriftsteller Tertullian.1 Er scheint überhaupt der erste gewesen zu sein, der ein konkretes Menschenrecht so bezeich- nete, nämlich das Recht auf Religionsfreiheit. Er wandte sich um 213 in einem Schreiben an Scapula, den römischen Prokonsul Afrikas, um ihn von einer Verfolgung der Christen abzubringen, und erklärte (ad Scapulam, Kap. 2): „Menschenrecht (ius humanum!) und natürliche Vollmacht ist es, dass jeder verehrt was er für richtig hält.“ Dass niemand zum Glauben gezwungen werden darf (ad fidem nullus est cogendus), wurde von der kirchlichen Tradition seither immer festgehalten und ging um 1140 ins mittelalterliche Kirchenrecht (Corpus Juris Canonici) ein.2 1.3. Die Zwölf Artikel von 1525 Als erste Niederschrift von Menschenrechten in Europa gelten die sog. Zwölf Artikel von 1525: zwölf Forderungen, welche im März 1925 in Memmingen ein „Bauernparlament“ erhob, bestehend aus Bauern, die sich zu einer „Christlichen Vereinigung“ zusammengeschlossen hatten. Die Forderungen waren dementsprechend christlich motiviert und wurden mit Bezug auf die Bibel erhoben (in der parallel beschlossenen Bundesordnung berief man sich auf „Göttlich[es] Recht“): „... Drittens: Ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Eigenleute (Leibeigene) gehalten hat, welches zu Erbarmen ist, angesehen dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen. .... Zwölftens: ... Wenn einer oder mehr der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären ..., von denen wollen wir abstehen, wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt.“ Man kann die Grundanliegen dieser Artikel würdigen, auch wenn der anschließende blutige Aufstand der Bauern (die Hunderte von Burgen und Klöster verwüsteten) und die ebenso blutige Niederschlagung des Aufstandes durch die Obrigkeit zu bedauern sind – es kam zu ca. 75.000 Todesopfern, die meisten auf Seiten der Aufständischen. Luther, der zunächst für die Bauern Ver- ständnis zeigte, wandte sich, als er vom Blutvergießen durch die Bauern hörte, sehr schroff gegen diese. 3 Auch der Kaiser Karl V. und Papst Clemens VII. zeigten sich nach dem Ende des Bauernkrieges (1524/25) über die Niederschlagung des Aufstandes er- leichtert. Inwiefern das Verlangen der Bauern nach dem Ende der Leibeigenschaft dennoch wahrhaft christlich genannt werden kann und dieses Anliegen von der Kirche aufgegriffen wurde, wird sich in Abschnitt 4 über Kirche und Sklaverei zeigen. 1.4. Die Bulle „Sublimis Deus“ Pauls III. 1537 und andere päpstliche Schreiben Das päpstliche Lehrschreiben Sublimis Deus vom 2. Juni 15374 gilt als Vorwegnahme späterer staatlicher Menschenrechtserklä- 1 Vor ihm machte schon der Stoiker Seneca (ca. 1–65 n. Chr.) die allgemeine Feststellung, es gebe ein „gemeinsames Recht des Menschengeschlechts“ (aliquod esse commune ius generis humani, Ep. 47,3). 2 Decretum Gratiani, pars II, c. 23, q. 5, c. 33. 3 In seiner „Ermahnung zum Frieden“ vom April 1525 versucht er noch, zwischen Bauern und Fürsten zu vermitteln; in seiner Schrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“