5. September 2020 Vladimir Jurowski 2 BEETHOVEN – SINFONIE NR
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5. September 2020 Vladimir Jurowski 2 BEETHOVEN – SINFONIE NR. 7 „Der Stil also, den Schönberg und seine Schule sucht, ist eine neue Durchdringung des musika- lischen Materials in der Horizontalen und in der Vertikalen, eine Polyphonie, die ihre Höhepunkte bisher gefunden hat bei den Niederländern und bei Bach, und dann weiter bei den Klassikern.“ Anton Webern 4 PROGRAMM 5 Johann Sebastian Bach Anton Webern (1685 – 1750) (1883 – 1945) Fuga (2. Ricercata) à 6 voci aus Variationen für Orchester op. 30 5. September 2020 „Ein musikalisches Opfer“ BWV 1079, für Orchester gesetzt Alfred Schnittke Samstag /19 Uhr von Anton Webern (1934 – 1998) Philharmonie Berlin Concerto grosso Nr. 1 für zwei Alban Berg Violinen, Cembalo, präpariertes (1885 – 1935) Klavier und Streichorchester Drei Bruchstücke für Gesang und › Preludio. Andante Orchester aus der Oper „Wozzeck“ › Toccata. Allegro op. 7 nach Georg Büchners › Recitativo. Lento Drama – für den Konzertgebrauch › Cadenza VLADIMIR JUROWSKI eingerichtet von Alban Berg, Be- › Rondo. Agitato – Meno mosso – Anne Schwanewilms / Sopran arbeitung für kleines Orchester Tempo I Erez Ofer / Violine von Eberhard Kloke › Postludio. Andante – Allegro – Nadine Contini / Violine › Langsam (I. Akt, Szenen 2, 3) Andante Helen Collyer / Klavier und Cembalo › Thema, sieben Variationen und Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden Berlin Fuge (III. Akt, Szene 1) Vinzenz Weissenburger / Choreinstudierung › Langsam (III. Akt, Szenen 4, 5) Ralf Sochaczewsky / Assistent des Chefdirigenten Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Liebe Konzertbesucher*innen! Schön, dass Sie da sind! Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass das nicht nur so bleiben, sondern bald wieder zur erfreulichen Normalität werden kann! Bitte beachten Sie die allgemeine Hygiene-, Husten- und Nies-Etikette, folgen Sie der besonderen Wegführung innerhalb des Hauses und halten Sie den Mindestabstand von 1,5 Metern ein. Tragen Sie bitte jederzeit und überall im Haus eine Mund- und Nasen-Bedeckung. Erst nachdem die Saaltüren geschlossen Kooperationspartner worden sind, können Sie auf Ihrem Sitzplatz den Schutz abnehmen. Bitte vergessen Sie nicht, ihn vor dem Verlassen des Platzes wieder Einführung von Steffen Georgi anzulegen. als Videoaufzeichnung Das Konzertprogramm ist an die Corona-Vorgaben vor, auf und hinter auf rsb-online.de abrufbar Konzert mit der Bühne angepasst worden. Es findet ohne Pause statt. Aufzüge Übertragung am 6. September 2020, und Toiletten sind bitte nur im „Notfall“ zu benutzen. Gastronomie- 20.03 Uhr. angebote und Garderobendienst stehen leider gegenwärtig nicht zur Europaweit. In Berlin auf UKW 89,6 MHz; Kabel 97,55; Digitalradio (DAB); Satellit; Verfügung. Bitte legen Sie Ihre Mäntel und Jacken über die gesperrten online und per App. Plätze neben dem eigenen Sitzplatz. Und bleiben Sie gesund! 6 7 Steffen Georgi Was für ein Auftakt! Webern, Berg, Schnittke. Das Johann Sebastian Bach sind klare kulturpolitische und Fuga (2. Ricercata) à 6 voci ästhetische Ansagen, mit denen aus „Ein musikalisches Opfer“ das Rundfunk-Sinfonieorches- BWV 1079, für Orchester ter Berlin (RSB) seine Saison gesetzt von Anton Webern 2020/2021 unter Nicht-Corona- Bedingungen eröffnen wollte. Besetzung Und es bleiben Webern, Berg und Flöte, Oboe, Englischhorn, Schnittke im ersten Programm Klarinette, Bassklarinette, der neuen, der besonderen Spiel- Fagott, Horn, Trompete, zeit! Posaune, Pauken, Harfe, Reduzierte Orchestergröße, 2 Violinen, Viola, Violoncello, Abstandsregeln und allgemeine Kontrabass Hygienevorschriften erwiesen sich als Herausforderungen, die Dauer beim RSB-Team um Vladimir ca. 11 Minuten Jurowski vor allem eines bewirk- ten: Sie setzten eine ungeahnte Verlag Kreativität frei. Einerseits war es Universal Edition für das Orchester Ehrensache, Wien so achtsam und respektvoll wie möglich auf die in vielen Jahren Entstanden gewachsenen Erwartungen sei- Sommer 1747 (Bach) nes Publikums zuzugehen – auch 1934/1935 (Webern) was Spielplantreue betrifft –, andererseits hatte es mit spie- Uraufführung lerischen Mitteln so flexibel und 25. April 1935, London pragmatisch wie nötig auf die Anton Webern, Leitung aktuelle Situation zu reagieren. Adolph Menzel (1815-1905), „Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci“ 8 JOHANN SEBASTIAN BACH – FUGA (2. RICERCATA) À 6 VOCI AUS „EIN MUSIKALISCHES OPFER“ 9 Das bedeutet im konkreten Fall: Bach 1747 höchstselbst zu Fried- mit einem dreistimmigen Ricer- achtstimmig (!) über sein Thema Die ursprünglich geplanten, fünf- rich II., nachdem der Regent car zur aufrichtigen Bewunderung improvisiert habe. minütigen Fünf Orchesterstücke mehrfach nachdrücklich darum Friedrichs, der offenbar nicht Zunächst formt Bach ein drei- op. 10 von Anton Webern werden gebeten hatte. Gleich in Reise- damit gerechnet hatte, zumal das stimmiges Ricercar innerhalb des ersetzt durch die Webernsche garderobe wurde der alte Bach „Tema Regium“ sorgfältig und „Musikalischen Opfers“ aus. Es Bearbeitung für kleines Orchester am 7. Mai direkt zur könig- wohl unter fachlicher Beratung ist wohl als Reminiszenz an den des berühmten sechsstimmigen lichen Hausmusik beordert. Er „erfunden“ worden war, mög- Besuch gedacht und erfüllt die Ricercars aus dem „Musikali- hatte die Cembali des Freiberger licherweise mit dem Ziel, Bachs erste Bedeutung des Begriffes schen Opfer“ von Johann Sebas- Orgelbaumeisters Gottfried Grenzen aufzuzeigen. Allein die Ricercar im Sinne von Zusam- tian Bach. Alban Bergs Bruch- Silbermann auszuprobieren, auf sechsstimmige Improvisation mentragen, Aufsuchen. Das stücke aus „Wozzeck“ bleiben die der König mächtig stolz war. lehnte Bach vernünftigerweise sechsstimmige Ricercar hingegen im Programm in einer adäquaten Was Friedrich nicht wusste: Bach ab, benutzte vielmehr ein eigenes ist im zweiten Sinne des Begriffes Fassung, die lediglich auf eine selbst hatte erheblichen Anteil Thema dafür. Aber er versprach eine besonders streng und dicht kleinere Orchesterbesetzung an der Qualität der Prunkstücke. dem König die kompositorische gearbeitete Fuge, entstanden zugreift. Weberns Variationen Seine heftige Kritik bei früheren Ausarbeitung des sechsstimmi- durch „künstlich starckes Nach- op. 30 hingegen fließen aus dem Proben dieser Art hatte den be- gen Ricercars sofort nach seiner sinnen“ (Johann Gottfried Wal- Programm vom 11. September rühmten Instrumentenbauer zwar Rückkehr. Tatsächlich haben wir ther). Für beide Stücke gilt, dass in das Saisoneröffnungskonzert nachhaltig verstimmt, dennoch dieser mustergültigen Auseinan- sie zweihändig auf dem Klavier ein. Und selbstverständlich steht zur Beherzigung der Vorschläge dersetzung mit einem komplizier- auszuführen sein sollten; allein der Name Alfred Schnittke an un- des renommierten Komponisten ten und komplexen Fugenthema offenbart sich ihr kontrapunkti- veränderter Position. Auch wenn und praktischen Musikers bei- eines der staunenswertesten scher Reiz weit anschaulicher in sein Concerto grosso Nr. 4 eine getragen. Meisterwerke der Musikgeschich- orchestraler Auffächerung. Anton Aufgabe für Nach-Corona-Zeiten Gleichwohl war die Potsdamer te zu verdanken. Webern und außer ihm Johann sein wird, kommt der große, in Instrumentenparade nur der Nepomuk David, Igor Markevitch, Russland geborene Deutsch-Jude Vorwand für eine geharnischte R_I_C_E_R_C_A_R Roger Vuataz, Karl Hermann des späten 20. Jahrhunderts mit Aufgabe, die der ambitionierte Pillney, Frank Michael Beyer und dem Concerto grosso Nr. 1 zum Musiker Friedrich dem profes- „Regis Issu Cantio Et Reliquia viele andere haben sich mit dem Klingen, das im März 2020 beim sionellen Komponisten Bach zu Canonica Arte Resoluta“ (Das sechsstimmigen Ricercar und RSB bereits programmiert war, stellen beabsichtigte. Er möge vom König aufgegebene Thema den übrigen Teilen des „Opfers“ coronabedingt jedoch ausfallen doch über ein von ihm auf der und noch einiges mehr auf beschäftigt. musste. Flöte vorgetragenes chromati- canonische Art ausgeführt) titelt sches Thema auf dem Cembalo Bach über seinem „untertänigst Weberns Anton Webern: im Stile eines Ricercars impro- dargebrachten Musikalischen Grundlagenforschung „Meine Bach-Fuge“ visieren, verlangte der Monarch. Opfer“ (im Sinne von Dankgabe) Das Thema, recht eigentlich so und lässt die gestochene und Anton Webern, lebenslang fas- Gelegentlich wurde auch Preu- erfunden, dass es sich einer gedruckte Prachtausgabe bereits ziniert von der Genialität Bachs, ßens Hauptstadt von den ganz kontrapunktischen Verarbeitung im September 1747 nach Pots- beschließt irgendwann, das Großen der Musikgeschichte auf Anhieb versperrte, forderte dam schicken. Friedrich erinnert Meisterwerk des sechsstimmigen gestreift. So bemühte sich der den Meister überraschend stark sich noch dreißig Jahre später mit Ricercars aus der Verborgenheit 62-jährige Johann Sebastian heraus. Er bewältigte die Aufgabe Respekt an den alten Bach, der theoretischer Darstellung in die 10 JOHANN SEBASTIAN BACH – FUGA (2. RICERCATA) À 6 VOCI AUS „EIN MUSIKALISCHES OPFER“ 11 klingende Musik heraufzuholen, romantische Tempoverzöge- es lebendig und fasslich dem rungen den Klangcharakter der Hörer nahe zu bringen. Zu diesem Bach-Fuge erheblich beeinflusst, Zweck fächert er die dicht gewo- so weiß er sich als „antischwa- benen musikalischen Linien auf, feliger“ Aphoristiker mit Bach im indem er sie insgesamt sechzehn Geiste einig: Die schier unaus- Instrumenten überträgt. Allein weichliche Strenge des Konzep- deren Klangfarben sollen ein tes und die erratische Energie individuelles Verfolgen der Linien des Ausdrucks binden beide