<<

www.reiner-bernstein.de 1 – Chronologie 2013 Chronologie 2013

Dezember 2013

31.12.2013: In 172 Fällen sollen im abgelaufenen Jahr israelische Unternehmen aus der Technologie- und Sicherheitsbranche das einschlägige Ausfuhrgesetz („Defense Export Control Law“) in strafrechtlich relevanter Weise verletzt haben 1.

Im letzten Augenblick zieht die Stadtverwaltung Jerusalem die Planungen für den Bau einer neun Stockwerke hohen Talmud- Thora-Schule („Yeshiva“) im Ost-Jerusalem Stadtteil Sheikh Jarrach schräg gegenüber dem „American Colony Hotel“ und neben der Tankstelle zurück, um die bevorstehenden Gespräche zwischen US-Außenminister John Kerry und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nicht zusätzlich zu belasten. Die Schule mit Namen „Or Sameach (Licht der Freude)“ sollte vor allem junge Juden aufnehmen, die religiös geworden sind.

Erstmals in der Geschichte Israels überweist das Religionsministerium 86.455 US-Dollar für die Gehaltszahlung von vier Reformrabbinern 2.

Peter Münch meldet aus , hat die Zahl der Einwohner Israels erstmals die 8-Millionen-Hürde durch die Einwanderung von 19.200 Juden genommen. Besonders war die Zahl der Einwanderer aus Frankreich mit 3.120 Personen, während aus Deutschland lediglich 130 Juden nach emigrierten. Die größte jüdische Gemeinschaft in Frankreich beträgt mehr als 500.000. In derselben

1 Gili Cohen: Dozens of Israeli defense firms suspected of export violations, in „” 31.12.2013, S. 1.

2 Yair Ettinger: State pays Reform rabbis’ salary for first time in Israeli history, in „Haaretz” 31.12.2013, S. 1 f.

www.reiner-bernstein.de 2 – Chronologie 2013

Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet Sonja Zekri über den „Klub der palästinensischen Ritter“ in der Nähe des Flüchtlingslagers Djebaliya im Norden des Gazastreifens . Zu den etwa 200 „Rittern“ – wohlhabende Geschäftsleute – mit 50 bestens gepflegten Pferden, die aus Israel „importiert“ worden seien, würden auch viele Frauen gehören 3.

Der jordanisch-palästinensische Journalist Mudar Zahran, der für die „Jerusalem Post“ sowie für die australische und US-amerikanische Botschaft in Amman gearbeitet hat, ist von einem jordanischen Gericht angeklagt worden, zum Aufruhr aufgerufen und das Image Jordaniens beschädigt zu haben.

29.12.2013: Auf der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem sprechen sich alle „Likud“-Minister für eine Gesetzesvorlage aus, auf die jüdischen Siedlungen im Jordantal das Zivilrecht zu übertragen, ein erster Schritt auf dem Weg zur Annexion. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnt seine Kollegen vor der Zustimmung zu dieser Vorlage. Justizministerin Tsipi Livni kündigt an, dass sie eine Abstimmung in der verhindern werde 4. Am 30. Dezember beruhigt Netanjahu seine Partei: Israel sei nicht verpflichtet, die Vorschläge Kerrys zu unterschreiben. Als Reaktion auf die geplante Annexion des Jordantals beschließt die Autonomiebehörde am 30. Dezember ein Investitionsprogramm in Höhe von 4,32 Millionen US- Dollar für infrastrukturelle und landwirtschaftliche Projekte 5.

3 Peter Münch: Ein neuer Exodus?, in „Haaretz” 31.12.2013, S. 1; Sonja Zekri: Klub der Ritter, in SZ 31.12.2013, S. 8.

4 Jonathan Lis: Ministers vote to extend civil law to Jordan Valley settlements, in „Haaretz” 30.12.2013, S. 1.

5 Jack Khoury: PA meets in Jordan Valley in response to annexation declaration, in „Haaretz” 31.12.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 3 – Chronologie 2013

Nach libanesischen Medienberichten sind im Dezember allein in der syrischen Provinz Aleppo mindestens 517 Menschen getötet worden. Am 30. Dezember verlangt die „UN Relief and Works Agency (UNRWA) Zugang zum palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk, in dem vor Ausbruch des Bürgerkrieges 160.000 Bewohnern lebten, weil dort erneut 5 Palästinenser an Unterernährung starben. Der gesamte Bezirk im Süden von Damaskus ist von der syrischen Armee eingekesselt.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) werde im kommenden Jahr in Jordanien die Zahl der syrischen Flüchtlinge von gegenwärtig über 500.000 um weitere 200.000 steigen. Für die Bereitstellung grundlegender Bedürfnisse – so Wasser, Abwasser und Gesundheit – würden rund 980 Millionen US-Dollar gebraucht. Im Lande leben außerdem rund 800.000 palästinensische Flüchtlinge 6.

Der libanesische Staatspräsident Michel Suleiman verkündet, dass Saudi-Arabien 3 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt habe, damit Libanon französische Waffen kaufen könne 7.

28.12.2013: Bei einem tödlichen Bombenattentat werden in Beirut ein enger Vertrauter des früheren Ministerpräsidenten und heute im Exil in Qatar lebenden Saad Hariri und 5 weitere Personen getötet. Der Wirtschaftswissenschaftler Mohamed Shatah, der auch einst Finanzminister war und als Diplomat in Washington diente, hatte mehrfach gegen die „Hisbollah“ Stellung bezogen, zuletzt kurz vor seinem Tode. Ein Sprecher der „Partei Gottes“ weist den Vorwurf zurück. Bei der Beerdigung Shatahs am 29. Dezember verspricht der

6 Amjad Yamin: Jordan third largest refugee host worldwide - UNCHR, in „The Jordan Times” 31.12.2013.

7 Sleiman announces $3B Saudi grant for Army, in „The Daily Star” (Beirut) 30.12.2013.

www.reiner-bernstein.de 4 – Chronologie 2013

frühere Ministerpräsident Fouad Siniora, dass die „Koalition des 14 März“ auf friedlichem und demokratischem Wege das Land von der Besetzung durch die „Hisbollah“ befreien werde 8.

Der jordanische Tourismusminister Nidal Qatamin besucht in Begleitung seiner palästinensischen Amtskollegin Rola Maayya das „Noble Heiligtum“ („Tempelberg“) in der Jerusalemer Altstadt und fordert alle Muslime und Christen zum Besuch der Stadt auf, um die israelische Kontrolle zu brechen.

27.12.2013: Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyib Erdo ğan entlässt 10 seiner 16 Minister, darunter den Innen-, Wirtschafts- und Umweltminister, gegen die öffentlich schwere Korruptionsvorwürfe bei der Ausschreibung von Bauprojekten erhoben worden sind. Zu den Beschuldigten gehört auch Erdo ğans Sohn Bilal. Außerdem werden führende Staatsanwälte und Polizeioffiziere abgezogen, die für die Aufdeckung der Skandale verantwortlich gemacht werden. Erdo ğan selbst zieht die nationalistische Karte und spricht von einem „dreckigen Komplott“, das von den USA, Israel und der „Zinslobby“ – eine typisch antijüdische Umschreibung – und von dem in den USA lebenden islamistischen Prediger Fetullah Gülen inszeniert worden sei. In Erdo ğans „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP)“ regt sich Widerstand gegen den Ministerpräsidenten. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament Elmar Brok glaubt in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ am 28. Dezember, dass Erdo ğan seinen politischen Zenit überschritten habe. Die Börse reagiert mit einem Währungsverfall der türkischen Lira.

8 Hussein Dakroub, Dana Khraiche: March 14 vows to ‘liberate’ Lebanon, in „The Daily Star” (Beirut) 30.12.2013.

www.reiner-bernstein.de 5 – Chronologie 2013

Das ägyptische Militär erklärt die Moslembruderschaft zur Terrororganisation, nachdem sie für den Anschlag in Mansoura verantwortlich gemacht worden ist, obwohl sie ihn bestreitet. Der ehemalige Außenminister Hisham Qandil sieht Ägypten in einem „offenen Krieg mit den Moslembrüdern“. In mehreren Teilen des Landes kommt es am 28. Dezember zu Zusammenstößen zwischen Moslembrüdern und Sicherheitskräften. Ihre Führung ruft ihre Anhänger zu einer „Woche des Zorns“ auf. Am selben Tag kommt ein Student, der den Moslembrüdern nahestehen soll, auf dem „Al- Azhar“-Universitätsgelände ums Leben, fünf weitere sterben in anderen Regierungsbezirken Ägyptens.

Nach einem Bericht der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA haben Führungsmitglieder der PLO in einer Rundfunksendung „“ aufgefordert, ihre Beziehungen zur ägyptischen Moslembruderschaft zu kappen.

26.12.2013: Bei seinem Auftritt vor rund 200 Geschäftsleuten kritisiert Israels Verteidigungsminister MosheYaalon den US-amerikanischen Außenminister John Kerry für dessen Absicht, bis Ende Januar 2014 den Rahmen für ein Friedensabkommen erarbeiten zu lassen. Nach den Worten Yaalons gibt es auf der palästinensischen Seite keinen Partner dafür. Bereits am 02. Januar 2014 wird Kerry erneut in Jerusalem und Ramallah erwartet.

Das Bundesinstitut für biologische Analysen in Moskau gibt bekannt, dass es für eine Vergiftung Yasser Arafats keine Anhaltspunkte gebe, sondern dass er eines natürlichen Todes gestorben sei 9.

9 Vgl. zuletzt die Eintragung am 15.10.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 6 – Chronologie 2013

25.12.2013: Nach der dritten Runde der Entlassung von 26 palästinensischen Häftlingen – zu denen niemand aus Ost- Jerusalem oder mit israelischer Staatsbürgerschaft gehört – am 29. Dezember in die Westbank und in den Gazastreifen wird erwartet, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Ausschreibung neuer Wohneinheiten in der Westbank bekanntgibt, meldet „Haaretz“. Der palästinensische Chefdiplomat Saeb Erakat warnt, dass die Autonomiebehörde in diesem Fall die Mitgliedschaft in 63 internationalen Organisationen, so dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, beantragen werde. Nach einer Freilassung sitzen noch 53 Häftlinge in Israel ein. Am 27. Dezember bestätigt der Militärhörfunk „Galei Tsahal“, dass 800 neue Wohneinheiten in der Westbank und 600 in Ost-Jerusalem gebaut werden sollen 10 . „Haaretz“ meldet am 30. Dezember, dass die Europäische Union gegen die Siedlungspläne protestiert habe. Am 01. Januar 2014 bittet Netanjahu seinen Wohnungsbauminister Uri Ariel darum, die weiteren Bauplanungen zu verschieben, bis US- Außenminister John Kerry wieder abgereist sei.

24.12.2013: Die Palästinensische Autonomiebehörde untersagt israelischen Journalisten die Berichterstattung über die Weihnachtsfeiern in Bethlehem. Betroffen sind auch Reporter von „Haaretz“ und der „Jerusalem Post“. Die Ausweisung erfolgt als Reaktion auf die Behinderung palästinensischer Journalisten. Die israelischen Behörden erteilen 610 Christen aus dem Gazastreifen im Alter unter 16 Jahre und über 35 Jahre eine zweiwöchige Genehmigung zur Teilnahme an den Weihnachtsfeierlichkeiten in Bethlehem. Dagegen

10 „Tsahal-Wellen“. „Tsahal“ ist das Akronym für das israelische Militär: Peter Münch: Ein Schritt vor, ein Schritt zurück, in SZ 30.12.2013, S. 7.

www.reiner-bernstein.de 7 – Chronologie 2013 verweigern sie den Tourismusministern aus Tunesien , Ägypten , Qatar und die Einreise 11 .

In der im nördlichen Nildelta liegenden Stadt Mansoura kommen kurz nach Mitternacht 16 Menschen bei der Explosion von zwei Autobomben vor der Polizeistation ums Leben. Die Behörden beschuldigen die Moslembrüder, die sich dagegen verwahren.

22.12.2013: Auf der wöchentlichen Kabinettssitzung bezeichnet Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Ausspähung seines Amtsvorgängers und des früheren Verteidigungsministers durch die britischen und US- amerikanischen Geheimdienste als inakzeptabel. Vor der Fraktion seiner „Likud“-Partei verlangt Netanjahu am 23. Dezember Aufklärung. In den Beziehungen zu den USA gebe es Dinge, die verboten und nicht hinnehmbar seien.

Nach US-Präsident Barack Obama, dem britischen Premierminister David Cameron und Bundespräsident Joachim Gauck schlägt auch Benjamin Netanjahu die russische Einladung zum Besuch der Olympischen Winderspiele in Sotschi aus.

20.13.2013: „Haaretz“ berichtet, dass der im November zurückgetretene Unterhändler Mohamed Shtayyeh 12 die israelische Forderung ablehne, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. Dagegen gebe es die palästinensische Bereitschaft zur Anerkennung Israels als „Staat für die Juden“.

11 Barak Ravid: Das Auswärtige Amt legt ein Veto ein, und der Besuch der arabischen Tourismusminister in Bethlehem wurde abgesagt, in „Haaretz” 24.12.2013 (Hebr.).

12 Vgl. zuletzt die Eintragung am 21.11.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 8 – Chronologie 2013

Nach Medienberichten gibt es in Syrien mittlerweile 6,5 Millionen Flüchtlinge, während ihre Zahl im umliegenden Ausland auf 2,3 Millionen gestiegen sei.

17.12.2013: Nach palästinensischen Medienberichten hat die „Hamas“-Führung unter Leitung von Ismail Haniyeh und dem Leiter des Politischen Büros Khaled Meshal den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas von ihrer Bereitschaft unterrichtet, in eine Regierung der nationalen Einheit einzutreten, um die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorzubereiten. Die dafür notwendige Verfügung will Abbas am 21. Dezember treffen. Hintergrund der Ankündigung dürfte die spürbare Isolation, die „Hamas“ von ihren einstigen Verbündeten Iran, Syrien und Ägypten trennt und belastet.

19.12.2013: Der Ende Dezember aus seinem Amt als EU-Sonderbeauftragter für Nahen Osten ausscheidende Andreas Reinicke teilt mit, dass die Zahl der EZ-Staaten von 2 auf 14 gewachsen sei, die die Kennzeichnung von Produkten aus den besetzten Gebieten befürworten. Sie nehme weiter zu, prognostiziert Reinicke 13 .

16.12.2013: Die EU-Außenminister beschließen in Brüssel den angekündigten 9-Punkte-Plan für Israel und die Palästinensern 14 . Am 17. Dezember berichtet „Haaretz“

13 AP: EU support for labelling settlement products continuing to grow, envoy says, in „Haaretz” 19.12.2013.

14 Vgl. die Eintragung am 13.12.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 9 – Chronologie 2013 zusätzlich, dass US-Außenminister John Kerry Ende der Woche zu Gesprächen Benjamin Netanjahu und Machmud Abbas zurückkehren wolle, damit bis Ende Januar 2014 ein Rahmenabkommen für einen End-Status-Vertrag für die zentralen Problemfeldern vorliege: Grenzen, Sicherheit, Jerusalem, Flüchtlinge, Wasser und Siedlungen. Am 29. Dezember sollen, wie vereinbart 15 , alle palästinensischen Häftlinge freigelassen sein. Die Botschafter Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Spanien hätten im Auswärtigen Amt in Jerusalem dem amtierenden Generalsekretär Nissim Ben-Shitreet die Brüsseler Erklärung vorgetragen. Würde die Freilassung der Häftlinge erneut mit der Ankündigung neuer Wohneinheiten verbunden werden, würde dies den Tod des Friedensprozesses bedeuten. Auch in den Gesprächen der europäischen Konsuln in Ramallah soll deutlich gemacht werden, an den Verhandlungen mit Israel festzuhalten 16 . Am 18. Dezember berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, dass die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton den Sonderbeauftragten für den Nahen Osten, den Deutschen Andreas Reinicke, nicht über den 31. Dezember hinaus im Amt lassen wolle; er hatte es im Februar 2012 angetreten, nachdem er als Botschafter in Damaskus zurückgerufen worden war. Eine Nachfolge soll es nicht geben. Reinickes Aufgaben soll künftig die Politische Direktorin des Auswärtigen Dienstes, Helga Schmid, mitübernehmen; der Dienst untersteht direkt Ashton 17 . Noch in der EU-Erklärung vom 16. Dezember war Reinicke, einem Spitzendiplomaten im Berliner Auswärtigen Amt, ausdrücklich gedankt worden 18 .

15 Vgl. zuletzt die Eintragung am 29.10.2013 in dieser Zeitleiste.

16 Barak Ravid: Europa an die Adresse Israels: Wenn ihr in der Westbank nicht aufhört zu bauen, werdet ihr als die Schuldigen am Zusammenbruch der Verhandlungen gesehen werden, in „Haaretz” 17.12.2013 (Hebr.).

17 Nikolas Busse: Nach Hause geschickt, in FAZ 18.12.2013, S. 3.

18 Vgl. zuletzt die Eintragung am 05.12.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 10 – Chronologie 2013

Die „Jerusalem Post“ zitiert aus einer palästinensischen Umfrage unter 1.000 Personen, von denen 56 Prozent eine neue Konfrontation mit Israel erwarten würden, wenn die Verhandlungen scheitern 19 .

Nachdem die Knesset in der vergangenen Woche ein Gesetz verabschiedet hat, wonach illegale Flüchtlinge aus Afrika bis zu einem Jahr ohne Verfahren interniert werden können, brechen rund 150 Flüchtlinge von ihrem Internierungslager „Holot (Dünen)“ im Negev zu einem Protestmarsch zu Fuß unter den Bannern „Freiheit“ und „Menschlichkeit“ nach Jerusalem auf. Insgesamt sollen in Israel etwa 50.000 Flüchtlinge aus Afrika illegal leben. Ihre notdürftige Versorgung haben israelische und internationale Hilfsorganisationen übernommen. Die „Eindringlinge“ werden auf Anweisung der Regierung mit Bussen in ihr Lager zurückgebracht 20 . Am 19. Dezember marschieren hundert Flüchtlinge auf Bersheva zu. Die Polizei nimmt einige von ihnen gefangen.

Die Türkei und Israel vereinbaren nach fünfjähriger Unterbrechung die Wiederaufnahme des Linienverkehrs.

Bei Luftangriffen auf die Stadt Aleppo kommen nach Angaben des Nähe Londons ansässigen „Syrian Observatory for Human Rights“ seit dem 15. Dezember mindestens 76 Menschen ums Leben, darunter mehrere Lehrer und Schüler. In Genf macht das UN-Flüchtlingshilfswerk darauf aufmerksam, dass im kommenden Jahr rund 6,5 Milliarden US-Dollar benötigt würden, um die zu erwartende Zahl von 7 Millionen syrischen Flüchtlingen zu versorgen. Davon seien 2,3 Milliarden US-Dollar

19 Khaled Abu Toameh: Poll reveals most think peace talks with Israel are dead, in „The Jerusalem Post” 16.12.2013.

20 Peter Münch: Marsch der Elenden, in SZ 18.12.2013, S. 8.

www.reiner-bernstein.de 11 – Chronologie 2013 für die Flüchtlinge in Syrien gedacht, der Rest für jene in den umliegenden Staaten.

In ihrem Rüstungsexportbericht rügt die „Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung“ der Evangelischen und Katholischen Kirche die gestiegenen deutschen Rüstungsexporte vor allem in Entwicklungsländer sowie in den Nahen und Mittleren Osten. Im Jahr 2012 habe die schwarz-gelbe Bundesregierung die Ausfuhr von 66.955 kleinen und leichten Waffen wie die schwere Verheerungen anrichtenden Sturmgewehre und Maschinenpistolen genehmigt, eine Zunahme von hundert Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für solche Exporte sollten keine Hermes-Bürgschaften mehr gegeben werden, fordern die Autoren Martin Dutzmann und Karl Jüsten.

In einem israelischen Krankenhaus stirbt nach schwerer Krankheit Eyad Sarraj, Begründer des „Gaza Community Mental Health Program“, Menschenrechtsaktivist und Mitglied im Nationalen Versöhnungskomitee zur Überwindung der Konfrontation zwischen „Fatah“ und „Hamas“, im Alter von 70 Jahren. Sarraj litt an Krebs.

15.12.2013: Der israelische Ministerausschuss für Rechtsfragen befasst sich mit einem Gesetzentwurf aus den Reihen der Parteien „Das jüdische Haus (ha-Bait ha-Yehudi)“ und „Likud-Beiteinu (Einigung-Unser Haus)“, über die Steuerordnung Non-Profit-Organisationen gesetzlich zu 45 Prozent zur Steuer heranzuziehen, soweit sie Gelder aus dem Ausland erhalten. Damit sollen solche Organisationen bestraft werden, die zum Boykott Israels und zur Einstellung von Investitionen, zum Einsatz von Sanktionen gegen den Staat und seine Bürger oder zur Bestrafung von Soldaten im Falle von Kriegsverbrechen vor internationalen Gerichtshöfen aufrufen. Auch die Ablehnung Israels als jüdischer Staat soll indirekt von dem Gesetzentwurf erfasst werden. Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein befindet, dass der Entwurf mit mehreren „Basic Laws“ – www.reiner-bernstein.de 12 – Chronologie 2013

sie ersetzen eine Verfassung – nicht vereinbar sei 21 . Bei der Abstimmung im Kabinett stimmen 8 Minister für den Gesetzentwurf, 4 enthalten sich der Stimme. Justizminister Tsipi Livni weist die Vorlage entschieden zurück; über das Abstimmungsverhalten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird zunächst nichts berichtet. Ebenfalls im Kabinett wird ein Vorschlag diskutiert, Netanjahu für seine Auslandsreisen ein Flugzeug zu kaufen, das auch von Staatspräsident Shimon Peres genutzt werden könne. In der „Haaretz“-Ausgabe vom 18. Dezember verlangt der an der Bar-Ilan University lehrende Politologe Gerald M. Steinberg, Präsident des weit rechts stehenden „NGO-Monitor“, in die Strategie gegen Einmischungen in innerisraelische Angelegenheiten auch gegen die Koalitionspartei „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ sowie die Arbeitspartei unter ihrem neuen Vorsitzenden Isaac (Yitzhak) Herzog einzubeziehen 22 .

14.12.2013: Der ägyptische Übergangsministerpräsident Adli Mansour verkündet ein nationales Referendum über den Verfassungsentwurf für den 14. und 15. Januar 2014 23 .

13.12.2013: Auf Betreiben der Außenminister Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Spaniens und Italiens und in Abstimmung mit US-Außenminister John Kerry beabsichtigt die Europäische Union nach Presseberichten, am kommenden 16.

21 Amos Harel and Jonathan Lis: Ministers to mull bill penalizing pro- boycott non-profits, in „Haaretz” 15.12.2013, S. 2; The law to limit democracy (Kommentar), „Haaretz” 15.12.2013, S. 5.

22 Gerald M. Steinberg: The wrong way to fight foreign meddling in Israel, in „Haaretz” 18.12.2013.

23 Vgl. zuletzt die Eintragung am 02.12.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 13 – Chronologie 2013

Dezember ein großzügiges Hilfspaket für Israel und die Palästinenser auf dem Weg zu einem Endstatus-Vertrag anzukündigen. Danach soll den beiden Staaten nach dem Vorbild der EU-Türkei-Beziehungen eine „privilegierte Partnerschaft“ angeboten werden. Zu den EU-Angeboten würden zählen der erweiterte Zugang zu den Märkten Europas, engere kulturelle und wissenschaftliche Verbindungen, Erleichterungen für Handel und Investitionen, Förderung von Beziehungen von Unternehmen zu Unternehmen, Verstärkung des politischen Dialogs und Verstärkung der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit 24 . In Ramallah weist der palästinensische Präsident Machmud Abbas den Vorschlag Kerrys zurück, israelische Militäreinheiten für 10 Jahre am Jordan zu stationieren 25 . Nach palästinensischen Angaben sind 94 Prozent des Jordantals für Palästinenser gesperrt, weil dort israelische Militärzonen eingerichtet wurden oder weil sich dort jüdische Siedlungen befinden 26 . Außerdem verwahrt sich Abbas gegen die Forderung Benjamin Netanjahus, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. Die EU-Außenminister bestätigen in einer 9-Punkte-Erklärung am 16. Dezember in Brüssel die angekündigte massive politische, finanzielle und sicherheitspolitische Unterstützung Israel und der Palästinenser im Falle eines Friedensvertrages, der einen Staat Palästina, die palästinensischen Flüchtlinge, Jerusalem und die Sicherheit sowie regionale Probleme, zu denen die Verteilung der Wasserressourcen gehören dürften, einschließt. Gleichzeitig kritisieren die Außenminister die Fortsetzung der israelischen Siedlungspolitik. Die israelischen und palästinensischen Botschafter in London, Berlin, Rom, Madrid und Paris werden

24 Barak Ravid: EU set to offer massive aid to Israel, Palestinians over peace deal, in „Haaretz” 13.12.2013, S. 1.

25 Vgl. die Eintragung am 06.12.2013 in dieser Zeitleiste.

26 Abbas rejects US plan for permanent Israel troop presence, via www.maannews.net/eng vom 13.12.2013 .

www.reiner-bernstein.de 14 – Chronologie 2013

nach der Entscheidung in Brüssel in die Auswärtigen Ämter gerufen, um die Entscheidung der Außenminister entgegenzunehmen 27 .Das State Department begrüßt in einer Erklärung die EU-Ankündigung und betont noch einmal, dass Kerry auf einen Endstatus-Vertrag hinarbeite 28 . Die Begegnung zwischen ihm und Abbas am 13. Dezember in Ramallah soll frostig verlaufen sein, weil Kerry die Anerkennung Israels als jüdischen Staat und Israels militärische Sicherheitspräsenz im Jordantal verlangt habe 29 .

Die Menschenrechtsorganisation „amnesty international“ kritisiert scharf die geringe Bereitschaft von gerade einmal 10 europäischen Staaten, nicht mehr als 12.000 Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Die Europäische Union habe „miserabel versagt“, heißt es in der Erklärung.

Eine kuwaitische Zeitung berichtet, dass der US-amerikanische Geheimdienst (CIA) in direktem Kontakt zur libanesischen „Hisbollah“ stehe. Dabei soll es auch um die Beziehungen der „Partei Gottes“ zur palästinensischen „Hamas“ gehen.

Ohne Namen zu nennen, haben sich in Tunesien die „En-Nachda“- Partei mit Rached Ghannouchi an der Spitze und die Opposition auf eine Übergangsregierung geeinigt.

12.12.2013:

27 Barak Ravid: EU warns Israel not to announce new settlement building after prisoner release, in „Haaretz” 16.12.2013, S. 2. Text der EU-Erklärung in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews” dieser Homepage.

28 U.S. Department of State: EU Foreign Affairs Council Conclusions, December 16, 2013.

29 Jack Khoury and Reuters: Palestinian official: U.S. pressing us to recognize Israel as Jewish state, in „Haaretz” 17.12.2013.

www.reiner-bernstein.de 15 – Chronologie 2013

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zieht auf Bitten des „Likud“-Abgeordneten Benny Begin den umstrittenen Plan zur Umsiedlung von rund 30.000 Beduinen im Negev zurück30 .

Nach Angaben von John Moran, dem Leiter der EU-Delegation in Ägypten, hat die Europäische Union in Zusammenarbeit mit Deutschland Kairo einen Kredit in Höhe von 380 Millionen US-Dollar für Entwicklungsprojekte im öffentlichen Dienstsektor gewährt.

Israels Staatspräsident Shimon Peres kritisiert den nationalen Gesundheitsdienst „Magen David Adom (Roter Schild Davids)“, von einer Einwanderin aus Äthiopien eine Blutspende zu akzeptieren, weil es sich bei dem Blut um eine „besondere Art“ mit einer HIV- Ansteckungsgefahr handele 31 .

11.12.2013: Der Oberste Rat des Golf-Kooperationsrates , zu dem Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrein, Qatar, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören, kritisiert in seiner Abschlusserklärung die Besetzung von drei Inseln im Arabischen Golf durch den Iran , zeigt sich an einer Verbesserung der Beziehungen zu Teheran interessiert, begrüßt die Vereinbarung der „5 + 1“-Gruppe mit dem Iran zum Abbau des waffenfähigen Nuklearprogramms vom 24. November, verurteilt scharf den „Völkermord“ des Assad-Regimes gegen das syrische Volk und bekennt sich zur Souveränität Syriens und seiner territorialen Integrität, verwahrt sich gegen jegliche auswärtige Einmischung in die inneren Angelegenheiten Ägyptens , fordert Israel zum vollständigen Verzicht auf die 1967 eroberten

30 Ofer Aderet and Jonathan Lis: Israeli government halts controversial plan to resettle 30,000 Bedouin, in „Haaretz” 12.12.2013; Ariel Ben Solomon: Israel suspends controversial Beduin resettlement plan, in „The Jerusalem Post” 12.12.2013. Vgl. zuletzt die Eintragung am 02.12.2013 in dieser Zeitleiste.

31 Jonathan Lis: Knesset tosses out Magen David Adom for barring Ethiopian MK from giving blood, in „Haaretz” 12.12.2013, S. 4.

www.reiner-bernstein.de 16 – Chronologie 2013

Gebiete auf, unterstützt die USA, Israel und die Palästinenser an den Verhandlungstisch zu bringen, verurteilt die jüngsten Terroranschläge im Libanon , verurteilt die Raketenangriffe auf den Irak von iranischem Territorium und die Terroranschläge in irakischen Städten, verurteilt die Anschläge auf Muslime in Myanmar und betont die Unterstützung der Republik Djibouti für die Gewährleistung der freien Schiffahrt am Horn von Afrika. Geplant ist ein gemeinsames Militärkommando, um den iranischen Einfluss auf die Region einzudämmen.

10.13.2013: Am „Internationalen Tag der Menschenrechte“ findet in Ramallah eine Podiumsdiskussion über die Pressefreiheit in der Westbank statt. Während Beteiligte wie Hanan Ashrawi Sorgen äußern, verweisen Repräsentanten der Sicherheitskräfte auf die Gesetzeslage.

09.12.2013: „Haaretz“ berichtet von britischen Empfehlungen an Wirtschaftsunternehmen und Privatleute, sich der Risiken klar zu sein, wenn sie mit Siedlungen in den palästinensischen Gebieten zusammenarbeiten 32 . Am selben Tag stellt der größte niederländische Trinkwasserversorger „Vitens“ die Zusammenarbeit mit dem israelischen Gegenpart „Mekorot (Quellen)“ ein. „Mekorot“ betreibt auch in der Westbank Pumpstätten 33 .

32 Barak Ravid: U.K. government warns British citizens against business in Israeli settlements, in „Haaretz” 09.12.2013.

33 Amira Hass and Barak Ravid: Dutch water giant cuts ties with Israel counterpart due to settlements, in „Haaretz” 10.12.2013; Herbo Keinon and Sharon Udasin: Dutch firm severs ties with Mekorot over West Bank policy, in „The Jerusalem Post” 10.12.2013. Vgl, die Eintragung am 03.12.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 17 – Chronologie 2013

Unter der Ägide der Weltbank unterzeichnen Israel , die Palästinensische Autonomiebehörde und Jordanien in Washington ein Abkommen, das der Austrocknung des Toten Meeres durch die Zufuhr von entsalztem Wasser aus dem Roten Meer entgegenwirken soll. Von den jährlich 200 Kubikmetern, die durch die 180 Kilometer lange Pipeline fließen, sollen Jordanien 50 Millionen und Israel 30 bis 50 Millionen Kubikmeter erhalten, während die Palästinenser von der israelischen Wasserbehörde „Mekorot (Quellen)“ kaufen könne. Außerdem will Israel Jordanien und die Westbank mit Wasser aus dem See Genezareth versorgen. Angestrebt wird, dass sich internationale Geldgeber an der Finanzierung beteiligen. Umweltschutzorganisationen wie „Friends of the Earth Middle East“ warnen vor ökologischen Schäden.

In Moskau tagt zum elften Mal der russisch-israelische Wirtschaftsausschuss unter Leitung des stellvertretenden Ministerpräsidenten Arkady Dvorkovich und Außenminister . Im laufenden Jahr 2013 habe der Handelsumfang zwischen beiden Länder die Marke von 3 Milliarden US-Dollar überstiegen.

08.12.2013: Bei mehreren Bombenanschlägen in Bagdad kommen mehr als 30 Menschen ums Leben, Sunniten und Schiiten.

Israels Staatspräsident Shimon Peres bekundet in einem CNN- Interview seine Bereitschaft zu einem Treffen mit dem iranischen Amtskollegen Hassan Rouhani. Am 10. Dezember weist der Sprecher des Außenministeriums in Teheran das Angebot mit der Begründung zurück, dass sich die Haltung Irans gegen „das zionistische Regime“ nicht geändert habe.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagt seine Teilnahme an den Feierlichkeiten für den verstorbenen früheren Präsidenten www.reiner-bernstein.de 18 – Chronologie 2013

Südafrikas Nelson Mandela aus Kostengründen ab. Staatspräsident Shimon Peres schickt ein Kondolenzschreiben. Israel wird bei der Trauerfeier am 09. Dezember in Johannesburg von Parlamentspräsident Yuli Edelstein und mehreren Abgeordneten der Knesset vertreten.

07.12.2013: Die Jüdische Nachrichtenagentur (JTA) berichtet, dass die größte protestantische Kirche in Kanada eine Kampagne begonnen habe, wonach Produkte aus den besetzten Gebieten der Firmen „Keter Plastic“, „SodaStream“ und „Ahava“ von den Verbrauchern boykottiert werden sollen. Die „Friends of the Simon Wiesenthal Center“ in Toronto werden der Kirche Antisemitismus vor. Der Chef der Loge „Bnei Brith Canada“ weist darauf hin, dass die Firma „SodaStream“ in Maale Adumim fast 1.000 palästinensische Arbeitskräfte beschäftige.

06.12.2013: Aus Ramallah von Gesprächen mit Präsident Machmud Abbas kommend – dort begegnet ihm eine Gruppe Kibbutz-Mitglieder unter Leitung des früheren Sharon-Beraters Dov Weissglas –, betont US-Außenminister John Kerry nach der ersten Gesprächsrunde am Morgen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der gemeinsamen Pressekonferenz, dass „etwas Fortschritt“ in den israelisch-palästinensischen Verhandlungen erreicht worden sei. Netanjahu bekennt sich zur Zwei-Staaten-Lösung auf der Grundlage, dass Israel sich selbst und aus eigener Kraft verteidigen könne. In seiner Erwiderung betont Kerry, dass Präsident Barack Obama für die www.reiner-bernstein.de 19 – Chronologie 2013

Anerkennung Israels als jüdischen Staat eintrete 34 . Zuvor überreichen er und der US-Gesandte für den Friedenprozess General John Allen „Gedanken“ zu Sicherheitsarrangements in der Westbank im Zuge eines Endstatus-Vertrags. In der Pressekonferenz auf dem Ben-Gurion-Flughafen bezeichnet Kerry vor dem Abflug den am Vortag verstorbenen Nelson Mandela als „ein Beispiel, das wir uns alle zu Herzen nehmen sollten, wenn wir vor der Herausforderung stehen, eine Zwei- Staaten-Lösung zu erreichen“. Ohne Netanjahu beim Namen zu nennen, distanziert sich Kerry von den „Neinsagern“, die den Frieden in der Region für ein unerreichbares Ziel halten würden. Die USA würden nur einen Endstatus-Vertrag unterstützen, der Israelis und Palästinenser sicherere mache als heute 35 . Am 08. und am 10. Dezember berichten die „Jerusalem Post“ und „Haaretz“, dass Kerry vor dem „Saban Forum“ der „Brookings Institution“ in Washington Israel den Jordanfluss als Sicherheitsgrenze und die dortige Präsenz des israelischen Militärs für 10 Jahre garantiert habe. Sowohl die israelische Regierung als auch die palästinensische Autonomiebehörde lehnen die Vorschläge Kerry ab 36 . Am selben Tag macht Gideon Levy auf en Widerspruch zwischen Mandela und Netanjahu aufmerksam: „Wir wissen zu gut, dass unsere Freiheit ohne die Freiheit der Palästinenser unvollkommen ist“, habe der Verstorbene am Internationalen Unabhängigkeitstag am 04. Dezember 1997 erklärt, während Netanjahu ihn zu den „größten Persönlichkeiten unserer Zeit“, zu einem „Mann mit Visionen“

34 Statement by Netanyahu and Kerry After Meeting in Jerusalem, Friday, December 06, 2013; Barak Ravid: Fear of Failure spurs John Kerry’s peace mission to Jerusalem, in „Haaretz” 06.12.2013.

35 U.S. Department of State: [Press Conference of] John Kerry, in Press Availability at Ben Gurion International Airport, December 6, 2013.

36 Michael Wilner: Israel faces two existential threats, Kerry warns, in „The Jerusalem Post” 08.12.2013; Barak Ravid: U.S. security plan includes IDF presence in Jordan Valley, in „Haaretz” 08.12.2013, S.1; PA: Kerry propsed kept Israel forces in Jordan Valley for ten years, in „Haaretz” 11.12.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 20 – Chronologie 2013

und zu einem „moralischen Führer der höchsten Art“ gewürdigt habe 37 . Vor der Fraktion des „Likud“ widerspricht Netanjahu am 09. Dezember der Einschätzung Kerrys, dass Israel und die Palästinenser einer dauerhaften Regelung nähergekommen seien. Kerry bemüht sich nicht um ein Interimsvereinbarung, sondern um einen Endstatus-Vertrag, wie er am 13. Dezember ausführt 38 .

„Haaretz“ berichtet von israelischen Bemühungen, drei oder vier mit Raketen ausgerichtete U-Boote in Deutschland im Wert von 1 Milliarde Euro zu kaufen. Sie sollen zum Schutz israelischer Gaserschließungen im Mittelmeer unter dem Namen „Tamar (Dattel)“ und „Leviathan“ westlich der Küste im Abstand zwischen 80 und 130 Kilometern eingesetzt werden; die Vorkommen sind nach den Anschlagen gegen die ägyptischen Gasleitungen auf der Sinai- Halbinsel höchst interessant. In Berlin ist die Entscheidung über die U-Boote wegen der noch ausstehenden Bildung der neuen Bundesregierung noch nicht gefallen 39 . Am 10. Dezember wird berichtet, dass die israelische Regierung aus Kostengründen auch andere Kaufoptionen, so in Südkorea und in Italien, prüfe. Die in der Bundesrepublik gefertigten Boote würden pro Stück 250 Millionen US-Dollar kosten 40 .

Mit großer Mehrheit wählt die UN-Vollversammlung Jordanien als nichtständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat 41 .

37 Gideon Levy: Mandela is not yet free, in „Haaretz” 08.12.2013, S.5.

38 U.S. Department of State: Secretary Kerry’s Press Availability in Tel Aviv, December 13, 2013.

39 Barak Ravid: Israel may buy German boats to protect offshore gas, in „Haaretz“ 06.12.2013, S. 1.

40 Amos Harel: Israel negotiating boat deal with Germany, while considering other options, in „Haaretz“ 10.12.2013.

41 Vgl. zuletzt die Eintragung am 18.11.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 21 – Chronologie 2013

In einem Interview zeigt sich der in Los Angeles lebende Investor Stanley Gold, der über 1 Milliarde US-Dollar in israelische Unternehmen investiert hat, über die Zögerlichkeit der israelischen Regierung empört, das Monopol der Ultraorthodoxie in die Schranken zu weisen. Dazu müssten in ihren Schulen die Hauptfächer verpflichtend eingeführt werden. Wenn die Politik vor der Durchsetzung des Gesetzes zurückschrecke, werde das Land eine kranke Gesellschaft haben, die Zivilgesellschaft werde kollabieren, und die Menschen würden auswandern, um an den amerikanischen Universitäten zu lehren. Wenn Israel scheitere, werde sich das Schicksal seiner Kinder und Enkel verschlechtern, und er werde seine Investitionstätigkeit beenden 42 . Am 02. November war in einem Ministerausschuss der Regierung das Bemühen gescheitert, 1,800 Yeshiva-Studenten auf den Militärdienst zu verpflichten 43 .

In der Galerie einer alten Keramikfabrik am Neuen Tor zur Jerusalemer Altstadt wird eine Fotoausstellung über palästinensische Flüchtlinge von 1947/48, nach dem Junikrieg 1967 und nach dem Libanon-Krieg 1982 gezeigt. Sie wird von der „Al-Ma’mal Foundation for Contemporary Art“ kuratiert. Das Archivmaterial hat eine Reise- Odyssee hinter sich mit Stationen in Beirut, Wien, Amman und Gaza- City, bevor Teile davon in Schweden gescannt wurden44 .

Auf der Innenministerkonferenz der Länder in Osnabrück wird beschlossen, dass die Bundesrepublik die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die in Deutschland Zuflucht aufgenommen werden, von 5.000 auf 10.000 aufstockt.

42 Asher Schechter: ‘This can’t go on forever’, in „Haaretz“ 06.12.2013, S. 7B.

43 Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.07.2013 in dieser Zeitleiste.

44 Gideon Levy: A traveling exhibition of a Palestinian exodus, in „Haaretz“ 06.12.2013.

www.reiner-bernstein.de 22 – Chronologie 2013

In einer Meinungsumfrage des „Saban Center“ bei der „Brookings Institution“ glauben 48 Prozent der Israelis, dass kein Friedenvertrag erreicht werde, bei den Palästinensern sind es 47 Prozent. Für den Fall der Zwei-Staaten-Lösung befürchten 77 Prozent einen intensiven Konflikt, während 81 Prozent der Palästinenser daran glauben, dass ohne die Zwei-Staaten- Lösung der Konflikt ohne größere Veränderungen endlos fortdauern werde 45 .

05.12.2013: In Ramallah präsentiert sich das palästinensische Tam der „Genfer Initiative“ mit ihrem Leiter Yasser Abed Rabbo und dem Generalsekretär Nidal Foqaha der Konferenz mit 200 Delegierten und Teilnehmern. Der frühere palästinensische Ministerpräsident Achmed Qureia („Abu Ala“) fordert das israelische Friedenslager auf, mehr Druck auf die Regierung auszuüben. Zu den Versammelten sprechen der Leiter der EU-Delegation für die Westbank und den Gazastreifen John Gatt-Rutter, und der stellvertretende Schweizer Außenminister Wolfgang Amadeus Bruelhart.

Nach den Worten eines hohen Repräsentanten der Europäischen Union werde erwogen, die finanzielle Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde zu kürzen, sollten die israelisch-palästinensischen Verhandlungen im Zuge der vorgegebenen neunmonatigen Frist scheitern. Die Mittel waren für den Staatsaufbau gedacht. Seit den Osloer Vereinbarungen sind jährlich rund 300 Millionen Euro ausgezahlt worden. Der EU-Repräsentant für den

45 Saban Center at The Brookings Institution: Israel and Palestinian Public Opinion on Negotiating a Final Status Peace Agreement. Investigators: Shibley Telhami, Steven Kull. December 6, 2012.

www.reiner-bernstein.de 23 – Chronologie 2013

Friedensprozess Andreas Reinicke wird mit den Worten zitiert, dass die Europäische Union in Kürze mit der Auszeichnung von Produkten aus den Siedlungen der Westbank beginnen werde 46 .

In Haifa beginnt eine zweitägige Konferenz zu einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten. Die israelische Regierung hat ihr eine Absage erteilt. In seinem Referat betont der Knesset- Abgeordnete Issam Makhoul („Partei für Frieden und Gerechtigkeit“) über den Iran hinaus die Dringlichkeit des Anliegens. Für den früheren Abgeordneten der Arbeitspartei Avraham Burg würden alle Staaten in der Region von der Nuklearwaffenfreiheit profitieren. Ähnlich äußert sich die Politologin Naomi Chazan, der für „Meretz“ dem Parlament angehörte. Aus dem Bundestag nimmt Wolfgang Gehrcke („Die Linke“) an der Konferenz teil.

Bei einem schweren Bombenanschlag in der jemenitischen Hauptstadt Sana’a werden 52 Menschen getötet, darunter ein einheimischer und zwei deutsche Mitarbeiter der „Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)“. Ein Ableger von „Al-Qaeda“ bekennt sich zu der Tat. Das Auswärtige Amt in Berlin fordert am 06. November alle Entwicklungshelfer auf, so schnell wie möglich das Land zu verlassen.

04.12.2013: Aus Anlass der Unterzeichnung der israelisch-palästinensischen „Genfer Initiative“ am 01. Dezember 2003 in Genf findet im Tel Aviv Museum eine öffentliche Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und mehr als 700 Teilnehmern unter dem Titel „10 Jahre Genfer Initiative: Auf dem Weg zum Frieden“ statt. An ihr nehmen teil von israelischer Seite Yossi Beilin, die Vorsitzende von „Meretz“ Zahava Galon, der Repräsentant der „Demokratischen

46 Jack Khoury: EU may halt financial aid to PA if talks with Israel fail, in „Haaretz“ 05.12.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 24 – Chronologie 2013

Front für Frieden und Gleichheit (Chadash)“ Dov Khenin, Amram Mitzna von der Partei „Ha-Tnuah (Die Bewegung“) – Mitzna war früher der Spitzenkandidat der Arbeitspartei – sowie der frühere Chef des Inlandsgeheimdienstes Yuval Diskin. Der Leiter der palästinensischen Delegation der „Genfer Initiative“ Yasser Abed Rabbo lässt sich durch Samih Al-Abed vertreten. In den Medien werden vor allem die Ausführungen Diskins referiert, der für die Zwei-Staaten-Lösung die letzte Gelegenheit sieht und betont, dass die Heiligkeit des Volkes über der Heiligkeit des Landes rangiere, den Stopp des Siedlungsbaus jenseits der drei großen Siedlungsblöcke Gush Etzion, Maale Adumim und Ariel verlangt und gleichzeitig meint, dass die Rückführung der Siedler aufgrund ihrer großen Zahl unmöglich geworden sei. Außerdem ruft Diskin zur Zusammenarbeit der Sympathisanten der Zwei-Staaten-Lösung auf, damit sich die politische Landkarte ändere, und drängt auf die Einbeziehung vor allem Jordaniens und Ägyptens – beide sind mit Israel durch Friedensverträge verbunden – in die laufenden Verhandlungen. Ihr Scheitern um einen Staat Palästina werfe für Israel größere Gefahren auf als das iranische Nuklearprogramm. Am Ende sollten alle palästinensischen Gefangenen freigelassen werden. Der UN-Sonderkoordinator für den Friedensprozess Robert H. Serry führt aus, dass es in Ramallah einen Partner gebe und die internationale Gemeinschaft zunehmend ungeduldig werde. In einer Reaktion auf die Rede Diskins erklärt das Amt des Ministerpräsidenten in Jerusalem, dass derjenige, für den die palästinensische Gefahr größer sei als die iranische Bombe, mit der Realität nichts zu tun habe und eine strategische Vision vermissen lasse 47 .

47 BarakRavid: Ex- Chief: Conflict with Palestinians riskier for Israel than Iran, in „Haaretz“ 05.12.2013, S. 2; Tovah Lazaroff: Former Shin Bet head: Israeli-Palestinian conflict more dangerous than a nuclear Iran, in „The Jerusalem Post” 05.12.2013; Itay Blumenthal: Ex-Shin Bet head: Lack of peace bigger threat than Iran, in ynetnews.com [Internet-Portal der Tageszeitung „Yediot Achronot”]; Harriet Sherwood: Israeli former security chief: Failure to end conflict is bigger threat than Iran, in „The Guardian” 05.12.2013. www.reiner-bernstein.de 25 – Chronologie 2013

Die „American Association of University Professors (ASA)“ ruft ihre 5.000 Mitglieder zu einer Abstimmung über einen Boykott israelischer akademischer Institutionen und ihrer Führung (Rektoren, Präsidenten und Dekane) auf. Der Boykott solle nicht für einzelne israelische Professoren und den akademischen Austausch gelten. Die elektronische Abstimmung über den Aufruf soll am 15. Dezember erfolgen. An ihr nehmen 1.252 Mitglieder teil, von denen sich 66 Prozent für den Boykott aussprechen.

03.12.2013: Der israelische Menschenrechtsanwalt Michael Sfard berichtet am 03. Dezember 2013 in „Haaretz“ von israelischen Jugendgruppen, die im vergangenen Monat zwei oder drei Mal auch nachts in Häuser des palästinensischen Dorfes Burin (Westbank) mit Steinen und Molotow-Cocktails eingedrungen sind, um die Bewohner zu vertreiben und neuen jüdischen Wohneinheiten Platz zu machen. Schätzungsweise ein Viertel der Palästinenser hätte in den vergangenen zehn Jahren den Wohnort verlassen. Sfard beklagt, dass die Konzentration der EU-„Guidelines“ vom Juni 2013 nur die politische Dimension von Friedensverhandlungen ansprechen und deshalb dem Handeln der Regierung in Jerusalem freien Lauf einräumen, ohne die Menschenrechtsverletzungen, die Requirierung von Bodenflächen, die Zerstörung von Baumbeständen, die Ressourcenausbeutung und die ökologischen Schäden des forcierten Siedlungsbaus in den Blick zu nehmen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Yesh Din (Es gibt ein Recht)“ seien zwischen 2005 und 2013 nicht weniger als 90 Prozent der Beschwerden gegen Siedler niedergeschlagen worden. In 97,4 Prozent der 200 Angriffe auf Baumbestände habe die israelische Polizei die Täter nicht dingfest gemacht. Deshalb seien die „Guidelines“ nicht ernst zu nehmen. Vielmehr

www.reiner-bernstein.de 26 – Chronologie 2013

seien sie ein verspäteter Versuch, der historischen und juristischen Straffälligkeit dieser Verbrechen aus dem Wege zu gehen, für die alle verantwortlich seien: die Siedler, ihre Helfer und jene, die sie möglich machen. „Es ist an der Zeit, unsere Ohrstöpsel herauszunehmen und auf die Töne zu hören, die aus dem Shtetl Burin kommen. Wir könnten bekannte Töne aus unserer kollektiven Vergangenheit vernehmen“, schließt der Autor seinen Beitrag 48 . Amira Hass berichtet am selben Tag, dass zumindest fünf israelische Unternehmen mit wirtschaftlichen Verbindungen in die Westbank zwischen dem 07. und 09. Dezember am „Netherlands-Israel Forum“ in Herzliyah unter Beteiligung von Ministerpräsident Mark Rutte und Außenminister Frans Timmermans teilnehmen wollen, wie der Website der Botschaft der Niederlande in Tel Aviv zu entnehmen sei. Damit würden die Niederlande den Vorgaben der EU-„Guidelines“ widersprechen. Im Parlament habe Timmermans ausgeführt, dass für die niederländische Regierung Israel an der „Grünen Linie“ von 1967 ende, aber die israelischen Veranstalter nicht darauf verpflichten könne, beteiligungswillige Unternehmen vom „Forum“ auszuschließen. Auf Anfrage habe ein Sprecher des Außenministeriums in Den Haag erklärt, dass seine Botschaft niederländische Unternehmen über die offizielle Politik Den Haags unterrichten werde, sollte sie in den Siedlungen tätig werden. Jüdische Siedler transportieren nach einem Bericht der palästinensischen Nachrichtenagentur ebenfalls am 03. Dezember Stühle und andere Möbelstücke in ein Haus neben der Ibrahim-Moschee in Hebron. Befürchtet werde, dass dort eine jüdische Gebetsstätte entstehen solle 49 . Für den 08. Dezember sagt Rutte die Beteiligung an einer Zeremonie ab, bei der ein von den

48 Michael Sfard: Sanctioning violence, in „Haaretz“ 03.12.2013, S. 5.

49 M.S.: Settlers Takeover Building near Ibrahimi Mosque, WAFA 03.12.2013.

www.reiner-bernstein.de 27 – Chronologie 2013

Niederlanden geschenkter Scanner am Grenzposten Kerem Shalom zum Gazastreifen vorgestellt werden sollte, der Waren aus dem Gazastreifen überprüft, die für die Westbank. Europa und andere Teile der Welt bestimmt wären. Israels Verteidigungsministerium weist das Angebot zurück 50 .

Das Büro des niederländischen Ministerpräsidenten gibt bekannt, dass Mark Rutte und Außenminister Frans Timmermans mit 75 Geschäftsleuten am 07. und 08. Dezember zum erstmals tagenden „Netherlands-Palestinian Cooperation Forum“ in Ramallah Gespräche führen werden.

Der neue israelische Botschafter in Washington Ron Dermer überreicht US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus sein Beglaubigungsschreiben 51 . In New York wird der scheidende Bürgermeister Michael Bloomberg von der dortigen jüdischen Gemeinde verabschiedet. Dabei gibt Bloomberg bekannt, dass der mit 1 Million US-Dollar ausgestattete „Genesis Prize“ in diesem Jahr für die Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten gedacht sei. Zur Jury des Preises jüdische Philanthropen, das Büro des israelischen Ministerpräsidenten und die „Jewish Agency“, die unter anderen für die Einwanderung nach Israel und deren Eingliederung zuständig ist.

02.12.2013: Am 02. Dezember lässt sich der ehemalige Verteidigungs- und Außenminister Moshe Arens mit der Einschätzung vernehmen, dass die israelischen Einnahmen aus den Rüstungsexporten die entgehenden Zuweisungen aus dem „Horizon 2020“-Programm allemal aufwiegen würden. Noch nie sei eine derart

50 Barak Ravid: Dutch PM cancels ceremony in dispute over cargo scanner, in „Haaretz“ 08.12.2013, S. 2.

51 Vgl. die Eintragung am 10.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 28 – Chronologie 2013

unqualifizierte Frau wie Catherine Ashton, versteckt sich Arens hinter einem BBC-Journalisten, in eine solche Aufgabe [wie die als EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragte] berufen worden. Sicher verstehe Angela Merkel als Naturwissenschaftlerin, dass die Sanktionen gegen Israel völlig verfehlt seien, aber wahrscheinlich sei sie von Brüssel oder Ashton gar nicht konsultiert worden 52 .

Nach den landesweiten Demonstrationen gegen die Umsiedlung der Beduinen im Negev verwahren sich die Leitungen arabischer Städte in Galiläa gegen Pläne der „Zionistischen Weltorganisation“, vier neue Städte für die Aufnahme von 100.000 jüdischen Israelis zu errichten, um in Galiläa die „demographische Balance“ durchzusetzen 53 .

Ägyptische Medien berichten, dass die Regierung in Kairo die Staatsbürgerschaft des „Hamas“-Führer Mohamed Zachar einziehen wolle.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird von Papst Franziskus in Rom zu einem 25 Minuten langen Gespräch empfangen. Dabei sei es um die „komplizierte politische und soziale Lage“ im Nahen Osten und um die Absichten der israelischen Regierung gegangen, die seit der osmanischen Zeit gültige Steuerbefreiung von christlichen Einrichtungen zu beenden. Bis zum Besuch des Papstes in Israel, dessen Termin noch nicht feststeht, soll der Streit beendet werden. In der römischen Hauptsynagoge betont Netanjahu feierlichals er die erste Chanukka-Kerze anzündet:

52 Moshe Arens: Science in the service of politicians, in „Haaretz“ 03.12.2013.

53 Eli Ashkenazi and Zafrir Rinat: Arab council heads clam WZO plan to build new Jewish towns in Galilee, in „Haaretz“ 02.12.2013, S. 3.

www.reiner-bernstein.de 29 – Chronologie 2013

„Ich erkläre vor Ihnen im Geiste der Makkabäer, dass wir Iran keine militärisch-nukleare Kapazität erlauben werden 54 .“

Der noch vom abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi ernannte 50-köpfige Verfassungsrat unter Leitung des früheren Außenministers und Generalsekretärs der Arabischen Liga Amr Moussa verabschiedet den neuen 147 Artikel umfassenden Verfassungsentwurf. Der Termin für die Wahl des Staatspräsidenten und des Parlaments bleibt unklar. Auch wenn er an der „Sharia“ als leitendem Rechtsgrundsatz festhält – wobei der Oberste Gerichtshof über ihre Anwendung entscheiden soll –, die Rolle der „Al-Azhar“-Universität in juristischen Fällen entfällt. Außerdem verbietet der Entwurf religiöse Parteien, untersagt Folter und Gewalt gegen Gefangene und definiert Gefängnisse als Orte der Reform und Rehabilitation. Die Stellung des Militärs wird nicht angetastet: Es entscheidet für seine Amtszeiten über die Ernennung eines Verteidigungsministers, und seine haushaltspolitischen Privilegien sollen auch weiterhin keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Außerdem kann das Militär gegen Zivilisten juristische Verfahren einleiten. Dagegen wird die Autonomie des Rechtswesens festgeschrieben, auch wenn die Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs der Legislative zustehen soll. Den drei monotheistischen Religionen Islam, Christentum und Judentum wird das Recht der Religionsausübung und des Baus ihrer Gebetsstätten zuerkannt. Es wird erwartet, dass der Übergangspräsident Adli Mansour im Januar 2014 ein Referendum über den Verfassungsentwurf einleitet, Ihm fällt auch die Entscheidung über die beiden Wahltermine zu, das noch ausstehende Wahlgesetz bedarf ebenfalls seiner Zustimmung 55 .

54 David Landau: Netanyahu, the flawed historian, in „Haaretz“ 03.12.2013.

55 Rana Muhammad Taha and Hend Kortam: Experts weigh in on rights and freedoms in the constitution, in „Daily news Egypt“ 02.12.2013, Tomas www.reiner-bernstein.de 30 – Chronologie 2013

Im von Schiiten bewohnten Südteil Beiruts wird der als Generalstabschef der „Hisbollah“ bezeichnete Hassan Al-Laqis ermordet. Obwohl sich eine sunnitische Organisation zu der Tat bekennt, wird das Geständnis angezweifelt.

01.12.2013: Nach Angaben des in der Nähe Londons ansässigen „Syrian Observatory for Human Rights“ sind seit dem Ausbruch der Rebellion gegen Präsident Bashar Assad Mitte März 2011 nicht weniger als 125.835 Menschen getötet worden, unter ihnen ein Drittel Zivilisten. Die Vereinten Nationen melden am 03. Dezember, dass im November 3,4 Millionen Nahrungseinheiten an Syrer verteilt worden seien.

Der neue Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei Yitzhak Herzog 56 stattet dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas in Ramallah seinen Antrittsbesuch ab. Yossi Verter berichtet am 07. Dezember in „Haaretz“, dass gemäß einer neuen Meinungsumfrage die Arbeitspartei im Falle von Neuwahlen („Sonntagsfrage“) 19 Sitze in der Knesset gewinnen würde, während die linksbürgerliche „Meretz“-Partei auf 13 Mandate käme 57 .

November 2013

Avenarius: Verfassungskosmetik am Nil, in SZ 03.12.2013, S. 4; Markus Bickel: Mehr Militär, weniger Religion, in FAZ 03.12.2013, S. 7; Nathan J. Brown, Michelle Dunne: Egypt’s Draft Constitution Rewards the Military and Judiciary. „The Carnegie Middle East Program” 04.12.1013.

56 Vgl. die Eintragung am 21.10.2013 in dieser Zeitleiste.

57 Yossi Verter: Is an axis of politicians conspiring to upseat Netanyahu?, in „Haaretz“ 07.12.2013.

www.reiner-bernstein.de 31 – Chronologie 2013

30.11.2013: Viele tausend israelische und palästinensische Demonstranten werden bei Protesten am „Tag des Zorns“ gegen den Prawer-Begin- Plan zur Umsiedlung von 30.000 Beduinen – andere Angaben sprechen von bis zu 70.000 Beduinen – im Negev erwartet. Am Nachmittag kommt es zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei 58 .

Im November sollen bei Terroranschlägen im Irak mehr als 950 Menschen getötet worden sind, in der Mehrzahl Zivilisten.

29.11.2013: Nach einem Bericht haben Großbritannien und die Bundesrepublik Deutschland dem palästinensischen Antrag für den Zugang zum „International Olive Council“ mit der Begründung widersprochen, die Aufnahme Palästinas würde die israelisch-palästinensischen Verhandlungen belasten. Das Auswärtige Amt in Berlin habe auf Anfrage mit dem Hinweis reagiert, die deutsche Position sei wohlbekannt. Der Auswärtige Dienst der Europäischen Union, dem Catherine Ashton vorsteht, habe dagegen argumentiert, dass das Gremium lediglich technische Hilfestellungen leiste und diese auf die Olivenwirtschaft der Palästinenser wichtig seien. Auch das Vertretungsbüro der Europäischen Union in Ost-Jerusalem habe sich positiv zum Antrag geäußert. Da die EU-Mitgliedsstaaten keine gemeinsame Position finden und bei der Tagung in Madrid mit einer Stimme auftreten müssten, sei die gemeinsame Delegation bei der Abstimmung über den Antrag zur Stimmenthaltung gezwungen 59 .

58 Vgl. die Eintragung am 24.06.2013 in dieser Zeitleiste.

59 Amira Hass: Germany, Britain block Palestinian bid to join int’l trade group, in „Haaretz“ 29.11.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 32 – Chronologie 2013

Der in Jerusalem lehrende Politologe Zeev Sternhell fragt, warum es nicht möglich sein soll, eine Vereinbarung zwischen Israel und den Palästinensern durch eine konzertierte Aktion der „G 5 + 1“-Gruppe wie im Falle der Interimsvereinbarung mit dem Iran zu erreichen 60 .

Der UN-Menschenrechtsrat beschließt die Aufnahme Israels in die „Western European and Other Group“. Sie gilt ab dem 01. Januar 2015 61 .

27.11.2013: In einer gemeinsamen Erklärung rufen die Außenminister Irans und der Türkei Mohamed Javad Zarif und Ahmet Davotoglu in Teheran die Konfliktparteien in Syrien zu einem Waffenstillstand vor Beginn der Verhandlungen am 22. Januar 2014 in Genf auf 62 . Die Regierung in Damaskus kündigt ihre Teilnahme an, betont jedoch, dass sie nicht vorhabe, die Macht abzugeben. Am 30. November erklären sich die USA bereit, einen Teil des syrischen Giftwaffenpotentials auf einem dafür ausgerüsteten Schiff im Mittelmer unschädlich zu machen.

26.11.2013: Nach Medienberichten, die sich auf Angaben von „Peace Now“ stützen, hat das israelische Militär den Bau von 829 neuen Wohneinheiten genehmigt, und zwar in Givat Zeev, Nofei Prat, Shilo, Givat Salit und Nokim, wo Außenminister Avigdor Lieberman wohnt.

60 Zeev Sternhell: P5 + 1 can make peace in Israel, too, in „Haaretz“ 29.11.2013.

61 Vgl. die Eintragung am 27.10.2013 in dieser Zeitleiste.

62 Vgl. zuletzt die Eintragung am 25.11.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 33 – Chronologie 2013

Die Europäische Union gewährt Jordanien einen Zuschuss von 180 Millionen Euro, womit sich der Gesamtbetrag für die Jahre 2011 bis 2013 auf über 330 Millionen Euro erhöht. Die Mittel sind gedacht für die Fortentwicklung von „good governance“, der Privatwirtschaft, des Arbeitsmarktes. der Bildung, der Energie und Umwelt, des Handels und Transportwesens sowie der Kultur 63 .

25.11.2014: „Haaretz“ berichtet, dass die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und Israel über die Direktive („Guidelines“) vom Juni 2013 stocken. Damit stehe auch die Beteiligung Israels am Projekt „Horizon 2020“ auf dem Spiel 64 . Nach zwei Dringlichkeitssitzungen weist Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Abend seine Diplomaten an, darauf hinzuwirken, dass an der Direktive Korrekturen vorgenommen werden. Darauf soll auch Justizministerin Tsipi Livni am 26. November bei der Begegnung mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton hinwirken. Zuvor verwahrte sich Außenminister Avigdor Lieberman gegen eine „Kapitulation“ Israels 65 . Nach einem Marathon-Telefonat zwischen Livni und Ashton einigen sich beide am späten 26. November auf einen Formelkompromiss. Danach wird in einem Anhang festgehalten, dass die Europäische Union auf den „Guidelines“ besteht, wonach keine Mittel in israelische Unternehmungen in der Westbank, in Ost-Jerusalem und auf den Golanhöhen fließen. In einem zweiten Anhang hält die israelische Regierung fest, dass

63 Raed Omari: EU allocates 180m euros to assist Jordan, in „The Jordan Times” 26.11.2013.

64 Barak Ravid: Israel-EU rift deepening after talks over settlement funding hit impasse, in „Haaretz“ 25.11.2013. Vgl. zuletzt die Eintragung am 13.11.2013 in dieser Zeitleiste.

65 Barak Ravid: PM in last-minute attempt to save R&D pact with EU, in „Haaretz“ 26.11.2013, S. 2; Herb Keinon: PM orders continued diplomacy with EU over Horizon 2020, in „The Jerusalem Post” 26.11.2013.

www.reiner-bernstein.de 34 – Chronologie 2013

sie mit den „Guidelines“ aus völkerrechtlichen und politischen Gründen nicht damit einverstanden sei. Beide Seiten würden Vorgehensweisen prüfen, dass die EU-Mittel nicht in die oben bezeichneten Gebiete fließen. Die Vereinbarung zwischen Livni und Ashton bedürfe noch der Zustimmung der israelischen Regierung und der EU-Kommission. Die „Jerusalem Post“ meldet zusätzlich, dass die EU bereits vor dem 26. November Flexibilität gezeigt und zugestimmt habe, dass israelische Unternehmen keine Erklärung über die Verwendung der Mittel innerhalb der „Grünen Linie“ unterzeichnen, sondern lediglich erklären müssten, dass sie sich an die „Guidelines“ halten. Außerdem heißt es in dem Blatt, dass Ashton von Seiten einiger europäischer Regierungen unter Druck geraten sei, Israel die Beteiligung an dem Projekt „Horizon 2020“ zu ermöglichen 66 . Am 27. November meldet „Haaretz“, dass die israelische Regierung die wirtschaftlichen und finanziellen Ausfälle jene Siedler und Unternehme kompensieren wolle, die von „Horizon 2020“ betroffen sind 67 .

Nach einem Bericht des Londoner „Guardian“ hat Australiens Außenministerin Julie Bishop angekündigt, dass ihre Regierung sich im Rahmen der Genfer Konvention bei Abstimmungen über die palästinensischen Gebiete der Stimme enthalten werde. Die Entscheidung über ihre Zukunft müsse den Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern überlassen werden 68 .

66 Barak Ravid: Israel, EU reach compromise agreement on scientific funding, in „Haaretz“ 27.11.2013, S. 1; Herb Keinon: Jerusalem and EU agree on formula that allows Israel to join Horizon 2020 project, in „The Jerusalem Post” 27.11.2013.

67 Barak Ravid: Israel to compensate settlers financially harmed by EU funding ban, in „Haaretz“ 27.11.2013.

68 Oliver Laughland: Australian shift on Israel ‘part of more balanced approach’ to Middle East, in „The Guardian “ 25.11.2013..

www.reiner-bernstein.de 35 – Chronologie 2013

Unter Vermittlung der USA und Russlands kündigt UN- Generalsekretär Ban ki-Moon für den 22. Januar 2014 eine Syrien- Konferenz in Genf unter Beteiligung der Opposition mit dem Ziel der Bildung einer Übergangsregierung an. Dem Vernehmen nach verzichtet die Opposition auf ihre Forderung, Staatspräsident Bashar Assad fallenzulassen. Die „Freie Syrische Armee“ und die vom Westen unterstützte „Nationale Koalition“ kündigen jedoch an, ihren Kampf fortzusetzen.

Nachdem in Israel eine Mutter aufgrund gesundheitlicher Probleme ihres neugeborenen Sohnes darauf bestehen will, dass er nicht wie üblich am achten Tag beschnitten wird, verfügt ein Rabbinatsgericht eine Strafe von 140 US-Dollar für jeden versäumten Tag. Die Mutter will die Entscheidung beim Obersten Gerichtshof anfechten 69 .

24.11.2013: Auf Vorschlag von Israels Justizministerin Tsipi Livni wird auf der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem Shai Nitzan zum 11. Generalstaatsanwalt ernannt. Er löst am 17. Dezember Yehuda Weinstein ab. Nitzans Bestätigung trifft auf Zustimmung und Ablehnung gleichermaßen.

Unter dem Tarnnamen „Blue Flag“ veranstaltet Israel in Zusammenarbeit mit den USA , Griechenland und Italien das bislang größte Luftwaffenmanöver im Mittelmeer.

Nach Angaben des britischen „Oxford Research“, der sich auf UN- Untersuchungen stützt, sind in den vergangenen zwei Jahren mindestens 11.000 Kinder in Syrien getötet worden.

69 Netta Ahituv: Israel woman fined $140 a day for refusing to circumcise son, in „Haaretz“ 26.11.2013.

www.reiner-bernstein.de 36 – Chronologie 2013

Die „Egyptian Feminist Union (EFU)“ kündigt eine Kampagne an zur Unterstützung von Kandidatinnen für die Parlamentswahlen im April 2014. Für diese Aufgabe sollen Finanzmittel eingeworben werden 70 .

23.11.2013: In den späten Abendstunden – präsentiert am 24. November um 4 Uhr morgens – erreichen die „G 5 + 1“-Gruppe und Iran eine Übergangsvereinbarung, wonach Teheran in den kommenden sechs Monaten die Entwicklung seines Nuklearprogramms einschränkt und im Gegenzug eine Erleichterung des Sanktionsmechanismus erhält. Wenn sich die iranische Regierung an die Vereinbarung hält, soll danach ein Endstatus- Vertrag ausgehandelt werden. US-Präsident Barack Obama begrüßt die Verständigung, warnt jedoch Teheran davor, die Verhandlungen als Schutzschild für weitere nukleare Aktivitäten zu missbrauchen. Der iranische Außenminister Mohamed Javad Zarif sagt zu, das Nuklearprogramm allein für friedliche Zwecke zu nutzen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisiert die Vereinbarung als „historischen Fehler“, weil sie Teheran manipulative Chancen einräume. Syrische Medien bezeichnen sie hingegen als ein historisches Dokument. Am 25. November berichtet „Haaretz“, dass die israelische Regierung durch ihre Nachrichtendienste seit dem Sommer von geheimen amerikanisch-iranischen Kontakten bewusst habe 71 . Nach einem Bericht von Yossi Verter in „Haaretz“ hat der frühere Ministerpräsident Ehud Olmert kürzlich bemerkt, dass Israel in

70 Mostafa Salem: Egyptian Women aim for 100 parliamentary seats, in „Daily News Egypt“ 24.11.2013.

71 Barak Ravid: Israel knew of secret Iran-U.S. channel, in „Haaretz“ 25.11.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 37 – Chronologie 2013 der Ära Netanjahus mehr als 2,8 Milliarden US-Dollar für die Vorbereitung eines Angriffs auf den Iran ausgegeben habe 72 .

Bei Demonstrationen in Kairo kommen drei Personen ums Leben. Ägyptens Übergangspräsident Adli Mansour unterzeichnet ein Gesetz, wonach Demonstrationen und Kundgebungen drei Werktage vorher angemeldet werden müssen, wobei sich das Innenministerium gemäß einem Verfassungsartikel das Recht der Ablehnung vorbehält. Am 26. November protestieren viele tausend Menschen in Kairo gegen das Gesetz.

Wegen der Sympathien von Ministerpräsident Recep Tayyib Erdo ğans für den seines Amtes enthobenen Präsidenten Mohamed Mursi will die ägyptische Regierung den türkischen Botschafter ausweisen. Auch der ägyptische Geschäftsträger soll aus Ankara abgezogen werden.

22.11.2013: Israels Außenminister Avigdor Lieberman plädiert für die Erweiterung der privilegierten Beziehungen über die USA hinaus, um außenpolitisch künftig nicht allein von Washington abhängig zu sein. Namen von Staaten nennt Lieberman nicht 73 .

21.11.2003: Mohamed Shtayyeh, Minister für Wirtschaft, Entwicklung und Wiederaufbau in der Autonomiebehörde, bekräftigt, dass er nicht in das palästinensische Verhandlungsteam zurückkehren werde 74 . In einem Beitrag für „Haaretz“ begründet Shtayyeh am

72 Yossi Verter: Is an axis of politicians conspiring to upseat Netanyahu?, in „Haaretz“ 07.12.2013.

73 Liberman: Developing ties with other countries will strengthen Israel-US relations, in „The Jerusalem Post“ 21.11.2013.

74 Vgl. zuletzt die Eintragung am 16.11.2013 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 38 – Chronologie 2013

05. Dezember nochmals sein Ausscheiden mit den ausbleibenden Erfolgen. Wie der Jerusalemer Politologe Zeev Sternhell am 29. November an gleicher Stelle plädiert Shtayyeh nach dem Modell der Vereinbarung mit dem Iran und der am 22./23. Januar 2014 stattfindenden Verhandlungen mit Syrien für eine „Genf-Palästina-Konferenz“ unter der erweiterten Beteiligung Brasiliens , Indiens und Südafrikas , mithin für eine Internationalisierung des Verhandlungsprozesses 75 .

Itzhak (Isaac) Herzog setzt sich in den internen Wahlen der israelischen Arbeitspartei gegen die bisherige Vorsitzende Shelly Yachimovich mit 58,5 Prozent durch. Nur die knappe Hälfte der rund 55.000 Parteimitglieder beteiligt sich an der Wahl. Der 1960 geborene Rechtsanwalt ist der Sohn des sechsten israelischen Präsidenten Chaim Herzog, der nach seiner Zeit als Botschafter in Washington zwischen 1983 und 1993 dieses Amt innehatte, und der Enkel des in der britischen Mandatszeit amtierenden aschkenasischen Oberrabbiners Isaac Halevy Herzog. Die Schwester seiner Mutter war mit Abba Eban verheiratet, Israels Außenminister zwischen 1966 und 1974. Herzog, der seit 2003 der Knesset angehört, amtierte als Minister für Wohnungsbau, für Tourismus, für Soziale Angelegenheiten und für die Verbindungen zur jüdischen Diaspora. Bei den letzten Wahlen zur Knesset wurde die Arbeitspartei mit 15 Mandaten die drittstärkste Kraft nach „Likud- Beiteinu“ (Benjamin Netanjahu / Avigdor Liebermann) und „Bait Yehudi (Jüdisches Haus)“ mit Naftali Bennett an der Spitze. Da beide Parteien der Regierung angehören, führt die Arbeitspartei nach britischem Vorbild die Opposition an. Am 23. November kündigt Herzog an, dass sich die Arbeitspartei unter seiner Führung nicht der Regierung anschließen werde. Am 25. November kündigt

75 Muhammad Shtayyeh: A Geneva conference for Palestine, in „Haaretz“ 05.12.2013, S. B5.

www.reiner-bernstein.de 39 – Chronologie 2013

Yachimovich an, dass sie sich nicht aus der Politik der Arbeitspartei zurückziehen wolle.

20.11.2013: Beim Besuch von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Moskau werden im Gespräch mit dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin die Differenzen deutlich, als es um die Abrüstung des iranischen Nuklearpotentials geht. Russland gehört zur Gruppe der fünf UN-Vetomächte und Deutschland („P5 + 1“) 76 .

Bei einem Autobombenanschlag auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel nahe der Grenze zum Gazastreifen kommen 11 Soldaten ums Leben. Nachdem am selben Tag bei einem Bahnunglück weitere 26 Menschen getötet worden sind, ordnet die Regierung eine dreitägige Staatstrauer für die „Märtyrer“ an.

US-Außenminister John Kerry beklagt in einer Rede, dass die ägyptischen Moslembrüder die Revolution des „arabischen Frühlings“ gestohlen hätten.

Aus dem Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2012 geht hervor, dass Saudi-Arabien als Empfängerland mit 1,24 Milliarden Euro an der Spitze stand, darunter Güter für die Grenzsicherung im Wert von 1,1 Milliarden Euro 77 .

Das britische Konsulat in Jerusalem kündigt nach dem Besuch von Simon Fraser, dem „Permanent Under-Secretary of the Foreign and Commonwealth Office“ in London, in der Westbank und in Ost-Jerusalem die Bildung eines „strategischen Dialogs“

76 Vgl. zuletzt die Eintragung am 06.11.2013 in dieser Zeitleiste.

77 Christoph Heckmann: Hauptabnehmer Saudi-Arabien, in SZ 20.11.2013, S. 4.

www.reiner-bernstein.de 40 – Chronologie 2013

zwischen dem Foreign Office und dem palästinensischen Außenministerium in Ramallah an.

Israel und die USA testen gemeinsam im Süden Israels das „David’s Sling Weapon System (DSWS)“ zur Abwehr von Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 50 und 250 Kilometern.

In mehreren Stadtteilen in Beirut sterben bei Anschlägen 23 Menschen. Am 21. November kommen durch eine Autobombe im Norden der Stadt weitere 30 Menschen ums Leben.

19.11.2013: Bei zwei Bombenanschlägen im von der schiitischen „Hisbollah“ beherrschten Süden Beiruts werden am Vormittag vor dem Gelände der iranischen Botschaft 23 Menschen, darunter der Kulturattaché Ibrahim Al-Ansari getötet. Am Mittag bekennt sich ein Ableger der sunnitischen „Al-Qaida“ zu den Anschlägen.

Das State Department in Washington bestätigt, dass David Makowsky vom konservativen „Institute for Near East Policy“ das Team von Martin Indyk zur Begleitung der israelisch- palästinensischen Verhandlungen begleiten wird 78 . Gemeinsam mit Dennis Ross ist Makovsky der Autor des Buches „Myths, Illusions & Peace. Finding a New Direction in the Middle East“ (London 2009).

18.11.2013: In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ beklagt Oudeh Basharat, dass bei der Zusammenstellung der rund 60 Personen umfassenden

78 Vgl. zuletzt die Eintragung am 07.10.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 41 – Chronologie 2013

Delegation aus Dichtern, Autoren, Übersetzern, Verlegern und Verlegern zur Internationalen Buchmesse in Guadalajara (Mexiko) kein einziger Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit berücksichtigt worden sei 79 .

Unter Vorsitz seines Präsidenten Asher Grunis fordert der Oberste Gerichtshof die israelische Regierung auf, innerhalb von sechs Monaten die Häuser in den drei Außenlagern Givat Assaf (der Siedlung Ramat Gilad zugehörig), Mitzpe Yitzhar (Givat ha-Roeh) und Maale Rechavam (Mitzpe Lachash) zu räumen, weil sie auf palästinensischem Privatboden errichtet seien.

Jordanien stellt den Antrag, nichtständiges Mitglied im UN- Sicherheitsrat zu werden 80 .

„Der Spiegel“ berichtet unter Berufung auf die bundeseigene „Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)“ über deutsche Zahlungen an Israel aus dem Jahr 1961, die zum Bau der israelischen Atombombe verwendet worden sein könnten. Aus bislang unbekannten Akten des Bundesarchivs gehe hervor, dass Israel jährliche Zahlungen von 40 Millionen D-Mark eingeplant habe. Ein Beamter im Bundeskanzleramt von Georg Kiesinger habe 1968 handschriftlich notiert, dass das Geld „unabhängig vom Projektfortschritt“ und ohne Einzelprüfung über die Verwendung ausgezahlt werde 81 .

17.11.2013: Die Menschenrechtsorganisation „amnesty international“ prangert die systematisch angelegten menschenunwürdigen Lebens- und Arbeitsbedingungen von Tausenden Beschäftigten vor allem aus dem indischen Subkontinent in Qatar beim Bau der Sportanlagen für

79 Oudeh Basharat: Exiles in their own land, in „Haaretz” 18.11.2013, S. 5.

80 Vgl. zuletzt die Eintragung am 09.11.2013 in dieser Zeitleiste.

81 „Operation Geschäftsfreund”, in „Der Spiegel“ 18.11.2013, S. 20.

www.reiner-bernstein.de 42 – Chronologie 2013

die Fußballweltmeisterschaft 2022 an. Die Verantwortlichen sagen zu, die Mißstände in den Unterkünften abzustellen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Im Oktober war bekannt geworden, dass mindestens 44 Arbeiter bei Unfällen zu Tode gekommen sind.

Der ehemalige aschkenasische Oberrabbiner Yona Metzger wird unter dem Verdacht festgenommen, während seiner Amtszeit Bestechungsgelder angenommen und andere Vergehen wie Geldwäsche und Betrug begangen zu haben. Dabei gehe es um viele Millionen Neue Shekel.

16.11.2013: Am Abend trifft Frankreichs Staatspräsident François Hollande mit einer großen Delegation, zu der auch Außenminister Laurent Fabius sowie die Führung der französischen Gruppe von „JCall“ mit dem Präsidenten Gérard Unger und Vorsitzenden Generalsekretär David Chemla gehören, zu einem dreitägigen offiziellen Besuch in Israel ein, wo er von Staatspräsident Shimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu empfangen wird. Hollande führt aus, dass sein Land die Sanktionen gegen den Iran nicht lockern werde, weil sein Nuklearprogramm nicht nur den Nahen Osten, sondern die ganze Welt bedrohe. Netanjahu fordert den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas auf, vor der Knesset die Beziehungen zwischen den Juden und dem Land Israel anzuerkennen. Am 17. November reist Hollande nach Ramallah zu Gesprächen mit Abbas weiter, fordert Israel zu einem Siedlungstopp auf und bekennt sich zur Zwei-Staaten-Lösung auf der Grundlage der Grenze vor dem Junikrieg 1967 mit Ost- Jerusalem als Hauptstadt des Staates Palästina. Von der palästinensischen Führung erwarte er, Hollande, mehr Flexibilität bei der Regelung des Flüchtlingsproblems von 1948, www.reiner-bernstein.de 43 – Chronologie 2013 worauf Abbas mit dem Hinweis reagiert, dass die Arabische Friedensinitiative von 2002 dazu einen Vorschlag vorgetragen habe, der auf eine einvernehmliche israelisch-palästinensische Lösung abziele. Die palästinensische Delegation werde, so Abbas weiter, an den Verhandlungen mit Israel bis zum Ende der vereinbarten Frist am 29. April 2014. An den Gesprächen zwischen ihm und Hollande nehmen die palästinensischen Diplomaten Saeb Erakat und Mohamed Shtayyeh nicht teil 82 . Am 18. November fordert Hollande in seiner Rede vor der Knesset Israel auf, Jerusalem als Hauptstadt mit dem Staat Palästina zu teilen 83 .

15.11.2013: Nach einer Meldung ägyptischer Medien hat Russland die Lieferung von Rüstungsgütern an Ägypten im Wert von 2 Milliarden US-Dollar angeboten. Die Bezahlung der Produkte bleibt unklar. Am 16. November versichert Außenminister Nabil Fachmi dem US- Gesandten in Kairo David Satterfield, dass seine Regierung nicht vorhätte, einen internationalen Partner durch einen anderen zu ersetzen. Vielmehr gehe es um die Gewinnung eines neuen Partners zur Stärkung der nationalen Interessen Ägyptens.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu führt ein 90 Minuten langes Telefonat mit US-Präsident Barack Obama 84 . Das Amt des Ministerpräsidenten weist den Bericht einer kuwaitischen Zeitung zurück, dass sich Obama weigere, weitere Anrufe Netanjahus entgegenzunehmen 85 .

82 Vgl. die Eintragung am 31.10.2013 in dieser Zeitleiste.

83 Jack Khoury and Barak Ravid: Hollande calls for Israel to share Jerusalem, in „Haaretz“ 19.11.2013, S. 1.

84 Vgl. die Eintragung am 06.11. 2013 in dieser Zeitleiste.

85 Barak Ravid: Report. Obama rejecting calls from Netanyahu amid tension over Iran, in „Haaretz” 17.11.2013. Außerdem Amir Oren: U.S. is sick of us, in „Haaretz” 17.11.2013, S. 5. www.reiner-bernstein.de 44 – Chronologie 2013

Bei Ausschreitungen zwischen Anhängern und Gegnern des vom Militär gestürzten Mohamed Mursi kommt in Alexandria ein Junge ums Leben.

Nach einer friedlichen Demonstration gegen die Präsenz der „Revolutionsgarden“ sterben in der libyschen Hauptstadt Tripolis mindestens 43 Menschen. Die Regierung ordnet eine dreitägige Staatstrauer an. Die Unruhen dauern in den kommenden Tagen unvermindert an.

14.11.2013: Bei einem Selbstmordattentat gegen Schiiten kommen im Irak 43 Menschen ums Leben.

13.11.2013: Nach scharfen internationalen Protesten – genannt werden die USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien – stellt die israelische Regierung die Ausschreibungen für den Bau von weiteren 24.000 Wohneinheiten in der Westbank zunächst zurück; allein 1.200 davon waren für den E-1-Korridor zwischen Jerusalem und Maale Adumim geplant, der die Westbank in zwei Teile zerschneiden würde. Die Palästinensische Autonomiebehörde hatte in diesem Falle mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht 86 . Gleichwohl betont Ministerpräsident , dass der Siedlungsbau fortgesetzt werde, allerdings „klug“. „In den vergangenen Monaten haben wir Tausende Wohnungen in Judäa und Samaria gebaut, und in den kommenden Monaten werden wir weitere viele tausend

86 Chaim Levinson, Barak Ravid and Jonathan Lis: New tender for West Bank housing spurs rebukes from Netanyahu, State Dept., in „Haaretz” 13.11.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 45 – Chronologie 2013 bauen“, erklärt Netanjahu vor der Knesset 87 . Gegenüber einem ägyptischen Fernsehsender teilt Präsident Machmud Abbas mit, dass die palästinensische Verhandlungsdelegation aufgrund der mangelnden Ergebnisse ihren Rücktritt bekanntgegeben habe. Gleichwohl sollen die Verhandlungen mit Israel innerhalb einer Woche fortgesetzt werden, fügt Abbas gemäß der Agenturmeldung hinzu88 . Am 16. November warnt der israelische Wissenschafts- und Technologieminister Yaacov Perry („Yesh Atid/Es gibt eine Zukunft“) vor einem Auseinanderfallen der Koalition, sollte sich die Position von Wohnungsbauminister Uri Ariel durchsetzen, der für die Planung der erwähnten 24.000 neuen Wohneinheiten verantwortlich ist 89 .

Nach einem Exklusivbericht von „Haaretz“ hat die israelische Regierung am 11. November prinzipiell die Geltung der „Guidelines“ der Europäischen Kommission vom Juli – erarbeitet von Christian Berger, dem Leiter der Nahost- Abteilung der EU-Kommission, und Pierre Vimont, dem Stellvertreter der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton –, anerkannt, um an dem gemeinsamen europäischen Nahostprogramm „Horizon 2020“ teilnehmen zu können. Gemäß der Brüsseler Direktive dürfen EU-Einrichtungen an israelische Unternehmungen keine Finanzierungen und Kredite vornehmen oder Stipendien und Preise vergeben, wenn sie mit den Siedlungen in Verbindung stehen. Von israelischer Seite werde allerdings verlangt, dass die künftigen Grenzen zu einem künftigen Staat Palästina verhandelt werden müssten. Strittige Punkte sollen bis Ende dieser Woche ausgeräumt sein90 .

87 Herb Keinon and Lahav Harkov: Netanyahu vows to build ‘thousands more homes’ in settlements, in „The Jerusalem Post” 13.11.2013.

88 Reuters: Abbas: Palestinian delegation to peace resigns, in „Haaretz” 14.11.2013, S. 2.

89 Minister: Peace process will break up coalition, in „Haaretz” 17.11.2013, S. 1.

90 Barak Ravid: Israel agrees to recognize EU ban on funding institutions in settlements, in „Haaretz” 13.11.2013, S. 2. Vgl. die Eintragung am 16.07.2012 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 46 – Chronologie 2013

Die Knesset hat weitere Kompensationen in Höhe von 10,2 Millionen Neue Shekel an Siedlungen in der Westbank gebilligt, denen im Zuge einer „vertrauensbildenden Maßnahme“ im Herbst 2009 ein neunmonatiger Baustopp verordnet wurde. Bereits 2010 waren 36 Millionen, 2011 weitere 40 Millionen und 2012 noch einmal 36 Millionen Neue Shekel ( ≈ insgesamt 26 Millionen Euro) überwiesen worden 91 .

Eine Untersuchung der „Thomson Reuters Foundation“ belegt katastrophale Menschenrechtsverletzungen, denen Frauen in der arabischen Welt ausgesetzt sind 92 .

12.11.2013: In einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ verlangt Friedbert Pflüger, mittlerweile Direktor des „European Centre for Energy and Resource Security (EUCRS)“ in London die internationale Diplomatie auf, dem Iran die Chance zu geben, „getestet zu werden. Sie müsse Präsident Hassan Rouhani „erlauben, endlich aus der Ecke herauszukommen, in die seine Vorgänger Iran manövriert haben“. Die Ölexperte seien 2012 von 2,2 Millionen auf 700.000 Barrel gefallen. Die nationale Währung, der „Rial“, habe 50 Prozent seines Wertes verloren, die Jugendarbeitslosigkeit liegen bei 28 und die Inflation bei fast 40 Prozent. Allein bei Gemüse seien die Preise um 84 Prozent gestiegen. „Iran muss und will sich wieder in die Weltwirtschaft

91 Jonathan Lis: Knesset panel clears another $10m to compensate settlers for ’09 building freeze, in „Haaretz” 13.11.2013.

92 Sonja Zekri: Finsternis statt Frühling, in SZ12.11.2013, S. 5.

www.reiner-bernstein.de 47 – Chronologie 2013 integrieren und sein gewaltiges Potential endlich entwickeln“, betont Pflüger 93 .

In Ägypten wird der nach der Entmachtung von Mohamed Mursi Anfang Juli verhängte Ausnahmezustand aufgehoben.

11.11.2013: Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und Iran verständigen sich auf künftige Inspektionen des iranischen Nuklearprogramms. Alle strittigen Themen sollten Schritt für Schritt geklärt werden 94 .

Der Vorsitzende der Partei „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“ Avigdor Lieberman wird von der Knesset erneut als Außenminister vereidigt. Für seine Ernennung stimmen 62 der 120 Abgeordneten, 17 dagegen. Lieberman sei ein Sprengsatz, der die Räder des Friedensprozesses zerstören werde, begründet die „Meretz“-Vorsitzende Zahava Galon die Ablehnung ihrer Fraktion. Isaac Herzog, der sich um die Führung der Arbeitspartei bewirbt, bezeichnet Lieberman als den schlimmsten Außenminister, den Israel je gehabt habe. Für den Fraktionsvorsitzenden der arabischen „Nationaldemokratischen Liste (Balad)“ Jamal Zahalka bringt Lieberman Rassismus, Faschismus und die Mafia ins Parlament 95 .

Der weithin anerkannte Rabbiner der Ortschaft Kiryat Shmuel bei Haifa, Amnon Yitzhak, verfügt, dass es sich gemäß dem jüdischen

93 Friedbert Pflüger: Irans Öffnungsbereitschaft testen, in FAZ12.11.2013, S. 8. Vgl. auch die Eintragung am 06.11.2013 in dieser Zeitleiste.

94 IAEA und Iran schließen Abkommen über künftige Inspektionen, in FAZ12.11.2013, S. 6.

95 Lahav Harkov: Liberman sworn in as Foreign Minister following acquittal on fraud charges, in „The Jerusalem Post” 11.11.2013. Vgl. die Eintragung am 06.11.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 48 – Chronologie 2013

Religionsgesetz nicht gehöre, dass Frauen ein Auto fahren 96 . Der Vorgang erinnert an das Verbot in Saudi-Arabien.

„Human Rights Watch“ kritisiert die Behandlung von Flüchtlingen aus Syrien in Ägypten . Während das Außenministerium in Kairo die Zahl der Flüchtlinge mit 300.000 angibt, spricht das UN- Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) von 126.000 97 .

In seinem Vertretungsbüro in Ramallah übergibt Japans Repräsentant Junya Matsuura eine Spende über 6,4 Millionen US- Dollar an die „United Nations Relief and Works Agency (UNRWA)“ zur Versorgung von rund 300.000 palästinensischen Flüchtlingen.

Die „Hamas“-Regierung im Gazastreifen verbietet Gedenkveranstaltungen aus Anlass des 9. Jahrestages des Todes von Yasser Arafat 98 .

10.11.2013: Auf einer Sondersitzung in Sde Boqer – dem Wohnsitz des früheren Ministerpräsidenten David Ben-Gurion – beschließt das israelische Kabinett die Zerstörung des nicht anerkannten beduinischen Dorfes Um Al-Chiran im Negev und den Bau einer Stadt mit Namen Chiran für nationalreligiöse Juden, obwohl ein Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Jerusalem anhängig ist 99 . Von den 48 Wohnorten der Beduinen sind 13 anerkannt. Uri Misgav weist in „Haaretz“ darauf hin, dass die Vertreibung der Beduinen nicht etwa im

96 Jeremy Sharon: Renowned haredi rabbi prohibits women from driving due to immodesty, in „The Jerusalem Post” 11.11.2013.

97 Hend Kortam: HRW urges Egypt to ‘stop coercing’ refugees from Syria to leave, in „Daily News” (Kairo) 11.11.2013.

98 Zur Unruhe unter palästinensischen Jugendlichen im Gazastreifen und in der Westbank und ihre Unterdrückung Hans-Christian Rößler: Verlorene auf der Suche, in FAZ 15.11.2013, S. 6.

99 Vgl. die Eintragung am 01.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 49 – Chronologie 2013

Unabhängigkeitskrieg 1948 erfolge, sondern unter dem Schutz der israelischen Regierung und der Streitkräfte stehe 100 .

09.11.2013: Auf dem Israel-Festival in Berlin aus Anlass des 75. Jahrestages der „Reichspogromnacht“ 1938 verwahrt sich der DGB- Vorsitzende Michael Sommer im Gegensatz zu einigen Gewerkschaften gegen den Boykott von Produkten aus den palästinensischen Gebieten. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland Dieter Graumann bezeichnet die Freunde Israels „so stark wie ein Ochse“.

In Amman wird erwogen, als nicht-ständiges Mitglied in den UN- Sicherheitsrat einzuziehen, nachdem Saudi-Arabien auf den Sitz wegen der kritisierten Unfähigkeit der Veto-Mächte, in Syrien einzugreifen, verzichtet hat 101 .

08.11.2013: Aufgrund ihres Zahlungsboykotts verlieren die USA ihr Stimmrecht in der UN-Organisation für Wissenschaft, Kultur und Bildung (UNESCO).

06.11.2013: Bei der Begrüßung seines „Freundes“ US-Außenminister John Kerry in Jerusalem wirft Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der Autonomiebehörde die Fortsetzung des Aufruhrs, die Schaffung künstlicher Krisen und die Flucht vor historischen

100 Uri Misgav: Diesmal unter unserem Schutz, in „Haaretz” 15.11.2013 (Hebr.).

101 Khetam Malkawi: Jordan looks set to take Saudi Security Council seat – diplomats, in „The Jordan Times” 09.11.2013. Vgl. die Eintragung am 18.10.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 50 – Chronologie 2013

Entscheidungen vor. Dagegen halte sich seine Regierung skrupulös an die Vereinbarungen und ihren Geist, die den gegenwärtigen Verhandlungen zugrunde liegen würden. Nach dem Gespräch mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas in Ramallah verwahrt sich Kerry scharf gegen die Äußerungen Netanjahus, bezeichnet die Siedlungen als „illegitim“ 102 und warnt am Abend des 07. November in einem Parallelinterview mit einem israelischen und einem palästinensischen Sender vor einer neuen „Intifada“. Dabei fragt er, ob es die israelische Regierung „wirklich ernst“ meine. Auf dem Weg nach Genf zu einer, wie es heißt, vorentscheidenden Sitzung der fünf UN-Vetomächte und Deutschland („P5 + 1“) mit dem Iran legt Kerry am 08. November in Israel am Flughafen Ben-Gurion einen Zwischenstopp ein, um mit Netanjahu zu sprechen. Netanjahu verweigert seinem Gast den Handschlag. Anschließend telefoniert er auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, wobei das Ergebnis unbekannt bleibt. Am Nachmittag des 10. November wird die Konferenz ohne konkrete Ergebnisse beendet. Sie soll am 20. November fortgesetzt werden. Ebenfalls am 10. November fordert der an der Bar-Ilan University lehrende Politologe Efraim Inbar den US-Außenminister auf, zu Haus zu bleiben. Mit seiner Warnung von einer dritten „Intifada“ habe er den „radikalen Kräften“ und „Terroristen“ die Legitimation geliefert, zur Gewalt zurückzukehren. Gleichzeitig zeigt sich Inbar überzeugt, dass das israelische Militär jede Herausforderung erfolgreich bestehen werde. Israel werde dann erneut in den Krieg mit dem Gefühl „Wir haben keine Wahl“ ziehen 103 . In einer Glosse schreibt Zvi Bar’el am 13. November in „Haaretz“ sarkastisch: „Wenn sie [die Amerikaner] uns nicht

102 Barak Ravid und Jack Khoury: Kerry rebutts MP claim, calls settlements ‘illegitimate’, in „Haaretz” 07.11.2013, S. 3.

103 Efraim Inbar: Kerry: Stay Home, via http://besacenter.org/wp- content/uploads/2013/11/perspectives219.pdf .

www.reiner-bernstein.de 51 – Chronologie 2013

Iran bombardieren lassen, werden wir die Vereinigten Staaten bombardieren. Das scheint die neue israelische Strategie angesichts der iranischen Nukleardrohung zu sein 104 .“ „Haaretz“ meldet am 14. November, dass die Atmosphäre zwischen Israel und den USA feindlicher und spannungsreicher sei, als in den Medien berichtet 105 .

Das Jerusalemer Bezirksgericht spricht den ehemaligen Außenminister Avigdor Lieberman vom Vorwurf des Betrugs und des Vertrauensbruchs frei. Staatspräsident Shimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gratulieren ihm telefonisch. Für Netanjahu steht die Rückkehr Liebermans in die Regierung nichts im Wege 106 . Der Kommentar von „Haaretz“ fordert den für das Verfahren verantwortlichen Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein zum Rücktritt auf 107 .

In Libyens Hauptstadt Tripolis kommt es zu stundenlangen heftigen Gefechten, bei denen auch Raketenwerfer eingesetzt werden.

05.11.2013: Nach einem Bericht der „Jerusalem Post“ hat ein arabisches Meinungsforschungsinstitut bei einer Befragung von 1.200 Palästinensern zwischen dem 20. und 22. Oktober herausgefunden, dass 54 Prozent der Befragten weiterhin die Zwei-Staaten-Lösung unterstützen, und zwar in der Westbank 56 und im Gazastreifen 50 Prozent 108 .

104 Zvi Bar’el: First we’ll take Washington, in „Haaretz” 13.11.2013, S. 5.

105 Amos Bar’el: Senior minister: Kerry no longer an honest broker, in „Haaretz” 14.11.2013, S. 1.

106 Vgl. zuletzt die Eintragung am 10.04.2013 in dieser Zeitleiste.

107 Weinstein go home, in „Haaretz” 06.11.2013. S. 4.

108 Khaled Abu Toameh: Poll: 54% of Palestinians support two-state solution, in „The Jerusalem Post” 05.11.2013.

www.reiner-bernstein.de 52 – Chronologie 2013

Unter Berufung auf Angaben des Büros der „Genfer Initiative“ leben in der Westbank gegenwärtig 207.905 jüdische Israelis, außerdem 158.972 auf palästinensischem Gebiet. Die Zahl der Bewohner von Har Homa im Süden Jerusalems würde mit 24.000 angegeben 109 .

„Haaretz“ berichtet, dass israelische Soldaten auf einem Friedhof bei Hebron Trainingseinheiten absolviert haben, wie ein Video von Freiwilligen der Friedensgruppe „Yesh Din (Es gibt ein Recht)“ belege. Einige der Soldaten seien als palästinensische Demonstranten verkleidet gewesen 110 .

04.11.2013: Nach der Meinungsumfrage des Jerusalemer „Israel Democracy Institute“ für Oktober bewerten erstmals 58 Prozent der Israelis die sozioökonomischen Herausforderungen stärker gegenüber 28 Prozent, die der militärstrategischen Sicherheit den Vorrang geben.

Sollten die israelisch-palästinensischen Gespräche scheitern, wollen die USA nach Aussagen der „Meretz“-Vorsitzenden Zahava Galon im Januar 2014 einen eigenen Entwurf für einen Friedensvertrag vorlegen. Dies habe US-Außenminister John Kerry am 23. Oktober Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Rom mitgeteilt. Gegenstand des Entwurfs seien ein Zeitplan, der Rückgriff auf die Arabische Friedensinitiative vom März 2002 sowie ein Wirtschaftsplan in Milliardenhöhe zugunsten der Palästinenser 111 . In einer ersten

109 So der frühere Vorsitzende des Rates der Siedlungen in „Judäa, Samaria und Gaza (YESHA)“ Danny Danon in „Haaretz“ 05.11.2013.

110 Gili Cohen: NGO video shows soldiers training near W. Bank cemetery, in „Haaretz” 05.11.2013, S. 2.

111 Barak Ravid: U.S. to propose Israel-Palestinian peace plan in January if talks remain stalled, in „Haaretz” 04.11.2013, S. 1. www.reiner-bernstein.de 53 – Chronologie 2013

Reaktion besteht die Autonomiebehörde darauf, dass sie auf einem Endstatus-Frieden und verlange, dass eine schrittweise Implementierung die zentralen Streitfragen anspreche 112 .

Nach der Verstimmung der saudischen Regierung über die Annäherung der USA an den Iran 113 betont US-Außenminister John Kerry bei seinem Besuch in Riyadh vor Angehörigen der US- Botschaft die Bedeutung der bilateralen Beziehungen. Saudi-Arabien sei ein außergewöhnlich wichtiger Partner für die Stabilität in der Region. Die Führung der arabischen Welt sei mittlerweile von Ägypten auf Saudi-Arabien übergegangen – eine Bemerkung, die nunmehr in Kairo, das er am Tag zuvor besuchte, für erheblichen Unmut sorgen dürfte. Dort hatte er in der Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen Nabil Fachmy am 03. November lediglich die „wichtigen Beziehungen“ zwischen beiden Ländern und die „Freundschaft zum ägyptischen Volk“ gewürdigt und betont, dass die bilaterale Partnerschaft am engsten sei, wenn in Ägypten „eine inklusive [alle Teile der Bevölkerung einschließende] demokratisch gewählte, zivile Regierung auf der Grundlage der Geltung des Rechts, fundamentaler Freiheiten sowie einer offenen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft“ entstehe – Ermahnungen, die er in Riyadh wiederum wohlweislich vermied 114 . Dass der Sondergesandte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga Lakhdar Brahimi um Saudi-Arabien einen Bogen macht, unterstrich einmal mehr die geringe Bedeutung, welche die USA seinen Vermittlungsbemühungen in Syrien beimessen. Im Gespräch mit dem saudischen Außenminister Saud Al-Faisal ebenfalls am 04. November betont Kerry vor seiner Abreise, dass die USA weiterhin die syrische Opposition unterstützen und es nicht durchgehen lassen

112 Jack Khoury: Palestinians insist U.S. peace solution be permanent, in „Haaretz” 04.11.2013.

113 Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.10.2013 in dieser Zeitleiste.

114 U.S. Department of State: Remarks With Egyptian Foreign Minister Nabil Fahmy, November 3, 2013.

www.reiner-bernstein.de 54 – Chronologie 2013

werden, dass Präsident Bashar Assad das Blutvergießen fortsetzt. Es müsse eine Übergangsregierung geben, damit Frieden möglich und das Leiden beendet werde 115 .

Nach dem Bericht einer Tageszeitung in Kuwait sollen sich die Beziehungen zwischen der libanesischen „Hisbollah“ und den USA positiv entwickeln. Der Generalsekretär der „Partei Gottes“ Sheikh Hassan Nasrallah habe im Gegensatz zu früheren Auftritten in seiner jüngsten Rede darauf verzichtet, die USA zu kritisieren. US- Botschafter David Hale habe die Führung in Beirut unterrichtet, dass sich Washington eine Regierung ohne Beteiligung der „Hisbollah“ nicht vorstellen könne.

Die Jerusalemer Stadtverwaltung verfügt die Zerstörung von mehreren palästinensischen Wohneinheiten, die sie als illegal errichtet bezeichnet.

In Teheran demonstrieren Tausende Menschen gegen eine Entspannung der Beziehungen zu den USA . Am 05. November scheitern Versuche, eine Übergangsregierung zu bilden.

03.11.2013: Auf der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem warnt der in Kürze ausscheidende Nationale Sicherheitsberater von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Yaacov Amidror, vor dem Scheitern der Verhandlungen mit den Palästinensern. Der Misserfolg werde die Boykottbewegung gegen Israel stärken und die weitere Isolierung des Landes vorantreiben116 .

115 U.S. Department of State: Remarks With Saudi Arabian Foreign Minister Saud al-Faisal, November 4, 2013.

116 Barak Ravid: Amidror: If talks fail, Israel will face worsening of bocott, isolation, in „Haaretz“ 04.11.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 55 – Chronologie 2013

Am Vorabend des beginnenden Gerichtsverfahrens gegen den Anfang Juli vom Militär abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi und 14 seiner Anhänger demonstrieren Tausende Ägypter in Kairo und anderen Städten für seine Freilassung. Kurz nach der von Tumulten begleiteten Eröffnung wird der Prozess auf den 08. Januar 2014 vertagt. Seit dem Machtantritt von Abdel Fatach El-Sisi sollen mehr als 1.300 Menschen getötet worden sein 117 .

Nach Unruhen wird in Tunesien der Ausnahmezustand bis Juni 2014 verlängert.

Bei mehreren Terror- und Selbstmordanschlägen kommen im Irak erneut 66 Menschen ums Leben. Die Zahl der Toten soll in diesem Jahr bei über siebentausend liegen.

Oktober 2013

31.10.2013: Nach Angaben der „Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW)” in Genf sind alle ihren Experten bekanntgegebenen Produktionsstätten für die Herstellung von Chemiewaffen unter Kontrolle 118 . Die zeitliche Festlegung, bis zu dem das Potential vernichtet werden muss, steht noch aus. „Haaretz“ berichtet, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor einigen Wochen in Abstimmung mit dem Sicherheitskabinett die Linie fortsetzen wolle, die Chemiewaffenkonvention, die es 1993 unterschrieben hat, nicht zu ratifizieren. Das Blatt zitiert den Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem Yigal Palmor mit den Worten, dass sich auch Terroristen in den Besitz

117 Markus Bickel: Dissonant, in FAZ 05.11.2013, S. 8.

118 Vgl. zuletzt die Eintragung am 27.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 56 – Chronologie 2013

von Chemiewaffen setzen könnten – womit eingeräumt wird, dass sie eingesetzt werden könnten. Eine große Zahl hoher Regierungsbeamter vertrete jedoch die Auffassung, dass sich Israel dieses Potentials entledigen sollte, heißt es in „Haaretz“ weiter 119 .

Nach einer Meldung des Internet-Portals der Tageszeitung „Yediot Achronot (Letzte Nachrichten)“ hat sich der Präsident der Knesset Yuli Edelstein geweigert, den französischen Präsidenten François Hollande in Jerusalem zu empfangen.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton betont, dass die Aufwertung der Beziehungen zu Israel von Fortschritten im Verhandlungsprozess mit den Palästinensern und vom Respekt Israels für das internationale Recht abhängig sei. Außerdem drückt Ashton ihre Ablehnung des Siedlungsbaus in Ost- Jerusalem einschließlich der Aberkennung des Wohnrechts für Palästinenser, der beschränkten Praxis von Baugenehmigungen für sie und der geringen Dienstleistungen aus, welche die Stadt ihnen zur Verfügung stellt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hingegen unterstreicht, dass der Jordan Israels Sicherheitsgrenze bleiben müsse. Das Exekutivkomitee der PLO droht mit dem Abbruch der Verhandlungen angesichts der ungebremsten Bautätigkeit in Ost-Jerusalem und in der Westbank sowie der Razzien und der Mordattacken gegen Palästinenser. Der Chefdiplomat der Autonomiebehörde Saeb Erakat und Mohamed Shtayeh als Berater von Präsident Machmud Abbas reichen angesichts der israelischen Politik seinen Rücktritt ein. In einem Schreiben am 14. November nennen sie drei Hauptgründe: die Eskalation der Siedlungstätigkeit – so die Bewilligung von allein 6.296 Wohneinheiten zwischen Juli und Oktober – und die

119 Barak Ravid: Israel opts to stay vague on chemical weapons policy, in „Haaretz“ 31.10.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 57 – Chronologie 2013

Unterdrückung des palästinensischen Volkes in und außerhalb des Staates Israel, die fehlende Ernsthaftigkeit Israel bei den Verhandlungen um die Zwei-Staaten-Lösung; das Versagen Israels, die Vereinbarungen vom 29. Juli zu erfüllen, die zur Wiederaufnahme der Verhandlungen führten 120 .

30.10.2013: Das israelische Kabinett soll sich an diesem Tag mit der Erhöhung des Militärhaushaltes von gegenwärtig rund 51 Milliarden Neue Shekel ( ≈ 10 Milliarden Euro), und zwar über die aus den USA stammende jährlich Zuwendung von 3 Milliarden US-Dollar hinaus, befassen.

Nach einer Untersuchung des „Center for Strategic Studies“ an der Universität Amman im Oktober hat die Regierung von Ministerpräsident Abdullah Ensour wirtschaftlich und politisch erheblich an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Die größten Herausforderungen würden von der Armut, der Arbeitslosigkeit und dem Preisanstieg ausgehen. Nur 29 Prozent der Befragten hätten sich zufrieden geäußert 121 .

Bei mehreren Selbstmordanschlägen werden im Irak erneut mindestens 20 Menschen getötet.

29.10.2913: Als „Kompensation“ für die Freilassung von 26 palästinensischen Häftlingen kündigen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Innenminister Gideon Saar neuer Baumaßnahmen in Ost-Jerusalem an, um die Erweiterung

120 WAFA (Ramallah): PLO to continue talks through 29 April 2014. 15 November 2013.

121 Raed Omari: Gov’t popularity declines after 200 days in office – poll, in „The Jordan Times“ 20.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 58 – Chronologie 2013

palästinensischen Wohnraums zu verhindern. So soll östlich des Skopus-Berges zwischen den palästinensischen Ortschaften Issawiyeh und A-Tur ein Nationalpark entstehen, in Silwan werde das Tourismuszentrum „Kedem“ unter der Leitung der rechts außen stehenden Organisation „Elad“ gebaut, und in Ramat Shlomo würden zunächst weitere 1.500 Wohneinheiten errichtet 122 , bevor in der Westbank die Genehmigung für weitere 5.000 Wohneinheiten genehmigt werde 123 . Entgegen der Kritik von US-Außenminister John Kerry berichtet die „Jerusalem Post“, dass die USA frühzeitig die neuen Siedlungspläne gekannt habe 124 . Die Sprecherin des State Department Jen Psaki kritisiert die Baupläne zurückhaltend. Dagegen äußern sich die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der für den Nahen Osten zuständige britische Minister Hugh Robertson deutlicher. Am 01. November äußert sich der Sprecher der Bundesregierung Steffen Seibert gegenüber dem Siedlungsbau ebenfalls ablehnend.

In den vergangenen 4 Jahren habe die Zionistische Weltorganisation, die vom Staat finanziert werde, über 1 Million Neue Shekel ( ≈ 200.000 Euro) allein der Siedlerbewegung „Amana (Vertrag, Konvention)“ für den Wohnungsbau in den palästinensischen Gebieten ausgegeben, und zwar auch ohne eine öffentliche Ausschreibung 125 .

122 Barak Ravid: In effort to appease Israel’s Right, Netanyahu recycling construction plans in Jerusalem, in „Haaretz” 30.10.2013, S. 3; Netanyahu to advance east Jerusalem construction as ‘compensation’ for prisoner release, in „The Jerusalem Post” 30.10.2013. Vgl. die Eintragung am 27.10.2013 in dieser Zeitleiste.

123 Barak Ravid: Israel planning some 5,000 new homes over Green Line, in „Haaretz” 31.10.2013, S. 1.

124 Herb Keinon: US knew of settlement construction plans, in „The Jerusalem Post” 31.10.2013.

125 Chaim Levinson: Government body funds call center marketing illegal West Bank homes, in „Haaretz” 29.10.2013, S. 3. Vgl. die Eintragung am 15.10.2013 in dieser Zeitleiste. Da „Amana“ Chaim Levinson und Reiner www.reiner-bernstein.de 59 – Chronologie 2013

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigt bei einer Konferenz an der Universität Tel Aviv an, Pläne zur besseren Eingliederung der Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit in den Arbeitsmarkt zu erarbeiten, doch auch sie selbst im Wirtschaftsleben stärker aktiv werden. Wenn wir von einer Gesellschaft von Gleichen sprechen, so Netanjahu, bedeute das gleiche Rechte und Pflichten 126 .

Hans-Christian Rößler berichtet in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, dass sich Haifa zum israelischen Transithafen für Güter aus der Türkei über Jordanien nach Bagdad entwickelt 127 .

Nach Medienberichten hat die neue politische Führung im Iran den Chef des politischen Büros von „Hamas“ Khaled Meshal gebeten, seinen Besuch in Teheran zu verschieben, weil man mit den eigenen Angelegenheiten zu stark beschäftigt sei. Die Absage wird als Zeichen der Distanzierung interpretiert.

28.10.2013: US-Außenminister John Kerry erklärt in Washington, dass es höchst unverantwortlich wäre, die politische Diplomatie gegenüber den neuen Tönen aus dem Iran zu missachten. Die Bemerkung wird als eine Abgrenzung gegenüber den Warnungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gewertet. Am 29. Oktober bittet die Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice in einem „ernsthaften Gespräch“

Bernstein: „Bestens vernetzt – Erzählung aus Israels Rechtsstaatsnarrativ“: http://www.reiner-bernstein.de/pdf/veroeffentlichung/B- Zambish_26.05.13.pdf .

126 Niv Elis and Danielle Ziri: Netanyahu appeals to Israeli Arabs on economic integration: We’ll do our part if you do yours, in „The Jerusalem Post” FAZ 30.10.2013.

127 Hans-Christian Rößler: Tor zur arabischen Welt, in FAZ 29.10.2013, S. 3.

www.reiner-bernstein.de 60 – Chronologie 2013

eine Delegation aus führenden jüdisch-amerikanischen Organisationen darum, sich im Senat für die Lockerung der Sanktionen gegen den Iran einzusetzen.

Nach Angaben der EU-Kommission sind bislang 1,9 Milliarden Euro für die humanitäre Bearbeitung von Folgen des Bürgerkriegs in Syrien bereitgestellt worden.

27.10.2013: Die „Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW)” in Genf teilt mit, dass die syrische Regierung vorzeitig das von ihr verlangte Programm zur Vernichtung chemischer Waffen vorgelegt habe 128 .

„Haaretz“ berichtet über den Einhalt eines Schreibens, das Bundesaußenminister Guido Westerwelle an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geschickt hat, in dem er ihn davor warnt, der Sitzung des EN-Menschenrechtsrats in Genf Anfang November fernzubleiben. Westerwelle drückt in dem Schreiben die Sorge aus, dass sich Israel diplomatisch weiter isolieren werde, sollte es sich weigern, an der regelmäßig stattfindenden Überprüfung der Achtung der Menschenrechte des Gremiums teilzunehmen. Sollte an dieser Entscheidung festgehalten werden, würde es der Bundesregierung schwerfallen, Israel vor einer unfairen Behandlung zu schützen 129 . Nach Druck aus Deutschland, den USA, aus Frankreich, Spanien und Kanada

128 Vgl. zuletzt die Eintragung am 15.10.2013.

129 Barak Ravid: Germany to Netanyahu: Boycotting UN rights council review will hurt Israel, in „Haaretz“ 27.10.2013, S. 3. Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.10.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 61 – Chronologie 2013 entscheidet Netanjahu am 28. Oktober, die Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsrat wieder aufzunehmen 130 .

Nach einer Mitteilung der Siedlerfrauen aus der Westbank unter dem Namen „Frauen in Grün“ steht in wenigen Tagen das Erscheinen der neuen Zeitschrift „Souveränität“ mit einer englischsprachigen Version in einer Auflage von 100.000 Exemplaren bevor. Sie soll in Israel verteilt werden. Hintergrund seien die Verhandlungen der israelischen Regierung mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und die Bedrohung aus dem Iran. Die Zeitschrift habe das Ziel, den Zionismus im Lande Israel zu verwirklichen und die Zwei-Staaten- Lösung zu verhindern. Israels Souveränität über Judäa und Samaria müsse aus einem entscheidenden Grund herbeigeführt werden: „Das ist unser Land.“ Die Entscheidung zugunsten der Zeitschrift mit dem Untertitel „A Political Journal“ und gemeinsam mit dem „Forum for Sovereignty“ herausgegeben, gehe auf Konferenzen zurück, an denen Regierungsmitglieder, Abgeordnete, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und viele tausend Sympathisanten teilgenommen hätten. Zu den Mitarbeitern des ersten Heftes gehören Wohnungsbauminister Uri Ariel, der stellvertretende Außenminister Zeev Elkin, die frühere Abgeordnete und „Israel Prize“-Trägerin Geula Cohen (Partei „Die Wiedergeburt – haTchiyah“), Alan Baker, ehemaliger Rechtsberater der Regierung, der heute für das „Begin- Sadat Center for Strategic Studies“ an der Bar-Ilan University unter Leitung des früheren Botschafters Dore Gold arbeitet, und der Kolumnist Israel Harel, dessen Kommentare auch „Haaretz“ übernimmt.

Der frühere britische Außenminister Jack Straw soll in der vergangenen Woche im Unterhaus behauptet haben, dass „grenzenlose“ Finanzmittel US-amerikanischer Juden die Nahostpolitik Washingtons kontrollieren. Die Behauptung geht aus

130 Barak Ravid: PM rules to end boycott of Human Rights Council, in „Haaretz“ 28.10.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 62 – Chronologie 2013

den Beobachtungen der israelischen Abgeordneten Einat Wilf zurück, die bei der Sitzung anwesend war 131 .

„Haaretz“ zitiert aus einem vertraulichen Bericht des Vereidigungsministeriums in Tel Aviv, dass zwischen dem 11. September und dem 20. Oktober in 16 palästinensischen Dörfern der Westbank mindestens 1.358 Olivenbäume von Siedlern unter den Augen des israelischen Militärs abgeholzt, schwer beschädigt oder gestohlen worden seien 132 .

Das israelische Kabinett verständigt sich auf seiner wöchentlichen Sitzung in Jerusalem auf die Beauftragung von Chaim Koren als neuen Botschafter in Israel. Wann Koren sein Amt antritt, wird nicht mitgeteilt. Außerdem wird die Freilassung von 26 inhaftierten Palästinensern beschlossen, die vor den Osloer Vereinbarungen festgenommen wurden. Sie werden am 30. Oktober in die Westbank und in den Gazastreifen abgeschoben. Die Zahl der weiterhin in Israel inhaftierten Palästinenser soll bei 5.000 liegen 133 . Am 28. Oktober berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur „WAFA“ von der Festnahme zweier Mitglieder des „Palestinian Legislative Council“, so dass sich die Zahl der von Israel festgehaltenen Parlamentarier auf 15 – unter ihnen Marwan Barghouti, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist – erhöht habe, darunter 6 aus Hebron, je 3 aus Jerusalem und Ramallah sowie 1 aus Nablus.

Der ägyptische Übergangsministerpräsident Hazem El-Beblawi äußert in einem TV-Interview die Erwartung, dass sein Land nicht zu einem Militärstaat werde. Am selben Tag schlägt die 50 Mitglieder

131 ’Ex-U.K. FM: Jewish money biggest obstancle to Mideast peace,’ in „Haaretz“ 27.10.2013.

132 Amira Hass: Israeli attacks on Palestinian olive groves kept top secret by state, in „Haaretz“ 27.10.2013.

133 Peter Münch: Der gefangene Frieden, in SZ 31.10.2013, S. 4.

www.reiner-bernstein.de 63 – Chronologie 2013 umfassende Kommission zur Überarbeitung der Verfassung vor, dass in Zukunft die völlige Freiheit der Religionsausübung einschließlich des Baus von Kirchen gewährleistet werden solle. Unklar bleibt, ob die freie Religionsausübung auch schiitischen Moslems und Angehörigen der Bahai offensteht.

Bei Anschlägen in Bagdad kommen mindestens 40 Menschen ums Leben, überwiegend Schiiten. Weitere Tote sterben bei anderen Anschlägen im Irak.

26.10.2013: Die Vereinigten Arabischen Emirate kündigen an, Ägypten zu den bereits bewilligten 1 Milliarde US-Dollar weitere 2,9 Milliarden US- Dollar für Entwicklungszwecke zur Verfügung zu stellen.

Die ägyptischen Sicherheitskräfte schließen erneut den Grenzübergang zum Gazastreifen, so dass moslemische Pilger aus Mekka an der Wiedereinreise gehindert werden.

Rund 4.000 Anhänger der jordanischen Moslembruderschaft protestieren in Amman gegen die Verletzung der Al-Aqza-Moschee auf dem „Haram Al-Sharif“ („Tempelberg“) durch radikale Israelis. Der Führer der Moslembruderschaft Hamam Said fordert die jordanische Regierung auf, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen. Außerdem verlangt er die Wiedereinsetzung des am 03. Juli vom ägyptischen Militär abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi 134 .

25.10.2013:

134 Vgl. die Eintragungen am 14.10.2013 und am 01.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 64 – Chronologie 2013

In Übernahme des Berichts in der „Financial Times“ meldet „Haaretz“, dass die Palästinensische Autonomiebehörde im September einen Brief an 50 Staaten mit der Aufforderung geschickt habe, gemäß den „Guidelines“ der Europäischen Kommission von Mitte Juli die Geschäftsbeziehungen von Firmen zu den jüdischen Siedlungen zu unterbinden und jene mit israelischen Unternehmen und Banken zu suspendieren, die auch in den besetzten Gebieten tätig seien 135 .

24.10.2013: Zum zweiten Mal in der Geschichte der israelischen Streitkräfte wird ein drusischer Offizier, Oberst Rassan Alian, zum Chef einer Elite- Infanterieeinheit, der „Golani Brigade“, ernannt. Alian war zuvor Kommandeur einer Brigade im Norden der Westbank.

Mit einem königlichen Dekret werden in Jordanien die 75 Mitglieder des neuen Senats, der zweiten Parlamentskammer, ernannt.

23.10.2013: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trifft in Rom zu einem mehrstündigen Gespräch mit US-Außenminister John Kerry zusammen. In einer Zusammenfassung aus dem Büro des Ministerpräsidenten hat Netanjahu die Themen „Iran“ und „Syrien“ in den Mittelpunkt seines Gesprächs mit Kerry gestellt und betont, dass der Frieden mit den Palästinensern die Anerkennung Israels als Staat des jüdischen und Palästinas als Staat des palästinensischen Volkes zur Grundlage haben müsse. Nach einem Bericht der „New York Times“ habe sich Netanjahu nicht beeindruckt gezeigt, als ihm Kerry versprochen habe, den Druck auf den Iran aufrechtzuerhalten.

135 Barak Ravid: Palestinians ask 50 countries to demand commercial sanctions on settlements, in „Haaretz“ 25.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 65 – Chronologie 2013

Weiter heißt es, dass Washington wegen der saudi-arabischen Kritik tief beunruhigt sei 136 . Vor dem UN-Sicherheitsrat betont Israels UN- botschafter Ron Prosor am selben Tag, dass der iranische Präsident Hassan Rouhani wie der Kaiser in neuen Kleidern sei. Er geriere sich als Gemäßigt und handle als Radikaler.

Die israelische Regierung will innerhalb der kommenden zwei Tage über die Normalisierung ihrer Beziehungen zum UN- Menschenrechtsrat in Genf entscheiden. Der damalige Außenminister Avigdor Lieberman hatte das Gremium seit März 2012 eingestellt, nachdem ein international besetztes Gremium die Siedlungspolitik in der Westbank und in Ost-Jerusalem untersuchen sollte 137 .

In Übernahme des Berichts in der „Financial Times“ meldet „Haaretz“, dass die Palästinensische Autonomiebehörde im September einen Brief an 50 Staaten mit der Aufforderung geschickt habe, gemäß den „Guidelines“ der Europäischen Kommission von Mitte Juli die Geschäftsbeziehungen von Firmen zu den jüdischen Siedlungen zu unterbinden und jene mit israelischen Unternehmen und Banken zu suspendieren, die auch in den besetzten Gebieten tätig seien 138 .

22.10.2013: Der Minister der Autonomiebehörde, der für den „Palestinian Economic Council for Development and Reconstruction (PECDAR)“ verantwortlich ist, Muhammad Stayyeh, bestätigt

136 Michael R. Gordon: Criticism of United States‘ Mideast Policy Increasingly Comes From Allies, in „The New York Times” 23.10.13. Vgl. die Eintragung am 18.10.2013 in dieser Zeitleiste.

137 Vgl. zuletzt die Eintragung am 27.06.2012 in dieser Zeitleiste.

138 Barak Ravid: Palestinians ask 50 countries to demand commercial sanctions on settlements, in „Haaretz“ 25.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 66 – Chronologie 2013

den Bericht der Weltbank 139 und rechnet vor, dass der israelische Gewinn aus dem Export von Produkten aus den Siedlungen im Jordantal jährlich 550 Millionen Euro betrage, davon gingen Produkte im Wert von 230 Millionen Euro nach Europa, während der Wert der palästinensischen Produkte lediglich 15 Millionen Euro ausmache. Hätten 1967 rund 250.000 Palästinenser im Jordantal gelebt, seien es heute kaum mehr als 70.000 140 . Bei der Begegnung mit dem EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy in Brüssel fordert der palästinensische Präsident Machmud Abbas am selben Tag die Europäer auf, die „Guidelines“ der EU-Kommission zum 01. Januar 2014 in Kraft zu setzen 141 .

Der Direktor des rechtsgerichteten „NGO-Monitor“ Gerald Steinberg startet einen neuen Angriff auf die in Israel tätigen deutschen politischen Stiftungen, auf kirchliche Hilfswerke und auf andere deutsche NGO’s („Zochrot“ 142 , Rosa-Luxemburg-Stiftung 143 , medico international, Misereor und die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ)“. Steinberg wirft ihnen vor, mit ihrer Arbeit den Staat Israel zu delegitimieren, während die Bundesregierung wertvolle Beiträge für israelische Universitäten, Holocaust- Programme und Forschungsinstitute leiste 144 .

139 Vgl. die Eintragung am 08.10.2013 in dieser Zeitleiste.

140 Muhammad Stayyeh: The real cost of the occupation, in „Haaretz” 22.10.2013.

141 Vgl. die Eintragung am 16.09.2013 in dieser Zeitleiste.

142 „Zochrot” („Erinnern”) ist eine jüdisch-arabische Gruppe mit Hauptsitz in Tel Aviv, die sich um die Aufarbeitung der arabischen Fluchtbewegung 1947/48 kümmert.

143 Der Rosa-Luxemburg-Stiftung wird u.a. die Förderung von Projekten der „Coalition of Women for Peace“ vorgehalten.

144 Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.12.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 67 – Chronologie 2013

Beim Besuch einer Luftwaffeneinheit führt Staatspräsident Shimon Peres aus, dass die ganze Kraft der Armee und der Luftstreitkräfte dem Auge nicht sichtbar sei, doch wer Israel geringschätze und es anzugreifen plane, sollte das in Rechnung stellen 145 .

Japan kündigt die Erhöhung seiner Leistungen für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) in Jordanien um 1 auf 8 Millionen US-Dollar an.

21.10.2013: Der Sprecher des türkischen „Disaster and Emergency Management Directorate (AFAD)“ gibt bekannt, dass die Zahl der aus Syrien gekommenen Flüchtlinge bei mittlerweile über 600.000 liege. Von ihnen seien etwa 200.000 in elf Flüchtlingslagern untergebracht worden.

Yuval Diskin, zwischen 2005 und 2011 Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes „Shin Bet“ und einer der sechs Protagonisten in dem Dokumentarfilm „The Gatekeepers“, befürchtet in der Westbank einen Aufstand. Die Spannungen unter den Palästinensern seien immens gewachsen, weil ihnen ihr Land gestohlen würde. Im selben Tag kündigt ein Sprecher der israelischen Regierung den Bau neuer Wohneinheiten in der Westbank an.

Die an der Hebräischen Universität in Jerusalem ausgebildete und an der Columbia University in New York promovierte Karnit Flug übernimmt nach monatelangem Ringen die Nachfolge Stanley Fishers als Chefin der israelischen Zentralbank. Nachdem sie einige Jahre beim Internationalen Währungsfonds gearbeitet hatte, war die 58 Jahre alte Finanzfachfrau Fischers Stellvertreterin und leitete die

145 Greer Fay Cashman: Peres: Israel more powerful than meets the eye, in „The Jerusalem Post” 22.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 68 – Chronologie 2013

Bank kommissarisch, als sich Fisher im Juni zurückzog. Nach der Ernennung von Janet Yellen als Präsidentin der „Federal Reserve“ in Washington ist auch Flug die erste Frau an der Spitze der Zentralbank Israels.

20.10.2013: Das israelische Ministerkomitee zur Vorbereitung von Gesetzesvorlagen stimmt ohne Beteiligung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu, eine Initiative von Wirtschaftsminister Naftali Bennett („Das jüdische Haus“) und dem Vorsitzenden der „Likud“- Fraktion Yariv Livni in der Knesset zu unterstützen, mit der Verhandlungen über den gegenwärtigen Status Jerusalems zuvor von 80 der 120 Abgeordneten gebilligt werden müssen146 .

Nach einem Bericht der in Beirut erscheinenden Tageszeitung „The Daily Star“ haben sich die Sympathiewerte für Saudi-Arabien in der arabischen Welt gemäß einer Umfrage des US-amerikanischen „Pew Research Centre“ seit 2007 erheblich verändert. So seien sie im Libanon von 82 auf 51 Prozent gefallen. In den palästinensischen Gebieten und in Ägypten betrage der Sympathieverlust gegenüber früheren Erhebungen gleichermaßen 13 Prozent 147 .

Die Arbeitsgruppe „Auswärtiges, Verteidigung, Entwicklungspolitik und Menschenrechte“ der CDU, CDU und SPD unter Leitung von Thomas de Maizière und Frank-Walter Steinmeier bereitet den Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode vor, der am 26. November von den

146 Aeyal Gross: Should we worry about the bill requiring Knesset supermajority to negotiate on Jerusalem?, in „Haaretz” 21.10.2013; Jonathan Lis: Bennett calls on Netanyahu to bring Jerusalem bill for urgent cabinet vote, in „Haaretz” 22.10.2013.

147 Saudi Arabia’s Image Falters among Middle East Neighbours: Pew Research Center, in „The Daily Star“ 20.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 69 – Chronologie 2013

Parteivorsitzenden Angela Merkel, Horst Seehofer und Siegmar Gabriel unter dem Titel „Deutschlands Zukunft gestalten“ vor. Im Unterabschnitt „Naher Osten und arabische Welt“ heißt es: „Wir bekennen uns zu der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel als jüdischem und demokratischem Staat und dessen Sicherheit. Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels sind für uns nicht verhandelbar. 2015 feiern wir das 50-jährige ‚Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum Staat Israel. Dieses Jubiläum wird die Bundesregierung angemessen würdigen. Deutschland und Europa haben ein hohes Interesse an Frieden und Stabilität im Nahen und Mittleren Osten. Unser Ziel ist eine Zweistaaten-Lösung mit einem Staat Israel in anerkannten und dauerhaft sicheren Grenzen sowie einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben.“

18.10.2013: Saudi-Arabien verweigert die Annahme der Nominierung als nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates, in den es mit Chile , Litauen , Tschad und Nigeria einziehen sollte. Zur Begründung weist das Außenministerium in Riyadh auf die schlechten Arbeitsmechanismen und die doppelten Standards bei der Bewältigung internationaler Konflikte hin, so im Falle Syriens und Palästinas . Damit würden die Verantwortlichkeiten zur Sicherung des internationalen Friedens und der Sicherheit beschädigt. Außerdem zeigt sich Riyadh über die Annäherung zwischen den USA und dem Iran erbost und macht den Sicherheitsrat für das Versagen verantwortlich, den Nahen Osten von Massenvernichtungswaffen zu befreien. Die arabische Gruppe in den Vereinten Nationen fordert Riyadh am 19. Oktober auf, die Entscheidung zu überdenken. Auch in Washington wird die saudische Erklärung bedauert. Am 21. Oktober erteilt Kuwait , das an die Stelle Saudi-Arabiens treten sollte, der Mitgliedschaft im Sicherheitsrat eine Absage. www.reiner-bernstein.de 70 – Chronologie 2013

Nach dem Empfang des palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas durch Papst Franziskus am 17. Oktober trifft er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin zusammen. Im Zentrum stehen die aktuellen palästinensisch-israelischen Verhandlungen. Merkel sichert Abbas die weitere wirtschaftliche Unterstützung zu und verweist darauf, dass in diesem Jahr 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt würden. Mit Investitionen solle die Wirtschaftsstruktur in der Westbank weiter gestärkt werden, so dass der Wohlstand auf Dauer tragfähig werde. Außerdem fordert Merkel ihren Gast auf, den innerpalästinensischen Prozess der Versöhnung weiterzuführen. Im Interview mit der Deutschen Welle verneint Abbas die Frage, dass die Verhandlungen mit Israel in der Sackgasse stecken, verweigert aber eine Antwort, ob der Prozess durch die Siedlungspolitik zerstört werde, mit der Begründung, dass er nicht über den Inhalt der Verhandlungen sprechen könne; US-Außenminister John Kerry hatte vor Beginn der Verhandlungen auf dem Recht bestanden, dass nur Washington darüber Auskunft geben dürfe. Israels ehemaliger Außenminister Avigdor Lieberman, der heute dem Auswärtigen und Sicherheitsausschuss der Knesset vorsitzt, erklärt erneut, dass Abbas kein Partner für den Frieden sei. Am 21. Oktober besucht Abbas Litauen, das gegenwärtig die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union innehat, und spricht mit Präsidentin Dalia Grybauskaite, die Israel dazu auffordert, die Erweiterung der Siedlungen zu stoppen.

17.10.2013: In einem Rundfunkinterview ruft Israels Justizministerin Tsipi Livni, die Verhandlungsführerin mit der Palästinensischen Autonomiebehörde, die Arbeitspartei dazu auf, in die Regierung www.reiner-bernstein.de 71 – Chronologie 2013 einzutreten, um bedeutsamen und dramatischen Entscheidungen den Weg zu ebnen.

Eine Gruppe jüdischer und arabischer Staatsbürger Israels bittet den Obersten Gerichtshof, seine Entscheidung vom Oktober – an der auch der arabische Richter Salim Jubran mitwirkte – zu korrigieren, an die Stelle der israelischen die jüdische, die arabische und die drusische Staatsbürgerschaft zu setzen. Die Änderung würde den Charakter Israels als demokratischen Staat beschädigen und an seine Stelle eine ethnische Definition setzen. Nach Ansicht von Kommentatoren wird Israel mit der Entscheidung des Gerichts ein Vielvölkerstaat.

16.10.2013: Im Vorfeld der Veranstaltung aus Anlass seines 90. Geburtstags am 28. Oktober 148 versucht Uri Avnery die Frage zu beantworten, was „links sein“ in Israel bedeutet. Nachdem er sich vom Faschismus, verstanden als nationale4 Doktrin, die dem Kollektiv den absoluten Vorrang gegenüber dem Einzelnen einräumt, von der religiösen Orthodoxie und vom Kommunismus sowjetischer Prägung zeichne die politische Linke allgemein der Humanismus auf allen Ebenen des menschlichen Lebens aus. In Israel stehe die Linke für den Frieden sowie gegen die Besatzung und Unterdrückung. Sie sehe in der palästinensische-arabischen Nation ihren Bruder, wobei beide Seiten auf Versöhnung sowie auf den Respekt für die Kultur, die Tradition, die Geschichte und die Wünsche der jeweils anderen bedacht sein müssten. Die Linke glaube, dass im Zuge der gewünschten Zwei- Staaten-Lösung die Grenzen offenbleiben müssen, um die Beziehungen zwischen beiden Völkern zu stärken. Auf internationalem Terrain vertrete die Linke den Wunsch, dass Israel Mitglied der Völkerfamilie sei, sich an das internationale Recht halte und ein unbedingter Partner bei der Verhinderung von Krieg, bei der

148 Vgl. die Eintragung am 10.10.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 72 – Chronologie 2013

Beendigung des Hungers, des Leidens und der Dummheit sowie bei der Rettung des Planeten sei. Im Innern gehe es um soziale Gerechtigkeit und gegenseitige Verantwortung, um die Gleichwertigkeit von Mann und Frau, von Juden und Arabern, von Mitgliedern aller Religionen und jener, die nicht religiös sind, und gegen die Diskriminierung von sexuellen Präferenzen149 .

Großbritannien und Iran nehmen wieder diplomatische Beziehungen auf, zunächst auf der Ebene von Geschäftsträgern. London hatte 2011 seinen Botschafter aus Teheran zurückgezogen.

15.10.2013: Auf der Ebene der Politischen Direktoren der Auswärtigen Ämter beginnen zweitägige Gespräche der UN-Vetomächte USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich sowie Deutschland mit dem Iran über sein nukleares Anreicherungsprogramm. US- Außenminister John Kerry glaubt, dass die Türen für eine Vereinbarung „sperrangelweit offen“ seien. Das Sicherheitskabinett in Jerusalem verlangt dagegen, die Sanktionen gegen den Iran nicht zu lockern, weil Präsident Hassan Rouhani und der geistliche Führer Ali Khamenei auf der waffentechnischen Verwendung des Nuklearprogramms beharren würden. Israel werde sich jedoch nicht gegen seine friedliche Nutzung wehren. Am 14. Oktober bezeichnete Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor der Knesset die Verringerung der Sanktionen als einen „historischen Fehler“. Sie würden nicht die gemäßigten, sondern die kompromisslosen Kräfte im Iran stärken. In einem Brief an US-Präsident Barack Obama sprachen sich am selben Tag zehn einflussreiche Senatoren – darunter der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Robert Menendez (D-New Jersey) und John McCain (R-Arizona) für

149 Uri Avnery: Ultimately, Israeli leftism is based on one’s view of the occupation, in „Haaretz” 16.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 73 – Chronologie 2013

Aufhebung der international getragenen Sanktionen aus, wenn Teheran sein nukleares Waffenprogramm auflöse 150 . Dem Vernehmen nach soll der iranische Außenminister Mohamed Javad Zarif einen 3-Punkte-Plan vorgelegt haben, bei dem es um vertrauensbildender Maßnahmen, um die zivile Nutzung der Kernenergie und um die Aufhebung der internationalen Sanktionen gehe. Am 07./08. November sollen die Gespräche in Genf fortgesetzt werden. Die eigentlichen Verhandlungen sind für den 23./24. November in Aussicht genommen. Am 17. Oktober äußert ein politischer Berater der „Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW)“ seine Genugtuung, dass das Expertenteam fast die Hälfte seiner Inspektionsarbeiten in Syrien erledigt habe.

Die Siedlungsabteilung der Zionistischen Weltorganisation entscheidet, berichtet Chaim Levinson, die „Transaktionen“ von palästinensischen Böden bei der Siedlung Beit El (Westbank) zu stoppen, nachdem sich herausgestellt habe, dass über die Jahre Dokumente gefälscht worden seien, die den Bau von 250 Gebäuden betreffen 151 .

Peter Münch berichtet aus Israel über die bevorstehende Kommunalwahl in am 22. Oktober, bei der sich der seit 20 Jahren amtierende Bürgermeister Ramiz Jeraizy von der „Demokratischen Front für Frieden und Gleichheit (Chadash)“ und die Knesset-Abgeordnete Hanin Zuabi [Soabi] von der „Nationaldemokratischen Liste“ gegenüberstehen 152 . In Jerusalem trifft der bisherige, 54 Jahre alte und als unabhängig auftretende Amtsinhaber Nir Barkat vor allem auf Moshe Leon, der von der Fraktion „Likud Beiteinu“ unterstützt wird.

150 Michael Wilner and Tovah Lazaroff: Key US senators propose suspension of new sanctions amid Iranian overtures, in „The Jerusalem Post” 15.10.2013.

151 Chaim Levinson: Large-scale fraud halts land deals in West Bank settlement of Beit El, in „Haaretz” 15.10.2013.

152 Peter Münch: Die Verheißung von Nazareth, in SZ15.10.2013, S. 8.

www.reiner-bernstein.de 74 – Chronologie 2013

Kandidatinnen aus dem orthodoxen Milieu der Stadt, die sich gegen die dortige Männerwelt durchsetzen müssen, werden geringe Erfolgschance eingeräumt. Es wird erwartet, dass die palästinensischen Stadtbürger, etwa 40 Prozent der Bevölkerung – also etwa 200.000 –, auch diesmal die Wahl boykottieren werden. „Haaretz“ zitiert das für Ost-Jerusalem zuständige Stadtratsmitglied Meir Margalit, dass ein Teil von ihnen ihre Zurückhaltung aus Furcht vor einem Wahlsieg Leons aufgeben könnten 153 . Dennoch will sich der 52 Jahre alte Fuad Sliman von „Meretz (Stärke)“ zur Wahl stellen. Sliman arbeitet als Techniker im Hadassah-Krankenhaus in ein Kerem. In einem Porträt gibt er zu erkennen, dass er mit einer geringen Beteiligung palästinensischer Wähler rechnet, weil diese den Vorwurf des nationalen Verrats fürchten. Obwohl die Infrastruktur in den arabischen Wohnvierteln der Stadt katastrophal sei, müssten ihre Bewohner die Stadtsteuer („Arnona“) bezahlen, um ihren Residenz-Status aufrechtzuerhalten. Tatsächlich ging weniger als 1 Prozent der palästinensischen Wahlberechtigten zu den Urnen. Auf den „Meretz“-Wahllokalen sind die Kandidaten Pepe Alalu, Margalit und Sliman ausgewiesen 154 . Von den 157.382 Palästinensern nehmen nur 1,101 (= 0,7 Prozent) teil, von denen Barkat 516 Stimmen (= 46,9 Prozent) erhält 155 . Die Wiederwahl der Bürgermeister Yona Yahav in Haifa und Ruvik Danilovich in Beersheva gilt als sicher. In Ober-Nazareth kandidiert Shimon Gapso erneut, obwohl er vom Obersten Gerichtshof vor kurzem zum Rücktritt aufgefordert wurde. Auf nationaler Ebene liegt die Wahlbeteiligung bei rund 58 Prozent, in Tel Aviv erreicht sie 21

153 Nir Hasson: East Jerusalem Palestinians to abandon local elections, in „Haaretz” 17.10.2013.

154 Ilene Prusher: The only Palestinian running for Jerusalem City Council, in „Haaretz” 21.10.2013.

155 „The Guardian” 08.01.2014.

www.reiner-bernstein.de 75 – Chronologie 2013

Prozent, in Jerusalem unter 38 Prozent. In Tel Aviv siegt Ron Huldai mit 53 Prozent vor seinem Herausforderer Nitzan Horowitz („Meretz“), der 38 Prozent erhielt. in Jerusalem bleibt Nir Barkat mit 51,2 Prozent über seinen Herausforderer Moshe Leon siegreich, der von Avigdor Liebermans Partei „Unser Haus Israel (Israel Beiteinu)“ und von der Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ unter Führung von Aryeh Deri unterstützt wurde; die arabische Wahlbeteiligung liegt unter 1 Prozent. In Ober-Nazareth bleibt Gapso unangefochten, in Ramat ha-Sharon Itzik Rochberger und in Bat Yam Shlomo Lahiani, die ebenso wie Gapso vom Obersten Gerichtshof kürzlich zum Rücktritt gezwungen wurden. In Haifa ist Shlomo Lahat der Sieg nicht zu nehmen, in der arabischen Stadt Nazareth unterliegt Jeraizy seinem Herausforderer Ali Salam mit 21 Stimmen; die dortige Auszählung der Stimmen ergibt, dass Zuabi nur 10,4 Prozent der Stimmen erhält. Am 25. Oktober kündigt sie an, sich wieder voll und ganz ihrer Arbeit aus Abgeordnete der Knesset zu widmen. Am 05. November berichtet „Haaretz“, dass erstmals seit 20 Jahren im Stadtrat von Tel Aviv-Yaffo kein arabischer Bürger vertreten sei 156 .

Ungeachtet noch ausstehender Untersuchungsergebnisse aus Frankreich und der Schweiz wird in Moskau mitgeteilt, dass russische Laboruntersuchungen keine Anhaltspunkte für eine Vergiftung Yasser Arafats mit Polonium 210 ergeben hätten 157 .

14.10.2013: Die moslemischen Behörden schließen das Tor für Besucher des „Noblen Heiligtums“ („Tempelberg“), als radikale Israelis auf dem Gelände die israelische Flagge hissen.

156 Eran Eldar: Yaffo von Tel Aviv trennen?, in „Haaretz” 05.11.2013.

157 Vgl. die Eintragung am 04.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 76 – Chronologie 2013

Israels Wirtschafts- und Handelsminister Naftali Bennett, Vorsitzender der Partei „Das jüdische Haus“ kündigt vor Beginn der Wintersitzungsperiode der Knesset an, dass er darauf bestehen wolle, die Haushaltslasten gleichmäßig auf alle Staatsbürger zu verteilen. Dazu führt Bennett aus, dass 32 Prozent der Grundschüler ultraorthodox seien, für deren Integration der Staat nicht aufkommen könne. Der frühere Innenminister Arye Deri von der Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ betont dagegen, dass das Studium in den Talmud-Thora-Schulen („Yeshivot“) wichtiger sei als der Dienst in den Streitkräften 158 .

Syrien wird als 190. Staat Mitglied der Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen 159 . Am selben Tag berichtet die „Jerusalem Post“, dass Staatspräsident Bashar Assad vor kurzem gegenüber Gästen die Zustimmung zur Zerstörung des Chemiewaffenarsenals als einen schweren Schlag für die Abschreckungsfähigkeit gegenüber den USA und Israel bezeichnet habe, dessen Nuklearpotential unangetastet bleibe 160 . Der Direktor der „Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW)“ Ahmet Üzümcü fordert in BBC lokale und zeitliche Feuerpausen zwischen den verfeindeten Gruppen, um die Arbeit der Inspektoren zu ermöglichen.

Die Nachrichtenagentur „Agence France Press“ meldet, dass seit Beginn des Jahres 5.000 Menschen im Irak durch Anschläge getötet worden seien.

158 Bennett: 32% of grade 1 students are haredim, Israel will not survive without their integration, in „The Jerusalem Post“14.10.2013.

159 Vgl. die Eintragung am 12.09.2013 in dieser Zeitleiste.

160 Yasser Okbi: Assad. Loss of chemical weapons is blow to Syria’s morale, political standing, in „The Jerusalem Post“14.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 77 – Chronologie 2013

13.10.2013: Aufgrund unerwünschter internationaler Reaktionen „beerdigt“ Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine in die Knesset eingebrachte Gesetzesvorlage der Abgeordneten Urit Strok (Fraktion „Das jüdische Haus“), wonach jüdische Frauen in den Siedlungen der Westbank im Falle von Schwangerschaft und Kindesadoption keine Entlassung befürchten müssen. Auf Empfehlung von Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein soll anstelle eines Gesetzes ein Militärbefehl treten, um dem Vorwurf zu entgehen, durch das Gesetz würde ein Schritt zwecks Annexion der Westbank unternommen 161 .

12.10.2013: In einem südlichen Vorort von Damaskus töten Regierungseinheiten 130 Rebellen und Zivilisten.

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, dass nach einer Umfrage des Fernsehsenders „Channel 10“ 51 Prozent der Israelis schon einmal an Auswanderung gedacht haben. Nach Schätzungen leben 17.000 Israelis allein in Berlin 162 .

Zum 18. Jahrestag der Ermordung Yitzhak Rabins am 04. November 1995 – gerechnet nach dem jüdischen Kalender – versammeln sich 30.000 Menschen unter dem Banner „Erinnern an den Mord – Kämpfen für die Demokratie“ zu seinem Gedenken auf dem nach ihm benannten Platz vor dem Rathaus in Tel Aviv. Rabins Enkel Yonatan Ben-Artzi fordert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf, mit den Palästinensern endlich Frieden zu schließen. Die Geschichte

161 Barak Ravid: Netanjahu „beerdigt“ eine Gesetzesvorlage der Abgeordneten Strok, das israelische Gesetz auf die Westbank anzuwenden, in „Haaretz“13.10.2013 (Hebr.).

162 Peter Münch: Berlin, wir fahren nach Berlin, in SZ 12./13.10.2013, S. 1. Vgl. die Eintragung am 08.10.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 78 – Chronologie 2013

zeigte, dass das Verdienst von Führung dahin bestehe, in unpopulären Zeiten schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.

11.10.2013: In einem ausführlichen Porträt schildert Maya Sela den politischen Weg von Michel („Mikado“) Warschawski, geboren 1949 in Strassburg als Sohn des dortigen Oberrabbiners Max Warschawski. Warschawski wanderte mit 16 Jahren in Israel ein und studierte an der orthodoxen, vom ersten aschkenasischen Oberrabbiner in Palästina Abraham Issac Kook begründeten „Yeshivat Merkaz haRav“ zusammen mit den späteren Siedlerführern Hanan Porat und Chaim Druckman. Nach dem Krieg von 1967, den er im orthodoxen Kibbutz Shaalvim in der Gegend von Latrun verbrachte – dort las er einen Text von Amos Kenan über die Vertreibung der Bewohner von drei palästinensischen Dörfern –, wurde er Mitglied der antizionistischen Gruppe „Matzpen (Kompass)“ und war später bei „Yesh Gvul (Es gibt eine Grenze)“, „Dai leKibbush (Nieder mit der Besatzung)“ und beim „Committee for Solidarity with Bir-Zeit University“ aktiv. In zweiter Ehe ist Warschawski mit der Anwältin Lea Tsemel verheiratet. Er hasse niemanden außer Ehud Barak wegen dessen pompösen und egomanischen Gehabes, führt Warschawski aus. Barak sei ein „Serienverräter“, während die Siedler zumindest ein „Sch…-Ideal“ hätten. Auch Shimon Peres bezeichnet Warschawski als einen „Serienverräter“, nachdem er nach dessen Ermordung 1995 nachgerufen habe, er sei zu weit gegangen. Als er 2012 einen Menschenrechtspreis des französischen Premiers erhielt und der palästinensische Botschafter in Paris ihm bei einem anschließenden Gala-Essen im Namen des palästinensischen Volkes danken wollte, unterbrach ihn Warschawski mit dem Hinweis, die Palästinenser seien alt genug, um zu wissen, was sie zu tun hätten. Er tue, was zu tun sei, für seine Enkel Idan und Dalia. Er wolle nicht, dass sie eines Tages zu Flüchtlingen würden, denn es sei ihre Landschaft, ihr Duft und ihre www.reiner-bernstein.de 79 – Chronologie 2013

Sprache. Nach den gegenwärtigen Gesprächen mit den Palästinensern und zum „arabischen Frühling“ befragt, merkt Warschawski an, dass die Verhandlungen nicht zum Erfolg führen würden, was John Kerry auch klar sei. Der allenthalben erkennbare Niedergang der USA werde für Israel zu einem großen Problem werden, während andere „Player“ wie Russland , China , Indien , die Türkei und der Iran Kontrollfunktionen übernehmen würden. Wenn er der Ministerpräsident oder der Chef des Geheimdienstes oder der Vorsitzende des Auswärtigen und Sicherheitsausschusses der Knesset wäre, würde er sich ernsthaft auf die neue Situation vorbereiten, statt sich der kleinteiligen Tagespolitik und den nächsten Wahlen zu widmen. Nachdem Israel 50 Jahre lang der Region diktiert habe, was sie tun solle, schreibe es plötzlich nicht mehr das Drehbuch und würde nicht mehr die erste Geige spielen. Vor zwei Monaten sei er von einer Rundfunkstation mit der Bitte angerufen worden, eine Bilanz zum bisherigen Verlauf des „arabischen Frühlings“ zu ziehen, worauf er geantwortet habe, der Sender solle sich doch in 20 Jahren noch einmal melden 163 .

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ betont Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass er zwar „keinerlei Einwände gegen eine diplomatische Lösung“ habe, doch die „Iraner sind darauf versessen, Atomwaffen zu bekommen“. Ein schlechtes Abkommen mit der neuen Führung in Teheran sei schlimmer als gar kein Abkommen. „Iran – das ist wie fünfzigmal Nordkorea. Ein aggressives Regime, das auf der ganzen Welt Terror verbreitet.“ Auch „Europa sei ins Visier genommen. Deshalb bauen sie Interkontinentalraketen – nicht um Israel anzugreifen, sondern um Europa und Amerika erreichen zu können.“ Der Antwort auf die Frage, ob die internationale Gemeinschaft auch einen Beitrag Israels zur Nuklearabrüstung verlangen könne, weicht Netanjahu aus,

163 Maya Sela: From French yeshivas to Israeli prison: Michel Warschawski recalls 50 years of peace activism, in „Haaretz” 11.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 80 – Chronologie 2013

betont jedoch, dass Israel „noch nie einem anderen Staat gedroht (hat), ihn zu vernichten, wie das Iran getan hat“. Europa fordert Netanjahu auf, unter Hinweis auf das ausgebliebene Friedensabkommen mit den Palästinensern nach Entschuldigungen für das Versäumnis harter Sanktionen gegen den Iran zu suchen 164 . In ähnlicher Weise äußert sich Netanjahu in einem Interview mit der „New York Times“, aus dem das Blatt ebenfalls am 11. Oktober berichtet 165 .

Die iranische Führung sagt die von Machmud Achmadinedjad begründete Anti-Israel-Konferenz in Teheran ab.

Die 1997 geschaffene „Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW)“ mit Sitz in Den Haag, die in diesen Tagen das Giftgaspotential in Syrien untersucht, erhält den mit 1,25 Millionen US-Dollar ausgestatteten diesjährigen Friedensnobelpreis 166 .

Nach einem Bericht von „Human Rights Watch“ sind in Syrien am 04. Oktober bei einem „koordinierten und geplanten Angriff“ seitens islamistischer Rebellen auf Küstendörfer in der Nähe von Latakia 190 alawitische Zivilisten bestialisch ermordet worden. Der UN- Sicherheitsrat verabschiedet die Resolution 2118, in der die Zerstörung des Giftgaspotentials bis Mitte 2014 begrüßt wird.

10.10.2013: Uri Avnery lädt am 28. Oktober aus Anlass seines 90. Geburtstages zu einer öffentlichen Veranstaltung in den Tsafta-

164 Hans-Christian Rößler: „Iran ist wie fünfzigmal Nordkorea” (Interview), in FAZ 11.10.2013, S. 5.

165 Jodi Rudoren: Netanyahu Takes a Lonely Stance Denouncing Iran, in NYT 11.10.2013.

166 Vgl. die Eintragung am 27.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 81 – Chronologie 2013

Klub am südlichen Ende der Ibn-Gvirol-Straße in Tel Aviv ein. Zum Thema „Wird es den Staat Israel noch in 90 Jahren geben?“ diskutieren mit ihm Meron Benvenisti und Shlomo Sand. Am 29. Oktober berichtet „Haaretz“ über die Diskussion zu Ehren Avnerys in Tel Aviv. Da, so der Reporter Bradley Burston, der Jubilar mit seinen politischen Vorhersagen immer richtig gelegen habe, müsse er jetzt der Provokation zustimmen, dass es Israel in 90 Jahren womöglich nicht mehr geben werde. Denn die Linke und die Rechte seien sich darin einig, dass es keine zweiten Staaten geben könne, und dass es deshalb keine zwei Staaten geben werde. In 90 Jahren werde Israel zerrissen und im Staub von Siedlungen, in Auflösung, Demographie und internationaler Isolierung untergegangen sein. Nur wenn es in Israel eine sehr starke Regierung gebe, habe Avnery in einem Interview vor der Veranstaltung gesagt, gebe es eine Chance, an die er jedoch nicht glaube 167 .

Auf der Sinai-Halbinsel rammt ein Selbstmordattentäter mit seinem Wagen eine Kontrollstation, wobei drei Soldaten und ein Polizei getötet werden.

Jüdische Extremisten zerstören am Morgen drei Autos und die Außenmauer einer Moschee in der palästinensischen Ortschaft Burka (Westbank) als Vergeltung („prize tag“) für die Auslösung des zur Siedlung Shilo gehörigen Außenlagers „Ge’ulat Zion (Erlösung Zions)“ am Vortag durch israelische Grenzpolizisten.

09.10.2013: Entgegen israelischen Wünschen haben die USA die Militärhilfe für Ägypten eingefroren. Solange den Prozess von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ausbleibe, solle kein schweres Gerät wie

167 Bradley Burston: Will Israel exist 90 years from now? Should it?, in „Haaretz” 29.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 82 – Chronologie 2013

Kampfflugzeuge und -hubschrauber ausgeliefert und weitere Zuwendungen für den staatlichen Militärhaushalt zurückgehalten werden. Die ägyptische Regierung reagiert mit dem Hinweis, dass sie sich nicht von den USA erpressen lasse. In anderen Bereichen, so beim Kampf gegen Terroristen auf der Sinai-Halbinsel, der Grenzsicherung und der Ausbildung von Offizieren, soll die Zusammenarbeit fortgesetzt werden. Regierungsstellen in Jerusalem hatten darauf verwiesen, dass Israel an der sicherheitspolitischen Stabilität Ägyptens ohne den Einfluss der Moslembruderschaft interessiert sei.

Nach Angaben des Gefangenendienstes der Autonomiebehörde (IPS) werden in Israel 4.762 Palästinenser gefangen gehalten.

08.10.2013: Nach Berechnungen der Weltbank könnte in der Westbank das Bruttosozialprodukt um 35 Prozent ( ≈ 3,4 Milliarden US-Dollar) pro Jahr höher liegen, wenn Israel für die Palästinenser den Zugang zur Zone C – sie umfasst mehr als 60 Prozent des Territoriums – lockern und ihren Zugang erleichtern würde. Der Schlüssel für den palästinensischen Wohlstand liege in der Aufhebung der Restriktionen, die auf israelische Sicherheitsinteressen zurückgeführt würden, heißt es in dem Bericht, den die aus dem Amt scheidende Direktorin für die Westbank und den Gazastreifen Mariam Sherman vorlegt. Mit den Erleichterungen für die palästinensische Bevölkerung würden die internationalen Lasten zugunsten der Autonomiebehörde sinken 168 .

Nach einem Bericht des in Jerusalem arbeitenden „Taub Center for Social Policy Studies“ ist die Auswanderung israelischer

168 The World Bank: Palestinians Access to Area C Key to Economic Recovery and Sustainable Growth, New York, October 8, 2013.

www.reiner-bernstein.de 83 – Chronologie 2013

Wissenschaftler ins Ausland unter den westlichen Ländern am größten. 2008 hätten von 100 Fakultätsmitgliedern 28 an US- amerikanischen Universitäten gearbeitet. Der Direktor des Zentrums Dan Ben-David bezeichnet die Jahre 2002 bis 2010 als „die verlorene Dekade“. Schon Ende der 1970er Jahre sei das Bildungssystem auf der Prioritätenliste der damaligen Regierung – sie wurde von Menachem Begin geführt – gesunken. Hätten 1979 die Ausgaben pro Student bei ungerechnet 82.400 Neuen Shekel ( ≈ 18 Millionen Euro) gelegen, so seien sie 2011 auf 26.500 Neue Shekel (≈ 5.800 Euro) gefallen 169 .

Die Auswärtige Abteilung der PLO in Ramallah ruft die palästinensische Bevölkerung in Ost-Jerusalem dazu auf, die für den 22. Oktober vorgesehenen Kommunalwahlen zu boykottieren.

07.10.2013: Im Interview mit dem „Spiegel“ in Damaskus verweist Staatspräsident Bashar Assad darauf, dass seine Amtszeit im August 2014 endet und zwei Monate vorher Präsidentschaftswahlen stattfinden werden, wobei er noch nicht wisse, ob er erneut als Kandidat antreten werde. „Das kommt auf die Stimmung in der Bevölkerung an. Wenn ich nicht mehr den Willen der Menschen hinter mir weiß, werde ich nicht antreten.“ Auf den Hinweis auf die Unterdrückung der im Lande operierenden Opposition antwortet Assad, dass, „wenn es darum geht, politische Entscheidungen zu treffen, es (immer) zu Fehlern (kommt). Überall in der Welt. Wir sind alle nur Menschen.“ Auch er mache Fehler. Auf entsprechende Vorhaltungen antwortet Assad, dass von Seiten des Regimes keine Chemiewaffen eingesetzt worden seien, auch wenn er nicht behaupten wolle, keine zu haben. Sie seien in den Lagern

169 Lior Dattel: Israel has worst rate of brain drain in West, study shows, in „Haaretz” 08.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 84 – Chronologie 2013

sehr gut geschützt. Zum Besitz biologischer Waffen verweigert Assad die Auskunft. Die Anschuldigungen von US-Präsident Barack Obama nach dem Massaker am 21. August im Großraum von Damaskus bezeichnet er ebenso als Lügen wie Behauptungen, dass die Einschläge von Stellungen seiner 4. Division stammen würden. Der Westen vertraue eher „Al-Qaida als ihm, dem Präsidenten. Aufgrund falscher Einschätzungen im Westen gebe es mittlerweile Zehntausende Kämpfer aus 80 Nationen in Syrien. Als „die wahre(n) Freunde“ würden die Russen viel besser verstehen, worum es wirklich gehe: „Sie haben ein besseres Gefühl für die Wirklichkeit.“ Präsident Wladimir Putin bleibe bei der Zusage, Luftabwehrraketen und andere Waffen zu liefern. In Europa hätten Deutschland und Österreich „noch den objektivsten Blick, scheinen am ehesten zu erfassen, was Realität ist. Deutschland kommt dem am allernächsten.“ Auf die Frage einer deutschen Vermittlung antwortet Assad, dass er sich über Gesandte aus Deutschland freuen würde, „um mit uns über die wahren Verhältnisse zu sprechen“. Als Ursache für die große Fluchtbewegung nennt Assad „die Angst vor dem Terror“. Auch wenn er die schwere Krise nicht ableugne und die Schäden viel zu massiv seien, habe er „gar keine andere Option, als an unseren Sieg zu glauben“, zumal wenn die „Milliardenhilfen aus Saudi-Arabien und Katar [Qatar] gestoppt werden“ könnten und wenn die „logistische Hilfe der Türkei ausbleibt“. Im Blick auf Israel und die Lieferung von U-Booten aus Deutschland verwahrt sich Assad vor doppelten Standards. Die beiden „Spiegel“-Reporter Dieter Bednarz und Klaus Brinkbäumer machen darauf aufmerksam, dass die Autorisierung des Interviews ohne Änderungen erfolgt ist 170 . Am 11. September druckt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ einen Gastbeitrag des

170 „Eine Lüge bleibt eine Lüge” (Interview), in „Der Spiegel” Nr. 41/07.10.2013, S. 86 ff.

www.reiner-bernstein.de 85 – Chronologie 2013

Vorsitzenden der Liberalen Fraktion im Europaparlament und früheren belgischen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt unter dem Titel „Assad muss weg“ ab.

Auf der „Asia-Pacific Conference“ auf der Insel Bali begrüßt US- Außenminister John Kerry den Beginn der Zerstörung des syrischen Nuklearpotentials und kündigt gemeinsam mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow für November eine zweite Syrien- Konferenz in Genf an.

Ovadia Yosef, einer der theologisch und politisch führenden Persönlichkeiten Israels, stirbt im Alter von 93 Jahren in Jerusalem. Yosef entstammte einer Familie aus Bagdad, die 1924 nach Palästina einwanderte und sich in Jerusalem niederließ. Geboren 1920 in Bagdad als Abdullah Youssef. 1940 wurde Yosef als Rabbiner ordiniert. 1973 wurde er sefardischer Oberrabbiner an der Seite des aschkenasischen Amtskollegen Shlomo Goren. Nach 1973 entschied er, dass Frauen, deren Männer im Oktoberkrieg vermisst waren, wieder heiraten können, ohne eine Scheidung zu brauchen. Außerdem trat er religionsgesetzlich für die Anerkennung der „Beta Israel“, der „Falasha Mura“ aus Äthiopien ein, was deren Einwanderung nach Israel ermöglichte. 1983 musste er als Oberrabbiner zurücktreten, weil das Gesetz dem Amtsinhaber nur 10 Jahre genehmigt. Zwei Jahre zuvor wurde er Mitbegründer und spiritueller Führer der Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“. In seinem Buch „Yabia Omer“ („Wunderbares Omer- Fest“) bezeichnete er die Rettung von Leben wichtiger als territoriale Ansprüche. Bei der Abstimmung über die Prinzipienerklärung enthält sich „Shas“ als Koalitionspartner der Arbeitspartei unter Yitzhak Rabin der Stimme und lässt „Oslo I“ passieren. Unvergessen sind aber auch Yosefs Tiraden gegen Rabin, Benjamin Netanjahu, die Opfer der „Shoah“, die für die Verfehlungen der Juden gegen das göttliche Gesetz mit ihrem Leben bezahlt hätten, und „die Araber“, die er mit giftigen www.reiner-bernstein.de 86 – Chronologie 2013

Schlagen verglich. Einer seiner elf Kinder, der Sohn Yitzhak Yosef, ist gegenwärtig sefardischer Oberrabbiner 171 . Rund 800.000 Menschen begleiteten den Vater am 08. Oktober unter Beteiligung von Staatspräsident Shimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu seiner letzten Ruhestätte auf dem Sanhedria-Friedhof im Norden Jerusalems. Sein ältester Sohn Avraham Yosef bezeichnete ihn dabei als den „Moses unserer Generation“. Die Welt könne nicht weitergehen wie bisher, die Sonne sei untergegangen. Rund 300 Trauergäste mussten notärztlich versorgt werden. Erstmals seit ihrer Gründung gehört „Shas“ nicht zur Koalitionsregierung.

Die israelische und die palästinensische Verhandlungsdelegation unter Führung von Tsipi Livni und Saeb Erakat treffen sich zum neunten Mal in Jerusalem, und zwar ohne den von US-Präsident Barack Obama ernannten Gesandten Martin S. Indyk. Auf Obamas Druck sei vereinbart worden, die Gespräche zu intensivieren und bis auf 8 Stunden pro Tag auszudehnen 172 .

Der palästinensische Präsident Machmud Abbas trifft in Ramallah mit den Abgeordneten Isaak Herzog und Hilik Bar sowie anderen Knesset-Mitgliedern zusammen.

In der Nähe der ägyptischen Hafenstadt Ismailya und im Süden der Sinai-Halbinsel werden bei Anschlägen siebzehn Soldaten und Polizisten getötet.

Die Arbeitslosenrate in Jordanien ist im dritten Quartal 2012 um 0,9 auf 14 Prozent gestiegen. Bei den Männern liegt sie gegenwärtig bei

171 Yair Ettinger: Rabbi Ovadia Yosef, kingmaker of Israeli politics and Jewish law dies at 93, in „Haaretz” 07.10.2013; Peter Münch: Der Oberrabbiner, in SZ 08.10.2013, S. 9.

172 Vgl. die Eintragung am 30.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 87 – Chronologie 2013

11,3 und bei den Frauen bei 26,8 Prozent. Unter Akademikern lag sie bei 20,6 Prozent 173 .

06.10.2013: Aus Anlass des 40. Jahrestages seit Ausbruch des Oktoberkrieges 1973 kündigt Ägyptens Übergangsministerpräsident Adli Mansour die Errichtung einer Nuklearanlage in Daba’a am Mittelmeer an. Sie solle der friedlichen Nutzung dienen. Ein erster Ansatz war an Protesten der Stadtbewohner im Januar 2012 gescheitert.

Am Abend hält Benjamin Netanjahu seine zweite Rede an der Bar Ilan-Universität 174 und verlangt von den Palästinensern die Anerkennung Israels als Staat des jüdischen Volkes, als jüdischen Staat. Es sei nicht genug, dass die Palästinensische Autonomiebehörde dem Terror abschwöre und bereit sei, Israel ohne Judäa und Samaria anzuerkennen 175 . Auf der Kabinettssitzung zuvor verlangt Wohnungsbauminister Uri Ariel einen wöchentlichen Bericht des Ministerpräsidenten über den Fortgang der Verhandlungen mit den Palästinensern. Ariel befürchtet einen Ausverkauf der israelischen Interessen 176 . Am 08. Oktober bezeichnet der Vorsitzende der Fraktion von „Likud-Israel Beiteinu“ Yariv Levin die Leiterin der israelischen Delegation Justizministerin Tsipi Livni als Botin des Ministerpräsidenten ohne echte Verantwortung 177 .

173 Hani Hazaimeh: Unemployment hits four year high in third quarter – DoS, in „The Jordan Times“ 07.10.2013.

174 Vgl. die Eintragung am 14.06.2009 in dieser Zeitleiste.

175 PM Netanyahu’s Remarks at the Israel Toward 2020 Conference at the Begin-Sadat Center for Strategic Studies, 06.10.2013, http://www.pmo.gov.il/English/MediaCenter/Speeches/Pages/speechbegin0 61013.aspx .

176 Vgl. die Eintragung am 11.09.2013 in dieser Zeitleiste.

177 Coalition chairman: Livni ‚just a messenger‘ to peace talks, PM is pulling the strings, in „The Jerusalem Post“ 08.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 88 – Chronologie 2013

Staatspräsident Shimon Peres übergibt in Jerusalem die jährliche Meinungsumfrage des „Israel Democracy Institute“ der Öffentlichkeit. Danach verlangen 30,6 Prozent der jüdischen Israelis, dass ein Endstatus-Vertrag mit den Palästinensern, der einen Rückzug aus der Westbank und die Evakuierung von Siedlungen einschließt, in der jüdischen Bevölkerung einem Referendum unterworfen werden; 24,7 Prozent sprechen sich für ein Referendum unter allen Staatsbürgern aus. 58,1 Prozent glauben, dass es egal ist, welche Partei gewählt wird, weil sich die allgemeine Lage nicht verändern werde. Das höchste Misstrauen wird den Parteien und dem Oberrabbinat entgegengebracht; unter den palästinensischen Israelis rangiert der Ministerpräsident an letzter Stelle. An der Spitze der vertrauenswürdigen Einrichtungen stehen die Streitkräfte, der Staatspräsident und der Oberste Gerichtshof. 52 Prozent der jüdischen Israelis behaupten, dass dem Staat Menschenrechtsorganisationen schaden; unter den palästinensischen Arabern stimmen 42 Prozent dieser Auffassung zu. Bei der Präsentation äußert der Präsident des Instituts Arye Carmon die Sorge, dass die Kluft zwischen den Anhängern eines jüdischen und denen eines demokratischen Staates größer geworden ist. Während 37 Prozent glauben, dass der jüdische und der demokratische Charakter Israels von gleichgroßer Bedeutung seien, sprechen 32 Prozent dem jüdischen Charakter und 29 Prozent dem demokratischen Charakter eine höhere Bedeutung zu. 22 Prozent glauben, dass der Staat nicht jüdisch und gleichzeitig demokratisch sein könne. Nach den Worten Carmons ist der wachsende Verfall der demokratischen Komponente besorgniserregend; ähnlich äußert sich Peres unter Verweis auf die Bibel: „Es gibt kein Judentum ohne Demokratie 178 .“

178 Greer Fay Cashman and Gil Hoffman: Poll: 30% of Israeli Jews want Jewish majority to decide referendum on West Bank withdrawal, in „The Jerusalem Post” 07.10.2913; Yonathan Lis: Demokratie-Institut: Die Hälfte www.reiner-bernstein.de 89 – Chronologie 2013

04.10.2013: Das Oberste Gericht Israels entscheidet, dass Bürger nicht als Israelis, sondern nur als Juden, Moslems und Drusen amtlich beim Einwohnermeldeamt registriert werden. Die Anerkennung einer gemeinsamen, nicht auf der Religionszugehörigkeit basierenden Nationalität könne den Staat in seinen Grundfesten erschüttern, zitiert „Spiegel-online“ das Gericht 179 .

Irans oberster geistlicher Führer Ayatollah Ali Khamenei unterstützt vor Militärkommandeuren und angehenden Kadetten „die diplomatische Initiative der Regierung“ und unterstreicht die politische Bedeutung der Rede von Staatspräsident Hassan Rouhani vor der UN-Vollversammlung 180 . Gleichzeitig bringt Khomenei sein Misstrauen gegenüber der US-amerikanischen Politik zum Ausdruck. „Haaretz“ zitiert am 05. Oktober aus einem Interview Benjamin Netanjahus mit dem TV-Sender CNN, dass er zu einem Gespräch mit Rouhani bereit sei, dass aber die Initiative von diesem ausgehen müsse. Würde er Rouhani treffen, würde er ihm „diese Frage ins Gesicht schleudern: Sind Sie bereit, Ihr [Nuklear]-Programm völlig aufzulösen 181 ?“

In Kairo kommen bei Zusammenstößen zwischen demonstrierenden Moslembrüdern und Sicherheitskräften 4 Menschen ums Leben. Für den 06. Oktober, dem 40. Tag der Wiederkehr des Oktoberkrieges

der Öffentlichkeit unterstützt es, dass den Juden mehr Rechte eingeräumt werden, in „Haaretz“ 07.10.2013 (Hebr.).

179 Ulrike Putz, Beirut: Bewohner Israels dürfen sich nicht „Israelis“ nennen, in „Spiegel-online“ 04.10.2013.

180 Vgl. die Eintragung am 24.09.2013 in dieser Zeitleiste.

181 Netanjahu says would consider taking call from Rohani, in „Haaretz” 05.10.2013.

www.reiner-bernstein.de 90 – Chronologie 2013

1973, kündigen die Moslembrüder weitere Großdemonstrationen an. Dabei kommen allein in Kairo 53 Menschen zu Tode.

Jordaniens König Abdullah II. berichtet von einer von ihm eingebrachten Resolution in die UNESCO mit dem Ziel, eine „fact- finding mission“ nach Jerusalem zu schicken, um die Lage auf dem „Haram Al-Sharif“ („Tempelberg“) zu überprüfen. Die Resolution sei von 43 Mitgliedsstaaten angenommen worden. Die USA hätten dagegen gestimmt, 12 Staaten – vorwiegend aus Europa – hätten sich enthalten 182 .

03.11.2013: Im Interview mit der „Jerusalem Post“ erklärt Justizministerin Tsipi Livni, die die israelische Verhandlungsdelegation mit den Palästinensern leitet, dass es keine einzelne Vereinbarung gebe, solange es keine umfassende Vereinbarung geben werde. Damit grenzt sie sich von Ideen einer Interimsvereinbarung ab 183 . Zu den Ausführungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 01. Oktober vor der UN-Vollversammlung versagt sich Livni eine öffentliche Stellungnahme.

Nach Angaben des israelischen Botschafters bei den Vereinten Nationen Ron Prosor bemüht sich die Regierung in Jerusalem, in der Periode 2019/20 um einen Sitz als nichtständiges Mitglied im UN- Sicherheitsrat. Israel werde damit die gleichlautenden Bemühungen der Bundesrepublik Deutschlands und Belgiens herausfordern 184 .

182 ‚King’s efforts decisive in securing UNESCO Jerusalem resolution,‘, in „The Jordan Times“ 05.10.2013.

183 Gil Hoffman: Livni vows to end Mideast conflict with final status accord, in „The Jerusalem Post“ 03.11.2013. Vgl. die Eintragung am 27.09.2013 in dieser Zeitleiste zu den Ausführungen von Machmud Abbas.

184 Vgl. die Eintragung am 13.05.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 91 – Chronologie 2013

Die palästinensischen Menschenrechtsorganisationen „Al-Haq (Die Gerechtigkeit)“ und das „Palestinian Centre for Human Rights“ rufen den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) mit der Aufforderung an, die massenhaft vorliegenden Beweisen und Dokumenten über israelische „Verbrechen in Palästina“ und der ausbleibenden Nichtahndung zu untersuchen. Das „Rome Statute of the International Criminal Court” vom 17. Juli 1998 schuf den ICC, der am 01. Juli 2002 seine Arbeit aufnahm. Bisher haben mehr als 120 Staaten den Vertrag ratifiziert, Israel und die USA gehören nicht dazu. Washington hat erheblichen Druck auf die Autonomieregierung in Ramallah ausgeübt, dem Vertrag nicht beizutreten.

Bei einem Empfang in Ramallah anlässlich des deutschen Nationalfeiertags aus Anlass des Falls der Berliner Mauer betont die Leiter der Deutschen Vertretung Barbara Wolf, dass Deutschland aus der Geschichte die Lektion gelernt habe, dass die Geschichte unerwartete Veränderungen bereithalte und dass Trennungslinien fallen können. Am Empfang nimmt auch der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah teil, der der Bundesregierung für die Unterstützung für den Frieden und den Aufbau von staatlichen Institutionen dankt.

Nach Anrufung des Obersten Gerichts durch die israelische Menschenrechtsorganisation „Yesh Din (Es gibt ein Recht“) kehren die palästinensischen Bewohner der Ortschaft Chomesh im Norden der Westbank acht Jahre nach dem Versuch jüdischer Siedler zurück, die Evakuierung im Zuge des israelischen Rückzugs aus dem Gazastreifen im Spätsommer Jahr 2005 rückgängig zu machen 185 .

01.10.2013:

185 Vgl. die zuletzt Eintragung am 07.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 92 – Chronologie 2013

Beim Empfang des israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres erklärt der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, dass sein Land nicht daran denke, die aus den jüdischen Siedlungen stammenden Produkte und Dienstleistungen, die für den Export bestimmt sind, entsprechend markieren zu lassen. Es bleibe bei der Kennzeichnung „Made in Israel“ 186 . Mit der Ankündigung widerspricht Rutte seinem Außenminister Frans Timmermans im März 2013, der im niederländischen Parlament die Veröffentlichung von Instruktionen an Supermärkte mit der Begründung angekündigt hatte, der europäischen Gesetzgebung zu folgen 187 .

Als letzter Redner in der diesjährigen Sitzungswoche der UN- Vollversammlung spricht Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu den Delegierten. Dabei widmet er sich vorrangig einer vermeintlichen Bedrohung durch ein iranisches Nuklearprogramm. Die Präsidenten Irans mögen zwar, so Netanjahu, seit 1979 gewechselt haben, doch seien die wilden Parolen „Tod den Juden!“ gleichgeblieben. Daran ändere der neue Präsident Hassan Rouhani nichts, auch wenn er anders klinge. Der neue taktische Ansatz laute: Zuerst lächle, dann ergehe dich in Lippendiensten für den Frieden, biete drittens Konzessionen an für die Aufhebung der Sanktionen, und halte vierten so viel nukleares Material vor, damit du bombardieren kannst, wenn du es willst. Netanjahu fordert, daraus ableitend, die vollständige und auf Dauer angelegte nukleare Abrüstung Irans einschließlich der Infrastruktur. Israel werde sich niemals mit Nuklearwaffen in den Händen von Verbrecherregimes abfinden, sondern sich gegebenenfalls verteidigen, auch wenn es dabei allein stehe. Abschließend beschränkt sich Netanjahu auf die

186 Vgl. die Eintragungen am 07.09.2013, 16.07.2013 und 16.06.2013 in dieser Zeitleiste.

187 Herb Keinon: Dutch FM defends settlement products labeling, in „Haaretz“ 14.03.2013. Vgl. die Eintragungen am 16.06.2012.

www.reiner-bernstein.de 93 – Chronologie 2013 knappe Absichtserklärung zu einem „historischen Frieden mit unseren palästinensischen Nachbarn“ auf der Grundlage von Sicherheit und gegenseitiger Anerkennung, wobei ein demilitarisierter palästinensischer Staat Israel als jüdischen Staat anerkennen müsse. Auf den Bürgerkrieg in Syrien geht Netanjahu nicht ein. Nach seinem Auftritt bittet der iranische Außenminister Djawad Sarif die Vereinten Nationen, Netanjahus „Panikmache“ zu ignorieren. Von ihm sei nichts anderes zu erwarten. In einem Kommentar der „New York Times“ heißt am 02. Oktober, dass Netanjahu „zu einem Kampf mit Iran wild entschlossen“ sei.

Aufgrund der internationalen Zurückhaltung gegenüber dem Bürgerkrieg in Syrien und im israelisch-palästinensischen Konflikt sagt der saudi-arabische Außenminister Prinz Saud Al-Faisal die geplante Rede vor der UN-Vollversammlung ab.

Gemäß dem Bericht des „Pew Research Center“ für 2013 haben sich die Bindungen unter den US-amerikanischen Juden an die Gemeinden in den vergangenen 3 Generationen auf 28 Prozent verringert. 35 Prozent würden sich der Reformbewegung, 18 Prozent dem konservativen Judentum, 10 Prozent dem orthodoxen Judentum und 6 Prozent kleineren Gruppen wie den „Rekonstruktionisten“ zugehörig fühlen. 22 Prozent würden sich als nichtreligiös bezeichnen. 70 Prozent seien weiterhin vorwiegend liberal und säkular, seien aber zu 94 Prozent stolz, Juden zu sein, und hätten zu 75 Prozent ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit zum jüdischen Volk. Während nur 19 Prozent die jüdischen Religionsgebote achteten, würden 73 Prozent die Erinnerung an den Holocaust als essentiell oder als intellektuell bedeutsam bezeichnen. Die Rate der „Mischehen“ liege bei 58 Prozent. Von den 83 Prozent derer, die orthodox aufgewachsen seien, seien 30 Prozent in den Alterskohorten zwischen 30 und 49 Jahre weiterhin orthodox 188 .

188 Pew Research [Center]: A Portrait of Jewish Americans. October 1, 2013.

www.reiner-bernstein.de 94 – Chronologie 2013

September 2013

30.09.2013: Als Ergebnis des fast 90 Minuten langen Gesprächs zwischen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus ergibt sich, dass die USA im Blick auf das Nuklearprogramm Irans weiterhin auf den diplomatischen Erfolg setzen, ohne im Ernstfall auf eine militärische Intervention verzichten zu wollen, während Obama von der israelischen Regierung die Beschleunigung der Verhandlungen mit den Palästinensern verlangt. Vor dem Gespräch Netanjahus mit Außenminister John Kerry im State Department betont dieser, dass die Beziehungen zum Ministerpräsidenten bei den jüngsten Begegnungen persönlich immer stärker und freundschaftlicher geworden seien.

Nach Auskunft des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin sind nicht, wie bisher berichtet, bis 2006, sondern noch bis Ende April 2011 Chemikalien nach Syrien geliefert worden, die auch für die Herstellung von Giftgas verwendet werden können.

In Syrien verschärfen sich die Spannungen zwischen den rivalisierenden Oppositionsgruppen um die politische Zukunft des Landes. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London sind seit Mitte März 2011 mehr als 115.000 Menschen – darunter 41.000 Zivilisten und 6.000 Kindern und 4.000 Frauen – ums Leben gekommen. Allein im September 2013 betrage die Zahl der Toten rund 5.000.

In einem Reformprogramm unter dem Titel „Demokratisierungspaket“, das Ministerpräsident Recep Tayyib www.reiner-bernstein.de 95 – Chronologie 2013

Erdo ğans in Ankara vorstellt, wird das Kopftuchverbot mit Ausnahme für Polizistinnen, Soldatinnen, Staatsanwältinnen und Richterinnen aufgehoben. Außerdem sollen kurdische Privatschulen öffnen dürfen, wobei in staatlichen Schulen weiterhin nur in türkischer Sprache unterrichtet werden dürfe, und alte kurdische Ortsnamen wiederverwendet werden. Ferner ist vorgesehen, das Demonstrationsrecht erweitert und die Mitgliedschaft in Parteien zu erleichtern 189 .

29.09.2013: Nach der Resolution zum iranischen Nuklearprogramm haben die nichtständigen Mitglieder Luxemburg und Australien den UN- Sicherheitsrat aufgefordert, den humanitären Verwerfungen in Syrien mit lebenserhaltenen Lieferungen aus den angrenzenden Ländern zu begegnen.

Bei einem Bombenanschlag in der Stadt Erbil im kurdischen Teil Iraks kommen 27 Menschen ums Leben. Am 30. September werden weitere 50 Menschen bei Anschlägen in überwiegend schiitisch bewohnten Stadtteilen Bagdads getötet. Seit Anfang September sollen im Irak fast 800 Menschen getötet worden sein, seit Anfang 2013 nicht weniger als 4.600.

Israels stellvertretender Verteidigungsminister Danny Danon ruft Mitglieder des Zentralkomitees seiner „Likud“-Partei in der Knesset zusammen, um mögliche Kompromisse der Regierung mit den Palästinensern zu verhindern 190 .

Die „Israel Nature and Parks Authority“ plant die Anlage eines Parks zwischen den palästinensischen Ortschaften Isawiyeh und A-Tur im

189 Christiane Schlötzer: Erdogan hebt Kopftuchverbot im Staatsdienst auf, in SZ 30.09.2013, S. 1.

190 Vgl. die Eintragung am 20.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 96 – Chronologie 2013

Osten Jerusalems, um die Ausdehnung palästinensischer Wohnanlagen zu verhindern. Das steinige Gelände wird gegenwärtig vor allem als Weideland für Schafe genutzt 191 .

28. September: Seinen Kommentar über die Bedrängnis und die Verfolgung der Christen im arabischen uns moslemischen Nahen und Mittleren Osten beendet Rainer Hermann mit den Sätzen: „Falsch aber wäre es, alle orientalischen Christen grundsätzlich als bedroht zu sehen und sie nach Europa und Amerika zu holen, wo sie sich rasch assimilieren würden. Verlieren würde das Christentum. Denn die große Vielfalt des Christentums macht einen Teil der Vitalität dieser Weltreligion aus. Verlieren würden auch die Länder des Nahen Ostens; ohne den Beitrag der Christen würde es Syrien und Ägypten noch viel schwerer fallen, moderne Zivilgesellschaften als Gegenentwurf zur islamischen Ordnung aufzubauen. Auf die Christen als Sauerteig können die arabischen Gesellschaften nicht verzichten 192 .“

Am 29. September werfen vier junge Siedler aus der Westbank schwere Steine auf Grabstätten auf dem christlichen Friedhof am Jerusalemer Ölberg und werden von der Polizei festgenommen.

Israels Justizministerin Tsipi Livni betont vor der Jahreskonferenz der US-amerikanischen politischen Dissidentenorganisation „J Street“ unter dem Titel „OurTime to Lead“ in Washington, D.C., mit rund 2,800 Teilnehmern, dass Israel den Friedensprozess aus eigenem Interesse und nicht wegen der Amerikaner oder wegen der

191 Nir Hasson: Recording reveals East-Jerusalem park is about politics, not environment, in „Haaretz“ 30.09.2013.

192 Rainer Hermann: In großer Bedrängnis, in FAZ 28.09.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 97 – Chronologie 2013

Palästinenser voranbringen müsse. Nur die Zwei-Staaten-Lösung werde den Charakter Israels als demokratischen und jüdischen Staat bewahren. Frieden und Sicherheit seien kein Widerspruch, so dass keine Rangfolge nötig sei. An die Teilnehmer der Konferenz appelliert Livni, Israels Bedürfnisse nach Sicherheit nicht zugunsten des Eintretens für den Frieden zu vernachlässigen. Israels Soldaten würden alles tun, um den Verlust unschuldigen Lebens zu vermeiden. Indirekt widerspricht der Filmemacher Dror Moreh der Justizministerin, indem er darauf hinweist, dass sein Film „The Gatekeepers“ mit Interviews von 5 früheren Geheimdienstchefs darlege, dass sich nur ein kleiner Teil der israelischen Gesellschaft des Preises bewusst sei, den Israels Existenz koste. Am 29. September zeigt sich der „Likud“-Abgeordnete Tsachi Hanegbi in einer Arbeitsgruppe der Konferenz bereit, arabische Teile Jerusalems im Falle eines Friedensvertrages im Rahmen der Zwei- Staaten-Lösung mit den Palästinensern aufzugeben. Dagegen sei eine Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge für Israel unakzeptabel, betont Hanegbi 193 . Am 30. September bezeichnet US- Vizepräsident Joe Biden Friedensverhandlungen mit den Palästinensern als beste Sicherheitschance für Israel – am selben Tag, an dem Präsident Barack Obama mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zusammentrifft. Mit dem Auftritt Bidens kommt die Anerkennung von „J Street“ als legitimer Repräsentantin US-amerikanischer Juden seitens der Administration zum Ausdruck.

27.09.2013: Nachdem der Exekutivrat der „Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW)“, der 189 Staaten angehören, eine positive Stellungnahme zur Zerstörung des chemischen

193 JTA: Jerusalem negotiable, Palestinian right of return not, Likud MK tells J Street, in „Haaretz“ 30.09.2013; Nathan Guttman: Fast-Growing J Street, Enjoying New Prominence, Pushes ‘2 Campaign’ for Peace, in „Forward” 29.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 98 – Chronologie 2013

Waffenpotentials in Syrien abgegeben hat, verabschiedet der UN-Sicherheitsrat mit den Stimmen aller 15 Mitglieder eine entsprechende Resolution. Wie im Entwurf verzichtet die Entscheidung auf russischen Druck hin auf rechtlich bindende Konsequenzen gemäß Kapitel VII der UN-Charta, sollte die Zerstörung ausbleiben. UN-Generalsekretär Ban ki-Moon bezeichnet die Verabschiedung der Resolution als „die erste hoffnungsvolle Nachricht zu Syrien seit langer Zeit“. In einer Stellungnahme dankt US-Außenminister John Kelly seine Amtskollegen Sergej Lawrow (Russland), William Hague (Großbritannien) und Laurent Fabius (Frankreich) für die Zustimmung und führt aus, dass erstmals der Einsatz chemischer Waffen eine Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit sei. Abweichend von der russischen Haltung droht Kerry – ohne sie zu spezifizieren – Konsequenzen an, wenn die Resolution in Damaskus nicht eingehalten werden sollte. Am 26. September hatten sich die UN-Vetomächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China auf den Entwurf einer Resolution zur Zerstörung des chemischen Waffenarsenals in Syrien verständigt. Auch wenn sein Einsatz als Bedrohung des Weltfriedens bezeichnet wird, sieht der Entwurf keinen Interventionsautomatismus gemäß Kapitel VII der UN-Charta vor, sollte die Zerstörung des Arsenals nicht erfolgen; hinter der russischen Ablehnung steht die Auffassung, dass das Assad-Regime nicht für den Giftgasanschlag am 21. August im Großraum von Damaskus verantwortlich sei 194 .

Erstmals seit der Anhebung Palästinas in den Rang eines Beobachterstaates am 29. November 2012 richtet der palästinensische Präsident Machmud Abbas seine Ansprache an die UN-Vollversammlung. Darin betont er erneut, dass das Ziel der

194 Vgl. die Eintragung am 12.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 99 – Chronologie 2013 gegenwärtigen Verhandlungen mit Israel die Schaffung des Staates Palästina in den Grenzen vor dem Junikrieg 1967 mit der Hauptstadt in Ost-Jerusalem und die Regelung der Flüchtlingsfrage auf der Grundlage der UN-Resolution 194 vom Dezember 1948 sein müsse. Eine Interimsvereinbarung lehnt Abbas mit der Begründung ab, dass sie angesichts der fortgesetzten israelischen Siedlungstätigkeit auf einen Ewigkeitsstatus hinauslaufen würde.

Der 60 Jahre alte palästinensische Rechtsanwalt Raji Sourani aus dem Gazastreifen erhält als erster Palästinenser den diesjährigen Alternativen Nobelpreis für sein „Engagement für Menschenrechte unter extrem schweren Bedingungen“. Sourani ist der Leiter des „Zentrums für Menschenrechte“.

Der „Arab Monetary Fund“ erweitert seine Hilfe für Jordaniens wirtschaftliche Entwicklung um einen Kredit in Höhe von 117 Millionen US-Dollar. Für die Versorgung der mittlerweile rund 580.000 Flüchtlinge aus Syrien brauche Jordanien etwa 850 Millionen US-Dollar, hat die Regierung in Amman errechnet.

Nachrichtenagenturen melden den Tod von 80 Menschen bei Bombenanschlägen im Irak .

Nachdem die Regierung Sudans die Subventionierung von Benzin gekürzt hat, kommen bei Demonstrationen in Khartum 29 Menschen ums Leben. Der Gouverneur der Provinz Karthum verkündet im Fernsehen eine Politik der eisernen Faust, wenn öffentliches Eigentum beschädigt werden sollte.

25.09.2013: Die 8 UN-Inspektoren zur Untersuchung chemischer Kampfmaterialien kehren nach Syrien zurück. Russlands Präsident Wladimir Putin verlangt von den USA den Verzicht auf Luftschläge www.reiner-bernstein.de 100 – Chronologie 2013

gegen Syrien und auf die Absetzung von Präsident Bashar Assads als Voraussetzungen für eine Friedensvereinbarung.

Die Weltbank kündigt die Überweisung von 10 Millionen US-Dollar für 5.000 bedürftige Palästinenser in der Westbank an.

US-Außenminister John Kerry kündigt die Intensivierung der israelisch-palästinensischen Verhandlungen an, wobei die USA eine größere Rolle spielen würden.

24.09.2013: Vor der UN-Vollversammlung bekennt sich US-Präsident Barack Obama zum Recht Irans auf eine friedliche Nutzung seines Nuklearprogramms, betont aber, dass den versöhnlichen Ausführungen von Präsident Hassan Rouhani transparente und nachvollziehbare Taten folgen müssten. Zum Thema „Syrien“ verlangt Obama eine wirksame Resolution des UN- Sicherheitsrates, damit Präsident Bashar Assad das chemische Waffenarsenal zerstöre. Die USA würden weitere 340 Millionen US-Dollar an humanitärer Hilfe für die syrischen Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Den dritten Schwerpunkt seiner Rede legt Obama auf die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Am 25. September betont Rouhani vor der UN- Vollversammlung, dass es im Iran keinen Platz für Atom- und andere Massenvernichtungswaffen gebe, weil sie den religiösen und ethischen Überzeugungen zuwiderlaufen würden. Andererseits betont Rouhani das Recht seines Landes auf das Recht der Anreicherung für zivile Zwecke. Vor Beginn der Rede Rouhanis verlässt die israelische Delegation das Plenum. Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßt die Ausführungen Rouhanis und nennt sie eine gute Voraussetzung für eine diplomatische Lösung. Dagegen bezeichnet sie Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als „zynisch“ und www.reiner-bernstein.de 101 – Chronologie 2013

„heuchlerisch“ und nennt Rouhani einen „Wolf im Schafspelz“ - – im Gegenzug bezeichnet Gideon Levy Netanjahu als einen „Wolf im Wolfspelz“ 195 –, während sich der Minister für Strategie, die Geheimdienste und Angelegenheiten der internationalen Beziehungen Yuval Steinitz, der anstelle Netanjahus nach New York gereist ist, an das Münchner Abkommen von 1938 erinnert fühlen will, das die Welt genarrt habe. Dagegen hält Wirtschaftsminister Yair Lapid („Yesh Atid – Es gibt eine Zukunft“) es für einen Fehler, dass Netanjahu Verhandlungen ausschließe. Die Ablehnung erinnere ihn an die Haltung arabischer Staaten gegenüber Israel. Am 26. September fordert Rouhani Israel zur Unterzeichnung des Vertrags zur Nichtverbreitung von Atomwaffenmaterial auf. Ebenfalls am 26. September trifft US-Außenminister John Kerry mit seinem iranischen Amtskollegen Mohamed Djawad Sarif zusammen – die erste reguläre Begegnung zwischen beiden Regierungen seit der Islamischen Revolution 1979 unter Führung von Ayatollah Khomeini 196 .

Großbritannien stellt für die Versorgung syrischer Flüchtlingskinder 48 Millionen US-Dollar zur Verfügung.

Die Palästinensische Autonomiebehörde beklagt trotz europäischer Zuweisungen ein Defizit von 17 Millionen Euro für 6 palästinensische Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen in Ost-Jerusalem. Bis Ende September würden sich die Schulden auf 28 Millionen Euro erhöhen, heißt es bei der UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO).

23.09.2013:

195 Gideon Levy: Netanjahu und Lapid – Herren der Welt, in „Haaretz“ 03.10.2013 (Hebr.).

196 Vgl. die Eintragung am 20.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 102 – Chronologie 2013

Die „New York Times“ referiert Aussagen des im Februar 2011 gestürzten ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak, wonach dieser seit 2005 gefürchtet habe, dass er von den USA aus dem Amt gedrängt zu werden, habe die Zeitschrift „Youm El-Saba (Sieben Tage)“ berichtet. Außerdem stecke hinter dem Aufruhr von Beduinen auf der Sinai-Halbinsel die Zusammenarbeit zwischen den Moslembrüdern und Israel. Außerdem stecke Israel hinter dem Streit Ägyptens mit Äthiopien über die Nutzung des Nilwassers. Die US- Regierung sei lügnerisch, weil sie behauptet habe, dass er – Mubarak – seinen Sohn Gamal als Nachfolger habe aufbauen wollen 197 .

Auf Antrag der „National Progressive Unionist Party (Tagamu)“ verbietet in Gericht in Kairo die Moslembruderschaft und friert Ihre Vermögenswerte ein 198 . Am folgenden Tag wird die Zeitung der Moslembruderschaft. verboten.

22.09.2013: In Hebron wird ein israelischer Soldat von einem palästinensischen Scharfschützen getötet.

21.09.2013: Bei drei Attentaten auf ein Zelt mit Trauergästen in Bagdad kommen mindestens 65 Schiiten ums Leben.

Angehörige der zu „Al-Qaeda“ gehörigen islamistischen „Al-Shabab“- Terroristen aus dem benachbarten Somalia stürmen ein Kaufhaus, die „Westgate Mall“, in der kenyanischen Hauptstadt Nairobi. Das

197 David D. Kirkpatrick: Secret Recordings Reveal Mubarak’s Frank Views On a Range of Subjects, in NYT 23.09.2013, S. A5.

198 Vgl. die Eintragung am 06.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 103 – Chronologie 2013

Kaufhaus gehört Israelis. Am 24. September geht das Geiseldrama zu Ende. Zu den 72 Toten gehören Franzosen, Kanadier, US- Amerikaner und Briten. Die Zahl der getöteten Attentäter, zu denen Staatsbürger aus den USA und aus Großbritannien mit arabischer Herkunft gehören sollen. wird von den kenyanischen Behörden mit 5 angegeben.

20.09.2013: In einem Gastbeitrag in der „Washington Post“ führt Irans Präsident Hassan Rouhani aus, dass sich die Welt geändert habe. Die Internationale Politik sei kein Nullsummenspiel mehr, sondern eine multidimensionale Arena, in der Kooperation und Wettbewerb offen nebeneinander stünden. In dieser Welt sei es angesagt, nicht nur die eigenen, sondern auch die Interessen anderer auf der Grundlage von Ebenbürtigkeit und gegenseitigem Respekt zu beachten. Ohne auf das Thema der Verantwortung einzugehen, verurteilt Rouhani „die herzzerbrechende Gewalt“ und den Einsatz von chemischen Waffen in Syrien . Rouhani erklärt die Bereitschaft seiner Regierung, bei einem Dialog zwischen der syrischen Regierung und der Opposition behilflich zu sein. Kurz vor seiner Abreise zu seinem Auftritt in der 68. Generaldebatte der UN- Vollversammlung am 24. September in New York ruft der Präsident seine internationalen Gesprächspartner auf, mit Teheran in einen konstruktiven Dialog einzutreten 199 . In Berlin begrüßt die Bundesregierung Rouhanis Ausführungen. Das State Department und das Weiße Haus in Washington halten sich bedeckt. Am 21. September lehnt die oppositionelle syrische „Nationale Koalition“ Rouhanis Vermittlungsangebot ab. In einer TV-Ansprache fordert Rouhani am 22. September das Recht auf Urananreicherung im Rahmen international

199 Hassan Rouhani: Why Iran seeks constructive engagement, in „The Washington Post“ 20.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 104 – Chronologie 2013

geltender Normen. Am selben Tag erklärt sich die „Nationale Koalition“ in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban ki- Moon zur Teilnahme an einer zweiten Genfer Konferenz mit dem Ziel bereit, in Damaskus eine Übergangsregierung zu etablieren.

Die in Den Haag residierende Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OSCW) bestätigt den Eingang einer „ersten Erklärung“ Syriens über dessen Giftgasarsenal.

In einem Gastbeitrag für die „New York Times“ fordert der stellvertretende israelische Außenminister Danny Danon („Likud“) seine Regierung auf, die Osloer Vereinbarungen zu kündigen und einzuräumen, dass ihre Unterzeichnung ein Fehler gewesen sei. Stattdessen schlägt Danon eine „Drei-Staaten-Lösung“ vor: Neben Israel eine palästinensische Autonomie in der Westbank, bei der die Palästinenser „ihre Gesellschaft entwickeln“ können und Israel für die Sicherheit in „Judäa und Samaria“ zuständig bleibe, und für den Gazastreifen eine Regelung, mit der alle Seiten einverstanden wären. Eine abschließende Lösung für die Palästinenser sollte in einen regionalen Vertrag unter Einbeziehung Jordaniens und Ägyptens münden 200 .

Bei einem von dem palästinensischen Chefunterhändler Saeb Erakat organisierten Besuch europäischer Diplomaten aus Frankreich, Großbritannien, Spanien, Irland sowie Österreich, begleitet von Diplomaten aus Australien, und ausländischer Friedensaktivisten im Jordantal, werden diese von israelischen Soldaten der Grenzpolizei bei dem Bemühen angegriffen und misshandelt, den 120 Bewohnern des Dorfes Khirbet Makhoul Hilfsgüter, Medikamente und Zelte zu bringen. 90 Prozent des Jordantals mit 37 jüdischen Siedlungen gehören zur Zone C der Westbank, die ausschließlich von Israel

200 Danny Danon: Israel Should Annul the , in „The New York Times“ 20.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 105 – Chronologie 2013 verwaltet wird 201 . Am 21. September wird der Botschafter der Europäischen Union in Israel beim stellvertretenden Generaldirektor des Auswärtigen Amtes für Europa Rafi Shutz vorstellig und verlangt eine Erklärung. Shutz reagiert mit der Forderung, dass die Europäische Union solche Hilfen mit der israelischen Regierung abstimmen müsse, wenn sie den Palästinensern humanitäre Hilfen leisten wolle 202 . Am 22. September melden israelische Zeitungen von Überlegungen, die französische Diplomatin Marion Fesneau- Castaing als „persona non grata“ auszuweisen.

In Bat Yam, südlich von Tel Aviv-Yaffo, wird ein israelischer Soldat von einem Palästinenser getötet, mit dem er gemeinsam in einem Restaurant arbeitete. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigt darauf an, dass er den Terrorismus mit der Stärkung der jüdischen Siedlungstätigkeit beantworten wolle.

19.09.2013: Der stellvertretende syrische Ministerpräsident Qadri Jamil führt in einem Interview mit dem Londoner „Guardian“ aus, dass im Bürgerkrieg keine Seite gewinnen könne. Deshalb plädiere Präsident Bashar Assad für eine Waffenruhe „unter internationaler Beobachtung“ mit Beteiligung einer neutralen und Syrien freundlich gesinnten UN-Friedenstruppe sowie für die Einberufung der Genfer Konferenz. Seit Ausbruch des Bürgerkrieges Mitte März 2011 habe Syriens Wirtschaft rund 100 Milliarden US-Dollar verloren 203 .

201 Reuters and Gili Cohen: European diplomats: Israeli army mishandled us, seized Palestinian aid, in „Haaretz” 20.09.2013; Hans-Christian Rößler: Der Mann von der Konfliktlinie, in FAZ 21.09.2013, S. 7.

202 Barak Ravid and Reuters: EU demands Israel explain altercation with diplomats, in „Haaretz” 22.09.2013.

203 Jonathan Steele: Syrian government says war has reached stalemate, in „The Guardian“ 19.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 106 – Chronologie 2013

Mehrere Nachrichtenagenturen berichten, dass in Syrien zwischen der Opposition und den Islamisten vom Schlage „Al-Qaedas“ eine erste Verständigung erreicht worden sei.

Rami Hamdallah wird im Beisein von Präsident Machmud Abbas erneut als palästinensischen Ministerpräsidenten eingeführt. Der neuen Regierung gehören 24 Minister – darunter zwei Frauen – und der Kabinettssekretär an. Ziad Abu Amr übernimmt als Vertreter Hamdallahs das Wirtschaftsministerium, Riad Malki bleibt Außenminister. Außerdem gehören dem Kabinett an Shukri Bishara (Finanzministerium), Ali Muhanna (Justizministerium), Ali Abu Zuchri (Erziehungsministerium) und Machmud Habash (Religionsministerium) 204 .

18.09.2013: Nach einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag unter Leitung des Hamburger Abgeordneten Jan van Aken räumt das Bundeswirtschaftsministerium ein, dass die Bundesregierung zwischen 2002 und 2006 die Ausfuhr von Chemikalien in den Iran genehmigt habe, die auch für die Herstellung von Giftgas verwendet werden könnten. Dem Hinweis, dass die Lieferung auch für die zivile Nutzung hätte eingesetzt werden können, widerspricht van Aken: Seit langem sei bekannt, dass der Iran über ein Giftgaspotential verfüge. In einem Interview mit der US-amerikanischen Station „Fox News“ räumt der syrische Präsident Bashar Assad den Besitz von Chemiewaffen ein, indem er darauf hinweist, dass deren Zerstörung ein Jahr dauern und 1 Milliarde US-Dollar kosten würde. Wenn die USA diesen Betrag aufbrächten, sei er zur Zusammenarbeit bereit, und die USA könnten das Material mitnehmen. Assad bestreitet jedoch erneut, dass sein Regime für den Giftgaseinsatz am 21.

204 Vgl. die Eintragungen am 11./12.08.2013 und am 19.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 107 – Chronologie 2013

August im Großraum von Damaskus verantwortlich sei. Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigt seinerseits in Moskau den syrischen Chemiewaffenbesitz und bezeichnet ihn als Antwort auf das israelische Nuklearpotential. Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärt die deutsche Bereitschaft, 2 Millionen Euro für die Erfassung und Vernichtung der Chemikalien zur Verfügung zu stellen.

Ayatollah Ali Chamenei, der Leiter des Geistlichen Wächterrates im Iran und oberste Autorität, spricht sich für die „historische Flexibilität“ bei der Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den vier UN- Vetomächten und Deutschland („P5 + 1“) über das Nuklearprogramm seines Landes aus. Der Islam sei gegen jede Art von Atomwaffen, fügt Chamenei hinzu 205 . Das Regime lässt einige hundert politische Befangene frei.

17.09.2013: Im Vorfeld des Interviews, das am 20. September in der „Jerusalem Post“ in voller Länge veröffentlicht werden soll, erklärt der scheidende israelische Botschafter in Washington Michael Oren, dass Israel nach Ausbruch der Unruhen in Syrien den Rückzug Präsident Bashar Assads gewollt habe 206 . In einer Erklärung vom selben Tag distanziert sich das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von Orens Behauptung. Es sei immer die Politik der Regierung gewesen, sich nicht in innersyrische Angelegenheiten einzumischen.

Die Zahl der mit Dauererlaubnis ausgestatten palästinensischen Arbeiter aus der Westbank – sie müssen mindestens 24 Jahre alt sein und eine Familie haben – sei gegenwärtig 48.000 so hoch wie

205 Vgl. zuletzt die Eintragung am 30.06.2013 in dieser Zeitleiste.

206 Herb Keinon: ‚Israel wanted Assad gone since start of Syria civil war,‘ in „The Jerusalem Post“ 17.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 108 – Chronologie 2013

vor Beginn der zweiten „Intifada“ Ende September 2000, berichtet „Haaretz“. Weitere 3.000 Palästinenser hätten eine befristete Arbeitserlaubnis für die Olivenernte in Israel, außerdem seien 27.000 in Industriezonen der Westbank (an denen Israel beteiligt ist) und in jüdischen Siedlungen beschäftigt. Mindestens 30.000 Palästinenser würden illegal in Israel arbeiten. Außerdem sei die Einfuhr von Baumaterialien für private Projekte in den Gazastreifen genehmigt worden 207 .

16.09.2013: „Haaretz“ und die „Jerusalem Post“ berichten, dass 25 frühere hochrangige europäische Regierungsmitglieder und politische Beamte, die sich zu der „European Eminent Persons Group“ zusammengefunden haben, am 15. September die EU- Außenminister aufgefordert haben, an den „Guidelines“ und dem Projekt „Horizon 2020“ 208 festzuhalten. „Mit großer Sorge“, heißt es in dem Brief, „verfolgen wir jüngste Aufrufe, die Guidelines der Europäischen Kommission bei der Finanzierung israelischer Einrichtungen in den Gebieten, die seit Juni 1967 besetzt sind, zu verschieben, zu modifizieren oder gar zu suspendieren. Wir fordern Sie auf, an der [eingegangenen] Verbindlichkeit (‚commitment‘) festzuhalten“, heißt es weiter. Die „Guidelines“ seien das Minimum, was die Europäische Union tun könne, an ihrer eigenen Gesetzeslage festzuhalten und die europäischen Steuerzahler nicht für die Siedlungen in Haftung zu nehmen. Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören u.a. die früheren Ministerpräsidenten Andreas Van Agt (Niederlande) und John Bruton (Irland), die ehemaligen Außenminister Hubert Védrine (Frankreich), Benita Ferrero-

207 Amos Harel: Number of work permits issued to Palestinians highest since in „Haaretz “ 17.09.2013.

208 Vgl. zuletzt die Eintragung am 10.09.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 109 – Chronologie 2013

Waldner (Österreich), Miguel Moratinos (Spanien) und Hans Van den Broek (Niederlande), der Vorgänger der gegenwärtigen EU- Außenbeauftragten Catherine Ashton Javier Solana (Spanien), die frühere stellvertretenden Außenminister Teresa Patricio Gouveia (Portugal) und Pierre Schori (Schweden) sowie der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt und Botschafter in Washington Wolfgang Ischinger (Deutschland) – er leitet heute die Münchner Sicherheitskonferenz – und der ehemalige Botschafter bei den Vereinten Nationen Jeremy Greenstock (Großbritannien) 209 . In der vergangenen Woche soll US- Außenminister John Kerry die Europäer nicht aufgefordert haben, die Durchsetzung der „Guidelines“ wegen der laufenden israelisch-palästinensischen Verhandlungen aufzuschieben, nicht jedoch ihre Politik zu ändern 210 .

UN-Generalsekretär Ban ki-Moon legt den Bericht der UN- Expertenkommission zu den Giftgasattacken am 21. August mit etwa 1.400 Toten in der Umgebung von Damaskus vor 211 . Danach gibt es keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass „im großen Umfang“ das Nervengift Sarin auch gegen Zivilisten eingesetzt worden ist. Obwohl das Mandat die Bezeichnung der Urheber ausschloss, deute alles auf das Assad-Regime hin.

In Jerusalem findet die nächste Runde der israelisch- palästinensischen Verhandlungen statt. In Pressemeldungen heißt es dazu, dass Präsident Machmud Abbas in Jericho die Stationierung israelischer Truppen im Jordantal abgelehnt habe.

209 Barak Ravid: Former EU leaders to Ashton: Stand firm on settlement guidelines, in „Haaretz“ 16.09.2013.

210 Text des Briefes in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ dieser Homepage.

211 Vgl. zuletzt die Eintragung am 19.08.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 110 – Chronologie 2013

15.09.2013: 17 Abgeordnete der Regierungskoalition überreichen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen Brief, in dem sie ihn auffordern, bei den Verhandlungen mit den Palästinensern keinen Fußbreit „unserer Heimat“ aufzugeben Zeev Elkin (Außenministerium), Danny Danon (Verteidigungsministerium), Tsipi Hotevely (Ministerium für Transport, nationale Infrastruktur und Verkehrssicherheit), Eli Ben Dahan (Ministerium für religiöse Dienstleistungen) und Avi Wortzman (Erziehungsministerium) sowie die Abgeordneten Yariv Levin und Miri Regev (beide „Likud“), David Rotem („Unser Haus Israel“) sowie Ayelet Shaked, Nissan Slomiansky, Moti Yogev, Shuli Moalem, Zevulun Kalfa und Yoni Chetboun (alle „Das jüdische Haus“) 212 .

Nach einem Bericht der palästinensischen Nachrichtenagentur Ma’an sind 95 Prozent der öffentlichen Angestellten der Autonomiebehörde er gewerkschaftlichen Aufforderung zu einem Streik gefolgt. Der Ausstand soll in den beiden kommenden Wochen fortgesetzt werden.

13.09.2013: Am heutigen Tag jährt sich zum 20. Mal die Unterzeichnung der israelisch-palästinensischen Prinzipienerklärung („Oslo I“) vor dem Weißen Haus in Washington. In Anwesenheit von Yitzhak Rabin und Yasser Arafat wurde sie auf Einladung von US- Präsident Bill Clinton von Shimon Peres und Machmud Abbas unterschrieben 213 .

212 Jonathan Lis: Right-wing MKs tell Netanyahu: Don’t give land to Palestinians, in „Haaretz“ 16.09.2013; Former European leaders call on EU to enforce ban on Israeli settlements, in „The Jerusalem Post” 16.09.2013.

213 Dazu Reiner Bernstein: „Kein Staat mit Oslo“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage. www.reiner-bernstein.de 111 – Chronologie 2013

Nach Angaben des ägyptischen Finanzministers Achmed Galal dürfte sich das Haushaltsdefizit 2012/13 auf rund 34,8 Milliarden US- Dollar belaufen, mithin auf 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

In der irakischen Stadt Baquba werden bei zwei einander folgenden Bombenattentaten mindesten 30 sunnitische und schiitische Gläubige getötet.

12.09.2013: Syrien beantragt bei den Vereinten Nationen den Beitritt zur internationalen Chemiewaffenkonvention. Er soll am 14. Oktober erfolgen. Seit dem Inkrafttreten der Konvention 1997 sind ihr 189 Staaten beigetreten. In einem Interview mit dem russischen Fernsehen von Damaskus aus betont Präsident Bashar Assad, dass sein Land nur dann die chemischen Waffen ausliefern werde, wenn die USA ihre militärischen Drohungen einstellen. Die Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow beginnen unter Beteiligung des UN-Vermittlers Lakhdar Brahimi erste Verhandlungsrunden im Genfer Hotel „Intercontinental“. Nach US-amerikanischen Medienberichten soll Kerry darauf verzichtet haben, dass in einer gemeinsam getragenen Resolution des UN- Sicherheitsrats ein robustes Mandat gemäß Kapitel 7 der UN- Charta eingetragen wird, wobei sich die USA jedoch weiterhin das Recht zu einem Militärschlag gegen Syrien vorbehalten wollen. Am Mittag des 14. Septembers verständigen sich Kerry und Lawrow auf Rahmenbedingungen für den Umgang mit dem Chemiewaffenarsenal. Zum Fahrplan gehören ihre Sicherung – die Rede ist von 40 oder gar 50 Standorten –, ihre Zerstörung bis Mitte 2014 sowie die Rückkehr der Kontrolleure im November 2013. In der gemeinsamen Pressekonferenz hat Assad nach den Worten Kerrys eine Woche Zeit, die Bestände offenzulegen. Lawrow droht die Einschaltung des UN-

www.reiner-bernstein.de 112 – Chronologie 2013

Sicherheitsrates an, sollte Assad den Auflagen nicht nachkommen 214 . Die „Freie Syrische Armee“ lehnt den Fahrplan ab und will bis zum Sturz Assads weiterkämpfen. Das Blutbad in Syrien hält unvermindert an. Kerry reist am 15. September zu Gesprächen mit der israelischen Regierung nach Jerusalem weiter, nachdem er den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas am 09. September in London traf. Nach israelischen Medienberichten will Kerry in Jerusalem um Hilfe bitten, dass Israel zur Umsetzung des Verbots chemischer Waffen Benjamin Netanjahu auffordert, die internationale Konvention ebenfalls zu unterzeichnen.

11.09.2013: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich empfängt auf dem Flughafen in Hannover die ersten rund 100 von 5.000 Flüchtlingen aus Syrien . Nach ZDF-Informationen sind bislang 18.000 Flüchtlinge in Deutschland eingetroffen. Sie sollen für zwei Jahre eine Aufenthaltsgenehmigung und eine Arbeitserlaubnis erhalten. Zum Vergleich: Im Libanon leben mittlerweile mehr als 700.000, in Jordanien über 520.000, in der Türkei über 440.000 und im Irak mehr als 150.000 syrische Flüchtlinge. Schweden hat den 150.000 Flüchtlingen im Lande Asyl angeboten. Am 14. September geben die Vereinten Nationen die Zahl der Flüchtlinge mit 2 Millionen an. Mitte Dezember wird berichtet, dass die Zahl der syrischen Flüchtlinge im Libanon die marke von 840.000 überschritten habe, in der Türkei seien es 540.000, in Jordanien 567.000, im Irak 207.000 und in Ägypten 130.000 215 .

214 „Framework for Elimination of Syrian Chemical Weapons”. Dokument unter www.genfer-initiative.de, dort im Link „Begleitende Dokumente “.

215 Sonja Zekri: Flucht im Elend, in SZ 14./15.12.2013, S. 10.

www.reiner-bernstein.de 113 – Chronologie 2013

Nach dem Tod eines Demonstranten in der türkischen Provinz Hatay nahe der Grenze zu Syrien flammen in Istanbul die Proteste gegen die Regierung Recep Tayyib Erdo ğans wieder auf.

Am 10. September tourt Israels Wohnungsbauminister Uri Ariel mit rund 100 jüdischen Fanatikern über das moslemische „Noble Heiligtum“ („Tempelberg“) in der Jerusalemer Altstadt. Am 12. September stoßen Palästinenser und israelische Sicherheitskräfte am Josephsgrab in der Nähe von Nablus zusammen. Die Unruhen greifen auf das nahegelegene Flüchtlingslager Askar über.

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet von der medizinischen Behandlung syrischer Kriegsopfer im Ziv-Krankenhaus im obergaliläischen Safed 216 .

10.09.2013: Nach einem Bericht von „Haaretz“ hat der stellvertretende israelische Außenminister Zeev Elkin Behauptungen zurückgewiesen, dass die Beamten seines Hauses und die israelische Botschaft bei der Europäischen Kommission in Brüssel den Prozess der Entstehung der „Guidelines“ zur Behandlung von Gütern aus den palästinensischen Gebieten nachlässig verfolgt hätten und dass die „Guidelines“ zunächst nur sehr wenigen Personen bekanntgemacht worden seien (um Durchstechereien zu verhindern). Ein interner Bericht komme stattdessen zum Ergebnis, dass die politische Führung frühe Warnungen in den Wind geschlagen habe 217 .

216 Peter Münch: Dein Feind und Helfer, in SZ 11.09.2013, S. 3. Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.08.2013 in dieser Zeitleiste.

217 Barak Ravid: Deputy FM rejects report claiming government ignored EU shift on settlement, in „Haaretz“ 10.09.2013. Vgl. zuletzt die Eintragung am 06.08.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 114 – Chronologie 2013

Saudi-Arabien stellt für die palästinensischen Flüchtlinge, die Syrien infolge des Bürgerkrieges verlassen haben, 10 Millionen US-Dollar bereit. Nach Erkenntnissen des UN-Flüchtlingswerks (UNRWA) hat über die Hälfte der 529.000 palästinensischen Flüchtlinge das Land in Richtung Jordanien und Libanon verlassen.

Im jordanischen Parlament kommt es zu einem Schusswechsel. Am 28. Oktober wird dazu ein zweiter Abgeordneter unter dem Vorwurf festgenommen worden, zum Mord aufgerufen zu haben.

Korrespondenten mehrerer Zeitungen berichten, dass ein erstes Einvernehmen über die Installierung einer internationalen Kontrolle des syrischen Chemiewaffenpotentials während des G-20-Gipfels in St. Peterburg zwischen US-Präsident Barack Obama und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eingeleitet worden sei. Obama erklärt in einer Ansprache am Abend, dass er vorerst der politischen Diplomatie zur internationalen Kontrolle des syrischen Chemiewaffenpotentials Vorrang einräumen wolle, ohne auf den militärischen Druck auf das Assad-Regime zu verzichten. Die für den Abend anberaumte erste Sitzung des UN-Sicherheitsrates wird abgesagt. Frankreich wollte dort einen Entwurf für eine Resolution einbringen 218 .

09.09.2013: Großbritannien stellt Jordanien für die Bewältigung des Flüchtlingsproblems aus Syrien 30,6 Millionen £ ( ≈ 36,3 Millionen Euro) zur Verfügung.

218 Vgl. Reiner Bernstein: „Syriens vertagter Frieden“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 115 – Chronologie 2013

Der aus 50 Personen bestehende Verfassungsrat Ägyptens nimmt seine Arbeit auf. Die Moslembruderschaft lehnt die Mitarbeit ab. Das Gremium soll bis Anfang November einen neuen Entwurf vorlegen, über den die Bevölkerung in einem Referendum entscheiden soll 219 .

Yossi Beilin berichtet in „Haaretz“, dass er am 29. April 1992 erstmals Terje Rod-Larsen, den Direktor des „Fafo Institute for Applied International Studies“ in Oslo getroffen habe. Das Treffen habe den Beginn von Geheimgesprächen eingeleitet, nachdem dieser eine Begegnung mit Faisal Husseini, dem Repräsentanten der PLO in Ost-Jerusalem, vorgeschlagen habe. Erst nachdem sich erwiesen habe, dass es tatsächlich einen palästinensischen Gesprächspartner gebe, habe er, Beilin, Außenminister Shimon Peres informiert, der wiederum sofort Ministerpräsident Yitzhak Rabin in Kenntnis gesetzt habe. Wenn dieser nicht von Yigal Amir am 04. November 1995 ermordet worden wäre, so Beilin, wäre es am 04. Mai 1999 zum Friedensvertrag gekommen 220 .

„Haaretz“ bestätigt, dass die Zionistische Weltorganisation (WZO) den jüdischen Siedlern im Jordantal mehr als 500.000 Quadratmeter palästinensischen Privatbodens im militärischen Sperrgebiet zur landwirtschaftlichen Nutzung übergeben habe 221 .

08.09.2013: In einem Interview in Damaskus, aus dem der US- amerikanischen TV-Sender CBS zitiert, verneint Syriens Staatspräsident Bashar Assad die Kenntnis von Giftgaseinsätzen. „Bild am Sonntag“ berichtet von abgehörten

219 Vgl. die Eintragung am 26.08.2013 in dieser Zeitleiste.

220 Yossi Beilin: Beware the extremists: Lessons from Oslo, twenty years on, in „Haaretz“ 09.09.2013.

221 Chaim Levinson: Document confirms World Zionist Organization allocated land to settlers in Jordan Valley, in „Haaretz“ 09.09.2013. Vgl. die Eintragung am 03.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 116 – Chronologie 2013

Gesprächen, wonach Assad seinem Militär nicht den Einsatz genehmigt habe. In den USA mehren sich die ablehnenden Stimmen in der Bevölkerung, die gegenüber ihren Wahlkreis- Abgeordneten sich gegen einen Militärschlag aussprechen. Am 09. September verlangt US-Außenminister John Kerry auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem britischen Amtskollegen William Hague in London von Assad die Übergabe des syrischen Giftgaspotentials innerhalb einer Woche an die internationale Gemeinschaft, um einen Militärschlag abzuwenden 222 . Am Nachmittag berichtet „Associated Press“ aus Moskau, dass Außenminister Sergej Lawrow die syrische Regierung „sofort“ drängen werde, ihre chemischen Waffen unter internationale Kontrolle zu stellen. In einer eigenen Pressekonferenz in Moskau begrüßt der syrische Außenminister Walid Muallem die russische Initiative 223 . Der russische Plan könnte ein „bedeutsamer Durchbruch“ sein, betont US-Präsident Barack Obama in Interviews, betont aber, dass die Drohung eines Militärschlages noch nicht vom Tisch sei. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet den Plan als „interessant“ und droht die Hoffnung aus, dass mit ihm nicht nur Zeit gewonnen werden solle. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius kündigt am 10. September im UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf gemäß Kapitel 7 der UN-Charta („robustes Mandat“ zur Durchsetzung einer Entschließung) an. Der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat Harry Reid will dafür sorgen, dass am 11. September eine Abstimmung von der Tagesordnung genommen wird. Ebenfalls am 10. September kündigt Lawrow einen „wirksamen und konkreten“ Arbeitsplan

222 Kerry: „He [Assad] could turn over every single bit of his chemical weapons to the international community in the next week. Turn it over, all of it, without delay, and allow a full and total accounting for that.”

223 Muallem: „The Syrian Arab Republic welcomes the Russian initiative, which is motivated by the Russian leadership's concern for the life of our citizens and the security of our country."

www.reiner-bernstein.de 117 – Chronologie 2013 für die Umsetzung der russischen Initiative an, das syrische Chemiewaffenarsenal unter internationale Kontrolle zu stellen. Nach einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur „Interfax“ stimmt die syrische Regierung am Nachmittag dem russischen Vorschlag zu, das Chemiewaffenpotential unter internationale Kontrolle zu stellen.

Zum bevorstehenden 90. Geburtstag Uri Avnerys am 10. September stellt Gideon Levy das Porträt des Jubilars unter die Überschrift „Geburtstag für den Propheten“ 224 .

Das ägyptische Militär fliegt schwere Angriffe gegen Verstecke von Islamisten auf der Sinai-Halbinsel in der Nähe von Rafah, bei dem mindestens 9 Personen getötet werden.

Die „Tamarod“-Gruppe im Gazastreifen kündigt ihre Gründungsversammlung in Kairo an. Die innerpalästinensische Spaltung habe die palästinensischen Ansprüche zerstört und den Widerstand des Volkes gegen die zionistische Besatzung geschwächt, heißt es in einer Erklärung. Das faschistische Regime von „Hamas“ im Gazastreifen zerstöre die palästinensische Legitimität 225 .

Auf ihrer sonntäglichen Kabinettssitzung in Jerusalem beschließt die israelische Regierung mit Mehrheit 5.000 Arbeitsgenehmigungen für Palästinenser aus der Westbank, so dass sich ihre Zahl auf fast 75.000 erhöht. Vor dem Amtssitz Benjamin Netanjahus protestieren Repräsentanten von Siedlern, zu denen sich Wohnungsbauminister Uri Ariel gesellt, am Abend des 07. Septembers gegen einen palästinensischen Staat in vorläufigen

224 Gideon Levy: Geburtstag für den Propheten, in „Haaretz“ 08.09.2013 (Hebr.).

225 Gaza Tamarod’s founding conference to be held in Cairo, in „The Daily Star“ (Beirut) 08.09.2013. Vgl. die Eintragung am 25.08.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 118 – Chronologie 2013

Grenzen, weil er die Auflösung einiger jüdischer Siedlungen nach sich ziehen würde. Die Stadtverwaltung Jerusalems ordnet die Zerstörung des Wadi-Hilweh-Spielplatzes in Silwan an, um für einen Parkplatz für die dortigen Siedler Platz zu schaffen.

07.09.2013: Unter Verweis auf die israelisch-palästinensischen Verhandlungen fordert US-Außenminister John Kerry beim Treffen der 28 europäischen Außenminister im litauischen Vilnius (Wilna) die Europäer auf, die Umsetzung der „Guidelines“ der Europäischen Kommission zu verschieben, Produkte und Dienstleistungen aus den jüdischen Ansiedlungen in Ost-Jerusalems, der Westbank und den Golanhöhen mit Sanktionen zu belegen, wenn sie auf den europäischen Markt exportiert werden 226 . Daraufhin erklärt die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, dass die Kommission am 09. September ein Team nach Israel mit dem Ziel entsenden werde, damit mit den „Guidelines“ möglichst „sensibel“ umgegangen werde. Sie seien lediglich „ein Papier, da die gegenwärtige EU-Position widerspiegele, betont Ashton 227 . Am 08. September trifft Kerry in Paris die Ministerdelegation des Arabischen Friedensinitiativ- Ausschusses, zu dessen Mitgliedern die Außenminister und Ständigen Vertreter von Bahrain , Ägypten , Jordanien , Marokko , Palästina , Qatar , Kuwait , Saudi-Arabien , der Vereinigten Arabischen Emirate und der Generalsekretär der Arabischen Friedeninitiative gehören. Auf der gemeinsamen

226 Vgl. die Eintragungen am 06.09.2013 (Beitrag von Alon Liel) und am 16.07.2013 in dieser Zeitleiste sowie die Dokumentation „Brüssel – Jerusalem – Washington“ in der Menüleiste „Begleitende Dokumente“ unserer Homepage www.genfer-initiative.de .

227 Kerry asks EU to delay ban on entities operating from the West Bank, in „The Jerusalem Post“ 07.09.2013; Barak Ravid: EU ensure settlement guidelines will not harm ties with Israel, says Ashton, in „Haaretz” 07.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 119 – Chronologie 2013

Pressekonferenz mit Kerry betont der Außenminister Qatars Khaled Al-Attiya, seine Kritik an der israelischen Siedlungspolitik. Immer wenn Verhandlungen mit den Palästinensern beginnen würden, kündige die israelische Regierung den Bau neuer Siedlungen an. Am 09. September zitiert die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA den Berater von Präsident Machmud Abbas, Yasser Abed Rabbo, mit den Worten, dass die israelische Politik die Verhandlungen benutze, um einem Boykott zu entgehen 228 .

In seinem Bericht aus der nordlibanesischen Stadt Tripoli über die dortigen Kämpfe zwischen sunnitischen und schiitischen Milizen befürchtet ZDF-Korrespondent Dietmar Ossenberg das Heraufziehen eines neuen Bürgerkrieges.

06.09.2013: Zum Abschluss des 20-G-Gipfels in St. Petersburg zeigt sich die Mehrheit von 11 Staats- und Regierungschefs „ziemlich sicher“, dass das Assad-Regime für den Giftgaseinsatz am 21. August im Großraum von Damaskus die Verantwortung trage. Während Großbritannien , Frankreich , Spanien , Portugal , die Türkei und Saudi-Arabien die Erklärung unterzeichnen, enthält sich die Bundesregierung der Stimme. Der französische Präsident François Hollande wiederholt, dass sich sein Land erst nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der UN-Inspekteure zu einer Beteiligung an einer Militäraktion gegen Syrien entscheiden werde. Nach der Abstimmungsniederlage im britischen Unterhaus am 04. September meidet US-Präsident Barack Obama den direkten Kontakt mit Premierminister David Cameron. Nachdem Bundesaußenminister Guido Westerwelle in St. Petersburg dafür geworben hat, „dass der Sicherheitsrat der

228 WAFA: Abed Rabbo: Israel is Using Negotiations to Avert Boycott, 09.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 120 – Chronologie 2013

Vereinten Nationen dem Internationalen Strafgerichtshof [in Den Haag] ein Mandat erteilt, damit eine Untersuchung der mutmaßlichen Giftgaseinsätze in Syrien erfolgen kann“ 229 , schwenkt er am 07. September beim EU-Außenministertreffen in Vilnius in Anwesenheit von US-Außenminister John Kerry auf die Mehrheitsposition ein und begründet die Enthaltung in St. Petersburg damit, dass sich die Bundesregierung auch als Anwalt der kleinen europäischen Staaten verstehe und deren Position zunächst habe kennenlernen wollen. Die Vorsitzende von „Bündnis 90/Die Grünen“ Claudia Roth kritisiert den „abenteuerlichen Zickzackkurs“ der Bundesregierung. Die Partei „DIE LINKE“ äußert sich ähnlich scharf.

In einem Gastbeitrag für „Spiegel online“ schreibt Alon Liel, ehemals Generalsekretär im Jerusalemer Auswärtigen Amt und langjähriger Diplomat und Unterhändler seines Landes, so auch zum Thema „Golanhöhen“, zu den gegenwärtig israelisch-palästinensischen Verhandlungen: „Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist von einer weitreichenden Asymmetrie gekennzeichnet. Dabei steht Israel in jeder Hinsicht auf der stärkeren Seite und tut alles, um dieses Ungleichgewicht aufrechtzuerhalten. Deshalb will Israel die Amerikaner [vertreten durch den Diplomaten und früheren Botschafter in Tel Aviv Martin Indyk] auch nicht im Verhandlungszimmer dabei haben. Denn das könnte die Palästinenser vielleicht stärken und Israels Position, die einem Machtmonopol nahekommt, schwächen. Bei ihren Gesprächen über den Nahost-Friedensprozess in den kommenden Tagen [in Vilnius] sollten die EU-Außenminister und John Kerry erkennen, dass die bisherigen Friedensbemühungen gescheitert sind, weil von zwei gleichstarken Parteien ausgegangen wurde. Sie sollten erkennen, dass der Nahost-Friedensprozess nicht zum Frieden führen wird,

229 Zur völkerrechtlichen Dimension vgl. die Eintragungen am 30.08.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 121 – Chronologie 2013 solange die internationale Gemeinschaft sich auf die Vermittlerrolle beschränkt. Daraus lässt sich ganz klar die Lehre ziehen: Die internationale Gemeinschaft muss jetzt Verantwortung übernehmen und am Verhandlungstisch Platz nehmen.“ Alon fährt fort: „Jetzt muss die EU unbedingt auf der Umsetzung der Richtlinien ‚Guidelines‘ der EU-Kommission bestehen, auch im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Beteiligung Israels an Horizon 2020, dem EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation. Die EU darf dem israelischen Druck nicht nachgeben und sie nicht verwässern 230 .“

Die US-Botschaft in Beirut evakuiert einen Teil ihres Personals nach Anschlagsdrohungen.

Ägyptische Medien berichten, dass die Moslembruderschaft als NGO aufgelöst werden solle.

Die italienische Regierung gibt bekannt, dass das Fresko „Die Verkündigung“ des Renaissance-Malers Sandro Botticelli (1445 bis 1510) „zu diesem Zeitpunkt“ nicht nach Israel für eine Ausstellung im Jerusalemer „Israel Museum“ verliehen wird 231 .

Die israelische Polizei nimmt 15 Palästinenser fest, die vom Gelände des „Noblen Heiligtums“ („Tempelberg“) Steine auf den Vorplatz, die Westmauer des einstigen jüdischen Tempels („Klagemauer“) im Zuge des moslemischen Freitagsgebets werfen.

In Ankara löst die Polizei gewaltsam eine Demonstration mehrerer hundert Studenten auf, die gegen den Bau einer Straße durch den Universitätscampus protestieren. Auch in Istanbul kommt es erneut zu Protesten.

230 Alon Liel: „Die EU darf dem Druck aus Israel nicht nachgeben“, in „Spiegel online“ 06.09.2013.

231 Botticelli und Syrien, in FAZ 07.09.2013, S. 35.

www.reiner-bernstein.de 122 – Chronologie 2013

05.09.2013: Im Vorfeld des am Nachmittag im russischen St. Petersburg beginnenden G-20-Gipfels der Staats- und Regierungschefs warnt der Präsident der Europäischen Union Herman Van Rompuy vor einem Militärschlag gegen Syrien. Er würde die Krise nicht beheben. Nur eine politische Lösung könne das schreckliche Blutbad, die schweren Verletzungen der Menschenrechte und die Zerstörung Syriens und deren weit reichende Folgen beenden.

In einem Gastbeitrag für „Spiegel online“ schreibt der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag Frank-Walter Steinmeier: „Seit den Zeiten der Entspannungspolitik fällt Deutschland die Rolle zu, auch in schwierigen Zeiten Gesprächskanäle mit Russland offen zu halten und allen Gegensätzen zum Trotz nach Feldern gemeinsamen Interesses zu suchen. Leider gibt es diese belastbaren Kanäle zwischen Berlin und Moskau nicht mehr. Das hat mit einer Verhärtung der russischen Haltung zu tun. Manchmal hat man den Eindruck, Präsident Putin mache sich geradezu einen Spaß daraus, den Westen zu provozieren, wo er nur kann. Das ist aber auch Folge der kurzsichtigen, nur auf innenpolitische Effekte zielenden deutschen Außenpolitik von Frau Merkel, der jeder gestalterische Ehrgeiz fehlt 232 .“

Der jordanische Ministerpräsident Abdullah Mansour teilt mit, dass sich sein Land weder ein einer Militäraktion gegen Syrien beteiligen noch sein Territorium für Überflugrechte und sonstige logistische Vorkehrungen zur Verfügung stellen werde, sondern eine friedliche Lösung des Konflikts anstrebe.

232 Frank-Walter Steinmeier: „Die deutsche Außenpolitik ist der Syrien- Krise nicht gewachsen, in „Spiegel online“ 05.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 123 – Chronologie 2013

Ägyptens Innenminister Mohamed Ibrahim entgeht in Kairo einem ferngesteuerten Bombenattentat. Zwei Personen werden getötet, viele werden zum Teil schwer verletzt. In den vergangenen Tagen hatte Ibrahim die Pro-Mursi-Anhänger vor gewaltsamen Protesten gewarnt. Die Moslembruderschaft distanziert sich von dem Anschlag.

04.09.2013: In einem Interview signalisiert Russlands Präsident Wladimir Putin die Bereitschaft, im Falle des eindeutigen Nachweises, dass der Giftgaseinsatz am 21. August im Großraum von Damaskus auf das Konto des Assad-Regimes gehe, Entgegenkommen im UN-Sicherheitsrat. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert den Chef des Bundesnachrichtendienstes Gerhard Schindler, dass die Rebellen nicht über die für den Anschlag notwendigen chemischen Kampfstoffe verfügen würden 233 . In Washington gibt ein Ausschuss des US-Senats mit 10 gegen 6 Stimmen Barack Obama mehrheitlich grünes Licht für eine Militäraktion; die endgültige Entscheidung soll in beiden Häusern in der kommenden Woche fallen. In London bekräftigt Premierminister David Cameron nach seiner Niederlage im Unterhaus am 28. August, dass sich Großbritannien nicht an einer Militäraktion gegen Syrien beteiligen werde. Der französische Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault wirbt im Parlament für eine Beteiligung an einem US- amerikanischen Militärschlag. Eine Abstimmung findet nicht statt.

Sollten die USA wie im Falle Ägyptens keinen größeren Druck auf Israel ausüben, würden die gegenwärtigen israelisch- palästinensischen Verhandlungen nutzlos bleiben, erklärt Yasser Abed Rabbo, ein enger Berater von Präsident Machmud Abbas, in

233 Daniel Brössler: Weltpolitik in der Heide, in SZ 04.09.2013, S. 7.

www.reiner-bernstein.de 124 – Chronologie 2013

einem Rundfunkinterview. Der Siedlungsbau werde fortgesetzt und zerstöre jede Chance für eine Vereinbarung 234 . Am 05. August meldet die Nachrichtenagentur „Associated Press“, dass die israelische Delegation unter Leitung von Justizministerin Tsipi Livni die Schaffung eines Staates Palästina in 60 Prozent der Westbank vorgeschlagen habe.

In Israel zeigt man sich verwundert, dass der neue iranische Präsident Hassan Rouhani allen Juden, vor allem denen im Iran, Glückwünsche zum neuen Jahr 5774 übermittelt, das am Abend beginnt. Am 06. September verurteilt Außenminister Mohamed Javad Zarif „das Massaker der Nazis an den Juden genauso wie das Massaker der Zionisten an den Palästinensern“.

03.09.2013: Vor dem Auswärtigen Ausschuss des US-Senats verwahrt sich Außenminister John Kerry gegen Hinweise, dass wie 2003 im Irak auch im Falle Syriens die Beweislage über den Giftgaseinsatz falsch sei. Es stimme nicht, dass Präsident Barack Obama unbegründet in den Krieg ziehen wolle. Außerdem sei für Obama „sonnenklar“, dass keine amerikanischen Bodentruppen nach Syrien entsandt würden. Der Präsident bitte nur um die Autorisierung, Bashar Assads Kapazität, chemische Waffen einzusetzen, zu mindern und ihn abzuschrecken 235 . Am selben Tag unterstützt der israelische Botschafter in Washington Michael Oren, ein militärisches Vorgehen der USA. Im ähnlichen Sinne äußern sich die „Conference on Major Jewish Organization“, die „Anti-

234 Senior PA official: Peace talks with Israel are going nowhere, in „The Jerusalem Post” 04.09.2013, S. 7.

235 John Kerry: Opening Remarks Before the United States Senate Committee on Foreign Relations, September 03, 2013.

www.reiner-bernstein.de 125 – Chronologie 2013

Defamation League (ADL)“ und das „American-Israel Public Affairs Committee (AIPAC)“. Nach Medienberichten vom 04. September soll Obama für 60 Tage für einen Militärschlag autorisiert werden mit der Option einer Verlängerung um weitere 30 Tage, in denen ein politisches Programm erarbeitet sein müsse. Israelische Zeitungen melden, dass Obama Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angerufen und ihn gebeten habe, dass dieser sich im US-Kongress für seine – Obamas – Interventionspläne verwende, nachdem die israelische Regierung bislang ihre Neutralität betont habe.

Das israelische Verteidigungsministerium bestätigt russische Berichte, dass Israel und die USA zwei Raketen vom Typ „Sparrow“ als Test abgeschossen haben, die im Mittelmeer gelandet sind.

Aus einer repräsentativen Meinungsumfrage des „Israel Democracy Institute“ und des „Gutman Center“ geht hervor, dass 27,8 Prozent der jüdischen und 9,8 Prozent der arabischen Befragten keine Stellungnahme zu den Chancen einer Zwei- Staaten-Lösung abgeben wollen, während 25,4 bzw. 37,5 Prozent der Befragten ihnen „irgendwie“, 28,6 bzw. 20,3 Prozent ihnen „nicht sehr“ und 13,3 bzw. 21,8 Prozent ihnen „überhaupt nicht“ zustimmen und nur 4,8 bzw. 10,6 Prozent weiterhin an sie glauben 236 .

Ein Gericht in Kairo verbietet dem Landessender der von Qatar aus arbeitenden Station „Al-Djazira (Die Landzunge)“ und gegen weitere Stationen, denen islamistische Propaganda vorgeworden wird, die Ausstrahlung ihrer Programme. Ein Militärgericht verurteilt erstmals ein Mitglied der Moslembruderschaft zu lebenslanger Haft, weitere 48 werden mit Strafen bis zu 15 Jahren belegt, während 12 freigesprochen werden. Auf der Sinai-Halbinsel geht das Militär massiv gegen Islamisten vor.

236 „Peace Index” August 2013.

www.reiner-bernstein.de 126 – Chronologie 2013

Im Irak werden bei Attentaten erneut mindestens 40 Menschen getötet. Allein im August sollen rund 800 Menschen bei Anschlägen ums Leben gekommen sein.

01.09.2013: Das der Opposition nahestehende „Syrian Observatory for Human Rights” in London meldet nach einem Bericht von AFP, dass die Zahl der Toten in Syrien mittlerweile die Marke von 110.000 überstiegen habe. Darunter seien mindestens 40.146 Zivilisten, 21.800 Rebellen, 27.654 Soldaten, 17.823 Milizen des Regimes, 171 „Hisbollah“- Kämpfer sowie 2.726 Personen, die nicht identifiziert werden konnten. Antonio Guterres, Direktor des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNCR), berichtet am 03. September in Genf, dass die Zahl der syrischen Flüchtlinge Ende August die Marke von zwei Millionen überschritten hat. Davon würden 716.000 im Libanon , 110.000 in Ägypten , 168.000 im Irak , 515.000 in Jordanien und 460.000 in der Türkei untergebracht sein. In Syrien selbst seien 4,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Bei Ausbruch der Rebellion Mitte März 2011 hatte Syrien mehr als 22 Millionen Einwohner. Von den benötigten 1,1 Milliarden US-Dollar für die Flüchtlingshilfe seien erst 548 Millionen US-Dollar eingegangen, davon 220 aus den USA und 228 Millionen aus Deutschland, heißt es in Genf weiter. Schweden kündigt an, den rund 15.000 Flüchtlingen aus Syrien Asyl anzubieten.

Nach einem Bericht der „Jerusalem Post“ hat der palästinensische Präsident Machmud Abbas in der Nacht zum 01. September gegenüber dem Revolutionsrat von „Fatah“ erklärt, dass ein Staat Palästina auf der Hauptstadt in Ost-Jerusalem bestehe. Dies sei die „rote Linie“ in den Verhandlungen mit Israel. Jerusalem stehe an der Spitze seiner Prioritätenliste. Außerdem zitiert das Blatt Abbas mit den Worten, dass alle Palästinenser, auch jene in der Diaspora, in www.reiner-bernstein.de 127 – Chronologie 2013 ein Referendum über einen Vertrag mit Israel einbezogen würden. Außerdem habe er eine militärische Intervention „von außen“ in Syrien abgelehnt 237 .

An der südlichen Flanke des „Noblen Heiligtums“ („Tempelberg“) in der Jerusalemer Altstadt ist von israelischer Seite eine Plattform errichtet worden.

Nach israelischen Presseberichten hat es die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau abgelehnt, für die jüdischen Siedlungen in der Westbank die Verlegung einer Müllanlage zu finanzieren 238 . Eine Stellungnahme der deutschen Botschaft in Tel Aviv liegt nicht vor.

August 2013

31.08.2013: „Haaretz“ berichtet, dass eine Gruppe von Israelis seit 18 Monaten insgeheim 300.000 Essensrationen, fünf Ambulanzwagen sowie 18 Tonnen anderer Hilfsgüter nach Syrien geschmuggelt haben 239 .

30.08.2013: US-Außenminister John Kerry erklärt unmissverständlich, dass er keinen Zweifel an „klaren und schlüssigen“ Beweisen habe, dass das Assad-Regime am 21. August chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt habe, wobei 1.429

237 Khaled Abu Toameh: Abbas says peace with Israel will be brought to a referendum for Palestinians ‘everywhere’, in „The Jerusalem Post” 02.09.2013.

238 Chaim Levinson: German bank vows to bar settlers from West Bank landfill it’s planning, in „Haaretz“ 01.09.2013.

239 Jews helping Syrians: Never invited, always welcome, in „Haaretz“ 31.08.2013.

www.reiner-bernstein.de 128 – Chronologie 2013

Menschen, darunter 426 Kinder, getötet worden seien. Bashar Assad sei ein „Verbrecher und Mörder“. Dagegen will sich Präsident Barack Obama nach seinen Ausführungen am 31. August zuvor der Ergebnisse der EU-Experten und vor einem Einsatz der Zustimmung des Kongresses versichern, der nach dem Ende der Sommerpause frühestens am 09. September eine Entscheidung fällen kann. Nach den Worten Obamas gelte es, nationale Interessen gegenüber Syrien zu verteidigen. Am 31. August informiert Obama Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vorab über die Vertagung eines Militäreinsatzes. Am 01. September berichtet die „New York Times“, dass Netanjahu gelassen auf die Information aus Washington reagiert habe. Das „American-Israel Public Affairs Committee (AIPAC)“ halte sich mit einem Kommentar zurück 240 . Alle Beobachter sind sich darin einig, dass die US-amerikanische Öffentlichkeit mehrheitlich neue Kriegsabenteuer ablehnt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßt am 31. August gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ die Vertagung eines Angriffs als Aufforderung zu weiteren Bemühungen, im UN-Sicherheitsrat eine politische Lösung zu finden. Die in Istanbul residierende „Syrische Nationale Koalition“ zeigt sich dagegen von der Entscheidung Obamas enttäuscht. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyib Erdo ğan fordert sogar einen Militärschlag zum Sturz Assads. Im russischen Wladiwostok äußert Staatspräsident Wladimir Putin die Hoffnung, dass auf dem G-20-Gipfeltreffen in der kommenden Woche in St. Petersburg über Syrien vernünftig miteinander gesprochen werde. Am 01. September ruft die Arabische Liga zu „notwendigen abschreckenden Maßnahmen“ gegen das Assad- Regime auf, ohne sich auf ein militärisches Eingreifen festzulegen. Am 02. September empfing Obama die

240 Jodi Rudorsen and Isabel Kershner: Obama’s Syria Decision Greeted Silently by Israel, in NYT 01.09.2013.

www.reiner-bernstein.de 129 – Chronologie 2013 republikanischen Senatoren John McCain und Lindsey Graham, deren Vermittlungsmission Mitte Juli in Ägypten erfolglos blieb. Am selben Tag unterstreicht Kerry das Recht des Präsidenten, auch ohne Zustimmung des Kongresses einen Militärschlag gegen Syrien zu führen. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen verlangt eine „entschlossene internationale Antwort“, ohne die die westliche Glaubwürdigkeit leiden würde. Eine Beteiligung der NATO an einer Militärintervention schließt Rasmussen jedoch aus. Stattdessen bietet er ein „Forum für Konsultationen“ an, an dem auch die Türkei beteiligt werden solle. In Berlin unterzeichnet Westerwelle mit den Vorsitzenden der „Syrischen Nationalen Koalition“ Achmad Djarba einen Vertrag über einen Wiederaufbaufonds. Ebenfalls am 02. September ruft Papst Franziskus zum Weltgebets- und Fastentag für Syrien, den Nahen Osten und die ganze Welt auf. Andreas Zielcke macht in der „Süddeutschen Zeitung“ am 04. September darauf aufmerksam, „wie hoffnungslos formelles und materielles Völkerrecht auseinanderfallen“ 241 . In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schreibt der Politikwissenschaftler Hanns W. Maull am 05. September, dass nach dem Konflikt in Washington um einen Militärschlag gegen Syrien, „wir alle nicht mehr in einer multipolaren und schon gar nicht in einer multilateralen Welt (leben), wie es die deutsche Außenpolitik noch immer gerne glauben möchte. Wir haben vielmehr eine apolare Weltordnung, in der sich in Wahrheit niemand mehr ernsthaft und einigermaßen aussichtsreich darum bemühen will, Elemente einer internationalen Ordnung auch dann zu verteidigen, wenn es schwierig und riskant wird.“ Der Autor wird Barack Obama aus innenpolitischer Zögerlichkeit „eine an Verantwortungslosigkeit grenzende Risikoscheu in der Außenpolitik“ vor 242 . Am 06. September hält

241 Andreas Zielcke: Denkzettel für den Diktator, in SZ 04.09.2013, S. 11.

242 Hanns W. Maull: Die Demontage der Ordnungsmacht Amerika, in FAZ 05.09.2013, S. 8.

www.reiner-bernstein.de 130 – Chronologie 2013

der an der Universität Göttingen lehrende Strafrechtler Kai Ambos ebenfalls in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ dagegen: „Wer durch militärische Gewalt strafen will, offenbart ein archaisches Rechtsverständnis. Ohne explizite Autorisierung durch den UN-Sicherheitsrat wäre eine Bestrafung völkerrechtswidrig. Sonstige Rechtfertigungsversuche, insbesondere über die Konzepte der humanitären Intervention oder Schutzverantwortung [„responsibility to protect“], erfreuen sich zwar in wohlmeinenden westlichen Menschenrechtskreisen einer gewissen Beliebtheit, dürften aber, wie die Kritik Russlands, aber auch Chinas, Brasiliens und anderer wichtiger Staaten am Libyen-Einsatz der Nato deutlich gemacht hat, kaum von der Staatenpraxis gedeckt sein. Im Übrigen hat die humanitäre Intervention eine präventive, auf den Schutz der Zivilbevölkerung gerichtete Zielrichtung: sie dient nicht repressiver Bestrafung. … Wer wirklich Interesse an der Klärung der Vorwürfe gegen das Assad-Regime hat, kann sich einer Befassung des IStGH [Internationaler Strafgerichtshof] nicht verwehren. Wer es trotzdem tut, dem geht es nur um Regimeerhalt um jeden Preis 243 .“ An die Adresse der USA und Europas gerichtet, fragt am selben Tag der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Horst Teltschik: „Warum hat Washington die Gespräche mit Moskau über eine Friedenskonferenz über Syrien gerade jetzt abgebrochen? Warum fordern wir die Arabische Liga nicht auf, in ihrer eigenen Region ihrer Verantwortung endlich gerecht zu werden und sich eigenständig für Friedenslösungen einzusetzen und vor allem die religiösen Konflikte zu beenden 244 ?“ Ebenfalls am 06. September schreibt Stefan Ulrich, Frankreich-Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“, zum G-20-Gipfeltreffen in St.

243 Kai Ambos: Assad vor Gericht stellen, in FAZ 06.09.2013, S. 9.

244 Horst Teltschik: Mord mit Ansage, in FAZ 06.09.2013, S. 12.

www.reiner-bernstein.de 131 – Chronologie 2013

Petersburg zur Befassung mit einem Militärschlag gegen Syrien: „Es bleibt das Völkerrecht, das mit seinem Gewaltverbot und seinen Regeln zum Schutz der Menschenrechte die Schwäche der globalen Institutionen ausgleichen soll. Nur: Das Völkerrecht verfügt nicht über die Dichte und Durchsetzungskraft nationalen Rechts. Es steht oft im Feuer sich befehdender Staaten und bräuchte einen handlungsfähigen UN-Sicherheitsrat, um sich mehr Respekt zu verschaffen. Da es diesen Rat nicht gibt, wird das Recht immer wieder straflos gebrochen 245 .“

28.08.2013: In der Nacht zum 29. August verweigern im britischen Unterhaus 285 Abgeordnete – darunter 30 seiner Konservativen Partei – Premierminister David Cameron die Zustimmung zur unmittelbaren Beteiligung Großbritanniens an einem Militärschlag der USA gegen das Assad-Regime. 272 Abgeordnete stimmen für die Beschlussvorlage Camerons. Die Niederlage des Premiers ist umso bemerkenswerter, als er das Parlament aus dem Urlaub frühzeitig zurückgerufen hat. In einer Pressemitteilung fordert Wolfgang Gehrcke, außenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE Linke im Bundestag, am 31. August die Bundesregierung und den Bundestag auf, sich dem Votum des britischen Unterhauses anzuschließen 246 .

26.08.2013: 20 UN-Experten nehmen in Syrien unter Leitung der deutschen UN- stellvertretenden UN-Generalsekretärin Angela Kane ihre Arbeit zur Untersuchung von Giftgasangriffen auf. Fest steht, dass ihre Ergebnisse nicht die Urheber für den Einsatz benennen dürfen. Als

245 Stefan Ulrich: Rat der Ratlosen, SZZ 06.09.2013, S. 4.

246 Wolfgang Gehrcke: An der Schwelle eines neuen Nahost-Krieges. Text der Pressemitteilung vom 31.08.2013 in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 132 – Chronologie 2013

das Expertenteam ein Krankenhaus südwestlich von Damaskus besuchen will, wird es von Heckenschützen beschossen. Nach Aussage der staatlichen Nachrichtenagentur seien „Terrorgruppen“ für den Anschlag verantwortlich 247 . Der russische Außenminister Sergeij Lawrow warnt erneut vor einer militärischen Intervention ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates und wiederholte seine Auffassung, dass vermutlich Rebellen für den Giftgaseinsatz verantwortlich seien. Eine Antwort auf die Frage, wie Russland gegebenenfalls reagieren würde, lehnt Lawrow ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird von ihrem Regierungssprecher mit den Worten zitiert, dass das „entsetzliche Verbrechen an Männern, Frauen und Kindern ... nicht folgenlos bleiben“ dürfe. Konkrete Schritte lässt auch Merkel nicht erkennen. Die UN-Experten reisen am 31. August aus Syrien planmäßig ab.

Nach dem Tod dreier Palästinenser am Morgen im Flüchtlingslager Qalandia auf dem Weg zwischen Jerusalem und Ramallah sagt die Autonomiebehörde die für den Nachmittag geplante neue Gesprächsrunde mit der israelischen Delegation in Jericho ab. Die israelische Grenzpolizei hatte das Feuer eröffnet, als sie beim Versuch, einen verdächtigen Palästinenser festzunehmen, mit Steinen und Molotowcocktails angegriffen wurde.

In einer Situationsskizze aus dem Grenzgebiet zwischen dem Gazastreifen und dem Sinai berichtet Peter Münch in der „Süddeutschen Zeitung“ vor der Formierung einer „Tamarod Gaza“- Gruppe und anderer Zirkel junger Palästinenser gegen „Hamas“ und „Fatah“. Das ägyptische Militär habe mittlerweile die Mehrzahl der einstigen 1.200 Tunnelanlagen geflutet und zerstört, womit auch die

247 Vgl. die Eintragung am19.08. 2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 133 – Chronologie 2013 von der „Hamas“ auf die Schmuggelware erhobenen Steuern wegfallen würden 248 .

Ebenfalls in der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet Sonja Zekri aus Kairo, dass im Entwurf für eine neue Verfassung der Artikel 2 über die „Prinzipien der Sharia“ als Grundlage der Rechtsprechung erhalten bleibe, während Artikel 219 gestrichen werden soll, in dem die Quellen der „Sharia“ detailliert aufgeführt sind. Auch die beratende Funktion der „Al-Azhar“-Universität und Artikel 44 sollen entfallen, in dem die Verleumdung des Propheten Mohamed mit Bestrafung vorgesehen war. Das parlamentarische Oberhaus, der „Shura Council“, soll abgeschafft und das Unterhaus von bisher 450 auf 350 Sitze verkleinert werden. Bei der Rolle des Militärs soll es keine Abstriche geben 249 .

Bei Bombenanschlägen in der Nähe von Bagdad und in Mossul kommen mindestens 52 Menschen ums Leben.

25.08.2013: In Kairo wird die (Wieder-)Aufnahme der Verfahren gegen Hosni Mubarak, seine Söhne Gamal und Alaa sowie den ehemaligen Innenminister Habib Al-Adli und gegen den spirituellen Leiter der Moslembruderschaft Mohamed Badie und zwei Stellvertretern nach wenigen Minuten auf den 14. September bzw. den 29. Oktober vertagt.

23.08.2013: Nach schweren Giftgasangriffen in mehreren Städten Syriens am 21. August fordert der russische Außenminister Sergej

248 Peter Münch: Ohne Freunde, in SZ 27.08.2013, S. 7: Hans-Christian Rößler: Faszination und Frustration, in FAZ 28.08.2013, S. 3.

249 Sonja Zekri: Tradition gegen Nation, in SZ 27.08.2013, S. 7.

www.reiner-bernstein.de 134 – Chronologie 2013

Lawrow erstmals die Regierung in Damaskus zu einer „objektiven Untersuchung“ auf, macht allerdings die Rebellen für den Anschlag verantwortlich. Im UN-Sicherheitsrat verhindert Moskau (gemeinsam mit China) nach wie vor eine Resolution mit Hilfe seines Vetorechts. US-Präsident Barack Obama verweist in einer Antwort an seine Kritiker darauf hin, dass ein militärischer Einsatz gegen das Assad-Regime ohne ein UN-Mandat und ohne klare Beweislage „Fragen der internationalen Rechtmäßigkeit aufwerfen“ könne. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat keinen Zweifel am Giftgaseinsatz des Regimes. Die Organisation unterhält in Syrien Krankenhäuser und mobile Gesundheitsstationen, versorgt Verletzte, liefert Medikamente sowie Verbandsmaterial und bildet syrische Ärzte aus.

Bei zwei Bombenanschlägen in der libanesischen Küstenstadt Tripoli werden mindestens 43 Sunniten getötet, als sie ihre beiden Moscheen verlassen. Die Zahl der syrischen Flüchtlinge im Lande liegt mittlerweile bei über 700.000.

Am „Freitag der Märtyrer“ in Kairo demonstrieren erneut Tausende Moslembrüder erneut gegen das Militärregime. Dass es zu keinen größeren Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften kommt, wird darauf zurückgeführt, dass mittlerweile mehr als 80 Führungskräfte der Moslembrüder verhaftet worden sind.

22.08.2013: Auf ihrem Treffen in Brüssel verurteilen die EU-Außenminister den Einsatz von Giftgas in Syrien und verhängen Sanktionen gegen das Militärregime in Ägypten . Der Stopp von Waffenlieferungen an Ägypten wäre nach Auffassung von Kommentatoren in seiner Wirksamkeit begrenzt, weil im Jahr 2011 Deutschland, Frankreich und Großbritannien Waffen im Gesamtwert von rund 260 Millionen www.reiner-bernstein.de 135 – Chronologie 2013

EU geliefert haben und der meiste Teil der Rüstungsgüter aus den USA stammt.

Israels Justizministerin Tsipi Livni kritisiert in einem Rundfunkinterview Mitglieder des Kabinetts dafür, dass sie an keinem Friedensvertrag mit den Palästinensern interessiert seien. Erstmals deutet die Vorsitzende der Arbeitspartei Shelly Yachimovich die Bereitschaft zum Eintritt in die Regierung an.

Ägyptens früherer Staatspräsident Hosni Mubarak wird auf Antrag seines Verteidigers aus der Haft entlassen und mit einer Arrestauflege auf eigenen Wunsch in ein Militärkrankenhaus verlegt. Ein Prozess gegen ihn wegen der Anstiftung zum Tod von mehr als 800 Ägyptern nach seiner Entmachtung im Februar 2011 ist damit nicht erledigt.

21.08.2013: Bei einem Giftgasangriff um Umfeld von Damaskus sollen nach Angaben des US-Geheimdienstes über 1.400 Menschen getötet worden sein, darunter 400 Kinder.

20.08.2013: Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks sind bislang fast 200.000 Syrer in den Irak geflohen.

Die dritte Runde der israelisch-palästinensischen Gespräche wiederum in Jerusalem dreht sich erneut lediglich um prozedurale Fragen.

19.08.2013: In Syrien bereiten sich UN-Giftgasexperten unter Leitung des Schweden Åke Sellström auf die Arbeit in der Provinz Damaskus- www.reiner-bernstein.de 136 – Chronologie 2013

Land, in Homs und in Aleppo vor. Sie sollen den Einsatz von Chemiewaffen seitens des Regimes und der Rebellen untersuchen 250 .

Im Interview mit der „Berliner Zeitung“ räumt der frühere Berater des im Gazastreifen amtierenden Ministerpräsidenten Ismail Haniyeh, Achmed Youssef, ein, dass sich die „Hamas“-Regierung mit dem neuen Regime in Ägypten arrangieren müsse. Wie zu Zeiten Hosni Mubaraks, „der nie unser Freund war“, und zur Regierung Mohamed Mursis, der viele Tunnel vom Sinai geschlossen habe, gebe es dazu keine Alternative. „Hamas“ plane die Wiederannäherung an den Iran, kündigt Youssef an 251 .

Der neue iranische Staatspräsident Hassan Rouhani ernennt Mohamed Djawad Sarif zum neuen Außenminister und kündigt eine zurückhaltende Außenpolitik an.

18.08.2013: Bei einem Gefangenentransport kommen in der Nähe Kairos 36 Mursi-Anhänger ums Leben; dem Vernehmen nach ersticken sie. Das Militärregime kündigt das Verbot der Moslembruderschaft als „terroristische Organisation“ an. Westlich von Rafah werden am 19. August 26 Polizisten in Zivil von salafistischen Terroristen massakriert.

16.08.2013: Am „Freitag der Märtyrer“ sterben in Kairo 170 Menschen. Unter ihnen sind der Sohn des Vorsitzenden der Moslembruderschaft

250 Vgl. die Eintragung am18.06. 2013 in dieser Zeitleiste.

251 Inge Günther: „Wir müssen uns mit Kairo arrangieren“, in „Berliner Zeitung“ 19.08.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 137 – Chronologie 2013

Mohamed Badie und der Enkel des Gründers der Moslembruderschaft Hassan Al-Banna.

15.08.2013: In Hauptkommentar der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schreibt Rainer Hermann zu den blutigen Auseinandersetzungen in Ägypten: „Der unglückliche Begriff des ‚arabischen Frühlings’ verstellte den Blick darauf, dass es Generationen dauern wird, bis sich in den arabischen Ländern Gesellschaften und Herrschaftsformen gebildet haben, in denen Demokratie nicht mehr heißt als die Abhaltung von Wahlen.“ In derselben Ausgabe meint Klaus-Dieter Frankenberger zu westlichen Vermittlungsbemühungen: „Viel zählt das Wort Washingtons nicht mehr. Es ist genauso belanglos geworden wie die europäischen Mahnungen zu Dialog und Kompromiss 252 .“ Im Interview mit dem Blatt am 17. August bemerkt Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen: „Die ägyptische Gesellschaft ist heute politisch tief gespalten. In einer solchen Situation können wir versuchen zu vermitteln, und das hat Deutschland getan – in enger Abstimmung mit den USA, der EU und arabischen Partnern 253 .“ Die „Süddeutsche Zeitung“ setzt ihren Kommentar zur internationalen Diplomatie unter die Überschrift „Schändliches Nichtstun“ 254 . Am 18. August zitiert der Berliner „Tagesspiegel“ den Sprecher des ägyptischen Außenministeriums mit den Worten, dass sein Land jede internationale Einmischung zurückweise. Gleichzeitig würden der Führung der Moslembruderschaft die Zügel zunehmen aus der Hand gleiten, schreibt das Blatt weiter 255 .

252 Rainer Hermann: Blutiger Wandel, in FAZ 16.08.2013, S. 1; Klaus- Dieter Frankenberger: Belanglos, a.a.O.

253 Es wird sehr, sehr knapp (Interview), in FAZ 17.08.2013, S. 3.

254 Hubert Wetzel: Schändliches Nichtstun, in SZ 17./18.08.2013, S. 4.

255 Martin Gehlen, Kairo: Totenstadt Kairo, in „Der Tagesspiegel“ 18.08.2013, S. 8.

www.reiner-bernstein.de 138 – Chronologie 2013

Im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut , inmitten der Hochburg der „Hisbollah“ und nahe dem Hauptquartier ihres Generalsekretärs Hassan Nasrallah, werden bei einem Anschlag 21 Menschen getötet.

Nach Pressemeldungen sind im Irak seit Jahresbeginn mehr als 4.000 Menschen bei Anschlägen ums Leben gekommen.

14.08.2013: Bei den Auseinandersetzungen in Kairo und anderen Städten Ägyptens sterben allein an diesem Tag mindestens 630 Personen.

In Tunesien steigen die Spannungen. Die Demonstranten fordern erneut den Rücktritt der Regierung.

In Manama treiben die Sicherheitskräfte des Emirats Bahrain die Opposition der schiitisch dominierten „Koalition des 14. Februar 2011“ auseinander, die anstelle der sunnitischen Monarchie der Familie Al-Khalifa eine Demokratie verlangt.

13.08.2013: Die israelische Regierung beschließt die Umsetzung von Planungen zum Bau von weiteren 890 Wohneinheiten in Gilo. Vor Beginn der zweiten Runde der rund fünfstündigen israelisch-palästinensischen Gespräche, diesmal im Jerusalemer Hotel King David unter beobachtender Beteiligung von US-Sonderbotschafter Martin Indyk und unter konspirativen Bedingungen, kündigt die israelische Regierung am 14. August den Bau mehrerer hundert Wohneinheiten an. Wohnungsbauminister Uri Ariel bezeichnet sie als eine „Vorspeise“ auf weitere Pläne. Die nächste Runde soll der Gespräche soll „bald“ in Jericho stattfinden.

www.reiner-bernstein.de 139 – Chronologie 2013

In der Nacht werden 26 und 104 vereinbarten palästinensischen Gefangenen in die Westbank und in den Gazastreifen abgeschoben.

Bei der Räumung von Protestlagern der Moslembrüder in Kairo durch das Militär kommen mindestens 30 Menschen ums Leben. Am folgenden 14. August werden nach offiziellen Angaben weitere 140 Menschen getötet. Der amtierende Vizepräsident Mohamed El- Baradei tritt aus Protest gegen die Gewalt des Militärs zurück. Das Militär verhängt eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 19 und 6 Uhr morgens. In mehreren Städten kommt es von moslemischer Seite zu Angriffen auf christliche Einrichtungen. Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül erinnert daran, dass der Bürgerkrieg in Syrien ebenfalls mit dem massiven Eingreifen des Militärs begonnen hat. Ministerpräsident Recep Tayyib Erdo ğan hingegen sieht hinter der Entmachtung von Mohamed Mursi eine westliche Verschwörung und eine „internationale Zinslobby“ gegen den Islam. Die Regierungen in London, Paris, Berlin, Brüssel und Washington sowie UN-Generalsekretär Ban ki-Moon kritisieren ebenfalls den harten Einsatz des Militärs. Bis zum 15. August sind nach offiziellen Angaben mehr als 600 Menschen ums Leben gekommen, die Moslembrüder sprechen von über 2.000 Toten. Der internationale Druck auf die Regierenden wächst, dem Sterben Einhalt zu gebieten. Außenminister Guido Westerwelle bestellt von Tunis aus den ägyptischen Botschafter ins Auswärtige Amt ein. Die Generalsekretärin des UN-Menschenrechtsrates Navi Pillay verlangt die Untersuchung des Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. US-Präsident Barack Obama verkündet auf seiner Urlaubsinsel Martha’s Vineyard (New England) die Aussetzung der seit 2011 stattfindenden gemeinsamen Seemanöver. Dem Vernehmen nach wollen die Bundesrepublik, Großbritannien, Frankreich und Australien eine Sondersitzung des UN- Sicherheitsrates beantragen. Am 16. August ordnet Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel die Unterbrechung der Entwicklungshilfe in Höhe von 25 Millionen Euro sowie der Schuldenumwandlung an, während Projekte der Wasser- und www.reiner-bernstein.de 140 – Chronologie 2013

Energieversorgung sowie der Stärkung von Demokratie und Menschenrechten mit Mitteln in Höhe von gegenwärtig 100 Millionen Euro fortgesetzt werden sollen.

12.08.2013: Nachdem eine vom israelischen Territorium gestartete Drohne am 09. August fünf Personen auf dem Sinai getötet hat, denen die Vorbereitung eines Angriffs auf Israel vorgeworfen wurde, werden von ägyptischen Soldaten auf der Halbinsel mindestens zwölf Militante getötet.

11./12.08.2013: Um die Bemühungen von US-Außenminister John Kerry bei der Wiederaufnahme der Verhandlungen zu unterstützen, reist Bundesaußenminister Guido Westerwelle zu zweitägigen Gesprächen nach Jerusalem mit Staatspräsident Shimon Peres, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Justizministerin Tsipi Livni sowie nach Ramallah mit Präsident Machmud Abbas und dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Rami Hamdallah. Deutschland und Europa würden flankierend alles tun, damit die neuen Friedensgespräche Erfolg hätten, heißt es dazu in Berlin. In der gemeinsamen Pressekonferenz am 11. August verwahrt sich Livni gegen europäische Einmischungen in israelische Angelegenheiten. Westerwelle seinerseits betont, dass die Bundesregierung eine „konstruktive und unterstützende Rolle“ spielen wolle. Im Gespräch Netanjahu am Vormittag des 12. August beklagt dieser, dass die EU-Richtlinien vom 28. Juni den wieder in Gang gekommenen Friedensprozess stören würden.

Bei Anschlägen im Irak kommen 120 Menschen ums Leben, allein in Bagdad 50 Personen.

www.reiner-bernstein.de 141 – Chronologie 2013

10.08.2013: Nachdem sich Saeb Erakat am 08. August in einem Brief bei John Kerry über die neuen Siedlungspläne beschwert und Machmud Abbas gegenüber Journalisten in Kairo die Präsenz jüdischer Israelis in einem Staat Palästina ausgeschlossen hat, beklagt sich Benjamin Netanjahu am 10. August in Washington darüber, dass die Palästinenser weiterhin auf der Auslöschung Israels bestehen würden. Am 11. August kündigt das israelische Wohnungsbauministerium die Ausschreibung von weiteren 783 Wohneinheiten in Ost-Jerusalem an, so in Gil (400), Har Homa (210) und Pisgat Zeev (183). Außerdem sei der Bau von 394 Wohneinheiten in den Westbank-Siedlungen Efrat, Maaleh Adumim und Beit Illit geplant, die im Zuge eines Vertrages bei Israel bleiben sollen.

08.08.2013: Nach dem Scheitern der US-amerikanischen Bemühungen um einen Ausgleich zwischen den politisch verfeindeten Parteien in Ägypten verlässt der hinzugezogene EU-Sonderbotschafter Bernardino León Kairo.

04.08.2013: Das israelische Kabinett billigt mehrheitlich – Justizministerin Tsipi Livni und Umweltminister Amir Peretz (beide „Die Bewegung“) enthalten sich der Stimme – einen Plan, vorrangig Finanzmittel für den Wohnungsbau, die Infrastruktur, die Erziehungs- und Kulturarbeit sowie die Sicherheit in 15 Siedlungen der Westbank zur Verfügung zu stellen. Zu ihnen gehören die Siedlungen Eshkolot und Negohot in den Süd- Hebron-Bergen sowie Rehelim, Sansana, Bruchin (drei ehemalige Außenlager), Nofim, Geva Benjamin, Maaleh Mishmash, Elon Moreh, Beer Ganim, Bnei Dekalim, Ganei Tal, www.reiner-bernstein.de 142 – Chronologie 2013

Netzer Hazani, Nitzan und Alumot (letztere im Jordantal). Sie alle liegen außerhalb der sogenannten drei Siedlungsblöcke, auf deren Annexion die israelische Politik im Falle eines Friedensvertrags mit den Palästinensern bestehen will 256 .

Der neue iranische Staatspräsident Hassan Rouhani wird in sein Amt eingeführt. In seiner Ansprache verlangt er die Aufhebung der internationalen Sanktionen als Voraussetzung der politischen Entspannung 257 .

03.08.2013: Bei einem Bombenanschlag werden im Irak an verschiedenen Orten 15 Menschen getötet, darunter mehrere Kinder.

Auf einer zentralen Einkaufsstraße in Istanbul greift die Polizei am Abend hart gegen Demonstranten durch.

Die zweite Amtszeit des iranischen Präsidenten Machmud Achmadinejad geht zu Ende.

01.08.2013: In einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ beklagt der frühere israelische Botschafter in Berlin Shimon Stein die „Hilflosigkeit“, „die Ratlosigkeit, die Unentschlossenheit“ und den „Zickzackkurs“ der europäischen und US-amerikanischen Außenpolitik im Blick auf Ägypten und Syrien. „Taten werden durch

256 Barak Ravid: Cabinet approves new development plan to benefit more Israeli settlements, in „Haaretz“ 04.08.2013.

257 Vgl. die Eintragung zuletzt am 30.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 143 – Chronologie 2013

Rhetorik ersetzt.“ Stein verzichtet darauf, diesen Vorwurf auch auf Israel zu beziehen 258 .

Die Weltbank gewährt der Palästinensischen Autonomiebehörde einen Kredit in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar.

Bei der Explosion eines Munitionslagers in der syrischen Stadt Homs werden 40 Soldaten getötet.

Die UN-Mission in Bagdad teilt mit, dass mehr als tausend Menschen während des Monats Juli im Irak ums Leben gekommen seien, die höchste Zahl seit Jahren 259 .

Ein jordanischer Militärsprecher teilt mit, dass eine Ladung Waffen aus Syrien an der Grenze abgefangen und die Schmuggler festgenommen worden seien.

Der libanesische Staatspräsident Michel Suleiman kritisiert die Beteiligung der „Hisbollah“ am Bürgerkrieg auf Seiten des Assad- Regimes in Syrien .

Juli 2013

30.07.2013: Bei einem Treffen des „Knesset’s Causus on Ending the Israeli- Arab Conflict“ unter Leitung des Abgeordneten Hilik Bar („Arbeitspartei“) unter Beteiligung palästinensischer Repräsentanten wie Gefangenenminister Ashraf Al-Ajami, dem früheren stellvertretenden Außenminister Abdallah Abdallah und Walid Salem vom „Palestinian Center for the Dissemination

258 Shimon Stein: Europa vor der Tür, in SZ 01.08.2013, S. 2.

259 Vgl. zuletzt die Eintragung am 29.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 144 – Chronologie 2013

of Democracy and Community Development“ im Jerusalemer Parlamentsgebäude wird die palästinensische Fahne gehisst. Zum Komitee sollen 30 der 120 israelischen Abgeordneten gehören. Anwesend sind die Gesundheitsministerin Yael German („Es gibt eine Zukunft“), Yitzhak Cohen („Sefardische Thorawächter“) und Amir Peretz („Die Bewegung“) 260 .

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ernennt Leonardo Leiderman zum neuen Präsidenten der Bank of Israel als Nachfolger von Jacob Frenkel. Leiderman, der aus Argentinien eingewandert ist, lehrt seit 1979 an der Universität Tel Aviv Wirtschaftswissenschaften. Am 02. August zieht Leiderman seine Beauftragung zurück, nachdem eine unerlaubte Mitnahme aus dem „Duty free“-Shop auf dem Flughafen Hongkong 2006 bekannt wurde.

29.07.2013: Während ihrer Vermittlungsbemühungen auf Kairoer Einladung trifft die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton als bisher einzige

260 Gil Hoffman: Palestinian flag out in honor as PA officials visit Knesset, in „The Jerusalem Post” 31.07.2013. Auf Nachfrage ergänzte Walid Salem per Email am 05.08.2013: „Based on an organization by our EU funded project on the API , 5 Palestinians including myself visited the Knesset in Wednesday the 31st of July and met three Israeli Ministers, one deputy Minster and with 33 Knesset members representing all the parties of the Knesset except of two parties that were not represented in the room, these two are the Likud and the Jewish Home, all the other parties who has 77 seats in the Knesset attended and all said yes to the two-states solution, and supported the resumption of the negotiations. The two hours meeting was in the shape of [the] press conference that was open to the media, more than 30 media agencies attended, and all in the room talked in support of peace and the two-states solution to the media. Two important significances of the meeting: First: the Palestinian flag was raised besides the Israeli flag for the first time ever in the history of the Knesset, which will create a lot of discussions inside the Knesset and outside now about it. Second: that there are 77 Knesset members who are supporting the two- states solution and representing a crucial majority. Now the Likud members have to join them. In order to build on the second point and to keep the momentum we agreed to meet again in Ramallah in a date to be decided soon, and to develop a plan to work together for promoting peace in both societies.”

www.reiner-bernstein.de 145 – Chronologie 2013 auswärtige Persönlichkeit zu einem nach ihrer Aussage zweistündigen Gespräch an einem ihr unbekannten Ort mit dem am 03. Juli entmachteten Präsidenten Mohamed Mursi zusammen 261 . Ashton kündigt nach ihren Gesprächen, zu denen aus Repräsentanten der Moslembruderschaft und der Salafisten gehörten, ihre baldige Rückkehr nach Ägypten an. Am 30. Juli verbittet sich die „Nationale Rettungsfront“, die auf den gegenwärtigen stellvertretenden Staatspräsidenten Mohamed El- Baradei zurückgeht, Ashtons Einmischung in innerägyptische Angelegenheiten. Bevor Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Abend des 31. Juli in Kairo eintrifft, bezeichnet das Militärregime die Protestlager der Moslembrüder als illegal und droht sie aufzulösen. Die Tageszeitung „Al-Ahram (Die Pyramiden)“ meldet, dass Westerwelles Wunsch abgelehnt worden sei, Mursi zu treffen.

Am Abend beginnen im State Department beim islamischen Fastenbrechen („Iftar“) des „Ramadan“ erste informelle Gespräche zwischen Tsipi Livni und Saeb Erakat. In einem Interview mit dem israelischen Rundfunk nach dem Essen räumt Livni ein, dass es Minister gäbe, die keinen Vertrag wollten. Beim Staatsempfang in Litauens Hauptstadt Vilnius („Wilna“) durch Präsident Andris Berzins ermahnt Israels Staatspräsident Shimon Peres die Europäische Union, gegenüber den in Washington beginnenden israelisch-palästinensischen Gesprächen Zurückhaltung an den Tag zu legen. Am Vormittag des 30. Juli trifft Präsident Barack Obama mit Livni und Erakat zu einem kurzen Gespräch. Die erste offizielle Begegnung zwischen den beiden Delegationen in Begleitung von Martin Indyk endet nach 45 Minuten 262 . Die nächste Gesprächsrunde soll in der zweiten Augustwoche in Jerusalem oder in Ramallah stattfinden. Am 31. Juli betont die EU-Außenbeauftragte

261 Vgl. die Eintragung am 25.07.2013 in dieser Zeitleiste.

262 Greer Fay Cashman: Peres asks EU to ‘exercise restraint’ and allow peace process to develop, in „The Jerusalem Post“ 29.07.2013. Vgl. die Eintragung am 22.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 146 – Chronologie 2013

Catherine Ashton in einer Erklärung, dass die Europäische Union beide Parteien auf dem Weg der Verhandlungen unterstützen werde.

In Knesset findet eine stürmische Debatte über den Staatshaushalt für 2013 und 2014 statt. Er geht für dieses Jahr von einem Haushaltsdefizit in Höhe von 4,65 Prozent aus, wobei die Ausgaben von 388,34 Milliarden Neuen Shekel ( ≈ 82,6 Milliarden Euro) auf 395 Milliarden Neue Shekel ( ≈ 84 Milliarden Euro) gestiegen sind.

Bei 17 Autobombenanschlägen in Bagdad und anderen Orten Iraks kommen mindestens 60 Menschen ums Leben, vorwiegend Schiiten. Seit dem Beginn des Fastenmonats Ramadan am 10. Juli sind 300 Tote zu beklagen.

28.07.2013: Nach einem Bericht der in London erscheinenden arabischen Zeitung „Al-Hayyat (Das Leben)“, sollen die USA der Palästinensischen Autonomiebehörde die Zusicherung gegeben haben, dass sie keinem palästinensischen Staat in vorläufigen Grenzen im Rahmen eines Interimsabkommens zustimmen würden 263 .

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bringt in die sonntägliche Kabinettssitzung einen Gesetzentwurf ein, der die Ergebnisse eines Friedensvertrages mit den Palästinensern einem Volksentscheid oder der Knesset unterwerfen soll. Vorläufer des Entwurfs ist das am 22. November 2011 verabschiedete Gesetz über ein Referendum zur Zukunft Ost-Jerusalems und

263 ’Palestinians say Kerry promised to nix any Israeli attempt for interim deal’, in „The Jerusalem Post“ 28.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 147 – Chronologie 2013 der Golanhöhen, die 1980 bzw. 1982 annektiert wurden 264 . Der von Netanjahu eingebrachte Entwurf, der auf die Benennung der Westbank verzichtet, soll am 31. Juli, also einen Tag nach Beginn der israelisch-palästinensischen Gespräche in Washington – in erster Lesung im Parlament debattiert und in den Rang eines Grundgesetzes („Basic Law“) erhoben werden. Damit wäre es der Normenkontrollklage des Obersten Gerichts entzogen 265 . Die Vorlage wird am 01. August in erster Lesung nach hitziger Debatte von 66 Abgeordneten bei 45 Nein- Stimmen unterstützt. Am 06. August fordert der ehemalige Verteidigungs- und Außenminister Moshe Arens („Likud“) statt eines Referendums eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Knesset, wenn „Judäa und Samaria“ im Zuge von Verhandlungen aufgegeben werden sollen 266 .

Zwei Tage vor Beginn der ersten Gespräche in Washington verabschiedet das israelische Kabinett mit 13 gegen 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Freilassung von 104 palästinensischen Häftlingen, die vor 1993 festgenommen worden sind, darunter solchen „mit Blut an den Händen“. Unter den Häftlingen sind 19 Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft. Sie alle sollen in vier Stufen freigelassen werden.

Die Weltbank gewährt Jordanien einen Kredit in Höhe von 150 Millionen US-Dollar, um die Lasten zu erleichtern, die durch die Flüchtlinge aus Syrien verursacht werden.

27.07.2013:

264 Vgl. die Eintragung am 22.11.2010 in dieser Zeitleiste.

265 Jonathan Lis and Barak Ravid: Israeli cabinet approves bill to protect Referendum Law from courts, in „Haaretz“ 29.07.2013.

266 Moshe Arens: Before we cede land, more than a referendum is necessary, in „Haaretz“ 06.08.2013.

www.reiner-bernstein.de 148 – Chronologie 2013

Nach einer „Gallup“-Umfrage zwischen dem 21. Mai und 04. Juni – also zwei Wochen vor der Ankündigung John Kerrys neuer Verhandlungen mit Israel am 19. Juli –, aus der „Haaretz“ zitiert, vertreten 74 Prozent der Palästinenser die Auffassung, dass es die USA mit der Vermittlung eines Friedens nicht ernst meinen. 66 Prozent vertrauen den USA nicht 267 .

26.07.2013: Nach einem Bericht von Barak Ravid in „Haaretz“ hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in den Gesprächen mit US- Außenminister John Kerry zugesagt, in den kommenden sechs bis neun Monaten die Zahl der Ausschreibungen für Bauten in der Westbank auf rund eintausend zu beschränken, und zwar vornehmlich in den beiden Siedlungsblocks Maale Adumim und Gush Etzion 268 . In einem Gespräch mit dem Londoner „Daily Telegraph“ betont der für die Geheimdienste und die strategische Sicherheit zuständige Minister Yuval Steinitz, dass der Status Jerusalems im Zuge einer Zweistaatenregelung nicht verhandlungsfähig sei 269 .

Nach einem Zeitungsbericht werden französische und deutsche Diplomaten am kommenden 29. Juli erstmals an der Sitzung des Planungsrates der israelischen Zivilverwaltung für die Westbank teilnehmen, wenn es um die Zukunft der palästinensischen

267 Gallup poll: Majority of Palestinians doubt U.S. able to broker peace deal with Israel, in „Haaretz“ 27.07.2013.

268 Barak Ravid: Israel to limit West Bank tenders to 1,000 housing units during peace talks, in „Haaretz“ 26.07.2013. Hans-Christian Rößler: Israelis und Palästinenser sind einig über ihre Uneinigkeit, in FAZ 30.07.2013, S. 2, bestätigt unter Berufung auf die palästinensische Zeitung „Al-Quds“ die Existenz eines Briefentwurfs.

269 Steinitz: Israel ready to make ‘serious territorial concessions’ as part of peace deal, in „Haaretz“ 26.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 149 – Chronologie 2013

Bewohner zweier Dörfer in den Bergen von Süd-Hebron geht 270 . Verteidigungsminister Moshe Yaalon verfügt als Vergeltung gegen die EU-Verfügung vom 16. Juli die Blockade für europäische Hilfen zugunsten der rund 150.000 Palästinenser in der Zone C der Westbank. Danach sollen Projekte eingefroren, Arbeitstreffen abgesagt, die Zusammenarbeit und die Ausgabe von Genehmigungen für Hilfsorganisationen eingeschränkt werden. Außerdem soll letzteren der Zugang in den Gazastreifen erschwert werden. EU-Diplomaten, die in die Westbank reisen wollten, würden künftig nur noch wie Touristen behandelt 271 .

Zwischen den Vereinten Nationen und Syrien wird eine allgemeine Vereinbarung erreicht, Vorwürfe über den Einsatz von chemischen Waffen zu untersuchen.

25.07.2013: In einem Vorort von Tunis fällt der Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi einem Mordanschlag zum Opfer. Brahmi war Vorsitzender der „Volksbewegung“ als Teil der linken „Volksfront“ und Mitglied der Verfassunggebenden Versammlung. Am 06. Februar war der Vorsitzende der Volksfront Choukri Belaïd einem Mordanschlag zum Opfer gefallen 272 . Nach Auskunft der Behörden wurden die Verbrechen mit derselben Waffe verübt. Seit dem Nachmittag kommt es zu heftigen Protesten in der Hauptstadt und in verschiedenen Teilen Tunesiens . Der Gewerkschaftsverband UGTT ruft zu einem Generalstreik auf. Auf der Krisensitzung des Kabinetts am 29. Juli verkündet Ministerpräsident Ali Larayedh die Neuwahl des

270 Chaim Levinson: EU diplomats included in Civil Administration planning session, in „Haaretz” 26.07.2013.

271 EU ‘concerned’ by Israeli restrictions on its activities in Westbank, in „The Jerusalem Post“ 27.07.2013; Israel versagt EU die Kooperation, in FAZ 27.07.2013, S. 5. Vgl. auch die Eintragungen am 16.07.2013 in dieser Zeitleiste.

272 Vgl. die Eintragung am 06.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 150 – Chronologie 2013

Parlaments am 17. Dezember – dem dritten Jahrestag, an dem sich der als Gemüsehändler Mohamed Bouazizi in der Provinzstadt Sidi Bouzid verbrannte. Nachdem am 29. Juli acht Soldaten bei Krawallen getötet wurden, ordnet Präsident Moncef Marzouki eine dreitägige Staatstrauer an.

Gegen den abgesetzten ägyptischen Präsidenten Mohamed Mursi wegen Zusammenarbeit mit „Hamas“ und neun führende Moslembrüder erlässt Generalstaatsanwalt Hisham Barakat Haftbefehl. Der Machtkampf zwischen den Lagern spitzt sich zu. Bis zum 27. Juli kommen in Kairo und in Alexandria viele Menschen ums Leben. Am 27. Juli berichten die Behörden von 65 Toten, und zwar vornehmlich unter den Moslembrüdern. Am 29. Juli trifft die EU- Außenbeauftragten Catherine Ashton zu Vermittlungsgesprächen in Kairo ein und verlangt, dass alle politischen Gruppen – also auch die Moslembrüder – in den Prozess eines integrativen Übergangs einbezogen werden sollten.

Die von „Hamas“-geführte Regierung des Gazastreifens schließt zwei Büros des Senders „Al-Arabiyeh“ und der Nachrichtenagentur „Maan“, weil sie falsche Nachrichten verbreiten würden, welche die öffentliche Ruhe und den Widerstand der Palästinenser gegen Israel gefährden.

Der Direktor der „Anti-Defamation League“ Abraham H. Foxman beschwert sich darüber, dass ein US-amerikanisches Appellationsgericht die Klage eines Elternpaars zurückgewiesen habe, ihren Sohn mit amerikanischer Staatsbürgerschaft den Geburtseintrag „Jerusalem“ mit dem Zusatz „Israel“ zuzugestehen. Diese Entscheidung sei ein politischer Angriff gegen den wichtigsten Bündnispartner der USA 273 .

273 Abraham Foxman: Overturn the U.S. court decision: Jerusalem is Israel’s capital, in „Haaretz“ 25.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 151 – Chronologie 2013

24.07.2013: Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert aus einem Schreiben des ranghöchsten US-amerikanischen Soldaten, des Generalstabschefs Martin Dempsey, an den Senat, in dem dieser vor einer militärischen Intervention in Syrien warnt. Der Einsatz würde viele hundert oder gar tausend Soldaten erfordern und pro Jahr rund 500 Millionen US- Dollar kosten. Am teuersten und riskantesten wären Einsätze gegen das syrische Chemiewaffenarsenal und die Einrichtung von Pufferzonen entlang der Grenze zur Türkei und zu Jordanien. Die Forderung von Außenminister John Kerry, Militärflughäfen zu bombardieren, habe Präsident Barack Obama abgelehnt. Dagegen könne die Lieferung von Kleinwaffen an die Aufständischen bald beginnen 274 . Gegen Vorwürfe aus der israelischen Regierung und der ihr nahestehenden Parteien betont Chaim Levinson am 24. Juli, dass die Europäer seit Januar 2013 nicht weniger als 41 Erklärungen zu Syrien und nur 11 zu Israel abgegeben haben 275 . Am 25. Juli teilen die Vereinten Nationen mit, dass die Zahl der Toten mittlerweile über 100.000 liege.

Die israelische Zivilverwaltung für die Westbank teilt mit, dass das Transportministerium unter Leitung von Israel Katz nach der Weigerung der Autonomiebehörde in eigener Verantwortung elf Gleisanlagen für eine 473 lange Bahnlinie durch die Westbank mit 30 Stationen in Angriff nehme, wofür bereits rund 1 Million Neue Shekel ( ≈ 213.000 Euro) im Planungsprozess aufgewendet worden seien. Die Züge sollen Beersheva, Hebron,

274 Chaim Levinson: Does the EU pick on Israel more than Syria, as Netanyahu claims?, in „Haaretz” 24.07.2013.

275 Hubert Wetzel: US-Generalstabschef warnt vor Eingreifen in Syrien, in SZ 24.07.2013, S. 1. Vgl. die Eintragung am 17.05.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 152 – Chronologie 2013

Jerusalem, Nablus und Jenin anfahren und im Endstadium auch Syrien und Jordanien erreichen 276 .

Nach UN-Angaben hat das ägyptische Militär 80 Prozent der Tunnelanlagen vom Sinai in den Gazastreifen funktionsuntüchtig gemacht 277 .

Das US-Verteidigungsministerium teilt mit, dass es angesichts der unsicheren Lage die Lieferung von weiteren vier vereinbarten Kampfjets vom Typ F16 nach Ägypten ausgesetzt werde. Insgesamt gilt die Vereinbarung für 20 Maschinen, von denen acht bisher ausgeliefert worden seien.

Nach heftigem Streit werden in Israel David Lau und Itzhak Yosef zu neuen aschkenasischen bzw. sefardischen Oberrabbinern gewählt. Die Ämter bleiben mithin in den beiden Familien.

23.07.2013: In der ersten Lesung des Gesetzes zur Wehrpflichtsreform in der Knesset zerreißen ultraorthodoxe Abgeordnete als Zeichen ihrer tiefen Trauer die Ärmel ihres Jacketts und legen sich Handschellen an 278 .

22.07.2013: Auf Betreiben Großbritanniens und der Niederlande wird der militärische Arme der libanesischen „Hisbollah“ beim EU-

276 Chaim Levinson: Israel pushing ahead with grandiose West Bank railway plan, ignoring political borders, in „Haaretz“ 24.07.2013.

277 UN says Egypt crackdown closes 80 percent of Gaza smuggling tunnels, in „The Jerusalem Post“ 24.07.2013.

278 Vgl. die Eintragung am 07.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 153 – Chronologie 2013

Außenminister-Treffen in Brüssel auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt. Die Entscheidung, die auf den Terroranschlag am 12. Juli 2012 auf einen mit israelischen Touristen besetzten Bus auf dem bulgarischen Flughafen Burgas zurückgeht, erfolgt einstimmig. Damals waren fünf Israelis und der Busfahrer getötet worden, auch der Attentäter starb. Mit der Aufnahme in die Liste sind Einreiseverbote und die Sperrung von Konten von Personen und Unternehmen verbunden, die mit der „Hisbollah“ zusammenarbeiten. Der britische Botschafter in Beirut Tom Fletcher betont, dass mit der EU-Entscheidung keine Beeinträchtigung des Umgangs mit dem politischen Arm der „Hisbollah“ verbunden sei und sich nur auf Europa beziehe. Gegen die Entscheidung kann die „Hisbollah“ vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Der libanesische Außenminister Adnan Mansour weist sie als voreilig zurück, weil sie sich auf die Stabilität seines Landes negativ auswirken könnte. Beobachter vertreten die Auffassung, dass der Beschluss kaum positive Auswirkungen für Europa haben werde, weil die „Hisbollah“ in Südamerika die Geldwäsche aus dem Handel mit Drogen erledige. Nach Angaben des Bundesamts für Verfassungsschutz leben in Deutschland 950 Mitglieder und Anhänger der „Hisbollah“, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ am 24. Juli 279 .

Nach einem Bericht des Londoner „Guardian“ sind die in dieser Woche beginnenden Gespräche zwischen Justizministerin Tsipi Livni, begleitet von dem Netanjahu-Vertrauten Itzhak Molcho, und Chefdiplomat Saeb Erakat, begleitet von am Abbas-Vertrauten Mohamed Shtayyeh, in Washington durch erhebliche Differenzen im israelischen Kabinett gefährdet. Auch in der palästinensischen Führung würden weitere Klärungen, worüber und wie lange verhandelt werde vor Beginn der Gespräche erwartet 280 . Als

279 Paul-Anton Krüger: „Aggressive Entscheidung, in SZ 24.07.2013, S. 6.

280 Harriet Sherwood: Israeli-Palestinian peace talks’ resumption put in doubt by both sides, in „The Guardian” 21.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 154 – Chronologie 2013

ständiger Gesprächspartner von Außenminister John Kerry ist der frühere Botschafter in Israel Martin Indyk benannt, der gegenwärtig zur Leitung der Brookings-Institution gehört. Die ersten Gespräche über Verfahrensfragen sollen nunmehr am 30. Juli in Washington beginnen.

Gemäß der Umfrage des „Egyptian Center for Public Opinion Research“ am 20./21. Juli, aus der die Zeitung „Al-Ahram (Die Pyramiden)“ zitiert, sind 71 Prozent der Ägypter mit den Demonstrationen zugunsten des abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi unzufrieden. Das gelte vor allem für Ägypter in den städtischen Ballungszentren.

21.07.2013: In einem Interview mit der englischsprachigen „Jordan Times“ weist der palästinensische Präsident Machmud Abbas alle Spekulationen über eine palästinensisch-jordanische Konföderation zurück 281 .

In Kairo beginnt die Arbeit von vier Professoren und sechs Richtern über Vorschläge zur Reform der Verfassung. Die Ergebnisse sollen innerhalb der nächsten 30 Tage vorliegen und dann einem anderen Gremium zur weiteren Beratung übergeben werden.

In der Stadt Adra bei Damaskus werden von Regierungseinheiten mindestens 49 Rebellen getötet.

UN-Generalsekretär Ban ki-Moon teilt mit, dass zur Überwachung des Grenzgebiets auf den Golanhöhen zwischen Israel und Syrien als Ersatz für die zurückgezogenen österreichischen Einheiten Irland 150, die Fitschi-Inseln 500 und Nepal 50 Soldaten zum Einsatz der

281 Samir Barhoum: Confederation with Jordan, substitute homeland out of question – Palestinian leader, in „The Jordan Times“ 21.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 155 – Chronologie 2013

„United Nations Disengagement Observer Forces (UNDOF)“ abstellen wollen. Am 20. Juli zieht das letzte österreichische Kontingent mit 44 Mann von den Golanhöhen ab 282 .

20.07.2013: In einer dramatischen Rede beschwört der amtierende ägyptische Ministerpräsident Hazem Al-Beblawi die Versöhnung zwischen den verfeindeten Lagern im Lande. Die Zuwendungen aus Saudi- Arabien , Kuwait und den Emiraten würden Ägypten nur eine Atempause gewähren. Am 18. Juli hatte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay in einer Verbalnote die Regierung in Kairo aufgefordert, die Namen der Menschen freizugeben, die seit der Entmachtung von Mohamed Mursi am 03. Juli festgenommen wurden, und die Rechtmäßigkeit der Haft Mursis zu erläutern.

Die jordanische Nachrichtenagentur meldet aus Amman , dass die USA dem Land für das kommende Jahr weitere 340 Millionen US- Dollar zuwenden wollen, und zwar zusätzlich zu den Zusagen von US-Präsident Barack Obama in Höhe von 200 Millionen US-Dollar während seines Besuchs in Jordanien im März. Damit soll die Wirtschaft angekurbelt werden.

In Bagdad und in anderen Städten Iraks kommen bei Terroranschlägen 71 Menschen ums Leben. In den kommenden Tagen geht das Morden weiter. Seit Anfang Juli sollen nicht weniger als 230 Menschen getötet worden sein.

In Istanbul geht die Polizei erneut gegen rund tausend Demonstranten am Gezi-Park mit Tränengas und Schlagstöcken vor: Ein Hochzeitpaar hatte dorthin zur Feier eingeladen.

282 Vgl. die Eintragung am 12.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 156 – Chronologie 2013

19.07.2013: In einer kurzen Erklärung in Amman kündigt US-Außenminister John Kerry den Beginn israelisch-palästinensischer Gespräche kommende Woche in Washington an, ohne ihre Grundlagen anzusprechen. Die erste Gesprächsrunde soll unter der Leitung von Justizministerin Tsipi Livni und dem Chefunterhändler Saeb Erakat stehen. Kerry räumt ein, dass nicht alle Details geklärt seien. In einer Presseerklärung unterstreicht die EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragte Catherine Ashton, dass die europäische Direktive, die heute im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist 283 , bilaterale israelisch- palästinensische Verhandlungen nicht präjudizieren solle 284 . Die Verhandlungen sollen innerhalb von neun Monaten abgeschlossen werden. In einem Gastbeitrag für die „New York Times“ am 18. Juli hatte Israels Finanzminister Yair Lapid scharf die EU-Richtlinien kritisiert. Sie würden den palästinensischen Extremisten helfen und Präsident Machmud Abbas signalisieren, dass er nicht verhandeln müsse, weil die Europäer den Job für die Palästinenser tun 285 .

In Kairo werden drei Anhängerinnen des vom Militär am 03. Juli entmachteten Präsidenten Mohamed Mursi bei Demonstrationen getötet.

18.07.2013:

283 Der Wortlaut der Direktive ist in der Menüleiste „Genfer Initiative – Dokumente“ dieser Homepage abrufbar.

284 Der Wortlaut der Erklärung Ashtons ist in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ dieser Homepage abrufbar.

285 Yair Lapid: Europe’s Stance on Settlement is a Blunder, in NYT 18.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 157 – Chronologie 2013

In Vorbereitung auf die in Washington geplanten israelisch- palästinensischen Gespräche telefoniert US-Präsident Barack Obama mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

17.07.2013: Nach Auskunft von Antonio Guterres, dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, sind in Syrien seit März 2011 fast 100.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl der syrischen Flüchtlinge erreiche inzwischen die Marke von 1,8 Millionen.

16.07.2013 286 : Israelische Medien – allen voran „Haaretz“ bereits am frühen Morgen – berichten von einer Direktive („Guidelines“) der Europäischen Kommission, die in der „Territorialklausel“ des Finanzplans für die Zeit 2014 bis 2020 ihren Mitgliedsstaaten und der Europäischen Union die finanzielle Unterstützung von Projekten und wissenschaftlichen Arbeiten, die Zusammenarbeit sowie die Vergabe von Stipendien und Preisen an Israelis mit Sitz in der Westbank und in Ost-Jerusalem verbindlich untersagt. Bei künftigen Verträgen müsse die israelische Regierung schriftlich zusagen, dass die Siedlungen in der Westbank nicht Teil Israels seien. Die Zusammenarbeit etwa mit dem israelischen Justizministerium mit Sitz in Ost- Jerusalem sei nur dann erlaubt, wenn sie sich auf das Territorium Israels in den Grenzen vor dem Junikrieg 1967 bezieht. Nach Auskunft europäischer Repräsentanten wird damit die Entscheidung der EU-Außenminister vom Dezember 2012 vollzogen, dass alle Verträge zwischen dem Staat Israel und der EU unzweideutig und ausdrücklich nicht auf die Gebiete

286 Die tägliche Fortschreibung der Berichterstattung finden Sie in dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 158 – Chronologie 2013

anwendbar sind, die Israel 1967 besetzt hat. In Kommentaren heißt es, dass mit der Direktive einem Boykott Israels vorgebeugt werden soll. Israelische Vertreter sprechen von einem „Erdbeben“ 287 . Ein hoher Beamter des State Department wird mit den Worten zitiert, dass die Europäer zusätzliche Maßnahmen ergreifen könnten, sollte US-Außenminister John Kerry mit seinen Bemühungen scheitern. Damit sei die Administration unter zeitlichen Druck geraten 288 . Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ermahnt die Europäer, sie sollten sich mit dem syrischen Bürgerkrieg und dem iranischen Nuklearprogramm befassen. Er werde nicht zulassen, „dass Hunderttausenden Israelis in Judäa, Samaria, auf den Golanhöhen und in unserer vereinigten Hauptstadt Jerusalem Schaden zugefügt“ werde, und werde „keine auswärtigen Diktate bezüglich unserer Grenzen akzeptieren“. Die Frage könne nur durch direkte Verhandlungen mit den Palästinensern entschieden werden 289 . Der „Rat der Siedlungen in Judäa und Samaria“ fordert die Regierung in Jerusalem auf, alle EU-Projekte in der Zone C der Westbank – sie umfasst mehr als 60 Prozent dieses Gebiets – zu verbieten, bis die Kommission ihre Direktive zurückzieht. Der Vorsitzende des Rates der Siedlungen in Judäa, Samaria und Gaza David Perl verlangt, die Zone C sofort zu annektieren, weil sie Teil des jüdischen Heimatlandes sei. Dagegen begrüßt „Peace Now“ den Schritt der Europäer 290 . Die linksbürgerliche Partei „Meretz“

287 Barak Ravid: EU: Future agreements with Israel won’t apply to territories, in „Haaretz“ 16.07.2013. Vgl. die Eintragung am 19.05.2013 in dieser Zeitleiste.

288 Barak Ravid: U.S. official: EU will take further measures against Israeli settlements if Kerry’s peace talks fails, in „Haaretz“ 16.07.2013.

289 Herb Keinon: Netanyahu slams new EU settlement directives, in „The Jerusalem Post “ 16.07.2013.

290 Tovah Lazaroff: Settler leaders: Israel should ban EU projects in Area C, in „The Jerusalem Post “ 16.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 159 – Chronologie 2013 warnt die Regierung in Jerusalem, dass die Sanktionen im Tragen kommen würden, sollte sie sie nicht ernst nehme 291 . Hanan Ashrawi, Mitglied des Exekutivausschusses der PLO, betont, dass die EU die richtige Entscheidung getroffen habe, indem sie von Erklärungen und kritischen Urteilen zu einer effektiven Politik übergehe 292 . Nach einem Bericht des Londoner „Guardian“ spricht die Direktive Produkte und Waren aus den Siedlungen nicht explizit an 293 . Chaim Levinson meldet am 17. Juli, dass der Staatskontrolleur sich in seinem Bericht darüber beklagt habe, dass die Planungsvorgaben für die Siedlungen in der Westbank nicht durchgesetzt würden, weil die dafür zuständige israelische Zivilverwaltung die Reaktion der Siedler fürchte. Die Zivilverwaltung selbst verweist in ihrer Antwort auf die Personalknappheit 294 . Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ notiert am 17. Juli, dass die Europäische Union mit 34,4 Prozent mit Waren im Wert von 25,1 Milliarden US-Dollar 2012 der wichtigste Handelspartner Israels gewesen sei 295 . Am selben Tag stellt die EU-Delegation in Israel klar, dass die Hebräische Universität auf dem Mount Scopus und das Hadassah- Krankenhaus als israelische Enklaven seit 1948 von der Direktive nicht betroffen seien.

Nehemia Shtrasler ergänzt, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ausgepfiffen würde, wenn er im Zentralkomitee seiner

291 Lahav Harkov and JPostCom Staff: Right-wing MKs: EU decision racist, we will build more in settlements, in „The Jerusalem Post “ 16.07.2013.

292 PLO official lauds EU settlement ban as positive move for peace, in „The Jerusalem Post “ 16.07.2013.

293 Harriet Sherwood: EU takes tougher stance on Israeli settlement, in „The Guardian“ 16.07.2013. Vgl. die Eintragung am 19.05.2013 in dieser Zeitleiste.

294 Chaim Levinson: Planning and construction in West Bank is a free-for- all, state comptroller, in „Haaretz“ 17.07.2013.

295 Israel empört über neue EU-Förderrichtlinien, in FAZ 17.07.2013, S. 1 f.

www.reiner-bernstein.de 160 – Chronologie 2013

„Likud“-Partei heute die Zwei-Staaten-Lösung vertreten würde. Der frühere Parlamentspräsident Reuven Rivlin habe vor kurzem gesagt, dass es besser sei, wenn die Palästinenser israelische Staatsbürger würden, als dass das Land geteilt würde. Das neue Konzept des „Likud“ laute Annexion 296 .

Der israelische Verteidigungsminister Moshe Yaalon stimmt der Stationierung von zwei zusätzlichen Bataillonen der ägyptischen Armee auf der Sinai-Halbinsel zu. Gemäß dem Friedensvertrag von 1978 ist dort die Stationierung ägyptischer Einheiten begrenzt.

Der ägyptische Ministerpräsident Hazem El-Beblawi stellt sein 34 Personen umfassendes Übergangskabinett vor, dem drei Frauen angehören. Danach übernimmt Generalstabschef Abdel Fatach El- Sisi als Erster Stellvertretender Ministerpräsident auch das Verteidigungsministerium. Weitere Stellvertretende Ministerpräsidenten sind Hossam Eissa (Minister für Höhere Bildung) und Ziad Baha‘a El-Din (Minister für Planung und Internationale Zusammenarbeit). Das Außenministerium übernimmt Nabil Fachmy, das Finanzministerium Achmed Galal, das Justizministerium Mohamed Amin El-Machdy, das Religionsministerium Mohamed Mokhtar Goma’a und das Innenministerium Mohamed Ibrahim. Die weiblichen Mitglieder des Kabinetts sind Doreya Sharaf El-Din als Informationsministerin, Maha El-Rabat als Gesundheitsministerin und Laila Rashid Iskander als Umweltministerin. Die „Süddeutsche Zeitung“ nennt am 18. Juli die Regierung „eine Veranstaltung unter Gleichgesinnten“ 297 .

15.07.2013:

296 Nehemia Shtrasler: Getting in a terrible state, in „Haaretz“ 16.07.2013.

297 Sonja Zekri: Viele Probleme, wenig Zeit, in SZ 18.07.2013, S. 4.

www.reiner-bernstein.de 161 – Chronologie 2013

Am Morgen werden drei Menschen in El-Arish auf der Sinai- Halbinsel getötet, als militante Islamisten Panzergranaten auf einen Bus abfeuern, der Arbeiter in eine Zementfabrik bringen sollte. Nach der Begegnung mit Ministerpräsident Hazem Al-Bablawi und Generalstabschef Abdel Fatach El-Sisi in Kairo erklärt der stellvertretende US-Außenminister William J. Burns, dass die USA nicht versuchen würden, Ägypten ein Politikmodell aufzuzwingen. Washington erwarte jedoch die Beachtung bestimmter demokratischer Grundsätze. Am selben Tag reist US-Außenminister John Kerry zu Treffen mit König Abdullah II., Repräsentanten des „Arab Peace Committee“ der Arabischen Liga, welche der Arabischen Friedensinitiative neuen Schwung verleihen soll, und dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas nach Amman. Am Abend kommen bei Zusammenstößen in Kairo sieben Menschen ums Leben. Während Kerry darauf hofft, dass innerhalb von drei Jahren das Bruttosozialprodukt in der Westbank und im Gazastreifen verdoppelt und die Arbeitslosigkeit von gegenwärtig 21 auf 8 Prozent gesenkt werden kann, macht der jordanische Außenminister Nasser Judeh in einer gemeinsamen Pressekonferenz am 17. Juli darauf aufmerksam, dass erst die politische Lösung der Wirtschaft und der Sicherheit erfolgreich den Weg ebnen werde 298 .

Britische Zeitungen melden, dass Premierminister David Cameron von früheren Überlegungen abrücke, Waffen an die syrischen Rebellen zu liefern. In Syrien selbst kommt es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Angehörigen der „Freien Syrischen Armee (FSA)“ und Djihadisten.

13.07.2013:

298 John Kerry, Secretary of State: Remarks With Jordanian Foreign Minister Nasser Judeh After Their Meeting, Amman, 17.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 162 – Chronologie 2013

Die ägyptische Staatsanwaltschaft will gegen den am 03. Juli vom Militär abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi 299 und andere Führungskräfte der Moslembruderschaft Anklage wegen Spionage, Anstachlung zur Gewalt und wegen der Schädigung der Wirtschaft erheben. In Kairo wird am 14. Juni Mohamed El-Baradei als Vizepräsident vereidigt. Ebenfalls am 14. Juni bezeichnet der türkische Ministerpräsident Recep Tayyib Erdo ğan in einem Interview Mursi als den einzigen legitimen Präsidenten Ägyptens.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erakat bestätigt gegenüber jordanischen Medienvertretern in Jericho die Bereitschaft zu direkten Verhandlungen mit Israel unter der Bedingung, dass die Siedlungstätigkeit in der Westbank eingefroren, palästinensische Häftlinge, die vor 1993 gefangengenommen wurden, freigelassen und das Flüchtlingsproblem angegangen werden.

In der Nacht zum 14. Juni gehen die Proteste in verschiedenen Städten der Türkei gegen die Regierung Recep Tayyib Erdo ğans weiter. Die Polizei geht wie in Istanbul auch diesmal gegen die Demonstranten gewaltsam vor.

12.07.2013: Eine Abspaltung unter den ägyptischen Moslembrüdern verlangt im Vorfeld der heutigen Massendemonstrationen unter dem Motto „Marsch der Millionen“ zugunsten des abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi die Neuwahl des Führungspersonals der Moslembruderschaft einschließlich ihres Führers Mohamed Badie. In einer wahrscheinlich mit den USA abgestimmten Erklärung verlangt Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Einbeziehung der Moslembrüder: „Eine Rückkehr zur Demokratie kann nur gelingen,

299 Vgl. die Eintragung am 01.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 163 – Chronologie 2013 wenn alle politischen Kräfte den demokratischen Transformationsprozess mitgestalten können 300 .“

Zu Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan versammeln sich rund 80.000 Palästinenser auf dem „Noblen Heiligtum“ („Tempelberg“) in der Jerusalemer Altstadt zum Gebet. Es kommt zu Solidaritätskundgebungen zugunsten des abgesetzten ägyptischen Präsidenten Mohamed Mursi.

Gemäß einer Umfrage des „Joint Forum of Temple Mount Organizations“, aus der „Haaretz” zitiert, sprechen sich 30 Prozent der jüdischen Israelis (darunter 43 Prozent der religiösen und 31 Prozent der säkularen Juden) für die Errichtung eines Tempels auf dem Gelände in der Jerusalemer Altstadt aus, 45 Prozent seien dagegen, und 25 Prozent würden sich nicht genau äußern 301 . Das mit dem „Interdisciplinary Research and Consulting Institute“ unter Leitung von Yitzhak Katz gibt ein differenziertes Bild der Umfrage unter 523 Juden und Arabern, von denen sich 48 Prozent als säkular, 25 Prozent als religiös traditionell, 12 Prozent als nationalreligiös/religiös, 3 Prozent als nationalreligiös/ultraorthodox und 10 Prozent als ultraorthodox bezeichnen: – Welche Orte sind für das jüdische Volk am wichtigsten? Patriarchengrab in Hebron 2 Prozent; Rachels Grab in Bethlehem 1 Prozent; Tempelberg in Jerusalem 26 Prozent; „Klagemauer“ 60 Prozent; – Wie häufig besuchen Sie die Klagemauer? Alle paar Jahre 34 Prozent; einmal im Jahr 24 Prozent; mehrmals im Jahr 27 Prozent; einmal oder mehrfach im Monat 6 Prozent; – Wie wichtig ist es für Sie, dass Juden den Tempelberg besuchen? Überhaupt nicht wichtig 20 Prozent; nicht wichtig

300 Vgl. die Eintragung am 01.07.2013 in dieser Zeitleiste.

301 Nir Hasson: One third of Israeli Jews want Temple rebuilt in Jerusalem, poll finds, in „Haaretz“ 12.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 164 – Chronologie 2013

17 Prozent; unentschieden 10 Prozent; wichtig 25 Prozent; sehr wichtig 20 Prozent; – Wenn Sie die Wahl hätten, auf dem Tempelberg zu beten, würden Sie dies tun? Ja 34 Prozent; nein 58 Prozent; – Sind Sie für oder gegen einen Platz zum Beten oder eine Synagoge auf dem Tempelberg? Ja 30 Prozent; nein 49 Prozent; – Sind Sie für oder gegen den Bau eines Tempels auf dem Tempelberg? Ja 30 Prozent; nein 45 Prozent; – Sollte der Staat das Recht der Juden durchsetzen, auf dem Tempelberg zu beten? Ja 48 Prozent; nein 35 Prozent; – Sollte der Staat wie in Hebron für ein Arrangement sorgen, wonach Juden und Moslems am Tempelberg Anteil haben? Nein 23 Prozent; ja 59 Prozent.

Der philippinische Außenminister Albert del Rosario droht mit dem Abzug der 341 philippinischen Soldaten der UNDOF-Truppe auf den Golanhöhen über den 11. August hinaus, wenn sie zum eigenen Schutz nicht besser ausgerüstet und die Zeit ihres Einsatzes nicht verkürzt würde 302 .

11.07.2013: Nach arabischen Pressemeldungen haben ägyptische Soldaten auf der Sinai-Halbinsel 32 „Hamas“-Kämpfer getötet, die durch die Tunnelanlagen aus dem Gazastreifen kamen, um auf der Halbinsel operierende Beduinen zu unterstützen. Am 12. Juli kommt ein Soldat bei einem Angriff auf einen Armeestützpunkt ums Leben. Die ägyptischen Behörden schließen vorübergehend den Übergang Rafah zum Gazastreifen.

302 Vgl. die Eintragung am 12.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 165 – Chronologie 2013

Das in Düsseldorf erscheinende „Handelsblatt“ meldet, dass Saudi- Arabien den Kauf von 270 deutschen Leopard-II-Kampfpanzern aus der Produktion von Krauss-Maffei-Wegmann stornieren wolle, weil sich das Genehmigungsverfahren des Bundessicherheitsrates des Bundestages hinziehe 303 .

10.07.2013: Das palästinensische Informationsministerium kritisiert die Entscheidung eines israelischen Gerichts, die Siedlern in der Westbank erlauben soll, sich aus offiziellen israelischen Quellen Informationen über palästinensische Landeigentümer zu beschaffen. Am 14. Juni entscheidet das Jerusalemer Bezirksgericht nach vierjährigen Verhandlungen, dass der Vertrag über den Kauf von Grund und Boden der Shehade-Familie in der Nähe Ramallahs gefälscht gewesen sei. Als Käufer war das religiöse „Machon Mishpatei Aretz (Institut der Gesetze des Landes[Israel])“ aufgetreten.

Zu Beginn des Fastenmonats Ramadan bleibt die Lage in Ägypten weitgehend ruhig. Noch am Morgen jedoch erlässt die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den Führer der Moslembruderschaft Mohamed Badie und neun weitere führende Mitglieder wegen des Aufrufs zur öffentlichen Gewalt 304 . Bis zum 12. Juli werden keine Festnahmen gemeldet.

In Paris stirbt der Journalist, Autor und Politiker Ilan Halevi. 1943 in eine jüdische Familie in Frankreich geboren, wurde er 1968 Mitglied der „Fatah“ und übernahm später die Repräsentanz der PLO innerhalb der Sozialistischen Internationale. Außerdem arbeitete Halevi als Berater der palästinensischen Regierung sowie der Botschaften in Berlin und Paris. Halevi setzte sich auf internationaler

303 Vgl. die Eintragung am 08.12.2011 in dieser Zeitleiste.

304 Vgl. die Eintragung am 05.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 166 – Chronologie 2013

Bühne für die Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung ein. Seine Motivation beschrieb er einst mit den Worten: „Mein Vater kämpfte in Frankreich als Kommunist gegen die Nazi-Besatzung, und ich folge der Tradition meiner Eltern im Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit, auch für unterdrückte Juden. Ich würde mein Leben bei einem zweiten Anlauf genauso leben.“ Für seine Verdienste wurde Halevi 2012 von Präsident Mahmud Abbas mit dem Verdienstorden ausgezeichnet.

Im Libanon zerbricht die Allianz „8. März“ aus der „Amal-Bewegung“ unter Beteiligung der „Hisbollah“ unter Führung von Parlamentspräsident Nabih Berri und der christlichen „Freien Patriotischen Bewegung“ von Michael Aoun. In Kommentaren heißt es, dass damit der Weg für eine neue Regierung unter Führung des Sunniten Tamam Salam freigemacht würde. Am 16. Juli tritt das Parlament in Beirut zusammen.

Als Nachfolger von Michael Oren nominiert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen 42 Jahre alten engen Berater Ron Dermer als neuen Botschafter Israels in Washington. Wie Oren, der viereinhalb Jahre Israel vertrat, wuchs Dermer in den USA auf. In einem Interview, das „Haaretz“ am 11. Juli veröffentlicht, berichtet Oren, dass die Zusammenarbeit zwischen beiden Regierungen trotz mancher Verstimmungen und Krisen konstruktiv verlaufe, so als in Ramallah der palästinensische Antrags auf UN-Mitgliedschaft am 29. November 2012 vorbereitet wurde, gegenüber dem Iran und in der einzigartigen Kooperation beider Geheimdienste. Die Dynamik der amerikanischen Politik sei in die israelische Richtung gelaufen, so im Falle Irans, das den zweiten Holocaust plane, und im Verzicht auf die Forderung, den Siedlungsbau einzufrieren. Doch in der amerikanischen Elite sei die „Situation“ für Israel nicht gut. Auch die Medien seien wie die akademische Welt zu einem beträchtlichen Teil kritisch. Der Aufstieg der Latinos, der Schwarzen und der Schwulen habe dazu geführt, dass diese Bevölkerungsgruppen keine www.reiner-bernstein.de 167 – Chronologie 2013 historischen Verbindungen zum Staat Israel hätten. Außerdem gebe es eine große Ermattung – „Das Amerika von 2013 ist ein Amerika, das des Nahen Ostens müde ist“ –, die zu einer Art Neo- Isolationismus führe 305 .

Erneut liegt der Knesset ein Antrag vor, israelische NGO’s auf die Schwarze Liste zu setzen und zu bestrafen, die vom Ausland 20.000 Neue Shekel (rund 4.250 Euro) pro Jahr annehmen und gegen Israel zum Boykott aufrufen oder israelische Soldaten vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bringen wollen. Der Antrag stammt von der Vorsitzenden der Fraktion „Das Jüdische Haus (haBait haYehudi)“ Ayelet Shaked 306 .

09.07.2013: Ägyptens Übergangspräsident Adli Mansour ernennt den 77 Jahre alten Ökonomen Hazem Al-Beblawi zum Chef der Übergangsregierung, nachdem die Ernennung von Friedensnobelpreisträger Mohamed El-Baradei gescheitert war 307 . Dieser übernimmt als Stellvertreter Al-Beblawis das Außenressort. Al-Beblawi lehrte an ägyptischen, US-amerikanischen und französischen Hochschulen, war zwischen 1995 und 2000 Unterstaatssekretär bei den Vereinten Nationen und arbeitete nach dem Sturz Hosni Mubaraks eine Zeit lang als Finanzminister. Nach Finanzzusagen Saudi-Arabiens, aus den Golf-Emiraten und aus Kuwait springen die Kurse an der Kairoer Börse an.

Bei einem Autobombenattentat gegen eine schiitische Einrichtung im Süden Beiruts werden 53 Menschen verletzt.

305 Ari Shavit: Michael Oren: ‚Obama is a true friend, Israelis misunderstood his outreach to Arab world,‘ in „Haaretz” 11.07.2013.

306 Vgl. die Eintragungen am 15.02.2011, 20.02.2011 und 07.03.2011 in dieser Zeitleiste.

307 Vgl. die Eintragung am 05.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 168 – Chronologie 2013

08.07.2013: Syriens Staatspräsident Bashar Assad wechselt die gesamte Führungsspitze seiner „Baath“-Partei aus, deren Generalsekretär er ist. Zu den Abgesetzten gehört der langjährige Außenminister und Vizepräsident Faruk A-Shara, der im Dezember 2012 für die Einbeziehung der Opposition in Gespräche zur Beendigung des Bürgerkrieges plädierte.

Ägyptens Übergangspräsident Adli Mansour veröffentlicht eine 33 Artikel umfassende Verfassungserklärung, in der er sich und dem Kabinett legislative Befugnisse zubilligt, bis das neue Parlament gewählt ist. Am selben Tag legt die salafistische Partei „Das Licht (Al-Nour)“ einen Alternativplan vor, in der sie Mansur und den Generalstabschef Abdel Fatach Al-Sisi für deren autoritäres Regime kritisiert und die Einsetzung eines Ausschusses verlangt, in dem Juristen bis Ende Juli Vorschläge für die Korrektur der im November 2012 verabschiedeten Verfassung erarbeiten. Bis Februar 2014 soll ein neuer Staatspräsident und ein neues Parlament gewählt werden.

Der Versuch von 300 israelischen Jüdinnen, in ihrem Bezirk der Jerusalemer „Klagemauer“ mit Gebetsschal und Gebetsriemen zu beten, scheitert am Widerstand Tausender ultraorthodoxer Männer.

07.07.2013: Bei seiner Ankunft in Israel erklärt Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel, dass er bei Israelis und Palästinensern für die Friedensinitiative des US-Außenministers John Kerry werben wolle. Außerdem betont er, dass die Entwicklungszusammenarbeit von der palästinensischen und von der israelischen Seite sehr geschätzt werde. Während des dreitägigen Besuchs stehen Gespräche mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und der israelischen www.reiner-bernstein.de 169 – Chronologie 2013

Regierung auf dem Programm. Daneben will Niebel Projekte der Entwicklungszusammenarbeit in der Westbank besuchen, weil verbesserte Lebensbedingungen der Palästinenser eine wichtige Voraussetzung für eine Lösung des Nahostkonflikts seien. Von seinen israelischen Gesprächspartnern fordert Niebel „transparante Planungs- und Genehmigungsverfahren“. Ein Rundgang durch die Jerusalemer Altstadt droht an der Kontrolle israelischer Soldaten zu scheitern. Die „Jerusalem Post“ berichtet ergänzend, dass der stellvertretende Außenminister Zeev Elkin bei der Begegnung mit Niebel diesen darauf hingewiesen habe, dass die Kennzeichnung von Produkten aus den jüdischen Siedlungen dort 22.500 palästinensische Arbeitsplätze gefährden und damit der palästinensischen Wirtschaft schaden werde 308 .

Gemäß israelischen Presseberichten soll aufgrund einer Empfehlung des Kabinetts vom heutigen Tage ein Gesetz vorbereitet werden, wonach pro Jahr nur noch 1.800 ultraorthodoxe Männer in den Talmud-Thora-Schulen vom Wehrdienst ausgenommen bleiben.

Das Jerusalemer Bezirksgericht verurteilt drei jüdische Jugendliche zu geringen Gefängnisstrafen, weil sie im August 2012 mehrere arabische Jugendliche in der Nähe des Independence Park im Westen der Stadt zusammengeschlagen hatten. Das Gericht spricht von einem rassistisch motivierten Lynchversuch.

06.07.2013: In der Nacht zum 06. Juli flammen in Istanbul die Proteste gegen die türkische Regierung wieder auf.

In Istanbul wird auf der Sitzung des „Syrian Coalition“, der von vielen Staaten als legitime Vertretung anerkennten größten

308 Herb Keinon: State Dept. urges Kerry to present principals for talks, in „The Jerusalem Post“ 08.07.2013.

www.reiner-bernstein.de 170 – Chronologie 2013

Oppositionsbewegung, der 44 Jahre alte Assi Al-Jarba zum neuen Präsidenten gewählt. Er löst den zurückgetretenen Moaz al-Khatib ab 309 .

05.07.2013: Am „Tag des Zorns“ demonstrieren in Kairo, in Alexandria und in anderen Städten Ägyptens viele hunderttausend Sympathisanten des abgesetzten Mohamed Mursi. Bei Zusammenstößen mit der Polizei und dem Militär soll es mehrere Tote gegeben haben, allein nach Angaben des Gesundheitsministeriums 30 zwischen dem 05. und 06. Juli. Entgegen früheren Meldungen, die von seiner Festnahme sprachen 310 , wendet sich in Kairo der spirituelle Führer der Moslembruderschaft Mohamed Badie an die aufgebrachte Menge. Die religiöse Spitze der „Al-Azhar University“ Achmad Al- Tayyib verlangt in einer Ansprache von allen Seiten Besonnenheit. Der Übergangspräsident Adli Mansour löst das Oberhaus, den „Shura Council“, auf, in dem die islamischen „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“ sowie die Partei „Das Licht“ die Mehrheit haben. Die „Afrikanische Union“ setzt die Mitgliedschaft Ägyptens aus – auch ihre Mitgliedsstaaten werden überwiegend von autoritären und Militärregierungen geführt. Die Ernennung des Begründers der „Nationalen Rettungsfront“, des 71 Jahre alten Mohamed El-Baradei am 06. Juli zum Übergangsministerpräsidenten scheitert311 . Bei einem Feuergefecht vor einer Kaserne der „Republikanischen Garde“ in Kairo kommen mindestens 51 Menschen zu Tode. Die Moslembrüder beschuldigen das Militär, auf ihre Demonstranten geschossen zu haben.

309 Vgl. die Eintragung am 28.02.2013 in dieser Zeitleiste.

310 Vgl. die Eintragung am 01.06.2013 in dieser Zeitleiste.

311 Vgl. zuletzt die Eintragung am 04.04.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 171 – Chronologie 2013

Am Grenzübergang in den Gazastreifen wird in der Stadt Rafah ein Soldat von islamischen Extremisten getötet, mehrere werden verletzt. Die Behörden schließen daraufhin den Grenzübergang.

Nach internationalen Presseberichten, die sich auf den TV-Sender CNN berufen, greift Israel ein Depot in der syrischen Stadt Latakia an, in dem 50 russische Boden-See-Raketen vom Typ „Yekhont“ mit einer Reichweite von 300 Kilometern lagern 312 .

04.07.2013: Das syrische Militär verstärkt seine Angriffe auf Homs.

Indien gewährt der Palästinensischen Autonomiebehörde einen Kredit von 1 Milliarde US-Dollar.

03.07.2013: Palästinensische und israelische Unterhändler vereinbaren die Bildung einer gemeinsamen Kommission von Wirtschaftsexperten, die sich alle zwei Wochen treffen sollen 313 .

02.07.2013: Palästina wird auf der Tagung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Istanbul als „Non-member- State“ gemäß der Beschlusslage der UN-Vollversammlung vom 29. November 2012 in die Organisation aufgenommen. 58 Mitglieder stimmen der Aufnahme zu bei 33 Gegenstimmen und 10 Enthaltungen.

312 Vgl. die Eintragung am 03.05.2013 in dieser Zeitleiste.

313 Vgl. die Eintragung am 16.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 172 – Chronologie 2013

01.07.2013: In Ägypten halten die Demonstrationen an. Das Militär verhängt über die Gegner und Sympathisanten von Staatspräsident Mohamed Mursi ein 48-stündiges Ultimatum, sich zu einigen. Bei den Demonstrationen in allen Teilen des Landes kommen bis zu 50 Menschen ums Leben. In der Nacht zum 01. Juli stürmen Demonstranten das Hauptquartier der Moslembrüder in Kairo auf der Mokattam-Anhöhe und verwüsten es. Am 02. Juli tritt Außenminister Mohamed Kamal Amr zurück. Nachdem sein Ultimatum am 03. Juli um 17 Uhr ergebnislos abgelaufen ist, schaltet das Militär sieben islamische Fernsehstationen ab und verhindert das Erscheinen der Zeitung der „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“. Am Abend verkündet Generalstabschef Abdel Fatach Al-Sisi in Anwesenheit des höchsten Repräsentanten der „Al-Azhar-Universität“ Achmad Al-Tayyib Mursis Absetzung. Jetzt sei die Zeit für eine nationale Versöhnung sei gekommen, führt Al-Sisi aus. Mursis Ausreise wird untersagt. Seine Rolle soll vorübergehend der Präsident des Hohen Verfassungsgerichts Adli Mansour übernehmen. Führende Mitglieder der Moslembruderschaft werden festgenommen, darunter ihr Vorsitzender Mohamed Badie in der Nähe zur Grenze zu Libyen. Eine „technokratische“ Übergangsregierung soll mit allen Befugnissen ausgestattet werden. Millionen Ägypter feiern in Kairo und in anderen Städten des Landes die Absetzung Mursis. Die US- Administration und die Bundesregierung hingegen äußern sich zurückhaltend und verweisen auf die Einhaltung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien. Von Athen aus mahnt Außenminister Guido Westerwelle bezeichnet den Sturz Mursis als schweren „Rückschlag für die Demokratie“ und verlangt die die „schnellstmögliche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung“. Am 04. Juli wird der 67 Jahre alte Mansour in einer zwei Minuten währenden Zeremonie in sein Amt als Übergangspräsident eingeführt. Dem Vernehmen nach hat www.reiner-bernstein.de 173 – Chronologie 2013

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine Kabinettskollegen angewiesen, keine Stellungnahmen abzugeben. Der palästinensische Präsident Machmud Abbas bekennt sich zum Umsturz, während ein „Hamas“-Sprecher die tiefen Beziehungen zu Ägypten betont. US-Präsident Barack Obama zeigt sich „tief beunruhigt“ und äußert die Hoffnung, dass das Militär die Macht schnell an eine Zivilregierung übergeben werde. Nach Beratungen im Weißen Haus telefonischen Außenminister John Kerry mit Netanjahu, Verteidigungsminister Chuck Hagel mit seinem israelischen Amtskollegen Moshe Yaalon und die Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates Susan Rice mit Yaacov Amidror, ihrem Amtskollegen in Jerusalem, zwecks Koordinierung ihrer Politik 314 .

In einem ausführlichen Bericht schildert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ die Lage von 25 Ortschaften im Negev, die seit der Gründung Israels nicht als Wohnorte von rund 80.000 Beduinen anerkannt worden sind. Im Zuge eines neuen Gesetzes zur „Regulierung der Beduinensiedlungen im Negev“ sollen zwischen 30.000 und 40.000 in die neue Stadt Tel Sheva umgesiedelt werden. In Städten wie in Rahat würden inzwischen etwa 100.000 Beduinen unter ärmlichen Verhältnissen leben. Die Umsiedlung soll Platz machen für die Ansiedlung jüdischer Israelis 315 .

Juni 2013

30.06.2013:

314 Dazu Anwar E. El Sadat: „Statement after the Deposition of President Mohamed Mursi“ in der Menüleiste „Berichte aus Nahost“ dieser Homepage.

315 Hans-Christian Rößler: Kampf um die Dörfer, in FAZ 01.07.2013, S. 6.

www.reiner-bernstein.de 174 – Chronologie 2013

Nach vier Tagen vergeblicher Bemühungen in Amman, Ramallah und Jerusalem, die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern wieder in Gang zu setzen, reist US-Außenminister John Kerry nach Brunei weiter. Bei einer Pressekonferenz auf dem Flughafen Tel Aviv bemüht sich Kerry dennoch um einen optimistischen Grundton. Aus Ramallah verlautet hingegen, dass künftige Gespräche an den Forderungen nach Einstellung des Siedlungsbaus, nach der prinzipiellen Festlegung der Grenze von 1967 sowie nach Freilassung von 120 palästinensischen Gefangenen gestockt hätten, die der Zeit vor 1993 in Israel im Gefängnis sitzen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigt am 30. Juni vor dem Kabinett an, dass jeder Friedensvertrag dem Volk in einem Referendum vorgelegt werden solle 316 . Auch Präsident Machmud Abbas will dies tun. Nach einem Zeitungsbericht würden 55 Prozent aller Israelis einen Friedensvertrag entweder ganz oder mit Vorbehalten zustimmen, den Netanjahu ausgehandelt hat. 20 Prozent wären strikt dagegen 317 .

In der ersten TV-Ansprache nach seiner Wahl kündigt der neue iranische Präsident Hassan Rouhani einen Kurswechsel in der Außenpolitik auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts an 318 .

29.06.2013: Im Vorfeld des ersten Jahrestages der Amtseinführung von Staatspräsident Mohamed Mursi kommt es in Kairo zu schweren Krawallen, bei denen drei Menschen getötet werden, darunter ein ausländischer Journalist.

316 Vgl. die Eintragung am 22.11.2010 in dieser Zeitleiste.

317 Yossi Verter: Poll: 55% of Israelis say they’re inclined to vote for peace deal, in „Haaretz“ 24.07.2013.

318 Vgl. die Eintragung am 15.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 175 – Chronologie 2013

27.06.2013: Nach Auskunft hochrangiger Politiker, deren Namen anonym bleiben, ist Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bereit, den Rückzug aus mehr als 90 Prozent der Westbank und die Auflösung von Siedlungen durchzusetzen, wenn Israels Sicherheit gewährleistet sei, so auch eine langfristige Militärpräsenz im Jordantal. Netanjahu sei davon überzeugt, wird ein namentlich nicht genannter Minister zitiert, dass die Zwei-Staaten-Lösung für Israel gut sei. Damit Israel nicht in einen binationalen Staat abgleite, sei er auch bereit, eine neue Regierung unter Einbeziehung der Arbeitspartei zu führen 319 . Am heutigen Tag trifft US-Außenminister John Kerry erneut in Jerusalem ein.

26.06.2013: Das Planungsreferat der Jerusalemer Stadtverwaltung gibt den Bau von weiteren 69 Wohneinheiten in der Siedlung „Har Homa (Mauerberg)“ im Süden der Stadt frei. Der Bau geschehe auf Privatböden und werde von einem privaten Bauherrn vorgenommen. In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ kritisiert der Schriftsteller David Grossman scharf, dass die israelischen Behörden eine sechsspurige „monströse“ Autostraße in und um den palästinensischen Ort Beit Safafa, der zum annektierten Teil Jerusalems gehört, bauen und gleichzeitig den 10.000 Bewohnern des Ortes die Zufahrt zu dieser Straße verwehren wollen. Auf diese Weise solle einmal mehr die Westbank in zwei Teile zerrissen werden, schreibt Grossman. Der Autor zeigt sich erstaunt, dass die Bewohner einen ruhigen, zivilisierten Kampf gegen das Projekt führen und sich nicht zu illegalen Aktionen hinreißen lassen. Am 27. Juni soll es eine Anhörung über die Petition der Bewohner vor dem Obersten

319 Barak Ravid: Likud minister: Netanyahu ready to compromise, withdraw from over 90% of West Bank if security concerns [are] met, in „Haaretz“ 27.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 176 – Chronologie 2013

Gerichtshof geben 320 . Am 29. Juni verlautet, dass die israelische Regierung den Ausbau von Har Homa mit erheblichen Mitteln fördern will.

Nach Angaben der von Großbritannien aus tätigen syrischen Beobachtungstelle für Menschenrechte sind seit Beginn der Rebellion gegen das Assad-Regime mehr als 100.000 Menschen ums Leben gekommen.

In einer vom Fernsehen eingespielten Rede im Internationalen Konferenzzentrum Kairos kündigt Staatspräsident Mohamed Mursi den Kampf gegen Schlägertrupps und Terrorismus an. Außerdem sollen zwei Ausschüsse gebildet werden, die Verfassungszusätze erarbeiten und eine Versöhnungsinitiative vorbereiten. Mursi räumt ein, „viele Fehler“ begangen zu haben. Ägyptische Medien halten seine Ausführungen für unglaubwürdig.

25.06.2013: Israelische Medien berichten, dass beim Kongress des „Likud“ am 01. Juli ein weiterer Rechtsruck ein weiterer Rechtsruck der Partei zu erwarten steht. So könnte Benjamin Netanjahu als Vorsitzender durch den stellvertretenden Verteidigungsminister Danny Danon abgelöst werden, während der stellvertretende Außenminister Zeev Elkin die Leitung der Parteiorganisation übernimmt. Netanjahu habe bereits intern auf seine Kandidatur verzichtet, heißt es.

24.06.2013: Die Knesset beschließt den Prawer-Begin-„Wirtschaftsplan“, der innerhalb von fünf Jahren die Zerstörung von mehr als 35 nicht

320 David Grossman: The highway, the village and the road not taken, in „Haaretz “ 26.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 177 – Chronologie 2013 anerkannten Wohnorten mit über 30.000 Beduinen im Negev und ihre Umsiedlung in neu zu errichtende Städte vorsieht sowie das Gelände in das Eigentum des Jüdischen Nationalfonds (JNF) überführen soll. Es ist vorgesehen, 250.000 jüdische Israelis, vorwiegend Einwanderer aus den USA, dort anzusiedeln. Mehrere Autoren, darunter David Grossman, Amos Oz und A.B. Yehoshua, Eyal Meged und Zruya Shalev appellieren an die Regierung in Jerusalem, die von der Vertreibung bedrohten rund tausend Palästinenser in den Süd-Hebron-Bergen zu verhindern. Das drei Quadratkilometer große Gebiet ist für den Truppenübungsplatz („Firing Zone“) 918 vorgesehen. Nach Medienberichten sind 18 Prozent der Westbank von solchen Anlagen besetzt. Nach einem Besuch in der palästinensischen Ortschaft Mufaqara erklärt Shalev, dass sie sich als Israeli schäme.

In dem 300.000 Staatsbürger zählenden Emirat Qatar geht die Herrschaft von Hamad Bin Khalifa Al-Tani auf seinen 33 Jahre alten Sohn Tamim Bin Hamad Al-Thani über. Von dem neuen Regenten werden keine größeren Reformen erwartet, obwohl die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte mehr als zwei Millionen beträgt.

23.06.2013: Bei Kämpfen in der libanesischen Stadt Sidon mit sunnitischen Extremisten werden 17 Soldaten getötet. Am 24. Juni rückt libanesisches Militär in die Stadt ein.

Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler reist mit einer 70-köpfigen Wirtschaftsgruppe zu einem zweitägigen Besuch nach Israel.

22.06.2013: Nach einer Meldung der „Los Angeles Times“ haben die USA ihre Truppenpräsenz in Jordanien auf Wunsch der Regierung in Amman von 250 auf tausend Mann verstärkt. www.reiner-bernstein.de 178 – Chronologie 2013

20.06.2013: Im Interview mit der „Washington Post“ zeigt sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zur sofortigen Wiederaufnahme mit der palästinensischen Autonomiebehörde ohne Vorbedingungen bereit, lehnt aber das Einfrieren der Siedlungstätigkeit erneut ab. Außerdem verlange er [im Zuge eines Vertrages] Sicherheits- und Demilitarisierungsvereinbarungen. Die Palästinenser müssten den jüdischen Staat anerkennen, wie Israel einen palästinensischen Staat anerkennen müsse. Beide Völker würden einen Nationalstaat verdienen. Der palästinensische Staat dürfe kein iranischer Außenposten werden. Der Grund für einen palästinensischen Staat sei nicht der internationale Druck, sondern die Ablehnung eines binationalen Staates 321 .

Unter dem Verdacht der Bestechung, des Diebstahls der Geldwäsche, Vertrauensbruch und anderer Delikte ist das Haus des der aschkenasischen Oberrabbiners Israels Israel Lau durchsucht und Lau mehrere Stunden lang vernommen und anschließend zu einem fünftägigen Hausarrest angehalten worden. Lau darf sein Büro nicht betreten und darf keine Auslandsreise antreten. Außerdem ist ihm der Kontakt zu drei anderen Verdächtigen untersagt. Nach israelischen Presseberichten wird Lau vorgeworfen, mehrere hunderttausend Neue Shekel verpulvert zu haben, die für Wohltätigkeitszwecke bestimmt waren. Am 23. Januar zieht sich Metzger von allen öffentlichen Aufgaben zurück.

19.06.2013:

321 Lally Weymouth: Interview with Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu, in „The Washington Post“ 20.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 179 – Chronologie 2013

Zur Überraschung von Präsident Machmud Abbas hat der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah seinen Rücktritt eingereicht. Grund des Rücktritt soll Abbas‘ Entscheidung gewesen sein, Hamdallah zwei Stellvertreter an die Seite zu stellen, Mohamed Mustafa und Ziad Abu Amr (beide „Fatah“) wodurch seine Amtsautorität geschwächt werde. Nach einem Gespräch zwischen Hamdallah und Abbas am 21. Juni soll der Rücktritt gegenstandslos sein 322 . Am 23. Juni akzeptiert Abbas den Rücktritt Hamdallahs.

18.06.2013: Der russische Außenminister Sergei Lawrow kündigt in einem Interview mit der kuwaitischen Nachrichtenagentur KUNA an, dass der Iran erstmals bereit sei, seine Urananreicherung von 20 Prozent zu stoppen 323 . Im Zuge eines Minimalkonsenses einigen sich die Staats- und Regierungschefs auf dem G8-Gipfel im nordirischen Enniskillen darauf, dass möglichst bald eine Syrien-Konferenz in Genf stattfinden soll, um über eine Übergangsregierung mit Exekutivvollmachten zu entscheiden. Außerdem wurde die Einrichtung einer UN-Untersuchungskommission beschlossen, um Verdachtsmomente zum Giftgaseinsatz in Syrien zu klären 324 . Der britische Premierminister David Cameron erklärt im Anschluss, es sei undenkbar, dass Bashar Assad an der Konferenz in Genf teilnehmen könne. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigt die Aufstockung der deutschen Hilfe für die syrischen Flüchtlinge um 200 Millionen Euro an. Am 19. Juni setzt Karzai die Verhandlungen mit den USA über einen Verteidigungsvertrag nach dem Ende des NATO-geführten Einsatzes 2014 aus, weil er die Sondergespräche Washingtons mit den „Taliban“ ablehnt. Am 19. Juni verwahrt sich die oppositionelle

322 Vgl. die Eintragungen am 02.06. und am 13.-15.06.2013 in dieser Zeitleiste.

323 Vgl. die Eintragung am 15.06.2013 in dieser Zeitleiste.

324 Vgl. die Eintragung am 14.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 180 – Chronologie 2013

„Nationale Koalition“ gegen die Beteiligung Assads in Genf und behält sich alle und damit auch militärische Mittel vor, das Regime zu Fall zu bringen.

Nach einem Bericht des arabischen Nachrichtensenders „Al- Arabiyah“ soll der Sprecher der „Hamas“ die libanesische „Hisbollah“ zum Rückzug seiner Milizen aus Syrien aufgefordert haben, weil das gemeinsame Ziel der Widerstand gegen Israel sein müsse.

In ihrem Vorabbericht kündigt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ die Vorstellung des Berichts des Europäischen Rechnungshofs am heutigen Tag an, worin die Europäische Union für Hilfsprogramme an Ägypten kritisiert wird. Sie hätten zwischen 2007 und 2012 das Regierungshandeln mit der Zusage von 1 Milliarde Euro, die allerdings nicht vollständig ausgezahlt worden seien, nicht effektiv genug verbessert. Auch seien die 17 Millionen Euro für Menschenrechtsprojekte „weitgehend erfolglos“ geblieben, weil sie an Organisationen ausgezahlt worden seien, die Suzanne Mubarak, der Ehefrau von Hosni Mubarak, nahestehen 325 .

Auf Veranlassung des Abgeordneten Nachman Shai (Arbeitspartei) wird in der Knesset ein Arbeitskreis mit dem Ziel gebildet, die verschiedenen Strömungen unter den US- amerikanischen Juden besser zu verstehen und deren Einfluss auf die Ausgestaltung der amerikanisch-israelischen Beziehungen kennenzulernen. Zu der Auftaktveranstaltung sind der frühere amerikanische Botschafter Daniel C. Kurtzer in Ägypten und Israel sowie der ehemalige aus den USA nach Israel eingewanderte Verteidigungs- und Außenminister Moshe Arens eingeladen. Zu den Sorgen im Arbeitskreis gehört die Frage, wie die Hilfe Washingtons für Israel in Höhe von jährlich

325 nbu. [Nicolas Busse]: Rechnungshof kritisiert EU-Hilfsprogramm für Ägypten, in FAZ 18.06.2013, S. 4.

www.reiner-bernstein.de 181 – Chronologie 2013

3 Milliarden US-Dollar gewährleistet werden könne. Am selben Tag veröffentlicht die „Jerusalem Post“ eine Umfrage, nach der 31,9 Prozent der jüdischen Israelis die Regierung in Washington auffordern, die Einstellung der amerikanischen Juden auf den Friedensprozess nicht zu beachten, 33,6 Prozent würden ihre Einstellung in geringem Ausmaß befürworten, während 21,6 Prozent dafür plädieren 326 .

Bei zwei Selbstmordanschlägen im Norden Bagdads werden mindestens 30 Personen getötet.

Nach heftigem Streit, der bisweilen von Kriegsdrohungen begleitet war, verständigen sich Ägypten und Äthiopien darauf, dass die Regierung in Addis Abeba die Wasserzufuhr vom Blauen Nil nach dem Bau des Renaissance-Staudamms garantieren will.

Die afghanischen „Taliban“ errichten unter pakistanischer Vermittlung ein Verbindungsbüro in Doha (Qatar), um Gespräche mit den USA und dem afghanischen „Friedensrat“ unter Führung von Präsident Hamid Karzai anzubahnen. Wie lange Washington danach Gespräche mit der palästinensischen „Hamas“ aus dem Weg geht, steht dahin.

17.06.2013: Der israelische Wirtschaftsminister Naftali Bennett, Vorsitzender der Partei „Das jüdische Haus (haBait haYehudi)“, erklärt vor der Konferenz des Rates der „Siedlungen in Judäa, Samaria und Gaza (YESHA)“, dass er und Finanzminister Yair Lapid nach der Zwei-Staaten-Lösung „nicht verrückt“ seien. Bennett fordert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu der klaren Aussage auf, dass das Land Israel dem Volk Israel gehöre. Der Staat

326 Lahav Harkov: 32% of Israelis believe US Jews should stay out of peace process, in „The Jerusalem Post“ 18.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 182 – Chronologie 2013

müsse „bauen, bauen, bauen“, verlangt Bennett. Am 18. Juni berichtet „Haaretz“ von einem Treffen zwischen Netanjahu und führenden israelischen Geschäftsleuten in der vergangenen Woche und im Anschluss an das Weltwirtschaftsforum am Toten Meer 327 . Dabei hätten sie davor gewarnt, dass ohne die Zwei-Staaten-Lösung die israelische Wirtschaft Schaden nehme. Die ersten Anzeichen seien bereits erkennbar 328 . Am 19. Juni berichtet „Haaretz“, dass sich Abraham Foxman (Direktor der „Anti-Defamation League“), Rick Jacobs (Präsident der „Union for Reform Judaism“) und David Harris (Geschäftsführender Direktor des „American Jewish Committee“) gegen die Erklärung von Bennett bei Netanjahu verwahrt haben. Dass sich die Zwei-Staaten-Lösung erledigt habe, untergrabe die Glaubwürdigkeit der israelischen Regierung 329 .

Beim Treffen mit der EU-Außenbeauftragen Catherine Ashton in Jerusalem soll Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die 27 EU- Außenminister aufgefordert haben, von einer gemeinsamen Nahosterklärung abzusehen, welche den Mauerbau kritisieren und Prinzipien für die Lösung des Konflikts mit den Palästinensern formulieren sollte. Die Außenminister wollen am 23. Juni in Luxemburg zusammenkommen. Während Frankreich und Großbritannien auf die Erklärung drängen würden, seien die deutsche und die italienische Regierung gegen sie. Ashton selbst soll darauf verwiesen haben, dass Europa die Bemühungen von US- Außenminister John Kerry anerkennen solle.

327 Vgl. die Eintragung am 26.05.2013 in dieser Zeitleiste.

328 Barak Ravid: Top businessmen warn Netanyahu: Stalled peace process will ruin Israel’s economy, in „Haaretz“ 18.06.2013.

329 Danna Harman and Andrew Esensten [Eisenstein]: American Jewish leaders: Netanyahu should disown ‚irresponsible’ statements against two- state solution, in „Haaretz” 19.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 183 – Chronologie 2013

Bei einem Treffen am Abend mit dem Vorsitzenden des Politischen Büros von „Hamas“ Khaled Mashal fordert Ägyptens Präsident Mohamed Mursi in Kairo „Hamas“ und „Fatah“ zur Versöhnung auf.

16.06.2013: Der deutsche Botschafter in Israel Andreas Michaelis verwahrt sich gegen den in der „Jerusalem Post“ erhobenen Vorwurf, Deutschland sei mit der EU-Richtlinie zur Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen aus den jüdischen Siedlungen der palästinensischen Gebiete in seine dunkelste Vergangenheit zurückgekehrt. Unter Verweis auf die Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und Israel, das eine steuerliche Vorzugsbehandlung von Produkten jenseits der Grünen Linie ausschließe, fragt Michaelis, ob die Bundesregierung plötzlich eine revisionistische Politik gegenüber Israel betreiben und den jüdischen Staat betrügen solle. Habe Deutschland in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gegenüber Israel und die jüdischen Gemeinden in aller Welt nicht äußerstem Respekt und Sympathie bewiesen? Die Einhaltung der Vorgaben des Assoziierungsabkommens habe nicht mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt zu tun, sondern mit der korrekten Kennzeichnung von Produkten 330 .

Die Proteste der türkischen Bevölkerung gegen das autokratische Regime des Ministerpräsidenten Recep Tayyib Erdo ğan haben sich auf das ganze Land ausgebreitet. Im Interview mit der ARD beklagt die Vorsitzende von „Bündnis 90/Die Grünen“ Claudia Roth von Istanbul aus, dass die Bundesregierung untätig bleibe. Im Interview mit dem ZDF bezeichnet Außenminister Guido Westerwelle die Kritik als parteipolitisch motiviert und erklärt, dass die Bundesregierung die Regierung in Ankara zur politischen Vernunft anhalte. In der Nacht

330 Andreas Michaelis: The need to distinguish between fabrication and fact, in „The Jerusalem Post” 16.06.2013. Vgl. die Eintragung am 16.07.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 184 – Chronologie 2013

zum 17. Juni kommt es in Istanbul und anderen Städten erneut zu schweren Auseinandersetzungen. Am Abend organisiert Erdo ğans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP)“ in Istanbul eine große Sympathiekundgebung, an der 250.000 Menschen teilgenommen haben sollen. Für den 17. Juni haben zwei große Gewerkschaften zu einem eintägigen Streik aufgerufen. Am 17. Juni droht der Innenminister Muammer Gülen mit dem Einsatz des Militärs gegen die Demonstranten. Wer zur Teilnahme an den Protesten aufrufe und an ihnen teilnehme, habe mit juristischen Konsequenzen zu rechnen, droht Gülen. Bundeskanzlerin Angela Merkel distanziert sich am selben Tag vom Vorgehen der türkischen Regierung mit den Worten, was im Augenblick dort vorgehe, „entspricht nicht unseren Vorstellungen von Freiheit der Demonstration und Freiheit der Meinungsäußerung“. Am Abend flauen die Proteste ab. Die Bundesregierung blockiert die Fortsetzung der Verhandlungen mit der Türkei über einen Beitritt des Landes zur Europäischen Union. In der Nacht zum 23. Juni löst die Istanbuler Polizei eine Demonstration von zehntausenden Türken auf dem Taksim-Platz gewaltsam auf. Im Interview mit dem ZDF erklärt Westerwelle am 23. Juni, dass die Bundesregierung aus strategischen Gründen – die Türkei gehört der NATO an – am Dialog mit der Regierung in Ankara festhalten wolle. Weitere Diskussionen dazu werde es auf der EU-Außenministertagung am 24. Juni in Luxemburg geben.

Ägyptens Präsident Mohamed Mursi ernennt 17 neue Provinzgouverneure, von denen 7 der Moslembruderschaft angehören. In Luxor, im Süden des Landes, kommt es zu Protesten gegen die Absetzung des bisherigen Gouverneurs und die Installierung von Adel Al-Khayat. Am 19. Juni erklärt koptische Tourismusminister Hisham Zaazou seinen Rücktritt, weil er den Tourismus nicht fördern könne, wenn ein Mitglied der Moslembruderschaft die Provinz regiere. Aufgrund des öffentlichen Drucks gibt Al-Khayat am 23. Juni seinen Rücktritt bekannt – einen www.reiner-bernstein.de 185 – Chronologie 2013

Tag vor dem Jahrestag des Amtsantritts von Mursi 2011. Zaazou kehrt in sein Amt zurück.

Die israelischen und palästinensischen Finanzminister Yair Lapid und Shukri Bishara nehmen in Jerusalem einen neuen Anlauf zur Verbesserung der wirtschaftlichen Kooperation.

15.06.2013: Nach Auszählung der Stimmen vom Wahltag am 14. Juni gibt die Wahlkommission in Teheran bekannt, dass sich der als gemäßigt geltende Theologe, Politikwissenschaftler und Jurist (Stationen Qom und Glasgow) Hassan Rouhani gegen die anderen fünf Bewerber durchgesetzt und mit knapp 50,7 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit erreicht hat und somit Nachfolger des bisherigen Staatspräsidenten Machmud Achmadinedjad wird; die Wahlbeteiligung lag mit 72 Prozent der rund 18 Millionen Wahlberechtigten hoch, besonders viele Frauen gingen zu den Urnen. Im Wahlkampf hatte der 64-jährige Rouhani mehr Meinungs- und Pressefreiheit zugesagt und sich für eine Öffnung Irans gegenüber dem Ausland eingesetzt. Beobachter fürchten Interventionen des Geistlichen Wächterrates unter Führung von Ayatollah Ali Chamenei gegen den neuen Präsidenten. Dies sei die demokratischste Wahl in der Welt gewesen, behauptet der frühere Staatspräsident Akbar Hashemi Rafsandjani. In einer ersten Reaktion aus dem Ausland behauptet Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass trotz des Wahlausgangs Iran immer Iran bleibe. Dagegen gratuliert der Generalsekretär der „Hisbollah“ Sheikh Hassan Nasrallah dem Wahlsieger und ruft den Allmächtigen an, Rouhani zu segnen. Der russische Präsident Wladimir Putin drückt am 16. Juni die Hoffnung auf engere Beziehungen zu Teheran aus. Rouhani selbst fordert das Ausland zum Respekt gegenüber dem Iran auf. In einer Erklärung am 18. Juni betont Netanjahu, dass Israel auf der vollständigen Einstellung des www.reiner-bernstein.de 186 – Chronologie 2013

iranischen Nuklearprogramms und auf der Schließung der damit befassten Institute bestehe.

14.06.2013: US-Präsident Barack Obama kündigt Überlegungen an, die syrische Opposition mit leichten Waffen und Munition zu versorgen, nachdem – wie die CIA herausgefunden haben will – bei Giftgasangriffen des Regimes bis zu 150 Menschen getötet worden seien. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der russischen „Duma“ Alexej Puschkow bezeichnet Obamas Behauptung als abwegig; ähnlich äußert sich Wladimir Putins Sprecher Juri Uschakow. Bundesaußenminister Guido Westerwelle wiederholt vor dem Bundestag die Ablehnung deutscher Waffenlieferungen und drückt die Hoffnung aus, dass die angekündigten US-Lieferungen nicht in falsche Hände fallen. Auf dem G-8-Gipfel am 17. und 18. Juni im nordirischen Enniskillen werden harte Auseinandersetzungen mit Russland erwartet. Am 15. Juni verkündet Ägyptens Staatspräsident Mohamed Mursi den Abbruch der Beziehungen zu Syrien, indem er das Regime Bashar Assads des „Völkermords“ bezichtigt, verfügt die Schließung der syrischen Botschaft in Kairo und zieht das ägyptische Botschaftspersonal aus Damaskus zurück, verspricht die Unterstützung der syrischen Opposition und verlangt die Einrichtung einer Flugverbotszone über das Land.

Nach einer Zusammenkunft mit Vertretern der Demonstranten auf dem Istanbuler Taksim-Platz lässt Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo ğan erstmals Kompromissbereitschaft erkennen. Sie werden in der Protestbewegung überwiegend negativ aufgenommen. Am 15. Juni finden die Demonstrationen ihre Fortsetzung 331 . Am Abend des 15. Juni stürmt die Polizei den Platz, wobei nach Angaben von

331 Vgl. die Eintragung am 06.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 187 – Chronologie 2013

Demonstranten mehrere hundert Menschen zum Teil schwer verletzt worden sein sollen.

Im Interview mit der „Washington Times“ bezeichnet Israels Staatspräsident Shimon Peres den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas als einen hundertprozentigen Partner für den Frieden. Der israelisch-palästinensische Konflikt sei ebenfalls zu 100 Prozent lösbar. Auch dem „arabischen Frieden“ gewinnt Peres positive Seiten ab, denn von den 350 Millionen Arabern seien 99 Millionen ans Internet angeschlossen. Das iPhone beeinflusse die Lage im Nahen Osten mehr als eine Erklärung Russlands oder Amerikas 332 .

13.-15.06.2013: Eine repräsentative Umfrage des „Palestinian Center for Policy and Survey Research(PSR)“ in Ramallah unter Leitung von Khalil Shikaki zwischen dem 13. und 15. Juni stellt fest, dass 49 Prozent der Befragten die Kritik des aus dem Amt geschiedenen Ministerpräsidenten Salam Fayyad an der palästinensischen Führung mit Präsident Machmud Abbas an der Spitze zustimmen 333 . Gleichzeitig jedoch unterstützen 59 Prozent die Ernennung von Rami Hamdallah als Fayyads Nachfolger 334 . Außerdem sprechen sich 40 Prozent der Befragten jetzt und in der Zukunft gegen eine Konföderation mit Jordanien aus, während 31 Prozent sie nach dem Ende der israelischen Besatzung unterstützen 335 .

332 Vgl. die Eintragung am 06.06.2013 in dieser Zeitleiste.

333 Lally Weymouth: Interview with Israeli President Shimon Peres, „The Washington Post“ 14.06.2013.

334 Vgl. die Eintragungen am 06.06. und am 02.06.2013 in dieser Zeitleiste.

335 Palestinian Center for Policy and Survey Research: Palestinian Public Opinion Poll # 48, 13.-15.06.213.

www.reiner-bernstein.de 188 – Chronologie 2013

13.06.2013: Nach einer Mitteilung der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay nähert sich die Zahl der Toten in Syrien der Marke von 93.000. Rund 840 Syrer sollen allein an diesem Tag nach Jordanien geflohen sein, als es zu Scharmützeln zwischen „Hisbollah“-Milizionären und bewaffneten Angehörigen der syrischen Opposition kam. Am 16. Juni sagt Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel bei einem Besuch in einem Flüchtlingslager im Süden der Türkei weitere deutsche Hilfen in Höhe von 25 Millionen Euro zu.

Trotz der Bemühungen von US-Außenminister John Kerry setzt die israelische Regierung den Siedlungsausbau in der Westbank fort, diesmal in Itamar in der Nähe von Nablus. Dort sollen zu den 130 bestehenden weitere 537 Wohneinheiten kommen. Die Erweiterung habe der damalige Verteidigungsminister Ehud Barak gebilligt 336 . Bau- und Wohnungsbauminister Uri Ariel beschwert sich in einem Interview mit dem Armeerundfunk, dass für Ost-Jerusalem die Veröffentlichung genehmigter neuer Ausschreibungen nicht erfolgt sei, und weigert sich, weitere Fragen zu beantworten. Stattdessen fordert er dazu auf, das Büro des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu unter der Rufnummer 02-670-5511 anzurufen337 .

Der Bundestag beschließt mit den Stimmen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und „Bündnis 90/Die Grünen“ eine Resolution, in der „vor einem erheblichen Antisemitismus“ in Deutschland gewarnt und die „Erinnerungskultur (…) ein wichtiger Bestandteil in der Auseinandersetzung mit heutigen Formen des Antisemitismus“

336 Chaim Levinson: Despite U.S. peace push, Israel pursuing expansion of West Bank settlement, in „Haaretz” 12.06.2013.

337 Tovah Lazaroff: PM Netanyahu building freeze in Jerusalem since January, in „The Jerusalem Post” 13.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 189 – Chronologie 2013 betont wird. Gleichzeitig wiederholt die Resolution das Bekenntnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel Mitte März 2008 vor der Knesset, dass die „Solidarität mit Israel ein integraler Teil der deutschen Staatsräson“ ist. Im operativen Teil, der sich an die Bundesregierung wendet, wird eine neue Kommission mit unabhängigen Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis verlangt. In ihrem Aufgabenteil findet die „Staatsräson“-Komponente keinen Niederschlag. Die Fraktion „Die Linke“ enthält bei der Abstimmung der Stimme 338 .

12.06.2013: In seinem regelmäßigen Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt Volker Perthes, Direktor der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ in Berlin, dass Saudi-Arabien „in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren einen zumindest turbulenten Veränderungsprozess durchlaufen“ werde. „Die heutigen politischen und sozio- ökonomischen Verhältnisse des Landes sind nicht mehr zukunftstauglich. Offen ist allerdings, ob sie sich auf dem Weg zielgerichteter Reformen verändern lassen oder letztlich durch den Aufstand marginalisierter Gruppen gesprengt werden. Jordanien steht unter dem dreifachen Druck unerfüllter Reformerwartungen aus dem eigenen Land, des Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien und des ungelösten israelisch-palästinensischen Konflikts. Israel könnte in einer ironischen Wendung der Geschichte nach und nach als jüdischer Staat akzeptiert werden, wenn auch andere Staaten und Gebietseinheiten im Nahen Osten sich durch religiös-konfessionelle Zugehörigkeiten definieren 339 .“

In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ berichtet Joseph Croitoru über eine von Reuven Gal herausgegebene

338 „Antisemitismus entschlossen bekämpfen, jüdisches Leben in Deutschland weiterhin nachhaltig fördern, Drucksache 17/138885 vom 11.06.2013. Vgl. die Eintragung am 16.-18.03.2008 in dieser Zeitleiste.

339 Volker Perthes: Ein Somalia am Mittelmeer, in SZ 12.06.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 190 – Chronologie 2013

Untersuchung, wonach die Zahl der nationalreligiösen Siedler in den Kampfeinheiten des Militärs und im Offizierskorps kontinuierlich gestiegen sei, so dass befürchtet werde, sie würden darauf hinarbeiten, irgendwann die Armee zu kontrollieren 340 .

Österreich beginnt mit dem Abzug seiner UNDOF-Einheiten von den Golanhöhen 341 . UN-Generalsekretär Ban ki-Moon verlangt die Aufstockung der Friedenstruppe auf 1.250 Personen. Außerdem fordert er Israel und Syrien auf, die Waffenruhe auf den Golanhöhen einzuhalten. Nach Informationen der „New York Times“ hat die israelische Regierung in der vergangenen Woche bei einem Dutzend Staaten nachgefragt, ob sie Soldaten zu stellen bereit seien, doch keine habe sich zustimmen geäußert 342 .

11.06.2013: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu untersagt den zu seiner „Likud“-Partei gehörenden Ministern, sich an einer Initiative zur Etablierung einer Siedlungslobby in der Knesset zu beteiligen 343 .

„Haaretz“ berichtet über die Empörung im Jerusalemer Auswärtigen Amt, dass seine Beamten von der Vorbereitung und Gestaltung der internationalen Politik des Landes von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der nach dem Rückzug Avigdor Liebermans auch das Außenministerium leitet, und

340 Joseph Croitoru: Neue Elite mit Kippa in der Armee, in FAZ 12.06.2013, S. N 3.

341 Vgl. die Eintragung am 06.06.2013 in dieser Zeitleiste.

342 Rick Gladstone and Jodi Rudoren: U.N. Leader Urgently Seeks More Golan Peacekeepers, in NYT 12.06.2013.

343 Chaim Levinson: Netanyahu forbids Likud ministers from attending launch of Knesset pro-settlement caucus, in „Haaretz” 12.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 191 – Chronologie 2013 seinen persönlichen Beratern und Beauftragen systematisch ferngehalten werden. Das gelte auch für die Beziehungen zu den USA. Andere zentrale Aufgaben einschließlich der dafür vorgesehenen Haushaltstitel von vielen Millionen Neuen Shekel seien an das Ministerium für Strategische Sicherheit und die Geheimdienste unter dem mit ihm – Netanjahu - befreundeten Yuval Steinitz übertragen worden. Die Einstellung des Ministerpräsidenten gegenüber dem Auswärtigen Amt bestehe in einer Kombination aus Verachtung, mangelndem Respekt und Misstrauen. Die Zeitung macht aber auch die Diplomaten für ihren Bedeutungsverlust verantwortlich: Sie würden politische Mittelmäßigkeit fördern und Kreativität unterdrücken 344 .

In einem Bericht des „Economist“ fällt der Libanon beim weltweiten „Friedens“-Ranking auf Platz 142 zurück. Die Liste umfasst gegenwärtig 162 Staaten.

08.06.2013: In Tel Aviv stirbt der 1930 ebenfalls in Tel Aviv geborene Schriftsteller Yoram Kaniuk. Da er mit einer Christin verheiratet war, verlangte er für seine beiden Töchter die Eintragung „ohne Bekenntnis“ in Register des Innenministeriums. Die Kombination jüdisch und demokratisch für Israel funktioniere nicht. In Kairo wird der Prozess gegen den früheren Präsidenten Hosni Mubarak und seinen Innenminister Habib Al-Adli fortgesetzt 345 .

09.06.2013:

344 Barak Ravid: From Turkey reconciliation to Palestinian talks: How Netanyahu made the Foreign Ministry obsolete, in „Haaretz“ 11.06.2013.

345 Vgl. die Eintragung am 13.01.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 192 – Chronologie 2013

Der Streitkräfteausschuss des US-Repräsentantenhauses bewilligt 488 Millionen US-Dollar für Israel zum Kauf von Raketen- und Flugabwehrsystemen.

06.06.2013: Aufgrund der anhaltenden Proteste in der Türkei will Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo ğan vorzeitig von seinen Besuchen in Nordafrika zurückkehren. In einer Pressekonferenz in Tunis hält er den Bauplänen im Gezi-Park am Taksim-Platz fest, wo der Nachbau einer osmanischen Kaserne geplant ist, und bezeichnet einen Teil der Demonstranten als Terroristen. Am 04. Juni hatte Staatspräsident Abdullah Gül dagegen Verständnis für die Proteste geäußert 346 . Am 09. Juni halten die Proteste unvermindert an. Erneut geht die Polizei mit Brutalität vor. Erdo ğan bezeichnet die Demonstranten als Vandalen und Gesindel und fordert die Bevölkerung auf, ihnen bei den nächsten Wahlen die Quittung zu geben. Am 11. Juni geht die Polizei in Istanbul mit Wasserwerfen und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor, die mit Steinen und „Molotow-Cocktails“ antworten. Erdo ğan droht ihnen im Parlament mit dem „Ende der Toleranz“. Bisher sind 4 Tote gemeldet. Am 12. Juni lehnen der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten im Europäischen Parlament Hannes Swoboda und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments Elmar Brok die Fortsetzung der türkischen Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Das Parlament zeigt sich in einer Resolution „tief besorgt“. Ähnlich äußert sich Außenminister Guido Westerwelle vor dem Bundestag. Am 13. Juni verbittet sich Erdo ğan europäische Einmischungen und kündigt an, den Gezi-Park zu „säubern“. Die Zahl der Toten ist auf 5 gestiegen.

346 Vgl. die Eintragung am 01.06.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 193 – Chronologie 2013

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann kündigt den Abzug der 377 auf den Golanhöhen stationierten Soldaten der „UN Disengagement Observer Force (UNDOF)“ – beschlossen vom UN- Sicherheitsrat am 31. Mai 1974 in der Resolution 350, um die Vereinbarungen des israelisch-syrischen Entflechtungsabkommens vom selben Tag zu gewährleisten – an, um deren Sicherheit bei Schusswechseln zwischen der syrischen Opposition und Assad- Truppen nicht zu gefährden 347 . Am 07. Juni verurteilt der UN- Sicherheitsrat die Kämpfe und fordert beide Parteien auf, mit der UN- Mission auf den Golan-Höhen zusammenzuarbeiten und die Sicherheit der Blauhelme zu gewährleisten. Ebenfalls am 07. Juni bietet Russlands Präsident Wladimir Putin an, das österreichische Kontingent zu ersetzen. UN-Generalsekretär Ban ki-Moon weist das Angebot zurück. An den nur leicht bewaffneten Blauhelm-Soldaten mit ihrer Soll-Stärke von 1047 Mann beteiligen sich die Philippinen mit 341 und Indien mit 193 Soldaten.

Präsident Machmud Abbas vereidigt die neue palästinensische Regierung unter Rami Hamdallah. Ihr gehören neben ihm 22 Minister, darunter 3 Frauen, an. Außenminister bleibt Riyad Al- Malki 348 .

Die „Jerusalem Post“ berichtet, dass nach einer vor ihr in Auftrag gegebenen Umfrage 74 Prozent der jüdischen Israelis – von denen sich 50 Prozent als säkular, 21 Prozent als religiös oder ultraorthodox und 29 Prozent als religiös-konservativ bezeichnen – die Etablierung einer palästinensischen Hauptstadt in irgendeinem Teil Jerusalems ablehnen, obwohl 72 Prozent die Stadt in einem funktionalen Sinn für geteilt halten. 15 Prozent der Befragten würden eine politische Teilung Jerusalems durch den Verzicht auf einige Stadtteile im Osten

347 Vgl. die Eintragung am 28.05.2012 in dieser Zeitleiste.

348 Vgl. die Eintragung am 02.06.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 194 – Chronologie 2013

unterstützen und sich 67 Prozent für eine Zwei-Staaten-Lösung aussprechen 349 .

05.06.2013: US-Präsident Barack Obama ernennt die bisherige Botschafterin bei den Vereinten Nationen Susan Rice zu seiner neuen Sicherheitsberaterin. Sie löst Tom Danilon ab. Neue UN- Botschafterin soll die 42 Jahre alte Samantha Power werden, die bis vor kurzem im Nationalen Sicherheitsrat für Menschenrechtsfragen zuständig war. Am 16. Juni berichtet „Haaretz“, dass in Washington ein Anruf aus Jerusalem erwartet worden sei, der sich wie in den vergangenen fünf Amtsjahren Obamas gegen die Bestellung Powers aussprechen werde. Das Blatt zitiert dazu den Präsidenten der „Zionist Organization of America“ Morton Klein mit den Worten, dass Power von Grund auf feindlich gegen Israel („viscerally hostile to Israel“) gesinnt sei. Zum Erstaunen der Administration sei jedoch das Telefonat aus Jerusalem ausgeblieben. Stattdessen habe Israels Botschafter in den USA Michael Oren in einem Interview mit der Internet-Plattform der „New York Times“ seine Zufriedenheit zum Ausdruck gebracht – für sich gesehen, ein ungewöhnlicher Vorgang. Nach seinem Amtsantritt war Power von Obama mit verschiedenen Aufgaben im Weißen Haus betraut worden, die ihr in jüdischen und israelischen Kreisen Hochachtung eintrugen 350 .

„Haaretz“ druckt den erweiterten Bericht von Benjamin Weinthal aus der „Jerusalem Post“ vom 22. Mai zur Kleinen Anfrage der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ zur Kennzeichnung von

349 Tovah Lazaroff: Poll: 74% of Jewish Israelis view J’lem as divided, in „The Jerusalem Post“ 06.06.2013.

350 Barak Ravid: Samantha Power, Israel’s unlikely line of defense, in „Haaretz” 16.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 195 – Chronologie 2013

Produkten aus den jüdischen Siedlungen der Westbank nach 351 , die zollvergünstigt für den europäischen Markt bestimmt sind. Dieser Kleinen Anfrage, so Weinthal, habe sich die Bundesregierung gebeugt. Der Autor scheut sich nicht, die „Grünen“ des Antizionismus zu beschuldigen, der seit 1983 belegt und von Hans-Christian Ströbele während des zweiten Golfkrieges 1991 bestätigt worden sei. In Ströbeles Fußstapfen sei nun Kerstin Müller getreten, die Ende 2013 die Leitung der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv antreten solle 352 . In der Online- Ausgabe der „Zeit“ begrüßt der frühere Generaldirektor im Auswärtigen Amt in Jerusalem und Botschafter in Südafrika Alon Liel am 06. Juni die Kleine Anfrage der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“. Nun liege es an der Bundesregierung, den Worten ihrer Antwort auf die Anfrage „Taten folgen zu lassen und insbesondere die laufenden Bemühungen der EU um einen gemeinsamen und einheitlichen Ansatz zur Unterscheidung zwischen israelischen Produkten und solchen aus Westjordanland-Siedlungen zu unterstützen. Das wäre ein notwendiger und bedeutender Schritt in Richtung Frieden.“ Liel fährt fort: „Wahre Freunde Israels wissen, dass Israel keine demokratische Zukunft ohne die Zweistaatenlösung hat 353 .

04.06.2013: Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gibt die Absicht bekannt, 500 arabische Lehrer in jüdischen Schulen zu beschäftigen, denen es an Lehrkräften mangelt.

In einer Video-Konferenz aus Jerusalem, Washington und Brüssel erklären Parlamentarier aus Israel, den USA und Europa ihre

351 Vgl. die Eintragung am 22.05.2012 in dieser Zeitleiste.

352 Benjamin Weinthal: Germany’s gift to BDS: The slippery slope of labeling Israelis products, in „Haaretz” 05.06.2013.

353 Alon Liel: Israels wahre Freunde, in „Zeit-Online” 06.06.2013.

www.reiner-bernstein.de 196 – Chronologie 2013

Unterstützung für die Annexion des Ostteils Jerusalems nach dem Junikrieg 1967. Organisiert wird die Botschaft vom „Knesset Christian Allies Caucus“ und von der „Israel Allies Foundation“, die unter der Leitung des früheren Tourismusministers Benny Elon steht. Seine äußerst rechts stehende Partei „Nationale Union“ war bei den Wahlen am 22. Januar mit der neuen Partei „Das jüdische Haus (haBait haYehudi)“ von Naftali Bennett fusioniert 354 .

Die vom UN-Menschenrechtsrat berufene Syrien-Konferenz in Genf sieht hinlängliche Gründe für den zumindest viermaligen Einsatz chemischer Substanzen im Bürgerkrieg. Der französische Außenminister Laurent Fabius erklärt in Paris, dass das Nervengas Sarin eingesetzt worden sei. Am 05. Juni bestätigt die britische Regierung Meldungen über den Einsatz von Nervengas 355 . Auf dem Europa-Russland-Gipfel in Jekaterinburg bestätigt Staatspräsident Wladimir Putin, dass Russland bisher keine S-300-Raketen nach Syrien geliefert habe, um – so betont er – das militärische Gleichgewicht in der Region nicht zu gefährden 356 . Gleichzeitig äußert sich Putin kritisch darüber, dass die Europäische Union ihr bisheriges Embargo, an die syrische Opposition keine Waffen zu liefern, aufgeweicht habe.

Der Strafgerichtshof in Kairo verurteilt 43 ausländische Mitarbeiter politischer Stiftungen in Abwesenheit (nur ein US-Staatsbürger befindet sich gegenwärtig in Ägypten) zu Gefängnisstrafen zwischen 2 und 5 Jahren wegen angeblich illegaler Tätigkeit und Fremdfinanzierung. Zu den 23 Verurteilten gehören der damalige Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Andreas Jacobs und seine Stellvertreterin Christiane Baade. Das Vermögen der NGO’s wird

354 Vorbericht von Gil Hoffman: US, Israeli, EU lawmakers to call for united J’lem, in „The Jerusalem Post“ 03.06.2013.

355 Vgl. die Eintragung am 01.06.2013 in dieser Zeitleiste.

356 Vgl. die Eintragung am 30.05.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 197 – Chronologie 2013 eingezogen. Gegen die Urteile ist Berufung möglich. Der Vorsitzende der Stiftung Hans-Georg Pöttering bezeichnet die Urteile als absurd. Der Geschäftsträger der ägyptischen Botschaft in Berlin Hisham Seif El-Din wird ins Ausgewärtige Amt einbestellt. Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht am 05. Juni von einer schweren Belastung der deutsch-ägyptischen Beziehungen 357 .

Nach Berichten der BBC nutzen kurz vor den Wahlen am 14. Juni Tausende Menschen in Isfahan bei der Beerdigung eines hohen schiitischen Geistlichen die Gelegenheit, um gegen die Regierenden in Teheran zu demonstrieren. Zu den Parolen gehören Rufe wie „Tod dem Diktator“, gerichtet an die Adresse von Ayatollah Ali Khamenei, dem geistlichen Führer der islamischen Revolution.

03.06.2013: In einer aufsehenerregenden Rede vor dem „American Jewish Committee“ betont US-Außenminister John Kerry, dass die nächsten Tage „diktieren“ würden, ob die Zwei-Staaten-Lösung noch eine Chance habe. „Wenn wir jetzt keinen ErfoIg haben, dürften wir keine zweite Chance haben.“ Dann werde die „heimtückische Kampagne zur Delegitimierung Israels“ an Fahrt gewinnen. In den vergangenen 30 Jahren habe er alle Argumente gehört, warum die Beendigung des Konflikts so schwer sei. Ohne seine Regelung müsse sich Israel zwischen einem jüdischen und einem demokratischen Staat entscheiden. Kerry wiederholt die unverbrüchliche Verpflichtung für Israels Sicherheit, fügt jedoch an, dass diejenigen sich etwas vormachen, die glauben, dass der Sicherheitszaun dafür sorge. Er betont, dass die Hilfe zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Westbank, die er auf dem Weltwirtschaftsforum in Genf

357 Vgl. die Eintragungen am 29.12.2011 sowie am 04.01., 29.01., 05.02., 07.02., 18.02., 26.02. und 01.03.2011 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 198 – Chronologie 2013

ankündigte, kein Ersatz für den Frieden sei 358 . Am 04. Juni beklagen sich Repräsentanten der Siedler bei Bau- und Wohnungsbauminister Uri Ariel („Das jüdische Haus“), das Ausschreibungen für den Wohnungsbau in Siedlungen der Westbank zurückgehalten würden.

Gegen den Widerstand von Staatspräsident Michel Suleiman beschließt das libanesische Parlament mit 97 der 128 Stimmen die Verschiebung der Wahlen auf November 2014. Nach den bisherigen Planungen sollten sie Mitte Juni 2013 stattfinden.

Stefan Füle, in der Europäischen Kommission für die Erweiterung und für Nachbarschaftsprogramme zuständig, überreicht in Amman dem jordanischen König Abdullah II. einen Scheck über 50 Millionen Euro für die Bewältigung der Aufgaben, die durch die Flut der syrischen Flüchtlinge entstanden sind.

02.06.2013: Der palästinensische Präsident Machmud Abbas ernennt den 54 Jahre alten Linguisten Rami Hamdallah („Abu Walid“) als Nachfolger von Salam Fayyad, am 13. April zurückgetreten war. Hamdallah gehört nicht zu „Fatah“ und stammt aus Tulkarem. Er wurde an den britischen Universitäten Manchester und Lancaster ausgebildet und leitete als Präsident bisher die „An- Najah National University” in Nablus, wohin er schon im Sommer zurückkehren will. Die meisten bisherigen Minister sollen im Amt bleiben. Die im Gazastreifen regierende „Hamas“ distanziert sich von dem neuen Regierungschef – womit die

358 Text der Rede Kerrys in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ dieser Homepage. Vgl. auch die Eintragung am 26.05.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 199 – Chronologie 2013

Bemühungen um einen Ausgleich zwischen beiden Lagern sinken 359 .

„Haaretz“ berichtet, dass auf Veranlassung der israelischen „Bewegung für Informationsfreiheit“ bestätigt worden ist, dass die Zahl der Israelis mit Diplomatenpass ungewöhnlich stark zugenommen habe. Während das Außenministerium dazu betont, dass ein Diplomatenpass dem Träger keine Immunität vor Strafverfolgung verleihe, führt der Bericht selbst aus, dass sie ihm nicht nur Erleichterungen bei der Einreise in viele Staaten gewähren, sondern ihm auch gemäß der Genfer Konvention für diplomatische Beziehungen davor schützen, festgehalten und verurteilt zu werden, wenn er ein Verbrechen begangen hat. Nach Angaben des Außenministeriums sind folgende Personengruppen berechtigt, einen Diplomatenpass zu tragen: hochrangige Repräsentanten des Staates, mit wichtigen Missionen Beauftragte, die für die nationale Sicherheit Verantwortung tragen, und Knesset-Abgeordnete 360 . Am 04. Juni bestätigt Barak Ravid in „Haaretz“, dass ein Diplomatenpass keine Immunität garantiert, und berichtet, dass der frühere Ministerpräsident und Verteidigungsminister Ehud Barak sich vergeblich beim Auswärtigen Amt darum bemüht habe, für sich und für seine Frau angesichts der bevorstehenden Reise nach Russland einen Diplomatenpass zu erhalten 361 .

Das ägyptische Verfassungsgericht entscheidet, dass die Zusammensetzung des parlamentarischen Oberhauses („Shura- Rat“) verfassungswidrig sei. Gleichzeitig räumte er den Abgeordneten das Recht ein, bis zur Neuwahl Gesetze verabschieden zu dürfen. Der Vorsitzende der Reform- und Entwicklungspartei Anwar Al-Sadat, ein Neffe des 1982 ermordeten

359 Vgl. die Eintragung am 15.05.2013 in dieser Zeitleiste.

360 Ronny Linder-Ganz: Joining Israel’s exclusive club of diplomatic passport holders, in „Haaretz” 02.06.2013.

361 Barak Ravid: Foreign Ministry strike leaves would-be diplomatic travelers like Ehud Barak stranded, in „Haaretz” 04.06.2013. www.reiner-bernstein.de 200 – Chronologie 2013

Staatspräsidenten, zeigt sich irritiert, dass ein Parlament zur Auflösung gezwungen sei, aber bis dahin gesetzestechnisch tätig sein könne.

01.06.2013: Russland blockiert im UN-Sicherheitsrat eine Erklärung, in der die „tiefe Sorge über die Lage in [der syrischen Stadt] Al- Qusair“ an der libanesischen Grenze zum Ausdruck gebracht werden sollte. In der 30.000 Bewohner zählenden Stadt wüten seit zwei Wochen heftige Kämpfe. Am 05. Juni nimmt die syrische Armee unter Beteiligung von Angehörigen der „Hisbollah“ Qusair ein.

„Arte“ berichtet aus einem Beiruter Krankenhaus von syrischen Patienten, die in an den Folgen des Giftgaseinsatzes seitens des Assad-Regimes schwer verletzt wurden. Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Linkspartei im Bundestag, bezweifelt den Einsatz von Biowaffen, solange die Beweiskette nicht vollständig sei.

Die Proteste im europäischen Teil Istanbuls, die zaghaft am 27. Mai gegen die Entwurzelung von Bäumen auf dem Taksim-Platz zugunsten eines neuen Einkaufszentrums begannen, gegen das autoritäre Regime von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo ğan halten an. Die Polizei geht mit brutaler Gewalt gegen die Demonstranten vor. Am 02. Juni breiten sich die Proteste wie ein Flächenbrand auf andere Städte aus, auch auf die Hauptstadt Ankara und auf Touristenhochburgen. Immer häufiger ertönt die Forderung nach dem Rücktritt Erdo ğans, der sich mit der Behauptung wehrt, er diene allein dem Volk. In seiner Pressekonferenz am 03. Juni macht Erdo ğan radikale Kräfte für die Proteste verantwortlich und nimmt zu Verschwörungstheorien Zuflucht – der Geheimdienst werde prüfen, ob die Demonstranten www.reiner-bernstein.de 201 – Chronologie 2013

Verbindungen zum Ausland unterhalten –, bevor er zu einer Reise nach Marokko aufbrach. Am Morgen des 04. Juni ist der zweite Tote zu beklagen. Der stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinc entschuldigt sich öffentlich für die Polizeigewalt. „Wie haben aus den Geschehnissen gelernt, und können es uns nicht leisten, die Menschen zu ignorieren. Demokratien können ohne eine Opposition nicht existieren“, erklärt Arinc. Die Istanbuler Börse reagiert mit einem Kurseinbruch. Der Gewerkschaftsverband „Confederation of Public Workers‘ Union“, der 240.000 Angestellte vertritt – andere Quellen sprechen von bis zu 900.000 Gewerkschaftsmitgliedern –, kündigt einen zweitägigen Generalstreik an. Am 05. Juni halten die Proteste an. Ob sich tatsächlich, wie Rainer Hermann in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ meint, die Proteste nur gegen Erdo ğan und nicht gegen das Regime der regierenden „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP)“ richten 362 , darf bezweifelt werden.

Mai 2013

30.05.2013: In einem Interview mit dem zur libanesischen „Hisbollah“ gehörenden TV-Sender „Al-Manar (Der Leuchtturm)“ bestätigt der syrische Staatspräsident Bashar Assad die Beteiligung von „Hisbollah“- Kämpfern – „ein Tropfen im Ozean“ der vielen hunderttausend syrischen Soldaten – gegen „Zehntausende Terroristen“ und verkündet, dass die Lieferung von russischen S-300-Abwehr- Raketensystemen gemäß den vertraglichen Vereinbarungen erfolge. Der für Juni geplanten Konferenz in Genf räumt er geringe Erfolgschancen ein. Hoffnungen auf die politische Rolle der Arabischen Liga seien regelmäßig enttäuscht worden, weil sie ihre Anweisungen von außen erhalte. Jede Vereinbarung, die in Genf

362 Rainer Hermann: Aufstand gegen Erdogan, in FAZ 04.06.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 202 – Chronologie 2013

getroffen werde, müsse einem Referendum in Syrien unterliegen, dies sei die einzige Bedingung für die Beteiligung seiner Regierung. Auf die israelischen Luftschläge am 03. Mai werde Syrien beim nächsten Mal antworten; das Militär sei auf verschiedene Szenarien vorbereitet 363 . Russische Zeitungen dementieren die Lieferung der Raketen. Sie würde erst im zweiten Quartal 2014 erfolgen. In Moskau gibt am 31. Mai ein Sprecher die Lieferung von 10 Kampfflugzeugen vom Typ MiG-29-M2 an Syrien bekannt. Am selben Tag teilt die oppositionelle „Syrische Nationale Koalition“ mit, dass sie nicht nach Genf reisen werde, solange das Assad-Regime Zivilisten töte.

Einen Tag nach der Begegnung zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag Frank-Walter Steinmeier in Jerusalem meldet die Nachrichtenagentur AFP, dass nach Angaben der NGO „Terrestrial Jerusalem“ für das in Ost- Jerusalem liegende jüdische Stadtviertel Ramot 300 neue Wohneinheiten errichtet werden und in der Siedlung Gilo im Süden der Stadt Ausschreibungen für weitere 797 neue Wohneinheiten erfolgt seien. Die Umsetzung der Pläne soll aus dem Büro von Wohnungsbauminister Uri Ariel von der Partei „Das Jüdische Haus (haBait haYehudi)“ nach außen gedrungen sein.

In den ersten zehn Monaten des Haushaltsjahrs 2012/13 ist nach einer Mitteilung des ägyptischen Finanzministeriums das Haushaltsdefizit auf die Rekordmarke von 10,6 Prozent des Bruttosozialprodukts gestiegen und macht rund 26,4 Milliarden US- Dollar aus.

363 Interview Given by President al-Assad to Lebanese al-Manar TV, May 30, 2013. Vollständiger Text des Interviews in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews” dieser Homepage. www.reiner-bernstein.de 203 – Chronologie 2013

Die Nachrichtenagentur AFP berichtet, dass im Iran künftig die Steinigung von Delinquenten, denen Ehebruch vorgeworfen wurde, durch eine andere Todesstrafe ersetzt werden könne. Die meisten Exekutionen werden durch den Henker vorgenommen.

28.05.2013: Um eine politische Spaltung innerhalb der Europäischen Union zu vermeiden, verständigen sich die Außenminister in Brüssel darauf, dass Großbritannien und Frankreich ab dem 01. Juni nicht mehr an das Waffenembargo gegen die Opposition in Syrien gebunden sind, Außenminister William Hague fügt jedoch hinzu, dass von britischer Seite keine „unmittelbare Absicht“ der Lieferung bestehe. Um den internen Konflikt nicht eskalieren zu lassen, wurden an den Wirtschaftssanktionen gegen das Assad-Regime festgehalten, sollen jedoch nicht die Opposition treffen. Gemeinsam verpflichten sich die Regierungen, von Waffenlieferungen an die Opposition abzusehen, bis die Ergebnisse der Syrien-Konferenz in Genf 364 bekannt sind. Bundesaußenminister Guido Westerwelle lehnt deutsche Waffenlieferungen ab. Die EU ist dazu von den USA und Russland nicht eingeladen. Nach dem Kompromiss droht die österreichische Regierung zunächst, ihre zu den UNIFIL- Truppen gehörenden 380 Soldaten von den Golanhöhen abzuziehen, wenn tatsächlich Waffen an die syrischen Rebellen liefern werden sollten. Am 29. Mai fordert die UN- Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay dazu auf, von Waffenlieferungen abzusehen.

In seinem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“, prognostiziert Joschka Fischer, dass die USA nicht mehr willens und nicht mehr in der Lage seien, „die viel geschmähte und zugleich unverzichtbare globale Ordnungsmacht zu spielen“, so dass selbst eingefleischte

364 Vgl. die Eintragung am 22.05.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 204 – Chronologie 2013

Antiamerikaner nach der alten globalen Ordnungsmacht wird rufen lassen. Im Nahen Osten würden die kolonialen Grenzen immer mehr in Frage gestellt, „und was aus Syrien, Libanon, Irak und Jordanien werden wird, ist kaum zu prognostizieren. Das Potenzial für eine regionale Desintegration und spätere Neuzusammensetzung ist größer denn je 365 .“ Am 30. Mai kommentiert Rainer Hermann in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Knapp hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg entsteht eine neue politische Ordnung in der Region“, und fährt fort: „Um das [den Zerfall Syriens] zu verhindern und zumindest das Gebilde namens ‚Syrien‘ zu erhalten, arbeiten syrische Intellektuelle am Plan einer Konföderation.“ An die Adresse der internationalen Diplomatie gewandt, schreibt Hermann: „Ohne ein koordiniertes Vorgehen der Staatengemeinschaft wird sich die Region bald nicht nur mehr einem Bürgerkrieg in Syrien gegenübersehen, sondern einem Flächenbrand, der aus mehreren Bürgerkriegen besteht und der kaum mehr zu löschen wäre 366 .“

27.05.2013: Chaim Levinson berichtet in „Haaretz“, dass im vergangenen Jahr 2012 die jüdischen Siedlungen in der Westbank um knapp 8.000 Dunams (0,8 Quadratkilometer) ausgedehnt worden seien, nämlich von 530.931 Dunams auf 538.303 Dunams (53,8 qkm) 367 .

26.05.2013: Auf dem Weltwirtschaftsforum im „King Hussein Convention Center“ am Toten Meer gibt US-Außenminister John Kerry einen Plan bekannt, wonach die palästinensische Wirtschaft mit einem

365 Joschka Fischer: Ein Problem für Europa‚ in SZ 28.05.2013, S. 2.

366 Rainer Hermann: Ein langer Frühling ‚ in FAZ 30.05.2013, S.1.

367 Chaim Levinson: Settlement expanded by 8,000 dunams in 2012, in „Haaretz” 27.05.2013, S. 1. 1.000 Dunam entsprechen 1 Quadratkilometer.

www.reiner-bernstein.de 205 – Chronologie 2013 vier Milliarden US-Dollar schweren Programm revitalisiert werden soll. Damit könnten das Bruttosozialprodukt in den kommenden drei Jahren um 50 Prozent wachsen und die Arbeitslosenrate um zwei Drittel auf acht Prozent reduziert werden. Die Leitung des Programms soll beim Beauftragten des Nahost-Quartetts Tony Blair liegen. Das Weltwirtschaftsforum selbst will eine neue Friedensinitiative starten. Ohne einen politischen Prozess auf der Grundlage der Grenzen vor 1967, aber unter Einschluss eines Gebietsaustausches, sei eine wirtschaftliche Gesundung jedoch nichts wert, führt Kerry aus, er bleibe die oberste Priorität. Bis zur Wiederaufnahme der Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern würde der Wirtschaftsplan nicht auf den Weg gebracht werden. Im Gegenzug lehnt der palästinensische Präsident Machmud Abbas vorläufige Grenzen für einen Staat Palästina ab, weil sie den Konflikt verlängern würden 368 . Auf derselben Tagung bekennt sich Shimon Peres zur Arabischen Friedeninitiative, woraufhin die Minister Naftali Bennett, Yuval Steinitz und Uzi Landau die Frage stellen, ob der Präsident inzwischen der Sprecher der Regierung sei. Dagegen bezeichnet der Abgeordnete der Arbeitspartei Eitan Cabel den Präsidenten als eine Lichtgestalt in der Dunkelheit der israelischen Politik.

25.05.2013: Sheikh Hassan Nasrallah, Generalsekretär der libanesischen „Hisbollah“ droht mit der Zerstörung Palästinas (gemeint ist Israel), der Westbank, des Gazastreifens und Jerusalems, sollte Syriens Präsident Bashar Assad fallen. Am selben Tag berichtet die „International Herald Tribune“ von der Bereitschaft der syrischen

368 Tovah Lazaroff: Kerry unveils $4 billion economic plan to revitalize flagging Palestinian economy ‚ in „The Jerusalem Post“ 27.05.2013, S. 1 + 10; Jack Khoury, Barak Ravid and Agencies: Abbas. Palestinians won’t accept peace agreement based on temporary borders, in „Haaretz” 27.05.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 206 – Chronologie 2013

Regierung, an der internationalen Syrien-Konferenz im Juni in Genf unter der Leitung von Russland und den USA teilzunehmen 369 .

Amira Hass berichtet in „Haaretz“ von einer Pressekonferenz in Ramallah, wo die „Palestinian Commission for Human Rights (ICHP)“ für das Jahr 2012 insgesamt 306 Fälle von Folter und Misshandlung aufgelistet habe, davon 172 in Westbank und 134 im Gazastreifen. Gegenüber dem Vorjahr sei dies ein Anstieg von 92 Nachweisungen 370 .

24.05.2013: Die „Association of International Development Agencies (AIDA)“, zu der 80 internationale Hilfsorganisationen gehören, beschwert sich in einem Bericht an die EU-Kommission, dass diese keine wirkungsvollen Schritte unternommen habe, um den Palästinensern in der Zone C der Westbank – die gemäß der Interimsvereinbarung von 1995 („Oslo II“) unter vollständiger israelischer Kontrolle steht – Entwicklungschancen einzuräumen. Gemäß dem Bericht seien im vergangenen Jahr 94 Prozent aller Bauanträge von den israelischen Behörden abgewiesen und 535 palästinensische Bauten seien zerstört (davon 71 in Jerusalem) worden, während gleichzeitig 1.967 Ausschreibungen für Wohneinheiten für Siedler genehmigt worden seien. In der Zone C leben 525.000 Israelis und rund 150.000 Palästinenser 371 .

369 David M. Herszenhorn: Syria will attend peace talks, Russia says, in „The International Herald Tribune“ 25/26.05.2013, S. 4.

370 Amira Hass: Palestinian rights group forges sturdy link between West Bank, Gaza, in „Haaretz” 25.05.2013.

371 Amira Hass: Development agencies slam EU’s inaction over Israel’s Area C policies, in „Haaretz” 26.05.2013, S. 2; Aid groups urge EU to fulfil commitments to Palestinians, in „The Jerusalem Post “ 26.05.2013, S. 4.

www.reiner-bernstein.de 207 – Chronologie 2013

Der Minister für Wohlfahrt und soziale Dienste Meir Cohen von der Partei „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“, die von Finanzminister Yair Lapid geleitet wird, fordert die israelische Politik auf, isolierte jüdische Siedlungen in der Westbank aufzulösen. Sie würden viel Geld kosten, und die Regierung solle alle Anstrengungen unternehmen, um den Verhandlungsprozess mit den Palästinensern zu fördern 372 .

23.05.2013: In der gemeinsamen Pressekonferenz in Jerusalem mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnet US-Außenminister John Kerry diesen als „meinen Freund seit nunmehr vielen Jahren“.

Bei einer Veranstaltung in der Bar-Ilan University erklärt der ehemalige Ministerpräsident Ehud Olmert, dass sich die öffentliche Meinung in der Welt nur dann zurückgewinnen lasse, wenn die israelische Politik die Realität ändere: „As long as we are in the territories while millions of Palestinians live there without rights equal to those of Israelis, almost no public diplomacy efforts can compete with the claim that this policy leads to extreme responses, including violence.“ Israel stehe vor schmerzhaften Herausforderungen 373 .

Im Gespräch mit der „Jerusalem Post“ vertritt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Auffassung, dass mit der gegenwärtigen israelischen Regierung die Chancen für den Frieden mit den Palästinensern gewachsen seien 374 . In derselben Ausgabe macht Gershon Baskin in seiner wöchentlichen Kolumne „Encountering Peace“ darauf aufmerksam, dass der frühere

372 Minister: Dismantle isolated settlements, in „The Jerusalem Post“ 26.05.2013, S. 3.

373 Lahav Harkov: Olmert: Government’s W. Bank policies to blame for bad international press‚ in „The Jerusalem Post“ 24.05.2013, S. 4.

374 Yonah Jeremy Bob: ‚There is now a chance for peace,’ says German minister, in „The Jerusalem Post“ 23.05.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 208 – Chronologie 2013

Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer und er, Baskin, nach Gesprächen mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas mehrfach vergeblich versucht hätten, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einer vertraulichen Begegnung mit Abbas zu bewegen 375 .

In seinem heutigen Kommentar in „Haaretz“ entzaubert Ari Shavit politisch den amtierenden Finanzminister Yair Lapid: „Lapids Ideologie ist der Frieden ohne die Teilung Jerusalems, eine diplomatische Übereinkunft ohne den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas und eine Zwei-Staaten-Lösung, ohne den Siedlungsbau einzufrieren. Lapids Plan wartet auf ein paar gute Jahre, bis die endgültigen Grenzen gezogen werden. Bis dahin räumt er den Israelis einige Vorteile ein, damit sie in die Siedlungen ziehen.“ Nachdem er im Wahlkampf versprochen habe, das Budget für das Siedlungsunternehmen zu beschneiden, schicke er jetzt Milliarden dorthin 376 . Der an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrende Politologe Zeev Sternhell ergänzt am 24. Mai, dass die Bevölkerung Lapid dankbar sei solle, weil es dieser den Nachweis geliefert habe, dass seine Wahlversprechen hohle Phrasen gewesen seien 377 .

Uri Misgav berichtet in „Haaretz“ über den 20-jährigen Natan Blanc, der den Wehrdienst so lange verweigere, solange die Besatzung anhalte, und deshalb zu 178 Tagen Haft verurteilt wurde. Dazu führt Misgav aus, dass Israel eine Hierarchie mit abgestuften Gewissenstypen habe: Das religiöse Gewissen verweigere den Wehrdienst ohne Folgen. Das nationale Gewissen verweigere dem

375 Gershon Baskin: Who is not a peace partner?, in „The Jerusalem Post“ 23.05.2013, S. 14.

376 Ari Shavit: A conservative in a T-shirt, in „Haaretz“ 23.05.2013, S. 5.

377 Zeev Sternhell: Farewell to political acrobatic, in „Haaretz“ 24.05.2013, S. B5.

www.reiner-bernstein.de 209 – Chronologie 2013 arabischen Bevölkerungsteil den Wehrdienst, und das Familiengewissen nehme verheiratete Frauen vom Wehrdienst aus. Bei Blanc handele es sich um ein viertes, ein politisches Gewissen, für das er bestraft werde 378 . Am 24. Mai berichtet das Blatt über die Vorbereitung eines Gesetze, wonach 2.000 Ultraorthodoxe in Uniform und 1.300 Ultraorthodoxe im Zivildienst eingezogen werden sollen, wobei sie für eine Aufschiebung um ein Jahr zum Thora- Studium erreichen können, bis sie das 21. Lebensjahr erreicht haben. Außerdem sollen 6.000 israelische Araber 2018 zum Zivildienst herangezogen werden. Nach Angaben von Rabbiner Uri Regev, dem Leiter der liberalen Gruppe „Freedom of Religion in Israel (Chidush)“, wird 28.000 Yeshiva-Studenten die Freistellung vom Wehrdienst ermöglicht 379 . Am 29. Mai melden israelische Zeitungen, dass das Militär entschieden habe, Blanc für den Militärdienst als untauglich einzustufen. Blancs Entlassung soll am 30. Mai erfolgen.

Der britische Außenminister William Hague unterzeichnet gemeinsam mit dem israelischen Minister für Wissenschaft, Technologie und Raumfahrt Yaacov Peri in Jerusalem ein „Memorandum of Understanding“, das die wissenschaftliche Zusammenarbeit erweitern soll.

22.05.2013: Die israelische Regierung lässt zwei palästinensische Wohnhäuser in Ost-Talpiot niederreißen. Der in der Koalition des Jerusalemer Stadtrates für Ost-Jerusalem zuständige „Meretz“-Stadtrat Meir Margalit bezeichnet die Aktion als einen „schmutzigen Trick“: Erst werde den Bewohnern die Baugenehmigung verweigert, so dass sie,

378 Uri Misgav: A tale of two beds, in „Haaretz“ 23.05.2013, S. 5.

379 Gili Cohen: Reform: Modest Haredi draft, national service for Arabs, in „Haaretz“ 24.05.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 210 – Chronologie 2013

um die Wohnungsnot zu lindern, illegal bauten, und dann werde das Gelände zu einem Nationalpark erklärt 380 .

In der gemeinsamen Pressekonferenz in Amman mit US- Außenminister John Kerry führt dessen jordanischer Kollege Nasser Judeh aus, dass sein Land knapp 540.000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen habe. Kerry trifft mit den oppositionellen „Freunden Syriens“ zusammen, um im Juni eine internationale Konferenz in Genf unter Beteiligung der politischen Opposition und Vertretern des Regimes vorzubereiten. Ziel sei eine Übergangsregierung ohne Beteiligung von Präsident Bashar Assad 381 .

Der US-Senat unterstützt in einer die Administration nicht bindenden Resolution ein militärisches Vorgehen gegen iranische Nukleareinrichtungen. Der Resolution stimmen 99 Senatoren zu.

In einer Erklärung unterstützt Bundesaußenminister Guido Westerwelle die deutsche Unterstützung anderer europäischer Regierungen, „zumindest den militärischen Arm“ der libanesischen „Hisbollah“ auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen 382 . Nach Medienberichten läuft eine endgültige Entscheidung, die dem Drängen der USA und Israels nachkommt, darauf hinaus, die Finanzquellen europäischer Sympathisanten für die und wirtschaftliche Verbindungen mit der „Partei Gottes“ auszutrocknen. Nach Schätzungen des Bundesnachrichtendienstes hatte die „Hisbollah“ 2011 in Deutschland 950 Mitglieder 383 . Am 30. Mai

380 Daniel K. Eisenbud: Gov’t demolishes 2 east Jerusalem houses, in „The Jerusalem Post“ 23.05.2013, S. 10.

381 Michael R. Gordon and Steven Lee Myers: Hezbollah and Iran complicate strategy for Syria talk, in „International Herald Tribune“ 23.05.2013, S. 8.

382 Vgl. die Eintragung am 12.03.2013 in dieser Zeitleiste.

383 Nicholas Kulish: A changing E.U. course on Hezbollah, in „International Herald Tribune“ 23.05.2013, S. 1 + 3. www.reiner-bernstein.de 211 – Chronologie 2013 melden arabische Medien, dass auch die Golfstaaten „Hisbollah“ auf die Liste der Terrororganisationen setzen wollen. Am 31. Mai verwahrt sich der libanesische Außenminister Adnan Mansour gegen einen solchen Schritt, weil die „Hisbollah“ Teil des politischen Gefüges sei. Am 01. Juni werden die fälligen Parlamentswahlen auf den November 2014 verschoben.

Die israelische Botschaft in Berlin kritisiert scharf die Kleine Anfrage der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“, in der die Bundesregierung zur Kennzeichnung von Produkten aus den jüdischen Siedlungen der Westbank aufgefordert wurde. Die Partei solle sich, statt Israel zu kritisieren, für die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern einsetzen, heißt es in der Erklärung. Nach dem Bericht der „Jerusalem Post“ habe Emily Haber am 13. Mai in einem Brief klargestellt, dass die Kennzeichnung „Made in Israel“ nur für Produkte erlaubt sei, die in Israel vor 1967 erzeugt worden seien 384 . Der Deutschland-Korrespondent der „Jerusalem Post“ Benjamin Weinthal zitiert am 26. Mai Entwicklungsminister Dirk Niebel und den außenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Philipp Missfelder, welche die Autoren der Kleinen Anfrage in die Nähe der Sympathisanten des antijüdischen Boykotts am 01. April 1933 in Deutschland rücken. Weinthal vergisst nicht zu erwähnen, dass die außenpolitische Sprecherin der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ Kerstin Müller Ende 2013 die Leitung der Heinrich-Böll- Stiftung in Tel Aviv übernehmen soll 385 .

384 Benjamin Weinthal and Johannes C. Bockenheimer: Israeli embassy blasts German Green Party for settlement labeling, in „The Jerusalem Post“ 23.05.2013, S. 2. Bundestagsdrucksache 17-13339 „Importe von Produkten aus israelischen Siedlungen in der Westbank in die EU und nach Deutschland” vom 29.04.2013.

385 Benjamin Weinthal: Politicians slam German Greens for ‘Israel boycott,’ in „The Jerusalem Post“ 26.05.2013, S. 5. Vgl. die Eintragungen am 19.05.2013, am 16.05.2013 und am 15.04.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 212 – Chronologie 2013

Bundeskanzlerin Angela Merkel erhält in der Brüsseler Hauptsynagoge den „Lord Jakobovits Prize for European Jewry“, der von der „Conference of European Rabbis“ vergeben wird, für ihre Verdienste um die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und ihren Einsatz gegen den Antisemitismus. In ihrer Dankesrede bezeichnet Merkel die „Shoah“ als „Zivilisationsbruch“.

21.05.2013: Der finnische Außenminister Erkki Tuomioja kündigt eine Spende seines Landes für die palästinensischen Flüchtlinge im Gazastreifen in Höhe von weiteren 1,5 Millionen Euro an.

Nach Medienberichten, die sich auf die „Palestinian Independent Commission for Human Rights“ stützen, sind 2012 in der Westbank und im Gazastreifen elf Palästinenser an den Folgen von Folterungen gestorben. Sieben von ihnen wurde Kollaboration mit Israel vorgeworfen.

An der Festveranstaltung zum 150-jährigen Bestehen der SPD in Leipzig nimmt von israelischer Seite die Vorsitzende der Arbeitspartei Shelly Yachimovich teil.

20.05.2013: In einem ungewöhnlichen Schritt telefoniert US-Außenminister John Kerry mit dem israelischen Botschafter in Washington Michael Oren und beschwert sich über Absichten, vier Außenlager von Siedlungen in der Westbank zu legalisieren 386 . Am 24. Mai beruft sich „Haaretz“ auf eine US-amerikanische Quelle, dass Kerry nicht gegenüber

386 Vgl. die Eintragung am 16.05.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 213 – Chronologie 2013

Oren, sondern gegenüber Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen Unmut kundgetan habe 387 .

In seinem Bericht für 2012 ermahnt das US State Department die israelische Regierung, die Religionsfreiheit für Nichtjuden zu respektieren. Außenminister John Kerry erklärt dazu, dass die Religionsfreiheit ein zentraler Wert für die USA sei.

Der auch für religiöse Angelegenheiten zuständige israelische Wirtschaftsminister Naftali Bennett kündigt die Ernennung des früheren Chefrabbiners der Streitkräfte Brigadegeneral Avichai Rontzki zum Vorsitzenden einer neuen „Jewish Identity Administration“ an. Sie soll Einrichtungen finanziell fördern, die Programme zur Stärkung der jüdischen Identität in der Gesellschaft („mapping the ground“) auflegen. Dazu heißt es in Hauptkommentar von „Haaretz“ am 22. Mai: „Zionism dreamed of a state for the Jews, not a Jewish state: a refuge for members of the Jewish people, not a state with an official religion like Muslim Saudi Arabia. The Balfour Declaration promised a national home, not a religious one. On Israeli identity cards, ‚Jewish’ describes a nationality 388 .“

Zum ersten Mal wird die Wohnung einer Frau in Jerusalem mit Graffiti wie „Frauen an der Mauer sind verachtungswürdige Verbrecher“ besprüht, die sich für gleiche Rechte für Jüdinnen an der Westmauer des ehemaligen Tempelbezirks einsetzt. Peggy Cidor beschuldigt junge ultraorthodoxe Juden der Tat.

Die israelische Regierung zieht ihre Genehmigung für die Einreise einer UNESCO-Delegation zurück, die Konservierungsarbeiten in der Altstadt Jerusalems untersuchen wollte. Als Begründung wird die Politisierung der Mission angegeben.

387 Barak Ravid: Kerry called Netanyahu personally to protest plan to legalize West Bank outposts, in „Haaretz“ 24.05.2013, S. 1.

388 The Jewish coercion administration, in „Haaretz“ 22.05.2013, S. 5.

www.reiner-bernstein.de 214 – Chronologie 2013

Auf dem Golanhöhen kommt es zu einem Schusswechsel zwischen Syrien und Israel.

Nach Angaben aus syrischen Oppositionskreisen werden 30 in Syrien eingesetzte „Hisbollah“-Kämpfer und 20 regimetreue syrische Soldaten getötet.

In Bagdad und in Basra werden 43 Menschen durch Autobomben getötet.

19.05.2013: Zu Beginn seines viertägigen Besuchs in Jerusalem und Ramallah warnt der litauische Außenminister Linas Linkevicius Israel davor, europäische Forderung nach Auszeichnung von Produkten aus den jüdischen Siedlungen nicht ernst zu nehmen. Andernfalls könne es dazu kommen, dass alle israelischen Produkte boykottiert würden. Außerdem führt Linkevicius – Litauen übernimmt am 01. Juli die EU- Ratspräsidentschaft – aus, dass Fortschritte im europäisch- israelischen Dialog von Fortschritten im diplomatischen Prozess zwischen Israel und den Palästinensern abhängig seien 389 .

Am Abend werden im ultraorthodoxen jüdischen Viertel „Meah Shearim (Hundert Tore)“ in Jerusalem zwei ultraorthodoxe Soldaten körperlich angegriffen. Hintergrund der Tat sind regierungsamtliche Überlegungen, ultraorthodoxe Juden zum Militärdienst einzuziehen.

389 Herb Keinon and Steve Linde: Lithuanian FM: Israel should take demands to label settlement goods ‚very seriously,’ in „The Jerusalem Post“ 22.05.2013, S. 1 + 10. Vgl. die Eintragung am 16.05.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 215 – Chronologie 2013

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger trifft am Nachmittag zu einem viertägigen Besuch in Israel ein.

17./18.05.2013: Gegenüber dem israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Justizministerin Tsipi Livni erklärt Bundesaußenminister Guido Westerwelle in Jerusalem, dass ein nuklear aufgerüsteter Iran für die Bundesregierung keine Option sei. Außerdem zeigt sich Westerwelle über die Grausamkeit der Auseinandersetzungen in Syrien schockiert. Auf den israelisch- palästinensischen Konflikt angesprochen, erklärt er, dass alle Seiten die Friedensinitiative von US-Außenminister John Kerry unterstützen sollten. Am 18. Mai trifft Westerwelle mit dem amtierenden palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fayyad in Ramallah zusammen. Kerry wird erneut am 22. Mai in Jerusalem und Ramallah erwartet.

17.05.2013: Nach einer israelischen Intervention in Washington fordert US- Außenminister John Kerry die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und mehrere EU-Staaten auf, vorläufig von der Kennzeichnung der Produkte aus den jüdischen Siedlungen der Westbank Abstand zu nehmen, um die Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht zu stören. Der litauische Außenminister Linas Linkevicius weist die Meldung zurück, dass Kerry bei der Europäischen Union in dieser Angelegenheit vorstellig geworden sei.

Eine israelische Beratungsfirma teilt mit, dass Israel der größte Exporteur von Drohnen einschließlich Dienstleistungen und Lizenzen sei, die in den vergangenen acht Jahren einen Wert von 4,62 Milliarden US-Dollar gehabt hätten. Zu den Empfängern gehören Europa (50 Prozent), Asien (34 Prozent), Lateinamerika (11 www.reiner-bernstein.de 216 – Chronologie 2013

Prozent), die USA (3,9 Prozent) und ‚Afrika (1,5 Prozent) 390 . Zwei Tage später wird bekannt, dass die Parlamentarische Versammlung der NATO im Oktober eine Delegation nach Israel schicken wolle, um den Ankauf von Sicherheitstechnologie zu prüfen 391 .

Am Abend protestieren rund 30.000 ultraorthodoxe Juden in Jerusalem gegen Absichten der Regierung, sie ins Militär einzuziehen. Zehn Demonstranten werden vorübergehend festgenommen, acht Polizisten werden leicht verletzt.

Das israelische Justizministerium teilt dem Obersten Gericht mit, dass es die militärische Anordnung zurückzieht, die für die Siedlung Chomesh 2005 requirierten palästinensischen Bodenflächen zu behalten 392 .

In der irakischen Stadt Baquba nördlich von Bagdad explodieren vor einer sunnitischen Moschee zwei Bomben, die 43 Menschen in den Tod reißen.

In einem Gastbeitrag für die „International Herald Tribune“ bezeichnet Christopher R. Hill die Befürworter einer militärischen Intervention in Syrien als „armchair hawks“ 393 .

390 Yaakov Lapid: Israel largest drone exporter in world, in „The Jerusalem Post“ 20.05.2013, S. 3; Gill Cohen and Reuters: Study: Israel is world’s largest exporter of drones, in „Haaretz“ 20.05.2013, S. 2.

391 Lahav Harkov. NATO team to examine Israeli weapons R&D during visit, in „The Jerusalem Post“ 20.05.2013, S. 3.

392 Vgl. die Eintragung am 20.09.2005 in dieser Zeitleiste.

393 Christopher R. Hill: When to talk to monsters, in „The International Herald Tribune“ 17.05.2013, S. 12. Der Autor war US-Botschafter in Mazedonien, Polen, Südkorea und Irak und lehrt heute an der University of Denver (Col).

www.reiner-bernstein.de 217 – Chronologie 2013

16.05.2013: Nach einer Umfrage sind 19 Prozent der israelischen Bevölkerung mit der Haushaltspolitik von Finanzminister Yair Lapid zufrieden und 53 Prozent unzufrieden 394 .

In einem Kommentar beklagt die „Jerusalem Post“, dass der irische Außenminister Eamon Gilmore vor einer Woche eine EU- weite Kampagne mit dem Ziel angekündigt habe, für den Boykott der Güter aus den Siedlungen der palästinensischen Gebiete zu werben. Im Januar hatte Irland die Präsidentschaft in der Europäischen Union angetreten. Gegebenenfalls werde seine Regierung auch unilaterale Boykottmaßnahmen einleiten 395 .

Die israelische Regierung plant die Autorisierung von vier Außenlagern in der Westbank (Givat Assaf bei Bet El, Mitzpeh Lachish in den Süd-Hebron-Bergen, Maaleh Rehavam im „Gush Etzion“ und Givat haRoeh bei Eli), die zunächst für den Abriss vorgesehen wurden 396 .

15.05.2013: Am Tag zur Erinnerung an die Flucht und Vertreibung der etwa 700.000 Araber aus dem neu entstehenden Staat Israel, dem „Nakba“-Tag, kommt es in Ost-Jerusalem und in mehreren Städten der Westbank, so in Hebron, Ramallah, Nablus und Jenin zu Zusammenstößen vornehmlich palästinensischer Jugendlicher mit israelischen Sicherheitskräften. Die Zusammenstöße finden am 18. und Mai in der Altstadt Jerusalems eine Fortsetzung.

394 Yossi Verter: Lapid pays price for austerity measures as popularity plunges, in „Haaretz“ 16.05.2013, S. 1 f.

395 Irish ire, in „The Jerusalem Post“ 16.05.2013, S. 24.

396 Tovah Lazaroff: State seeks approval of four outposts, in „The Jerusalem Post“ 16.05.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 218 – Chronologie 2013

Nach einem Bericht der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)“ hat Israel mit 20,9 Prozent die höchste Armutsrate unter den 34 Mitgliedsstaaten und rangiert noch vor Mexiko mit dort 20,4 Prozent.

In einem neuen Anlauf verständigen sich „Fatah“ und „Hamas“ in Kairo darauf, in den kommenden drei Monaten eine gemeinsame Regierung unter Führung von Machmud Abbas zu bilden und Wahlen zum „National Palestinian Council“ – dem parlamentarischen Dachverband der PLO im Exil – und dem „Palestinian Legislative Council“ – dem zuletzt 2005 gewählten Parlament für die Westbank und den Gazastreifen – anzuberaumen.

14.05.2013: Bei der Begegnung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Sotchi am Schwarzen Meer rückt Putin nicht von Plänen ab, Syrien moderne Flugabwehrraketen vom Typ S-300 zu liefern.

13.05.2013: Im Gespräch mit der „Jerusalem Post“ im April, aus dem das Blatt jetzt zitiert, hat der Geschäftsführende Stellvertretende Vorsitzende der „Conference of Major American Jewish Organizations“ Malcom Hoenlein davor gewarnt, die öffentliche Unterstützung für Israel sei nicht garantiert, und die öffentliche Stimmung könne sich schnell ändern, wenn die Dinge im Nahen Osten „explodieren“397 .

397 Sam Sokol: Hoenlein tells ‚Post’: We cannot take support of American people for granted, in „The Jerusalem Post“ 13.05.2013, S. 6.

www.reiner-bernstein.de 219 – Chronologie 2013

Nach einem Bericht von „Haaretz“ über den Streit um den israelischen Haushaltsplan 2013/14 sind in den letzten zwei Jahren für Vorbereitungen auf einen Krieg mit dem Iran 11 Milliarden Neue Shekel (rund 240 Milliarden Euro) ausgegeben worden. Außerdem meldet das Blatt, dass der Generalstab die Lieferung eines sechsten deutschen U-Bootes aus Deutschland für überflüssig halte 398 .

Die israelische Zivilverwaltung für die Westbank legt einen Plan für den Bau von 1.140 Wohneinheiten für Palästinenser in der von ihr kontrollierten Zone C nahe bei Jericho vor. Gegenüber den Vorjahren ist die Zahl der Konversionen zum Judentum in Israel weiter gesunken. Gab es 2010 noch 2.159 Übertritt, so sank die Personenzahl 2011 auf 1.936 und 2012 auf 1.492. Rund 318.000 Israelis aus der früheren Sowjetunion gelten gemäß der „Halacha“ – dem jüdischen Religionsgesetz – nicht als Juden, heißt es in einem Bericht der „Jerusalem Post“. Über 330.000 Israelis würden sich als „ohne Religion“ bezeichnen, und zwar hauptsächlich aufgrund der rabbinischen Kontrolle des Konversionssystems 399 .

Deutsche Bemühungen, 2019/20 erneut als nicht-ständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat einzuziehen, sind in Israel auf Unmut gestoßen. Um weiteren Gefahren der weiteren Delegitimierung zu entgehen, will Israel selbst in dieses Gremium einziehen, wofür die Zustimmung der Zweidrittelmehrheit von gegenwärtig 128 Staaten in der Vollversammlung notwendig wäre 400 . Am 20. Mai berichtet die „Jerusalem Post“, dass sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu

398 Amos Harel: Reduce threats, not training, in „Haaretz“13.05.2013, S.1 f.

399 Jeremy Sharon: Conversions of non-Jewish Israelis declining, Knesset committee is told, in „The Jerusalem Post “14.05.2013, S. 3. Vgl. die Eintragung am 08.05.2013 in dieser Zeitleiste; Anshel Pfeffer: Why be Jewish when you can be Israeli?, in „Haaretz“ 17.05.2013, S. A4.

400 Herb Keinon: Germany to compete with Israel for 2019 UN Security Council seat, in „The Jerusalem Post“ 13.05.2013, S. 10.

www.reiner-bernstein.de 220 – Chronologie 2013

und Justizministerin Tsipi Livni bei Bundesaußenminister Guido Westerwelle am 17. Mai in Jerusalem über die deutsche Kandidatur enttäuscht gezeigt hätten, weil sie die eigenen Absichten schwächen würde. Westerwelle habe, so das Blatt weiter, zugesagt, eine israelische Kandidatur zu unterstützen, wenn sie Aussicht auf Erfolg habe 401 .

12.05.2013: Nach einem Bericht der „Jerusalem Post“ hat die Europäische Union den militärischen Arm der libanesischen „Hisbollah“ in die Liste der Terrororganisationen aufgenommen.

Ohne Begleitung stattet die Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei Shelly Yachimovich dem palästinensischen Präidenten Machmud Abbas einen Besuch in Ramallah ab und spricht sich für die Zwei-Staaten-Lösung unter Berücksichtigung israelischer Sicherheitsinteressen aus.

11.05.2013: Nach Auffassung internationaler Menschenrechtsgruppen sind in Syrien seit Beginn des Aufstandes gegen das Assad-Regime Mitte März 2011 mehr als 80.000 Menschen ums Leben gekommen, ein Anstieg um 20.000.

10.05.2013: In ihrer ersten systematischen Untersuchung zu Jerusalem, aus der die „Jerusalem Post“ berichtet, stellt die „UN Conference on Trade and Development (UNCTAD)“ fest, dass 77 Prozent der nicht-

401 Herb Keinon: Israel will still vie for 2019 Security Council mandate despite German bid, in „The Jerusalem Post“ 20.05.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 221 – Chronologie 2013 jüdischen Haushalte in der Stadt unter der Armutsgrenze leben, bei den jüdischen Haushalten sind es 25 Prozent 402 .

Der privatwirtschaftlich geführte israelische Fernsehkanal „Channel 10“ berichtet, dass für die Einrichtung eines Schlafzimmers für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine Familie auf dem Flug zu den Trauerfeierlichkeiten für Margret Thatcher in London Steuermittel in Höhe von 127.000 US-Dollar aufgewendet worden seien. Im Gefolge des öffentlichen Aufschreis wird bekannt, dass die Aufwendungen für die Jerusalemer Residenz des Ministerpräsidenten in den vergangenen vier Jahren um 73 Prozent gestiegen seien, so dass die Ausgaben für seinen Haushalt 2012 bei 3,291 Millionen Neuen Shekel (rund 70 Millionen Euro) betrugen – darunter 1,2 Millionen Neue Shekel für Reinigungsarbeiten, 480 Millionen Neue Shekel für die Bewirtung von Gästen, 284.000 Shekel für den Unterhalt der Residenz, 142.000 Neue Shekel für Gartenarbeiten und 64.000 Neue Shekel für Kleidung, Friseur und Kosmetik. Für Netanjahus Vorliebe für Vanille- und Pistazienspeiseeis seien 10.000 Neue Shekel ausgegeben worden. Bei Amtsantritt Netanjahus im Jahr 2009 betrugen die Gesamtausgaben 1,892 Millionen Neue Shekel 403 .

09.05.2013: Yitzhak Cohen, führender Repräsentant der Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ und bis vor kurzem stellvertretender Finanzminister, fordert in einem Schreiben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf, alle Möglichkeiten zu prüfen, um der Arabischen Friedensinitiative vom März 2002 zum Erfolg zu verhelfen und die Hilfe für palästinensische Flüchtlinge

402 Noah Browning: UN report: ‚Occupation’ sapping east Jerusalem economy, in „The Jerusalem Post“ 20.05.2013, S. 10.

403 Student petition reveals rising expenses at Netanyahu residence, in „Haaretz“ 16.05.2013, S. 3.

www.reiner-bernstein.de 222 – Chronologie 2013

auszudehnen. Es sei unvorstellbar, wird ein Kenner der „Shas“- Interna zitiert, dass der Brief ohne Absprache mit dem Parteivorsitzenden Eli Yishai abgeschickt worden sei.

Die Führung von „J-Street“ – der liberalen Konkurrenz zum „American Israel Public Affairs Committee (AIPAC)“ – trifft Jerusalem mit Staatspräsident Shimon Peres zusammen. In einem Bericht der Zeitung „Yediot Acharonot (Letzte Nachrichten)“ deute sich damit eine „neue Seite“ in den Beziehungen der israelischen Regierung zu den US-amerikanischen Juden an 404 .

08.05.2013: In Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen bestätigt die Bundregierung den geplanten Verkauf von 104 Kampfpanzern und 50 Infanterie-Geländewagen an Indonesien.

US-Außenminister John Kerry trifft in Rom mit der israelischen Justizministerin Tsipi Livni zusammen, der von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine zentrale Rolle bei neuen Verhandlungen mit den Palästinensern zugemessen worden ist, und kündigt seinen erneuten Besuch in Jerusalem und in Ramallah am 21. und 22. Mai an. Außerdem seien Gespräche mit der Arabischen Liga geplant. Livni, welche die Arabische Friedensinitiative vom März 2002 begrüßt, wird von dem Netanjahu-Vertrauten Itzhak Molcho begleitet.

Das jordanische Parlament verlangt von der Regierung die Ausweisung des israelischen Botschafters Daniel Nevo und die Rückrufung des eigenen Botschafters in Tel Aviv. Voraus gegangen war die Erlaubnis der israelischen Polizei, dass 200 Juden anlässlich des „Jerusalem-Tages“ auf dem Gelände des „Noblen Heiligtums“

404 Itamar Eichner: Israel nähert sich J-Street an, in „Yediot Acharonot“ 09.05.2013 (Hebr.).

www.reiner-bernstein.de 223 – Chronologie 2013

(„Tempelberg“) beten dürfen. Außerdem wurde der Jerusalemer Mohamed Hussein vorübergehen festgenommen. Jordanien hatte sich 1994 im Friedensvertrag Sonderrechte zum Schutz der heiligen Stätten des Islam in Jerusalem ausbedungen.

Israels Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein fordert die Regierung auf, alle Beschränkungen aufzuheben, denen Frauen bisher in öffentlichen Plätzen und Einrichtungen unterworfen wurden. Nach Berichten in der „Jerusalem Post“ und in „Haaretz“ kritisiert Weinstein die Institution jüdischer Eheschließung als „eine Kultur des Nepotismus“ zu Lasten von Menschen ohne Beziehungen. Weinstein führt aus, dass im Jahr 2011 rund 8.300 und 2012 rund 10.000 Konversionen zum Judentum von den 29 Rabbinatsgerichten genehmigt worden seien.

Joseph Shapira, Israels „State Comptroller“ – vergleichbar dem deutschen Bundesrechnungshof – legt seinen ersten Bericht vor, in dem er scharf die Korruption in Ministerien anprangert und zur Förderung sozialer und wirtschaftlicher Programme aufruft.

Einer der führenden Physiker der Welt, der bis zu seiner Emeritierung an der britischen University of Cambridge lehrende Stephen Hawking, sagt seine Teilnahme an der „President’s Conference“ mit dem Titel „Facing Tomorrow“ am 18. Juni – dem 90. Geburtstag von Präsident Shimon Peres – in Jerusalem ab, in dem er sich dem akademischen Boykott gegen Israel anschließt. In einer Stellungnahme fordert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den an den Rollstuhl gefesselten Wissenschaftler auf, die Fakten zu studieren, um fortzusetzen: „Israel is an island of reason, moderation and a desire for peace. There is no state that yearns for peace more than Israel, nor any state has done more for peace than Israel 405 .“ „Haaretz“ zitiert am 12. Mai den an der Universität Haifa lehrenden

405 Herb Keinon and Jonny Paul: Hawking needs to study the true facts about Israel, says PM, in „The Jerusalem Post“10.05.2013, S. 6.

www.reiner-bernstein.de 224 – Chronologie 2013

Steven Plaut mit der Aufforderung an Hawkins, dieser solle sich einen Platz auf der „Achille Lauro“ verschaffen; 1985 war das Schiff von palästinensischen Terrorkommando gekapert und ein schwer behinderter US-amerikanisch-jüdische Passagier über Bord geworfen worden 406 .

Israels Finanzminister Yair Lapid legt den Entwurf für den Haushalt 2012/13 im Volumen von 304,5 Milliarden Neuen Shekel (knapp 66 Milliarden Euro) – „Sonderausgaben“ für Siedlungen und bestimmte Sicherheitsdienste nicht mitgerechnet vor. Zuvor hatten Rating-Agenturen die Kreditwürdigkeit Israels herabgestuft. Der Entwurf geht für die kommenden zwölf Monate von einem Haushaltsloch von 42 Milliarden Neuen Shekel aus und weist für den kommenden Haushalt ein Defizit von 4,65 Prozentpunkten aus, und zwar bei einer Steigerung der Ausgaben um sieben Prozentpunkte, dem höchsten Anstieg im OECD-Vergleich. Mit dieser Bürde im Rücken sind massive Steuerhöhungen, die Anhebung der Mehrwertsteuer und von Versicherungsbeiträgen, Einschränkungen bei Kinderzuschlägen und bei Zuweisungen an Tagesstätten bereits angekündigt, und weitere Einschnitte in die Sozialhaushalte, so bei der Gesundheitsversorgung, werden folgen, weil die angekündigten Kürzungen im Militärhaushalt von etwa vier Milliarden Neuen Shekel nicht ausreichen, die Löcher zu stopfen. Auch Touristen werden künftig stärker zur Kasse gebeten, nicht jedoch im Badeort Eilat 407 . Bereits am 01. Mai drohte Uri Ariel („Das Jüdische Haus“), Minister für Bau und Wohnungsbau, dass seine Fraktion dem Haushalt nicht

406 Bradley Burston: With friends like these..., in „Haaretz “12.05.2013, S. 5.

407 Dazu Reiner Bernstein: Netanjahus „Teile und herrsche“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 225 – Chronologie 2013 zustimmen werde, sollte in den Planungen nicht die volle Subventionierung des Siedlungsbaus gewährleistet werden.

07.05.2013: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Anweisung gegeben, die Beziehungen zum Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) zu normalisieren. Sie waren am 31. März 2013 vom damaligen Außenminister Avigdor Lieberman abgebrochen worden, als der UNHRC eine Untersuchungskommission in die Westbank entsenden wollte.

06.05.2013: Der spirituelle Führer der nicht-chassidischen Welt der „Gottesfürchtigen (Charedim, Deut. 6,2)“ Rabbiner Aharon Leib Shteinman verwahrt sich scharf gegen Pläne, in ultraorthodoxen Schulen säkulare Fächer wie Mathematik und Englisch einzuführen.

05.05.2013: Nach einem Bericht der „Jerusalem Post“ hat der Schweizer Außenminister Didier Burkhalter im Gespräch mit Israels Präsident Shimon Peres in dessen Jerusalemer Residenz die „Genfer Initiative“ erneut ins Gespräch gebracht und diesen Vorschlag auf einer Konferenz des israelischen Teams dieser Blaupause zur Beendigung des Konflikts wiederholt 408 .

04./05.05.2013: In einem Gespräch mit der „International Herald Tribune“ beklagt der am 17. April zurückgetretene palästinensische Ministerpräsident

408 Greer Fay Cashman: Peres angry that UN Human Rights Council ignores abuses by Israel’s enemies, in „The Jerusalem Post“ 06.05.2013, S.4.

www.reiner-bernstein.de 226 – Chronologie 2013

Salam Fayyad die tiefe Enttäuschung in den Reihen von „Fatah“ angesichts des Status quo unter den Bedingungen der israelischen Besatzung. Gleichzeitig lässt Fayyad seine Kritik an der Amtsführung von Präsident Machmud Abbas anklingen: „Our story is a story of failed leadership, from way early on. It is incredible that the fate of the Palestinian people has been in the hands of leaders so entirely casual, so guided by spur-of-the-moment decisions, without seriousness. We don’t strategize, we cut deals in a tactical way and we hold ourselves hostage to our own rhetoric.“ Auf die Spaltung und die immer wieder verschleppte Einigung zwischen der PLO und „Hamas“ eingehend, fährt Fayyad fort: „Let’s be clinical. We are not going to have a state unless we are united first 409 .“

04.05.2013: Dänemark und Finnland werten die palästinensischen Vertretungen zu vollen Botschaften auf, ohne nach Lage der Dinge damit formal einen souveränen Staat Palästina anzuerkennen.

Das Internet-Unternehmen „Google“ ändert den Eintrag „palästinensische Gebiete“ in „Staat Palästina“ um.

Der von Avigdor Lieberman als sein Stellvertreter entlassene Danny Ayalon klagt in einem Interview seinen frühen Chef an, während seiner Amtszeit eine Atmosphäre des Terrors im Außenministerium verbreitet zu haben 410 .

03.05.2013:

409 Roger Cohen: Fayyad steps down, not out, in „The International Herald Tribune“ 04./05.05.2013, S. 6.

410 Vgl. die Eintragung am 05.12.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 227 – Chronologie 2013

Bis zum 05. Mai fliegen israelische Kampfflugzeuge Angriffe auf ein Munitionslager in der Nähe von Damaskus, in dem aus dem Iran geliefertes chemisches und anderes Waffenpotential für die libanesische „Hisbollah“ vermutet wird. Die russische Stellungnahme über keine Kritik am israelischen Vorgehen, sondern beschränkt sich auf eine allgemein formulierte Ablehnung.

April 2013

30.04.2013: Mehr als zehntausend Jordanier unterzeichnen eine Erklärung, in der sie sich gegen eine Konföderation mit einem künftigen Staat Palästina aussprechen.

19.04.2013: Israelische Zeitungen berichten, dass die USA in der kommenden Woche ein Waffengeschäft im Wert von 10 Milliarden US-Dollar mit Israel, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten abschließen werden, ohne den qualitativen Vorsprung Israels in Frage zu stellen.

18.04.2013: Der deutsche Rüstungskonzern Krauss-Maffei teilt mit, dass von Seiten des geheim tagenden Bundessicherheitsrates die Genehmigung für die Lieferung von 62 Panzern des Typs „Leopard- 2“ und 24 Panzerhaubitzen an das Emirat Qatar vorliegt. Der Wert der Lieferungen beläuft sich auf 1,9 Milliarden Euro 411 .

411 Vgl. die Eintragung am 30.07.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 228 – Chronologie 2013

17.04.2013: Gegenüber der ihm wohlwollend verbundenen Radiostation „Voice of Palestine” betont der zurückgetretene Ministerpräsident Salam Fayyad, dass er keine Absicht habe, die Politik zu verlassen, sondern für nationale Prinzipien und die Unabhängigkeit Palästinas weiterarbeiten wolle. Gleichzeitig verlangt er baldige Neuwahlen – eine politische Kampfansage an Präsident Machmud Abbas 412 .

Vor dem Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses betont US-Außenminister John Kerry, dass für eine Zwei- Staaten-Lösung nur noch zwei Jahre zur Verfügung stehen. Deshalb sei es dringend geboten, für die Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen Verhandlungen zu sorgen. In einem Kommentar macht Reuven Pedatzur, führender Militärkommentator Israels, Kerry darauf aufmerksam, dass dieser nicht damit rechnen könne, mit dem israelischen Verteidigungsminister Moshe Yaalon einen Partner zu haben, nachdem dieser einen israelischen Rückzug aus dem „Westteil des Landes Israel“ in dieser Generation und sogar im gegenwärtigen Jahrhundert ausgeschlossen hat 413 .

In einem Brief an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton appelliert der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erakat an die Europäische Union, sich für die sofortige Freilassung von Samer Issawi einzusetzen. Sein Tod würde eine neue Runde der Gewalt gegen Israel auslösen, warnt Erakat 414 .

412 Vgl. die Eintragung am 13.04.2013 in dieser Zeitleiste.

413 Reuven Pedatzur: Kerry, beware the bogeyman, in „Haaretz“ 17.04.2013. Yaalon führt den Spitznamen „Bogey“.

414 Vgl. die Eintragung am 13.04.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 229 – Chronologie 2013

Israel öffnet den Grenzübergang Kerem Shalom (Karem Abu Salem) für den Güterverkehr zum Gazastreifen 415 .

Auf Betreiben des Industriellen Stef Wertheimer soll in Nazareth mit seinen rund 70.000 Einwohnern auf 18.000 Quadratmetern der sechste jüdisch-arabische Industriepark in Israel für 30 exportorientierte Firmen und tausend Arbeitsplätze mit einem Investitionsvolumen von 20 Millionen US-Dollar entstehen.

Im Hauptkommentar vertritt der Israel-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Hans-Christian Rößler die Auffassung, dass Israel mit den Parlamentswahlen am 22. Januar politisch in die Mitte gerückt sei, mit sich jedoch „selbst nicht im Reinen“ sei, wenn es den Anspruch erhebe, jüdisch und demokratisch zu sein. Rößler verweist nach dem Scheitern einer Verfassung auf den Einfluss der Ultraorthodoxie, die den Staat ablehnt und dem Arbeitsmarkt aufgrund der Konzentration ihres Lebens auf religiöse Studien nicht zur Verfügung steht, und auf die Siedler, deren Zahl er mit 340.000 angibt – womit er die Siedler im einstig arabischen Ost-Jerusalem nicht mitzählt 416 .

Der Jüdische Gemeinderat Ägyptens, der nur noch 40 überwiegend ältere Juden in Kairo und Alexandria vertritt, wählt nach dem Tod ihrer 82-jährigen Vorsitzenden Carmen Weinstein am 13. April die 60 Jahre alte Magda Haroun als Nachfolgerin. Gegenüber der Nachrichtenagentur „Associated Press“ bezeichnet sich Haroun zunächst als Ägypterin und dann als Jüdin. Ihr Vater war ein antizionistischer Nationalist.

Nach dem Beschuss des israelischen Badeortes Eilat mit zwei Raketen ordnet das ägyptische Militär die Entsendung einer Militäreinheit in den Sinai an.

415 Vgl. die Eintragung am 08.04.2013 in dieser Zeitleiste.

416 Hans-Christian Rößler: Die Grenzen Israels, in FAZ 17.04.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 230 – Chronologie 2013

16.04.2013: Im Interview mit dem Armeerundfunk „Galei Tsahal (Wellen der Verteidigungsstreitkräfte)“ betont Generalstabschef Benny Gantz, dass Israel nicht mit einer dritten „Intifada“ in der Westbank rechne. Auf das Nuklearprogramm Irans angesprochen, führt Gantz aus, dass Israel aus eigener Kraft die dortigen Einrichtungen angreifen könne.

In seiner Ansprache aus Anlass des 65. Unabhängigkeitstages preist Staatspräsident Shimon Peres die Erfolge des jüdischen Volkes in Israel nach den Gräueln des Holocaust. Im Kampf ums Überleben gegen die arabischen Angriffe 1948 rühmt er, dass die Soldaten auf der „Reinheit der Waffen“ gegenüber ihren Feinden bedacht gewesen seien. Gegenüber dem Iran, der „Hisbollah“ und „Hamas“ mahnt Peres zur Wachsamkeit.

Bei der Begegnung mit dem Ministerpräsidenten Qatars Hamad Bin Djassim Al-Thani in Berlin wiederholt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Absicht, auch in Zukunft der Opposition in Syrien keine Waffen zu liefern, sondern weiterhin für eine politische Lösung einzutreten. Al- Thani wies den Vorwurf zurück, dass die von Qatar und Saudi- Arabien gelieferten Waffen in die Hände der Moslembrüder fallen.

Im Südosten Irans ereignet sich ein schweres Erdbeben mit der Stärke von 7,8 auf der Richterskala. Im benachbarten Pakistan kommen mindestens 34 Menschen ums Leben 417 .

15.04.2013:

417 Vgl. die Eintragung am 09.04.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 231 – Chronologie 2013

Am Abend beginnen in Israel die eintägigen Feiern zum 65. Unabhängigkeitstag. Die Sicherheitsvorkehrungen, die sich auf die palästinensische Bevölkerung in Ost-Jerusalem und in der Westbank auswirken, werden verstärkt.

Jordaniens Ministerpräsident Abdullah Mansour verwahrt sich gegen Kommentare, wonach die Vereinbarung mit der PLO vom 31. März zur Verteidigung der heiligen islamischen Stätten in Jerusalem ein erster Schritt auf dem Weg zu einer jordanisch-palästinensischen Konföderation sei 418 .

Die Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) beendet ergebnislos die Gespräche in Kairo über einen Kredit von 4,8 Milliarden US-Dollar. Nach einem Bericht der Regierung vom selben Tag macht das Haushaltsdefizit mit 197,5 Milliarden Ägyptischen Pfund 9,5 Prozent des Bruttosozialprodukts aus.

Die Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin teilt mit, dass Kerstin Müller, außenpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ende 2013 die Leitung des Tel Aviver Büros übernehmen wird. Müller kandidiert nicht mehr für den Bundestag.

14.04.2013: Die „Jerusalem Post“ berichtet aus einer Umfrage in Zusammenarbeit mit einem Meinungsforschungsinstitut, dass 61 Prozent der israelisch-jüdischen Bevölkerung für die Zwei-Staaten- Lösung plädieren und den Verlauf der „Trennungsmauern“ als künftige Grenze vorschlagen. 23 Prozent würden sich für einen gemeinsamen Staat aussprechen, wobei der palästinensischen

418 Vgl. die Eintragung am 31.03.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 232 – Chronologie 2013

Bevölkerung keine vollen staatsbürgerlichen Rechte eingeräumt werden sollen; 7 Prozent vertreten diese Position 419 .

13.04.2013: Am Abend nimmt der palästinensische Präsident Machmud Abbas das Rücktrittsgesuch von Ministerpräsident Salam Fayyad nach einem 20 Minuten dauernden Gespräch an. Abbas bittet Fayyad, der nicht Mitglied von „Fatah“ ist, sondern der Partei „Der dritte Weg“ vorsteht, bis zur Bestellung eines Nachfolgers die Geschäfte weiterzuführen. „Fatah“-Repräsentanten begrüßen Fayyads bevorstehenden Abschied. Im Gazastreifen findet der Rücktritt bei „Hamas“ Zustimmung, auch wenn er offiziell als eine Angelegenheit bezeichnet wird, die in Ramallah geklärt werden müsse. Kommentatoren machen darauf aufmerksam, dass eine Wiederaufnahme der Gespräche mit Israel durch die Entscheidung Fayyads, der im März der Rücktritt von Finanzminister Nabil Qassis vorausging und die auch Rivalitäten mit Abbas widerspiegeln, nicht leichter werde. In Europas Hauptstädten und in Washington wird der Rückzug Fayyads offen bedauert. Ob er sich bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen noch in diesem Jahr bewirbt, bei denen Abbas nicht mehr antreten will, wird unterschiedlich beurteilt.

Bekannte israelische Persönlichkeiten, unter ihnen Amos Oz und A.B. Yehoshua, verwenden sich in einem Appell für die Freilassung von Samer Issawi, der sich als „Sicherheitsgefangener“ seit geraumer Zeit im Hungerstreik befindet. Sein Tod würde die Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern zusätzlich belasten, heißt es in dem Aufruf. Issawi war 2002 zu 26 Jahre Haft verurteilt worden, weil er an mehreren Mordtaten und an Waffengeschäften beteiligt gewesen sei, Waffen besessen und zu

419 ‚57% support unilateral Israeli move to set borders,’ in „The Jerusalem Post“ 14.04.2013.

www.reiner-bernstein.de 233 – Chronologie 2013 einer Terrorgruppe gehört habe. Im Oktober 2011 war er im Zuge des Gefangenenaustauschs mit Gilat Shalit freigelassen, im August 2012 aber erneut festgenommen worden.

In Kairo ist nach entsprechenden Vorwürfe von Opferfamilien der Vorsitzende des Strafgerichtshofs Mustafa Hassan Abdullah, der das Verfahren gegen Hosni Mubarak wegen der ihm zur Last gelegten Beihilfe zum Tod von 846 Demonstranten nach dem Ausbruch der Unruhen am 25. Januar 2011 leiten sollte, wegen eigener Befangenheit zurückgetreten 420 . Wann das Verfahren, das nunmehr beim Appellationsgericht liegt, dort aufgenommen wird, ist ungewiss.

11.04.2013: Auf der Sitzung der Außenminister der G-8-Staaten in London wird die sich verschärfende menschliche Tragödie in Syrien beklagt und die Verpflichtungen zugunsten eines politischen Übergangs im Lande betont. Sie unterstreichen die Bedeutung der Aufnahme der vielen zehntausend Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Türkei, Libanon und Jordanien. Zu einem direkten Eingreifen können sich die Außenminister nicht entschließen. Zum israelisch-palästinensischen Konflikt wiederholen sie die allgemein bekannten Standpunkte und versichern der Palästinensischen Autonomiebehörde ihre weitere Unterstützung im Prozess zum Aufbau des Staates.

Entgegen der Bitte seiner Botschaft in Tel Aviv hat der kanadische Außenminister John Baird in den vergangenen Tagen die israelische Justizministerin Tsipi Livni in ihrem Büro in Ost-Jerusalem besucht.

„Human Rights Watch“ kritisiert die Regierung des Gazastreifens, dass sieben Palästinenser, die wegen Kollaboration für Israel verurteilt wurden, von Bewaffneten aus ihren Zellen herausgeholt

420 Vgl. zuletzt die Eintragung am 13.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 234 – Chronologie 2013

und getötet worden sind. Moussa Abu Marzouk, stellvertretender Chef von „Hamas“, verurteilt die Bluttat.

Nach dreitägigen Beratungen beschließt das ägyptische Oberhaus („Shura Council“) das von der Regierung eingebrachte Gesetz für die Wahl des Parlaments („People’s Assembly“). Die Opposition meldet Bedenken an, weil die Vorlage unausgewogen sei. Das in Kairo stationierte Büro des „Euro-Mediterranean Human Rights Network (EMHRN)“ fordert die ägyptische Regierung auf, den Entwurf für ein neues NGO-Gesetz zurückzuziehen, weil er nicht im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards stehe.

Der ehemalige Chef der iranischen Verhandlungsdelegation um das Atomprogramm des Landes Hassan Ruchani kündigt seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen am 14. Juni an. In einer Rede kritisierter er den gegenwärtigen Amtsinhaber Machmud Achmadinedjad, dass dieser das Land durch seine Äußerungen und sein diplomatisches Ungeschick in die internationale Isolation getrieben habe sowie für die Verfall der Währung, des Rial, verantwortlich sei 421 .

10.04.2013: Das syrische Militär stürmt die umkämpfte Ortschaft Sanamein in der südlichen Provinz Dera’a, wobei mindestens 45 Menschen getötet werden.

Aufgrund des anhaltenden Flüchtlingsstroms aus Syrien eröffnen die jordanischen Behörden im Norden ein zweites Auffanglager. Nach einer Meldung der palästinensischen Nachrichtenagentur „Ma’an“ sind mindestens 110 syrische Familien in den Gazastreifen gekommen. Auf welchen Wegen dies gelang, wird nicht erläutert.

421 Vgl. zuletzt die Eintragung am 02.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 235 – Chronologie 2013

Ministerpräsident Salam Fayyad soll Präsident Machmud Abbas seinen Rücktritt angeboten haben. Grund seien unterschiedliche Positionen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Da Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gleichzeitig das Amt des Außenministers bekleidet, nachdem Avigdor Lieberman eine Anklage wegen Vertrauensbruchs und Korruption bevorsteht, überlegen verschiedene europäische Außenminister eine Absage ihrer Reise nach Israel, weil Netanjahu aufgrund seiner engen Terminplanung den für die Geheimdienste und die internationalen Beziehungen zuständigen Minister Yuval Steinitz als Gesprächspartner vorgeschlagen hat.

09.04.2013: Der als „jüdischer Terrorist“ bezeichnete Jack Teitel, dem der Mord an zwei Palästinensern zur Last gelegt worden ist, wird vom Bezirksgericht Jerusalem zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt.

Bei einem Erdbeben mit der Stärke von 6,3 auf der Richterskala sterben in der Nähe der Stadt Busheer im Süden Irans mindestens 37 Menschen. Die von Russland installierte Atomanlage bei Busheer soll nicht in Mitleidenschaft gezogen worden sein.

08.04.2013: Am zweiten Tag seines dreitägigen Aufenthalts trifft US- Außenminister John Kerry nach einem Besuch in der Gedenkstätte „Yad vaShem“ (Jes. 56,4 f.) im US- Generalkonsulat in Jerusalem palästinensische Persönlichkeiten, bevor er mit Staatspräsident Shimon Peres zusammenkommt. Zur Begrüßung Kerrys betont Peres, dass „ein neuer Wind des Friedens durch den Nahen Osten bläst“. Mit der Wiederwahl von Präsident Barack Obama und der neuen www.reiner-bernstein.de 236 – Chronologie 2013

israelischen Regierung sei ein neues Gespür des Optimismus eingezogen. Frieden sei möglich. Die Zwei-Staaten-Lösung sei die beste Lösung, die Parameter für ein Abkommen („agreement“) würden bereits vorliegen. Am 07. April hatte Kerry den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas in Ramallah getroffen. Ein gemeinsames Kommuniqué wurde nicht veröffentlicht. Am 09. April sind Gespräche mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Kabinettsmitgliedern geplant. Zum Abschluss seines Aufenthalts mahnt Kerry in einer kurzen Pressekonferenz auf dem Tel Aviver Ben-Gurion- Flughafen zur Ruhe und Besonnenheit. Konkrete Ergebnisse seines Besuchs bleiben aus.

Der Hacker-Angriff unter dem Namen „Anonymous“ gegen Websites von Ministerien und Einrichtungen in Israel seit dem 07. April richtet nach israelischen Angaben nur geringe Schäden an. Als Vergeltung greifen israelische Aktivisten Websites islamistischer Gruppen an und überfluten sie mit pro-israelischen Meldungen und mit der israelischen Nationalhymne.

Khaled Meshal wird von der beratenden Versammlung („Shura“) der „Hamas“ per Akklamation zum Vorsitzenden des Politischen Büros gewählt. Zuvor hatten Ismail Haniyeh und Mousa Abu Marzouk auf eine Kandidatur verzichtet 422 .

Nach Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen sperrt Israel die beiden Grenzübergänge Kerem Shalom und Ere ż. Die Vereinten Nationen nehmen die Versorgung der Bevölkerung des Gazastreifens wieder auf.

422 Vgl. die Eintragungen am 25.12.2012, am 08.12.2012 und am 23.09.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 237 – Chronologie 2013

Die Autobombe eines Selbstmordattentäters tötet im Zentrum von Damaskus mindestens 15 Personen. Das syrische Außenministerium verweigert die Einreise einer UN-Delegation zur Untersuchung von vermuteten Einsätzen von Chemiewaffen in Aleppo. Die Untersuchung war von der Regierung selbst angefordert worden 423 .

Beim Messebesuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Hannover betont Bundeskanzlerin Angela Merkel im Hinblick auf Beeinträchtigungen der Arbeit deutscher politischen Stiftungen in Russland: „Ich habe noch einmal deutlich gemacht, dass Deutschland für eine starke zivilgesellschaftliche Entwicklung und viele Nichtregierungsorganisationen eintritt.“

07.04.2013: Im Nachgang zum Besuch von Barack Obama in Israel wirft Yoram Ettinger in seinem „Ettinger Report“, aus dem die der Regierung nahestehende Zeitung „Israel haYom (Israel heute)“ zitiert, dem US- Präsidenten vor, in seinem Aufruf für die Wahrung des jüdischen und demokratischen Charakters Israels die demographische Entwicklung nicht zu beachten. Ettinger behauptet, dass sich diese zugunsten Israels entwickle. In einer Projektion für das Gesamtjahr 2013 würden in Israel sowie in „Judäa und Samaria“ 6,3 Millionen Juden (oder 66 Prozent, zu denen Ettinger 350.00 Einwanderer zählt, die vom Oberrabbinat noch nicht als Juden anerkannt seien) 1,66 Millionen „Araber“ in Israel und weitere 1,65 Millionen „Araber“ in der Westbank gegenüberstehen. Aufgrund der jüdischen Geburtenüberschüsse und der Einwanderung würde das jüdische Gewicht bis 2030 auf 80 Prozent ansteigen 424 .

423 Vgl. zuletzt die Eintragung am 12.03.2013 in dieser Zeitleiste.

424 Yoram Ettinger: Israel’s Jewish Demography Defies Conventions, in „Ettinger Report“ 05.04.2013.

www.reiner-bernstein.de 238 – Chronologie 2013

Der ägyptische Ministerpräsident Hisham Qandil bildet sein Kabinett um und verstärkt den Einfluss der Moslembruderschaft. Zum Finanzminister wird Fayyad Abdel Moneim ernannt, der Al-Mursi Al- Sayid Hegazy ersetzt. Achmed Suleiman übernimmt von Achmed Mekki das Justizressort, und Sherif Hadara wird Erdölminister.

06.04.2013: Als Nachfolger von Ministerpräsident Najib Mikati gewinnt Tam[m]am Salam im libanesischen Parlament eine große Mehrheit; 120 der 128 Abgeordneten stimmen für ihn. Auf den 1945 geborenen und aus einer prominenten sunnitischen Familie stammenden Salam kommt nun die Aufgabe zu, eine Regierung zu bilden. Er gilt als wenig durchsetzungsfähig. Ihm werden enge Kontakte zum Westen und zu Saudi-Arabien nachgesagt. In einem Interview mit der BBC bezeichnet Salam den Widerstand gegen Israel als legitim, verweist aber darauf, dass der Politik die alleinige Entscheidung über Krieg und Frieden zustehe. In einem weiteren Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP unterstreicht er die Unterstützung des syrischen Volkes in seinem Kampf für die Freiheit, doch werde Libanon sich in den Bürgerkrieg im Nachbarland nicht einmischen. Inzwischen leben rund 400.000 syrische Flüchtlinge im Libanon 425 .

Bei Zusammenstößen zwischen Moslems und Christen in der Ortschaft Khosous südlich von Kairo werden vier Christen und ein Moslem getötet. Außerdem einer Kirche in Kairo kommen am 07. April weitere fünf Menschen zu Tode. Bis zum 11. April steigt die Zahl der Toten auf 7.

425 Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.03.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 239 – Chronologie 2013

In einer Erklärung fordert der Revolutionsrat von „Fatah“ in Ramallah die politische Widerbelebung des Nahost-Quartetts (USA, EU, Russland und UN-Generalsekretariat).

05.04.2013: Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) befindet sich ein Viertel der Bevölkerung Syriens auf der Flucht, davon 4 Millionen innerhalb und 1,5 Millionen außerhalb des Landes. Der libanesische Staatspräsident Michel Suleiman fordert die Vereinten Nationen dazu auf, innerhalb Syriens für geschützte Flüchtlingslager zu sorgen. Im Libanon selbst seien inzwischen 400.000 Flüchtlinge aus dem Nachbarland gestrandet.

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur „Reuters“ hat sich James Moran, Leiter der EU-Delegation, die gegenwärtig Kairo besucht, darüber beschwert, dass der vorliegende Gesetzentwurf für die im Lande tätigen internationalen NGO’s heute schärfer sei als in der Regierungszeit von Hosni Mubarak.

04.04.2013: Der Begründer der ägyptischen „Nationalen Rettungsfront“ Mohamed El-Baradei fordert die Regierung und den Generalstaatsanwalt zum Rücktritt auf, um den Weg für eine nationale Verständigung freizumachen 426 .

03.04.2013: 4.500 palästinensische Häftlinge in Israel treten in einen dreitägigen Hungerstreik, nachdem einer von ihnen, der 63 Jahre alte Maysara Abu Kabir, am Vortag an Krebs gestorben ist 427 . Abu Kabir war nach

426 Vgl. zuletzt die Eintragung am 31.01.2013 in dieser Zeitleiste.

427 Vgl. zuletzt die Eintragung am 12.03.2013 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 240 – Chronologie 2013

einem Terroranschlag im Jerusalemer Café „Caffit“ in der „German Colony“, der 2002 verhindert werden konnte, zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach einem Beschuss aus dem Gazastreifen, zu der sich eine salafistische Gruppe bekannte, fliegt die israelische Luftwaffe einen Angriff auf zwei Ziele im Gazastreifen. In beiden Fällen soll es keine Toten und Verletzten gegeben haben. Am Vormittag des 04. April wird ein 17-jähriger Mann am Anabta- Checkpoint bei Tulkarem von Soldaten erschossen. Einer seiner Freunde wird beim Versuch, ihm zu helfen, in den Arm geschossen. Ein anderer wird festgenommen, während einer vierter zunächst entkommt, gegen Abend jedoch tot aufgefunden wird. Die Scharmützel um den Gazastreifen halten an.

In einem Brief fordern führende US-amerikanische Juden, unter ihnen der frühere hohe Beamte im Pentagon Dov Zakheim, der ehemalige Vorsitzende des „Board of Governors“ der „Jewish Agency“ Richard Pearlstone sowie die Vorsitzende der „Jewish Federations of North America General Assembly“ Susie Gelman, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu vertrauensbildenden Maßnahmen gegenüber den Palästinensern auf, um neue Verhandlungen für die Zwei-Staaten-Lösung zu ermöglichen.

02.04.2013: Die UN-Vollversammlung nimmt den Vertrag über den internationalen Waffenhandel „Arms TradeTreaty (ATT)“ mit der überwältigenden Mehrheit von 154 Stimmen bei 23 Enthaltungen – zu denen Russland gehört – an. Nur Nordkorea, Iran und Syrien stimmen gegen den Vertrag, der die Ein- und Ausfuhr von Handfeuerwaffen bis zu Kriegsschiffen regeln soll. Der Text des Vertrages lässt Interpretationsspielräume zu, ob er sich zum Beispiel auch auf Waffenlieferungen an die syrische Opposition bezieht.

www.reiner-bernstein.de 241 – Chronologie 2013

Nachdem Deutschland im vergangenen Jahr Rüstungsgüter im Wert 935 Millionen Euro exportiert hat, fordert der außenpolitische Sprecher der SDP-Fraktion Rolf Mützenich die Bundesregierung auf, den Vertrag schnell in nationales Recht umzusetzen.

März 2013

31.03.2013: Jordaniens König Abdullah II. und der palästinensische Präsident Machmud Abbas unterzeichnen in Amman eine Vereinbarung, wonach die PLO und die Autonomiebehörde den Status der haschemitischen Krone als Hüterin der heiligen moslemischen Stätten in Jerusalem bestätigen – der Rekurs auf das religiöse Gewicht des Emirats Transjordanien 1924 in Palästina für die gesamte islamische Welt, der Verweis darauf, dass der Souveränitätsverzicht König Husseins vom 31. Juli 1988 nicht Jerusalem einschloss, die palästinensische Zustimmung zum entsprechenden Passus im israelisch- jordanischen Friedensvertrag von 1994 sowie ein Symbol für den politischen Zusammenhang zwischen Jordanien und Palästina auf dem Weg zu einer Regelung des Nahostkonflikts 428 .

30.03.2013: In Israel, in der Westbank und im Gazastreifen an der Grenze zu Israel beteiligen sich einige hundert Palästinenser am „Tag des Bodens“, der seit 1976 begangen wird, als in Galiläa arabische Böden enteignet wurden.

428 Text der Vereinbarung in der Menüleiste „Genfer Initiative – Begleitende Dokumente“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 242 – Chronologie 2013

In Jordanien legt die neue Regierung von Abdullah Ensour, der mit ihm 19 Minister – darunter nur eine Frau, Reem Abu Hassan als Ministerin für soziale Entwicklung – angehören, vor König Abdullah II. ihren Amtseid ab 429 . Außenminister bleibt Nasser Judeh. Kein Minister gehört dem Parlament an.

29.03.2013: In einem Meinungsbeitrag für „Haaretz“ beschwert sich die Journalistin Ilene Prusher darüber, dass die Regierung die Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur innerhalb der Grenzen vor 1967 vernachlässige. Deshalb habe sie sich mit ihrer Familie gezwungen gesehen, in den nach israelischen Standards günstigen Wohnort Arnona (im Süden Jerusalems zwischen Talpiot und Ramat Rachel gelegen) zu ziehen, weil die Wohnungspreise in Jerusalem und in den Vororten wie Mevasseret Zion, in Tekoa – offizieller Wohnort von Avigdor Lieberman und des verstorbenen Rabbiners Menachem Froman 430 – sowie im Moshav Beit Zayit – „Jerusalems Beverly Hills“ – explodieren. Kein Wunder also, schließt die Autorin, dass immer mehr Israelis in die Westbank umziehen, nachdem Benjamin Netanjahu für dieses Jahr den Bau von noch mehr Wohneinheiten zugesagt habe, nachdem sich die Zahl 2012 auf 6.676 belaufen habe 431 .

Nach dem Scheitern der Osloer Vereinbarungen von 1993 und 1995 ruft Avraham Burg, früherer Vorsitzender der „Jewish Agency“ und Präsident der Knesset, zu einem politisch radikalen Umdenken auf. Dabei wendet er sich indirekt von der Zwei-Staaten-Lösung ab. In den vergangenen zwei Jahren habe

429 Vgl. zuletzt die Eintragung am 21.02.2013 in dieser Zeitleiste.

430 Vgl. die Eintragung am 04.03.2013 in dieser Zeitleiste.

431 Ilene Prusher: If I forget thee, O Jerusalem, I could have so much more living space, in „Haaretz” 29.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 243 – Chronologie 2013 eine Gruppe von Israelis und Palästinensern mit Unterstützung des „Kreisky Forum für International Dialogue“ – die Namen der Beteiligten nennt Burg nicht – Lösungsprinzipien ohne die Absicht praktischer und detaillierter Angebote in der Überzeugung erarbeitet, dass das Schicksal beider Völker unentwirrbar miteinander verbunden sei, dass sie Teil des Nahen Ostens seien und dass keines von beiden Privilegien und ausschließliche Souveränität über das Territorium zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer habe. Burg gliedert den Entwurf in vier Punkte:

• Jedem Menschen, der zwischen dem Jordan und dem Mittemeer wohnt oder dort Wohnrecht hat, werden gleiche persönliche, politische, wirtschaftliche und soziale Rechte gewährleistet. Zu diesen Rechten gehören Verteidigung und Sicherheit, gleiche Behandlung ohne Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit oder der Religion, Bewegungsfreiheit, Besitz und Eigentum von Gütern, Zugang zu Gerichten sowie aktives und passives Wahlrecht.

• Die kollektiven sprachlichen, kulturellen, religiösen und politischen Rechte der „jüdischen Israelis und Palästinenser“ werden in jeder politischen Gestalt garantiert. Keine Seite übt exklusive Souveränität über das Land aus einschließlich Eigentum an Boden, Zugang zu natürlichen Ressourcen usw.

• Alle exklusiven Rechte, die gegenwärtig israelischen Juden zugeordnet sind, werden aufgehoben, wozu Bodeneigentum und Zugang zu natürlichen Ressourcen gehören. Alle materiellen und politischen Ressourcen werden auf der Grundlage von Prinzipien des wiederhergestellten Rechts neu verteilt.

• Das palästinensische Recht auf Rückkehr, das in der Resolution 194 der UN-Vollversammlung vom 11. Dezember 1948 www.reiner-bernstein.de 244 – Chronologie 2013

niedergelegt ist, wird anerkannt. Sein Vollzug stellt die aktuelle Wirklichkeit in Rechnung.

Die neuen politischen Institutionen verabschieden demokratische Einwanderungsgesetze zur Staatsbürgerschaft. Juden und Palästinenser in der Diaspora erhalten einen speziellen Status im Prozess des Erwerbs der Staatsbürgerschaft 432 .

Wie in den vergangenen Jahren verfolgen ausländische Botschaften mit Sorge die israelische Praxis, vielen palästinensischen Christen aus der Westbank die Teilnahme an den Karfreitagsgottesdiensten in der Altstadt Jerusalems zu verweigern. Touristen aus dem Ausland unterliegen keinen besonderen Einschränkungen.

Der frühere Leiter des ARD-Fernsehstudios in Kairo Jörg Armbruster wird während seiner Recherchen für eine Dokumentation im Norden Syriens schwer verletzt und nach einer Notoperation vor Ort in die Türkei gebracht. Sein Zustand wird als ernst, aber stabil bezeichnet.

28.03.2013: Anne-Marie Slaughter, ehemalige Chefin der Planungsabteilung im State Department und international renommierte Professorin für Politikwissenschaften und internationale Angelegenheiten an der Princeton University, stellt in einem Gastbeitrag für die „Welt“ die israelisch-palästinensische Zwei-Staaten-Lösung in Frage und fordert die internationale Politik dazu auf, in eine „neue visionäre Richtung“ zu denken, bei der Israelis und Palästinenser überall im Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan wohnen können, wenn „die schleichende physische Erweiterung des israelischen Staates und die demographische

432 Avraham Burg: Oslo is dead, what’s next, in „Haaretz” 29.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 245 – Chronologie 2013

Ausdehnung der israelischen Araber das Fundament [zweier Staaten] untergraben“ sollten. Als Vorlage für die genannte neue Richtung verweist die Autorin auf das Modell der Europäischen Union, „in der die Bürger der Mitgliedsstaaten überall unter Beibehaltung ihrer staatlichen Zugehörigkeit und kulturellen Identität leben und arbeiten können“ 433 .

Im Interview mit dem Französischen Fernsehen rückt Staatspräsident François Hollande von der früheren Bereitschaft ab, den Aufständischen in Syrien mit Waffen zu versorgen 434 . Unter Verweis auf den Vorsitzenden der Übergangsregierung Ghassan Hitto, der den Moslembrüdern nahestehen soll 435 , sei zu befürchten, dass Teile in die Hand islamistischer Gruppen fallen könnten, heißt es im Pariser Außenministerium.

Das israelische Militär richtet für syrische Verwundete aus humanitären Gründen auf den Golanhöhen ein Feldlazarett ein. Nach ihrer Behandlung würden sie nach Syrien zurückgeschickt, heißt es.

27.03.2013: Nach einem Bericht von „Haaretz“, der sich auf Dokumente des Obersten Gerichtshofs bezieht, hat die 1981 eingerichtete israelische Zivilverwaltung für die palästinensischen Gebiete seit 1967 in der Westbank nur 0,7 Prozent (= 86 Hektar) des 13.000 Hektar umfassenden Staatslandes den Palästinensern, aber 38 Prozent den Siedlern zur Verfügung gestellt 436 . Am 28. März berichtet das Blatt, dass 140 Hektar nördlich des Toten Meers von der „Civil

433 Anne-Marie Slaughter: Das Zwei-Staaten-Modell ist das Problem, in „Die Welt“ 28.03.2013.

434 Vgl. zuletzt die Eintragung am 22.03.2013 in dieser Zeitleiste.

435 Vgl. zuletzt die Eintragung am 18.03.2013 in dieser Zeitleiste.

436 Chaim Levinson: Just 0.7% of state land in the West Bank has been allocated to Palestinians, Israel admits, in „Haaretz“ 27.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 246 – Chronologie 2013

Administration“ als Staatsland reklamiert worden seien. Die Ansprüche palästinensischer Dorfer seien zurückgewiesen worden 437 .

Nach Angaben des saudi-arabischen Innenministeriums ist ein jemenitischer Staatsbürger, der einen pakistanischen Gastarbeiter getötet und mehrere andere Verbrechen begangen habe, enthauptet worden. Der Leichnam sei anschließend gekreuzigt worden. Nachrichtenagenturen berichten, dass in diesem Jahr bereits 28 und im Jahr 2012 insgesamt 76 Menschen hingerichtet worden seien.

Die Europäische Union überweist die zweite Tranche des Hilfspakets in Höhe von 148 Millionen Euro im Zuge ihres Nachbarschafts- und Partnerschaftsprogramms. Davon sind 108 Millionen Euro für die Palästinensische Autonomiebehörde im Zuge des Ende 2007 von der internationalen Geberkonferenz in Paris eingerichteten PEGASE-Programms – technische Hilfen für Regierungsführung, soziale Entwicklung, Wirtschaft und Privatsektoren-Entwicklung sowie öffentliche Infrastrukturen – sowie 40 Millionen Euro für das UN-Flüchtlingswerk (UNRWA) für Maßnahmen der Bildung, Gesundheit und Rehabilitation sowie für soziale Dienste in der Westbank, im Gazastreifen, in Jordanien, Syrien und im Libanon gedacht. Am selben Tag billigt die Autonomiebehörde unter Leitung von Ministerpräsident Salam Fayyad den Haushaltsplan für 2013 mit einem Volumen von über 3,8 Milliarden US-Dollar. Davon sind 1,8 Milliarden für Gehälter und Dienstleistungen eingesetzt. Es wird erwartet, dass 2,6 Milliarden aus Steuern und Abgaben eingenommen und dass 1,4 Milliarden an internationalen Hilfsgeldern überwiesen werden. Nach einem Bericht gehen 41 Prozent der Mittel an 145.000 Angestellte – darunter 62.000 im

437 Chaim Levinson: Israel rejects Palestinian claims, registers Dead See land as state land, in „Haaretz“ 28.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 247 – Chronologie 2013

Gazastreifen – der Autonomiebehörde 438 . Da arabische Geldgeber wie Saudi-Arabien und Qatar im vergangenen Jahr nur einen Teil ihrer Finanzzusagen erfüllt haben, vermutet der amerikanisch-palästinensische Berater Sam Bahour, dass die Zurückhaltung auf den Einfluss der USA auf die dortigen Regimes zurückzuführen sei. Am 30. März unterzeichnet Präsident Machmud Abbas die Vorlage.

Israel öffnet die Grenzsperren zum Gazastreifen für Zivilisten mit Einreisegenehmigung und für den Warenverkehr.

Die israelischen Sicherheitskräfte nehmen in Hebron den zu „Hamas“ gehörenden Parlamentarier Mohamed Natsheh und vier weitere Angehörige von „Hamas“ unter dem Verdacht terroristischer Aktivitäten fest. Natsheh wurde im Januar nach sechsmonatiger Verwaltungshaft – das heißt ohne Anklage und Verfahren – freigelassen. Die Zahl der palästinensischen Parlamentarier in israelischer Verwaltungshaft soll gegenwärtig bei 14 liegen. Moshe Feiglin, einer der stellvertretenden Knesset-Präsidenten, wird von islamischen Gläubigen mit eine Menschenkette daran gehindert, den „Haram Al-Sharif“ / Tempelberg zu betreten. Dagegen gelingt es einer kleinen Gruppe Siedler, in eine Moschee am Dung-Tor einzudringen.

26.03.2013: Die Teilnehmer der 24. Arabischen Gipfelkonferenz in Doha (Qatar) 439 beschließen, einen Fonds über 1 Milliarde US-Dollar für die Rettung des arabisch-islamischen Teils Jerusalems an die Palästinensische Autonomiebehörde aufzulegen. Machmud Abbas kündigt an, dass er sich das Recht vorbehalten wolle, den

438 Amira Hass: Palestinian budget reflects PA dependence on Israel, U.S., in „Haaretz” 31.03.2013.

439 Vgl. die Eintragung am 18.03.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 248 – Chronologie 2013

Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anzurufen, um die israelische Siedlungspolitik zu stoppen. Der palästinensische Chefdiplomat Saeb Erakat kündet die Entsendung einer arabischen Delegation auf Außenministerebene nach Washington mit einem Friedensplan an.

Nach israelischen Pressemeldungen soll in den kommenden Tagen ein gemeinsames türkisch-israelisches Komitee zusammentreten, um Schadensersatzregelungen für die „Mavi Marmara-(Blaues Marmarameer)“-Angehörigen zu diskutieren 440 . Am 11. April soll dazu eine israelische Delegation in Ankara eintreffen. Israel will jeder Familie 100.000 US-Dollar als Entschädigung anbieten, während die türkische Regierung das Zehnfache erwarte, heißt es in Medienberichten.

25.03.2013: Die israelische Regierung beschließt die Freigabe der einbehaltenen Zölle und Abgaben für die Palästinensische Autonomiebehörde 441 .

24.03.2013: Der neue israelische Finanzminister Yair Lapid zeigt sich höchst besorgt über die Wirtschaftslage. In der Vergangenheit seien riesige Kredite aufgenommen worden, denen er in seinem ersten Amtsjahr „resolut“ seine vorrangige Aufmerksamkeit widmen müsse.

Nach Berichten israelischer Medien will US-Außenminister John Kerry in den kommenden drei bis sechs Monaten für die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern sorgen, in deren Mittelpunkt die Grenzen des

440 Vgl. die Eintragung am 22.03.2013 in dieser Zeitleiste.

441 Vgl. zuletzt die Eintragung am 31.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 249 – Chronologie 2013 künftigen Staates Palästina und Israels Sicherheitsbedürfnisse stehen sollen. Kerry und Präsident Barack Obama hätten Benjamin Netanjahu und Machmud Abbas aufgefordert, vertrauensbildende Schritte einzuleiten. Dazu würden von israelischer Seite „stille Aktionen“ gehören, um etwa den Bau des E-1-Korridors zwischen Jerusalem und Maale Adumim beenden 442 . Am 28. März berichten israelische Nachrichtenagenturen, dass der aus dem Amt geschiedene Verteidigungsminister Ehud Barak versehentlich nicht zu den Empfängen der Regierung und des Staatspräsidenten zu Ehren von Barack Obama eingeladen worden sei.

23.03.2013: Der libanesische Ministerpräsident Najib Mikati reicht bei Staatspräsident Michel Suleiman seinen Rücktritt ein und fordert die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit. Nach Zeitungsmeldungen aus Beirut soll Mikati am 22. März vergeblich versucht haben, die „Hisbollah“ für die Etablierung eines Gremiums zu gewinnen, die Vorbereitungen zu den am 09. Juni geplanten Parlamentswahlen zu beaufsichtigen. Außerdem sei Mikati mit seinem Bemühen gescheitert, die Amtszeit des Sicherheitschefs Ashraf Rifi zu verlängern. Mikati bleibt geschäftsführend im Amt. Mitte April folgt ihm der Sunnit Tamam Salam.

22.03.2013: Im Bericht über den zweiten Tag des Besuchs von US-Präsident Barack Obama in Israel, so der SZ-Korrespondent Peter Münch, war „die Bühne hell ausgeleuchtet für die neueste nahöstliche Seifenoper: die große Bibi- und Barack-Show“ 443 . Nach dem Besuch in Bethlehem und der Holocaust-Gedenkstätte „Yad Vashem“ in Jerusalem fliegt Obama weiter nach Amman. Dort

442 Vgl. zuletzt die Eintragung am 21.03.2013 in dieser Zeitleiste.

443 Peter Münch: Klammern für den Frieden, in SZ 22.03.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 250 – Chronologie 2013

wiederholt Obama die amerikanischen Verpflichtungen für die Sicherheit Jordaniens und sagt dem Land weitere 200 Millionen US-Dollar für 2013 zu zur Versorgung der über 460.000 Flüchtlinge aus Syrien. Israelis und Palästinenser müssten Schritte zur Wiederaufnahme der Friedensgespräche unternehmen, so Obama weiter, weil das „window of opportunity“ offen sei.

Auf Vermittlung der USA greift Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Telefonhörer und entschuldigt sich für den Tod von neun Passagieren türkischer Herkunft auf der „Mavi Marmara (Blaues Mittelmeer)“ am 31. Mai 2010 bei seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyib Erdo ğan und hofft auf die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen. Erdo ğan nimmt die Entschuldigung an und lobt die „jahrhundertelange enge Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen dem türkischen und dem jüdischen Volk“. Voraussetzungen für die Normalisierung seien aber die Entschädigung der Opferfamilien sowie die Aufhebung der israelischen Blockade des Gazastreifens. Wenig später kündigt er seinen baldigen Besuch im Gazastreifen an. Avigdor Lieberman kritisiert die Entschuldigung Netanjahus scharf. Dagegen begrüßt das US-State Department die Verbesserung der israelisch-türkischen Beziehungen als einen Beitrag zum Frieden in der Region.

In einem Appell unter Leitung von Professor Daniel Bar-Tal, „Branco Weiss Professor of Research in Child Development and Education“ an der Universität Tel Aviv, appellieren israelische Persönlichkeiten an die jüdische Diaspora, sie im Kampf um die Bewahrung der friedfertigen, moralischen, demokratischen und humanistischen Werte in Israel zu unterstützen. Sie gegen mangelnde Moral und antidemokratisches Handeln überall in der Welt gekämpft werde und die Diaspora ihre Stimme gegen die Diskriminierung von Juden in der Welt erhebe, so müsse sich diese auch zu Wort melden, wenn Israel betroffen sei. Die www.reiner-bernstein.de 251 – Chronologie 2013

Dominanz nationalistischer, expansionistischer und antidemokratischer Ideologien habe in Israel die rote Linie überschritten 444 .

Der UN-Menschenrechtsrat in Genf beschließt eine Erklärung zum Boykott aller Produkte aus den Siedlungen der Westbank. Auch private Firmen seien verantwortlich. Israel solle vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen seiner Siedlungspolitik zu bringen. Nur die USA stimmen gegen die Erklärung 445 .

Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ zeigt sich Außenminister Guido Westerwelle skeptisch über Waffenlieferungen der Europäischen Union an die syrische Opposition. Die „Fokussierung auf das Militärische“ sei verständlich, greife aber zu kurz. „Wir müssen beispielsweise den Rückhalt der moderaten Kräfte in der Bevölkerung stärken“, führt Westerwelle aus 446 . Das Treffen der EU-Außenminister am 22. März in Brüssel erbringt keine Einigung. Österreich stellt die Fortführung seiner Beteiligung an der UN-Friedenstruppe auf den Golanhöhen in Frage, sollten Waffenlieferungen an die syrische Opposition beschlossen werden.

21.03.2013: Gegenüber dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas und Ministerpräsident Salam Fayyad bekennt sich US- Präsident Barack Obama am Morgen in Ramallah zur „Schaffung eines unabhängigen und souveränen Staates Palästina“. Der Status quo sei kein Status quo, betont Obama,

444 Das Original des Appells befindet sich in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ dieser Homepage.

445 Vgl. zuletzt die Eintragung am 31.01.2013 in dieser Zeitleiste.

446 Stefan Braun und Daniel Brössler: „Die Partei war mit mir durch und ich mit dem Vorsitz, in SZ 22.03.2013, S. 6.

www.reiner-bernstein.de 252 – Chronologie 2013

weil er sich in eine Richtung entwickle, welche die Zwei-Staaten- Lösung erschwere. Gleichzeitig grenzt sich Obama gegenüber „Hamas“ ab. Das palästinensische Volk verdiene ein Ende der Besatzung und der täglichen Demütigungen. Der Frieden müsse durch direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern erreicht werden. Obama soll die Zustimmung von Abbas eingeholt haben, in den kommenden zwei Monaten auf den Gang zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen des von Israel geplanten Baus des E-1-Korridors 447 zwischen Jerusalem und Maale Adumim zu verzichten, um ihm – Obama – die Chance zu geben, sich für die Wiederaufnahme des Friedensprozesses unter Einschluss eines neuen Siedlungsmoratoriums einzusetzen. Zuvor hatte Abbas für sein Volk „die einfachsten Rechte“ gefordert: „das Recht auf Freiheit, Unabhängigkeit und Frieden“. Nach Angaben der Sprecherin des US-State Department Victoria Nuland haben die USA im Haushaltsjahr 2012 insgesamt 295,7 Millionen US-Dollar und im Jahr 2013 bislang weitere 200 Millionen US-Dollar an die Autonomiebehörde überweisen. Bei seinem Besuch in Ramallah kündigt Obama weitere 500 Millionen US-Dollar an. In einer 40 Minuten dauernden emotionalen Rede vor rund 600 Studenten im Jerusalemer Kongresszentrum am Nachmittag wiederholt seine sicherpolitischen Garantien für Israel, bekennt sich zur Zwei-Staaten-Lösung und ruft die israelische junge Generation auf, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Denn Frieden werde nicht von den Regierenden gemacht, sondern zwischen den Völkern geschlossen, führt Obama mit Seitenblick auf die israelische Regierung aus. „Es sei nicht fair, dass kein palästinensisches Kind in einem eigenen Staat aufwachsen und dass ein palästinensischer Bauer – unter Anspielung auf die „Trennungsmauern“ – sein Land nicht bestellen könne. Besatzung und Vertreibung seien nicht die Antwort auf Israels

447 Vgl. zuletzt die Eintragung am 27.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 253 – Chronologie 2013

Sicherheitsbelange. „Israel steht am Scheideweg“, ruft der Präsident den Studenten zu, die ihn mit Ovationen feiern. Yossi Verter lobt Obamas Auftritt in „Haaretz“ als eine „State of the Union Speech“ an die israelische Adresse. Jenseits seines Auftritts als ein erfahrener Masseur der israelischen Seele sei seine Rede kalt und scharf gewesen. Mit seiner Kritik an der Besatzungspolitik habe er keinen Zweifel an seinen Gefühlen für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gelassen, die vertrauliche Anrede als „Bibi“ solle darüber nicht hinwegtäuschen. Demgegenüber habe er David Ben-Gurion, Menachem Begin, Yitzhak Rabin und mit Würde und Respekt erwähnt 448 . Beim Staatsbankett hatte Obama Ben- Gurion, (Golda) Meir, Begin und Rabin als „Giganten“ gewürdigt, nur Shimon Peres sei heute in unserer Mitte.

In einem Gespräch mit Amira Hass macht der Unternehmer Sam Bahour, der vor 20 Jahren im Zuge der Osloer Vereinbarungen mit großen politischen Hoffnungen aus den USA nach El-Bireh bei Ramallah zurückgekehrt ist, auf das Unverständnis der Autonomiebehörde für das komplizierte Wechselspiel in der US- Politik aufmerksam, das über Erfolg oder Misserfolg von Lobbygruppen entscheide. So habe die Autonomiebehörde als autoritär organisierte Einrichtung regelmäßig einen schwachen Repräsentanten nach Washington entsandt, weil sie davon überzeugt sei, dass direkte Kontakte zum Weißen Haus den Ausschlag geben würden. Solange jedoch die Palästinenser und jene mit US-Staatsbürgerschaft nicht in allen 50 Bundesstaaten vertreten seien wie das „American Israel Public Affairs Committee (AIPAC)“ oder die Waffenindustrie, würden sie nicht verstehen, dass die auswärtigen Beziehungen zur Innenpolitik gehören 449 .

448 Yossi Verter: Obama speech leaves Israel in no doubt what he thinks about Netanyahu, in „Haaretz” 21.03.2013.

449 Amira Hass: Palestinian-American: A new strategy is needed for Palestinian advocacy in U.S., in „Haaretz” 21.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 254 – Chronologie 2013

Bei einem Selbstmordanschlag in einer sunnitischen Moschee in Damaskus kommen 50 Menschen ums Leben, darunter der zuständige Geistliche.

20.03.2013: Ägyptens Moslembruderschaft lässt sich als NGO registrieren.

19.03.2013: Beim ersten Giftgasangriff in Aleppo sterben nach offiziellen Angaben 26 Menschen. Die syrische Regierung und die Aufständischen machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.

Internationale Medien berichten, dass US-Außenminister John Kerry nach dem Abschluss der Besuch von Präsident Barack Obama in Israel, in den palästinensischen Gebieten und in Jordanien am 22. März am Abend des 23. März nach Jerusalem zurückkehren werde. Nachdem mit politischen Fortschritten in den nächsten sechs Monaten nicht zu rechnen sei, wolle er sich wenigstens um die Schaffung eines vertrauensvollen Klimas zwischen Benjamin Netanjahu und Machmud Abbas bemühen. Auch der zweimalige frühere US-amerikanische Botschafter in Tel Aviv, Martin Indyk, der heute an der „Brookings Institution“ in Washington, D.C., arbeitet, stellt die kritische Frage, warum sich Obama vor Gesprächen in Israel nicht mehr Zeit lasse, nachdem er die Erwartungen an einen politischen Erfolg selbst heruntergespielt habe. Den politischen Sinn der Reise sieht Indyk darin, dass sich der Präsident am 22. März in Jerusalem der israelischen Öffentlichkeit als wahrer Freund ihres Landes vorstellen kann 450 .

450 Martin Indyk: Resurrecting Obama’s reputation in the Middle East, in „Haaretz“ 19.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 255 – Chronologie 2013

Am Vorabend des zehnten Jahrestages der US-Invasion in den Irak kommen bei Bombenanschlägen in Bagdad und anderen Städten mindestens 50 Menschen ums Leben.

18.03.2013: In der linksliberalen israelischen Zeitung „Haaretz“ fordert Aluf Benn im Vorfeld des Besuchs von US-Präsident Barack Obama die israelische Linke auf, sich nicht länger Illusionen über die Schaffung einer Zweistaatenregelung hinzugeben 451 .

Shelly Yachimovich wird zur Vorsitzenden der Fraktion der Arbeitspartei in der Knesset gewählt.

Der „Syrische Nationalrat“ wählt auf seiner Sitzung in Istanbul den 49 Jahre alten Ghassan Hitto zum Vorsitzenden einer Gegenregierung, die für die „befreiten“ Gebiete im Norden und Nordwesten Syriens die Kontrolle übernehmen soll. Am Vorabend ihrer am 25. März beginnenden Gipfelkonferenz beschließt die Arabische Liga in Doha die Aufnahme des „Syrischen Nationalrates“ anstelle des Assad- Regimes, dessen Mitgliedschaft im Frühjahr 2012 suspendiert worden war. Zugleich gibt der Vorsitzende des Nationalrates Mouaz al-Khatib seinen Rücktritt bekannt, weil seine Handlungsfreiheit eingeschränkt sei 452 . Er wird nicht akzeptiert. Am 27. März beansprucht der Nationalrat den syrischen Sitz bei den Vereinten Nationen.

16.03.2013:

451 Aluf Benn: Linke Israelis, hört auf zu phantasieren, in „Haaretz“ 18.03.2013. Text der Übertragung ins Deutsche und der Erläuterungen in der Menüleiste „Berichte aus Nahost“ dieser Homepage.

452 Vgl. zuletzt die Eintragungen am 24.03.2012 und am 28.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 256 – Chronologie 2013

Ben Rhodes, stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater von US- Präsident Barack Obama, betont gegenüber der Presse, dass bei dessen Besuch vom 20. bis 22. März in Israel und in den palästinensischen Gebieten keine neue politische Initiative zu erwarten sei, doch würde das amerikanische Engagement nicht nachlassen. Obama komme, um die Positionen beider Parteien kennenzulernen. Hinweise auf einen Staat Palästina vermeidend, betont Rhodes, dass die USA den Aufbau von palästinensischen Institutionen fortsetzen würden, um den Friedensprozess zu fördern. Washington arbeite eng mit Israel auf den Gebieten der Sicherheit, der Nachrichtendienste und der Wirtschaft zusammen. Bei seinen Gesprächen in Jerusalem gehe es außerdem um die Verhinderung eines iranischen Nuklearprogramms und um die Lage in Syrien. Am 21. März werde Obama den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas und Ministerpräsident Salam Fayyad in Ramallah treffen und später im West-Jerusalemer Kongresszentrum eine Ansprache an das israelische Volk halten. Am 22. März sei ein Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte „Yad waShem“ geplant, bevor er die Geburtskirche in Bethlehem besuchen werde. Insgesamt lässt das Besuchsprogramm erkennen, dass der Präsident nur einen kurzen Abstecher in die Westbank unternimmt 453 . Der Londoner „Guardian“ versieht seinen Kommentar mit dem Titel „Obama in Israel: waiting for Godot“ 454 . Am selben Tag ruft der Abgeordnete Nachman Shai (Arbeitspartei) den israelischen Studentenbund auf, Obamas Ansprache im Kongresszentrum zu boykottieren, weil der Präsident dem „Universitätszentrum für Samaria“ in der 20.000 Personen starken Stadt Ariel keinen Besuch abstatten wolle. Es sei ihm, so Shai, unverständlich, wie Obama einen Dialog mit der israelischen Öffentlichkeit führen wolle, wenn er Teile Israels davon

453 Vgl. meinen Kommentar „Obamas ‚Reise nach Jerusalem‘“, in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

454 Obama in Israel: waiting for Godot, in „The Guardian“ 18.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 257 – Chronologie 2013 ausnehme 455 . Am 18. März erklärt Außenminister Avigdor Lieberman in einer Pressekonferenz, dass sich Israel „mit Nachdruck“ Versuchen eines vorübergehenden Siedlungsstopps („settlement freeze“) widersetzen werde, und betont, dass „das palästinensische Problem“ in den kommenden vier Jahren – der Legislativperiode der Knesset – nicht vorankommen werde 456 . Israel-Korrespondent Peter Münch bestätigt ebenfalls am 18. März in der „Süddeutschen Zeitung“, dass die palästinensische Führung aus Verärgerung über Obama längst einen diplomatischen Parallelkurs bei den Vereinten Nationen eingeschlagen hat 457 . Am 20. März zitieren die Korrespondenten der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ den Kolumnisten der „New York Times“ Thomas Friedman mit dem Eindruck, dass Obama der erste US-Präsident sein werde, der als Tourist nach Israel komme. Für Washington sei die Regelung des Nahostkonflikts keine Notwendigkeit mehr, sondern ein Hobby, weil die geostrategische Bedeutung der Region durch die eigenen Erdöl- und Erdgasreserven schwinde und fehlende Kapazitäten aus Kanada und Mexiko eingeführt werden könnten. Deshalb habe der frühere Bewerber um das Amt der palästinensischen Präsidentschaft – und heutige Generalsekretär der „Palästinensischen Nationalen Initiative“ – Mustafa Barghouti Obamas geplanten fünfstündigen Besuch in Ramallah als „ein Anhängsel“ kritisiert 458 . In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ beklagt der palästinensische Chefdiplomat Saeb Erakat, dass Obama sein Ziel aufgegeben habe, den Frieden zwischen beiden Völkern näherzubringen. Sein kurzer Besuch in Ramallah

455 Adiv Sterman: Labor MK calls on students to boycott Obama speech, in „The Times of Israel“17.03.2013.

456 Herb Keinan et al.: Liberman: Palestinian issue won’t progress in next 4 years, in „The Jerusalem Post“18.03.2013.

457 Peter Münch: Frustrierte Friedensstifter, in SZ 18.03.2013, S. 8.

458 Hans-Christian Rößler und Matthias Rüb: Charmeoffensive im politischen Hobbykeller, in FAZ 20.03.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 258 – Chronologie 2013

verhindere, dass der Präsident sich einen Eindruck von der Realität in der Westbank verschaffe459 .

15.03.2013: Nach den Parlamentswahlen am 22. Januar stellt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sein neues Kabinett ohne die Beteiligung der religiösen Parteien vor. Koalitionspartner seiner Listenverbindung aus „Likud“ und „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“, die unter dem Namen „Likud Beiteinu“ antrat, sind die Partei „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ von Yair Lapid, die Partei „haBait haYehudi (Das jüdische Haus)“ von Naftali Bennett und die Partei „haTnuah (Die Bewegung)“ von Tsipi Livni mit 68 der 120 Abgeordneten. Außenminister bleibt Avigdor Lieberman, Verteidigungsminister werden Moshe Yaalon, Finanzminister Yair Lapid und Justizministerin Tsipi Livni. Bennett übernimmt das erweiterte Ministerium für Industrie und Handel, das Portfolio für Jerusalem sowie ein Konglomerat von Aufgaben, zu denen auch religiöse Dienstleistungen gehören. In den Leitlinien für die vierjährige Amtszeit der Regierung fehlt ein Hinweis auf die Zwei-Staaten- Lösung. Stattdessen heißt es vage: „Israel wird eine Friedensvereinbarung mit den Palästinensern mit dem Ziel einer diplomatischen Vereinbarung suchen, die den Konflikt beendet. Wenn eine diplomatische Vereinbarung erreicht ist, wird sie im Kabinett und in der Knesset beraten und – wenn nötig – einem öffentlichen Referendum zugeführt werden.“ Am 17. März berichtet „Haaretz“, dass die neue Regierung das Grundgesetz „Menschliche Würde und Freiheit“ von 1992 ändern will. Danach

459 Saeb Erakat: Palestinians still waiting for Obama to prove commitment to two states, in „Haaretz“ 20.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 259 – Chronologie 2013 soll der jüdische vor dem demokratischen Charakter Israels betont werden 460 .

14.03.2013: Vor Beginn des Frühjahrsgipfels der Europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel kündigen die Regierungen in London und Paris unter Hinweis auf Lieferungen aus Russland und Iran an das Assad-Regime an, auf ihre Souveränität zu pochen und notfalls im Alleingang militärische Hilfe für die syrische Opposition zu leisten. Der Vorstoß findet unter den anderen Regierungen am 15. März keinen positiven Widerhall. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton warnt vor einem Rüstungswettlauf in Syrien 461 .

Im Vorfeld der internationalen Geberkonferenz am 19. März in Brüssel unter Vorsitz der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und des norwegischen Finanzministers Espen Barth Eide bringt der Internationale Währungsfonds (IWF) seine wachsende Besorgnis über die Haushaltslage der Palästinensischen Autonomiebehörde zum Ausdruck. Nach seinen Angaben klafft im Haushalt 2013 eine Finanzierungslücke von über 400 Millionen US-Dollar. Von palästinensischer Seite wird Ministerpräsident Salam Fayyad an der Sitzung teilnehmen. Bei ihr geht es nicht nur um weitere Finanzüberweisungen, sondern auch um die Sicherung der Nachhaltigkeit steuerlicher Erhebungen und der Verlässlichkeit von Zusagen an die Autonomiebehörde. So wird immer wieder Klage erhoben, dass arabische Verpflichtungen nicht eingehalten werden.

12.03.2013:

460 Jonathan Lis: Coalition pact calls for bill making Israel Jewish first, democratic second, in „Haaretz” 17.03.2013.

461 Vgl. die Eintragung am 16.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 260 – Chronologie 2013

Vor dem Europäischen Parlament in Straßburg bekennt sich Israels Staatspräsident Shimon Peres zur Zwei-Staaten-Lösung. Der Frieden könne „in relativ kurzer Zeit erreicht werden“. Außerdem fordert er die Staaten der Arabischen Liga zum militärischen Eingreifen in Syrien auf, während er das Eingreifen Europas für ausgeschlossen hält. Peres kritisiert die zögerliche Haltung der Europäer, die libanesische „Hisbollah“ auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen. Am 14. März stimmt das Europäische Parlament einer Resolution zu, die von der Fraktion der Sozialisten und Demokraten eingebracht worden ist, in der die israelische Regierung aufgefordert wird, „umgehend eine unabhängige, unparteiische und transparente Untersuchung“ des Todes von Arafat Djaradat einzuleiten. Er war beschuldigt worden im November 2012 israelische Fahrzeuge mit Steinen beworfen zu haben 462 . Die Abgeordneten zeigen sich besorgt, dass die Verwaltungshäftlinge in israelischer Haft ohne Verfahren einsitzen. Entweder sollten sich angeklagt oder sofort entlassen werden, heißt es in der Resolution weiter.

11.03.2013: Im Programmentwurf der SPD für 2013 heißt es: „Wir werden gegenüber den Vereinigten Staaten [von Amerika] auf einen neuen Anlauf im Nahost-Friedensprozess drängen. Zentrales Ziel unserer Politik im Nahen Osten ist und bleibt eine Zwei-Staaten-Lösung: mit einem Israel, das in Frieden, Sicherheit und in von seinen Nachbarn anerkannten Grenzen lebt, und einem lebensfähigen palästinensischen Staat, in dem die Menschen eine lebenswerte Zukunft haben. Deutschland hat einmal hohes Ansehen bei allen Konfliktparteien genossen. Dahin wollen wir zurück und unseren Beitrag zur Realisierung einer Zwei-Staaten-Lösung leisten. Der Konflikt in Syrien birgt die ernste Gefahr [in sich], die gesamte

462 Vgl. die Eintragung am 22.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 261 – Chronologie 2013

Region in eine Spirale politisch und religiös motivierter Gewalt hineinzuziehen. Wir wollen, dass Deutschland bei der Lösung des Konflikts nicht länger abseits steht, sondern seine diplomatischen Möglichkeiten stärker als bislang nutzt, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Gleichzeitig müssen die Anstrengungen zur Hilfe für die syrischen Flüchtlinge verstärkt werden 463 .

09.03.2013: Nachdem ein Kairoer Appellationsgericht die Todesurteile gegen 21 Angeklagte im Falle der tödlichen Begleitumstände bei einem Fußballspiel zweier verfeindeter Klubanhänger bestätigt hat, kommt es in Kairo und in Port Said zu schweren Ausschreitungen. Demonstranten fordern die Verurteilung der Polizeioffiziere, die damals nicht eingegriffen haben. In Kairo wird das Hauptquartier der Polizei in Brand gesetzt, in Port Said riegelt das Militär das Zentrum der Stadt ab. Bis zum Abend kommt ein Mensch zu Tode 464 .

07.03.2013: Die Regierungsbildung in Israel steht weiter aus. Die Vorsitzenden der Parteien „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ und „haBait haYehudi (Das jüdische Haus)“ Yair Lapid und Naftali Bennett verlangen von Benjamin Netanjahu die Neuverhandlung der Koalitionsvereinbarung mit Tsipi Livnis Partei „haTnuah (Die Bewegung)“. Lapid beansprucht das Außen- und Bennett das Wirtschaftsministerium. Am 08. März wird nach einem Gespräch zwischen Netanjahu und Lapid berichtet, dass Lapid auf das Finanzministerium zusteuere und dass die Bekanntgabe der neuen Koalition Anfang kommender Woche stattfinden solle. Lapid würde Yuval Steinitz ablösen,

463 Hervorhebungen im Original. Orthographische Fehler im Entwurf sind bereinigt, Ergänzungen in eckigen Klammern hinzugefügt worden.

464 Vgl. zuletzt die Eintragung am 04.03.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 262 – Chronologie 2013

während das Außenministerium weiterhin bei Avigdor Lieberman bleiben würde. Da die Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ aus der Regierung ausscheidet, muss das Innenministerium, das von Eli Yishai geführt wurde, neu vergeben werden. Zu den Anwärtern dürfte Bennett gehören, der auch Interesse am Wirtschaftsministerium zeigt. Über die Leitlinien der neuen Regierung ist bislang wenig bekannt. Die letzten offenen Fragen zwischen Netanjahu, Lapid und Bennett sollen am Abend des 10. März ausgeräumt werden. Fest stehe, dass im Blick auf die besetzten Gebiete keine Kursänderungen beabsichtigt seien.

In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ widmet sich die Abgeordnete der neuen Partei „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ Aliza Lavie dem Auftreten der erstmals gewählten 48 jüdischen Abgeordneten der Knesset, darunter 27 Frauen. Erstmals stehen drei Frauen an der Spitze einer Fraktion: Shelly Yachimovich (Arbeitspartei), Tsipi Livni („Die Bewegung“) und Zahava Galon („Meretz“). In den Ansprachen sei ihr –Lavie – aufgefallen, dass das Interesse am Judentum und ihr persönlicher Platz darin überwogen – ein echter Durst von unten, bilanziert sie. Immer mehr junge Leute wollten die jüdische Erzählung verstehen und sie in Einklang mit einer zeitgemäßen israelischen Identität bringen 465 .

06.03.2013: Syrische Rebellen der „Martyrs of Yarmouk“ nehmen 19 unbewaffnete philippinische Soldaten der „UN Disengagement Observer Force (UNDOF)“ als Geiseln, die seit der Resolution 350 des UN-Sicherheitsrates vom 31. Mai 1974 in der Pufferzone auf den Golanhöhen stationiert sind, um die Waffenruhe zwischen Israel und

465 Aliza Lavie: The Knesset’s new conversation: balancing Jewish tradition and democracy, in „Haaretz” 07.03.2013.

www.reiner-bernstein.de 263 – Chronologie 2013

Syrien zu überwachen, die im Zuge der Pendeldiplomatie von US- Außenminister Henry Kissinger zustande kam. Die Rebellen wollen erreichen, dass die Soldaten des Assad-Regimes das Dorf Djamla räumen. Der Vorgang belegt die Risse zwischen militanten Aufständischen und der um Einigkeit bemühten politischen Führung der Opposition im Ausland. Zum fast 1.100 Personen starken UNDOF-Team gehören Soldaten aus Indien, Japan, Kanada, Kroatien, Österreich und den Philippinen. Am 09. März kommen die UNDOF-Soldaten frei und werden nach Jordanien entlassen.

05.03.2013: Israels früherer Verteidigungs- und Außenminister Moshe Arens („Likud“) bezeichnet die seit 2002 gebaute „Trennungsmauer“ in „Judäa und Samaria“ als eine „Wunde“ und eine „Monstrosität“, die niedergerissen werden sollte. Sie belaste und schränke erheblich das tägliche Leben der palästinensischen Bevölkerung ein und habe die offiziellen Erwartungen nicht erfüllt, palästinensische Terrorangriffe abzuwehren. Zudem sei sie höchst kostenträchtig 466 . Arens geht nicht auf die „Trennungsmauer“ in Jerusalem (dessen Ostteil 1980 annektiert wurde) und auf palästinensische Befürchtungen ein, dass durch den Abriss der „Trennungsmauer“ politische Ziele ein Stück näherkämen, über das ganze Land zwischen Mittelmeer und Jordan die israelische Souveränität zu spannen.

Das Verwaltungsgericht Ägyptens verwirft die von Staatspräsident Mohamed Mursi vorgegebene Zeittafel für die Parlamentswahlen. Sie sollten in vier Stufen am 27. April beginnen 467 .

04.03.2013:

466 Moshe Arens: Tear down this wall, in „Haaretz“ 05.03.2013.

467 Vgl. zuletzt die Eintragung am 22.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 264 – Chronologie 2013

Hunderte Trauergäste begleiten die Beerdigung des 68-jährigen Rabbiners Menachem Froman aus der Westbank-Siedlung Tekoa, der sich seit Jahren für den Dialog zwischen Juden und Arabern eingesetzt hat und in allen politischen Lagern Israels hohes Ansehen genoss. In einem Schreiben bezeichnet Staatspräsident Shimon Peres den Toten als eine Leuchte des Thora-Studiums und der Suche nach Frieden mit den Palästinensern. In einem Interview vom Mai 2001 hatte Froman ausgeführt, dass das Religionsgesetz das Dogma mit der Realität in Übereinstimmung bringen müsse. Jedes religiöse Recht unterliege den Gewalten der Zeit. Er, Froman, habe täglich mit Menschen zu tun, deren Probleme taktischer und nicht prinzipieller Natur seien. Bis der Messias erscheine und den dritten Tempel in Jerusalem errichte, gebe es viele Spielräume der Flexibilität.

In Port Said kommen bei Demonstrationen erneut fünf Menschen ums Leben, als das Kairoer Innenministerium 39 Angeklagte in ein anderes Gefängnis verlegen will. 21 von ihnen waren zum Tode nach den Krawallen beim Fußballspiel zwischen den beiden Klubs „Al-Ahli („Mein Volk“, Kairo) und „Al-Masri” („Der Ägypter“, Port Said) am 01. Februar 2012 verurteilt worden 468 .

Israelische Medien berichten, dass ein ranghoher Vertreter von „Hamas“ die Begnadung von palästinensischen Zuträgern angekündigt habe, die für Israel tätig gewesen seien und jetzt Reue zeigten.

03.03.2013: Israels Staatspräsident Shimon Peres hat Benjamin Netanjahu weitere zwei Wochen zur Bildung einer neuen Regierung eingeräumt. Nach Angaben aus Netanjahus Umfeld werde die

468 Vgl. zuletzt die Eintragung am 26.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 265 – Chronologie 2013

Regierung auf internationalen Druck hin die Siedlungstätigkeit in der Westbank außerhalb der drei großen Siedlungsblöcke Gush Etzion, Jerusalem/Maale Adumim und Ariel einfrieren. Die Ankündigung kann so verstanden werden, dass der Verlauf der „Trennungsmauern“ die zukünftige Staatsgrenze Israels bilden soll, wenn es zu einer Friedensvereinbarung mit den Palästinensern kommt.

Nach einer Agenturmeldung hat Benjamin Netanjahu in der vergangenen Woche in Amman mit König Abdullah II. Gespräche über die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Palästinensern geführt. Eine Bestätigung findet die Begegnung durch ein Interview Jeffrey Goldbergs mit dem König in dem US- amerikanischen Blatt „The Atlantic“ am 19. März, aus dem mehrere israelische und jordanische Blätter zitieren. Danach habe der König in „den kürzlichen Diskussionen“ die Beziehungen zu Israel als „sehr stark und verbessert“ bezeichnet. Für eine Zwei-Staaten-Lösung könne es allerdings zu spät sein. Israel müsse sich zwischen „Apartheid und Demokratie“ entscheiden.

Die Justizbehörden Ägyptens ermitteln gegen eine der reichsten Familien des Landes, die der Sawiris, wegen Steuerhinterziehung.

Aufgrund der ausstehenden neuen Regierung in Israel sagt US- Außenminister John Kerry seinen geplanten Besuch in Jerusalem und in Ramallah ab. Am 04. März trifft er sich stellvertretend mit Palästinas Präsident Machmud Abbas in der saudischen Hauptstadt Riyadh. Am selben Tag befürwortet Kerry die Lieferung leichter Waffen an die gemäßigte syrische Opposition. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem saudischen Amtskollegen Prinz Saud-Al-Faisal betont Kerry die engen Beziehungen zwischen beiden Staaten, um Frieden, Stabilität und Wohlstand in der Region herzustellen. Kerry begrüßt, dass die saudische Regierung 30 Frauen als Mitglieder des „Shura“-Council – nicht mehr als ein beratendes Gremium – www.reiner-bernstein.de 266 – Chronologie 2013

ernannt habe. Im Hinblick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt bleibt Kerry im Ungefähren, während er betont, dass die USA und Saudi-Arabien daran arbeiten, Iran an der Herstellung von Nuklearwaffen zu hindern. Es sei an der Zeit, das Problem zu lösen, weil das „window for a diplomatic solution“ schlicht nicht ewig offengehalten werden könne. In Syrien müsse ein friedlicher Übergang geschaffen werden, der dem syrischen Volk Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit bringe. Im Jemen, in Ägypten, in Libyen und in Tunesien müsse dem gewalttätigen Extremismus entgegengewirkt werden. Im Austausch mit den anwesenden Journalisten werden ausschließlich Syrien und Iran angesprochen. Bei Kerry anschließendem Besuch in Kairo verweigern ihm hohe Repräsentanten wie der ehemalige Chef der Internationalen Energiebehörde Mohamed El-Baradei ein Treffen. Bei der Begegnung mit Staatspräsident Mohamed Mursi sagt Kerry Ägypten Hilfen in Höhe von 250 Millionen US-Dollar zu.

Mit über 13.000 Teilnehmern beginnt in Washington, D.C., die größte „Policy Conference“ des „American Israel Public Affairs Committee (AIPAC)“. Zu ihr wird US-Vizepräsident Joe Biden erwartet, der jedoch in seiner Rede den Gesprächen von US-Präsident Barack Obama in Israel nicht vorgreifen dürfte. An zentralen U-Bahn- Stationen der Stadt grüßen Poster der Organisation „Jewish Voice for Peace“ die Delegierten mit der Erklärung „AIPAC does not speak for me. Most Jewish Americans are pro-peace. AIPAC is not”. Am Abend regt der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak auf der Tagung einen „regionalen Sicherheitsrahmen“ im Nahen Osten zum Schutz vor dem Terror an. Außerdem verlangt er von seiner Regierung eine „mutige Friedensinitiative“ mit dem Ziel einer Zwischenregelung auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten- Lösung, die ein „zwingender Imperativ“ sei, wobei die drei Siedlungsblöcke bei Israel bleiben würden.

www.reiner-bernstein.de 267 – Chronologie 2013

Nach dem Willen der liberalen Opposition Irans soll der frühere Staatspräsident Mohamed Chatami Spitzenkandidat bei den kommenden Wahlen werden. Der gegenwärtige Amtsinhaber Machmud Achmadinedjad kann nicht zum dritten Mal kandidieren.

02.03.2013: US-Präsident Barack Obama ernennt seinen langjährigen Berater Philip Gordon zum neuen Koordinator für den Nahen Osten. Gordon wird seine Tätigkeit am 11. März, neun Tage vor Beginn des Besuchs Obamas in Israel, antreten.

Jordaniens König Abdullah II. ruft in einem Schreiben die Bevölkerung dazu auf, aktiv an der demokratischen Umgestaltung des Landes mitzuwirken. Auch das Wahlsystem solle fairer und repräsentativer überarbeitet werden. Die Ernennung des neuen Ministerpräsidenten zieht sich indessen hin.

Februar 2013

28.02.2013: Bei seiner Begegnung mit dem Führer der „Nationalen Syrischen Opposition“ Moaz Al-Khatib in Rom sagt US-Außenminister John Kerry der „Freien Syrischen Armee“ die Lieferung von nicht-tödlicher Hilfe zu. Außerdem soll die Opposition 60 Millionen US-Dollar für die Versorgung der Zivilbevölkerung in den vom Assad-Regime befreiten Zonen Syriens erhalten.

27.02.2012: In seinem regelmäßigen Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ befürchtet Joschka Fischer, dass es in Syrien nicht nur um das Ende eines verheerenden Bürgerkriegs und des unsäglichen Leids gehe, www.reiner-bernstein.de 268 – Chronologie 2013

sondern „um die Neuordnung des gesamten Nahen Ostens“. Libanon, Irak und Jordanien würden davon nicht unberührt bleiben und möglicherweise auch Ägypten und Libyen einschließen. Auswirkungen auf Israel spricht Fischer nicht an, betont jedoch, dass das palästinensische Thema zu den ungelösten Problemen gehöre 469 .

Der Vorsitzende der „En-Nachda“-Partei Rached Ghannouchi erklärt in einem Rundfunkinterview, dass seine Partei im Zuge der Regierungsbildung in Tunesien auf die von ihr gegenwärtig geführten Innen-, Justiz- und Außenministerien verzichten würden.

In ihrem Jahresbericht 2012 betonen die in Jerusalem und Ramallah stationierten EU-Generalkonsuln und Missionschefs, dass die „systematische, vorsätzliche und provokative“ Wohnungsbaupolitik in Ost-Jerusalem dazu führe, dass Jerusalem für einen palästinensischen Staat als Hauptstadt verloren sei. Diese Politik sei „die größte Einzelbedrohung für die Zwei-Staaten-Lösung“. Mit der Genehmigung von 2.366 neuen Wohneinheiten würden die Bewilligungen mehr als zwei Mal größer ausfallen als in den vergangenen drei Jahren. Gesondert weist der Bericht die geplanten 3.426 Wohneinheiten im E-1-Korridor zwischen Jerusalem und Maale Adumim aus. Zu den zehn Empfehlungen gehören direkte und indirekte Sanktionen gegen Betrieb, die sich am Siedlungsbau beteiligen, der Abbruch („divestment“) von Hilfen für die Siedlungen sowie die strikte Anwendung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Israel bei Produkten aus den Siedlungen sowie deren Kennzeichnung 470 . Aus dem im Januar fertiggestellten Bericht zitieren israelische, palästinensische, arabische und palästinensische Medien. Die „Jerusalem Post“

469 Joschka Fischer: Frühling auf arabisch, in SZ 27.02.2013, S. 2.

470 EU Heads of Mission: Jerusalem Report 2012.

www.reiner-bernstein.de 269 – Chronologie 2013 berichtet am 27. Februar, dass die oppositionelle Soldatengruppe „Breaking the Silence“ hinter der öffentlichen Zugänglichkeit des Berichts stecke, der mit der israelischen Regierung nicht abgestimmt worden sei. In der vergangenen Woche sei er auf Botschafterebene im Brüsseler Politischen und Sicherheitskomitee diskutiert worden. Er soll der Sitzung der EU-Außenminister im März nicht vorgelegt werden, doch spiegele er die wachsende Frustration über die israelische Siedlungspolitik wider, wird ein Diplomat zitiert 471 .

In einem Rundfunkinterview setzt sich die Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei Shelly Yachimovich von Regierungschef Benjamin Netanjahu politisch ab, indem sie ihm im Blick auf Verhandlungen mit den Palästinensern Unaufrichtigkeit vorwirft. Falls ihre Partei in die 33. Koalitionsregierung eintrete, dann nur unter der Bedingung einer radikalen Neuorientierung Netanjahus.

Nach einer neuen Meinungsumfrage würde das Koalitionsbündnis aus „Likud“ und „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“ weiter an Zuspruch verlieren, während Yair Lapids Partei „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ massiv zugewinnen würde. Im Einzelnen: „Likud“/“Israel Beiteinu“ 26 Mandate (bisher 31 Mandate); „Yesh Atid“ 31 Mandate (19); „Bait Yehudi (Das jüdische Haus)“ von Naftali Bennett 13 Mandare (12); „Shas (Sefardische Thorawächter)“ 10 Mandate (11); Arbeitspartei von Shelly Yachimovich 9 Mandate (15); „Yehadut haTorah (Thora-Judentum)“ 6 Mandate (7); „Meretz (Energie)“ 7 Mandate (6); „haTnuah (Die Bewegung)“ von Tsipi Livni 3 Mandate (6); „Kadima (Vorwärts)“ von Shaul Mofaz 2 Mandare (2) und arabische Parteien 13 Mandate (11).

26.02.2013:

471 Herb Keinon: Breaking the Silence leaked EU report on Israel, in „The Jerusalem Post” 27.02.2012.

www.reiner-bernstein.de 270 – Chronologie 2013

In einem Interview, dass „Haaretz“ erst heute veröffentlicht, drückt der „UN Special Coordinator for the Middle East Peace Process“ Robert Serry seine tiefe Sorge aus, dass es für die Zwei-Staaten- Lösung keinen politischen Horizont gebe. Das „window of opportunity“ würde nur noch einige Monate offenstehen. Gleichzeit zeigt sich Serry über die schlechten Bedingungen palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen tief besorgt472 .

Der Vorsitzende der erstmals in die Knesset eingezogenen Partei „Es gibt eine Zukunft (Yesh Atid“) Yair Lapid weist nach einem Bericht von „Haaretz“ mehr als zehn Abgeordnete seiner Fraktion an, nicht an einer Besichtigungstour des israelischen Teams der „Genfer Initiative“ durch Jerusalem am vergangenen 24. Februar teilzunehmen. In Presseberichten heißt es, dass er damit die Chancen einer Verständigung mit Naftali Bennetts Partei „Das jüdische Haus“ in einer Koalitionsregierung unter Führung von Benjamin Netanjahu nicht beinträchtigen wolle. Die Beteiligung an der Besichtigungstour, so Lapid, sei unangemessen, weil die „Genfer Initiative“ die Teilung Jerusalems befürworte 473 .

Der US-Senat bestimmt mit 58 gegen 41 Stimmen den 66 Jahre alten Republikaner Chuck Hagel aus Nebraska zum neuen US- Verteidigungsminister.

25.02.2013: Der palästinensische Präsident Machmud Abbas weist die Chefs der Sicherheitsdienste an, sich nicht „in den Kreislauf der Gewalt und

472 Amos Harel: UN peace process envoy to Haaretz“: Two state solution ‚on life support‘, in „Haaretz“ 26.02.2013. Vgl. auch die Eintragung am 22.02.2013 in dieser Zeitleiste.

473 BarakRavid: Lapid forbids Yesh Atid MKs to go on educational tour with lefty Zionist group, in „Haaretz“ 26.02.2013. www.reiner-bernstein.de 271 – Chronologie 2013 des Chaos, das von Israel begangen wird“, hineinziehen zu lassen. Sie würde auch die Autorität der Autonomiebehörde zerstören, fügt Abbas hinzu.

24.02.2013: Nach US-amerikanischen und israelischen Presseberichten sei US- Außenminister John Kerry hochmotiviert, in seiner Amtszeit einen Durchbruch im israelisch-palästinensischen Konflikt durchzusetzen. Seine am heutigen Tag beginnende Reise in den Nahen Osten (Türkei und Ägypten) und nach Europa (Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien) werde Israel und die palästinensischen Gebiete aussparen, um den gründlichen Reisevorbereitungen von Präsident Obama Barack im März nicht vorzugreifen. Er selbst und sein Beraterstab hätten im Vorfeld ausführliche Gespräche mit europäischen, arabischen und israelischen Repräsentanten sowie mit Vertretern der US-amerikanischen Juden geführt.

23.02.2013: Nachdem wir am 23. Dezember 2012 in dieser Zeitleiste über die Bemühungen der palästinensischen Bewohner des Dorfes Battir in der Nähe von Bethlehem und Jerusalem berichtet haben, den Bau einer „Trennungsmauer“ durch ihr Tal seitens des israelischen Militärs zu verhindern, strahlt ARTE die Reportage des deutsch- israelischen Filmemachers Uri Schneider aus. Sie beginnt bei der 41. Minute des Links: http://videos.arte.tv/de/videos/arte-reportage--7340734.html

22.02.2013: Bei den moslemischen Freitagsgebeten kommt es in der Jerusalemer Altstadt zu schweren Zusammenstößen zwischen vornehmlich jungen Palästinensern und israelischer Polizei. Die Unruhen weiten sich auf Hebron und Beitunia in der Nähe von www.reiner-bernstein.de 272 – Chronologie 2013

Ramallah aus. Bereits in den vergangenen Tagen kam es in der Westbank zu Protesten zur moralischen Unterstützung von palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen, die sich im Hungerstreik befinden. Am 21. Februar schloss sich der Führer des Nordflügels der Islamischen Bewegung in Israel Sheikh Raad Salach dem Hungerstreik an. Auf dem zentralen „Maayan-Platz“ in Nazareth errichten Demonstranten ein Zelt. Am 23. April stirbt Arafat Jaradat aus Hebron im Gefängnis von Megiddo. Die israelischen Behörden sprechen von einem plötzlichen Herzstillstand Jaradats, während die palästinensische Autonomiebehörde die vollständige Aufklärung der Todesumstände verlangt. Am 25. Februar nehmen über 10.000 Palästinenser von Hebron aus am Trauerzug zur Beerdigung von Jaradat in seinem Heimatdorf Saïr teil. Am 26. Februar fordert der „UN Special Coordinator for the Middle East Peace Process” Robert Serry eine unabhängige Untersuchung des Todes von Jeradat. Außerdem verweist er nach einer Begegnung mit den palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fayyad auf die Stellungnahme von UN-Generalsekretär Ban ki-Moon, wonach Israel die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen gegenüber den palästinensischen Häftlingen einhalten müsse 474 .

Erstmals werden in der israelischen Presse Zweifel laut, ob Benjamin Netanjahu die 6-Wochen-Vorgabe erfüllen kann, bis zum 15. März eine neue Regierung zu bilden 475 .

Der von Außenminister Avigdor Lieberman im Dezember 2012 entmachtete Stellvertreter Danny Ayalon wirft im Gespräch mit der

474 Wortlaut der Stellungnahme in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ in dieser Homepage.

475 Vgl. die Eintragung am 02.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 273 – Chronologie 2013

„Jerusalem Post“ seinem früheren Chef vor, Israel im Ausland schwer geschadet zu haben 476 .

In Ägypten unterzeichnet Staatspräsident Mohamed Mursi ein Dekret, wonach die Abstimmung zur Wahl des neuen Parlaments in vier Phasen stattfinden soll, beginnend am 27. April. Die Opposition ruft zum Boykott der Wahlen auf und spricht von einem versuchten Täuschungsmanöver. Die koptische Gemeinde wehrt sich gegen den Termin, weil der 27. April in die Zeit ihrer kirchlicher Feierlichkeiten fällt. Nach den Einsprüchen soll der geplante Beginn am 27. April noch einmal überprüft werden.

Allein in Aleppo kommen bei Raketenangriffen des syrischen Militärs mindestens 30 Menschen ums Leben. Die Opposition lehnt die Einladung der USA und Russlands zu einem Treffen mit der Begründung ab, sie würde nicht hinreichend gegen das Assad- Regime unterstützt.

In Tunesien wird der 58-jährige frühere Schiffbau-Ingenieur Ali Larayedh, der zum rechten Flügel der islamischen Partei „En-Nachda (Die Renaissance)“ gehört und bisher das Innenministerium bekleidete, mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt 477 .

Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ hat die Bundesregierung im Jahr 2012 den Export deutscher Rüstungsgüter im Wert von 1,42 Milliarden Euro an die Mitglieder des Golf-Kooperationsrates (Bahrain, Qatar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate) genehmigt. Das gehe aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Links-Fraktion hervor 478 . Auf Saudi-Arabien

476 Vgl. die Eintragungen am 05.12.2012 und am 13.12.2012 in dieser Zeitleiste.

477 Vgl. zuletzt die Eintragung am 18.02.2013 in dieser Zeitleiste.

478 Mehr Waffenexport in die Golfstaaten, in SZ 22.02.2013, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 274 – Chronologie 2013

entfielen, so bestätigt der Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Genehmigungen im Umfang von 1.237.288.814 Euro. Bereits am 12. Dezember 2012 war es im Bundestag zu einem heftigen Schlagabtausch gekommen, als in einer Aktuellen Stunde über „Panzerlieferung an Saudi-Arabien – Rüstungsexportentscheidungen der Bundesregierung und Vereinbarkeit mit den geltenden Regeln“ diskutiert wurde. Im Mittelpunkt standen sicherheitspolitische Interessen, die die Redner der Koalition betonten, und die systematischen Verletzungen der Menschenrechte besonders in Saudi-Arabien. Der SPD-Abgeordnete Klaus Barthel wies darauf hin, dass der deutsche Rüstungsexport in den letzten fünf Jahren an sogenannte Drittstaaten – also nicht an Bündnispartner im Rahmen der NATO – um mehr als 50 Prozent schneller als der weltweite Rüstungshandel gestiegen sei. Barthels nannte diese Politik einen Paradigmenwechsel. Nach den Worten des FDP- Abgeordneten Martin Lindner sei „entschieden (zu) trennen zwischen etwaigen Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien oder anderswo und Hilfen, die wir selbstverständlich an unseren Hauptverbündeten in dieser Region – Israel – leisten. Es ist für diese Bundesregierung und diese Koalition selbstverständlich, dass wir Israel auf allen Ebenen beistehen.“ Die Bezeichnung Israels als deutscher Hauptverbündeter wurde erstmals in die Parlamentsdebatten eingeführt. Lindner vertrat außerdem die Auffassung, dass sich der deutsche Export positiv auf die Menschenrechtslage auswirken könne – eine Annahme, die von Seiten der Opposition nachdrücklich bestritten wurde. Einig hingegen waren sich Parlamentarier aller Fraktionen, dass die Informationspolitik der Bundesregierung der Nachbesserung bedürfe, weil Abgeordnete in ihren Wahlkreisen auf Presseberichte über Rüstungslieferungen angesprochen www.reiner-bernstein.de 275 – Chronologie 2013 würden, von denen sie gemäß den Richtlinien des geheim tagenden Bundessicherheitsrates nichts wissen dürften 479 .

Die in Beirut erscheinende Tageszeitung „Daily Star“ berichtet von einem Treffen mit Ministern und Richtern, bei dem es um die Legalisierung bürgerlicher Eheschließungen gehe. Wie im gesamten Nahen Osten können Ehen nur von Angehörigen derselben Religionsgemeinschaft geschlossen werden.

21.02.2013: Die Abgeordnete der Arbeitspartei Merav Michaeli, die vor ihrer Wahl am 22. Januar zuletzt für die Tageszeitung „Haaretz“ als Kolumnistin tätig war, ruft in einer hitzigen Knesset-Debatte über die Rechte von Frauen, deren Ehemänner ihnen die Scheidung verweigern („Agunot“), die jüdischen Frauen auf, sich so lange nicht in Israel als verheiratet eintragen zu lassen, solange die Rabbinate darauf ihr Monopol behaupten. Bis dahin sollten sie im Ausland heiraten. Am 22. Februar überstimmt der Präsident des Obersten Gerichtshofes Asher Grunis seine Kollegen und verweist den Fall einer Frau, die zehn Jahre lang vergeblich die Scheidung von ihrem Ehemann verlangt hatte, an das rabbinische Appellationsgericht zurück. Der Mann war im Oktober 2012 von einem örtlichen Rabbinatsgericht zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Bei einem Bombenanschlag im Herzen von Damaskus und nahe dem Hauptquartier der regierenden „Baath“-Partei werden über 60 Menschen getötet.

479 213. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12.12.2012, Plenumsprotokoll S. 26136 ff.

www.reiner-bernstein.de 276 – Chronologie 2013

Nach Medienberichten plant Jordaniens König Abdullah II. erneut Abdullah Ensour mit dem Amt des Ministerpräsidenten zu betrauen 480 .

20.02.2013: Nach einer wissenschaftlichen Studie würden die Moslembrüder in Ägypten bei neuen Parlamentswahlen kaum mehr als 50 Prozent der Abgeordneten stellen. Bisher verfügen sie über mehr als zwei Drittel der Sitze 481 .

19.02.2013: Als erster Partner einer neuen Regierung unter Benjamin Netanjahu unterschreibt die Vorsitzende der Partei „Die Bewegung (haTnuah)“ Tsipi Livni den Koalitionsvertrag. Danach soll Livni das Justizministerium erhalten, dem Sicherheitskabinett angehören und die Führung in den politischen Verhandlungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde übernehmen. Damit kann Netanjahu zunächst auf 47 der 120 Abgeordneten der Knesset zählen. In einem Interview zeigt sich Livni entschlossen, mit den Palästinensern zu einem Friedensvertrag auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung zu kommen. Dieses Ziel hänge jedoch von der Zusammensetzung der israelischen Regierung ab, schränkt sie ein. Kommentatoren vermuten, dass Livni Geschichte schreiben wolle. Dazu werde sie ein Team erstklassiger Diplomaten zusammenstellen. Am 22. Februar wird in der „Jerusalem Post“ der Vorsitzende des Rates der Siedlungen in Samaria Gershon Mesika mit der Warnung zitiert, wenn Livni für die Verhandlungen mit den Palästinensern verantwortlich sei,

480 Vgl. die Eintragung am 29.02.2013 in dieser Zeitleiste.

481 Vgl. zuletzt die Eintragung am 21.12.2011 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 277 – Chronologie 2013 gleiche dies der Beauftragung eines Verkehrssünders mit dem Amt des Polizeichefs.

18.02.2013: In Brüssel beschließen die EU-Außenminister die Verlängerung des Waffenembargos gegen Syrien um weitere drei Monate. Außerdem werde überlegt, die Opposition statt mit Waffen mit nicht-tödlichen Ausrüstungsgegenständen zu beliefern.

In Tunesien scheitern die Bemühungen von Ministerpräsident Hamadi Djebali, eine nicht-parteigebundene Expertenregierung zu bilden. Am Abend des 19. Februar tritt Djebali von seinem Amt zurück 482 .

Ägyptens Verfassungsgericht weist das neue Wahlgesetz zurück und fordert fünf Nachbesserungen, zu denen der Zuschnitt der Wahlbezirke gehört.

17.02.2013: Vor dem Magistratsgericht in Jerusalem wird am Nachmittag das Verfahren gegen Avigdor Lieberman wegen Betrugs und Vertrauensbruch im Falle der Ernennung von Zeev Ben Aryeh als Botschafter in Litauen eröffnet. Ben Aryeh soll als Botschafter in Weißrussland Lieberman mit Informationen über die eingeleiteten Untersuchungen gegen den Außenminister versorgt haben.

16.02.2013: Nach Agenturberichten sind seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien vor fast zwei Jahren bislang etwa 70.000 Menschen ums Leben gekommen. Das UN-

482 Vgl. die Eintragung am 06.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 278 – Chronologie 2013

Flüchtlingshilfswerk berichtet, dass mehr als 830.000 Syrer in die Nachbarländer geflohen seien.

Ein Sprecher von „Hamas“ führt Klage darüber, dass die ägyptischen Behörden Tunnelanlagen zwischen der Sinai-Halbinsel und dem Gazastreifen fluten.

Das israelische Militär versorgt im nördlichen Teil der Golanhöhen sieben Syrer medizinisch, die zur Opposition gegen das Assad- Regime gehören sollen, und liefert sie ins Ziv-Krankenhaus in Safed ein.

11.02.2013: Die israelische Regierung erteilt die Genehmigung für 90 Wohneinheiten in der Siedlung Beit El. Wenn der Bau nach Auskunft von „Peace Now“ innerhalb weniger Wochen beginnt, könnte er mit dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in Jerusalem zusammenfallen. Die Wohnungen sollen für die Erweiterung einer Talmud-Thora-Schule („Yeshiva“) gedacht sein.

10.02.2013: Bei der Einführung des am 23. Januar gewählten 17. Parlaments, bei der auch die zum Teil ernannten Senatoren des Oberhauses teilnehmen, stellt Jordaniens König Abdullah II. Fragen der demokratischen und wirtschaftlichen Reformen in den Mittelpunkt seiner Ansprache. Dazu ermahnt er die Abgeordneten, eine starke Koalitionsregierung zu bilden. Die Ernennung des nächsten Ministerpräsidenten werde in Konsultationen zwischen ihm und dem Parlament erfolgen.

08.02.2013: www.reiner-bernstein.de 279 – Chronologie 2013

Nach einem Gespräch zwischen Außenministein Erato Kozakou- Marcoullis und ihrem palästinensischen Amtskollegen Riad Malki erhebt die Republik Zypern die diplomatischen Beziehungen zu den Palästinensern in den Rang einer Botschaft.

Die Vertreter von „Fatah“ und „Hamas“ verlängern in Kairo ihre Versuche der Aussöhnung, weil zwischen ihnen vorrangig die Modalitäten künftiger Parlaments- und Präsidentschaftswahlen strittig sind. Während „Fatah“ für die Bildung einer gemeinsamen Regierung plädiert, die die Wahltermine ankündigen soll, verlangt „Hamas“, dass die Regierung zuerst gebildet werde, damit die Spaltung überwunden werde, und erst dann die Wahltermine bekanntgegeben werden.

Nach den Freitagsgebeten fordern Zehntausende Demonstranten in Kairo die Überarbeitung der islamisch geprägten Verfassung.

07.02.2013: Nach israelischen Medienberichten soll der Sicherheitsberater von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Yaacov Amidror kürzlich in geschlossener Runde erklärt haben, dass mittlerweile selbst die besten Freunde Israels die Siedlungspolitik nicht mehr verstehen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande und dem kanadischen Premier Stephen Harper483 sei sie nicht zu erklären. In einer ersten Stellungnahme betont ein Sprecher des Amts des Ministerpräsidenten, dass an eine Änderung der Siedlungspolitik nicht gedacht sei.

Saudi-Arabien und Jordanien unterzeichnen in Amman vier Abkommen, wonach das Haschemitische Königreich für

483 Zur kanadischen Haltung vgl. zuletzt die Eintragung am 19.10.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 280 – Chronologie 2013

Entwicklungsprojekte 299,4 Millionen US-Dollar als erste Tranche der früheren Zusage über 487 Millionen US-Dollar erhält. Dazu gehört der Bau einer Bahnlinie zwischen Zarqa und dem jordanisch- saudischen Grenzort Omari.

Syriens Informationsminister Omran Zoabi bietet der Opposition einen nationalen Dialog ohne Vorbedingungen an 484 . Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigt den Besuch zweier syrischer Delegationen in Moskau an, bestehend aus Mitgliedern der Regierung sowie der Opposition.

06.02.2013: Die „Islamische Zentrumspartei“ Jordaniens , die seit den Wahlen am 23. Januar mit 17 der 150 Abgeordneten im Parlament vertreten ist, bricht die Kontakte zur „Islamischen Aktionsfront“, dem politischen Arm der Moslembruderschaft, ab, weil diese sich nicht an einer „Regierung der nationalen Rettung“ beteiligen wolle.

Der Vorsitzende der linken Volksfront Tunesiens , der „Partei der Demokratischen Patrioten“, Choukri Belaïd fällt vor seinem Haus in Tunis durch vier Schüsse einem Attentat zum Opfer. Der 48-jährige Belaïd war als Kritiker der führenden islamischen „Renaissance“-Partei („En-Nachda“) bekannt 485 . Deren Vorsitzender Rashed Ghannouchi weist jeden Verdacht von seiner Partei, für den Mord verantwortlich zu sein. Es kommt zu heftigen Demonstrationen. Die Opposition kündigt für den 07. Februar den Generalstreik an. Staatspräsident Moncef Marzouki verkürzt seinen Besuch in Frankreich und sagt seine Teilnahme an der Konferenz der „Organisation für Islamische

484 Vgl. die Eintragung am 04.02.2013 in dieser Zeitleiste.

485 Zum Ausgang der Wahlen s. die Eintragung am 23.10.2011 in der Menüleiste „Chronologie 2011“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 281 – Chronologie 2013

Zusammenarbeit” in Kairo ab. Ministerpräsident Hamadi Djebali löst die Koalitionsregierung auf und schreibt Neuwahlen aus. Bei der Trauerfeier am 08. Februar demonstrieren in Tunis und in anderen Städten des Landes Zehntausende gegen „En- Nachda“. Am 09. Februar findet in Tunis eine Massendemonstration der Partei gegen die Absicht Djebalis statt, eine parteipolitisch unabhängige Regierung zu bilden. Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt Ghannouchi, dass das Attentat gegen Belaïd einem Staatsstreich gleichkomme, verwahrt sich allerdings gleichzeitig gegen die Bemühungen von Ministerpräsident Djebali, eine Regierung aus Technokraten zu bilden, denn auch sich komme einem Staatsstreich gleich 486 .

In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ führt Itamar Rabinovich aus, dass der von US-Präsident Barack Obama für das Frühjahr angekündigte Besuch in Israel, in den palästinensischen Gebieten und in Jordanien dessen Überzeugung reflektiere, dass von der Lösung des israelisch- palästinensischen Konflikts die Beziehungen der USA zur arabischen und moslemischen Welt abhängen. Wenn Benjamin Netanjahu eine Koalitionsregierung ohne Yair Lapid von der Partei „Es gibt eine Zukunft (Yesh Atid)“ bilde, gehe er auf einen Konfrontationskurs zu Obama. Da Lapid wahrscheinlich das Außenministerium anstrebe, erweitere sich seine innenpolitisch geprägte Agenda um die Außenpolitik 487 .

05.02.2013:

486 Tomas Avenarius: “Das ist ein Staatsstreich gegen En-Nahda“ (Interview), in SZ 16./17.02.2013, S. 9.

487 Itamar Rabinovich: Obama’s Israel visit will be the moment of truth for Netanyahu, in „Haaretz” 06.02.2013. Der Autor war zwischen 1993 und 1996 israelischer Botschafter in Washington und führte im Auftrag von Ministerpräsident Yitzhak Rabin Verhandlungen mit Syrien über die Zukunft der Golanhöhen.

www.reiner-bernstein.de 282 – Chronologie 2013

Unter Mitwirkung von Staatspräsident Shimon Peres werden die 120 Mitglieder der am 22. Januar gewählten Knesset vereidigt.

Die katholische Menschenrechtsorganisation St. Yves hat sich im Auftrag der salesianischen Klosterschule in Cremisan zwischen Jerusalem und Bethlehem mit der Petition „Brücken statt Mauern“ an den Obersten Gerichtshof Israels gewandt, um den Bau einer Mauer durch das Tal zu verhindern, das palästinensischen Bauern als Anbaufläche dient 488 .

Die außenpolitische Sprecherin der sozialdemokratischen Fraktion im Wiener Parlament, dem Nationalrat, Christine Muttonen, fordert in einer Anfrage an den österreichischen Außenminister Michael Spindelegger, für die Kennzeichnung der Waren zu sorgen, die aus den jüdischen Siedlungen der Westbank stammen, damit die Verbraucher in Europa eine eigene Kaufentscheidung treffen können. Denn Israel verstoße nicht nur durch den Siedlungsbau gegen das internationale Recht. In der Anfrage wird vorgeschlagen, das Europäische Parlament mit der Angelegenheit zu befassen und dort neue Richtlinien für den Import zu formulieren.

Irans Präsident Machmud Achmadinedjad wird in Kairo von seinem ägyptischen Amtskollegen Mohamed Mursi aus Anlass der Konferenz 57 Mitglieder der „Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC)“ empfangen. Es ist der erste Besuch eines iranischen Staatsoberhauptes in Ägypten seit 34 Jahren, als Teheran nach dem Machtangriff von Ajatollah Khomeini 1979 die diplomatischen Beziehungen zu Kairo wegen dessen Friedensvertrag mit Israel abbrach. In seiner Begrüßungsansprache lehnt Mursi eine Intervention in Syrien ab, während Qatar und Saudi-Arabien Waffenlieferanten für die

488 Dazu im Nachgang der Beitrag von Hans-Christian Rößler: Eine Mauer zwischen Klöstern, in FAZ 11.02.2013, S. 6.

www.reiner-bernstein.de 283 – Chronologie 2013 syrische Opposition für eine härtere Gangart plädieren. Der scheidende OIC-Generalsekretär Ekmeleddin Ihsanoglu ruft die Mitglieder zur Überwindung der sunnitisch-schiitischen Spaltung auf. Im Vorfeld betonte Achmadinedjad am 04. Februar im Interview mit der Kairoer Zeitung „Al-Ahram (Die Pyramiden)“, dass sein Land nicht die Absicht habe, Israel anzugreifen, auch wenn die Zionisten die Zentren der Macht in der Welt zu erobern und ihren Reichtum zu nutzen suchten. Für Iran sei die Unterstützung des palästinensischen Volkes in jeder Hinsicht eine Sache von menschlicher Bedeutung. Achmadinedjad lehnte jede Intervention von außen in Syrien ab, weil die Lösung nur durch den Dialog aller syrischen Gruppen erfolgen könne. Außerdem müsse die Welt akzeptieren, dass Iran eine Industrie- und Nuklearnation sei. Bei der Begegnung mit dem Groß-Imam der „Al-Azhar“-Universität Achmed Al- Tayyeb ermahnt dieser den Präsidenten, sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Golf-Staaten einzumischen und die sunnitische Minorität im Iran zu respektieren

Die „Jordan Times“ berichtet, dass die kürzlich gegründete „Demokratische Versammlung“ im am 23. Januar gewählten jordanischen Parlament mit 31 Abgeordneten einen neuen politisch links orientierten Block gebildet habe. Zu ihrem Sprecher habe sie den Abgeordneten Mustafa Shneikat gewählt 489 .

04.02.2013: Das israelische Militär nimmt in den Städten Nablus, Tulkarem, Qalqilya, Ramallah, Bethlehem und Hebron, die gemäß den Osloer Vereinbarungen zur Zone A gehören und damit unter der unmittelbaren politischen und Sicherheitskontrolle der

489 Raed Omari: Leftists establish 31-member parliamentary bloc, in „The Jordan Times“ 05.02.2013.

www.reiner-bernstein.de 284 – Chronologie 2013

Autonomiebehörde stehen sollen, 25 Palästinenser fest, die zu „Hamas“ und „Fatah“ gehören.

Eine Gruppe ägyptischer NGO’s, Parteien und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ruft in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen die sexuelle Gewalt gegen Frauen, die vor allem während der Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo vorgekommen sein sollen, und gegen die Folterung von Frauen auf.

Erstmals hat der Führer der „Nationalen Syrischen Opposition“ Moaz Al-Khatib die Bereitschaft zum Dialog mit Präsident Bashar Assad angedeutet, die jedoch nicht von der gesamten Opposition mitgetragen wird, und Assad die Ausreise aus Syrien nahegelegt. Voraussetzung des Dialogs sei die Freilassung von 160.000 politischen Gefangenen sowie die Rückgabe der Pässe, die im Ausland lebenden Syrern entzogen wurden. Es liege nun in der Hand des Regimes, den blutigen Konflikt zu beenden 490 .

03.02.2013: US-Außenminister John Kerry telefoniert mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas und kündigt eine neue Initiative für einen dauerhaften Frieden zwischen beiden Völkern an. Ohne einen konkreten Termin zu vereinbaren, werde er Abbas in Kürze einladen.

Der palästinensische Chefdiplomat Saeb Erakat betont, dass die Autonomiebehörde nicht die Gespräche mit Israel wiederaufnehmen werde, solange die Regierung in Jerusalem am Siedlungsbau festhalte und keine politischen Gefangenen freilasse. Präsident Machmud Abbas trifft in Ramallah im Hungerstreikt befindliche

490 Vgl. die Eintragung am 02.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 285 – Chronologie 2013 palästinensische Familien, deren Angehörige in israelischen Gefängnissen sitzen. In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ am 04. Februar droht Erakat unter Bezugnahme auf den Bericht der UN- Menschenrechtskommission vom 31. Januar mit der Anrufung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, um die Verurteilung Israels wegen Kriegsverbrechen zu erreichen, sollte die Regierung in Jerusalem an der illegalen Besatzungspolitik festhalten 491 .

Nach ägyptischen Pressemeldungen ist das Haushaltsdefizit in den vergangenen sechs Monaten seit Juli 2012 auf 1,5 Milliarden Ägyptische Pfund ( ≈ 16,6 Milliarden Euro) gestiegen und macht etwa 5,1 Prozent des Bruttosozialprodukts aus; im Vergleichszeitraum 2011 soll es noch 73,8 Milliarden Pfund ( ≈ 13,4 Milliarden Euro) betragen haben. Nach Schätzungen des Finanz- und Außenhandelsministeriums dürfte das Defizit bis Ende 2013 auf rund 200 Milliarden Pfund ( ≈ 36,4 Milliarden Euro) steigen.

02.02.2013: Bei der Begegnung zwischen dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und dem Führer der syrischen Oppositionsbewegung „Nationale Syrische Koalition“ Sheikh Moaz Al-Khatib am Rande der 49. Münchner Sicherheitskonferenz werden regelmäßige Kontakte zwischen beiden Seiten vereinbart. Nach dem Gespräch mit dem iranischen Außenminister Ali Akhbar Salehi äußert Al-Khatib die Hoffnung, dass das Leiden des syrischen Volkes bald beendet werden könne. Salehi selbst begrüßt das Angebot des US- Vizepräsidenten Joseph (Joe) Biden vom Vortag zu neuen Gesprächen, betont aber selbstbewusst, dass der Iran „der goldene Schlüssel für die ganze Region“ sei. Die Gewalt in Syrien könne nur durch das syrische Volk beendet werden, fährt

491 Saeb Erakat: Enforce the UNHCR settlements report to push Israel out of its state of denial, in „Haaretz“ 04.02.2013.

www.reiner-bernstein.de 286 – Chronologie 2013

Salihi fort, sich gegen internationale Interventionen wendend. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak warnt in München vor dem iranischen Nuklearprogramm und bestätigt indirekt den Angriff auf die syrischen Ziele am 28. Januar: Er könne „den Zeitungsberichten über das, was sich in Syrien vor einigen Tagen ereignet hat, nichts hinzufügen“. Der qatarische Außenminister Bin Djassim Al-Thani warnt Israel davor, weiter „Öl ins Feuer“ zu gießen.

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP berichten Devisenhändler in Teheran, dass der iranische Rial innerhalb der letzten zwei Wochen 21 Prozent gegenüber dem US-Dollar an Wert verloren habe. Nunmehr müssten 39.000 bis 40.000 Rial für 1 US-Dollar auf den Tisch gelegt werden 492 .

Am Abend beauftragt Staatspräsident Shimon Peres Benjamin Netanjahu nach den Wahlen am 22. Januar mit der Regierungsbildung. Dabei stellt er drei Aufgaben für das künftige Kabinett in den Mittelpunkt: den Abbau des riesigen Haushaltsdefizits, die Einbeziehung ultraorthodoxer Juden in den Militärdienst und die Wiederaufnahme der Gespräche mit der Palästinensischen Autonomiebehörde. Netanjahu hat sechs Wochen Zeit für die Regierungsbildung 493 .

01.02.2013: Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ betont US- Vizepräsident Joseph (Joe) Biden vor Beginn der 49. Münchner Sicherheitskonferenz, dass die USA Iran daran hindern würden, „eine Nuklearwaffe zu bekommen“, weil sie „eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten“ sei. Die

492 Vgl. die Eintragung am 24.10.2012 in dieser Zeitleiste.

493 Vgl. zuletzt die Eintragung am 31.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 287 – Chronologie 2013

Regierung in Teheran müsse beweisen, dass sie ihren internationalen Verpflichtungen nachkomme 494 . Gegenüber dem deutschen Fernsehen bedauert Verteidigungsminister Thomas de Maizière in München den geringen auswärtigen Einfluss, beruhigend auf die Lage in Syrien einwirken zu können; da sei er „völlig illusionslos“. Biden selbst betont bei seiner Ansprache am 02. Februar, dass der diplomatische Dialog zunächst weiter fortgesetzt werden soll. In einem Interview mit der „Tagesschau“ beklagt ein syrischer Oppositionspolitiker in einem Kommentar zum israelischen Luftschlag am 28. Januar, dass das Regime in Damaskus so schwach sei, dass das israelische Militär frei schalten und walten könne.

Nach den Freitagsgebeten kommt es in mehreren Städten Ägyptens zu schweren Ausschreitungen. Demonstranten in Kairo bewerfen den Präsidentenpalast mit Brandbomben. Die Polizei geht mit Tränengas gegen sie vor. Ein Demonstrant soll erschossen worden sein.

„Haaretz“ berichtet, dass der Vorsitzende des zentralen Kommandorates Generalmajor Nitzan Alon, die Kommandeure in der Westbank angewiesen habe, sich zurückhaltend und moderat gegenüber der palästinensischen Zivilbevölkerung zu verhalten 495 . Die Anweisung dürfte eine erste Reaktion auf den Kommissionsbericht des UN-Menschenrechtsrates vom 30. Januar sein.

Der libanesische Minister für Energie und Wasser Gabran Bassil warnt nach einer Begegnung mit der UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge Ninette Kelley in Beirut vor der Einrichtung von Lagern für syrische Flüchtlinge. Sie wären ein Unterschlupf für Gesetzlose und

494 „Amerika ist eine stolze atlantische Macht“ (Interview), in SZ 01.02.1013, S. 6.

495 Amos Harel: Senior IDF officer tells West Bank commanders to show restraint in dealing with Palestinians, in „Haaretz“ 31.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 288 – Chronologie 2013

staatlich verfolgte Personen, die nichts mit der humanitären Krise in Syrien zu tun hätten.

Bei einem Selbstmordanschlag vor der US-amerikanischen Botschaft in Ankara kommt neben dem Attentäter ein Wachmann ums Leben.

Januar 2013

31.01.2013: Unter Verweis auf Artikel 49 der Genfer Konvention fordert der von drei Mitgliedern verfasste Bericht des UN- Menschenrechtsrats (UNHRC) in Genf Israel zum sofortigen und bedingungslosen Abbau aller rund 250 israelischen Siedlungen aus den besetzten Gebieten auf. Außerdem müsse Israel einen Stopp aller Siedlungsaktivitäten erklären. Die schleichende Annexion würde die Schaffung eines territorial zusammenhängenden und lebensfähigen palästinensischen Staates verhindern und das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung untergraben. Durch die Siedlungspolitik würden sehr viele Menschenrechte der Palästinenser verletzt. Die Kommission droht mit der Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, sollte Israel den Forderungen nicht nachkommen. Der Bericht ruft alle Mitglieder des UNHRC auf, die notwendigen Maßnahmen gegen Geschäftsunternehmen zu ergreifen, die in den palästinensischen Gebieten tätig sind und / oder unter ihrer Jurisdiktion stehen. Israel hatte den Kommissionsmitgliedern die Einreise in die Westbank verwehrt. Der Bericht soll am 18. März dem 47-köpfigen UNHRC vorgelegt werden 496 . Die

496 Text des „Report on the independent international fact-finding mission…“ in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ dieser Homepage. www.reiner-bernstein.de 289 – Chronologie 2013 palästinensische Politikerin Hanan Ashrawi begrüßt den Bericht und kündigt weitere diplomatische Schritte an, um den Status Palästinas zu konsolidieren. Das israelische Außenministerium weist den Bericht als kontraproduktiv zurück und fordert von den Palästinensern die Rückkehr an den Verhandlungstisch. Als erstes Land beschließt Israel, dem UN-Menschenrechtsrat den üblichen Jahresbericht vorzuenthalten.

Die israelische Regierung beschließt die Freigabe eines Teils der Zölle und Abgaben, die der Palästinensischen Autonomiebehörde laut dem Genfer Protokoll vom April 1994 zustehen 497 .

Angesichts des am 29. Januar angekündigten Rücktritts von Stanley Fischer, dem Gouverneur der „Bank of Israel“ seit 2005, rechnet Bernard Avishai vor, dass dem staatlichen Haushaltsdefizit von 10 Milliarden US-Dollar oder 4,2 Prozent des Bruttosozialprodukts nur durch drakonische Kürzungen in den Sozialhaushalten, durch erhebliche Steuerhöhungen oder durch die Abwertung der Landeswährung, des Neuen Shekel, beizukommen sei. Fischer, der in Rhodesien geboren wurde, brauche keine Belehrungen über die Kosten einer überbordenden Kolonialpolitik, schließt Avishai, der Wirtschaftswissenschaften an der Hebräischen Universität in Jerusalemlehrt, seinen Bericht ab. Es sei die israelische Regierung, die nicht die Kosten für die Besatzung begreife, und zitiert Fischer: „Wir können nicht wachsen, ohne Fortschritte beim Frieden zu erzielen“ 498 .

Die ägyptische Moslembruderschaft und die oppositionelle „Nationale Rettungsfront“ verständigen sich unter Vermittlung der „Al-Azhar“ Universität in einem 10-Punkte-Plan auf die Beendigung der

497 Vgl. die Eintragung am 20.01.2013 in dieser Zeitleiste.

498 Bernard Avishai: Fischer King Departs, in „The Daily Beast“ 31.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 290 – Chronologie 2013

Unruhen. An dem Treffen sind vertreten Mohamed El-Baradei (Vorsitzender der Verfassungspartei); Machmud Ezzat (Mitglied des Leitungsgremiums der Moslembruderschaft); Saad El-Katatni (Gründer der islamischen Partei für Freiheit und Gerechtigkeit); Adel- Moneim Abul-Futouch (Vorsitzender der Partei Starkes Ägypten); Younes Makhioun (Vorsitzender der salafistischen Partei Das Licht – „Nour“); Amr Hamzawy (Vorsitzender der Freien Ägyptischen Partei); Achmed Said (Vorsitzender der Partei Freier Ägypter); Hamdeen Sabachi (Vorsitzender der Ägyptischen Volksbewegung); Amr Moussa (Vorsitzender der Konferenzpartei); El-Sayid El-Badawi (Vorsitzender der liberalen Partei „Die Delegation“ –„Wafd“); Abul-Ela Madi (Vorsitzender der Partei „Die Mitte“ – „Wasat“); Ayman Nour (Vorsitzender der Partei „Der Revolutionäre Weg“ –„Ghad Al- Thawra“). Im Jahresbericht von „Human Rights Watch“, der am selben Tag veröffentlicht wird, beklagt die Organisation die schwere Beeinträchtigung der Pressefreiheit.

Im Index der „Reporters Without Borders” fällt Israel in der Bewertung der Pressefreiheit von Platz 92 auf Platz 112 zurück. Die Liste umfasst 179 Länder.

In der Debatte des Rüstungskontrollberichts der Bundesregierung im Bundestag verlangt der Vorsitzende der LINKS-Fraktion Gregor Gysi den vollständigen Verzicht auf Waffenlieferungen in den Nahen Osten. Ein erster Schritt sei das Verbot für Ausfuhren von Sturmgewehren und Maschinenpistolen. Im Jahr 2011 hat die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 5,4 Milliarden Euro genehmigt. Besonders gefragt waren Panzer und Militärlaster. Wichtigste Abnehmer waren die Niederlande und die USA. Es folgen auf Platz 3 die Vereinigten Arabischen Emirate, auf Platz 8 Algerien, auf Platz 12 Saudi-Arabien und auf Platz 18 Ägypten. Insgesamt wurden mehr als 17.500 Anträge auf Rüstungsexporte gestellt. Abgelehnt wurden 105 Anträge im Wert von 24,8 Millionen Euro.

www.reiner-bernstein.de 291 – Chronologie 2013

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ bestätigt der Leiter des „King Faisal Center for Research and Islamic Studies“ Prinz Turki Al-Faisal Al-Saud, dass Saudi-Arabien Rüstungsgüter an die syrische Opposition liefert, ohne detaillierte Auskunft zu geben. Auf die Frage, ob er den israelischen Militäreinsatz im der syrisch- libanesischen Grenzgebiet am Morgen des 29. Januar für inakzeptabel halte, antwortet der Prinz ausweichend499 .

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger fordert in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ die Respektierung der russischen Interessen in Syrien durch die NATO- Staaten, statt Moskau den Schwarzen Peter zuzuschieben. Nur mit seiner Mitwirkung komme man einer Lösung des Konflikts näher. Denn Russland sei nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung in Syrien. Ischinger stellt die rhetorische Frage, ob nicht „die bloße Präsenz der Nato-Raketenabwehrverbände vor einem Jahr die Entschlossenheit des Westens (hätte) demonstriert werden“ können 500 . Am 01. Februar äußert Ischinger im Interview mit dem Deutschlandfunk, dass sich der Bürgerkrieg und Israels Militärintervention zu einem regionalen Flächenbrand ausweiten könnte.

Syrien reicht bei den Vereinten Nationen eine Beschwerde wegen des militärischen Luftschlags gegen ein syrisches Ziel am 29. Januar ein. Die libanesische „Hisbollah“ protestiert gegen „eine weitere zionistische Aggression“. Iran kündigt Vergeltungsschläge an. Der Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil Al-Arabi“ verurteilt die „israelische Aggression“. Das russische Außenministerium zeigt sich „tief besorgt“.

499 „Waffen für die guten Jungs liefern“ (Interview), in FAZ 31.01.2013, S. 2.

500 Wolfgang Ischinger: Über Moskau nach Damaskus, in SZ 31.01.2013, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 292 – Chronologie 2013

30.01.2013: Während seines Kurzbesuchs in Berlin stellt der ägyptische Staatspräsident Mohamed Mursi die „Gesamtentwicklung“ in seinem Land in positivem Licht dar. Ägypten werde ein Rechtsstaat, ein ziviler Staat und nicht ein militärischer Staat sein. Der von ihm verhängte Ausnahmezustand in Port Said, Suez und Ismailia 501 sei zum Schutz der Einwohner dieser Städte erfolgt. Auf seine früheren antisemitischen Äußerungen – die Juden seien „Nachkommen von Affen und Schweinen“ – angesprochen, versucht Mursi so zu erklären, dass sie aus dem Zusammenhang gerissen seien. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußert in der gemeinsamen Pressekonferenz die Erwartung, dass die Regierung in Kairo den Gesprächsfaden zu allen politischen Gruppen nicht abreißen lasse, das Leben aller Religionsgemeinschaften achten und schützen werde und dass für eine „gute, gedeihliche wirtschaftliche Entwicklung“ die Gewährleistung rechtlicher Rahmenbedingungen vordringlich sei. Medien berichten, dass von dem vereinbarten Schuldenerlass in Höhe von 240 Millionen Euro gegenwärtig nur ein kleiner Teil realisiert werde. Ungeklärt sei auch die deutsche Entwicklungshilfe von 350 Millionen Euro.

Der „Hamas“-Spitzenpolitiker Khaled Meshal autorisiert den jordanischen König Abdullah Il. in Amman, der US-amerikanischen Regierung die Bereitschaft zur Zwei-Staaten-Lösung zu übermitteln 502 .

29.01.2013:

501 Vgl. die Eintragung am 28.01.2013 in dieser Zeitleiste.

502 Vgl. zuletzt die Eintragung am 19.12.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 293 – Chronologie 2013

Der US-Senator billigt die Nominierung von Senator John Kerry als neuen Außenminister in der Nachfolge von Hillary Clinton als 68. US-Außenminister an 503 .

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle bei London sind in der Nähe von Aleppo mindestens 65 Menschen in gefesseltem Zustand durch Kopfschuss ermordet worden.

Nach jordanischen Pressemeldungen hat eine Studie ergeben, dass die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in den vergangenen anderthalb Jahren über 590 Millionen Jordanische Dinar ( ≈ 616 Millionen Euro) gekostet hat, rund 3 Prozent des Bruttosozialprodukts. Im Vergleich dazu seien für Infrastrukturmaßnahmen lediglich 25 Millionen Dinar aufgewendet worden. Ministerpräsident Abdullah Ensour reicht seinen Rücktritt ein 504 .

Für die Versorgung syrischer Flüchtlinge hat eine internationale Geberkonferenz in Kuwait haben die teilnehmenden Delegationen Finanzmittel von über einer Milliarde US-Dollar zugesagt.

28.01.2013: Die Unruhen in Ägypten dauern den fünften Tag an, jetzt vor allem in Kairo. Bisher sind mehr als 60 Menschen ums Leben gekommen. Der zur Opposition gehörige Friedensnobelpreisträger Mohamed El-Baradei weist im Namen der Nationalen Rettungsfront das Gesprächsangebot von Staatspräsident Mohamed Mursi zurück und fordert den Rücktritt von Innenminister Mohamed Ibrahim. Vorher müsse der Präsident die Verantwortung für die gewalttätigen Auseinandersetzungen übernehmen. Über die Städte Port Said, Suez und Ismailia wird für einen Monat der Notstand

503 Vgl. die Eintragung am 21.12.2012 in dieser Zeitleiste.

504 Vgl. die Eintragung am 15.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 294 – Chronologie 2013

ausgerufen. In einer Ansprache vor Kadetten warnt Verteidigungsminister Abdel Fatah Al-Sissi vor dem Zerfall der staatlichen Autorität.

Im Interview mit den US-amerikanischen Fernsehsender CNN räumt der russische Ministerpräsident Dimitri Medwedjew ein, dass die Zahl der Gefolgsleute von Syriens Präsident Bashar Assad immer kleiner werde. Assad habe einen schweren, vielleicht sogar tödlichen Fehler begangen, als er politische Reformen hinausgezögert und das Gespräch mit der friedlich demonstrierenden Opposition nicht gesucht habe. Die Lösung des Bürgerkrieges dürfe jedoch nicht von außen kommen, betont Medwedjew 505 . Nach Agenturmeldungen hat Jordanien seine Grenze für palästinensische Flüchtlinge aus Syrien aus Furcht vor dem unerwünschten Zuwachs seiner eigenen palästinensischen Bevölkerung gesperrt.

Der UN-Sondergesandte für Syrien Lakhdar Brahimi hat in seinem Bericht vor dem UN-Sicherheitsrat beklagt, dass Syrien „vor unser aller Augen zusammenbricht“.

Am Morgen des 28. Januar greifen israelische Kampfflugzeuge einen syrischen Waffentransport mit russischen Luftabwehrraketen vom Typ SA-17 an, der für die libanesische „Partei Gottes (Hisbollah)“ bestimmt war. Eine offizielle Bestätigung Israels bleibt aus. Die Regierung in Damaskus spricht von einem Angriff auf ein militärisches Forschungszentrum in der Nähe der Hauptstadt. Zwei Arbeiter sollen getötet worden sein. In den vergangenen Tagen war eine verstärkte israelische Luftaufklärung über dem Libanon beobachtet worden. Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnt am 31. Januar vor einer „Eskalation der Gewalt“ im Nahen Osten.

505 Vgl. die Eintragung am 22.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 295 – Chronologie 2013

Ohne Gegenstimme haben die am 22. Januar gewählten Abgeordneten der israelischen Arbeitspartei nach langer Diskussion entschieden, in keine Koalition mit einer Regierung unter Führung von Benjamin Netanjahu einzutreten.

27.01.2013: Nach Angaben des ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Olmert hat die gegenwärtige israelische Regierung bislang 11 Milliarden Neue Shekel ( ≈ 2,1 Milliarden Euro) für die Vorbereitungen eines Angriffs auf das Nuklearprogramm des Iran ausgegeben, berichtet Reuven Pedatzur, führender Militärkommentator und Dozent für Politische Wissenschaften an der Universität Tel Aviv. Der Verteidigungshaushalt belaufe sich gegenwärtig auf über 60 Milliarden Neue Shekel ( ≈ 22 Milliarden Euro) und belaste enorm die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung. Doch statt den Verteidigungshaushalt zu kürzen oder einzufrieren, werde der neue Verteidigungsminister beim Amtsantritt mit der Forderung auf Erhöhung des Etats für 2013 auf 62 Milliarden Neue Shekel konfrontiert sein 506 .

26.01.2013: In Port Said werden mindestens 32 Personen getötet, als Demonstranten gegen die Todesstrafe für 21 Angeklagte protestieren, denen der Tod von 74 Personen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen in Gefolge einer Massenpanik beim Fußballspiel zwischen den beiden Klubs „Al-Ahli („Mein Volk“, Kairo) und „Al-Masri” („Der Ägypter“ aus Port Said) am 01. Februar 2012 zur Last gelegt wurden 507 . Der Staat entsendet

506 Reuven Pedatzur: Wanted:A defense minister who can say no, in „Haaretz“ 27.01.2013.

507 Vgl. die Eintragungen am 16.03., am 04.02. und am 01.02.2012 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 296 – Chronologie 2013

Militäreinheiten nach Port Said. Die Moslembruderschaft macht „Rowdys“, „in die Irre geführte“ Medien und Parteien der Opposition für die Gewalt verantwortlich. Staatspräsident Mohamed Mursi sagt seine Reise nach Äthiopien ab. Am 27. Januar richtet er ein Gesprächsangebot an die Opposition.

Die „Generalunion palästinensischer Lehrer“ kündigt in Ramallah einen dreitägigen Generalstreik in allen öffentlichen Schulen der Westbank aus Protest gegen die ausgebliebenen Gehaltszahlungen an.

25.01.2013: Am zweiten Jahrestag des Volksaufstandes in Ägypten kommt es in Kairo, in Alexandria, in Ismailia, in Suez und anderen Städten zu schweren Zusammenstößen zwischen Hunderttausenden Demonstranten und den Ordnungskräften. An mehreren Orten werden Einrichtungen der Moslembrüder gestürmt. Mindestens 10 Personen kommen ums Leben, darunter ein Soldat.

Zum Wahlausgang in Israel schreibt Ari Shavit in „Haaretz“, dass die Wähler zwischen einer Regierung der Rechten oder einer Regierung der Mitte jeweils unter Benjamin Netanjahu entschieden hätten. Das Spiel habe Netanjahu–Lapid–Bennett geheißen, und herausgekommen sei Netanjahu–Lapid–Bennett.

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos führt Jordaniens König Abdullah II. aus, dass die Zwei-Staaten-Lösung nur so lange eine geringe Chance habe, solange US-Präsident Barack Obama regiert. Der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarzoky schockiert am Rande des Weltwirtschaftsforums die Teilnehmer des „United

www.reiner-bernstein.de 297 – Chronologie 2013

Israel Appeal“ mit der Forderung, auf Israel Druck auszuüben, damit ein palästinensischer Staat entstehen könne. Israel umgebe sich selbst mit Mauern von Jericho, warnt Sarkozy.

Nach einem Bericht des Londoner „Daily Telegraph“ sind die Mutter und die Schwester von Präsident Bashar Assad außer Landes geflohen.

24.01.2013: Im UN-Sicherheitsrat erklärt der UN-Sonderkoordinator für den Nahen Osten Robert Serry, dass sich die Zwei-Staaten-Lösung allmählich verflüchtige, und äußert sich kritisch zur Effektivität der internationalen Bemühungen „entscheidende Ergebnisse“ zu erbringen. Bisher sei ein „klarer und realistischer Weg“ nicht erkennbar.

Präsident Machmud Abbas betont seine Bereitschaft, mit jeder israelischen Regierung auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung die Verhandlungen wiederaufzunehmen, und droht mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, sollte an der Bebauung des E-1-Korridors zwischen Jerusalem und Maale Adumim festgehalten werden.

23.01.2013: An den Wahlen in Jordanien zum Unterhaus nehmen von den 2,272 Millionen registrierten Wählern rund 1,288 Millionen (57 Prozent) teil. Nach dem Boykottaufrufen der „Islamischen Aktionsfront“ und weiterer sechs oppositioneller Parteien gewinnen die regimetreuen Anhänger und die beduinisch geprägte Landbevölkerung die überwältigende Mehrheit in der www.reiner-bernstein.de 298 – Chronologie 2013

150-köpfigen Kammer. Nur 27 Abgeordnete auf den nationalen Wahllisten ziehen ins Parlament ein 508 .

In einem Beitrag für die „New York Times“ berichtet Josh Wood, dass inzwischen 212.000 Flüchtlinge (fast ausschließlich Sunniten) aus Syrien in über 700 Orten Libanons – die dortige Gesamtbevölkerung ist nicht größer als vier Millionen – vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) registriert worden seien oder darauf warteten. Insgesamt seien 600.000 Syrer geflohen, so auch nach Jordanien und in die Türkei . Außerdem würden Millionen Menschen in Syrien selbst umherirren.

22.01.2013: Die Wahlen zur 19. Knesset schließen mit folgenden Ergebnissen: „Likud Beiteinu“ (Benjamin Netanjahu/Avigdor Lieberman) 31 Mandate; „Yesh Atid“ (Yair Lapid) 19 Mandate; Arbeitspartei (Shelly Yachimovich) 15 Mandate; „Habait Hayehudi“ (Naftali Bennett) 12 Mandate; „Shas“ (Eli Yishai) 11 Mandate; „United Torah Judaism“ 7 Mandate; „Meretz“ (Zahava Galon) 6 Mandate; „Hatnuah“ (Tsipi Livni) 6 Mandate; „United Arab List – Taal“ (Achmed Tibi) 4 Mandate; „Demokratische Front für Frieden und Gleichheit – Hadash“ (Mohamed Barakhe/Dov Khenin) 4 Mandate; „Nationaldemokratische Liste – Balad“ (Jamal Zahalka/Hanin Zuabi) 3 Mandate; „Kadima“ (Shaul Mofaz) 2 Mandate. Von den rund 5,656 Millionen Wahlberechtigten gingen 3,818 Millionen (mehr als 68 Prozent) zu den Urnen. Fast die Hälfte der Abgeordneten zieht erstmals in die Knesset ein. Unter den 120 Abgeordneten sind 39

508 Vgl. den Kommentar „Israel und Jordanien nach der Wahl“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 299 – Chronologie 2013 orthodoxe Männer und 27 Frauen. Die Sperrklausel liegt auch diesmal bei 2 Prozent 509 .

Russland beginnt mit der Evakuierung von mehr als hundert russischen Staatsbürgern aus Syrien.

21.01.2013: Nach Pressemeldungen hat Israels Verteidigungsminister Ehud Barak entschieden, dass die Lücke in der „Trennungsmauer“ zwischen Jerusalem und Maale Adumim geschlossen werden soll; die Entscheidung im Kabinett dazu soll am kommenden Sonntag, den 27. Januar fallen. Das neue Verbindungsstück zwischen dem kleinen palästinensischen Dorf Al-Zaim und dem E-1-Korridor würde Maale Adumim außerhalb der „Trennungsmauer“ positionieren – womit (da der Verzicht auf diese rund 40.000 Einwohner zählende Stadt von der Regierung ausgeschlossen wird) die territoriale Integrität der Westbank ein weiteres Mal verletzt würde.

Die in Istanbul tagenden Vertreter der syrischen Opposition unter dem Dach der „Syrian National Coalition“ verschieben die Bildung einer Exilregierung. Sie soll in zehn Tagen nachgeholt werden.

20.01.2013: Die drei mehrheitlich arabischen Parteien „Demokratische Front für Frieden und Gleichheit (Hadash)“ mit Mohamed Barakeh und Dov Khenin, die „United Arab List“ mit Achmed Tibi („der Doktor“) und die „Nationaldemokratische Versammlung (Balad)“ mit Jamal Zahalka und Hanin Zuabi sind im Blick auf den 22. Januar über die erkennbare Apathie unter ihren potentiellen Wählern besorgt; Prognosen erwarten lediglich eine Beteiligung von 48 Prozent der

509 Vgl. den Kommentar „Israel und Jordanien nach der Wahl“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 300 – Chronologie 2013

Stimmenberechtigten. Jede Stimme, die nicht abgegeben werde, komme der politischen Rechten zugute. 20 Prozent der jüdischen Frauen – etwa 500.000 Personen – sollen noch keine Entscheidung getroffen haben, welche Partei sie wählen werden, heißt es in anderen Berichten.

Das Verbindungsbüro der Europäischen Union in Jerusalem teilt mit, dass Dänemark und Holland der Autonomiebehörde rund 7,2 Millionen US-Dollar zugesagt haben, damit die Dezember-Gehälter für 80.000 Bedienstete ausgezahlt werden können. Dänemark übernimmt von der Summe 6 Millionen US-Dollar. Der Leiter des Verbindungsbüros John Gatt-Rutter kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die israelische Regierung weiterhin rund 200 Millionen US-Dollar, die in den vergangenen zwei Monaten an Zöllen und Abgaben einbehalten worden sind, nicht nach Ramallah weiterleitet 510 . Am 29. Januar beschließt das Kabinett in Ramallah, die Hälfte der Gehälter für November 2012 in den kommenden Tagen auszuzahlen.

19.01.2013: Der spirituelle Führer der Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ Ovadia Yosef fordert die Wähler auf, am 22. Januar nicht für die Partei „HaBait haYehudi (Das jüdische Haus)“ von Naftali Bennett zu stimmen, denn es handele sich bei ihr um ein „Haus der Goyim“ [Nichtjuden], weil sie die Thora zerstören und die Zivilehe einführen wollen sowie für den öffentlichen Verkehr am Shabbat werben 511 . Am 20. Januar verbrennen Vandalen, die einem oppositionellen ashkenasischen Rabbiner zugerechnet werden, in dem Ort Or

510 Vgl. die Eintragung am 13.01.2013 in dieser Zeitleiste.

511 Shas spirituall leader forbids voting Bayit Yehudi, in „The Jerusalem Post” 20.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 301 – Chronologie 2013

Yehuda Bücher mit religiösen Rechtsvorschriften aus der Feder Yosefs.

Nach einer Meldung der palästinensischen Nachrichtenagentur „Ma’an“ erklärt sich Saudi-Arabien bereit, der Autonomiebehörde monatlich 20 Millionen US-Dollar zu überweisen.

Im Interview mit der Zeitung „Daily News Egypt“ betont der neue Vorsitzende der ägyptischen Partei „Al-Nour (Das Licht)“ Younis Makhyoun die doppelte Bedeutung von Politik: Die meisten Politiker würden ihr Handeln auf der Grundlage von Täuschung, Verrat, bedeutungslosen Koalitionen und der Ansicht ausrichten, dass der Zweck alle Mittel heilige. Ihnen gegenüber stehe eine Politik auf der Grundlage des Islams mit moralischen Überzeugungen und Werten. Jede politische Angelegenheit müsse in Beziehung zum Islam stehen 512 . Die Partei errang bei den Wahlen im vergangenen Jahr 111 der 498 Sitze im Parlament.

In einem Fernsehinterview weist der syrische Außenminister Walid Moualem jeden Versuch von außen zurück, die Position von Präsident Bashar Assad in Frage zu stellen.

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ spricht sich Ägyptens Präsident Mohamed Mursi für eine große politische und wirtschaftliche Rolle Deutschlands „in Ägypten und im Nahen Osten“ aus, um zum Frieden in der Region beizutragen. „Der Staat, an den wir glauben, ist ein moderner Staat, in dem die Machtübergabe friedlich verläuft, in dem Demokratie und Freiheiten herrschen.“ Weiter: „Wir glauben nicht an einen Gottesstaat. Den Begriff der

512 Ethar Shalaby: Makhyoun: „We will ally with parties of Islamic persuasion, but not the FJP, in „Daily News Egypt” 19.01.2013. Mit „FJP” ist die konkurrierende islamische „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit” gemeint. Vgl. die Eintragung am 09.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 302 – Chronologie 2013

Theokratie gibt es bei uns nicht. Wir sprechen immer von einem zivilen Staat 513 .“

In einem Positionspapier deutet Jordaniens König Abdullah II. den allmählichen Übergang zu einer konstitutionellen Monarchie an, indem er nach den Parlamentswahlen am 23. Januar eine parlamentarisch verantwortliche Regierung auf der Grundlage der Konsultationen mit allen Parteien ins Spiel bringt. Deshalb appelliert er nochmals an alle Bürger, auf dem Weg in die Demokratie zur Wahl zu gehen. Die konstitutionelle Monarchie sei die unumkehrbare Option, heißt es ergänzend in Kommentaren 514 .

18.01.2013: Im Interview mit der „Jerusalem Post“ betont Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass die großen Siedlungsblöcke in der Westbank (Gush Etzion, Maale Adumim/Jerusalem und Ariel) in jedem Fall bei Israel bleiben würden. Die Regierung könne die dort lebenden vielen hunderttausend Juden nicht aus ihren Wohnstätten vertreiben. Nach den Knesset-Wahlen am 22. Januar werde er sofort eine diplomatische Initiative starten und der Welt die Position Israels erklären. Netanjahu räumt ein, dass es mit US-Präsident Barack Obama Meinungsverschiedenheiten gebe, wie mit den Palästinensern für Israel verteidigungsfähige Grenzen erreicht werden könnten. Das sei nicht neu, und dennoch würde die amerikanisch-israelische Allianz stetig stärker. Er, Netanjahu, vertraue darauf, dass Obama wisse, dass nur eine souveräne

513 Markus Bickel und Rainer Herrmann: „Wir wollen keinen Gottesstaat”, in FAZ 19.01.2013, S. 5.

514 Hani Hazaimeh: Road to parliamentary gov’t requires genuine belief, full implementation – analysts, in „The Jordan Times“ 19.01.2013. Vgl. zuletzt die Eintragung am 15.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 303 – Chronologie 2013 israelische Regierung entscheiden könne, was im Interesse Israels liege 515 .

„Haaretz“ und die „Jerusalem Post“ veröffentlichen aktuelle Umfragen über die Chancen der Parteien am 22. Januar. Danach können die Wahlliste „Likud Beiteinu (Unser Haus Israel)“ mit Benjamin Netanjahu und Avigdor Lieberman an der Spitze mit 32 Sitzen („Jerusalem Post“ 33), „haBait haYehudi (Das jüdische Haus)“ mit Naftali Bennett 14 Sitzen („Jerusalem Post“ 14), „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ mit Yair Lapid mit 12 Sitzen, „Meretz (Stärke)“ mit Zahava Galon 6 Sitzen („Jerusalem Post“ 6), „haTnuah (Die Bewegung)“ mit Tsipi Livni mit 8 Sitzen („Jerusalem Post“ 6) und „Kadima (Vorwärts)“ mit Shaul Mofaz mit 2 Sitzen („Jerusalem Post“ 2) rechnen. „Haaretz“ legt zur Arbeitspartei mit Shelly Yachimovich sowie zu den Parteien „Demokratische Front für Frieden und Gleichheit (Hadash)“ mit der Doppelspitze Mohamed Barakeh und Dov Khenin und zu den arabischen Parteien keine Ergebnisse vor. Die „Jerusalem Post“ meldet für die Arbeitspartei 17 Sitze, für die „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ mit Eli Yishai 11 Sitze, für „United Thora Judaism“ 6 Sitze sowie für „Balad (Nationaldemokratische Versammlung)“ mit Hanin Zuabi 4 Sitze und für die „Vereinigte Arabische Liste“ drei Sitze. Für „Yesh Atid“ liegen in der „Jerusalem Post“ keine Angaben vor. Nach den Ermittlungen von „Haaretz“ seien 15 Prozent der Befragten noch unentschieden, wem sie ihre Stimme geben wollen oder ob sie überhaupt an den Wahlen teilnehmen 516 .

515 Herb Keinon and Steve Linde: Netanyahu to ‘Post’: I won’t uproot masses of Jews, in „The Jerusalem Post” 18.01.2013. Vgl. die Eintragung am 15.01.2013 in dieser Zeitleiste.

516 Yossi Verter: Haaretz poll: Israel’s right-wing bloc drops to 63 seats, center-left rises to 57, in „Haaretz” 18.01.2013; Gil Hoffman: Final ‘Post’ poll: Likud Beyteinu, Livni fall again, in „The Jerusalem Post” 18.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 304 – Chronologie 2013

Im Presseorgan des israelischen Militärs verweist Amir Rapaport darauf, dass die Ruhe an der Grenze zum Libanon nicht auf der israelischen Abschreckungskapazität beruhe, sondern auf die strategische Entscheidung Irans an die Adresse der „Hisbollah“ zuzuführen sei, sich angesichts des Bürgerkrieges in Syrien bis zum „Tag des Gerichts“ zurückzuhalten. Bedrohlich für Israel sei, dass die USA nicht länger die omnipotente Supermacht in der Region seien und Israel mit der Türkei und Ägypten die einzigen Verbündeten verloren habe.

17.01.2013: Wenige Tage vor den Parlamentswahlen in Israel kann sich die gemeinsame Wahlliste „Likud Beiteinu (Unser Haus Likud)“ unter Führung von Benjamin Netanjahu und Avigdor Lieberman nicht auf ein gemeinsames Programm verständigen. Hauptstreitpunkt ist die Frage einer Zweistaatenregelung.

Gideon Levy empfiehlt in „Haaretz“ allen Israelis, die nicht für eine linke Partei – zu denen er auch „Meretz (Stärke)“ zählt – stimmen wollen, sich für Tsipi Livnis Partei „Die Bewegung (haTnuah)“ als kleineres Übel zu entscheiden. Auch wenn Livni die Besatzung nicht um ihretwillen beenden wolle, erkenne sie doch das enorme Problem an, das gelöst werden müsse, schreibt Levy. Und selbst wenn sie wie die nationalistischen Parteien für einen jüdischen Staat mit möglichst wenigen Arabern eintrete, sei ihr bewusst, dass die Dinge so nicht weitergehen können. Schließlich sei sie fast die einzige, die verstehe, dass es eine Welt außerhalb Israels gebe und dass Israel nicht in einer Blase existieren könne – mit den Worten der Bibel „ein Volk, das allein wohnt und nicht zu den Völkern gerechnet wird“ 517 . Im Interview, das „Haaretz“ am 18. Januar veröffentlicht, fordert Livni,

517 Gideon Levy: If not left, then Livni, in „Haaretz” 17.01.2013. Die Bibelstelle findet sich in Num. 23,9.

www.reiner-bernstein.de 305 – Chronologie 2013 dass die Liste der nationalen Prioritäten verändert werden müsse, um eine politische Lösung [mit den Palästinensern] zu erreichen. So könnten pro Jahr mehr als 1 Milliarde Neue Shekel (≈ über 200 Millionen Euro) eingespart werden, die gegenwärtig in isolierte Siedlungen der Westbank fließen. Außerdem ließen sich 15 Milliarden Neue Shekel ( ≈ über 300 Millionen Euro) durch Kürzungen im Verteidigungshaushalt einsparen. Außerdem sollten alle Zahlungen eingestellt werden, die – wie die Kinderzuschläge – nur an die Ultraorthodoxen gehen. Zum Verhältnis gegenüber der internationalen Gemeinschaft befürchtet Livni, dass Israel an einen Punkt kommen könne, an dem ihm ein Prozess aufgezwungen werde oder die Siedler das Land an den „point of no return“ bringen. „Was glauben Sie, wie Israel im Falle der Isolation und des internationalen Boykotts seiner Produkte aussieht?“, fragt Livni 518 .

In der Nacht räumen israelische Sicherheitskräfte das palästinensische Lager mit 24 Zelten im E-1-Korridor zwischen Jerusalem und Maale Adumim. Die Gefahren für die Störung der öffentlichen Ordnung seien größer als die Argumente der Antragsteller zum Eigentumsrecht, urteilten die Richter 519 .

Das Europäische Parlament verabschiedet die Resolution zu den „Recommendations of the Non-Proliferation Treaty Review Conference Regarding the Establishment of a Middle East Free of Weapons of Mass Destruction“.

Der Vorsitzende der nationalistischen Gruppe „ (Wenn ihr wollt)” – eine Anspielung auf Theodor Herzls Votum – Ronen Shoval räumt vor Gericht ausdrücklich ein, dass private Ermittler eingesetzt worden seien, um in Anwaltsbüros, die wie Michael Sfard israelische Menschenrechtsorganisationen vertreten, belastendes Material zu

518 Meirav Arlosoroff and Sivan Klingbail: Livni talks to Haaretz about politics, economics, and the ‘greatest tragedy facing Israel’, in „Haaretz” 18.01.2013.

519 Vgl. zuletzt die Eintragung am 15.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 306 – Chronologie 2013

suchen, um Spuren des „verborgenen Antizionismus“ sicherzustellen und sie an die Presse weiterzugeben 520 .

Beim Luftwaffenbeschuss von Homs sollen mehr als hundert Syrier getötet worden sein.

16.01.2013: Nach Untersuchungen von „Peace Now“ sind die Bauplanungen in den palästinensischen Gebieten 2012 gegenüber den Vorjahren um 300 Prozent gestiegen. Ein Sprecher des Rates der Siedler (YESHA) zeigt sich erfreut, dass es „Peace Now“ nicht gelungen sei, das Bauprogramm zu verhindern.

Israels Oberster Gerichtshof stoppt die Vertreibung von Palästinensern in 12 Dörfern der südlichen Hebron-Berge, wo das Militär einen 30 Hektar großen Truppenübungsplatz einrichten will. Die palästinensischen Antragsteller, vertreten durch die israelischen Professoren Eyal Benvenisti (Tel Aviv) sowie Yuval Shany und David Kretzmer (beide Jerusalem), betonen in einem Gutachten, dass die Bewohner sich an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wenden könnten, um ihre Rechte unter Bezugnahme auf die Genfer Konvention von 1949 einzuklagen, die einen erzwungenen Transfer von Bevölkerungen in einem besetzten Land verbietet.

15.01.2013: Die „Jerusalem Post“ und „Haaretz“ übernehmen einen Beitrag von Jeffrey Goldberg, der aus persönlichen Gesprächen von US-Präsident Barack Obama und dessen gespanntes Verhältnis

520 Vgl. die Eintragungen am 23.12.2012 und am 23.08.2010 in dieser Zeitleiste sowie „Israels ‚NGO-Monitor‘ scheitert beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg“ in der Menüleiste „Berichte aus Nahost“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 307 – Chronologie 2013 zu Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Worte überliefert, dass er – Obama – nach der Ankündigung von weiteren 3.000 Wohneinheiten, von zusätzlichen Planungsarbeiten im E-1- Korridor – dort sollen 3.500 Wohneinheiten entstehen – sowie in der Westbank nicht einmal mehr zornig gewesen sei. Für Obama handle Israel schlicht gegen seine eigenen Interessen 521 . Goldberg, heißt es in „Haaretz“, habe betont, dass die USA weiterhin Israel militärisch helfen und versuchen würden, Iran von seinem Nuklearprogramm abzubringen, dass jedoch in Sachen ihrer diplomatischen Unterstützung – ob in den Vereinten Nationen oder bei europäischen Initiativen – Israel in Kürze einen bedeutsamen Wandel verspüren werde. Bei der nächsten Abstimmung in den Vereinten Nationen, schreibt Goldberg, werde Israel noch isolierter sein 522 . Am 16. Januar verwahrt sich Netanjahu gegen die Bemerkungen Obamas mit den Worten, dass nur die eigenen Bürger Israels lebenswichtige Interessen bestimmen könnten. „Likud“-Kreise sollen sich gegen die Einmischung Obamas in den israelischen Wahlkampf verwahrt haben, die als Revanche für Einmischung Netanjahus in den Wahlkampf um die US-Präsidentschaft im November 2012 gewertet werde 523 .

Nachdem die israelische Regierung im Jahr 1984 die Anlage der Kleinsiedlung Rotem im Jordantal genehmigt hat, erwarten ihre bisher in Baracken lebenden 30 Familien nunmehr, von der Planungsbehörde die Erlaubnis für den Bau von 170 Häusern zu erhalten. Die Regierung Benjamin Netanjahus hat verschiedentlich erklärt, dass sie im Zuge einer Vereinbarung mit den Palästinensern auf dem Jordantal als Israels Sicherheitszone beharren werde. – In

521 Report: Obama says Israel doesn’t know own best interests, in „The Jerusalem Post” 15.01.2013.

522 Barak Ravid: Obama in geschlossenen Gesprächen: Netanjahu treibt eine selbstzerstörerische Politik, in „Haaretz” 15.01.2013 (Hebr.).

523 Herb Keinon: Netanyahu hits back at Obama: I know what’s best for Israel, in „The Jerusalem Post“ 16.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 308 – Chronologie 2013

einem Bericht der palästinensischen Menschenrechtsorganisation „Al-Haq (Das Recht)“ wird darauf hingewiesen, dass aus dem fruchtbaren Jordantal 40 Prozent der Gewürze, 50 Prozent der Trauben und 40 Prozent der Datteln kommen, die über den israelischen Export nach Europa kommen. Die dortigen israelischen Siedlungen mit der Ausbeutung der Wasser- und anderen natürlichen Ressourcen seien zu profitablen Unternehmungen geworden. Deshalb verlangt „Al-Haq“ von den Europäern die Produkte aus den Siedlungen der Westbank insgesamt im Wert von rund 300 Millionen US-Dollar pro Jahr aus ihren Märkten zu verbannen 524 .

Die frühere israelische Generalkonsulin in New York und heutiges Mitglied der Knesset Colette Avital verlässt die Arbeitspartei, weil sie den Friedensprozess mit den Palästinensern nicht nachdrücklich fördere. Avital kündigt an, am 22. Januar für die linksliberale „Meretz (Stärke)“ unter Führung von Zahava Galon zu stimmen.

Der jordanische Ministerpräsident Abdullah Ensour, der am 10. Oktober 2012 von König Abdullah II. mit der Maßgabe berufen wurde, den Reformprozess voranzutreiben, kündigt seinen Rücktritt nach den Parlamentswahlen am 23. Januar an. Ensour übernimmt in seiner Erklärung die Verantwortung für das Scheitern seiner Bemühungen und empfiehlt, dass das neue Parlament das Wahlrechtsgesetz vordringlich behandle. Der politische Arm der Moslembrüder, die „Islamische Aktionsfront“, und andere oppositionelle Parteien haben den Boykott der Wahlen angekündigt 525 .

524 Al-Haq: Feasting on the Occupation: Illegality of Settlement Produce and the Responsibility of EU Member States under International Law. Ramallah 2013 (Hebr.). Der Wortlaut des Berichts findet sich in der Menüleiste „Berichte aus Nahost” dieser Homepage.

525 Vgl. zuletzt die Eintragung am 03.10.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 309 – Chronologie 2013

14.01.2013: Der israelische Finanzminister Yuval Steinitz hat bekanntgegeben, dass sich 2012 das Haushaltsdefizit gegenüber früheren Prognosen um mehr als das Doppelte vergrößert habe und nunmehr 39 Milliarden Neue Shekel ( ≈ reichlich 8 Milliarden Euro) betrage. Dass nach den Worten Steinitz‘ das Defizit auf die weltweite Rezession zurückzuführen und deshalb nicht der Regierung anzulasten sei, sei – „um es milde auszudrücken – lachhaft“, wenn man sich die Erhöhung der Ausgaben für das Bildungswesen, die Verteidigung, die Siedlungen und die Ultraorthodoxie sowie die Zuwendungen für Kinder und die Kompensationsleistungen für die ehemaligen Siedler im Gazastreifen anschaue. Die Situation werde sich 2013 weiter verschärfen. Denn es stünden Haushaltskürzungen in Höhe von 14 Milliarden Neuen Shekel ( ≈ reichlich 2,8 Milliarden Euro) sowie Steuerhöhungen von rund 5 Milliarden Neuen Shekel ( ≈ reichlich 1 Milliarde Euro) an. Es sei die Zeit gekommen, heißt es abschließend, dass die Regierung der Bevölkerung die Wahrheit sage 526 . – In einer repräsentativen Meinungsumfrage haben sich 63,7 Prozent aller Israelis für nachdrückliche Ausgabenkürzungen zu Lasten der Siedlungen ausgesprochen, gefolgt von Forderungen nach Kürzungen im Sicherheitshaushalt 527 .

Im Vorfeld der Knesset-Wahlen am 22. Januar, bei denen 850.000 Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit teilnahmeberechtigt sind, fragt der israelisch-palästinensische Autor Oudeh Basharat, was eigentlich für die arabische Bevölkerung anders wäre, wenn es keine arabischen Abgeordneten im Parlament gebe. „Bis sich unsere Brüder in den [palästinensischen] Gebieten uns anschließen, wenn

526 Nehemia Shtrasler: Netanyahu government doubled budget deficit to buy votes, in „Haaretz” 14.01.2013.

527 Talila Nesher: Poll: Most Israelis support heavy cuts to settlement funding, in „Haaretz” 14.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 310 – Chronologie 2013

sie endgültig annektiert werden, müssen wir leider feststellen, das sich die arabische Bevölkerung nicht wie eine subversive Sekte verhält und dass alle Anzeichen darauf hindeuten, dass sie sich wie jeder andere Mensch verhalten: manchmal deprimiert, manchmal verliebt und manchmal sich verweigernd, ihr Stimmrecht auszuüben 528 .“

In einem Gespräch vertritt Gershon Baskin die Auffassung, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu davon träume, dass die Palästinenser mit einer begrenzten Autonomie zufrieden seien, während Israel die Souveränitätsrechte ausübt und die Grenzen [zu Jordanien] kontrolliert. Gleichzeitig zeigt sich Baskin davon überzeugt, dass nur Netanjahu und die politische Rechte Frieden schließen könnten. Wenn jemand anderes die notwendigen Kompromisse mache, würde es Israel bis zu physischer Gewalt und zum Bürgerkrieg zerreißen. Diese Auffassung habe er, Baskin, vor einer Woche dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas vorgetragen und ihn aufgefordert, Netanjahu zu schreiben und ihn zu überzeugen. Einen beträchtlichen internationalen Druck auf Israel könne er übrigens in der kommenden Zeit nicht erkennen.

Bei der Ernennung von elf Richtern an Magistrats- und Verkehrsgerichten hat Staatspräsident Shimon Peres ausgeführt: „Ein unabhängiges Gerichtswesen ist eine Voraussetzung für die Existenz eines echten aufgeklärten demokratischen Staates. Ein Gericht muss Urteile nach Gerechtigkeit und Gesetz sprechen und nicht der öffentlichen Meinung hinterherrennen. Das Gerichtswesen muss immer ausgewogen handeln 529 .“

528 Oudeh Bsharat: Arabs in Israel must vote, in „Haaretz” 14.01.2013. Der Autor bekennt sich als Wähler der kommunistischen „Demokratischen Front für Frieden und Gleichheit (Chadash)“.

529 Mitteilung der Botschaft des Staates Israel in Berlin vom 15.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 311 – Chronologie 2013

13.01.2013: Israelische Soldaten und Polzisten räumen auf Anordnung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trotz einer Eingabe beim Obersten Gerichtshof die rund 200 Palästinenser des Zeltlagers im E-1-Korridor zwischen Jerusalem und Maale Adumim 530 . Das Gelände war 2006 von Israel zu Staatsland erklärt worden. Aufgrund von Einsprüchen palästinensischer Grundstückseigentümer dürfen die 20 Zelte bis zum 17. Januar stehenbleiben.

EU-Präsident Herman Van Rompuy kündigt im Beisein von Präsident Mohamed Mursi in Kairo an, dass Ägypten über die Europäische Investitionsbank und über die Europäische Bank für den Wiederaufbau und die Entwicklung 5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten für die Erholung seiner Wirtschaft und für den demokratischen Übergang gewährt werden. Ein Freihandelsabkommen solle zügig verhandelt werden. Die Außenminister der Arabischen Staaten fordern die Mitgliedsländer auf, ihre finanziellen Zusagen gegenüber Ägypten in Höhe von 100 Millionen US-Dollar einzuhalten. Außerdem verlangen sie von der internationalen Gemeinschaft, Israel zur Aufhebung der Überweisungssperre von Zöllen und Abgaben an die Palästinensische Autonomiebehörde zu veranlassen; sie war im Dezember 2012 als Strafe für die Aufwertung Palästinas in den Vereinten Nationen verhängt worden.

Der ägyptische Kassationsgerichtshof in Kairo unter Vorsitz von Ali Abdel Rahman verfügt, dass der Prozess gegen den früheren Präsidenten Hosni Mubarak und seinen Innenminister Habib Al-Adli, die am 02. Juni 2012 zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, auf Antrag der Anwälte Mubaraks und Al-Adlis sowie der

530 Vgl. die Eintragung am 04.01.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 312 – Chronologie 2013

Staatsanwaltschaft neu aufgerollt wird. Ihnen war die Verantwortung für den Tod von mehr als 800 Demonstranten vorgeworfen worden. Gemäß dem Verfahrensrecht darf die damalige Strafe nicht erhöht werden. Der Verhandlungstermin steht bislang nicht fest.

Im Interview mit dem französischen Blatt „Le Nouvel Observateur“ berichtet Jordaniens König Abdullah II., dass sein Land mit den Europäern und den USA eng zusammenarbeite, um den israelisch- palästinensischen Friedensprozess wieder in Gang zu setzen. Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate seien an den Bemühungen beteiligt. Im Gespräch mit der „New York Times“ bestätigt Präsident Shimon Peres den Einfluss Washingtons mit den Worten: „Sogar wenn die Amerikaner nicht Teil der Verhandlungen sind, sind sie bei ihnen anwesend. Wenn Israel allein stünde, würden seine Feinde es schlucken 531 .“

Jordaniens Außenminister Nasser Judeh bekennt sich in Amman zur Zusammenarbeit der Regierung mit der syrischen Opposition und unterstreicht die Notwendigkeit, Syriens territoriale Einheit zu bewahren.

In Jerusalem stationierte Diplomaten berichten, dass an einem neuen Plan für die Schaffung eines palästinensischen Staates in Grenzen vor 1967 mit einer klaren Zeittafel für das laufende Jahr 2013 gearbeitet werde. Dazu gehöre das Einfrieren aller Bauarbeiten in den jüdischen Siedlungen. Der Plan werde unter Federführung Frankreichs und Großbritanniens auch von Deutschland unterstützt und könne auf die Zustimmung aller EU-Staaten bauen. Die Vorsitzende der Partei „Die Bewegung (haTnuah)“ Tsipi Livni befürchte, dass im März die Welt einen

531 Ronen Bergman: Shimon Peres on Obama, Iran and the Path to Peace, in NYT 09.02.2013.

www.reiner-bernstein.de 313 – Chronologie 2013 neuen [Friedens-]Plan auf den Tisch legen werde. Entweder werde er Israel aufgedrängt, oder die Regierung lege einen eigenen Plan vor.

In Telefoninterviews bekennt sich die Vorsitzende der Arbeitspartei Shelly Yachimovich zur Zwei-Staaten-Lösung entlang der Clinton- Parameter vom Dezember 2002. Auf die Frage eines Anrufers, warum die Hilfe der USA und der Europäer nötig sei, antwortet Yachimovich, dass die Verhandlungen von der Einbeziehung beider abgestützt werden müssten.

10.01.2013: Nach einem Bericht von „Haaretz“ hat Literaturnobelpreisträger Amos Oz in einem privaten Gesprächskreis mit 30 Akademikern heftige Kritik an Israels Politik gegenüber der Autonomiebehörde unter Führung von Machmud Abbas geäußert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahus Regierung sei die antizionistischste Regierung, die Israel je gehabt habe. Indem er, Netanjahu, Abbas moralisch, finanziell und politisch schlage, stärke er „Hamas“ und erledige die Chancen für eine Zweistaatenregelung. Wenn es keinen palästinensischen Staat gebe, werde es an seiner Statt keinen binationalen, sondern nur einen arabischen Staat geben, führt Oz aus. Die linksliberale „Meretz (Stärke)“ unter Führung von Zahava Galon sei die einzige Partei, die dies verstehe. Gleichzeitig grenzt sich Oz politisch scharf gegen die Vorsitzende der Arbeitspartei Shelly Yachimovich und den Vorsitzenden der Partei „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ Yair Lapid ab. Er habe die Sorge, dass beide Parteien und die Vorsitzende der Partei „haTnuah (Die Bewegung)“ Tsipi Livni auf eine Koalitionsregierung unter Führung Netanjahus zusteuern 532 .

532 Yossi Verter: Netanyahu government is Israel’s most anti-Zionist ever, says Amos Oz, in „Haaretz“ 11.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 314 – Chronologie 2013

Die Vorsitzende des Landesverbandes des „National Council of Jewish Women“ Shari Eshet veröffentlicht einen flammenden Appell, bei den israelischen Wahlen am 22. Januar nur für solche Kandidaten zu stimmen, die für die Rechte der Frauen eintreten, an der Westmauer des Tempelbezirks („Klagemauer“) in der ihnen genehmen Kleidung beten und im öffentlichen Nahverkehr dort sitzen dürfen, wo sie wollen, sowie heiraten und sich scheiten lassen dürfen, wen und wie sie das für richtig halten 533 .

Erstmals in der Geschichte Saudi-Arabiens ernennt König Abdullah II. 30 Frauen als Mitglieder des „Shura Council“. Ihm gehören insgesamt 150 Personen an.

Die NATO kritisiert den Einsatz von Kurzstreckenraketen Syriens gegen die Aufständischen im Norden des Landes.

09.01.2013: Das ägyptische Pfund ist mit 6,45 gegenüber dem US-Dollar auf seinen historischen Tiefstand gefallen. Seit dem Sturz Hosni Mubaraks im Februar 2012 ist die Arbeitslosigkeit auf 12 Prozent gestiegen – was nicht viel besagt, weil mehr als 40 Prozent der Ägypter mit weniger als 2 US-Dollar pro Tag auskommen müssen. Die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds über einen Kredit von 4,8 Milliarden US-Dollar ziehen sich hin, weil er an Steuerhöhungen und die Streichung von Subventionen gebunden ist 534 . Im Gesamtjahr 2012 ist die Inflation um 4,7 Prozent gestiegen.

533 Shari Eshet: Israeli women: Vote as if your life depends on it, in „Haaretz“ 10.01.2013.

534 mrb. [Markus Bickel]: Ägyptens Wirtschaft kommt nicht in Schwung, in FAZ 10.01.2013, S. 11.

www.reiner-bernstein.de 315 – Chronologie 2013

Gegenüber Dezember 2011 stiegen die Lebensmittelpreise im Dezember 2012 um 6 Prozent 535 .

In Kairo hat die salafistische Partei „Al-Nour (Das Licht)“ Younis Makhioun zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er tritt die Nachfolge von Emad Abdel Ghafour an.

In einem Telefoninterview mit der „Jordan Times“ bekräftigt der EU-Sonderbotschafter für den Nahen Osten Andreas Reinicke das Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung. Die Europäische Union schätze die Rolle Jordaniens im Friedensprozess hoch ein, und er, Reinicke, wolle bei seinem Besuch in Amman vor allem die Ansichten der jordanischen Regierung kennenlernen. Es sei an der Zeit, die Arabische Friedensinitiative von 2002 in die Diskussion zurückzubringen. Außerdem sollen die Beziehungen zwischen Europa und den arabischen Staaten verstärkt werden 536 .

Unter ägyptischer Vermittlung unternehmen Machmud Abbas und Khaled Meshal in Kairo einen weiteren Versuch der Versöhnung zwischen „Fatah“ und „Hamas“.

Zum zweiten Mal nach dem September 2012 treten in der Westbank Fahrer des öffentlichen Verkehrs in einen Streik, um die Senkung der Benzinpreise durchzusetzen.

08.01.2013: Im jordanischen Lager Zaatari mit fast 50.000 Flüchtlingen aus Syrien brechen Unruhen aus, weil heftige Regenfälle und die Kälte ihre Zelte zerstören. In Israel und in den palästinensischen Gebieten

535 Vgl. zuletzt die Eintragung am 22.12.2012 in dieser Zeitleiste.

536 Hani Hazaimeh: EU committed to two-state solution – envoy, in „The Jordan Times” 09.01.2012. Vgl. zu Reinicke zuletzt die Eintragung am 09.11.2012 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 316 – Chronologie 2013

kommen aufgrund der Flutwellen mehrere Menschen ums Leben. Schwere Schneefälle in Jerusalem und in Ramallah legen Teile des öffentlichen Lebens lahm. Im Libanon sollen bislang sieben Menschen ihr Leben verloren haben.

07.01.2013: Im Interview mit dem Londoner „Guardian“ erklärt der Vorsitzende der Partei „Das jüdische Haus (haBait haYehudi)“ Naftali Bennett, dass er nicht vorhabe, in den kommenden vier Jahren – der Legislaturperiode des am 22. Januar zu wählenden Parlaments – „über Israel und die Palästinenser zu quatschen“, und verteidigt seine Absicht, politisch für die Annexion des größten Teils der Westbank zu sorgen. „Es wird keinen palästinensischen Staat im winzigen Land Israel geben.“ Sein Ziel sei es, „der israelischen Politik Werte zurückzugeben“, die Lebenshaltungskosten für die Bürger zu senken und den Konflikt mit den Palästinensern „realistischer“ anzugehen. „Ich möchte, dass die Welt versteht, dass ein palästinensischer Staat kein israelischer Staat bedeutet. Das ist die Gleichung.“ Nach den Vorstellungen Bennetts, so die Redaktion der Zeitung, würden die in Zone C der Westbank – sie umfasst mehr als 60 Prozent des Gesamtgebiets mit weniger als 50.000 Palästinensern – lebenden Palästinenser entweder die israelische Staatsbürgerschaft annehmen oder veranlasst werden, in die Zonen A und B umzuziehen 537 .

Eine Gruppe mit mehr als 700 US-amerikanischen Rabbinatsschülerinnen und -Schülern überreicht im Amt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ein Bündel mit Briefen, in denen sie den Bau des E-1-Korridors zwischen Jerusalem und Maale

537 Harriet Sherwood: Naftali Bennett interview: ‘There won’t be a Palestinian state within Israel‘, in „The Guardian“ 07.01.2013. Vgl. Hans- Christian Rößler: Der Rächer der Frustrierten, in FAZ 11.01.2013, S. 3.

www.reiner-bernstein.de 317 – Chronologie 2013

Adumim als „endgültigen Schlag gegen eine friedliche Regelung“ mit den Palästinensern kritisieren. Die Initiative wird von den „Rabbis for Human Rights North America“, „J Street“ und „Americans for Peace“ getragen. Kopien werden bei der israelischen Botschaft in Washington, D.c., und im Weißen Haus hinterlassen 538 .

„Haaretz“ zitiert aus dem Buch „America: The Next Chapter“ des damaligen republikanischen Senators Chuck Hagel die Passagen zur US-amerikanischen Nahostpolitik: „There is one important given that is not negotiable: a comprehensive solution should not include any compromise regarding Israel’s Jewish identity.” Die besondere und historische Bindung an Israel, die sich in der Verpflichtung zu Israels Verteidigung manifestiere, dürfe nicht „zu Lasten unserer arabischen und moslemischen Beziehungen gehen“. Am selben Tag nominiert Präsident Barack Obama Hagel zum neuen Verteidigungsminister in der Nachfolge von Leon Panetta. Die Nominierung bedarf noch der Zustimmung des Senats.

06.01.2013: Syriens Präsident Bashar Assad bezeichnet auf einer auch im Fernsehen übertragenen öffentlichen Veranstaltung in Damaskus die Aufständischen als Terroristen, Kriminelle und Feinde Gottes, die der Ideologie von „Al-Qaeda“ zugetan seien. Assad verlangt das Ende der auswärtigen Unterstützung für die Aufständischen, damit alle militärischen Operationen ein Ende finden und ein umfassender nationaler Dialog über die Souveränität, die territoriale Einheit, den Frieden im Lande beginnen und die neue Verfassung verabschiedet werden könne. Der dann entstehende Pakt werde dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Außerdem solle eine „Wahrheits- und Versöhnungskonferenz“ einberufen werden. Da Assads Auftritt von

538 Michael Grumer: Netanyahu receives letters from more than 700 Jewish clergy protesting settlement expansion, in „Haaretz” 07.01.2013. Vgl. zuletzt die Eintragung am 04.01.2013 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 318 – Chronologie 2013

der Opposition als unakzeptabel abgelehnt wird, wird der Abnutzungskrieg eine Fortsetzung finden.

In Ägypten findet eine weitgehende Umbesetzung der Regierung in 10 Ministerien statt. Innenminister: General Mohamed Ibrahim; Finanzminister El-Mursi Hegazy; Verkehrsminister Hatem Abdel-Latif; Minister für Versorgung und Binnenhandel Bassem Ouda; Minister für lokale Entwicklung Mohamed Ali Beshr; Minister für Elektrizität Achmed Imam; Minister für Kommunikations- und Informationstechnologie Atef Helmi; Minister für Staats- und Parlamentsangelegenheiten Omar Salem; Minister für die zivile Luftfahrt Wael El-Maadawi und Minister für Umweltangelegenheiten Khaled Fachmi Abdel-Aal.

In einem Interview mit dem israelischen Rundfunk schließt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach den Wahlen keine Koalitionsoption aus. Der Vorsitzende von „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“ Avigdor Lieberman erklärt gegenüber „Haaretz“, dass die Wahllisten-Allianz mit „Likud“ nach der Entscheidung am 22. Januar beendet werde.

Bis Ende 2012 sollen rund 400.000 Israelis ihre Sympathien für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu per Facebook zum Ausdruck gebracht haben. Außenminister Avigdor Lieberman brachte es auf 136.000, die Vorsitzende der Arbeitspartei Shelly Yachimovich auf 73.000 und Innenminister Eli Yishai („Sefardische Thorawächter – Shas“) auf 8.000 Sympathie-Einträge.

Bei einem Auftritt in Kiryat Ono in der Nähe Haifas verlangt der Vorsitzende der Partei „Das jüdische Haus (haBait haYehudi)“ Naftali Bennett von allen Parteien die Verpflichtung, keine Juden jemals aus den Siedlungen zu evakuieren.

www.reiner-bernstein.de 319 – Chronologie 2013

Israels Verteidigungsministerium beschließt die Unterbrechung des Baus des „Sicherheitszauns“ im „Gush Etzion (Etzion-Block)“. Außerdem soll ein hoher Zaun aus Stahl entlang der Grenze zu Syrien auf den Golanhöhen gebaut werden, um Infiltranten abzuschrecken. Der Bau des 150 Kilometer langen Zauns an der Grenze zu Ägypten sei fast abgeschlossen, heißt es weiter.

Die Bundeswehr liefert die ersten 20 der insgesamt 230 Fahrzeuge aus, die zur Stationierung der „Patriot“-Batterien an die türkische Grenze zu Syrien gehören 539 .

05.01.2013: In einem Vorbericht auf Telefonbefragungen der Vorsitzenden von „Meretz (Stärke)“ Zahava Galon in den Redaktionsräumen von „Haaretz“ am 06. Januar erklärt Galon ihre Partei als die „letzte Bastion des israelischen Friedenslagers“.

04.01.2013: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll nach einem israelischen Pressebericht angeordnet haben, die Planungen für den 12 Quadratkilometer großen E-1-Korridor zwischen Jerusalem und Maale Adumim 540 vorerst nicht weiterzuverfolgen. Am 11. Januar errichten rund 250 Palästinenser aus den Ortschaften A-Tur, Isawiyeh, Abu Dis, Al-Azariyeh und Anata in und um Jerusalem Protestzelte in der Zone auf und geben der Ansammlung in Anlehnung an das Buch des libanesischen Autors Elias Khoury über die Flüchtlinge in den libanesischen Lagern den Namen „Bab Al- Shams (Tor zur Sonne)“. „Heute sind wir es, die ‚facts on the ground‘ schaffen“, heißt es in ihrer Erklärung. Israelisches Militär riegelt das Gelände mit Checkpoints ab.

539 Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.12.2012 in dieser Zeitleiste.

540 Vgl. zuletzt die Eintragung am 22.12.2012 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 320 – Chronologie 2013

Präsident Machmud Abbas unterzeichnet ein Dokument, wonach alle amtlichen Dokumente in Zukunft den Namen „Staat Palästina“ tragen sollen. Am 08. Januar gibt die Kommunikationsministerin Safa Nassreddin bekannt, dass die ersten Briefmarken mit der Aufschrift „Staat Palästina“ den palästinensischen Auslandsvertretungen zugestellt werden.

03.01.2013: Nach einem Bericht der ägyptischen Tageszeitung „Al-Ahram (Die Pyramiden)“ drohen die sozialen Unterschichten, die zum treuen Wählerstamm der Moslembrüder gehören, zu den hauptsächlichen Verlierern der Wirtschaftskrise zu werden. Zwei Fünftel aller Ägypter würden unter der Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag leben und seien von staatlich subventionierten Grundnahrungsmitteln abhängig. Die Fremdwährungsreserven seien seit dem Sturz Hosni Mubaraks bis November 2012 auf rund 15 Milliarden US-Dollar gefallen 541 . Ägyptische Zeitungen melden überdies, dass vier nicht- islamische Parteien – nämlich die „Ägyptische Sozialdemokratische Partei“, die „Freie Ägyptische Partei“, die „Freie Ägypten-Partei“ und die Partei „Die Gerechtigkeit (Al-Adl)“ – bei den bevorstehenden Parlamentswahlen in der Partei „Al-Dostour (Die Verfassung)“ aufgehen wollen.

Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur „Agence France Press“ haben sich die Beziehungen zwischen Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten verschlechtert, weil mehr als zehn ägyptische Staatsbürger unter der Beschuldigung verhaftet worden seien, für die Moslembruderschaft Spionagedienste geleistet zu haben.

541 Vgl. die Eintragung am 22.12.2012 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 321 – Chronologie 2013

„Haaretz“ meldet, dass die Zionistische Weltorganisation (WZO) seit den 1980er Jahren den Siedlern im Jordantal zwischen dem „Sicherheitszaun“ und der Grenze zum Haschemitischen Königreich 500.000 Quadratmeter Land aus einst privatem palästinensischem Besitz übergeben habe. Den palästinensischen Bauern würde die Rückkehr auf ihren Grund und Boden verwehrt, der seit 1967 amtlich als „Eigentum von Abwesenden“ bezeichnet wird. Nur die Arbeitskräfte aus Thailand dürften das Gelände betreten, heißt es in dem Bericht. Ohne den Anteil am Toten Meer ist die Westbank 5.400 Quadratkilometer groß.

17 Soldaten der „Golani-Brigade“ sind zu einer Woche Gefängnis verurteilt worden, weil sie am Vortag aus Protest gegen ihre Behandlung seitens der Vorgesetzten für anderthalb Stunden ihren Unterstand auf den Golanhöhen verließen.

Gegenüber dem Jahr 2011 mit 726 neuen Wohneinheiten sind im Jerusalem 2012 Ausschreibungen für den Bau von 2.386 neuen Wohneinheiten erfolgt. Nach Angaben von „Ir Amim (Stadt der Völker)“, einer israelisch-palästinensischen Friedensgruppe, ist für 2012 insgesamt der Bau von 6.932 Wohneinheiten genehmigt worden.

Die Vorsitzende der neuen Partei „Die Bewegung (haTnuah)“ Tsipi Livni fordert die Parteien der linken Mitte auf, nach den Knesset- Wahlen am 22. Januar gegen eine „extremistische Front“ Stellung zu beziehen, die die nächste Regierung bilden wolle.

02.01.2013: Amira Hass berichtet in „Haaretz“, dass die israelischen Behörden dazu übergegangen sind, Personen aus der Westbank die Erneuerung ihrer Reisegenehmigung für Israel und Ost- Jerusalem zu verweigern, sofern sie eine ausländische www.reiner-bernstein.de 322 – Chronologie 2013

Staatsbürgerschaft haben. In ihre Reisedokumente würde „Nur für Judäa und Samaria (gültig)“ eingestempelt, womit sie gegebenenfalls weder den „Ben-Gurion-Flughafen“ bei Tel Aviv erreichen noch in israelischen Archiven oder öffentlichen Einrichtungen arbeiten können 542 . In einem aktuellen Fall ist der in Ramallah wohnende Filmemacher Mohammed Alatar davon betroffen, der nach seiner Rückkehr aus den USA (er verfügt auch über die US-amerikanische Staatsbürgerschaft) die Aufforderung vorfand, binnen zwei Wochen wieder auszureisen. Alatar war im November/Dezember 2012 von der Evangelischen Medienzentrale in Stuttgart zu einer Deutschlandtour mit seinem Dokumentarfilm „Jerusalem –The West Side Story“ eingeladen.

Gemäß einer repräsentativ angelegten Umfrage des israelischen Rundfunks unterstützen 40 Prozent der Israelis die Zwei-Staaten- Lösung, wenn damit der Konflikt beendet würde, während 45 Prozent sich gegen die Schaffung eines palästinensischen Staates aussprechen.

Nach einer Mitteilung der UN-Kommissarin für Menschenrechte Navi Pillay sind in Syrien zwischen dem 15. März und dem 30. November 2012 genau 59.648 Menschen zu Tode gekommen.

01.01.2013: Irland übernimmt für sechs Monate die EU-Präsidentschaft von Zypern.

Israelische Zeitungen berichten, dass es am 31. Dezember 2012 in Jerusalem bei der Konferenz israelischer Botschafter und Geschäftsträger im Ausland zu einer heftigen Kontroverse

542 Amira Hass: State bars Westerners living in West Bank from entering Israel, East Jerusalem, in „Haaretz” 02.01.2013.

www.reiner-bernstein.de 323 – Chronologie 2013 gekommen sei, als UN-Botschafter Ron Prosor und der Botschafter in Prag Yaacov Levy die politische Weisheit der Regierungsentscheidung in Frage gestellt hätten, nach der UN- Entscheidung über die Mitgliedschaft Palästina den Bau des E- 1-Korridors zwischen Jerusalem und Maale Adumim zu verfügen. Darauf habe der nationale Sicherheitsberater von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Yaacov Amidror, Kritiker aufgefordert, entweder ihren Posten zu räumen oder sich um ein politisches Amt zu bemühen 543 .

Zum 01. Januar ist Israel in den „Board of Directors“ des UN- Kinderhilfswerkes (UNICEF) aufgenommen worden – das erste Mal seit 40 Jahren.

Auf einer Pressekonferenz in Jerusalem führt der Minister für Information und Diaspora-Angelegenheiten Yuli Edelstein aus, dass die ausgebliebene Annexion der Zone C, die über 60 Prozent der Westbank ausmacht, die Forderung der internationalen Gemeinschaft gestärkt habe, von Israel den Rückzug auf die Linien vor 1967 zu verlangen. Der Abgeordnete Zeev Elkin schlägt eine „Salami-Taktik“ vor, nämlich so viel Souveränität wie möglich in der Westbank zu entfalten. Der Abgeordnete Moshe Feiglin empfiehlt seinerseits, jeder palästinensischen Familie 500.000 US-Dollar anzubieten, wenn sie „Judäa und Samaria“ verlasse. Das Geld solle dem Sicherheitshaushalt entnommen werden 544 .

543 Itamar Eichner: Ambassadors protest Israel policy, in www.ynetnews.com 01.01.2013; Herb Keinon: Amidror criticizes ambassadors: Quit or enter politics, in „The Jerusalem Post” 01.01.2013; Barak Ravid: Top security advisor to Israeli diplomats: If you don’t like government’s policy, quit, in „Haaretz” 01.01.2013.

544 Harriet Sherwood: Likud members call for Israeli annexation of West Bank territories, in „The Guardian” 02.01.2013.