Reichardt, Louise

Louise Reichardt Louise Reichardt wurde am 11. April 1779 als zweites Kind der Eheleute Reichardt in geboren. Ihr Vater * 11. April 1779 in Berlin, Preußen war der königlich preußische Hofkapellmeister, Kompo- † 17. November 1826 in , nist und Musikschriftsteller Johann Friedrich Reichardt, ihre Mutter Juliane Reichardt war die Tochter des Kom- Komponistin, Sängerin, Gesangslehrerin, Chorleiterin ponisten und und als Sänge- rin und Komponistin sehr geschätzt. „Ich bin zu meiner unaussprechlichen Freude noch auf Nachdem ihre Mutter 1783 an Kindbettfieber gestorben meine alten Tage zu einem recht ernsten Studium der war, heiratete Johann Friedrich Reichardt die Hambur- Harmonie, wozu es in meinem Leben an Mußen gebrach ger Pastorentochter Johanna Dorothea Wilhelmina Al- gekommen und hoffe indem nie ein Frauenzimmer den berti (verwitwete Hensler). Aus dieser Ehe gingen noch- reinen vierstimmigen Satz erreicht hat, dadurch meinen mals fünf Kinder hervor, drei weitere Kinder brachte Joh- Ruf in Deutschland auf immer zu begründen.“ anna Alberti mit in die Ehe. Als älteste Tochter (ihr älterer Bruder starb 1782) über- (Brief Louise Reichardts an Wilhelm Grimm vom 6. Juni nahm Louise Reichardt schon früh die Aufgabe, sich um [1821], zitiert nach Boffo-Stetten 2000, S. 75) die Erziehung und Ausbildung ihrer Geschwister zu küm- mern (vgl. Steffens 1842, S. 230ff.) Nach Steffens war ih- Profil re Stiefmutter mit den häuslichen Angelegenheiten völlig Louise Reichardt war eine Liedkomponistin und -interp- überfordert, so dass die häusliche Verantwortung zum retin, die von dem auf dem elterlichen Gut Giebichen- großen Teil auf ihr lastete. stein weilenden romantischen Dichterkreis (Ludwig Ihr Vater, der oft ausgedehnte Bildungsreisen durch Eu- Tieck, , , die Brüder ropa unternahm und vielgelesene Reiseberichte verfass- Schlegel und Grimm, Friedrich Schleiermacher u.a.) te, war anfänglich ein glühender Verehrer der französi- hoch geschätzt wurde. 1809 ging sie nach Hamburg, um schen Revolution, was ihn in Schwierigkeiten mit seinem sich als Gesangs- und Klavierlehrerin sowie als Kompo- Brotgeber, König Wilhelm II. von Preußen brachte. 1794 nistin eine berufliche Existenz aufzubauen. Zusammen wurde er aufgrund dessen ohne Pensionsanspruch aus mit Johann Hermann Clasing gründete sie den „Musikali- dem Amt des königlich preußischen Hofkapellmeisters schen Verein für geistliche Musick“ und veranstaltete entlassen. Kurze Zeit später erwarb er – als Salinendirek- vielbeachtete Aufführungen oratorischer Werke, vor al- tor erneut zu Wohlstand und Ansehen gekommen - das lem Georg Friedrich Händels, Mozarts und italienischer bei an der Saale gelegene Gut Giebichenstein, das Komponisten. Das Musikfest von 1818 gilt als Vorläufer für die vielköpfige Familie zum Lebensmittelpunkt und der 1819 gegründeten Hamburger Sing-Akademie. Als für zahlreiche Dichter zu einem einzigartigen Refugium Chorleiterin, Organisatorin von Konzerten und Beraterin romantischer Geselligkeit wurde. (vgl. Neuß 1949) leistete sie einen wichtigen Beitrag zur Etablierung eines Häufig zu Gast in der „Herberge der Romantik“ waren bürgerlichen Musiklebens in der Hansestadt. u.a. Achim von Arnim, Clemens Brentano, Friedrich Eschen, die Brüder Schlegel, die Brüder Grimm, Ludwig Orte und Länder Tieck, Joseph von Eichendorff, Karl von Raumer, Hen- Louise Reichardt verbrachte die Kindheit in Berlin, be- rich von Steffens, und Friedrich Schleiermacher. vor die Familie in den 1790er Jahren auf das neu erwor- (Reichardts zweite Frau Johanna hatte mehrere Schwes- bene Gut Giebichenstein bei Halle umzog. Nach einem tern, darunter Amalie Alberti, die seit 1798 mit Ludwig kurzen Aufenthalt in Kassel, wo ihr Vater für kurze Zeit Tieck verheiratet war. Nicht zuletzt über ihn werden die die Stelle eines Hofkapellmeisters inne hatte, kehrte die Kontakte zu den Dichtern zustande gekommen sein.) Familie auf das elterliche Gut zurück. Von 1809 bis zu ih- Auch Goethe war zeitweilig zu Gast auf Gut Giebichen- rem Tod im Jahr 1826 wirkte Louise Reichardt als Ges- stein; in dessen Tagebüchern aus dem Jahr 1802 findet angs- und Klavierlehrerin, Chorleiterin und Komponistin sich folgender Eintrag: „Die Nähe von Giebichenstein in Hamburg. lockte zu Besuchen bei dem gastfreien Reichardt; eine würdige Frau, anmuthige schöne Töchter, sämmtlich ver- Biografie eint, bildeten in einem romantisch-ländlichen Aufenthal- te einen höchst gefälligen Familienkreis […]. Auch darf

– 1 – Reichardt, Louise nicht übergangen werden, daß ich die Melodien, welche st produktiv auf ihr Liedschaffen aus. 1805 entstand das Reichardt meinen Liedern am frühsten vergönnt, von Lied „Lilje sieh mich“ aus „Ariels Offenbarungen“ von der wohlklingenden Stimme seiner ältesten Tochter ge- Achim von Arnim, das Louise Reichardt ihm anlässlich fühlvoll vorgetragen hörte.“ (Goethe 1802, WA I, S. 136, seines Weihnachtsbesuchs im selben Jahr überreichte. zitiert nach Busch-Salmen u.a. (Hg.) 2003, S. 70) In einem Brief an Clemens Brentano berichtete Arnim: Zeitgenössischen Berichten zufolge hat Johann Friedrich „Zehn schöne Tage blieb ich da von Weihnachtsliedern Reichardt der Ausbildung seiner Kinder nur wenig Auf- erhellt. Auch mir wurde beschert, Louise die älteste Toch- merksamkeit geschenkt. Louise Reichardt kam daher ter gab mir in einer gehölten Nuß mit einem rothen Ban- nicht in den Genuss einer kontinuierlichen musikali- de gebunden eine zierlich fein geschriebene Musik zu ei- schen Ausbildung und brachte sich das Singen, Gitarre- nem Lied des Ariel, sie hat noch drey daraus überaus sc- und Harfespielen autodidaktisch bei. Auch ihre literari- hön componirt […].“ (Brief Achim von Arnims an Cle- schen, philosophischen Kenntnisse verdankte sie wohl in mens Brentano vom 26. Januar 1806, zit. nach Busch- erster Linie dem anregenden geistigen Klima im Kreis Salmen (Hg.) 2003, S. 71) Arnim seinerseits überreichte der Dichter: „[…] für ihre Erziehung geschah im Ganzen der Familie ein Exemplar „Des Knaben Wunderhorns“, wenig, selbst die Musik ward nicht immer regelmäßig aus dessen ersten Band Louise Reichardt eine Reihe von und gründlich getrieben. Da das Haus aber nie leer von Gedichten vertonte. Gästen wurde, die zu den Hochgebildeten jener Zeit ge- Ein halbes Jahr später schrieb Achim von Arnim in ei- hörten, […] so war ihr dadurch eine reiche Bildungsschu- nem Brief an Bettine Brentano, seine zukünftige Ehe- le eröffnet.“ (Brandt, 1865, S. 14f.) frau: „Louise sang mir meine Lieder, neuere als Sie ken- nen, so klockenvoll (glockenhell), daß ich mich für einen Erste Kompositionen Louise Reichardts erschienen 1800 unwissenden Handlanger in einer Goldküche hielt; […] in einer Sammlung von Liedern ihres Vaters, die in der Mit meinem letzten Brief schicke ich Ihnen Louisens ged- „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ eine alles in allem ruckte Lieder, […] besonders schön sind ihr einige aus wohlwollende Besprechung erhielten, wenngleich der Re- dem Wunderhorn gelungen […].“ (Brief Achim von Ar- zensent am Ende auch auf einige Schwächen hinweist: nims an Bettine Brentano vom 12.7.1806, in: Steig, 1913, „Diese kleine Sammlung ist ein schätzbarer Beytrag zu S. 35) den vorzüglichern Liedern, welche unserm deutschen Pu- In Achim von Arnim fand Louise Reichardt einen Bewun- blikum zur Unterhaltung diene. Die Lieder des Herrn R. derer und Förderer, der ihre Lieder u.a. in seiner Zeitsch- zeichnen sich jederzeit durch Ausdruck, untadelhafte De- rift „Der Einsiedler“ veröffentlichte (u.a. 1808 „Der trau- klamation, und richtige Accentuation aus: auch vorliegen- rige Wanderer“). Er schätze ihre Vertonungen der Wun- de Gesänge machen hierin keine Ausnahme. Recensent derhorn-Lieder sehr und drückte seine Dankbarkeit im hätte einigen dieser Lieder etwas weniger Trockenheit ge- Vorwort zur zweiten Ausgabe der Liedsammlung aus: wünscht. Jedoch ist dies Sache des Gefühls, worin er kei- „Herzlichen Dank allen neuen Melodien, mit denen das nem der zahlreichen Liebhaber des Gesanges vorgreifen ‚Wunderhorn‘ von geschickten Händen ausgestattet wur- will, welche sich an diesen Gesängen ergötzen werden. de. Hier stehe Reichardts Name wie im Sendeschreiben Die von der Demoiselle R. komponirten Lieder verrathen oben an, verbunden mit dem Namen seiner Tochter Lui- sämmtliche feines Gefühl, und nicht gemeine literarische se […].“ (zitiert nach Reich, 1980, S. 374) Kenntnisse. Besonders gut ist ihr das Herbstlied gerat- hen, worin vorzüglich der Schluss ganz den naiven, wun- Johann Friedrich Reichardt scheint die kompositorische dersamen Ton des Gedichts ausdrückt. Warum hat De- Arbeit seiner ältesten Tochter nicht nur interessiert ver- moiselle R. aber nicht zugleich angezeigt, wie man die folgt, sondern auch mit Wohlwollen unterstützt zu ha- letzte Zeile der 4ten Strophe: ‚Ist und bleibt Frühlings- ben. 1806 veröffentlichte er drei Lieder seiner Tochter in schein‘ singen solle, da sie zu der vorstehenden Melodie der von ihm herausgegebenen „Berlinischen Musikali- schlechterdings nicht passen kann, indem sie einen Fuss schen Zeitung“ und sorgte dafür, dass ein größeres Publi- zu viel hat?“ (AmZ, Nr. 27, 1800, S. 474f.) kum auf die junge Komponistin aufmerksam wurde. Im selben Jahr erschien in der Allgemeinen musikali- Insbesondere die enge Freundschaft zu Achim von Ar- schen Zeitung eine ausführliche Rezension ihrer gerade nim und Clemens Brentano, die in einer Anzahl auf- erschienenen Liedsammlung „XII Deutsche und italiäni- schlussreicher Briefe dokumentiert ist, wirkte sich äußer- sche und romantische Gesänge“, in der besonders ihr

– 2 – Reichardt, Louise

Einfühlungsvermögen und die Originalität ihrer Einfälle Morgen zwey zu mir kommen u den Dienstag Nachmit- hervorgehoben wurde: „Dem. Reichardt ist als eine glück- tag alle u noch einige reine Bass u Tenorstimmen die ich liche Liederkomponistin durch manche hin und wieder unter unsern Bekanten gefunden die zusammen schon zerstreute Gesänge und eine kleine Sammlung, die ihr Va- ein recht hübsches Chor formieren, du solst noch mahl ter vor einigen Jahren herausgegeben hat, schon be- Freude daran haben. Riekchen (ihre Schwester Friederi- kannt, und zeigt in diesem neuen Werkchen, im Verg- ke, E.F.) ist durch vieles singen diesen Winter recht fest leich mit jenen früheren, sehr rühmliche Fortschritte. Sie geworden u hat eine starke Stimme die führt mir den Alt nähert sich im Ganzen der Weise ihres Vaters, in seinen an u ich den Diskant, wo ich noch 3 oder 4 feste, ganz rei- Liedern am meisten; ist aber nie trocken, ist im Leichten, ne Stimmen neben mir habe, allen macht es so große weit leichter, im gefälligen und zarten, weit gefälliger Freude u sie üben so fleißig u mit so vieler Aufmerksam- und zarter, als er oftmals, und wenn sie bey tiefer einge- keit daß ich mir in der Folge recht große Freude davon henden, schwieriger zu behandelnden Gedichten sich no- verspreche wir wollen auch wenn wir hinaus gezogen ch nicht immer so eng an die Dichter und ihre Formen sind immer Dienstags zusammen kommen, u zugleich schliessen kann oder mag, so verfehlt sie sie doch gewiss ziehe ich den jüngsten Rust mir zum accompagnieren zu, in Absicht auf Gefühl niemals. Letzteres beweisset vor al- was schon anfängt recht gut zugehn der älteste singt mit lem das vortreffliche Lied von Novalis […] Jenes erste in meinem Chor sehr rein u angenehm. Du hast mir oft Lob der zierlichen Leichtigkeit, Anmuth, Zartheit und gesagt bey Vielem ‚fang du nur an ich will dir dann schon ächten italienischen Weise verdienen vornämlich die Ge- helfen‘ darauff rechne ich nun sehr u ich hoffe du wirst sänge von Metastasio. Unter den übrigen zeichnen sich mit mir zufrieden sein denn ich lasse nicht den kleinsten noch aus die Lieder S. 2 und S. 21 […] Das seltsame altert- Fehler passieren u so sind alle doppelt aufmerksam u be- hümliche, helle Auslaufen der Singstimmen am Ende die- lohnen mich für die wahrhaft große Mühe die ich mir ge- ses Liedes ist ganz originell, und schon für sich etwas be. In Berlin hatten wir ein recht schönes Chor so daß werth. So etwas macht freylich Jedermann, wenn’s ein- Zelter in Ermangelung der Academie oft des Abends kam mal gemacht ist; aber Niemand kömmt ohne Geist zuerst uns zuhören. An [Carl Friedrich von] Redtels Braut [Ma- und so am rechten Orte darauf! – Es ist nichts weniger, ria Helene Püttmann] bekomme ich nun noch eine klei- als höfliche Redensart, wenn Rec. Dem. R bittet, diese ne Schülerin, die Mädchen sind mir alle so lieb daß ich Sammlung nicht die letzte seyn zu lassen.“ (AmZ, Nr. 43, mich immer freue wenn ich sie sehe u ihretwegen auch 1806, S. 686f.) gern noch einige Wochen in der Stadt bleibe um sie erst recht in Gang zubringen. Sehr glücklich bin ich auch wie- Im Jahr 1806 wurde Gut Giebichenstein von plündern- der im Besitz meiner Laute nach welcher ich mich wie den französischen Truppen heimgesucht, was für die Fa- nach einem geliebten Kinde gesehnt habe. […] Ich habe milie den finanziellen Ruin bedeutete und die Lebensver- in diesen tagen zuerst wieder einige Lieder componirt[,] hältnisse drastisch verschlechterte. in Berlin bin ich den ganzen Winter keinen Augenblick al- Während ihr Vater sich an der Verteidigung Preußens lein gewesen u ohne Musse ist der gl. Ding mir garnicht vor den vorrückenden Truppen Napoleons beteiligte, möglich.“ (Busch-Salmen u.a. 2003, S. 73) sorgte Louise Reichardt für den Haushalt und die Erzie- hung der Geschwister. Um die Familie finanziell zu unter- 1808 trat Johann Friedrich Reichardt als Hofkapellmeis- stützen, gab sie Gesangsunterricht und gründete einen ter in den Dienst von Jérôme Bonaparte (1784–1860), kleinen Chor (Boffo-Stetter 2000, S. 65 und Steig, 1894, der von 1807 bis 1813 als König von Westphalen in Kas- S. 220). In einem Brief aus dem Jahr 1807 an ihren Va- sel residierte, worauf die Familie nach Kassel übersiedel- ter, der sich als Freiwilliger für die Verteidigung der te und sich die finanzielle Situation – zumindest kurzfris- Stadt Danzig gemeldet hatte, berichtete sie von ihren mu- tig – wieder normalisierte. Hier machte Louise sikalischen Aktivitäten: „ ich lebe nun ganz wieder in mei- Reichardt u.a. Bekanntschaft mit den Brüdern Jakob nen Wirthschafts Geschäften u[nd] Musick, womit ich es und Wilhelm Grimm. Insbesondere zu Wilhelm entwi- mir hier recht sauer werden lasse. Es wird mir wieder al- ckelte sich ein enges freundschaftliches Verhältnis, das le Erwartung gelingen mir auch hier einen kleinen Musi- über Jahrzehnte anhielt und bis 1823 in zahlreichen Brie- kalischen Zirkel zubilden, wodurch ich in Berlin die letz- fen dokumentiert ist. ten Monathe so glücklich war. Ich habe hier ein Häuflein Nach wenigen Monaten gab Johann Friedrich Reichardt allerliebster Mädchen zusammen getrieben, wovon jeden sein Amt als Hofkapellmeister jedoch wieder auf, weil er,

– 3 – Reichardt, Louise wie er verlauten ließ, sich dem Geschmack des Königs Schon bald bestand jedoch Gewissheit darüber, dass nicht unterordnen wollte. Daher zog die Familie 1809 Frankfurt für ihre Pläne nicht in Frage kommt. Dies ist ei- wieder zurück nach Giebichenstein, und erneut begann nem Brief Wilhelm Grimms vom Mai 1809 an seinen Bru- eine Zeit voller Unsicherheit und Entbehrungen. der Jakob zu entnehmen. Darin schreibt er: „Louise hab Während Johann Friedrich Reichardt im Bemühen um ich nun in so mancher Lage gesehen und recht lieb. Es Einkünfte durch Opernaufführungen in Wien weilte, fass- ist vieles vortreffliches an ihr, ihr Talent, ihr Verstand te Louise Reichardt, nunmehr 30 Jahre alt, den Ent- und ihr wirklich sehr liebreiches Gemüth. Du weißt von schluss, der prekären finanziellen Lage der Familie ein ihrem Plan, durch Unterricht Geld zu verdienen, um Gie- Ende zu setzen und als Gesangslehrerin in den Großstäd- bichenstein frei machen zu können, der doch sehr respek- ten Frankfurt a. M. oder Hamburg eine eigene Existenz tabel ist und den ich wohl begreife, nachdem ich den Ort aufzubauen. Nachdem sich zwei Heiratspläne auf tragi- gesehen; leider scheint es nicht zu glücken, da es allen sche Weise zerschlagen hatten, – ihr erster Verlobter, eingezogenen Erkundigungen nach in Frankfurt, auf das der Dichter Friedrich August Eschen (1776–1800), verun- sie am meisten rechnete, nichts ist und nur Hamburg üb- glückte in den Schweizer Alpen und ihr zweiter Verlob- rig bleibt, wohin sie ungern geht.“ (Steig, 1923, S. 30, zi- ter, der Maler Franz Gareis (1775–1803), erlag kurz vor tiert nach Boffo-Stetter 2000, S. 66). der Eheschließung in Florenz der Ruhr – hatte sie offen- bar die Hoffnung aufgegeben, zu heiraten und eine Fami- Ende 1809 ging Louise Reichardt schließlich nach Ham- lie zu gründen. burg, der Heimatstadt ihrer Stiefmutter, wo sie im Hau- se einer befreundeten Familie wohnte und von der Dame In einem Brief vom 2. März 1809 schilderte Wilhelm des Hauses, Luise Marie Sillem (1749–1826) wohlwol- Grimm Achim von Arnim die äußerst prekäre Situation lend aufgenommen wurde. Diese stellte ihr bereitwillig der Familie sowie den Entschluss Louise Reichardts, die Räumlichkeiten des Hauses für den Unterricht zur nach Frankfurt oder Hamburg zu gehen: „Reichardts Verfügung und führte sie in die Hamburger Gesellschaft sind mit Packen beschäftigt. In etlichen Wochen werden ein. Ihrem Unterricht war von Anfang an großer Erfolg sie abreisen. Er ist doch sehr leichtsinnig, so daß sie jetzt beschieden. Offenbar gab es in der Hansestadt einen gro- in wirklicher Geldverlegenheit sind, durch mancherlei ßen Bedarf an fundierter musikalischer Ausbildung für Schulden die er gemacht. […] Louise, die diesem Unheil höhere Töchter. In kürzester Zeit hatte sie eine stattliche kein Ende, und die Schulden jährlich größer werden Anzahl von Schülerinnen, die ihr - entgegen allen vorab sieht, hat den Entschluss gefaßt, durch Unterricht im Sin- geäußerten Zweifeln - ein regelmäßiges Einkommen si- gen und Musik und ein Conzert jährlich, in Zeit [sic] von cherten. Ihre Einnahmen waren 1811 so gut, dass sie ih- 10–12 Jahren so viel zu verdienen, um diese zu bezahlen ren 1803 geborenen Halbbruder Fritz nach Hamburg ho- und Giebichenstein zu erhalten. Sie denkt deshalb nach len und ihn für jährlich 300 Taler bei einem Pastor erzie- Hamburg oder Frankfurt zu gehen, zwölf Schülerinnen hen lassen konnte. „[…] von Louise kommen die besten zu erhalten, die jede Stunde mit 1 Thaler bezahlen, und Nachrichten, sie hat schon an die 1000 Thaler jährlich täglich 4 Stunden zu geben, so wäre ihr schon eine Ein- Einnahmen und nur zuviel Stunden.“, schrieb Wilhelm nahme von 1200 Thalern gesichert. Ich zweifle nicht bei Grimm an Achim von Arnim. (Brief Wilhelm Grimms an ihrem festen Charakter, daß sie es durchsetzen, und ich Achim von Arnim, Steig 1904, S. 46) Ihre Schülerinnen, glaube auch, daß sie leicht viele für sich interessieren die sie auf Empfehlung ihrer Vermieterin und Gönnerin, wird, nur ob es ihr glücken wird, gleich anfangs so viele Madame Sillem, erhielt und die sich aus großbürgerli- Schülerinnen zu erhalten, weiß ich nicht; […]“ (Brief Wil- chen Kreisen rekrutierten, ließen sich den Unterricht bei helm Grimms an Achim von Arnim vom 2. 3.1809, in: ihr jedenfalls einiges kosten, wie aus einem Brief Louise Steig 1904, S. 23f.) Reichardts aus dem Jahr 1818 hervorgeht: „Sie zahlten Den Widerstand des Vaters gegen die Gründung einer be- die Stunden nie unter einem Speziesthaler, in Altona so- ruflichen Existenz ahnend, weihte sie zunächst nur ihre gar einen Dukaten.“ (Louise Reichardt, Brief vom engen Freunde Wilhelm Grimm, Achim von Arnim, Cle- 1.12.1818, zitiert nach Brandt, 1865, S. 83) mens Brentano ein und ließ sich insbesondere von Betti- Ihre erfolgreiche Unterrichtstätigkeit erlaubte ihr, ca. ne Brentano über die Erfolgsaussichten, in Frankfurt a. 1814 als Erste in Hamburg eine „Singschule“ zu eröffnen. M. Fuß zu fassen, beraten. (vgl. Steig, 1913, S. 276 sowie (vgl. Boffo-Stetter 2000, S. 68) (Das genaue Datum der Kastinger Riley 1986, S. 126f.). Eröffnung ist bisher nicht bekannt.) Neben Gesangs- gab

– 4 – Reichardt, Louise sie bald auch Klavierunterricht. sung regelmässige Uebungen stattgefunden, an welchen Obwohl sie die meiste Zeit mit Unterrichten beschäftigt bald die gebildeten Liebhaber der Musik Antheil nah- war, widmete sie sich nach wie vor dem Komponieren men, und welche hauptsächlich würdige Kirchenmusik von Liedern und veröffentlichte u.a. 1811 die Madame Sil- zum Gegenstande haben. Im November vor. Jahres un- lem gewidmeten „XII Gesänge mit Begleitung des Forte- ternahmen diese beyden Künstler es zuerst, mit diesem piano’s“. engern Verein zur Feyer des Reformationsfestes in der Gemeinsam mit dem Pianisten und Komponisten Jo- Waisenhauskirche aufzutreten. Der 100ste Psalm und ei- hann Hermann Clasing (auch Johann Heinrich Clasing nige Stücke aus dem Judas Maccabäus, beyde von Hän- bekannt; 1779–1829) gründete sie 1816 (nach Salmen del, wurden vor und nach der Predigt ausgeführt, und (2008) 1822) den „Musikalischen Verein für geistliche lohnten die Unternehmer mit ungetheiltem Beyfall. […] Musick“, mit dem sie ab 1816 öffentliche Konzerte gaben Ein zahlreiches Publikum (es waren in jeder Aufführung und im norddeutschen Raum mehrere große Musikfeste wenigstens 5000 Zuhörer) lohnte die Unternehmer veranstalteten. So organisierte und gestaltete sie in den durch seinen Besuch und durch eine stille Aufmerksam- Jahren 1817 und 1818 in Hamburg und Lübeck „Geistli- keit, welche bey einer so eng zusammen gedrängten Men- che Musikfeste“, bei denen vor einem außergewöhnlich schenmasse wol nur durch die himmlische Kraft der Mu- großen Publikum von 5000 Besuchern in der Hambur- sik zu bewirken seyn möchte, zugleich aber auch ein schö- ger Michaeliskirche Händels „Messias“ und Mozarts „Re- nes Zeugnis für den Kunstsinn der Hamburger abgiebt.“ quiem“ aufgeführt wurde. In der „Allgemeinen musikali- (AmZ, 20, 1818, Sp. 713ff.) schen Zeitung“ fanden die Konzerte ein durchweg positi- ves Echo: „Wer die großen Schwierigkeiten kennt, wel- Aus dem „Musikalischen Verein für geistliche Musick“ er- che im nördlichen Deutschland der Ausführung bedeu- wuchs schließlich die Idee zur Gründung der Hamburger tender Kirchenmusiken im Wege stehen, wird sich, selb- Sing-Akademie, die im November 1819 gegründet wurde. st mit Berücksichtigung der grossen Kunstmittel, welche Aus unterschiedlichen Quellen geht allerdings hervor, Hamburg darbietet, wundern, wie es möglich gewesen, ei- dass es zwischen den neu entstandenen Hamburger Mu- ne Versammlung von 360 bis 400, theils Tonkünstler sikschulen und -vereinen nunmehr harte Konkurrenz- vom Fache, theils Dilettanten zu versammeln, welche die kämpfe gab, die dazu führten, dass Louise Reichardt und Meisterwerke Händels und Mozarts, den Messias und Johann H. Clasing bei der Gründung der Sing-Akademie das Requiem, auf eine Vollendung sich nähernde Weise übergangen wurden. (vgl. Sittard 1971, S. 290ff.) Inzwi- auszuführen vermochten. Der in neuen Zeiten gänzlich schen hatte sie sogar mit Einbußen ihrer Unterrichtstätig- erstorbene, ja man dürfte sagen, unterdrückteste Sinn keit zu kämpfen, da einige ihrer Schülerinnen zu ande- für geistliche Musik, die Beschwerlichkeit und Kostbar- ren Instituten wechselten: „dieser Winter fordert große keit der Reisen, vielleicht auch das grössere Phlegma der Opfer von mir. Mein Geschäft liegt zu Zeiten ganz, ich se- Norddeutschen, sind Hindernisse, welche nur durch den he meine kleine Heerde sich zerstreuen, ohne es hindern höchsten Enthusiasmus und unermüdete Thätigkeit zu können. Die neu errichtete Sing-Akademie von Grund ganz uneigennütziger, selbst zu bedeutenden Opfern fähi- und Reinfeldt raubt mir mehrere meiner liebsten Theil- ger Freunde der Musik besiegt werden können. nehmer und Schülerinnen“, schrieb sie im Januar 1820 Vor wenigen Jahren noch würde die Ausführung einer an ihren Freund Wilhelm Benecke. (Brandt 1865, S. 97) solchen Musik in Hamburg ein frommer Wunsch gewe- sen seyn. Zuerst verdient hier also genannt zu werden, Ende der 1810er Jahre begann sie, sich eingehend mit die sinnige Künstlerin, Dem. Louise Reichardt, würdige Kompositionen alter italienischen Meister zu beschäfti- Tochter des unvergessenen Kapellmeisters Reichardt. Ih- gen, sie betrieb Generalbassstudien und holte komposito- re unermüdete Thätigkeit, ihr sorgfältiger Unterricht, rischen Rat Carl Friedrich Zelters ein (vgl. Heckmann und ihre Uneigennützigkeit bey der Bildung und Pflege 2000, S. 110). „Ich bin zu meiner unaussprechlichen der weiblichen Stimmen, hat es möglich gemacht, einen Freude noch auf meine alten Tage zu einem recht erns- Chor zu bilden, und Sängerinnen an die Spitze der Aus- ten Studium der Harmonie, wozu es in meinem Leben an führung zu stellen, die, obgleich sie nur für Dilettanten Mußen gebrach gekommen und hoffe indem nie ein Frau- gelten wollen, wahren Virtuosen gleich zu achten sind. In enzimmer den reinen vierstimmigen (Hervorhebung im Verbindung mit Herrn Clasing, dessen ich weiter unten Original) Satz erreicht hat, dadurch meinen Ruf in Deut- erwähnen werde, haben mehrere Jahre auf ihre Veranlas- schland auf immer zu begründen.“ (Brief Louise

– 5 – Reichardt, Louise

Reichardts an Wilhelm Grimm vom 6.Juni [1821?], zi- ten. tiert nach Boffo-Stetten 2000, S. 75) Es erfüllte sie durch- Die finanziellen Sorgen nahmen trotz einer Leibrente aus mit Stolz, mit den Kompositionsstudien in eine Do- von 1000 Thalern, die ihr ihre Gönnerin Madame Sillem mäne zu stoßen, die für Frauen zu Beginn des 19. Jahr- 1826 hinterließ, immer größere Ausmaße an. Ihrem ers- hundert ungewöhnlich war. Gerade hierin sah sie eine er- ten Biografen zufolge soll sie das Geld „auf den Rath ih- folgversprechende Perspektive, zumal ihr bewusst wur- rer Freunde und um sie bei ihrer großen Wohlthätigkeit de, dass eine dauerhafte kräftezehrende Unterrichtstätig- zu sichern, bei einer Londoner Societät zu 7 Prozent“ fest keit weiter zu Lasten ihres ohnehin schon labilen Gesund- angelegt haben und war daher in den letzten Monaten ih- heitszustands gehen würde. res Lebens gezwungen, mehrmals umzuziehen. (vgl. Brandt, 1865, S. 213). Betrachtet man die Auswahl der Kompositionen, mit de- Louise Reichardt starb am 17.11.1826 mittellos in einer nen sie sich beschäftigte, so fällt auf, dass sie sich an kleinen Kammer im Haus eines Tapezierers. dem Werkekanon ihres Vaters orientierte, den dieser schon 1782 und 1791 im seinem „Musikalischen Kunst- Wenige Wochen nach ihrem Tod erschien in der „Allge- magazinen“ „zur Verbesserung des allgemeinen musikali- meinen musikalischen Zeitung“ ein Nachruf, der von ei- schen Geschmacks“ abgedruckt hatte. (vgl. Monheim, ner außerordentlich hohen Wertschätzung Louise 1999, S. 226ff.) Es scheint daher durchaus denkbar, dass Reichardts als Komponistin, Lehrerin und Chorleiterin die Sichtung des Nachlasses ihres 1814 verstorbenen Va- zeugt (siehe Materialsammlung). In derselben Ausgabe ters den Anstoß gab, sich mit den alten Meistern zu be- erschien darüber hinaus eine eingehende Besprechung schäftigen. Zudem dürfte ihr die schwärmerische Ideali- ihrer noch kurz vor ihrem Tod erschienenen „Sechs deut- sierung – insbesondere der Musik Palestrinas, Mozarts schen Lieder mit Begleitung des Pianoforte“, in der – ent- und Händels – im Kreise der Giebichensteiner Frühro- sprechend der Ästhetik der zweiten Berliner Liederschu- mantik präsent gewesen sein. So standen vor allem Kom- le – die besondere Auswahl der Gedichte und die Sch- positionen von Leonardo Leo, Francesco Durante, Gio- lichtheit des Tonsatzes gewürdigt wird: „Die kürzlich ver- vanni Pierluigi Palestrina, Benedetto Marcello, Giovanni storbene, wahrhaft hochachtungswerthe Louise R., die Batista Pergolesi, Carl Philipp Emanuel Bach und Georg Hamburg nicht nur als Lehrerin des Gesanges, sondern Friedrich Händel im Zentrum ihres Interesses. Insbeson- auch als Führerin ihrer Schülerinnen und derer, die sich dere letzterem wurde im „Musikalischen Kunstmagazin“ sonst ihr anschliessen wollten, zum Edlern und Vollende- Johann Friedrich Reichardts die mit Abstand größte Auf- tern in der Musik überhaupt, gewiss vermissen wird – merksamkeit gewidmet, eine Vorliebe, die auch Louise hinterlässt in diesen sechs Liedern ihren Freunden ein sc- Reichardt in höchstem Maße teilte. Mit ihren Chören hönes Andenken, und Allen, die einen einfachen, aber führte sie eine Reihe von Werken Händels auf und ver- ausdrucksvollen Gesang lieben, ein schätzbares, angeneh- folgte wohl ähnliche geschmacksbildende und religiös-er- mes Geschenk. Die Gedichte sind sehr gut gewählt: von zieherische Ziele wie ihr Vater. poetischem Werth, wahre, mithin auch für musikalische Composition vorzüglich geeignete Lieder, nicht schon 1819 erwog sie, als Lehrerin nach England zu gehen. Zu mehrmals in Musik gesetzt, und dem Inhalt nach man- diesem Zweck reiste sie im Sommer des Jahres für vier nichfaltig. Die in jedem Gedicht herrschende Stimmung, Monate zu einer befreundeten Familie in die Nähe von und auch der in jedem angegebene Sprachton, ist tref- London, kehrte jedoch – vermutlich aus gesundheitli- fend in die Musik gelegt: nur bey No. 2. möchte man et- chen Gründen – schon nach kurzer Zeit wieder nach was tiefer in die Saiten gegriffen wünschen. Die melan- Hamburg zurück. cholischen Erfindungen sind nicht, wie sonst fast bey al- Ihre seit je chronisch schwache Gesundheit und die zu- len Frauenzimmer-Compositionen, die uns bekannt wor- nehmende Konkurrenz unter den Hamburger Musikinsti- den sind, blosse Nachklänge zur Zeit vorzüglich beliebter tuten mögen Gründe gewesen sein, dass sie ihre Unter- Meister, sondern sie sind aus der eigenen Brust hervorge- richtstätigkeit in den 1820er Jahren immer mehr redu- quollen und haben darum auch, nur die eine mehr, die zierte. Da ihr mittlerweile erwachsener Halbbruder Fritz, andere weniger, ihr Eigenes. Declamation und Accentua- um den sie sich jahrelang gekümmert hatte, nicht mehr tion sind nicht nur richtig, sondern auch mit Sinn und auf ihre finanzielle Unterstützung angewiesen war, konn- Fleiss bestimmt. Gegen die Harmonie und ihre Correct- te sie die finanziellen Einbußen etwas leichter verkraf- heit lässt sich zwar manches Kleine, mehr für das Auge,

– 6 – Reichardt, Louise als für das Ohr – z.B. S. 5, Syst. 3, Takt 5, zweyte Hälfte – engen Kreis der in Giebichenstein versammelten Dichter aber nichts Wesentliches einwenden. Die Begleitung, wie gehörend, seine Autobiografie und wirft einen ganz per- einfach sie ist, ist darum nicht ohne Interesse. Die Ansp- sönlichen Blick auf Louise Reichardt: „Das musikalische rüche an Umfang der Gesangshöhe sind die mässigsten: Talent war den Reichardtschen Töchtern mehr oder weni- sie erstrecken sich nur auf die besten Mitteltöne des So- ger angeboren; auch gute Stimmen besaßen sie alle. Loui- prans oder Tenors, mithin auf die Töne, die eine jede, für se war die einzige, die dieses Talent des Gesanges wie der Musik gebildete Stimme besitzt. Nur das erste Lied ist da- Composition ernsthaft ausbildete. Die von ihr kompo- von ausgenommen, da es für eine, musikalisch schon nierten Lieder hatten etwas durchaus Eigenthümliches mehr ausgebildete Sopranstimme bestimmt ist.“ (AmZ, und waren keineswegs als Nachklänge der väterlichen zu 29, 1827, Sp. 542f.) betrachten, und daß sie vorzüglich Lieder der jüngeren Dichter, wie der Vater die Goethischen, komponierte, Würdigung war natürlich. So wählte sie die von Tieck, Arnim und Louise Reichardt war eine angesehene Musikpädagogin, Brentano, Dichter, die mit der Familie vertraut waren. die ab 1809 in ihrem Hamburger Wirkungsfeld zur Etab- Viele ihrer Compositionen fanden durch ihre eigenthüm- lierung eines bürgerlichen Ausbildungs- und Konzertwe- liche Tiefe einen allgemeinen Eingang, und sind populä- sens beitrug. Sie pflegte Kontakte zu Carl Friedrich Zel- rer geworden als die Reichardt’schen.“ (Steffens, 1842, S. ter und zu einflussreichen Vertretern der Romantik, wie 90; das vollständige Portrait Louise Reichardts von Stef- Achim von Arnim, Wilhelm Grimm, Clemens und Betti- fens ist in der Materialsammlung zu finden). ne Brentano und Philipp Otto Runge. Sie vertonte vor al- 1832 besorgte ihr Schwager Karl von Raumer die Heraus- lem Gedichte von Achim von Arnim, Clemens Brentano gabe einer Sammlung von Kirchenchorälen und schrieb und Novalis und veröffentlichte insgesamt 12 Lieder- im Vorwort: „Ich bin im Besitz einer großen Zahl alter sammlungen. Ihre ca. 90 Lieder und Chorsätze, weltlich Choräle, zu welcher die in der musikalischen Welt durch und geistlich, waren im 19. Jahrhundert außerordentlich ausgezeichnete Liedcompositionen bekannte Luise beliebt, einige sind noch heute als „Volklieder“ bekannt. Reichardt die Harmonien gesetzt hat. Da diese Choräle Die Lieder sind meist einfach gehaltene Strophenlieder den Beifall mehrerer Kenner und Freunde der Musik er- im empfindsamen Stil, die sich durch volksliednahe, lyri- hielten, und diese mich zur Herausgabe derselben auffor- sch eingängige Melodien und betont schlichte Begleitung derten, so hielt ich es fast für meine Pflicht, einer sol- für Klavier oder Gitarre auszeichnen. chen Aufforderung Genüge zu leisten und den von der se- Sie führte damit das ästhetische Ideal der zweiten Berli- ligen Verfasserin mir anvertrauten Schatz nicht zu vergra- ner Liederschule, dessen Vertreter ihr Vater Johann ben.“ (Vorwort zu Luise Reichardt, Choralbuch, hg. von Friedrich Reichardt sowie Carl Friedrich Zelter und Jo- Karl von Raumer, Basel 1832) hann Abraham Peter Schulz waren, fort. „Ihre Gesangs-Miniaturen hatten in Hamburg noch in Ihre vierstimmigen Choräle sind im Zusammenhang mit den 1870er Jahren, ein halbes Jahrhundert nach ihrem den Bemühungen Louise Reichardts um eine Erneue- Tode, einen Kreis stiller Verehrer“, teilt Stephenson mit. rung des evangelischen Kirchengesangs zu sehen, die (Stephenson 1956, S. 10f.) stark von der Frömmigkeitsbewegung pietistischer Strö- In den 1890er Jahren veranstaltete die Sängerin Amalie mungen geprägt waren. (vgl. dazu Salmen, 2008, S.182) Joachim in Zusammenarbeit mit dem Musikschriftsteller Heinrich Reimann historische Liederabende, bei denen Rezeption auch Louise Reichardts Lied „Hoffnung“ (Wenn die Ro- Schon zu ihren Lebzeiten erfreute sich Louise Reichardt sen blühn) erklang. (vgl. Borchard, 2007). großer Wertschätzung, ein umfangreicher Nachruf in der Werkverzeichnis Allgemeinen musikalischen Zeitung von 1827 spiegelt diese wieder (siehe Materialsammlung). Darin finden ih- Das Werkverzeichnis wurde auf der Grundlage von Boffo- re Verdienste als Lehrerin, Chorleiterin und Organisato- Stetter (2000) und Reich (1980) erstellt. rin von Konzerten ebenso eine Würdigung wie ihre Be- deutung als Liedkomponistin und Bearbeiterin von Wer- Liedsammlungen ken barocker Meister. „XII Deutsche Lieder von Johann Friedrich Reichardt 1842 veröffentlichte ihr Schwager Henrich Steffens, sein- und dessen Tochter Luise Reichardt“, Zerbst (C. C. Men- erzeit Naturphilosoph und Professor in Halle und zum zel) 1800

– 7 – Reichardt, Louise

(enthält 4 Lieder von Louises Reichardt) (Erstdruck in ruck der 2. Aufl. in der Bayerischen Staatsbibliothek der British Library) München) „Der Geselligkeit gewidmete Lieder. Von Goethe“, 1804. Liedersammlung mit Liedern von Louise Reichardt, Carl „Sechs Lieder von Novalis mit Begleitung des Piano-For- Friedrich Zelter, Giovanni Paisiello, Peter von Winter, te, in Musik gesetzt und ihren geliebten Schülerinnen zu- Johann Rudolf Zumsteeg und Johann Friedrich geeignet von Luise Reichardt. Viertes Werk“, Hamburg Reichardt. (Erstdruck befindet sich im Goethe-Museum (Böhme) 1819. (Erstdruck in der Bayerischen Staatsbib- Düsseldorf) liothek München und Library of Congress Washington)

„XII Deutsche und italiänische [sic] romantische Gesän- „VII romantische Gesänge von Tieck für Singstimme mit ge mit Begleitung des Piano-Forte componiert und Ihrer Pianoforte Op. 5“, Hamburg (Böhme) 1822. (Erstdruck Durchlaucht der Herzogin Mutter Anna Amalia von Sach- in privater Sammlung) sen Weimar und Eisenach aus reiner Verehrung zugeeig- net von Louise Reichardt“. Berlin (Verlag der Realschul- „XII Gesänge mit Begleitung der Gitarre componiert von Buchhandlung) 1806. (Erstdruck in der Bayerischen Luises Reichardt“, Breslau (C.G. Forster) vor 1819. (ent- Staatsbibliothek München) hält dieselben Lieder wie die 1810 publizierte Sammlung. (Erstdruck in der British Library) „Lied aus Ariels Offenbarungen“ (Lilie, sieh mich…), Ber- linische musikalische Zeitung 1806, Beilage IV. (Original- „Sechs Deutsche Lieder für Singstimme (nach Ledebur ausgabe des Erstdrucks in der Yale University New Ha- op. 6), Hamburg (Böhme) o.J. (Erstdruck in Yale Univer- ven) sity, Music Library)

Zwei Lieder „Aus Novalis geistlichen Liedern“ „Aus Sha- „Sechs geistliche Lieder unserer besten Dichter, vierstim- kespeares Heinrich VIII.“ gedruckt bei Steig II, S. 245. mig bearbeitet für 2 Sopran- und 2 Altstimmen von Lui- se Reichardt“, Hamburg (Cranz) 1823. (Erstdruck in Yale „XII Gesänge mit Begleitung des Forte-Piano. Compo- University, Music Library und British Library) niert und ihrer geliebten Schwester Friederike zugeeig- net von Louise Reichardt“, Hamburg (Johann August „Sechs Deutsche Lieder mit Begleitung des Pianoforte in Böhme) 1810. (Erstdruck in der Staats- und Universitäts- Musik gesetzt von Luise Reichardt, 6.te Liedersammlung bibliothek Hamburg) Ihrer Hoheit der Frau Caroline Amalie Gemahlin Sr. Ho- heit des Prinzen Christian zu Dänemark ehrfurchtsvoll „Unruhiger Schlaf“, Musikbeilage zu Achim von Arnims gewidmet von der Verfasserin 1826“, Hamburg (Cranz) Gräfin Dolores, 1810. 1826. (Erstdruck in der Bayerischen Staatsbibliothek München) „Sei Canzoni di Metastasio coll Piano-Forte composti e dedicati alla Sua cara Sorella Sofia da Luise Reichardt „Christliche liebliche Lieder gesammelt und herausgege- Op. IV“, Hamburg 1811. (Erstdruck in privater Samm- ben von Luise Reichardt“, Hamburg (Cranz) 1827, Hof- lung) meister 2. Aufl. 1836. Bearbeitungen zu 2, 3, und 4 Stim- men a cappella. (Erstdruck in der Bayerischen Staatsbib- „Die Blume der Blumen“ nach einem Text von Philipp Ot- liothek München und Library of Congress Washington) to Runge, Notenbeilage für Singstimme mit Cembalo, in: Musen-Almanach, hg. von Johann Erichson, Wien (Ge- „Choralbuch. Lehret und vermehret euch selbst mit Psal- rold) 1814. (Erstdruck in der Bayerischen Staatsbiblio- men und Lobgesängen“, hg. von Karl von Raumer. Basel thek München) (Spittler) 1832. (Erstdruck in der Bayerischen Staatsbib- liothek München) „XII Gesänge mit Begleitung des Fortepiano’s compo- niert und Ihrer jungen Freundin und Schülerin Demlle XII Gesänge mit Begleitung des Piano-Forte op. 3, Ham- Louise Sillem zugeeignet von Luise Reichardt. Drittes burg (Böhme) ca. 1839. (= 2. Aufl. der 1819 erschienenen Werkchen“, Hamburg (Böhme) 1811, 2. Aufl.1839. (Erstd- Sammlung). (Erstdruck in der Bayerischen Staatsbiblio-

– 8 – Reichardt, Louise thek München) vier, hg. von Eva Rieger und Käte Walter, Mainz u.a. (Schott) 1992. Einzelpublikationen Schäfers Klagelied nach Johann Wolfgang von Goethe, Des Schäfers Klage (Schäfers Klagelied), in: Wieland und in: Von Goethe inspiriert. Lieder von Komponistinnen Goethe (Hg.), Taschenbuch auf das Jahr 1804, Tübingen des 18. und 19. Jahrhunderts, hg. von Ann Willison Lem- (Cotta) 1803, S. 113. ke, Kassel (Furore) 1999.

Das Mädchen am Ufer, Hamburg (Cranz), in: Lieder und Louise Reichardt. Lieder romantischer Dichter für Sings- Gesänge für Pianoforte oder Gitarre, Nr. 3, Hannover timme und Klavier, hg. von Renate Moering, Kassel (Fu- (Bachmann) o.J. rore) 2006.

Repertoire Vierzehn Lieder und Canons ohne Begleitung von Mo- zart, L. Reichardt und Riehm, Bremen (Dreyer & Comol- Über das genaue Repertoire ist nichts bekannt, doch ist li) 1830. davon auszugehen, dass sie ihre eigenen Lieder sowie die des Vaters und jene im Umkreis Gut Giebichensteins ent- unveröffentlichte Manuskripte (nach Jackson 1994) standenen sang.

Quellen „Herzlich thut mich erfreuen“ (früher Kgl. Universitätsbi- bliothek zu Königsberg) Sekundärliteratur „Hört wie die Wachtel“ (ebd.) „Liebe“ (ca. 1825) Behrendt, Allmuth, „Luise Reichardt: Gedanken zum stil- „Nach Sevilla wo die hohen Prachtgebäude“ (Autor- len Dasein einer Tonsetzerin“ in: Telemanniana et alia schaft ungesichert) musicologica. Festschrift für Günter Fleischhauer zum 65. Geburtstag, Oschersleben 1995, S. 224–233. Moderne Ausgaben und Sammlungen (chronologisch) Boffo-Stetter, Iris, Luise Reichardt als Musikpädagogin Der Schnitter Tod (Volklied), Der Spinnerin Nachtlied und Komponistin (= Beiträge zur Geschichte der Musik- (Clemens Brentano), Wassersnoth (aus Des Knaben pädagogik Bd. 4) Bamberg u. Frankfurt 1996. Wunderhorn), Ich wollt‘ ein Sträußlein binden (Clemens Brentano), in: Deutscher Liederschatz, hg. von Ludwig Dies., Luise Reichardt. „…zierliche Leichtigkeit, Anmuth Erk Leipzig (Edition Peters) 1859–1872. und Zartheit…“. In: Clara Mayer (Hg.) Annäherungen XI an sieben Komponistinnen, Kassel (Furore Verlag) „Hoffnung“, New York (Schirmer) 1903. 2000, S. 58–82.

Luise Reichardt. Ausgewählte Lieder (= Musikalische Beatrix Borchard, Amalie Joachim und die gesungene Ge- Studienbücher 18) hg. von Gerty Rheinhardt, München schichte des deutschen Liedes, in: Archiv für Musikwis- (Die Masken) 1922. senschaft, Jg. 58 Nr. 4, 2001, S. 265-299.

Louise Reichardt. Sechs geistliche Lieder für Frauenchor Dies., Stimme und Geige. Biographie und Interpretati- und Klavier, hg. von Carolyn Raney (= Nine Centuries of onsgeschichte: Amalie und Joseph Joachim, Wien 2005, Music by Women) New York (Broude Brother) 1979. 22007.

Songs of Louise Reichardt. Selected and with an Intro- Dies., Singend dichten und dichtend singen, in: Von duction by Nancy B. Reich (=Women Composers Series Volkston und Romantik. Des Knaben Wunderhorn in der 7) New York (Da Capo Press) 1980. Musik, hg. von Antje Tumat und dem Internationalen Musikfestival Heidelberger Frühling, Heidelberg 2008, „Die Blume der Blumen“ (Text: Philipp Otto Runge), in: S. 43–59. Frauen komponieren. 25 Lieder für Singstimme und Kla-

– 9 – Reichardt, Louise

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– 10 – Reichardt, Louise

Freylinghausensches Gesangbuch, hg. von Wolfgang Luise Reichardt)“ in: Komponistinnen vom Mittelalter Miersmann und Gudrun Busch (=Hallesche Forschun- bis zur Gegenwart. Eine Kultur- und Wirkungsgeschichte gen Bd. 20), S. 175–183. in Biographien und Werkbeispielen, München u.a. 1999, S. 138–162. (Überarbeitete Neuausgabe von Komponis- Schilling, Gustav, Encyclopädie der gesamten musikali- tinnen aus 500 Jahren, Frankfurt a.M. 1981) schen Wissenschaften 6 Bde., 1834-38 Stuttgart. Zeitschriftenartikel Schleunig, Peter, Das 18. Jahrhundert: Der Bürger er- hebt sich, Reinbek bei Hamburg 1984. AmZ, Nr. 27, 1800, S. 474f. AmZ, Nr. 43, 1806, S. 686f. Schletterer, H. M., Johann Friedrich Reichardt. Sein Le- AmZ, 20, 1818, Sp. 713ff. ben und seine musikalische Thätigkeit, Augsburg 1865. AmZ, 29, 1827, Sp. 165–169 AmZ, 29, 1827, Sp. 542f. Ders., Artikel „Louise Reichardt“, in: Allgemeine Deut- sche Biographie 27 1888, S. 648–651. Berlinische Musikalische Zeitung Nr. 50 1. Jg. 1805. Berlinische Musikalische Zeitung Nr. 39 2. Jg. 1806, S. Sittard, J. Geschichte des Musik- und Concertwesens in 156 Musikbeilage (folgende Lieder von Louise Reichardt Hamburg, Hamburg 1890. sind dort abgedruckt: „Lilie, sieh mich, Thau umblinkt mich“, „Wenn ich gestorben bin“ „Ist Lerchenklang am Steffens, Henrich, Was ich erlebte, Breslau 1842, Bd. IV. Bergeshang“, alle drei Lieder waren für XII deutsche, ita- liänische romantische Gesänge“ komponiert.) Steig, Reinhold, Achim von Arnim und Clemens Brenta- no, Stuttgart 1894. Links

Ders., Achim von Arnim und Jakob und Wilhelm Kurzbiografie, verfasst von Brita Reimers: Grimm, Stuttgart und Berlin 1904 http://www.hamburg.de/clp/frauenbiografien-schlagwo rtregister/clp1/hamburgde/onepage.php?BIO- Ders., Achim von Arnim und Bettina Brentano, Stuttgart ID=3208&strasse=2982 1913. Forschung

Ders., Achim von Arnim und die ihm nahe standen, 2 Im Kontext der Forschung der Liedästhetik der Goethe- Bde. Stuttgart 1913. zeit und der Quellenerforschung zur Frühromantik ist im- mer wieder auf Louise Reichardt hingewiesen worden. Ders., Die Familie Reichardt und die Brüder Grimm, in: Walter Salmen hat im Rahmen seiner Forschungen über Euphorion Nr. 15, 1923, S. 15–54. Johann Friedrich Reichardt auch Louise Reichardts Schaffen gewürdigt. Renate Moering verdankt die For- Stephenson, Kurt, Musikalisches Biedermeier in: Ham- schung eine ausgiebige Untersuchung zum Verhältnis burg, in: Beiträge zur Hamburgischen Musikgeschichte, Louise Reichardts zu Achim von Arnim anhand, das sie Hamburg 1956. anhand der überlieferten Briefe aufgearbeitet hat. Im Rahmen der Frauenforschung ist Louise Reichardts Varnhagen von Ense, Karl August (Hg.), Rahel, ein Buch Schaffen besonders von Eva Weissweiler und in jüngerer des Andenkens für ihre Freunde, 3. Bd. Berlin 1833/34. Zeit von Iris Boffo-Stetter untersucht worden. Einige autografe Briefe Louise Reichardt befinden sich Weber, H. Artikel „Luise Reichardt“, in: Neujahrsge- im Besitz des Freien Deutschen Hochstiftes, deren Kata- schenk der Allgemeinen Musik-Gesellschaft 68, Zürich log 2003 erschienen ist (siehe Quellen). Insbesondere 1880, S. 175ff. Walter Salmen und Renate Moering haben in jüngerer Zeit wichtige Publikationen über Louise Reichardt veröff- Weissweiler, Eva, „Juliane Reichardt und die Komponis- entlicht und einzelne Aspekte näher beleuchtet. tinnen der Berliner Liederschule (Corona Schröter und

– 11 – Reichardt, Louise

Forschungsbedarf

Ihre Rolle innerhalb der Hamburger Musikgeschichte zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist bisher noch nicht umfas- send gewürdigt worden. Weitere möglicherweise in Ham- burger und Berliner Archiven befindliche Quellen könn- ten Aufschluss über ihre Rolle bei der Gründung der Sing-Akademie geben und ihre Kontakte zu den Mitglie- dern der Berliner Sing-Akademie, insbesondere zu Carl Friedrich Zelter näher beleuchten. Ebenso steht eine eingehende Analyse aller Lieder Loui- se Reichardts im Spannungsfeld von zweiter Berliner Lie- derschule und frühromantischer Subjektivierung und pie- tistischer Frömmigkeit noch aus.

Normdaten

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Autor/innen

Ellen Freyberg

Bearbeitungsstand

Redaktion: Ellen Freyberg Zuerst eingegeben am 27.03.2012

mugi.hfmt-hamburg.de Forschungsprojekt an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg Projektleitung: Prof. Dr. Beatrix Borchard Harvestehuder Weg 12 D – 20148 Hamburg

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