Luxemburg Wandern
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Wandern Luxemburg Im mystischen Morgen- nebel erhebt sich Burg Bourscheid im Norden von Luxemburg aus dicht gewachsenem Grün. Wandern in Luxemburg Der Lee Trail in den Luxemburger Ardennen: Drei Tage, 53 Kilo- meter, gut 2.000 Höhenmeter. Ja, das Großherzogtum hat Berge – oder sagen wir Hügel … auf jeden Fall verdammt viel Auf und Ab! wanderlust-Autorin Alexa Christ hat ordentlich geschwitzt und dabei eine extrem abwechslungsreiche Landschaft entdeckt. Text & Fotos: Alexa Christ 32 01|20 01|20 33 Wandern Luxemburg angsam zuckelt die Bahn durch das eng gewundene Tal. Rechts und links der Gleise Ösling Lsattgrüne Zauberlandschaft. Ein silbern glitzerndes Flussband. Schrundiger Schie- fer. Schon naht der Bahnhof Ettelbrück. Ich werde erwartet. Groß, blond, schlank steht sie da: Mirjam Petry, meine Wan- derführerin, eine waschechte Luxembur- Deutschland gerin? „Nee, ich bin eine in Luxemburg Belgien gestrandete Holländerin“, klärt sie lachend Da geht’s lang: Wander- Luxemburg auf. Dann guckt sie ernst. „Wir haben jetzt führerin Mirjam Petry am Startpunkt des Lee Trails Frankreich halb eins. Normalerweise beginnt man die am Bahnhof Ettelbrück. Etappe um neun Uhr morgens. Spätestens um zehn!“ Sie hat ja recht, aber die Anreise Etliche schmale Felskämme hat nun mal gedauert. Wandern wollen durchziehen die Ardennen – hier so, auch an diesem Tag brennt die Sonne. die 500 Meter lange Molberlee, wir. Durch jenen Teil des Ardennenmas- Luxemburg braucht es nicht viel, um nen Dörfchen Erpeldange weitet es sich von der sich ein schöner Zum Glück führt der Pfad zunächst ganz sivs, den man im Deutschen Ösling und Stadt zu werden – lassen wir schnell hin- aus. Platz genug für Mähwiesen, die einst Ausblick ins Tal bietet. flach am rechten Ufer der Sauer entlang. im Luxemburgischen Éislek nennt. Flüsse, ter uns. Wandern einen Pfad bergauf, der bewässert wurden. Anders hoch oben Tief gelegte Bäume spiegeln sich im Was- Bäche und tiefe Täler durchschneiden hier uns schlagartig in Stille taucht. Das Éislek am Steilhang, den zu erreichen ein paar ser. Langsam geht es durch den Wald das Plateau. Über Jahrmillionen hinweg ist eine einsame Gegend. Viel Wald. Die Höhenmeter kostet. Vom Aussichtspunkt Aristokraten und wohlhabende Bürger, der ersten Etappe. Fünf Stunden haben bergan. Rauf zum Hochplateau. Hier bil- knabberte die Erosion an der Landschaft, wenigen Dörfer hoch gelegen und schlecht „Predigtstuhl“ – der Heilige Willibrod soll viele Engländer. „Hier müsste irgendwo wir gebraucht. Bei gut 30 Grad. Ordentlich det das „Napoleonsknäppchen“ mit 505 schuf schmale Felskämme, „Lee“ genannt. zugänglich. Dem kargen Boden trotzten von hier einst den Menschen im Tal das noch ein Schild zu Ehren von Alexis Heck geschwitzt. Jetzt heißt es: Füße hochlegen. Metern den höchsten Punkt der Wande- Sie gaben der Region ihr Gesicht und dem die Menschen nur mühsam genug Lebens- Evangelium gepredigt haben – trifft uns sein“, sagt Mirjam, „er gilt als Vater des Vom Balkon des Hotelzimmers geht der rung. Fernsicht bis zum Sendemast von 2015 eingeweihten, 53 Kilometer langen unterhalt ab. „Wenn du hier die Erde Postkartenblick Nummer eins. Tief unten luxemburgischen Tourismus.“ Der Hote- Blick auf die angeleuchtete Burg Bour- Düdelingen an der Grenze zu Frankreich. Lee Trail den Namen. umgräbst, stößt du ganz schnell auf Schie- schimmert die Sauer im Sonnenlicht, fließt lier aus dem benachbarten Diekirch schuf scheid. Grillen zirpen. Gute Nacht. Postkartenblick Nummer drei. Neben der fer. Da wächst nicht viel“, sagt Mirjam. ohne Eile durch das allerschönste Grün. In 1855 das erste Wellness- und Spa-Zentrum Aussichtsplattform steht der „Napoleons- 1. Etappe Die Landschaft ist vom Wasser den Lohhecken schälten sie früher die des Großherzogtums. Er bot seinen Gästen 2. Etappe baum“, 1811 zu Ehren der Geburt des Kai- Etappe eins führt von Ettelbrück nach geprägt. Die Sauer, längster Eichenrinde für die Gerbereien. Wander-, Jagd- und Angelausflüge an, gab Tag zwei: Königsetappe von Bourscheid- sersohns gepflanzt. Lange war das kleine Bourscheid-Moulin. 18,3 Kilometer, 721 Fluss des Landes, hat Der Trail führt jetzt knackig den ersten illustrierten Touristenführer Moulin nach Hoscheid. 19,7 Kilometer, 850 Luxemburg ein Spielball im Geschacher Höhenmeter. Mirjam läuft stramm los. ein enges Tal in den bergauf. Licht- und Schat- heraus und stellte am Londoner Bahnhof Höhenmeter. Diesmal der europäischen Großmächte. Bis 1814 Das Städtchen Ettelbrück – im kleinen Fels gefräst. Im klei- tenspiele im Wald. Auf und Antwerpener Hafen Werbeplakate starten wir um als Departement „Fôrets“ („Wälder“) Teil dem Hochplateau ein paar auf. Ob er die Burg Bourscheid darauf neun. Besser des Französischen Kaiserreichs. 1815 Felder. Kornblumen und abbildete? Die malerische Ruine Gemächlich schlängelt Klatschmohn zwischen hatte es den Romantikern ange- sich die Sauer durch die den Ähren. Wir wandeln tan. 1871 malte sie der französi- Höhenzüge der Luxem- burger Ardennen. auf historischen Pfaden. sche Schriftsteller Victor Hugo. Die ersten Touristen kamen im Uns dient sie als Blickfang beim 19. Jahrhundert ins Éislek. Zumeist Aufstieg. Vom Dorf Michelau wandern wir gut 250 Höhenmeter INFO einen Steilhang der Sauer hinauf. Die Alles im Fluss Sonne brennt. Oben lockt das Highlight Die Sauer (franz. Sûre) ist mit 173 Kilometern dieser Etappe: die Gringlee, zu Deutsch der längste Fluss Luxemburgs. Sie entspringt „grüner Fels“. Den Ausblick ins Tal genoss im Südosten Belgiens, durchfließt danach das schon Großherzog Adolph Ende des Éislek und stößt bei Wallendorf auf die Grenze 1811 bekam Kaiser zu Deutschland. Von dort bildet sie auf dem 19. Jahrhunderts. Kein Wunder, beschreibt Napoleon einen Sohn – und Weg über Echternach auf 50 Kilometern die die tief unter uns funkelnde Sauer hier die Luxemburger pflanzten luxemburgisch-deutsche Grenze, bis sie in doch einen ihrer schönsten Mäander. Der diesen Baum zu seinen Wasserbillig schließlich in die Mosel mündet. Ehren. Dass er mehrmals Die Sauer ist besonders windungsreich und von deutschen Saarschleife steht der Anblick umgesetzt wurde, scheint großer landschaftlicher Schönheit. Man kann sie in nichts nach. Postkartenblick Nummer dem Napoleonsbaum nichts mit dem Kanu befahren, oder ihrem Lauf auf zwei! Jetzt geht es nur noch bergab. Bald ausgemacht zu haben. 60 Kilometern auf dem Sauer-Radweg folgen. ist das Dorf Bourscheid erreicht, Endziel 34 01|20 01|20 35 Wandern Luxemburg nominell selbstständiges Großherzogtum. 1839 verliert es mehr als die Hälfte seines Staatsgebiets an Belgien. „Das Luxembur- ger Nationalmotto lautet: Mir wëlle bleiwe wat mir sinn“, erklärt Mirjam. „Wir wollen bleiben, was wir sind.“ Patriotische Trotz- reaktion auf das jahrhundertelange Hin und Her zwischen Frankreich, Belgien und Preußen. Egal. Wir lassen die Politik hinter uns. Steigen wieder hinab in den Königsetappe Wald. Passieren den Felsvorsprung „Doigt Typ: Streckenwanderung de Dieu“ („Finger Gottes“), kommen er- Blütenpracht Länge: 21,6 km neut an die Sauer. Ein Fliegenfischer steht entlang des Wegs: Dauer: 6–7 Stunden Im Sommer blühen Markierung: weiße Welle auf im seichten Wasser. Wirft den Köder aus. hier Kornblumen, blauem Grund „Jetzt ist es nicht mehr weit bis Dirbach, Fingerhut, Klatsch- Schwierigkeitsgrad: schwer noch vor 40 Jahren ein sehr touristischer mohn und andere Höhenmeter: 850 m Blumen. Steigung/Gefälle: 880 rauf/625 runter Ort“, sagt Mirjam. „Würde mich wundern, Beste Wanderzeit: April bis Oktober wenn wir heute mehr als fünf Leute se- Start/Ziel: Bourscheid-Moulin, hen.“ Recht hat sie. Das berühmte Hotel hart das Leben der Bauern, Tagelöhner Eine etwas seltsame Ehe führten die zwei. Hoscheid Wegequalität: hauptsächlich „Dirbach Plage“, vor dem einst die pastell- und Rindenschäler hier einst gewesen Gelobten beide, bis zu ihrem Tode jung- naturnahe Wege, einige Abschnitte farbenenen 50er-Jahre-Limousinen parkten, sein muss. Dann sind wieder die Waden fräulich und enthaltsam zu leben. Nach fast alpin liegt auffallend verlassen da. Es schmiegt gefragt. Wir erklimmen die „Molberlee“, allem was man weiß, hielten sie Wort. sich an riesige Felswände, ist nur über einen 500 Meter langen Felskamm, der die Einmal im Jahr wird Kunigunde zu eine Brücke zu erreichen. Eine Libelle flat- luxemburgischen Ardennen vielleicht am Ehren eine Messe gelesen. Dann strömen tert am Ufer. Die Etappe führt uns weiter besten widerspiegelt. Fast alpin der Auf- Menschen nach Oberschlinder. Der letzte Mittelgebirge de luxe bis ins Tal der Schlinder, einem Nebenbach stieg. Ausgesetzter Grat. Beinah mediter- Bewohner verließ das Tal 1948. Die harten der Sauer. Nur zwei kleine Weiler finden ran die Landschaft – trocken. Besenheide Lebensbedingungen forderten ihren Tri- sich hier. Der obere Teil des Tals ist völlig und gelb blühender Ginster. Heimat des but. Den Todesstoß erhielten die Taldörfer 2020 unbewohnt. Ein wenig erahnen wir, wie Steppengrashüpfers. Oben angelangt: Post- durch die deutsche Ardennenoffensive Höhenluft schnuppern kartenblick Nummer vier. Jetzt ist im Winter 1944. Über 155.000 Soldaten Überraschend alpin präsentiert sich das Éislek – der luxemburgische Teil der Ardennen – es nicht mehr weit bis Hoscheid. und Zivilisten verloren damals ihr Leben, INFO Stille Einkehr: Die Kapelle auf dem Weg zum Höhendorf Hoscheid. Besonders schön ist die Wanderung im Mai und Saint-Michel, die der heiligen Das Dorf ist alt, existierte schon wurden verwundet oder gelten seither Was ist das Éislek? Juni, wenn überall die gelben Ginsterbüsche blühen. Kunigunde von Luxemburg im Jahr