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Fachzeitschrift für Abfall- 46. Jahrgang September 2014 und Seite 469–528 Ressourcen- www.MUELLundABFALL.de wirtschaft

Anzeige- und Erlaubnisverordnung Praxiskommentar Weitere Informationen: Von Dr. jur. Olaf Kropp Abfallwirtschaft in Forschung und Praxis, Band 143 www.ESV.info/978-3-503-15686-3 © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2014 - (http://www.muellundabfall.de) 16.09.2014 08:57 587013053879

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ABFALLSAMMLUNG - Identsystem

The study showed that a considerable amount of illegal Entwicklung illegaler Ablage- waste deposits existed already before introducing the Ident system. Especially public waste baskets and container rungen bei Einführung eines stations are affected. However, after system switch no sig- nificant increase of illegal deposits could be determined. Identsystems The concern that illegal deposits increase after introducing the Ident system could thus not be confirmed by the study Eine Fallstudie Landkreis Kitzingen conducted in the Kitzingen district.

Development of illegal waste deposits after intro- 1. Einleitung ducing an “Ident system” Im Juli 2008 beschlossen die zuständigen politischen A case study in the Bavarian district Kitzingen Gremien des Landkreises Kitzingen die Einführung eines leerungsbezogenen Gebührensystems für Rest- Petra Hoeß, Andreas Matingen, Eva Berthold und Dr. Reinhard Weikert und Bioabfall zum 01.01.2010. Mit dem Ziel einer verursachergerechteren Umlage der Abfallgebühren sollte das künftige Identsystem das bisherige Gebüh- Dipl.-Biol. Petra Hoeß Zusammenfassung rensystem, eine nach dem Behältervolumen bemesse- Biologiestudium an Illegale Müllentsorgung im öffentlichen Raum ist eine Pro- nen Regelabfuhr, ersetzen. Beim neuen System werden der Julius-Maximilians- Universität Würzburg. blematik, mit der sich vermutlich jede Gebietskörperschaft die Abfallgebühren, bestehend aus einer festen Jahres- Seit 1996 Gesellschaf- bereits auseinandersetzen musste und das unabhängig grundgebühr und einer variablen Entleerungsgebühr, terin des Umweltfachbü- vom System der Abfallgebührenerhebung. Ob sich die nach der Anzahl und dem Fassungsvermögen der Rest- ros FABION GbR. Umstellung von einer Regelabfuhr für Rest- und Bioabfall müllbehälter sowie nach der Anzahl der tatsächlich Dipl.-Geogr. auf ein leerungsbezogenes Gebührensystem (Identsystem) durchgeführten Leerungen erhoben. Zwölf Leerungen Andreas Matingen negativ auf die illegale Müllentsorgung auswirkt, sollte der Restmülltonne sowie 18 Leerungen der Biotonne Geographiestudium an der Julius-Maximilians- eine in dieser Form bislang einmalige Studie im bayeri- (2010/2011 waren es 24), wobei die Biotonne in den Mo- Universität Würzburg. schen Landkreis Kitzingen (Unterfranken) ermitteln. Das naten Mai bis Oktober wöchentlich geleert wird, sind Seit 2012 Mitarbeiter Projekt wurde vom Landkreis Kitzingen beauftragt und auf- im Umweltfachbüro als Inklusivleerungen in der Grundgebühr enthalten, FABION GbR. grund seiner übergeordneten Bedeutung vom Bayerischen für jede weitere Leerung wird die entsprechende Ent- Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz leerungsgebühr je Behältervolumen fällig. Dipl.-Biol. Eva Berthold finanziell gefördert. Die Möglichkeit der Gebührenreduzierung durch Biologiestudium an Anlass für die Durchführung der Studie waren im Vorfeld das Einsparen von Leerungen, insbesondere bei einem der Albert-Ludwigs- der Systemumstellung geäußerte Befürchtungen, dass es wie im Landkreis Kitzingen geplanten Identsystem Universität Freiburg im Breisgau. zu einer Zunahme der illegalen Ablagerungen kommen mit nur zwölf Inklusivleerungen für Restabfälle, gab Seit 1997 Gesellschaf- könnte. Zur Klärung dieser Frage wurde an potenziellen Anlass zur Befürchtung, dass die Menge illegal abgela- terin des Umweltfachbü- Anfallstellen die Situation vor und nach der Einführung des gerter Abfälle auf öffentlichem Grund durch die Syste- ros FABION GbR. Identsystems untersucht. mumstellung zunehmen könnte. Aufgrund fehlender Dr. rer. nat. Es zeigte sich, dass illegale Müllentsorgung bereits vor Erfahrungswerte aus anderen Gebietskörperschaften Reinhard Weikert Einführung des Identsystems in nicht unerheblichem Maße bestand die primäre Aufgabe der Studie deshalb in Biologiestudium und Promotion an der Julius- stattgefunden hat, besonders in öffentlichen Papierkörben der Bestandsaufnahme der illegalen Ablagerungen im Maximilians-Universität und an Depotcontainerstandorten. Nach der Systemumstel- Rahmen von zwei identischen Teiluntersuchungen vor Würzburg. lung konnte keine signifikante Erhöhung der illegalen Abla- (2009) und nach (2012) Einführung des Identsystems. Seit 1991 im Sachge- biet Kommunale Abfall- gerungen festgestellt werden. Die Befürchtung einer mit der Dadurch sollten mögliche Veränderungen durch die wirtschaft am Landrats- Einführung des Identsystems einhergehenden Zunahme von Systemumstellung empirisch nachgewiesen werden. amt Kitzingen. illegalen Ablagerungen wurde durch die Studie somit nicht bestätigt. 2. Planung und Ablauf 2.1 Vorüberlegungen Abstract Der im öffentlichen Raum entsorgte Abfall stellt sich Illegal waste deposits in public spaces are a problem that any in der Praxis als äußerst inhomogen dar und ist nicht municipality might have faced already, independently of their zwangsläufig als illegale Müllablagerung einzustufen. respective fee system. A so far unique study in the Bavarian Vielmehr musste im Rahmen der Untersuchung zwi- district Kitzingen () was supposed to deter- schen den Begrifflichkeiten illegale Ablagerung und mine if the switch of a regular collection of residual waste Littering unterschieden werden. and biowaste to a fee system based on collection intervals Unter illegaler Ablagerung ist das bewusste, zielge- (“Ident system”) has a negative impact on illegal waste de- richtete Ablagern von Abfällen, die nicht unterwegs posits in public spaces. The project was commissioned by the anfallen, auf öffentlichem Grund zu verstehen. Das il- Kitzingen district administration and – due to its high-level legale Ablagern kann sowohl aus Gründen der Kosten- significance – financially supported by the Bavarian State einsparung als auch aus Bequemlichkeit erfolgen. Ministry of Environment and Consumer Protection. Mit Littering ist das achtlose Wegwerfen von Abfäl- Decisive for the study’s implementation were concerns len, die tatsächlich unterwegs anfallen können, auf expressed prior to the collection system change that it could öffentlichem Grund gemeint. Das Motiv der Kostenein- lead to an increase in illegal deposits. For clarification, the sparung spielt beim Littering keine Rolle. state of potential places for illegal waste deposits was moni- Da beide Formen des (unerlaubten) Entsorgens tored before and after the Ident system introduction. grundsätzlich an denselben Lokalitäten auftreten kön-

482 © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2014 - (http://www.muellundabfall.de) 16.09.2014 08:57 587013053879 Müll und Abfall 9 · 14 Lizenziert für FABION GbR, Landkreis Kitzingen. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt.

nen, war die ausschließliche Untersuchung von illegal abgelagerten Abfällen in der Praxis nicht realisierbar. Neben der generellen Einteilung der Abfälle in illegale Ablagerung resp. Littering wurden die unter- schiedlichen Abfallfraktionen zudem unter Kostenas- pekten wie folgt eingestuft (vgl. Abbildung 1): 1. Nach dem (zukünftigen) Identsystem kostenpflich- Illegale Ablagerung Litteringabfälle tig zu entsorgende Abfälle (d.h. über die Leerungs-

gebühr für Restmülltonne bzw. Biotonne erhoben), Kostenpflichtige Fraktionen: Kostenpflichtige Fraktionen: 2. kostenneutral zu entsorgende Abfälle (d. h. in der Restabfälle aus Haushalten Küchenabfälle lose festen Jahresgrundgebühr enthalten), Küchenabfall in Tüten Restabfälle, 3. allgemein kostenpflichtig zu entsorgende Abfälle Gartenabfall lose und in Tüten die unterwegs anfallen können (z. B. Bau- und Renovierungsabfälle). Sonstiges Glas Diese Einteilung liefert einen Hinweis darauf, ob die Sonstiges Kleinholz Kostenneutrale Fraktionen: illegale Entsorgung aus Gründen der Kostenreduzie- Mineralisches PPK-Verpackungen klein rung erfolgt. Kleidung/Schuhe Leichtverpackungen Metallverpackungen In einem weiteren Schritt wurden die potenziellen Behälterglas Anfallstellen für illegale Ablagerungen ermittelt. Kostenneutrale Fraktionen: Druckerzeugnisse Dafür kamen dezentrale Sammelstellen der Abfall- Kartonverpackungen groß entsorgung wie Depotcontainerstandorte in Frage, Sperrige Abfälle Kleinschrott außerdem Lokalitäten, die häufig frequentiert werden E-Schrott wie öffentliche Plätze oder Straßen, und nicht zuletzt Problemabfälle abgelegene Gebiete, in denen Abfälle unbeobachtet entsorgt werden können, wie Flur- und Waldgebiete. Abbildung 1 Für die Studie wurden dementsprechend folgende Un- Einteilung der Ab- fallfraktionen unter tersuchungsgebiete ausgewählt (vgl. Abbildung 2): Kostenaspekten ◆ Öffentliche Papierkörbe in den Städten (inkl. Stadt- Die eingesammelten Abfälle wurden anschließend, (Beispiele) teile) Kitzingen (20.400 Ew.), (8.650 Ew.), nach Anfallstelle und Herkunftsort getrennt, mit Hand- (4.500 Ew.) und Marktbreit (3.600 Ew.), sieben in drei Siebschnitte (Grobfraktion > 40 mm, Mit- ◆ Depotcontainerstandorte für Behälterglas und telfraktion, Feinfraktion < 10 mm) separiert. Durch hän- Dosen in den Städten (inkl. Stadtteile) Kitzingen, dische Sortierung wurden die Abfälle der Grobfraktion Volkach, Iphofen und Marktbreit, in die in Abbildung 1 gelisteten Einzelfraktionen aufge- ◆ Bundes- und Kreisstraßen im Landkreisgebiet, teilt. Bei der Mittelfraktion wurde nur zwischen organi- ◆ Häckselplätze von sechs Landkreisgemeinden, schen und nicht-organischen Anteilen unterschieden, ◆ exakt abgegrenzte Flurgebiete in drei Landkreisge- die Feinfraktion wurde nicht weitergehend analysiert. meinden. Alle sortierten Fraktionen wurden am Ende der Sortie- Abhängig von der Größe der Untersuchungsgebiete rung mittels einer geeichten Bodenwaage verwogen sowie dem dortigen Abfallaufkommen, musste mittels und protokolliert. variabler Erhebungsdauer, die von zwei Wochen bis Die erhaltenen Sortierdaten wurden zunächst für zu einem Jahr reichte, ein ausreichend großer Stich- jede Anfallstelle und jeden Herkunftsort getrennt aus- probenumfang gewährleistet werden. Um saisonale gewertet und in einem weiteren Schritt zu einem Daten- Schwankungen durch Witterung, Urlaubszeiten etc. paket je Anfallstelle zusammengefasst. Bei der Durch- auszugleichen, wurden für die Untersuchung der öf- führung von mehreren Erhebungskampagnen wurde fentlichen Papierkörbe und Depotcontainerstandorte das arithmetische Mittel aller Kampagnen gebildet. sowie für die Sichtung der Depotcontainerinhalte Die Bewertung der Ergebnisse erfolgte anhand der Zu- zudem drei zeitlich versetzte Erhebungskampagnen sammensetzung der Abfälle nach Abbildung 2 Potenzielle Anfallstel- durchgeführt. Da für die Studie einzig das Entsor- len für illegale Abla- gungsverhalten der Landkreisbewohner relevant war, gerung und Littering wurden mögliche Einflussparameter, die zu einer Ver- zerrung der Ergebnisse führen könnten, aus der Unter- suchung ausgeschlossen. Dabei handelte es sich in ers- ter Linie um Standorte, die in hohem Maße touristisch oder durch Pendler beeinflusst resp. genutzt werden, Öffentliche Depotcontainer- Papierkörbe standorte wie Wohnmobilstandorte oder Pendlerparkplätze. Potenzielle Anfallstellen für 2.2 Datenerhebung illegale Ablagerung bzw. Littering In den ausgewählten Untersuchungsgebieten wurden Häckselplätze Wald und Flur Straßen alle angefallenen Abfälle im Rahmen der regulären Reinigungsarbeiten der Bauhofmitarbeiter eingesam- melt und zu einer Sortierhalle im Landkreis Kitzingen gebracht. Die drei ausgewählten Flurgebiete wurden im Rahmen einer jährlich stattfindenden Säuberungs- aktion von freiwilligen Helfern gereinigt.

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ABFALLSAMMLUNG - Identsystem

◆ regulären Entsorgungswegen im Landkreis Kitzingen, drei Kategorien „Fremdstoffanteil 0 %, < 5 % und > 5 %“ ◆ illegaler Ablagerung bzw. Litteringabfall, eingeteilt. Zudem wurden die gezählten Fremdstoffe ◆ dem Identsystem kostenpflichtig bzw. kostenneutral in kostenpflichtig bzw. kostenneutral gemäß dem zu- zu entsorgende Abfälle sowie unabhängig vom Ident- künftigen Identsystem eingestuft. system kostenpflichtige Abfälle wie beispielsweise Bau-/Renovierungsabfälle und Altholz Klasse A4. 2.3 Repräsentativität Zusätzlich zur durchgeführten Sortierung wurden Durch die Auswahl der vier Städte Kitzingen, Volkach, die Inhalte der Depotcontainer für Behälterglas und Iphofen und Marktbreit wurden über 40 % der Land- Dosen an allen Depotcontainerstandorten der vier kreisbewohner erfasst, woraus sich eine hohe Aussage- ausgewählten Städte gesichtet. Die kraft für die Gesamtsituation der öffentlichen Papier- Zusätzlich zur Sortierung wurde der für die Erfassung von Behälterglas körbe und Depotcontainerstandorte ableiten lässt. Inhalt der Depotcontainer gesichtet. eingesetzten Depotcontainer sind Ebenso kann für Straßen (Einbeziehung der Bundes- gebrauchsübliche Container mit straßen B 8 und B 22 sowie eines Großteils der Kreis- kleinen Einwurföffnungen. Dosen straßen) wie auch für Häckselplätze (Einbeziehung werden über 1.100 l MGB gesammelt, deren Deckel von rund einem Viertel aller Häckselplätze) eine gesi- komplett zu öffnen sind. Demnach sind vor allem die cherte Aussage getroffen werden. Dosencontainer prädestiniert für die illegale Entsor- Demgegenüber wurden mit drei definierten Flur- gung von Abfällen. gebieten nur etwa 1 % der Landkreisfläche erfasst und Da die Datenaufnahme durch Einsichtnahme der damit zu wenig für eine verlässliche Aussage für die An- Containerinhalte direkt an den Containerstandor- fallstelle Flur. Die Auswahl der entsprechenden Gebiete ten erfolgte, konnte nur der oberflächlich sichtbare ließ sich damit begründen, dass dort zu dieser Zeit Flur- Fremdstoffgehalt erfasst werden. Zur Abschätzung der reinigungsaktionen durch freiwillige Helfer bzw. Ver- Verunreinigung wurde in jedem Container die Anzahl eine stattfanden. Eine Einbeziehung weiterer Gebiete der Fremdstoffe nach Fraktionen (vgl. Abbildung 1) ließ sich aus Zeit- und Kostengründen nicht realisieren. gezählt sowie die prozentual verunreinigte Oberfläche des Containerinhalts abgeschätzt. 3. Ergebnisse Die Auswertung der Sichtungsdaten erfolgte ge- 3.1 Erstuntersuchung trennt nach Glas- und Dosencontainern für jeden Her- Die Ergebnisse der Erstuntersuchung 2009 zeigten, kunftsort und für das Untersuchungsgebiet insgesamt. dass bereits vor der Einführung des leerungsabhän- Als Ergebnis wurden die gesichteten Container in die gigen Gebührensystems illegale Müllentsorgung an

Tabelle 1 Öffentliche Depotcontainer- Abfallaufkommen Anfallstelle Straßen Häckselplätze Flur Gesamt Papierkörbe standorte nach Anfallstellen, 2009/2012, in kg/Wo Parameter Kilogramm pro Woche

Stichprobe 2009 gesamt 454 390 52 27 10 933

Litteringabfall 279 86 11 1 3 380

illegale Ablagerung 136 292 40 26 6 499

illegale Ablagerung: kostenpflichtig nach Ident 129 202 27 9 2 369

– davon Entsorgungsweg Restmülltonne 116 183 26 9 2 336

– davon Entsorgungsweg Biotonne 13 20 1 0 0 33

illegale Ablagerung: kostenpflichtig allgemein 1 13 8 9 0 31

illegale Ablagerung: kostenneutral nach Ident 6 77 5 9 4 100

Stichprobe 2012 gesamt 439 277 55 15 6 791

Litteringabfall 274 47 14 1 2 338

illegale Ablagerung 136 225 39 13 3 416

illegale Ablagerung: kostenpflichtig nach Ident 117 130 19 7 2 274

– davon Entsorgungsweg Restmülltonne 88 121 18 7 2 235

– davon Entsorgungsweg Biotonne 29 9 1 0 0 39

illegale Ablagerung: kostenpflichtig allgemein 0 5 9 3 0 17

illegale Ablagerung: kostenneutral nach Ident 19 90 12 3 1 125

Veränderung 2009–2012 gesamt -15 -113 2 -13 -5 -143

Litteringabfall -5 -39 3 0 -1 -42

illegale Ablagerung 0 -67 -1 -13 -3 -83

illegale Ablagerung: kostenpflichtig nach Ident -12 -73 -8 -2 -0 -95

– davon Entsorgungsweg Restmülltonne -28 -62 -8 -2 -0 -100

– davon Entsorgungsweg Biotonne 16 -11 -0 0 0 5

illegale Ablagerung: kostenpflichtig allgemein -0 -7 0 -6 0 -13

illegale Ablagerung: kostenneutral nach Ident 13 13 7 -5 -3 25

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öffentlichen Standorten in nicht unerheblichem Maße Sichtung Depotcontainerinhalt Glascontainer Dosencontainer stattfand, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur schwache Parameter 2009 2012 2009 2012 Anreize zur Gebühreneinsparung durch die Wahl des Restbehältervolumens bzw. durch die Möglichkeit zur Anzahl untersuchte Container 179 178 78 72 Bildung einer Restmüllgemeinschaft gegeben waren. Anzahl Fremdstoffe 299 401 382 618 Im gesamten Untersuchungsgebiet wurden durch- Anzahl Fremdstoffe pro Container 1,7 2,3 4,9 8,5 schnittlich 933 kg Abfälle pro Woche erfasst. Als Haupt- – davon Anteil Fehlwürfe Metall bzw. Glas 19% 11% 11% 10%

anfallstellen kristallisierten sich öffentliche Papier- Anteil Fremdstoffe „kostenneutral“ 65% 59% 72% 66% körbe (454 kg/Wo) und Depotcontainerstandorte Anteil Fremdstoffe „kostenpflichtig Ident“ 35% 41% 29% 34% (390 kg/Wo) heraus, an denen rund 90 % der erfassten Abfälle anfielen. Die ermittelten Mengen an den Stra- – davon Entsorgungsweg Restmülltonne 33% 40% 27% 33% ßen (52 kg/Wo), Häckselplätzen (27 kg/Wo) und in der – davon Entsorgungsweg Biotonne 1,7% 0,6% 1,2% 1,3% Flur (10 kg/Wo) waren von vergleichsweise geringer Re- Anteil Container mit Fremdstoffanteil: levanz (vgl. Tabelle 1). 0% 49% 36% 12% 5%

Von der Gesamtabfallmenge waren 499 kg/Wo < 5% 34% 48% 25% 23% (53 Mass.-%) als illegale Ablagerung einzustufen, wei- > 5% 17% 16% 64% 72% tere 380 kg/Wo (41 Mass.-%) als Litteringabfälle. Von allen erfassten illegal abgelagerten Abfällen hätten Tabelle 2 369 kg/Wo (40 Mass.-%) nach dem künftigen Identsys- Sichtung Fremdstoffe in den Depotcontai- tem kostenpflichtig entsorgt werden müssen. Eine sich die Gesamtabfallmenge aller Anfallstellen um 15 % nern, 2009/2012 weitere Differenzierung zwischen Restmülltonne (-143 kg/Wo), die Menge der illegalen Ablagerung sogar und Biotonne findet sich in den beigefügten Tabellen um 17 % (-83 kg/Wo) (vgl. Tabelle 1). und Abbildungen. Weitere 100 kg/Wo (11 Mass.-%) Illegal abgelagerte Abfälle, die nach dem neuen illegal abgelagerter Abfälle hätten unabhängig vom Identsystem kostenpflichtig entsorgt werden müssten, Gebührensystem resp. künftigen Identsystem kosten- gingen im Vergleich zu 2009 um 26 % (-95 kg/Wo) zu- neutral entsorgt werden können, wie beispielsweise rück. Demgegenüber war ein Anstieg bei illegal abgela- Metallschrott, sperrige Holz- und Kunststoffteile oder gerten Abfällen, die eigentlich kostenneutral entsorgt Elektrogeräte. werden könnten, um 25 % (+ 25 kg/Wo) festzustellen. Die Sichtung der Depotcontainerinhalte ergab ei- Ebenfalls rückläufig war die Menge der Litteringabfälle, nen Fremdstoffgehalt von 1,7 Stück pro Glascontainer die im Vergleich zu 2009 um 11 % (-42 kg/Wo) abnahm. bzw. 4,9 pro Dosencontainer (vgl. Tabelle 2). Rund 35 % Im Folgenden wird ein detaillierter Blick auf die der Fremdstoffe in den Glascontainern sowie 29 % in Entwicklung an den Anfallstellen gerichtet. den Dosencontainern hätten kostenpflichtig entsorgt werden müssen. Während in den Glascontainern über- Öffentliche Papierkörbe wiegend kleinteilige Fremdstoffe landeten, wurden Die über öffentliche Papierkörbe erfassten Abfallmen- in die Dosencontainer zum Teil auch ganze Restmüll- gen sind im Vergleich beider Untersuchungsjahre säcke oder größere Fremdstoffe wie Sperrabfälle oder nahezu konstant geblieben. Auch die Menge an ille- Elektrogeräte eingeworfen. galen Ablagerungen sowie Litteringabfällen blieb im Bereits vor der Einführung des Identsystems spielte Vergleichszeitraum fast unverändert. die illegale Entsorgung aus Kostengründen demnach Für illegal abgelagerte Abfälle, die nach dem neuen eine nicht unerhebliche Rolle. Aus Bequemlichkeit Identsystem kostenpflichtig zu entsorgen sind, ist ein erfolgte die illegale Entsorgung von Abfällen vor allem Rückgang um 12 kg/Wo festzustellen. Dies entspricht an den Depotcontainerstandplätzen. einer Abnahme von rund 9 %. Dagegen stieg die Menge illegal abgelagerter Abfälle, die eigentlich kostenneu- 3.2 Zweituntersuchung Nach der Einführung des Identsystems zum 01.01.2010 wurde die Untersuchung 2012 ein zweites Mal in exakt Abbildung 3 Öffentliche Papierkörbe der gleichen Art und Weise durchgeführt. Während in Menge an illegal ab- den übrigen Untersuchungsgebieten die Rahmenbe- illegale Ablagerungen unter Kostenaspekten, gelagerten Abfällen in Veränderung 2009–2012 dingungen im Vergleich zu 2009 weitgehend unverän- öffentlichen Papierkör- 20 ben unter Kostenas- dert blieben, wurden im Stadtgebiet Kitzingen zwi- pekten, Veränderung 10 2009–2012, in kg/Wo schenzeitlich etwa 100 Papierkörbe abgebaut. Der Ab- 16,1 bau erfolgte allerdings nicht in Zusammenhang mit 12,6 0 der Systemumstellung. Da gleichzeitig die Inwertset- –0,2 zung eines hochfrequentierten innenstadtnahen Frei- –10

zeit- und Parkgebietes stattfand, konnte trotz eines kg/Wo –28,1 verminderten Papierkorbbestands von annähernd glei- –20 chen Bedingungen ausgegangen werden. –30 Im Vergleich zur Erstuntersuchung zeigte sich,

dass generell keine signifikante Veränderung resp. –40 Zunahme der illegalen Ablagerung im Landkreisgebiet kostenpflichtig kostenpflichtig kostenpflichtig kostenneutral festgestellt werden konnte. Während die Zusammen- Ident, Ident, Ident, „Restmülltonne“ „Biotonne“ allgemein setzung der Abfälle nahezu konstant blieb, verringerte

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tral entsorgt werden könnten, um etwa den gleichen die durchschnittliche Anzahl der Fremdstoffe zum Teil Wert an (vgl. Abbildung 3). Illegal abgelagerte Abfälle, deutlich zu. Während der Anstieg in den Glascontai- die unabhängig vom Identsystem kostenpflichtig nern von 1,7 auf 2,3 Fremdstoffe pro Container verhält- entsorgt werden müssten, wiesen in beiden Untersu- nismäßig gering ausfiel, stieg die Fremdstoffanzahl in chungsjahren keinerlei Relevanz auf. den Dosencontainern von 4,9 auf 8,5 (vgl. Tabelle 2). Diese Entwicklung variierte im gesamten Untersu- Neben der absoluten Anzahl an Fremdstoffen nahm in chungsgebiet, lokal betrachtet kam es vereinzelt durch- beiden Containerarten auch der Anteil der nach dem aus zu einer Zunahme der illegalen Ablagerungen, Identsystem kostenpflichtig zu entsorgenden Abfälle zumeist an Standorten, deren Papierkorbbesatz (große um jeweils rund 6 % zu. Generell ist festzustellen, dass Einwurföffnungen) den Einwurf von großen Abfalltü- seit der Systemumstellung deutlich weniger Depotcon- ten bzw. -mengen zulässt. Durch einen gezielten Um- tainer komplett störstofffrei sind. Eine zunehmende bau zu Papierkörben mit kleineren Einwurföffnungen, Problematik ist insbesondere für die komplett zu wie etwa in der Stadt Kitzingen, könnte dieser Entwick- öffnenden Dosencontainer der Dualen Systeme festzu- lung entgegengewirkt werden. stellen, in denen unter anderem die Gesamtanzahl an An der Anfallstelle öffentliche Papierkörbe ist es seit Restmüllsäcken von 19 auf 41 erheblich anstieg. der Einführung des Identsystems mit Ausnahme weniger Die illegale Entsorgung von Abfällen an den Depot- Standorte zu keiner signifikanten Verschlechterung hin- containerstandorten erfolgt seit der Einführung des sichtlich der illegalen Entsorgung von Abfällen gekom- Identsystems demnach vermehrt durch das Einwerfen men. Zudem erfolgt die illegale Entsorgung von Abfällen in die Depotcontainer, allen voran in die komplett zu über öffentliche Papierkörbe vermehrt aus Bequemlich- öffnenden 1.100 Liter Dosencontainer, und weniger keit und weniger aus Gründen der Kosteneinsparung. durch Ablagern von Abfällen vor bzw. neben den Con- tainern. Aufgrund der gewählten Sichtungsmethodik Depotcontainerstandorte der Containerinhalte kann keine Aussage über die An den beprobten Depotcontainerstandorten wurden exakte Mengenentwicklung der illegalen Ablagerun- im Vergleich zur Erstuntersuchung 113 kg/Wo weniger gen in den Containern gemacht werden. Es dürfte Abfälle entsorgt. Dies entspricht einer Abnahme von aber tendenziell zu einer Verlagerung der Abfälle von 29 %. Während die Menge an illegalen Ablagerungen außen in die Container gekommen sein. Eine signifi- um 23 % (-67 kg/Wo) zurückging, sank die Menge an kante Verschlechterung durch die Umstellung auf das Litteringabfällen um 46 % (-39 kg/Wo). Identsystem ist in Anbetracht der Gesamtentwicklung Eine negative Auswirkung ist durch die Systemum- außerhalb bzw. innerhalb der Container somit nicht stellung folglich nicht nachzuweisen, zudem erfolgt nachzuweisen. die illegale Müllentsorgung vermehrt aus Bequem- lichkeit und nicht unter Kostenaspekten. So nahm die Straßen Menge illegal abgelagerter Abfälle, die kostenneutral An den beprobten Bundes- und Kreisstraßen wurden entsorgt werden könnten, im Vergleich zu 2009 sogar in beiden Untersuchungsjahren nahezu identische Ab- um 17 % (+13 kg/Wo) zu, während illegal abgelagerte fallmengen von rund 50 kg/Wo erfasst. Zwar stieg die Abfälle, die nach dem Identsystem kostenpflichtig ermittelte Abfallmenge im Vergleich zu 2009 minimal entsorgt werden müssten, um 36 % (-73 kg/Wo) abnah- um 2 kg/Wo an, dies beruht allerdings im Wesentli- men. Illegal abgelagerte Abfälle, die unabhängig vom chen auf einer höheren Menge an Litteringabfällen Identsystem kostenpflichtig entsorgt werden müssten, (+3 kg/Wo), während die Menge an illegal abgelagerten verringerten sich im Vergleich zur Erstuntersuchung Abfällen um 1 kg/Wo abnahm. um 59 % (-7 kg/Wo) (vgl. Abbildung 4). Bei den illegalen Ablagerungen ist es zu einer Eine konträre Entwicklung ist hingegen für den deutlichen Umverteilung gekommen, wenn man die Inhalt der gesichteten Depotcontainer festzustellen. jeweiligen Mengen unter Kostenaspekten betrachtet. Sowohl in den Glas- als auch Dosencontainern nahm So nahmen die illegalen Ablagerungen, die nach dem neuen Identsystem kostenpflichtig entsorgt werden müssten, um 8 kg/Wo ab, während die Menge, die ei- Abbildung 4 Menge an illegal ab- Depotcontainerstandorte gentlich kostenneutral entsorgt werden könnte, um gelagerten Abfällen illegale Ablagerungen unter Kostenaspekten, 7 kg/Wo anstieg. Illegal abgelagerte Abfälle, die unab- Veränderung 2009–2012 an Depotcontainer- hängig vom Identsystem kostenpflichtig entsorgt wer- standorten unter Kos- 20 den müssten, lagen in beiden Untersuchungsjahren tenaspekten, Verän- 10 derung 2009–2012, 13,1 auf einem konstanten Wert von rund 8,5 kg/Wo. in kg/Wo 0 –10,8 –7,4 Die ermittelten Werte verdeutlichen, dass es durch –10 die Systemumstellung zu keiner negativen Auswir- –20 kung hinsichtlich der illegalen Entsorgung von Ab-

kg/Wo –30 –61,9 fällen an den Straßen gekommen ist. Zudem scheint –40 die illegale Entsorgung von Abfällen vermehrt aus –50 Bequemlichkeit denn aus Gründen der Kosteneinspa- –60 rung zu erfolgen. –70 kostenpflichtig kostenpflichtig kostenpflichtig kostenneutral Häckselplätze Ident, Ident, Ident, Im Vergleich zur Erstuntersuchung hat sich die Abfall- „Restmülltonne“ „Biotonne“ allgemein menge an den untersuchten Häckselplätzen von 27 auf

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15 kg/Wo nahezu halbiert. Die Häckselplätze weisen illegale Ablagerungen in der Flur allenfalls punktuell insgesamt eine vergleichsweise geringe Relevanz am vorkommen. Gesamtabfallaufkommen im Landkreis Kitzingen auf. Die erfassten Abfälle sind in beiden Untersuchungs- 4. Bewertung jahren fast ausschließlich illegal abgelagerte Abfälle. 4.1 Methodik Littering spielt mit jeweils knapp 1 kg/Wo nur eine un- Die methodische Vorgehensweise der durchgeführten tergeordnete Rolle. Im Vergleich zu 2009 verringerte Untersuchung hat sich zum größten Teil als geeignet sich die Menge an illegalen Ablagerungen von 26 auf erwiesen, um (mögliche) Auswirkungen auf die ille- 13 kg/Wo. Dies gilt sowohl für illegal abgelagerte Ab- gale Entsorgung von Abfällen im fälle, die nach dem neuen Identsystem kostenpflichtig öffentlichen Raum durch die Um- Die Methodik zur Untersuchung illega- zu entsorgen wären (-2 kg/Wo), als auch für Abfälle, stellung auf ein leerungsbezogenes ler Ablagerungen hat sich als geeignet die kostenneutral entsorgt werden könnten (-5 kg/Wo). Gebührensystem nachweisen zu erwiesen. Illegal abgelagerte Abfälle, deren Entsorgung unab- können. Dabei konnten die haupt- hängig vom Identsystem kostenpflichtig ist, gingen sächlichen Anfallstellen von Abfällen resp. illegalen um etwa 6 kg/Wo zurück. Ablagerungen im öffentlichen Raum realistisch erfasst Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass es an und abgebildet werden. den Häckselplätzen zu keiner zunehmenden Verun- Mit Ausnahme der Flurgebiete wurde an allen un- reinigung durch illegale Ablagerungen seit der Syste- tersuchten Anfallstellen ein ausreichend hoher Anteil mumstellung gekommen ist. Zudem handelte es sich an Standorten des Gesamtlandkreises beprobt. Die zumeist um Abfälle, die vermutlich aus Unwissenheit Stichprobenmenge kann somit als repräsentativ be- oder Bequemlichkeit an den Häckselplätzen abgela- trachtet werden, um eine gesicherte Aussage über die gert wurden, wie Sperrabfälle aus Holz, Grüngutsäcke Gesamtsituation im Landkreis treffen zu können. oder Blumentöpfe aus Plastik und Keramik. Als sinnvoll erwies sich weiterhin die Durchfüh- rung von jeweils drei Kampagnen bei der Erfassung Flur von Abfällen aus öffentlichen Papierkörben und von Die Flurreinigungsaktion wurde in den drei ausge- Depotcontainerstandorten. Dadurch konnten Einfluss- wählten Flurgebieten seit der Erstuntersuchung in faktoren wie extreme Witterungsverhältnisse, Saisona- jedem der darauffolgenden Jahre bis einschließlich lität oder zufällige Schwankungen ausgeglichen resp. 2012 durchgeführt, um eine möglichst exakte Erhe- minimiert werden. bungsdauer von etwa 365 Tagen zu gewährleisten. Nur durch eine annähernd gleichlange Erhebungs- 4.2 Ergebnisse dauer ist eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse für die Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung zei- einzelnen Untersuchungsjahre möglich. gen, dass es durch die Systemumstellung grundsätz- Vergleicht man die gesammelte Abfallmenge zwi- lich zu keiner Zunahme von illegalen Ablagerungen schen der Erstuntersuchung 2009 und der letztma- im öffentlichen Raum gekommen ist. Nur an wenigen ligen Beprobung 2012, verringerte sich die erfasste Standorten konnte ein Anstieg der illegal entsorgten Menge von 10 kg/Wo auf 5,5 kg/Wo, d. h. um ca. 45 %. Abfälle festgestellt werden. Dies betrifft eine geringe 2010 wurde der Maximalwert von 10,5 kg/Wo gesam- Anzahl öffentlicher Papierkörbe, die über besonders melt, im ersten vollständigen Erfassungsjahr nach große Einwurföffnungen verfügen, außerdem die der Systemumstellung 2011 war bereits ein deutlicher 1.100 Liter Dosencontainer der Dualen Systeme an den Rückgang auf 6,5 kg/Wo zu verzeichnen. In allen vier dezentralen Depotcontainerstandorten, deren Deckel Untersuchungsjahren beträgt der Mengenanteil an il- komplett geöffnet werden können. legalen Ablagerungen rund 60 Mass.-% am Gesamtab- Als generelle Tendenz konnte zudem festgestellt fallaufkommen. werden, dass die illegale Entsorgung von Abfällen seit Im Vergleich 2009 zu 2012 verringerte sich die der Systemumstellung vermehrt aus Bequemlichkeit Menge an illegalen Ablagerungen um 47 % (-3 kg/Wo), zu erfolgen scheint. Demgegenüber ist die Mengenent- die Menge an Littering um 36 % (-1 kg/Wo). Illegal wicklung illegal abgelagerter Abfälle, die kostenpflich- abgelagerte Abfälle, die nach dem Identsystem kos- tig zu entsorgen wären, rückläufig. Kosteneinsparung tenpflichtig zu entsorgen wären, lagen in allen vier scheint also kein ausschlaggebendes Motiv für die ille- Jahren konstant bei etwa 2 kg/Wo. Illegal abgelagerte gale Entsorgung von Abfällen darzustellen. Abfälle, die kostenneutral entsorgt werden könnten, Trotz des als generell positiv zu bewertendem Er- nahmen zwischen 2009 und 2012 kontinuierlich von gebnisses zeigt sich, dass illegale Ablagerungen im etwa 4 auf 1 kg/Wo ab. öffentlichen Raum unabhängig vom jeweiligen Entsor- Insgesamt kann den Flurgebieten nur eine ver- gungssystem aus verschiedenen Beweggründen anfal- gleichsweise geringe Relevanz hinsichtlich des Abfall- len und nicht gänzlich vermieden werden können. aufkommens im Landkreis Kitzingen zugemessen werden. Eine zunehmende Problematik der illegalen 4.3 Erklärungsansätze Müllentsorgung konnte in der Flur seit der System- Ein Blick auf die Abfallbilanzen des Landkreises Kit- umstellung nicht festgestellt werden. Mit den ausge- zingen zeigt einen deutlichen Rückgang der Restmüll- wählten Flurgebieten wurde allerdings nur etwa 1 % menge von 100 auf knapp 80 kg/(E*a) seit der Einfüh- der Landkreisfläche erfasst und damit zu wenig, um rung des leerungsbezogenen Gebührensystems. Zwar eine repräsentative Aussage treffen zu können. Die lässt sich dieser Rückgang nicht vollständig anhand Erfahrungen im Landkreisgebiet zeigen jedoch, dass der vergleichsweise nur leicht ansteigenden Wertstoff-

487 © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2014 - (http://www.muellundabfall.de) 16.09.2014 08:57 587013053879 Müll und Abfall 9 · 14 Lizenziert für FABION GbR, Landkreis Kitzingen. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt.

ABFALLSAMMLUNG - Identsystem

sammelquoten im Landkreis nachvollziehen, doch zei- Dabei sollten insbesondere kritische Anfallstellen wie gen die Ergebnisse einer aktuellen Hausmüllanalyse Depotcontainerstandorte und öffentliche Papierkörbe (2012/2013) eine deutliche Reduktion des Wertstoffpo- stichprobenartig überprüft und gesichtet werden. Ein tenzials im Restabfall im Vergleich zu Analysen vor der gezielter Umbau von öffentlichen Papierkörben zu Systemumstellung. Gleichwohl kann mit der durchge- Behältern mit kleinen Einwurföffnungen könnte an führten Studie eine zunehmende illegale Entsorgung neuralgischen Stellen auf längere Sicht zu einer Ver- von Restabfällen im öffentlichen Raum ausgeschlos- minderung illegal abgelagerter Abfälle führen. sen werden. Damit wurde eines der primären Ziele Die illegale Entsorgung von Abfällen im öffentli- des neuen Abfallwirtschaftskonzepts, die verstärkte chen Raum wird sich nie komplett vermeiden lassen. Motivation zur Abfalltrennung und Abfallvermeidung Das Beispiel des Landkreises Kitzingen zeigt aller- durch finanzielle Anreize erreicht. dings, dass die Einführung eines Anreizsystems zur Inwieweit verstärkte Abfallvermeidungsbemühun- Gebühreneinsparung keinen negativen Einfluss auf gen der Landkreisbewohner zum Erfolg des neuen die Menge illegal abgelagerter Abfälle hat. Vielmehr Identsystems beitragen, konnte im Rahmen der überwiegen die positiven Aspekte und Erfahrungen vorliegenden Studie nicht untersucht werden. So ist des neuen Identsystems, was sich unter anderem an beispielsweise nicht bekannt, ob Küchenabfälle in der deutlich verminderten Restmüllmenge zeigt. stärkerem Maße als bisher im Hausgarten kompostiert werden. 6. Förderung und Danksagung Nicht betrachtet werden konnte zudem der Aspekt, Wir danken allen, die das durchgeführte Projekt ob Restabfälle seit der Einführung des Identsystems unterstützt haben, insbesondere den Mitarbeitern möglicherweise vermehrt durch Hausbrand entsorgt des Sachgebiets Kommunale Abfallwirtschaft am werden. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Landratsamt Kitzingen, den Mitarbeitern der in die Abfälle wie Hygieneartikel in stärkerem Maße über Untersuchung einbezogenen Städte und Gemeinden, die Toilette entsorgt werden. Letztlich ist auch ein den Mitarbeitern des Kreisbauhofs und der Staatlichen zunehmender Mülltourismus in die benachbarten Ge- Straßenmeisterei Kitzingen, den engagierten Helfern bietskörperschaften oder die Entsorgung von Abfällen bei den Flurreinigungsaktionen sowie der Firma Veo- am Arbeitsplatz nicht gänzlich auszuschließen. Dazu lia Umweltservice Süd. liegen allerdings keine Hinweise vor. Der Landkreis Kitzingen bedankt sich beim Bayeri- schen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucher- 5. Fazit schutz für die finanzielle Förderung des Projektes. Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung verdeutlichen, dass es durch die Umstellung auf ein leerungsbezogenes Gebührensystem zu keiner flächen- deckenden Zunahme der illegalen Ablagerungen im Landkreis Kitzingen gekommen ist, obwohl die Ausge- staltung des neuen Systems einen hohen Anreiz zur Ge- bühreneinsparung bietet. Allenfalls in einigen öffent- Anschrift der Autoren lichen Papierkörben und in den Dosencontainern der Hoeß/Matingen/Berthold Dualen Systeme konnte eine leicht ansteigende Menge FABION GbR Winterhäuser Str. 93 an illegal abgelagerten Abfällen festgestellt werden. 97084 Würzburg Die im Vorfeld der Systemumstellung befürchtete Tel: (09 31) 214 01, Fax: (09 31) 28 73 01 www.fabion.de Zunahme von illegalen Ablagerungen im öffentlichen [email protected] Raum konnte durch die Untersuchung nicht bestätigt [email protected] [email protected] werden. Die Einführung des Identsystems im Land- Dr. Reinhard Weikert kreis Kitzingen kann somit als erfolgreich gewertet Landratsamt Kitzingen Kommunale Abfallwirtschaft werden, insbesondere auch die Vorgabe von nur zwölf Kaiserstr. 4 Mindestentleerungen der Restmülltonne. 97318 Kitzingen Die gewonnenen Erkenntnisse der Untersuchung Tel: (0 93 21) 928 12 01, Fax: (0 93 21) 928 12 99 www.abfallwelt.de können anderen Gebietskörperschaften, die zukünftig [email protected] die Einführung eines leerungsbezogenen Gebühren- systems in Betracht ziehen, wichtige Planungsgrund- lagen liefern. Zwar ist eine exakte Übertragung der Ergebnisse nicht problemlos möglich, da die Charak- teristika der einzelnen Gebietskörperschaften, wie die genaue Ausgestaltung des Abfallwirtschaftssystems oder die jeweilige Siedlungsstruktur, berücksichtigt werden müssen. Die Erfahrungen aus dem Landkreis Kitzingen können jedoch helfen, mögliche Problemfel- der frühzeitig zu erkennen und angepasste Strategien zu deren Lösung zu entwickeln. Um eventuelle Schwankungen oder einsetzende Verschlechterungen erfassen zu können, empfiehlt sich die Einrichtung eines regelmäßigen Monitorings.

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