Ein ›Neues‹ Deutschland? Ateliers Des Deutschen Historischen Instituts Paris
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Ein ›neues‹ Deutschland? Ateliers des Deutschen Historischen Instituts Paris Herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut Paris Band 7 R. Oldenbourg Verlag München 2010 Ein ›neues‹ Deutschland? Eine deutsch-französische Bilanz 20 Jahre nach der Vereinigung Une ›nouvelle‹ Allemagne? Un bilan franco-allemand 20 ans après l’unification Herausgegeben von Reiner Marcowitz R. Oldenbourg Verlag München 2010 Ateliers des Deutschen Historischen Instituts Paris Herausgeberin: Prof. Dr. Gudrun Gersmann Redaktion: Claudie Paye Anschrift: Deutsches Historisches Institut (Institut historique allemand) Hôtel Duret-de-Chevry, 8, rue du Parc-Royal, F-75003 Paris Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Open Access Download der mit dieser Druckfassung identischen digitalen Version auf www.oldenbourg.de. © 2010 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Internet: www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un- zulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro- verfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Thomas Rein, München Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Gesamtherstellung: Grafik + Druck GmbH, München ISBN 978-3-486-59770-7 Inhalt Reiner MARCOWITZ Einleitung: Von der ›alten‹ Bundesrepublik zum ›neuen‹ Deutschland? Die Zäsur der Jahre 1989/1990 ............................................................................... 7 Eine deutsche Revolution – nach französischem Vorbild? Une révolution allemande – d’après le modèle français? Philippe ALEXANDRE »Nos amis français ont bien des difficultés avec l’Allemagne«. Les Français face à l’unification allemande, 1989–1990 ............................................................ 24 Ulrich PFEIL Der Bicentenaire, der Fall der Mauer und die Franzosen ...................................... 45 Hélène MIARD-DELACROIX Entre agacement, inquiétude et compréhension: les dirigeants français et l’unification allemande ...................................................................................... 62 Ein ›neues‹ Deutschland? Une ›nouvelle‹ Allemagne? Jacques-Pierre GOUGEON Entre quête du centre et risque de radicalité ou la nouvelle culture politique allemande ................................................................................................ 82 Stephan MARTENS L’Allemagne face aux nouveaux défis de la politique étrangère .......................... 101 Ein Land – zwei Gesellschaften? Un pays – deux sociétés? Ulrike POPPE »Wessis« und »Ossis« – Wirklichkeit oder Stereotyp? ......................................... 120 Hermann WENTKER Die Gegenwart der Vergangenheit. Zum Umgang mit der DDR-Geschichte nach 1989/1990 .................................................................................................... 133 6 Inhalt Françoise LARTILLOT Quelques traces littéraires de l’unification allemande: »Adam und Evelyn« d’Ingo Schulze, »Der Turm« d’Uwe Tellkamp, »Mit der Geschwindigkeit des Sommers« de Julia Schoch ............................................................................. 150 Martin SABROW Schlussbetrachtung: 1989 als doppelte Zäsur ....................................................... 172 Personenregister .................................................................................................... 185 Autorinnen und Autoren ....................................................................................... 187 REINER MARCOWITZ Von der ›alten‹ Bundesrepublik zum ›neuen‹ Deutschland? Die Zäsur der Jahre 1989/1990 »Endlich genug über Mauerfall und Vereinigung?«1 Nach dem internationalen Hype um den 9. November 1989 und wegen der andauernden Flut von Fernsehsendungen, Tagungen und Veröffentlichungen auch aus Anlass des 20. Jahrestages der deutschen Vereinigung könnte man es meinen. Zudem scheinen beide Ereignisse, deren jeweils zwanzig Jahre später so aufwendig gedacht wird, zumindest bei vordergründiger Be- trachtung vollends historisiert, d.h. wirklich nur noch der Vergangenheit anzugehören: Erstens sprechen hierfür die einschlägigen Umfrageergebnisse, die signalisieren, dass ungeachtet mancher Ostalgiewelle die große Mehrheit der Deutschen sich nicht mehr die Zweistaatlichkeit zurückwünscht2. Zweitens war die DDR immer ein Kunstgebil- de, dessen Existenz sich nur aufgrund der Gesetze des Kalten Krieges erklärte. Drittens sind die DDR und die ihr vorangegangene SBZ dank des seit 1990 weitgehend unge- hinderten Zugangs zur ehemaligen ostdeutschen Aktenüberlieferung binnen zweier Jahrzehnte so gründlich wie kaum eine andere historische Epoche untersucht worden3. Wie Hermann Wentker in seinem Beitrag zeigt, lässt sich die relativ kurze Zeitspan- ne von zwanzig Jahren in puncto DDR-Forschung bereits in drei unterschiedliche Phasen unterteilen: Die erste um 1989/1990, geprägt durch die Revolutionserfahrung und getragen von den diversen Bürgerrechts- und Oppositionsgruppen mit dem Ziel einer Sicherung von Akten vor allem des Ministeriums für Staatssicherheit und einer ersten (strafrechtlichen) Ahndung vergangenen Unrechts; eine zweite, sozusagen der eigentliche Boom, zog sich dann anschließend bis weit in die 1990er-Jahre hinein und zeichnete sich durch eine Intensivierung und Institutionalisierung – in Form universitä- rer wie außeruniversitärer Einrichtungen – aus, aber aufgrund ihrer vielfältigen aktuel- 1 Entlehnt von: Andreas HILLGRUBER, Endlich genug über Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg? Forschungsstand und Literatur, Düsseldorf 1982; vgl. Christoph KLESSMANN, Über- forscht? Verklärt? Vergessen? Zwanzig Jahre nach dem Mauerfall ist der Umgang mit der DDR-Geschichte noch immer ein Streitthema, in: Zeit Geschichte. 1989. Die geglückte Revo- lution 2 (2009), S. 86−89. 2 Silke EILER, »Deutsche wie wir?« Haltungen in der deutschen Frage, in: Drüben. Deutsche Blickwechsel, hg. von der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Zeit- geschichtliches Forum Leipzig, Leipzig 2006, S. 133−144; vgl. Richard SCHRÖDER,»Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört«. Deutsch-deutsche Befindlichkeiten in der Gegen- wart, in: ibid., S. 145−153. 3 Vgl. die entsprechenden Forschungsberichte von Hermann WEBER, Die DDR 1945−1990, München 42006, S. 117−190; Günther HEYDEMANN, Die Innenpolitik der DDR, München 2003, S. 47−111; Joachim SCHOLTYSECK, Die Außenpolitik der DDR, München 2003, S. 52−139 und Rainer EPPELMANN, Bernd FAULENBACH, Ulrich MÄHLERT (Hg.), Bilanz und Perspektiven der DDR-Forschung, Paderborn 2003 sowie den Beitrag von Hermann Wentker im vorliegenden Band. 8 Reiner Marcowitz len Implikationen auch durch eine bis heute mehr oder minder starke Politisierung der Forschung; schließlich die dritte, die bis heute andauert und die einerseits periodisch aufflammende Medialisierungen und Skandalisierungen prägen, andererseits ein ge- wisser Sättigungsgrad und deshalb die Suche nach neuen Zugängen. Tatsächlich scheint mittlerweile zumindest bei vordergründiger Betrachtung fast jeder Winkel der ostdeutschen Geschichte samt ihrem Schlusspunkt, dem Ende der SED-Herrschaft und dem Beitritt der fünf neuen Länder zur Bundesrepublik Deutschland, ausgeleuchtet. Heute verstehen wir sehr viel besser als früher, wie der »SED-Staat«4 funktionierte, einschließlich seiner Möglichkeiten, seine Einwohner zu kontrollieren, zu manipulie- ren und zu unterdrücken, insbesondere jene, die wagten, gegen die politische Indoktri- nation zu opponieren. Gleichzeitig wissen wir, dass die DDR nicht nur aus der SED und dem Ministerium für Staatssicherheit bestand. Viele Deutsche führten ein »ganz normales Leben«5, d.h. ein Leben, das die Zwänge und die Grenzen der Diktatur res- pektierte und versuchte – oft genug mit Erfolg – sein persönliches Glück in privaten »Nischen« (Günter Gaus) zu finden. Nur wenige zählten zur Opposition, so bedeutsam deren Einfluss dann doch vorübergehend im Herbst 1989 wurde6. Im Hinblick auf den Mauerfall und die deutsche Vereinigung wiederum sind wir dank verschiedener Editionen diplomatischer Dokumente aus dem Bonner Kanzleramt sowie dem britischen und dem französischen Außenministerium und aufgrund der reichen Memoirenliteratur so- wie mehrerer einschlägiger Studien mittlerweile ebenfalls sehr gut informiert7. Parallel 4 Klaus SCHROEDER, Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR, Stamsried 1998; Karl Wilhelm FRICKE, MfS intern. Macht, Strukturen und Auflösung der Staatsicherheit, Köln 1991; Detlef SCHMIECHEN-ACKERMANN, Diktaturen im Vergleich, Darmstadt 2002; HEYDEMANN, Innenpolitik (wie Anm. 3), S. 63−69; Jens GIESECKE, Mielke-Konzern. Die Geschichte der Stasi 1945−1990, Stuttgart, München 2006; DERS. (Hg.), Staatssicherheit und Gesellschaft. Studien zum Herrschaftsalltag in der DDR, Göttingen 2007. 5 Mary FULBROOK, Das ganz normale Leben, Darmstadt 2008; vgl. DIES., Anatomy of a Dicta- torship. Inside the GDR 1949−1989, Oxford 1995 und Stefan WOLLE, Die heile Welt der Dik- tatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971−1989, Berlin 1995. 6 Dieter POLLACK, Dieter RINK (Hg.), Zwischen Verweigerung und Opposition. Politischer Protest in der DDR 1970−1989, Frankfurt a.M. 1990; Ulrike POPPE,RainerECKERT,Ilko- Sascha