IT’S FUNNY, CAUSE IT’S TRUE

Humor in US-amerikanischen und deutschen Comedy-Serien als Spiegel gesellschaftlich- kultureller Strukturen im Unterhaltungsfernsehen

Masterarbeit

zur Erlangung des Mastergrades an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg am Fachbereich für Kommunikationswissenschaft

Gutachter: Dr. Sascha Trültzsch-Wijnen

eingereicht von Kathrin Brandstetter

Salzburg, 26. August 2014

Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

DANKSAGUNG

"A lot of people come up here and thank Jesus for this award. I want you to know that no one had less to do with this award than Jesus." Kathy Griffin, Emmy Acceptance Speech 2007

Tja. Betrachtet man die Finalisierung dieser Masterarbeit als einen Fernsehaward, könnte ich ebenfalls behaupten, dass Jesu Anteil daran relativ gering ausfällt. Gott sei Dank kenne ich aber einige Menschen, die für mich eine Art „Jesus-Funktion“ in dieser Phase übernommen haben. Die Menschen, denen Dank für ihre tatkräftige und/oder moralische Unterstützung beim Schrei- ben dieser Masterarbeit gebührt, sollen diesen hier in aller Form erhalten. Zuallererst möchte ich meinen Eltern danken, ohne die ich nie in den Genuss gekommen wäre, eine Masterarbeit mit 403.673 Zeichen zu schreiben. Sie haben mir die Türen zu meinem Studium geöffnet und mir den Weg in eine Zukunft geebnet, in der ich bei der Arbeit sogar Spaß haben kann. Ihr Interesse für mein Studium und letztendlich die Finalisierung meiner Arbeit haben mich stets motiviert. Mama, ich hab schon 159 Seiten. Papa, ich bin stolz, dass ich nun endlich eine Antwort auf deine verlässlich wiederkehrende Frage habe: Ja, ich bin fertig. Dass ich diesen Satz nun endlich laut und öffentlich aussprechen kann, habe ich außerdem noch zwei anderen Menschen in meinem Leben zu verdanken. Elke und Peter sind die „Monica und Chandler“ in meiner ganz persönlichen „Friends“-Sitcom. Ihre großartige Hilfe, vor allem in der kräfteraubenden, durch steigendes Schlafdefizit stimmungsvariablen Endphase des Schreibens, hat die Finalisierung meiner Arbeit in ihrer potenziellen Bestform möglich gemacht.

Mein Dank aus vollstem Herzen gebührt auch den vielen Menschen, die mein Studium zu einem wunderbaren Lebensabschnitt gemacht haben, auf den ich immer voller Freude und mit einem Hauch von Wehmut zurückblicken werde, allen voran Kathi, Tanja und Chrisi.

I Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Hiermit versichere ich, Kathrin Brandstetter, geboren am 8. 8. 1990 in Linz, dass ich die Grund- sätze wissenschaftlichen Arbeitens nach bestem Wissen und Gewissen eingehalten habe und die vorliegende Masterarbeit von mir selbständig verfasst wurde. Zur Erstellung wurden von mir keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel ver- wendet. Ich versichere, dass ich die Masterarbeit weder im In- und Ausland bisher in irgendei- ner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe und dass diese Arbeit mit der dem Begutachter vor- gelegten Arbeit übereinstimmt.

Salzburg, am 26. August 2014

______Kathrin Brandstetter Matrikelnummer 0820483

II Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

KURZFASSUNG

Die vorliegende Masterarbeit widmet sich dem Zusammenhang zwischen der Erzeugung von Humor in TV-Comedyserien und den kulturell-gesellschaftlichen Strukturen sowie Humorkultu- ren ihrer Entstehungsländer. Untersuchungsgegenstand ist hierfür zum einen "Türkisch für An- fänger" aus Deutschland und zum anderen das US-amerikanische Format "". Nach den grundlegenden Begriffsdefinitionen von Humor und Kultur und der Einbettung dieser Untersuchung in den aktuellen kommunikationswissenschaftlichen Forschungsstand wird deren theoretisches Fundament aus den Bereichen der Humortheorien sowie der Cultural Studies ge- bildet: Die verschiedenen Entstehungsweisen und Funktionen von Humor sind für das Erkennen, Nachvollziehen und Interpretieren der ausgewählten Handlungssequenzen aus den Comedyse- rien wertvoll. Die von Hofstede aufgestellten und im Rahmen des Forschungsprojekts GLOBE weiterentwickelten Kulturdimensionen dienen einerseits der Einordnung der inhaltlichen The- men der Comedyserien (wie z.B. Migration, Sexualität, Toleranz oder Erziehung) in die Kulturen ihrer Produktionsländer, andererseits auch dem Vergleich zwischen den beiden Serien bzw. Kulturen. Die Autorin stützt sich dabei auf die kommunikationswissenschaftlichen Methoden von Mikos, Korte und Trültzsch und entwickelt in ihrer kontextualisierten Inhaltsanalyse eigene Kate- goriensysteme und Analysebögen, welche sowohl die Mikrostrukturen in humorvollen Szenen herausarbeiten, als auch deren Makroebene als Bezugsrahmen zu übergeordneten Themen und zum kulturellen Kontext miteinbeziehen. Es zeigt sich, dass auf der einen Seite die verarbeiteten Themen und die Art und Weise der Hu- morgenerierung in den Comedyserien Rückschlüsse auf die Kultur der Produktionsländer zulas- sen; auf der anderen Seite ermöglichen die kulturellen Hintergründe der Produktion und Rezep- tion erst die Generierung von Komik als funktionierenden Kommunikationsprozess. Die Master- arbeit bestätigt hier den wechselseitigen Zusammenhang zwischen einer Gesellschaft und ihres Medienprodukts und zeigt insofern, wie sich eine Kultur durch den Humor in Comedyserien aus- drücken kann.

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ABSTRACT

This master thesis discusses the relationship between the generation of humor in television comedy series, and the social and cultural structures in the countries in which they were pro- duced. The two sitcoms "Modern Family" from the US and "Türkisch für Anfänger" from Germa- ny were chosen as testing objects. After defining the terms 'humor' and 'culture', and the embedding of this work into an actual communication study, its theoretical foundation is based on humor theories and cultural studies. The miscellaneous functions and generations of humor help to identify, understand and interpret the selected scenes of the sitcoms. The cultural dimensions, established by Hofstede and advan- ced by the GLOBE project allow a classification of the sitcoms' topics, such as migration, sexua- lity, tolerance or education, into the cultures of their production countries, as well as a compari- son between both sitcoms respectively between both cultures. This study leans on proven me- thods of communication science by Mikos, Korte and Trültzsch, and develops its own analytical categories and spreadsheets, which emphasises the microstructures in humorous scenes, and also includes their macrolayers to connect to superior topics and cultural contexts. It is shown that the occuring topics and the way of generating humor in the two chosen sitcoms informs conclusions about the German and American cultures; whereas the cultural back- grounds of both the production and the reception side enable the generation of humor as a func- tioning process of communication between both sides. Therefore the master thesis confirms the interaction between a society and its media product, and indicates how a culture can express itself through humor in sitcoms.

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INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG 1

2 FORSCHUNGSSTAND 5

2.1 Zum Verhältnis von Kultur – Humor - Medien 6 2.1.1 Humor und Kultur 8 2.1.2 Humor und Medien 16 2.2 Situation Comedies 22 2.2.1 Historischer Abriss – Comedy im Wandel 24 2.2.2 Die Entstehung der Sitcom 26 2.2.3 Zur Entwicklung von Comedy-Serien im US-amerikanischen und deutschen Fernsehen 27

3 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 29

3.1 Humortheorien 29 3.1.1 Überlegenheits- und Aggressionstheorien 30 3.1.2 Inkongruenztheorien 32 3.1.3 Entspannungs- und Abfuhrtheorien 35 3.1.4 Humorfunktionen 36

3.2 Cultural Studies 38 3.2.1 Kulturtypologien 44 3.2.2 Vergleich der deutschen und US-amerikanischen Kultur 49

4 METHODIK 53

4.1 Analysedimensionen komischer Strukturen 54 4.1.1 Komische Mikrostrukturen 54 4.1.2 Komische Makrostrukturen 56 4.2 Die Methoden der Film- und Fernsehanalyse – ein Überblick 58 4.2.1 Film- und Fernsehanalyse nach Lothar Mikos 61 4.2.2 Filmanalyse nach Helmut Korte 64 4.3 Methode zur kontextualisierten Analyse 66 4.3.1 Vergleichsfolie Deutscher Humor 66 4.3.2 Vergleichsfolie US-amerikanischer Humor 69 4.4 Analyseschema 70

V Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

5 DIE ANALYSE 75

5.1 Modern Family 76 5.1.1 Die Figuren – „Modern Family“ 76 5.1.2 Die Analyse – „Modern Family“ 77 5.2 Türkisch für Anfänger 92 5.2.1 Die Figuren – „Türkisch für Anfänger“ 92 5.2.2 Die Analyse – „Türkisch für Anfänger“ 93 5.3 Vergleichende Analyse im kulturellen Kontext 104 5.3.1 Themen und kulturell-gesellschaftliche Strukturen 105 5.3.2 Serienvergleich anhand der Themenstruktur 107 5.3.3 Einordnung der Themen in Kulturdimensionen 110

6 FAZIT UND AUSBLICK 113

7 BIBLIOGRAPHIE 115

8 FILMOGRAPHIE 122

8.1 Modern Family 122

8.2 Türkisch für Anfänger 123

8.3 Diverse 123

9 ANHANG 124

VI Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

1 EINLEITUNG

„It’s funny, cause it’s true!“ – Wie kann etwas lustig sein, nur weil es wahr ist? Der Titel dieser Arbeit ist nicht nur ein Zitat der Serienfigur Sheldon Cooper aus „The Big Bang Theory“, son- dern fasst die Grundannahme der folgenden Untersuchung in einem Satz zusammen. Ein Satz, der gleichzeitig auch einen Kausalzusammenhang zwischen dem, was komisch ist, und dem, was wahr ist, konstituiert. „Wahrheit“ ist in diesem Sinn als eine Art von Wissen zu verstehen, das von beiden Polen des Kommunikationsprozesses, Sender und Empfänger, geteilt werden muss. Das Beispiel aus „The Big Bang Theory“ soll dieses Prinzip verdeutlichen: Der Raumfahrtingeni- eur Howard Wolowitz bekommt den Auftrag, die von ihm entwickelte Raumfahrt-Toilette zu re- parieren, die sich im defekten Zustand in einem Space Shuttle im All befindet. Soviel sei gesagt: Dem Problem mit der Toilette liegt die Schwerelosigkeit der Raumstation zugrunde. Howard entwickelt daraufhin panisch eine Anleitung und schlägt der NASA einen Lösungsweg vor. Kurz darauf bekommt er einen Anruf:

Howard: Yes, sir, I understand classified. We’ll keep it all classified, no one has to know but you and me. Penny: What’s classified? Leonard: Howard’s space toilet. I’ll tell you later. Howard: Well, they’ve deployed our solution. Let’s just all hope it works. Sheldon: I don’t see why I have to worry. My career’s not hanging in the balance. That was a joke. It’s funny, because it’s true.

(The Big Bang Theory/S02/E22, Online, 19.8.2014)

„My career’s not hanging in the balance“, meint Sheldon mit vielsagendem Blick. Howards Karri- ere hängt durch den Schaden an einer seiner Entwicklungen in der Schwebe – genauso wie seine defekte Raumfahrt-Toilette. In deutscher Sprache würde man diesen Satz als „im wahrsten Sinne des Wortes“ bezeichnen, allerdings funktioniert die Übersetzung vom Englischen ins Deutsche – vor allem im Hinblick auf den Wortwitz – nicht immer so reibungslos. Sieht man sich eine US-amerikanische Sitcom zuerst in ihrer synchronisierten Fassung und dann in engli- schem Originalton an, stellt man oft fest, dass bestimmte Gags und Pointen nicht verstanden werden oder verloren gehen. Dies liegt nicht nur an der sprachlichen Differenz, sondern auch an verschiedenen, kulturell bedingten Interpretationsweisen. Texte können unterschiedlich aufge- fasst werden – nicht nur aus intersubjektiver Sicht zwischen Individuen, sondern auch auf höhe-

1 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 rer Ebene. Was eine Gesellschaft als „wahr“ anerkennt und akzeptiert, ist ein Produkt ihrer Ge- schichte, ihrer Traditionen und damit ihrer Kultur. Verschiedene Kulturen definieren ihre eigenen Wahrheiten – ihre Normen, Werte und Regeln, die ihren Menschen Glauben, Sicherheit und eine Idee vom Leben geben. Durch die Globalisierung und eine immer enger vernetzte Welt sind Kennzeichen und Strukturen einer Kultur ständigen Veränderungen ausgesetzt und haben star- ken Prozesscharakter. Aus diesem Grund ist Kultur in all ihren Ausprägungen und Erschei- nungsformen, wie zum Beispiel als Medium für Kommunikation, als gesellschaftlich und kommu- nikationswissenschaftlich relevant einzustufen.

Alle diese Bewegungen führen zu kulturellen Veränderungen, zu Anpassungen, zu Modi- fikationen im Leben und in den Identitäten bei den Menschen, die mit diesen Einflüssen umgehen müssen. Daraus resultiert ein hoher Bedarf an Kulturanalysen – nicht nur für die Wissenschaft. (Herdin/Luger 2008, 4)

Komik, die sich explizit auf den kulturellen Kontext des Produktionslandes einer Sitcom bezieht, kann in anderen Ländern oft nicht als solche identifiziert werden. Simpel ausgedrückt kann es durch kulturelle Unterschiede vorkommen, dass der/die deutsche FernsehzuschauerIn so man- che Komik in US-Serien nicht verstehen kann und umgekehrt. Der hier implizierte Zusammenhang zwischen Medien und Gesellschaft ergibt sich über den wechselseitigen Informationsfluss, der zwischen den beiden Systemen stattfindet. Darüber hin- aus beinhaltet diese Beziehung auch eine gegenseitige Einflussnahme. Nicht nur durch die klas- sischen Informationsmedien wird ein Mehrwert zugunsten der Gesellschaft generiert, sondern auch im Bereich der Unterhaltungsmedien konnten vielfältige Funktionen herausgefiltert werden, die als gesellschaftlich relevant gelten. Ob nun zur Bewältigung von Alltagssituationen, zur fei- erabendlichen Entspannung vor dem Fernseher oder auch zur Nutzung als eine Art Ratgeber – das Spektrum an Unterhaltungsformaten und wie sie von der Gesellschaft genutzt werden, ist ein sehr breites.

Besonders im Genre der Situation Comedies stieg die Dichte der verschiedenen Angebote in den letzten Jahren merklich an. US-amerikanische Importe sowie auch eigene Serienproduktionen boomen am deutschen Fernsehmarkt. Nicht nur Adaptionsformate wie „Stromberg“ (D) und „The Office“ (GB, US) oder „Verliebt in Berlin“ (D) und „Ugly Betty“ (US), sondern auch ursprünglich in Deutschland entstandene Produktionen finden, oft in Verbindung mit gesellschaftlich relevan- ten und teilweise auch brisanten Themen, ihren Platz im Fernsehprogramm der deutschen TV- Sender.

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So werden beispielsweise Migrationsproblematiken in der Serie „Türkisch für Anfänger“ aufge- griffen, in der durch den Zusammenschluss einer türkischen und einer deutschen Familie mas- senhaft Zündstoff erzeugt wird. Die explosive Mischung wird zur humorvollen Darstellung einer grundsätzlich seriösen Problematik: einerseits durch das Spiel mit Klischees und andererseits durch die Einbettung der Handlungskonflikte in für das Zielpublikum nachvollziehbare Alltagssi- tuationen der Familie. Ähnlich verhält es sich in der US-amerikanischen Serie „Modern Family“. Wie im Titel angedeutet, liefert auch in diesem Fall die ungewöhnliche Familienzusammenset- zung den Ursprung der meisten Konflikte, sprich: den dramaturgischen Rahmen. Hier werden neben der Migrationsproblematik mit den „Hispanics“, den lateinamerikanischen Immigranten in den Vereinigten Staaten, auch Themen wie Homosexualität und Adoption bereits in der Figuren- konstellation verankert. Was kann uns die audiovisuelle Verarbeitung solcher Themen über den kulturellen Entstehungs- kontext der Sitcom verraten? Ob und welche Rückschlüsse lassen sich durch die Anwendung verschiedener komikerzeugender Mittel auf die Kultur ziehen? Diese und ähnliche Fragen bilden die Ausgangsüberlegungen für diese Untersuchung. Konkret soll die nachfolgende Analyse zei- gen, in welcher Weise kulturell-gesellschaftliche Strukturen für die Komikerzeugung in einer Sitcom genutzt werden. Dieses Vorhaben verlangt aber vorerst die Spezifikation und Definition verschiedener Begriff- lichkeiten. Was sind kulturell-gesellschaftliche Strukturen? Was ist Humor? – All diese Fragen werden in der Masterarbeit zuerst aus theoretischem Blickwinkel im Kapitel zum aktuellen For- schungsstand erläutert. Danach wird die Perspektive auf den Begriff „Humor“ noch einmal er- weitert, um eine theoretische Fundierung der verschiedenen Entstehungsweisen, Dimensionen und auch Funktionen von Humor aufzuzeigen. Dieses Wissen ist für das Verständnis und vor allem auch das Erkennen und die Interpretation relevanter Handlungssequenzen in den Sitcoms wertvoll. Mit Hilfe der Cultural Studies wird versucht, eine Beziehung zwischen der Kultur des jeweiligen Produktionslandes der Sitcom und ihrer Inhalte herzustellen. Die Arbeit soll zeigen, dass in der Art und Weise, wie gesellschaftlich relevante Themen aufgebarbeitet werden, ein starker Zusammenhang mit dem kulturellen Hintergrund der Gesellschaft besteht. Bereits im alltäglichen Sprachgebrauch werden oft unbewusst kulturelle Unterschiede aufge- zeigt, wenn es um Humor geht. Da ist die Rede von deutschem, amerikanischem, britischem oder österreichischem Humor – aber was tatsächlich ist nun „deutscher“ und was „amerikani- scher“ Humor? Zu zeigen, wie sich eine Kultur durch die Komik in Situation Comedies ausdrü- cken kann, ist das Ziel der Masterarbeit. Dazu werden zwei ausgewählte Sitcoms auf inhaltlicher Ebene und im Kontext der jeweiligen Kultur in Beziehung zu gesellschaftlich relevanten, kritischen Themen gesetzt. Mittels einer in-

3 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 haltsanalytischen Vorgehensweise wird versucht, einen Zusammenhang zwischen der Komikge- nerierung in Sitcoms und ihren kulturellen Produktionsbedingungen nachzuweisen.

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2 FORSCHUNGSSTAND

Um der Forschungsfrage in dieser Untersuchung ihre Berechtigung zu geben, muss zuallererst eine Beziehung zwischen Kultur und Medien vorausgesetzt werden. Krotz (2001) behandelt ebendiesen Zusammenhang in seinem Text „Die Mediatisierung kommunikativen Handelns. Der Wandel von Alltag und sozialen Beziehungen, Kultur und Gesellschaft durch die Medien“. Auch Hepp und Winter (2008) befassen sich intensiv mit dem Verhältnis von Kultur, Medien und Macht bzw. der Anwendung der Cultural Studies als Medienanalyse. Den Startschuss für eine Vielzahl von empirischen Rezeptionsstudien – vor allem im Bereich Fernsehen – gab Stuart Hall mit seinem Encoding/Decoding Modell (vgl. Hepp/Winter 2008, 9). Diese Untersuchungen beschäftigen sich hauptsächlich mit der Frage, wie sich RezipientInnen Medien in ihrem alltäglichen Kontext aneignen: „Without context, the code is incomplete since it encompasses only part of the message“ (Hall 1976, 86). Bevor diese allgemeine Beziehung zwischen Kultur und Medien in Bezug auf die Forschungsfra- ge der Masterarbeit konkretisiert wird, bedarf es noch einer zentralen Begriffsklärung. Kultur zu definieren ist ein relativ komplexes Vorhaben, da die Vielschichtigkeit des Phänomens kaum in einen Textabsatz zu verpacken ist. Die Versuche reichen von kurzen Definitionen wie „the way in which a group of people solves problems and reconciles dilemmas“ (Trompenaars/Hampden- Turner 2004, 6) oder „the collective programming of the mind“ (Hofstede 2006, 9) bis hin zu umfangreichen Definition wie beispielsweise nach Thomas (1993, 380):

Kultur ist ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typi- sches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbo- len gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahr- nehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder und definiert somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein für die sich der Gesellschaft zugehörig fühlenden Individuen spezifisches Handlungsfeld und schafft damit die Voraussetzungen zur Entwicklung eigenständiger Formen der Umwelt- bewältigung.

Diese Masterarbeit schließt sich der Definition nach Thomas (1993) an, da alle in diesem Kontext bedeutsamen Punkte darin enthalten sind. Zusätzlich wird der allgemeine Kulturbegriff im nach- folgenden Unterkapitel anhand des hier besonders relevanten Humoraspekts noch einmal kon- kretisiert.

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2.1 Zum Verhältnis von Kultur – Humor - Medien

Nicht nur der Begriff Kultur verlangt nach einer ausführlichen Beschreibung, sondern auch der Kontext soll, seiner häufigen Verwendung entsprechend, ausreichend erörtert werden. Das Kul- turmodell von E.T. Hall eignet sich gut für diesen Zweck, da er die Betrachtungsweise von Kultur rund um den Faktor Kontext aufbaut. Er definiert dabei zwei kontextuelle Sphären, in denen ein Informationsfluss, beziehungsweise Kommunikation stattfinden kann – den High context und den Low context (vgl. Hall 1976, 91). In HC-Kulturen nimmt der Kontext einen wesentlich höheren Stellenwert ein als in LC-Kulturen. Nordamerika zählt er beispielsweise zu LC-Kultur, während China klar auf Seiten der HC-Länder einzuordnen ist. In HC-Kulturen wird vieles für Selbstver- ständlich genommen und Unausgesprochenes implizit vorausgesetzt. Der kontextuelle Bezug der Kommunikation ist hier sehr stark. Niedriger ist er in LC-Kulturen, wo im Kommunikationspro- zess möglichst viele und detailgetreue Informationen vermittelt werden wollen, um sich dem Gegenüber verständlich zu machen. Diese Informationen werden in HC-Kulturen oft schon vo- rausgesetzt. Sie haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit, äußern sich in Tradition, Bräuchen, der Kommunikation und dem Verhalten der Individuen, verändern sich nur langsam und wirken aus diesem Grund hochgradig stabilisierend. Die meisten europäischen Länder gelten als eine Art Mischform dieser beiden Kontexte.

A high context (HC) communication or message is one in which most of the information is either in the physical context or internalized in the person, while very little is the coded, explicite, transmitted part of the message. A low context (LC) communication is just the opposite; i.e., the mass of the information is vested in the explicite code. (Hall 1976, 91)

Susanne Schäfer (1996) bezieht die Unterteilung von Hall in high und low context auf ihre Unter- suchung komischer Texte. Da auch filmische Produkte in ihrem ursprünglichen Zustand als Textform auftreten, liegt hier eine ähnliche Betrachtung nahe. Universelle und kulturell weitge- hend unabhängige Texte, die ihre Inhalte vermitteln können, ohne viel Wissen um den Kontext vorauszusetzen, sind per definitionem Low-Context-Texte. Im Gegensatz dazu können die meis- ten komischen Texte aber als High-Context bedingt bezeichnet werden, da sie in diesem Fall als eine Art Kulturträger fungieren (vgl. Schäfer 1996, 136). Sie stellen das „historische, soziale und geographische Hintergrundwissen bereit und übernehmen daher in der interkulturellen Kommu- nikation die Funktion eines Kulturvermittlers“ (ebd.)

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Dieses Conclusio bezieht sich auf den Kern des hier vorliegenden Forschungsinteresses. Das komische Potenzial von Inhalten wird erst genutzt, wenn das konkrete oder situative Kontext- wissen vorhanden ist, wobei Schäfer an dieser Stelle betont, dass textsortenspezifische Unter- schiede zu bedenken sind. Jedes Genre, jede Gattung und jedes Format hat eigene Regeln, Kennzeichen und Merkmale, wodurch sie sich nicht nur formal voneinander unterscheiden, son- dern zum Beispiel auch komische Elemente anders verarbeiten und ausdrücken. Aus diesem Grund wäre es zum Beispiel schwierig, ein Werk aus der deutschen Lyrik mit einer tatsächlichen Komödie, also einem dramatischen Werk, zu vergleichen. Die Regeln der jeweiligen Kunst sind völlig verschieden – alleine schon was den Aufbau, den Schreibstil und die Textstruktur allge- mein betrifft. In diesem Fall gäbe es so viele Ebenen, auf denen Unterschiede zwischen den un- tersuchten Objekten festgestellt werden könnten, dass man den Überblick verlieren würde. Aus diesem Grund beschränkt sich diese Arbeit rein auf den kulturellen Aspekt eines komischen Textes, was wiederum die Vergleichbarkeit der Untersuchungsobjekte voraussetzt. Dafür müs- sen sie in ihrem formalen Aufbau ähnlich sein, um die relevanten Unterschiede besser identifi- zieren und benennen zu können. Das Prinzip ist simpel: Vergleicht man zwei Gegenstände mit vielen Gemeinsamkeiten aber einem Merkmal, das sie voneinander unterscheidet, erschließt sich dieses Merkmal dem Betrachter von außen viel deutlicher, als in der Analyse zweier komplett verschiedener Gegenstände, die nur wenig gemeinsam haben. In diesem Fall wäre das Potenzial, sich erkenntnistheoretisch zu verlaufen und als Ergebnisse lediglich eine oberflächliche Be- trachtung zwar vieler, aber nicht ausreichend untersuchter, Aspekte vorzulegen, im Kontext einer Masterarbeit sehr groß. „Das Verständnis für das Komische ist also oft eine gesellschaft- lich determinierte Leistung, die stark an den räumlichen und zeitlichen Kontext gebunden ist, der wiederum untrennbar mit der jeweiligen Kultur verquickt ist.“ (Schäfer 1996, 136). Best (1994, 10) bezeichnet Humor allgemein als „Sinn für das Komische“. Wie diese Beschrei- bung bereits andeutet, ist der Humor damit im „Sinnbezirk der Komik“ (Rißland 2002, 17) zu ver- orten. Der Begriff des Humors hat sich, wie die Vielfältigkeit des Phänomens bereits impliziert, fortlaufend verändert. Der Terminus „Humor“ fasst laut Preisendanz (2000, 100) alle Spielarten des Komischen zusammen. Knop formuliert zwei Interpretationsmöglichkeiten dieser Definition: Einerseits als spezifischer Modus der Kommunikation und andererseits als eine „das Weltver- hältnis bestimmende individuelle Einstellung“ (Preisendanz 2000, 100; zit. n. Knop 2007, 72).

So kann Humor mit Bezug auf (massen-)kommunikative Interaktion als Bereitschaft oder Neigung eines Individuums oder einer Gruppe von Menschen angesehen werden, von ei- nem ernsthaften Modus (Bona-Fide-Modus) in einen unernsten Modus (Non-Bona-Fide- Modus) zu wechseln. (Knop 2007, 73)

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An dieser Stelle ist weiters zu klären, wie die Begriffe Humor und Komik zueinander stehen und welches Humor- bzw. Komikverständnis dieser Arbeit zugrunde liegt. Dazu berufe ich mich auf Brock (1998, 69) und Lambernd (1998, 26), die beide Termini – Humor und Komik – gleichsetzen und folglich auch synonym verwenden. Preisendanz (2000, 100) schließt sich dieser Gleichset- zung an, da heute beide Begriffe „unterschiedslos“ (ebd.) auf alle Phänomene angewendet wer- den, die Lachen auslösen. Humor und Komik sind in dieser Arbeit demnach gleichbedeutend zu verstehen, wobei sich die Begriffe ausschließlich auf die Produktionsseite beziehen – den „ko- mischen Kommunikat“ (Knop 2007, 73). Die kommunikative Theorie des Humors nach Lynch (2002) besagt, dass Humor als kommunikativer Prozess betrachtet werden muss. Humor ist die Botschaft, die innerhalb des sozialen Kontextes interpretiert wird, „which takes into account the social context and functional role of humour within that context“ (ebd., 430). Ist die Rede von sozialem Kontext, stellt sich an dieser Stelle im Hinblick auf das Forschungsin- teresse dieser Arbeit die Frage, welche kontextuellen Rahmenbedingungen durch kulturelle Fak- ten bestimmt werden. Wie Komik und Kultur zusammenhängen, soll im folgenden Unterkapitel näher erörtert werden. „Dabei wird davon ausgegangen, dass Humor Teil des kulturellen Kapi- tals ist und zudem für das verstehen [sic!] immer der soziale Kontext notwendig ist.“ (Prommer 2012, 139)

2.1.1 Humor und Kultur

Es lässt „sich nichts Entgegengesetzteres auffinden, als die Dinge, worüber die Menschen la- chen“ (vgl. Hegel 1978, 35). Dass Missverständnisse und Schwierigkeiten auftreten können, wenn Humor zeitliche und kulturelle Grenzen überschreitet, stellt sich als Binsenwahrheit dar, die gemeinhin intuitiv als wahr anerkannt wird (vgl. Schäfer 1996, 35). Eine diachronische Be- trachtung der Sprache bringt eine stetige Veränderung der Auffassung vom Komischen mit sich.

Auf synchronischer Ebene fallen die unterschiedlichen Ausformungen und Auffassungen des Komischen zwischen Kulturen, Nationalitäten, ethnischen, regionalen und sozialen Gruppen auf. Was binnenkulturell eindeutig und wie selbstverständlich als komisch ver- stehbar ist, ist es auf interkultureller Ebene plötzlich nicht mehr. (ebd.)

Schäfer spricht nicht nur die kulturellen Unterschiede in der Beschaffenheit des Komischen an, sondern weist auch auf bestimmte dominierende Lachthemen in einer Kultur hin:

8 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

Über die Dominanz eines oder mehrerer Lachthemen können kultur- und epochenspezi- fische Besonderheiten erschlossen werden. Die komische Praxis spiegelt mehr oder weniger die sozio-kulturellen Systeme wider, in denen sie entsteht. Sie ist Ausdruck ih- rer Kultur insofern als sie von ihr hervorgebracht wird und sie gleichzeitig reflektiert. (Schäfer 1996, 35)

Der Zusammenhang zwischen Humor und Kultur bildet ein grundlegendes Prinzip dieser Arbeit. Auch Lynch (2002, 434) fasst eine Vielzahl an Studien zusammen, die zu dem Ergebnis kommen, dass Humor in einer starken Beziehung zum jeweiligen kulturellen Kontext steht. „Dieses Kon- textwissen ist in der interkulturellen Kommunikation die entscheidende Rezeptionsschwelle bei komischen Texten.“ (Schäfer 1996, 133). Wichtig ist an dieser Stelle eine ergänzende Bemerkung zum Kulturbegriff. Im Folgenden sollen die Wechselwirkungen zwischen Komik und Kultur dargestellt werden, unabhängig davon, in welcher Größenordnung Kultur definiert wird. Eine Unterscheidung von Kulturen kann großflä- chig, wie z.B. zwischen den Kontinenten Afrika und Asien, und im kleinen Rahmen, wie bei- spielsweise zwischen ethnischen Gruppen innerhalb eines Staates, getroffen werden. Um einen Zusammenhang zwischen Humor und Kultur allgemein zu verdeutlichen, ist eine Eingrenzung des Kulturbegriffs an dieser Stelle hinderlich, da bei einer differenzierteren Betrachtungsweise des Begriffs zahlreiche relevante Aspekte außer Acht gelassen würden. Für den empirischen Teil der Arbeit wird die Diskussion um den Kulturbegriff noch einmal aufgegriffen und der Ter- minus anschließend auch in spezifischerer Form verwendet. „Schon seit 300 Jahren ist man sich der Probleme des interkulturellen Transfers des Komischen bewusst, und man ist sich dar- über im klaren, dass das Komische in anderen Kulturkreisen anderen Produktions- und Rezepti- onsbedingungen unterliegt.“ (ebd., 35). Der Philosoph Carl F. Flögel (1784, 133) nennt in seiner „Geschichte der komischen Literatur“ mehrere Faktoren, die Einfluss auf die Wahrnehmung von Komik haben können: Alter, Gesund- heit, Gemütsverfassung, Leidenschaften, Klima, Bildung und Erziehung, sozialer Stand und rela- tiver Wohlstand. Der Mensch kann prinzipiell nur über etwas lachen, wovon er Kenntnis hat, womit wiederum die kulturelle Bedingtheit von Komik andeutet wird (vgl. ebd.).

Den Hang zum Komischen findet man bey allen Nationen alter und neuer Zeiten; sie mö- gen kultivirt seyn, oder nicht; nur machen Religion, Staatsverfassung, Erziehung, Sitten, Gebräuche, Gelehrsamkeit und Geschmack tausend Schattierungen, die nicht allemal leicht zu entwickeln sind. (ebd.)

9 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

Flögel setzt sich schon sehr bald mit einem kulturvergleichenden Ansatz von Humorforschung auseinander. Dabei betont er die verfälschte Wahrnehmung bei einer Betrachtung des Gegen- stands von außen. Eine objektive Beurteilung des Komischen ist seiner Ansicht nach auf diese Weise kaum möglich. Im Fall dieser Untersuchung handelt es sich um einen Vergleich zwischen US-Amerika und Deutschland. Die Autorin dieser Arbeit kommt zwar aus dem europäischen, genau gesagt aber aus dem österreichischen Kulturkreis. Insofern wird auf beide Vergleichsobjekte eine Außenper- spektive geworfen. Da es in diesem Fall vor allem um nationalkulturelle Spezifika geht, können Deutschland und Österreich hier nicht als mitteleuropäische Humorkultur in einen Topf gewor- fen werden. Das eigene Humorempfinden der Autorin und seine Abhängigkeit vom Humorkon- text Österreich beeinflussen die Beurteilung der deutschen und US-amerikanischen demnach nicht. Da es unabhängig vom kulturellen Kontext aber auch noch individuelle Präferenzen in der Humorwahrnehmung gibt, wurde im Kapitel zur Beschreibung der Methodik ein intersubjektiv nachvollziehbarer Kriterienkatalog aufgestellt, anhand dessen die untersuchten Inhalte als witzig oder nicht eingestuft werden können. Charles Baudelaire skizziert das an einem Beispiel der Inderin Virginie, die aus ihrer naturbelas- senen Heimat ins chaotische, übelriechende Paris reist. Beim Palais Royal entdeckt sie eines Tages in einem Schaufenster eine Karikatur, die die Pariser zum lauthalsen Lachen brachte. Rein hypothetisch müsste Virginie laut Baudelaire entsetzt sein von dem, was sie im Schaufenster sah. Nachdem sie aber einige Zeit in Paris verbracht und sich angepasst hatte, stellte sich auch bei ihr das von Hobbes beschriebene Gefühle der Überlegenheit ein. Dies würde Virginie dann ähnlich den Parisern zum teuflischen Gelächter verleiten. Diese Formulierung impliziert eine Einstellung zum Thema Humor, die jener der griechischen Philosophen ähnelt. Das vordergrün- dige Motiv ist Überlegenheit und/oder Schadenfreude, welches das Lachen zu einer moralisch verwerflichen Angewohnheit des lasterhaften Menschen macht. Für Baudelaire stellt das schlussendliche Amusement von Virginie nicht die Überwindung einer kulturellen Differenz, sondern schlichtweg die Korrumption des Unschuldigen dar. Paris hat das Mädchen in diesem Sinne verdorben, so dass sie sich nun auch dem satanischen Gelächter hingeben kann. Nimmt man von dieser moralisch-theologischen Perspektive Abstand und betrachtet das Phänomen wissenschaftlich, so entwickelt Virginie während ihrer Zeit in Paris eine Anpassungsstrategie, um das Leben dort bewältigen zu können. Mit dem Kennenlernen einer Kultur wächst auch das Wissen um die Kontexte, die für ein Humorverstehen an diesem Ort notwendig ist. Humor zu verstehen, ist demnach ein Zeichen dafür, eine Sprache und/oder Kultur auf sehr hohem Niveau zu beherrschen (vgl. Hall 1990, 56).

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Avner Ziv drückt ebenso wie Ritter (1940, 419) die Komplexität von Komik aus, in dem er das Analysepotenzial des Gegenstands auf interkultureller, gesellschaftlicher und individueller Ebene sieht:

Some of the reasons for the difference in the humor of different nations can be found in social salience of diverse topics. For instance, one can find many jokes about drinking and fist fighting in Irish humor. Jokes on these topics are practically nonexistent in Isra- el. The social value attributed to humor is also different among nations: leaders in the United States use humor much more frequently than do those in France and Italy. Radio and television make great use of humorous programs in the United States and Great Bri- tain. In Belgium, Yugoslavia and Israel, such programs are rare. (Ziv 1988, XI)

Schäfer (1996) stellt drei Abhängigkeiten fest, die ein komischer Text aufweisen kann: erstens vom konkret-historischen Kontext, zweitens vom gesellschaftsspezifischen Diskursverhalten und drittens vom soziopsychologisch-normativen Kontext. Ein Beispiel für den konkret- historischen Kontext wären Witze, die sich auf die NS-Zeit beziehen. Ein Deutscher/eine Deut- sche würde beim Fall gewisser Worte oder Jahreszahlen sofort hellhörig – ein Asiate eventuell nicht. Zur Abhängigkeit vom gesellschaftsspezifisches Diskursverhalten bringt Schäfer (1996, 138) eine Dialogszene von Loriot als Beispiel, in der drei Männer aneinander vorbei diskutieren. The- ma ist ein 5-sekündiger Film, in der Buster Keaton aus einer Mülltonne klettert und dabei samt Tonne umfällt.

Lemmer: Das ist grandios gemacht. Verstehen Sie, was ich meine? Kriegel: Nein. Moderator: Ich habe mal einen zauberhaften Film gesehen mit... ähm... mit... Kriegel: Herr Lemmer, ich muss sagen, mir ist die Mache ziemlich schnuppe. Es geht doch um das politische Anliegen des Films... Moderator: Micky Maus! Jetzt weiß ich’s wieder! Es war ein Film mit Micky Maus! Kriegel: Der Mensch im Abfallbehälter – das ist doch das Volk im Abfall jener Konsumgü- ter, deren Produktionsstätten sich im Besitz des Großkapitals befinden. Das wird doch mehr als deutlich! Bitte Film ab! Moderator: Film ab!

(Loriot 1981, 276. Online, 20.8.2014)

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Dieses kommunikative Fehlverhalten, die Fokussierung auf die eigene Sache und die Unfähig- keit, auf die anderen zu reagieren, erzielen hier den komischen Effekt. Die Szene besteht im Grunde aus drei Monologen zum selben Thema, die in ein formales Diskussions-Setting gesetzt wurden. Durch diese Widersprüchlichkeit und das freudige Überlegenheitsgefühl der LeserInnen, weil sie die Unfähigkeit der Männer, aufeinander einzugehen, durchschaut haben, wird diese Textstelle komisch. Es wird deutlich, dass jeder der Beteiligten den besagten Buster-Keaton- Film aus seiner eigenen Perspektive heraus interpretiert und dabei kein Verständnis für die Sichtweise des jeweils anderen hat.

Exkurs: Soziopsychologisch-normativer Kontext Normen durchdringen jede Ebene unseres Lebens, einige Beispiele wären hierarchische Struk- turen, Stereotype, Rollenverständnisse. Auch die Sprache muss sich bestimmten Regeln unter- ordnen, sowie „das gesamte Zeichensystem einer Kultur als Norm gesehen werden kann“ (Schä- fer 1996, 140). Plessner (1950, 115) beschreibt die Beziehung zwischen Komik und Norm, indem er den komischen Konflikt dialektisch begründet sieht. Wird durch einen Witz eine Norm verletzt, erkennt er diese automatisch als solche an.

Wenn nun das normativ organisierte Leben einer Gesellschaft der komischen Praxis viel- fältige Angriffsflächen bietet, kann man ex negativo bzw. auf induktivem Weg über die ‚Spielregeln’ dieser Gesellschaft Aufschluss bekommen, womit ihre Wertesysteme und Konfliktpotentiale gemeint sind. Die Norm wird oft erst im Verstoß gegen sie deutlich. (Schäfer 1996, 141)

Dies untermauert die Herangehensweise an das Thema Humor, die auch dieser Arbeit zugrunde liegt. Es wird davon ausgegangen, dass Normen als kulturelles Phänomen auftreten. Historisch gewachsen, etabliert und tief verwurzelt, sind sie schwer zu brechen, es sei denn es geschieht unter dem Deckmantel des Scherzes. Dieser Ausbruch impliziert wiederum eine Art Befreiungs- funktion des Humors. Ein wichtiger Aspekt, der in diesem Zusammenhang im Hinterkopf bleiben muss, ist der Prozesscharakter des Gegenstandes: Kulturen, Werte und Normen verändern sich zwar langsam, unterliegen aber trotzdem einem historischen Wandel. Aus diesem Grund liegt die Betonung der Fragestellung dieser Arbeit auch auf den relevanten gesellschaftlichen Themen im Zeitraum der Produktionsjahre 2005 bis 2014. „Das Einvernehmen der Kommunikationspartner ist bereits in einer multikulturellen oder einer LC-Gesellschaft, aber in noch größerem Ausmaße zwischen zwei Kulturen keine Selbstverständ- lichkeit“ (Schäfer 1996, 142) Schäfer teilt die Ansicht, dass Normen eine kulturelle Größe dar- stellen. Je größer die Diskrepanz zwischen diesen Normensystemen ist, desto schwieriger wird

12 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 die Verständigung. Das Spektrum der möglichen Reaktionen auf normverletzende Inhalte ist dementsprechend breit, begrenzt durch gänzliches Unverständnis, beziehungsweise Ablehnung oder gar Entrüstung einerseits und die humorvolle Dekodierung des komischen Kommunikats andererseits. Auch aus Sigmund Freuds (1905) psychoanalytischen Studien des Humors lässt sich schlussfolgern, dass die Komik kulturell bedingte Tabus und Verdrängtes widerspiegelt. Im westlichen Kulturkreis nennt Schäfer in diesem Zusammenhang die Beispiele Aggression, Sexu- alität und die Rebellion gegen „moralisch-ethische Instanzen“ wie z.B. der Kirche (vgl. Schäfer 1996, 144).

Die Einteilung der Komik in abhängig und unabhängig Komisches kann auf Halls High- und Low- context-System übertragen werden. Demnach ist Low-context-Komik unabhängig von kulturel- lem Wissen, während für das Verständnis von High-context-Komik die Kenntnis des kulturellen Hintergrunds notwendig ist. Auch in dieser Arbeit ist diese Differenzierung relevant. Sie stellt einen Filter in der Datensammlung dar, der sich in den festgelegten Auswahlkriterien widerspie- gelt (siehe Kapitel 4). Auf diese Weise können die aussagekräftigen Daten, die zur Beantwortung der Fragestellung notwendig sind, erhoben werden. Dies bedeutet gleichzeitig auch, dass nicht relevante, komische Inhalte, die aufgrund ihrer Universalität keine Rückschlüsse auf kulturelle Bedingtheiten zulassen, vernachlässigt werden. Neben der kulturellen Bedingtheit betont Davies (1998) auch die politische Komponente eines Witzes. Vor allem in ehemals kommunistischen Ländern stellten politische Anspielungen den Kern vieler Witze dar. Die politische Kontrolle durch die Nomenklatur und fehlende demokrati- sche Strukturen sieht Davies als die Ursache dafür. Das nicht existente Recht auf Meinungsfrei- heit wurde vom Volk durch die Wahrnehmung seiner Gesprächsfreiheit ausgeglichen. Indem das Volk Scherze über die Herrschenden machte, konnte auch der einfache Bürger eine Form von Macht ausdrücken. Demnach ist „das Spielen mit dem Verbotenen und den Tabus einer Gesell- schaft und Kultur ein zentraler Aspekt von Humor“ (Prommer 2012, 122). Wirft man einen Blick in die westlichen Demokratien, bestätigt sich dieser Zusammenhang erneut, da hier die Beto- nung in Witzen vor allem auf Themen wie Sexualität und Unglück liegt. Schon seit Anbeginn der Literaturgeschichte verarbeitet die Menschheit Negatives durch Lachen und doch „irritiert es immer wieder, dass es in einem so heiteren Bereich wie dem Komischen keinen noch so grausamen oder ekelhaften Ausschnitt einer Kultur gibt, der nicht zum Gegen- stand von Witzen oder Komik allgemein werden könnte. Als zeitgenössische Beispiele wären hier Auschwitzwitze, Behindertenwitze oder Türkenwitze zu nennen.“ (Schäfer 1996, 30f) Ein Phänomen in der US-amerikanischen „Humorkultur“ (ebd.) ist zum Beispiel die Assoziation einer ungeliebten ethnischen Gruppe mit Schmutz oder Müll. Vor allem den Neufundländern werden in zahlreichen amerikanischen Witzen tiefgreifende Hygiene-Defizite nachgesagt. Zu-

13 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 sammenhänge zwischen einer Bevölkerungsgruppe und Schmutz kommen im deutschsprachi- gen Raum sehr selten vor. Ein Erklärungsversuch dieses Phänomens könnte das Streben der US-Amerikaner nach jugendlicher Perfektion und maximaler Hygiene sein – eine Denkweise, in der Unvollkommene und Schmutzige bekämpft werden muss. In Deutschland lassen sich aus den kursierenden Witzen andere Werte herausfiltern, wie zum Beispiel Ehrlichkeit, Recht und Ord- nung. Diese zeigen sich beispielsweise in der Vielzahl an Polenwitzen, in denen Kriminalität eine zentrale Rolle spielt. Die Verpackung von Tabuthemen, Verbotenem, sogar im Alltag Unaus- sprechlichem im komischen Mantel impliziert eine gewisse „Narrenfreiheit“. Das würde bedeu- ten, dass jegliche humorvoll gemeinte Äußerung frei von gesellschaftlichen Normen oder morali- schen Grundsätzen sei. Dementgegen kursieren jedoch Witze, die von der Mehrheit der Rezipi- entInnen vielleicht doch als geschmacklos gewertet werden. Der amerikanische geprägt Begriff „sick jokes“ meint exakt diese Art von Scherzen (vgl. Schäfer 1996, 31). Allerdings ist hier zu betonen, dass diese „sick jokes“ nicht fälschlicherweise mit dem deutschen Begriff des „schwarzen Humors“ gleichzusetzen sind. Letzterer ist nicht diskriminierend und meint vorwie- gend die komische Auseinandersetzung mit dem Thema Tod. Horn (1988, 182) weist darauf hin, dass vor allem die Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit und der Absurdität des Witzes groß genug sein muss, um weder Empathie noch Mitgefühl zu verur- sachen. Gleichzeitig darf die Entfernung von der Realität, auf die angespielt wird, nicht so groß sein, dass der Bezug nicht mehr hergestellt werden kann. Sogar „sick jokes“ outen sich dem- nach, wie die meisten anderen Witzarten, als sensibler Balanceakt. Eben diese Zusammenhänge von gesellschaftlichen Tabus und Humor bilden den Ausgangspunkt von Räwels (2005) Untersuchung „Humor als Kommunikationsmedium“. Er betrachtet Humor im Sinne Luhmanns (1984) als eigenes System, das in Beziehung zu anderen Systemen in der Ge- sellschaft steht. Aus gesellschaftstheoretischer Sicht zeigt er zunächst, dass sich aus unter- schiedlichen Gesellschaftsformen unterschiedliche Formen der humoristischen Kommunikation entwickelt haben. Von der Antike angefangen, über die Renaissance bis hin zu modernen, refle- xiven Gesellschaften, wie wir sie kennen, hat sich das Verständnis von Humor vor allem im en- gen Zusammenhang mit den zeitlich bedingten Moralvorstellungen stark gewandelt. Verhaltens- weisen, die in der Antike als moralisch verwerflich galten, wurden lächerlich gemacht, in der Renaissance bestand Komik oftmals aus der Darstellung der herrschenden Hierarchie und der Verdeutlichung, dass nicht alle Menschen gleich sind (vgl. Räwel 2005, 205f). Der Hofnarr gilt hier als großer Stabilisationsfaktor, der Kritik üben konnte, ohne als aufrührerisch oder gar als Bedrohung wahrgenommen zu werden (ebd.). Der Stellenwert der Moral in der Humorkommuni- kation nimmt in modernen Gesellschaften ab, da laut Räwel das Abweichen von der Norm keine so starke Rolle mehr spielt und eine Auseinandersetzung mit „dem Anderen“ auf spielerischer Ebene stattfindet (vgl. Prommer 2012, 124).

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Auch aus anthropologischer Perspektive stellt sich die Komik als sehr variables und multifunkti- onales Phänomen dar:

Gerade aufgrund dieser Variabilität sowie den vielfältigen Funktionen (zu nennen sind psychisch entlastende und konfliktlösende, kommunikative, expressive, normierende, machtumkehrende bzw. -stabilisierende oder kognitive Funktionen gibt Komik Auskunft über die jeweilige Zeit, Kultur und ihre Subjekte. (Leontiy 2013, 5)

Auch Berger (1998) erkannte eine wechselseitige Beziehung zwischen der Beschaffenheit von Komik und der Kultur, in der sie entsteht. Das Phänomen Komik als Kulturvermittler sieht er vor allem in den Faktoren begründet, die eine komische Situation erst einleiten. Berger (1998, 80) betont vor allem nonverbale Gesten als Kommunikationswege, die den ZuhörerInnen und Zu- schauerInnen Rückschlüsse auf die entsprechende Kultur, soziale Gruppe oder Ethnie ermögli- chen. Prommer (2012, 139) betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer integrativen Be- trachtungsweise des Sachverhaltes und definiert Humor als kulturelles Wissen im sozialen Kon- text. Es bedarf einer kommunikativen und sozialen Situation, damit Humor bzw. Humorverstehen zustande kommt. Das Aufkommen eines Überlegenheitsgefühls setzt ein Bewusstsein über den Status einer Rolle voraus. Das bedeutet, ein kognitives Verständnis und Wissen über das Konsis- tente und Logische ist notwendig, um Inkongruenzen zu identifizieren – dies sieht Prommer (ebd.) als einen bisher vernachlässigten Aspekt in der Filmwissenschaft. Auch McGhee (1980) betont die Wichtigkeit der kognitiven bzw. intellektuellen Leistung der Rezi- pientInnen, um Komik zu entschlüsseln. Er untersuchte Kinder auf ihr Humorverständnis in Ab- hängigkeit von ihrer Alters- bzw. Entwicklungsstufe. Ziv verglich 1984 den Humor verschiede- ner Nationen miteinander und stellt dabei die sozialen Rahmenbedingungen in den Fokus: „The greatest difference among cultures should be found in the context and situations of humor.“ (Ziv 1984, XI) Dies impliziert auch eine gewisse Subjektivität in der Humorkommunikation. Letztendlich ent- scheiden die ZuschauerInnen selbst, ob sie etwas witzig finden oder nicht. Was objektiv als ko- misch einzustufen wäre, muss nicht mit den Humorvorstellungen des Rezipienten oder der Rezi- pientin einher gehen (vgl. Lambernd 1998, 29). Humorgeschmack ergibt sich nicht nur aus indi- viduellen Präferenzen, sondern erweist sich auch als eine Art kulturelles Wissen. Dimensionen des kulturellen Kapitals, wie Einkommen, Bildung und Schicht nehmen erheblichen Einfluss auf den Humorgeschmack eines Menschen (vgl. Kuipers 2008, 365/393). Auch Schmidt (2006, 23) ist der Ansicht, dass die Zuschreibung der Eigenschaft „komisch“ soziokulturell und historisch bedingt ist.

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Durch die Sozialisation des Menschen manifestieren sich bestimmte Erwartungen, Werte, Gefüh- le und Zielsetzungen. Während bei Räwel eher komikgenerierende Mittel, zum Beispiel auf sprachlicher Ebene, als Kommunikationsmedium im Mittelpunkt stehen, definiert Schmidt den Humor als Kulturtechnik. „Beiden ist jedoch gemeinsam, dass Humor und Komik erst aus der Perspektive des Rezipienten entstehen kann, da das kulturelle und gesellschaftliche Wissen um Moral, Tabus, Erlaubtes und Verbotenes vorhanden sein muss“ (Prommer 2012, 141) Das bestätigt u.a. auch die Ansicht Kühners (2003, 62), der davon ausgeht, dass Humor immer auf einen gesellschaftlichen Diskurs verweist und Teil des individuellen und kulturellen Kapitals ist. Humor fungiert demnach als Unterscheidungsmerkmal und fördert einen kohärenten Le- bensstil (ebd.). Palmer (1987) geht grundsätzlich von zwei verschiedenen Prozessen aus – eine humorvolle Be- merkung muss als solche verstanden und anschließen auch als Witz zugelassen werden. An die- ser Stelle soll aber nicht der Eindruck erweckt werden, dass das Humorverständnis bzw. das Gelingen eines Witzes willkürlich erfolgt. Palmer identifiziert beispielsweise bestimmte Momen- te, an denen etwas als witzig wahrgenommen werden kann. Diese Stellen bezeichnet er als „se- mantische oder paralinguistische Marker“ (Palmer 1987, 29). Soziale Situation, mediale Aneig- nung und Medieninhalt sind demnach ausschlaggebend für die Komikgenerierung. „Komik steht immer im Kontext einer sozialen Situation zwischen Produzent und Konsument“ (Prommer 2012, 140).

2.1.2 Humor und Medien

Versteht man Mediennutzung als soziales Handeln, ist als logische Konsequenz auch der Fern- seh-Humor vom sozialen Kontext abhängig. Betrachtet man die Entstehung von Komik aus einer handlungstheoretischen Perspektive, wirken die Faktoren soziale Situation, Rezeption, der Medi- eninhalt und die mediale Aneignung im Kontext des individuellen Habitus zusammen (vgl. Prom- mer 2012, 141). Dieser Ansatz integriert eine andere Betrachtungsweise und geht damit über Lynchs Ausführungen hinaus, der zwar die kognitiven Vorgänge während der Medienrezeption behandelt, aber den kulturellen Kontext bzw. die Lebenswelt der RezipientInnen vernachlässigt. Um bei der Mediennutzung Humor zu erkennen, muss ein Kommunikationsprozess erfolgreich ablaufen, in dem die ZuschauerInnen ein komisches Kommunikat anhand ihrer kulturellen Vo- raussetzungen und ihrer eigenen Lebensumstände/Habitus dekodieren. Daraus bildet sich in weiterer Folge dann der individuelle Humorgeschmack. Prommer bringt dies kurz und treffend auf den Punkt: „Zum Humorverstehen gehört neben der kognitiven Leistung auch kulturelles Wissen. Humorverstehen ist Humoraneignung.“ (edb.).

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Die bisherige Forschung in diesem Bereich lässt sich prinzipiell unterteilen in Produkt- und Re- zeptionsanalysen. Versteht man Komik nicht nur als Effekt in einem bestimmten Wirkungszu- sammenhang, sondern als angewandten Humor, gewinnt die Produktanalyse erheblich an Rele- vanz neben der, auf den ersten Blick naheliegenden, Rezeptionsanalyse. Auch Palmer (1994, 204) verortet das Phänomen der Komik nicht nur im Rezeptionsprozess auf Seiten der Zuschau- erInnen, sondern betont, dass auch das Medienangebot „komisch intendiert“ ist und dementspre- chend strukturiert wird – was es letztendlich auch analysierbar macht. Eine inhaltlich-thematische und meistens eher filmwissenschaftliche Perspektive auf den Ge- genstand hat vor allem im angloamerikanischen Raum Fuß gefasst (vgl. Prommer 2012, 126). Hamamoto (1989), Jones (1992), Marc (1997) und Morreale (2003) sind Beispiele für Studien, die sich mit der inhaltlich-thematischen Entwicklung von Sitcoms beschäftigen, und auf den Nach- weis bestimmter Strömungen in der Gesellschaft abzielen. Diese Analysen kommen meistens zu dem Ergebnis, dass sich gesellschaftliche Strömungen in den Figurenkonstellationen und Hand- lungsrahmen widerspiegeln. Beispiele dafür sind TV-Serien wie die „Mary Tyler Moore Show“ in den 1970er Jahren, die eine emanzipierte Frau am Arbeitsplatz zeigt, und die Bill Cosby Show, die von einer etablierten afroamerikanischen Mittelklasse-Familie handelt (Großkopf 1996, 243). Alle diese Studien haben eine ähnliche methodische Vorgangsweise: Es werden vorab die Medi- enprodukte, das heißt die Filme, Serien oder andere Sendungen analysiert und danach im Hin- blick auf gesellschaftliche Entwicklungen, Darstellung von Geschlecht oder Rasse diskutiert. Vergleichsweise wenig Literatur gibt es dazu aus dem deutschsprachigen Raum, der in diesem Bereich bislang eher filmwissenschaftlich beschreibende Forschungsansätze verzeichnen kann. Vor allem in Bezug auf das Thema Rasse bzw. Ethnie lässt sich in der amerikanischen For- schungstradition eine breit gefächerte, wissenschaftliche Basis feststellen. Stuart Hall, ein zent- raler Vertreter der Cultural Studies, hat sich zum Ziel gemacht, die Rassenthematik in Sitcoms aus einer ideologiekritischen Perspektive zu untersuchen. Während Reid (1979, 465ff) feststellte, dass farbigen Protagonisten öfter negative Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen zuge- schrieben werden als weißen, erkennt Hall (1989) den Umstand, dass Farbige aliquot zur Gesell- schaftsstruktur auch in Comedy-Serien ihren Platz finden, als einen positiven Aspekt. Er be- zeichnet die Sitcom als eine Art „freigegebene Zone“, in der unter dem Deckmantel des Humors alles erlaubt ist: „Die Komödie ist per definitionem eine freigegebene Zone, losgelöst von allem Ernst. Alles ist netter, sauberer Spaß. Im Bereich von Spaß und Vergnügen ist es verboten, ernsthafte Fragen zu stellen, weil es so puritanisch klingt und den Spaß verdirbt.“ (Hall 1989, 164) Das bedeutet allerdings umgekehrt nicht, dass keine ernsthaften Themen in Comedy-Serien auf- gegriffen werden. Vielmehr ist es umso unverfänglicher, Tabus in einer Sitcom anzusprechen – Hall spricht dabei einerseits von der „Komik-Schublade“, die das Publikum davor schützt „seinen

17 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 unbewussten Rassismus einzugestehen“ (Hall, 1989, 164), andererseits kann diese Schublade aber auch aufklärerisch genutzt werden. Um den Spaß nicht zu verderben, werden in der Komö- die ernste und gesellschaftlich relevante Themen komisch aufbereitet und können gegebenen- falls einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Wenn der Witz durch eine Über- bzw. Unterle- genheits-Beziehung zwischen farbigen und weißen ProtagonistInnen entsteht, kann dies zwei Effekte haben: Die Darstellung von diskriminierenden Situationen kann als erhobener Zeigefin- ger an die Gesellschaft gerichtet sein aber gleichzeitig auch der Reproduktion ebendieser Hie- rarche in der Bevölkerung dienen (vgl. Hall 1989, 164). Da diese Form von Humor hauptsächlich auf herrschenden Vorurteilen und Stereotypen aufgebaut ist, bezeichnet ihn Pickering (1994, 332, zit. n. Knop 2007, 19f) als ethnischen bzw. rassistischen Humor. Eine andere Art der Ko- mikgenerierung untersuchte Schmidt (2002) an der Serie „TV Total“. Die primäre Strategie zur Humorerzeugung spielt sich auf Gesprächsebene zwischen dem Moderator Stefan Raab und seinen Studiogästen ab (ebd., 195). Hier wird vor allem mit aggressivem Humor, Diskreditierung und Tabubrüchen gearbeitet. Da es sich beim Forschungsdesign dieser Masterarbeit um eine Produkt- und keine Rezeptions- analyse handelt, schließt die Arbeit an die Untersuchungen von Schmidt (2002) an und versucht, Sitcoms auf inhaltlicher Ebene und im Kontext der jeweiligen Kultur, in Beziehung zu gesell- schaftlich relevanten Themen zu setzen. Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass das Aufgreifen von ernsthaften Themen wie Rassendiskriminierung in Comedy-Serien stark davon abhängt, wie eine Gesellschaft ihre Probleme verarbeitet. Die Bewältigungsfunktion von Unterhaltungsmedien wurde nach aktuellem Forschungsstand schon mehrmals nachgewiesen (vgl. Hasebrink 2001, 108; Faulstich 2002, 57) und wird auch in dieser Untersuchung ein wichtiger Aspekt der Analyse sein.

Um der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit der Analyse etwas näher zukommen, wurde auf Basis von Lambernds sieben A’s der humoristischen Qualität in Kombination mit Komikmerkma- len aus diversen, anderen Humorkonzepten ein Auswahlraster erstellt, das die Bewertung von Szenen erleichtern und ihre Relevanz begründbar machen soll. Die Faktoren Authentizität, Aktu- alität, Absurdität, Aggressivität, Agglomeration (Anhäufung), Alternanz (Wechsel) und Ambiguität (Zweideutigkeit) bilden einen Teil der Grundlage für das Auswahlverfahren. (Vgl. Lambernd 2000) Wird eine humorvoll intendierte Botschaft in dieser Weise nicht akzeptiert, sondern trifft sie auf Unverständnis und Ablehnung, ist zumindest eines der oben genannten Merkmale als nicht komisch aufgefasst worden. Dies kann mehrere Ursachen haben, Lambernd bringt den Charakter der Humorkommunikation auf den Punkt in dem er sie als „ständige Gratwanderung zwischen Akzeptanz und Ablehnung“ bezeichnet (ebd., 38).

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Im Hinblick auf die Komikkonstruktion durch das Figurendesign bzw. die Figurenkonstellation hat Rathmann (2004) in ihrer Produktanalyse lustiger Cartoons für Kinder folgende Typen komi- scher Figuren festgestellt: der „Ewig-Erfolglose“, der „siegessichere Verlierer“, der „kindliche Erwachsene“, der „Chaot“, der „Außergewöhnliche“, die „missglückte Imitation“ und das „komi- sche Paar“. (Rathmann 2004, 72ff) Neben einer komischen Figurenkonstellation, sowie entspre- chende, humorgenerierende Situationen, in die sie geraten, ist auch der Sprachwitz von ent- scheidender Bedeutung für die Komikkonstruktion. Reime, Wortschöpfungen und Doppeldeutig- keiten sind sprachliche Mittel, die meist einen sehr hohen Grad an Rezeptionsvergnügen zur Folge haben (ebd.) Einer der zentralen Untersuchungsaspekte Rathmanns (2004) ist die Darstellung von Gewalt und die daraus resultierende Generierung von Humor. Alle Verhaltensweisen und Ereignisse, durch die andere „verletzt, zerstört oder beeinträchtigt“ werden, können nach Rathmanns Definition unter dem Begriff Gewalt zusammengefasst werden. Die Kombination von Gewalt mit komischen Elementen kristallisiert sich laut Rathmann als entscheidendes Merkmal von Cartoons heraus. Eine andere Form von Aggressivität stellt Schmidt 2002 in seiner Analyse der Fernsehsendung „TV Total“ fest. Hier wird zur Generierung von Komik vor allem mit verbaler Aggression, Diskre- ditierung und dem Bruch mit Tabus gearbeitet. Prommer (2003) stellt in ihrer Untersuchung zum Humorverständnis von Pre-Teens die beiden Serien „Die Simpsons“ und „Die Camper“ gegenüber. Das Ergebnis der Analyse zeigt vor allem die wichtige Rolle der Figurenkonstellation in der Komikgenerierung.

Die Explizierung von Machtstrukturen und Mechanismen der US-amerikanischen (und damit größtenteils auch der westlichen) Gesellschaft sowie die Parodie und Übertreibung auf westliche Konsumkultur und Unterhaltungsindustrie, erschaffen zusätzlich einen ko- mischen Effekt durch eine Art kabarettistisches Ventil für Gesellschafts- und Ideologie- kritik. (Prommer 2012, 129).

Zur selben Ansicht gelangt auch Gray (2006), der die Parodie der US-amerikanischen Gesell- schaft und die Intertextualität in den Fokus seiner Arbeit rückte. Knop (2007, 128) stellte fest, dass soziale Themen wie beispielsweise Familien-, Partnerschafts- und Generationskonflikte 82% der komischen Sequenzen der 36 untersuchten Comedy-Angebote im TV ausmachen. The- men wie Politik, Wirtschaft und Kultur bewegen sich in einem Spektrum von vier bis acht Pro- zent.

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THEMEN % ADRESSATEN % Soziale Themen 82 Prominente 27 Sexualität 22 Politiker 23 Partnerschaftskonflikte 13 Ausländer 16 Beruf 13 Homosexuelle 11 Politik 8 Körperlich oder geistig beeinträchtigte 0 Wirtschaft 4 Menschen Kultur 5 Kranke Menschen 0

Quelle: Knop (2007, 128ff)

Neben der starken Dominanz sozialer Themen in Comedy-Serien, lässt sich in der Frage, auf wessen Kosten die meisten Gags im Fernsehen gehen, keine so eindeutige Verteilung feststellen. Mit 27% führen Prominente die Liste der Adressaten an, während zum Beispiel Ausländer mit 16% und körperlich oder geistig beeinträchtigte Menschen mit 0% keine Zielscheibe für komi- sche Attacken sind. Brock (2013) sieht das anders: Er steht dem Ergebnis von Knop gegenüber, da er sogar von einer Hinwendung zu Themen wie „körperliche Behinderung“ und „Rassismus“ spricht. Ein Witz ist als rassistisch einzustufen, wenn ihm eine diskriminierende Absicht zugrun- de liegt. In der Analyse muss darauf geachtet werden, dass mit Gags, die auf den ersten Blick rassistisch und diskriminierend wirken, oft tadelnd der Zeigefinger erhoben wird. Beginnt der Protagonist David Brent in „The Office“, einen Witz über Farbige zu erzählen, ist dieser durch die Charaktereigenschaften der Figur, meistens so hochgradig stereotyp, stark übertrieben und über die Maßen abwertend, dass die Ernsthaftigkeit des Themas in Amusement über die Lächer- lichkeit der Figur übergeht (vgl. Brock 2013, 188). Aus diesem Grund betont Brock, dass es sich dabei weniger um ein Lachen über das Anderssein handelt. Seit Jahrhunderten wurden Minderheiten einer Gesellschaft verhöhnt und zum „Gespött der Leute“ gemacht. In der heutigen Komik wird laut Brock mit dieser Tradition gebrochen und der Spieß umgedreht. Adressaten des diskriminierenden Humors sind nicht mehr die Betroffe- nen selbst, sondern vielmehr die, die es nicht schaffen, den Menschen tolerant und auf Augen- höhe gegenüberzutreten. (Vgl. ebd.) In diesem Fall fühlt sich das Publikum der diskriminierenden Figur überlegen, wodurch es möglich ist, sich über sie zu amüsieren. Ein Nebeneffekt dieser Belustigung ist oft eine peinliche Berührtheit, die auch als „Fremdschämen“ bezeichnet wird. Die Ursache für dieses Gefühl verortet Brock (2013, 188) in der Brisanz und der sozialen Sensibilität des Themas. Neben Rassismus und körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung werden auch in Bezug auf Sexualität bewusst normative Grenzen überschritten, was unter dem Deckmantel der Komik nicht sozial abgestraft wird (vgl. ebd., 189). Der kleinste gemeinsame Nenner dieser Tabuthemen ist ihre aggressiv motivierte Verarbeitung. Das Phänomen des Fremdschämens

20 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 taucht aber nicht nur in Verbindung mit Tabuthemen auf, sondern kann aus jeder denkbar mögli- chen sozialen Interaktion entstehen; Voraussetzung dafür ist ein entsprechendes Figurendesign der Charaktere. Inhaltlich ähnlich aufgebaut Formate fasst er unter dem Begriff der „Embar- rassment Comedy“ zusammen (Brock 2013, 189).

Aus dem Vergleich unterschiedlicher Forschungsansätze und Analyserastern zur Untersuchung von Komikgenerierung in Comedy-Serien, zieht Prommer (2012, 130) den Schluss, dass eine detaillierte inhaltsanalytische Herangehensweise nicht ausreicht, wenn tatsächliche Strukturen der Humorerzeugung herausgefiltert werden sollen. Sie betont, dass dafür sowohl die Mikro- als auch die Makroebene beachtet werden muss. Neben einer vertikalen Unterscheidung humorvoller Inhalte und ihrer Mikro-Makro-Zuordnung kann und muss auch eine horizontale getroffen werde. Damit sind vor allem die Vielfalt, die Aus- prägungen und das weite Bezugsfeld von Komik gemeint. Humor bezieht sich in seinen vielfälti- gen Erscheinungsformen auf alle Bereiche des Lebens, ob Familie, Freunde, Beruf oder Freizeit. Im Folgenden stehen die unterschiedlichen Facetten von Komik auf der Ebene der Medienpro- duktion im Mittelpunkt.

Exkurs: „gesellschaftlich relevante Themen und Strukturen“ 2006-2013

Um Rückschlüsse von der Themenverteilung in Sitcoms auf kulturell-gesellschaftliche Themen- strukturen zu ermöglichen, muss vorweg geklärt werden, von welchen Themen die Rede ist. Was bedeutet „gesellschaftlich relevant“? Die Themenauswahl orientiert sich an dieser Stelle am Faktor „Nachrichtenwert“. „Dabei ist der Blick insbesondere auf bestimmte Ereignismerkmale (‚Nachrichtenfaktoren’) gerichtet, an denen sich die Auswahlentscheidung der Journalisten ori- entiert und die damit die Publikationswürdigkeit (‚Nachrichtenwert’) eines Geschehnisses be- stimmt.“ (Kunczik/Zipfel 2001/2005, 245f) Die Medien sind ein idealer Indikator dafür, welche Themen eine Gesellschaft bewegen und wie sie verteilt sind. Es geht an dieser Stelle nicht darum, mit Hilfe von Nachrichtenfaktoren gesell- schaftlich relevante Themen herauszufinden. Vielmehr soll die Argumentation zeigen, dass die Medien durch ihre Nachrichtenfaktoren den Nachrichtenwert eines Themas festlegen und damit bereits die Vorauswahl für diese Arbeit zur Verfügung stellen. Es wird demnach davon ausge- gangen, dass die gesellschaftliche Relevanz eines Themas dadurch belegt ist, dass es durch den medialen Auslesefilter auf die Titelblätter, Bildschirme und Lautsprecher der deutschen bzw. US-amerikanischen Medienwelt gelangt ist.

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Im Mittelpunkt stehen aber nicht die Themen, die aus den Comedy-Inhalten herausgefiltert wer- den können, sondern die Hinweise, die sie auf den kulturellen Kontext geben. Diese Hinweise können in religiöser, diskriminierender, intersubjektiver, sozialer, rechtlicher, institutioneller und vielen weiteren Formen in Erscheinung treten: „Die Analyse von Kultur und ihrer Metamorpho- sen konzentriert sich auf die Totalität des sozialen Erbes und der sozialen Institutionen, der Künste, des kollektiven Wissens und der Zeremonienhandlungen, die in eine höhere Ordnung religiöser oder säkularer Form eingebunden sind.“ (Herdin/Luger 2008, 2). Was in dieser Analy- se als „kultureller Hinweis“ gilt, soll in der Erörterung der methodischen Vorgangsweise ausrei- chend und nachvollziehbar erklärt werden.

2.2 Situation Comedies

Grundsätzlich behandelt diese Arbeit nicht Comedy-Serien im Allgemeinen, sondern vielmehr das Genre Sitcom, der Situationskomödie. Es handelt such dabei um ein fiktionales Format, das sich durch mehre Kennzeichen identifizierbar macht. Dazu gehören eine fixe Figurenkonstellati- on, abgeschlossene Handlungsräume und Schauplätze, Fiktionalität und ihre Episodenstruktur. Evans (1995, zit.n. Knop 2007, 86) bezeichnet die Sitcom als „a humorous, episodic series of programmes in which a well-defined cast of characters, confined in one location or set of cir- cumstances, respond predictably to new events“. Eine sinngemäß ähnliche, allerdings etwas ausführlichere Definition, liefert u.a. auch Grote (1983):

Situation comedy earns its name in at least two different ways. First, individual episodes are built around situations rather than plots. A known set of characters is thrust into cir- cumstances out of the ordinary with humorous results. [...] Second, and much more im- portant, the series as a whole is built around situation rather than events, actions, or even particular characters for the most part. (Grote 1983, 60).

Weitestgehend wird sich in dieser Arbeit der Definition von Grote angeschlossen, bis auf den letzten Punkt, der die Charaktere betrifft. Viele Sitcoms sind rund um eine relativ fixe, stabile und meist komplexe Figurenkonstellation aufgebaut. Wie Grote bereits anmerkt, entsteht die Ko- mik aus einer Situation oft nur durch bestimmte Charaktereigenschaften einer gut etablierten Figur. Womit Grote allerdings Recht behält und was nicht zwingend als Kennzeichen einer Sit- com gilt, ist die Weiterentwicklung der Figuren bzw. eine den einzelnen Episoden übergeordnete und verbindende Handlung. Das Ziel der Hauptfigur Ted in „How I met your Mother“ ist klar: Bis

22 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 zum Ende der Serie strebt er danach, die richtige Frau für’s Leben zu finden; er hat also eine Aufgabe, die sich durch alle Episoden und Staffeln der Serie durchzieht. Anders verhält es sich beispielsweise bei „The Big Bang Theory“. Hier entwickeln sich die Figuren zwar im Sinne des „natürlichen Lebensverlaufs“, das heißt sie haben Beziehungen, lernen Leute kennen, erleben persönliche oder berufliche Höhen und Tiefen, die sich manchmal über mehrere Episoden er- strecken, dennoch verfolgen sie aber kein übergeordnetes Ziel. Die Entwicklung nimmt einen natürlichen Lauf – es steckt keine verbindende Handlung dahinter. Jede Episode kann für sich allein stehen, der/die ZuschauerIn kann zu jedem Zeitpunkt der Staffel ein- und aussteigen, ohne befürchten zu müssen, den Anschluss zu verlieren. Diese Unterscheidung spiegelt sich auch in der Einordnung der jeweiligen Sendungen wieder. Aus dramaturgischer Perspektive sind dem- nach reine Sitcoms nicht unbedingt als Comedy-Serien im Sinne einer fortlaufenden Handlung zu bezeichnen und vice versa. In dieser Arbeit wird allerdings trotzdem der Begriff „Comedy- Serie“ synonym mit „Sitcom“ verwendet, da das wiederkehrende Element und die Zusammen- setzung mehrerer Episoden zu einer Staffel den seriellen Charakter beider Genres ausmacht. Demnach wird „Comedy-Serie“ hier als ein Überbegriff für die genauer ausdifferenzierte und enger gefasste Bezeichnung der Sitcom verwendet. Das wahrscheinlich charakteristischste Kriterium ist allerdings, dass der Humor in Sitcoms aus Alltagssituationen heraus entsteht (vgl. Knop 2007, 87). Das heißt, es oder jemandem passiert etwas Lustiges und in weiterer Folge entsteht ein Konflikt, der sich aus der Persönlichkeit der Figur und dessen Konfrontation mit der Situation ergibt. Ein wesentlicher Faktor ist hier auch, wie gut das Publikum diesen Charakter kennt. Eine Situation, wie das Besuchen einer Autoren- lesung ist an sich nicht komisch – heißt der Besucher allerdings Homer Simpson, steigt das ko- mische Potenzial der Situation erheblich. Nach einer Typisierung von Hough (1981, 201f) scheint es sinnvoll, eine Unterteilung in domestic, military, business, fantasy, rural, adventure und working group Sitcoms zu machen. Im Fokus dieser Untersuchung steht die Familiensitcom, welche sich wiederum in traditional, nuclear, eccentric, social und ethnic family einteilen lässt. Neben der historischen Perspektive, die Hough für seine Typologisierung einnahm, setzen die Autorinnen Mintz (1985) und Horowitz (1987) ihre Analyse zusätzlich in einen sozialen Kontext. Der veränderte Lifestyle und der fortschreitende Wandel der Gesellschaft spiegelt sich laut Horowitz (1987, 111) auch in den Sitcoms wider. Explizit dem Zusammenhang zwischen Sitcoms und sozialen Werten widmete sich Berman (1987). Laut seinen Schlussfolgerungen ist die Sitcom ein geeignetes Genre, um soziale Werte zu bestärken oder auch neu zu konstatieren. Brauerhoch (1995, 195ff) stellt in ihrer Analyse von Adaptionen amerikanischer Sitcoms im deutschsprachigen Raum fest, dass Humorerzeugung in Sitcoms zu großen Teilen dadurch er- folgt, dass mit sozialen Normen gebrochen wird. Voraussetzung, dass diese Strategie aufgeht,

23 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 ist aber, dass das Publikum mit diesen sozialen Normen vertraut ist. Werte und Normen einer Gesellschaft entstehen immer im Kontext ihrer Kultur, weshalb auch die Erkenntnisse von Brau- erhoch auf einen Zusammenhang zwischen dem Inhalt von Unterhaltungssendungen wie Sit- coms und ihrem kulturellen Produktionskontext hinweisen. Diese Schlussfolgerung zieht auch Mintz (1998) aus seiner Untersuchung zur Ideologie in Fernseh-Sitcoms: „Consciously and un- consciously the situation comedy expresses the audience’s values, attitudes, dispositions, , and hopes“ (ebd., 283). Knop (2007) bringt das Ergebnis seiner Analyse von Struktur, Themen, Charakteren und Botschaften diverser Sitcoms treffend auf den Punkt, indem sie von einer „bila- teral-reziproken Beziehung zwischen der jeweils medial vermittelten Kultur und real existieren- den sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen“ (Mintz 1998, zit. n. Knop 2007, 25) spricht. Betrachtet man den geschichtlichen Verlauf, so kann bestätigt werden, dass im Laufe der Jahre die Verarbeitung sozialkritischer Themen vermehrt abgenommen hat. Hier ist allerdings zu be- achten, dass die Studie von Brauerhoch 1995 durchgeführt wurde und der Analysezeitraum mit Ende der 80er Jahre endet. Aktuell ist anzunehmen, dass vor allem in jüngster Vergangenheit die Präsenz gesellschaftlich relevanter bzw. auch kritischer Themen, wieder stärker zunimmt.

2.2.1 Historischer Abriss – Comedy im Wandel

Eine wissenschaftliche Untersuchung, die die Entstehungsweise von Komik zum Gegenstand hat, verlangt nach einem kurzen historischen Abriss, woher dieses Phänomen überhaupt kommt. Grote (1983) sieht den Grundstein der westlichen Komödie im antiken Griechenland: „Most Wes- tern comdey comes from the Roman Plautus and his somewhat less vulgar and more respectab- le compatriot Terence, because their Latin plays survived and were among the first classical works to be rediscovered and imitated in the Renaissance.“ (ebd., 17) Durch die Überlieferung der frühen Formen des Dramas und die Teilung in Tragödie und Komö- die konnten sich verschiedenste Ausprägungen der Dicht- und Erzählkunst weiterentwickeln. Das antike Grundprinzip spiegelt sich jedoch nach wie vor in modernen dramatischen Werken wider. Damals wie heute hing, so Grote, das Gelingen eines Witzes vom Wissen des Publikums über den entsprechenden Kontext ab. Bereits zu Zeiten des griechischen Komödiendichters Me- nander funktionierte Komik nach dem Urprinzip eines erfolgreichen Kommunikationsprozesses. Verfügen die RezipientInnen über den entsprechenden Schlüssel für die Dekodierung in Form von kulturellem (Alltags)-Wissen, steigt die Wahrscheinlichkeit, einen beabsichtigten komischen Effekt zu erzielen. „Menander’s influence was not in his jokes, for jokes change with society. Although there are certain archetypical joke patterns, the joke needs the specific knowledge of daily life to work for humorous effect.“ (ebd.) Was Menander zur Verfügung gestellt hat, war

24 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 eine Art Framework aus dramatischen Situationen, Charakteren und Ereignissen, die einen gro- ßen Spielraum an Möglichkeit zur Variation geben, diese Variationen aber trotzdem unter einer gemeinsamen Handlung vereint (vgl. Grote 1983, 17). „That plot would speak equally well to audi- ences throughout Europe for more than 2000 years.“ (ebd.) Soweit zum Entstehungshintergrund des dramatischen Prinzips. So unberührt wie diese Struk- tur heute noch als Basis vieler Geschichten angewendet wird, so notwendig ist es, die Dicht- und Erzählkunst der jeweiligen Zeit entsprechend anzupassen. Die richtige Balance zwischen Altbewährtem und Innovativem zu finden, ist in der modernen Medienwelt nicht nur eine kreati- ve, sondern auch eine wirtschaftliche Herausforderung. Minimales finanzielles Risiko entsteht durch Formate, die sich bereits als erfolgreich erwiesen haben und minimal adaptiert werden. Dem gegenüber stehen Sendungen, die das Publikum überraschen und eventuell sogar verblüf- fen könnten (vgl. Brock 2013, 179). Dies kann nun negative oder positive Auswirkungen auf den Sender haben. Fest steht allerdings, dass Comedy-Formate verändert werden müssen, „um neue Inkongruenzen und Aggressionen zu produzieren, die für die Entstehung von Komik erforderlich sind.“ (ebd., 181). Brock (2013) beschreibt vier Erscheinungen, die der Wandel des Komischen nach sich zieht. Er stellt fest, dass in der Produktion von Comedy-Serien zu einer Vermischung von Genres, also Hybridbildungen, komplexen Figuren, Vermeidung von Komiksignalen, Verschärfung von Ag- gressionen und der Vermeidung von Punchlines tendiert wird. Ein Beispiel für eine Hybridbil- dung könnte die hier analysierte Serie „Türkisch für Anfänger“ sein. Die Comedy-Serie enthält sowohl typische Elemente der Sitcom wie auch der Seifenoper und kann deshalb als ein Misch- format bezeichnet werden (vgl. Kapitel 5). Die Tendenz zu komplexen Figuren und die Verschär- fung von Aggressionen wird auch diese Analyse zeigen, eine Vermeidung von Punchlines und Komiksignalen wird aus Sicht der Autorin allerdings nicht erkennbar. Brock betont weiters, dass diese Entwicklungen sowohl als „generelle, ästhetische Prägung des Formats, als auch als di- rekte Bedingung zur Erzeugung von Komik interpretiert werden“ können (vgl. Brock 2013, 194).

Warum wandeln sich Comedies?

Ein komischer Kommunikationsprozess kann nicht in völlig identischer Weise wiederholt wer- den. „Inkongruenzen stumpfen ab, ebenso wie Aggressionen. Daher – so lautete die Hypothese – ist eine Erneuerung von Comedyformaten in gewissem Rahmen unerlässlich“ (Brock 2013, 193). Das Abstumpfen von Inkongruenzen und Aggressionen ist ein stark kontextbedingtes Phänomen. Die Veränderung kultur-gesellschaftlicher Strukturen durch unterschiedlichste Einflussfaktoren

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(Globalisierung, Vernetzung, Technologisierung, etc.) verläuft reziprok mit dem Wandel, was eine Gesellschaft als „komisch“ anerkennt und entsprechend interpretiert. „Für die Fernsehunternehmen muss man wohl annehmen, dass diese in der Regel nur soviel Wandel wollen, wie unbedingt nötig, denn Neues ist aufwendig, kommerziell riskant, schwer kon- trollierbar und potenziell teuer.“ (Brock 2013, 194) Für diese Annahme spricht unter anderem die Ausstrahlung zahlreicher Ableger erprobter und erfolgreicher Fernsehsendungen. Ein Beispiel für ein vielmals kopiertes, funktionierendes Format ist die britische Casting Show „Pop Idol“. „Deutschland sucht den Superstar“ und „“ – so lauten die Titel der deutschen bzw. US-amerikanischen Version des Erfolgsformats. Im Bereich der Comedy-Serien können hier „The Office“ und „Ugly Betty“ genannt werden, deren deutsche Ableger „Stromberg“ und „Ver- liebt in Berlin“ ähnlich erfolgreich waren. Neben dem Innovationswillen der Fernsehsender sorgt aber auch die Komplexität des Phänomens Komik an sich dafür, dass Veränderungen des Komi- schen nur sehr langsam und in kleinen Schritten passieren können.

2.2.2 Die Entstehung der Sitcom

Die Ursprünge des etablierten, mittlerweile traditionsreichen Genres „Sitcom“ liegen in den USA der 1930er und 40er Jahre. Das Radio zählt mit seinen Comedy-Shows zu den Vorreitern der uns heute bekannten Sitcom. „The Goldbergs“ oder „Amos’n’Andy“ waren beliebte Radioshows und wurden ebenfalls in Serie gesendet (vgl. Marc 1989, 53). Als eine der ersten Sitcoms der Fernsehgeschichte entstand als Ableger einer Radio-Comedy der amerikanischen Schauspiele- rin Lucille Ball. Nach einer erfolgreichen Hörfunk-Show als verrückte Ehefrau, fragte der Fern- sehsender CBS nach einer Adaption fürs Fernsehen, die 1951 zum ersten Mal ausgestrahlt wur- de (vgl. ebd.). Etwa 20 Jahre später, in den 1970er Jahren, wurde der erste Sitcom-Versuch in Deutschland gestartet. „Ein Herz und eine Seele“ blieb allerdings vorerst die einzige Sitcom in der deutschen Fernsehlandschaft, bis sich, erneut etwa 20 Jahre später, in den 90er Jahren ein Umschwung abzeichnete. Deutsche Fernsehsender kauften nun vermehrt US-amerikanische Sitcoms ein, ließen sie synchronisieren und strahlten sie in deutscher Fassung aus. Eigene Produktionen, sowie adaptierte Formate wurden zwar nicht gänzlich verworfen und immer wieder versucht, diese konnten jedoch keine nennenswerten Erfolge erzielen. (Vgl. Klosa 2008, 1) Wirft man 2014 einen Blick in die Fernsehprogramm der Sender, drängt sich die Frage auf, ob dieses ohne Sitcoms überhaupt noch bestehen könnte. Die Zahl an US-amerikanischen Importen ist enorm, doch auch relativ erfolgreiche Eigenproduktionen aus Deutschland lassen sich in den letzten Jahren immer mehr finden. Beispiele dafür sind „Türkisch für Anfänger“, „Doctor’s

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Diary“, sowie auch „Verliebt in Berlin“ und „Stromberg“ als Adaptionsformate für die englisch- sprachigen Serien „Ugly Betty“ und „The Office“.

2.2.3 Zur Entwicklung von Comedy-Serien im US- amerikanischen und deutschen Fernsehen

Oliver Klosa veröffentlichte 2008 eine Studie, in der er ausgewählte deutsche und US- amerikanische Sitcoms, u.a. hinsichtlich ihrer Produktionsbedingungen miteinander verglich. Gegenstand der Untersuchung waren die deutschen Serien „Pastewka“ und „Hausmeister Krau- se“, sowie „Seinfeld“, „Curb your Enthusiasm“ und „Scrubs“ als Vertretung für US- amerikanische Sitcoms. Klosa strukturierte seine Analyse nach den typischen Produktionspha- sen eines audiovisuellen Medienprodukts. Er untersuchte alle Serien in ihrer Entwicklungsphase, Preproduktionsphase, Produktionsphase, Postproduktionsphase und Distributionsphase, sowie auf inhaltliche und formale Kriterien wie beispielsweise Einstellungsgröße, Montage und Narration. In beiden Ländern entsteht die erste Idee zu einer Sitcom meistens aus der Umwelt (Familie, Freunde, Arbeitsplatz) des sogenannten „Showrunners“, dem Erfinder der Sitcom. Ein Beispiel dafür wäre die Serie „30 Rock“, die auf einer Idee der amerikanischen Autorin Tina Fey beruht und von den Höhen und Tiefen der Entwicklung einer Comedy Show erzählt. Mit der Grundidee ist die Basis für die Entwicklung einzelner Episoden gelegt, wobei sich viele Sitcoms gegenseitig beeinflussen. Die Umsetzung einer Idee in eine Comedy-Serie ist oftmals nicht mehr so schwie- rig, da sich die Verantwortlichen in vielen Fällen bereits kennen. Ideen, die nicht innerhalb eines bereits etablierten Kreises aus Film- und Fernsehleuten besteht, haben es dafür umso schwieri- ger, umgesetzt zu werden – bzw. diese Kreise überhaupt erst zu erreichen. Eine weitere Ge- meinsamkeit zwischen deutschen und US-amerikanischen Sitcoms ist, dass nicht für jede Rolle ein Casting stattfindet. Manchmal werden Schauspieler besetzt, die der „Showrunner“, die Pro- duzenten, etc. schon kennen und mit denen sie gute Erfahrungen gemacht haben. Das liegt zum Teil auch daran, dass die Position des Regisseurs keine so dominante ist wie in einer Filmpro- duktion. Das Sagen hat der Erfinder der Show – sowohl in der deutschen als auch in der US- amerikanischen Sitcomproduktion. Der erste markante Unterschied zeigt sich in der Größe des Personals. Während in der deut- schen Preproduktionsphase nicht mehr als drei bis vier Autoren am Werk sind, schreiben in den USA rund 10 bis 12 Autoren an einer Staffel. Auch der Zeitplan gibt unterschiedliche Rahmenbe- dingungen vor. Während in den USA die „Scripts“ oft während der Produktionsphase, also der tatsächlichen Drehzeit, entstehen, müssen in Deutschland die Drehbücher vor Beginn des Drehs

27 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 fertig geschrieben werden. Hinzu kommt, dass es in Deutschland keine Gewerkschaften wie in den USA gibt, die die Interessen der Autoren, Schauspieler und der Regisseure vertreten. Den Berufsverband „Film- und Fernsehschauspieler“ gibt es in Deutschland zwar seit 2006, er ist aber nicht gleichzustellen mit der „writers guild“, „screen actor’s guild“ und „director’s guild“ in den Vereinigten Staaten. Ein weiterer Unterschied zeigt sich in Aufgaben des „Showrunners“. Dieser ist als Erfinder der Serie in den USA für die Anstellung des kreativen Stabs zuständig, was in Deutschland eindeutig in den Aufgabenbereich der Produktionsfirma fällt. Inhaltlich zeigt sich bei Klosas Untersu- chungsobjekten, dass die Sitcoms in beiden Ländern relativ frei produziert werden konnten und sich die Sender nicht in den Content einmischen bzw. kaum inhaltliche Kriterien vorgeben. Ein- zige Ausnahme war „Seinfeld“, die einen anfangs nicht geplanten weiblichen Charakter in die Show aufnehmen mussten. Die Produktionszeit für eine Episode beläuft sich in beiden Ländern auf eine Woche. Interessant ist die Beobachtung Klosas, dass in US-Sitcoms während des Drehs vielmehr Freiraum für Im- provisation der SchauspielerInnen besteht, als in den deutschen Produktionen, in denen sich relativ strikt an die Texte gehalten wurde. Was die Hierarchie am Set betrifft, steht auf in deut- schen wie auch in US-amerikanischen Produktionen der Regisseur an oberster Stelle. Einzige Ausnahme ist der „Showrunner“, der die endgültige Entscheidungsgewalt inne hat. Dementspre- chend verschieben sich die hierarchischen Strukturen, sobald sich der Erfinder der Serie am Set befindet. Puncto Distribution ist wiederum auffällig, dass die Produktionsphasen in den USA viel weiter ineinander greifen als in Deutschland. In den USA werden bereits fertiggestellte Episoden wäh- rend der Produktionsphase ausgestrahlt, deutsche Produktionen werden erst an die Sender ge- geben, wenn die gesamte Staffel abgedreht ist. Die Trennung der Phasen erfolgt hier wesentlich strikter und minimiert das Risiko, dass eine Folge nicht zu ihrem Ausstrahlungstermin fertig wird. Der Vorteil für die AmerikanerInnen ist hier, dass sie am Puls der Zeit drehen und eventu- ell aktuelle Themen aufgreifen und verarbeiten können. Deutsche Produktionen verzichten auf diesen Aktualitätsanspruch und bevorzugen die sichere Variante bzw. die gewährleistete Erfül- lung des Zeitplans – anders die AmerikanerInnen, die in diesem Fall eher nach dem „no risk, no fun“ Prinzip arbeiten.

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3 THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Die theoretische Fundierung dieser Arbeit setzt sich aus Elementen der klassischen und moder- nen Humortheorien, den Cultural Studies und ausgewählten Aspekten der Diskurs- und Stereo- typenforschung zusammen. Vor allem die Auseinandersetzung mit den Begriffen „Komik“ und „Humor“ wird im folgenden Abschnitt eine große Rolle spielen. Zahlreiche Vertreter der unter- schiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen haben versucht, allgemeine Aussagen über den Gegenstand zu treffen und theoretische Modelle dafür zu entwickeln. In dieser Arbeit wird ver- sucht, sich den Begriffen aus einer medien- und kommunikationswissenschaftlichen Perspektive anzunähern. Zu betonen ist, dass bislang noch keine konkret kommunikationswissenschaftlichen Humortheo- rien entwickelt wurden. Lynch (2002) publizierte zwar einen kommunikationswissenschaftlichen Ansatz, der aber nicht explizit auf die Medienkommunikation eingeht. Seine Definition von Hu- mor beruft sich auf die kognitive Komponente im Verstehensprozess von Komik und der Inklusi- on in den eigenen Kontext (vgl. Lynch 2002, 430). In den letzten Jahren kann die Bilanz an For- schungsarbeiten in diesem Bereich allerdings einen Anstieg verzeichnen (vgl. Prommer 2012, 125). Es kann aber nicht von einem Forschungs-Boom gesprochen werden, wie vergleichsweise im Forschungsfeld der Internet-Kommunikation (ebd.). Es zeichnet sich hier demnach ein even- tuelles Forschungsdefizit ab, das die kommunikations- und medienwissenschaftliche Relevanz des Themas aufzeigt.

3.1 Humortheorien

In der Forschung stellt Humor ein eher stiefmütterlich behandeltes Thema dar, weil es zu wenig belegte Studien und Faktenwissen über individuelle und soziale Faktoren im Rezeptions- und Wahrnehmungsprozess gibt , meint Lerg (1970, zit. n. Lambernd 1998, 2). Lambernd sieht die Forschungslücke eher darin begründet, „dass bei witzigen Sendungen keine bedeutsamen Inhal- te transportiert werden“ (ebd.), was „ernsthafte Akademiker“ davon abhält, sich damit zu be- schäftigen. Dies stützt eine Aussage von Kotthoff (2003, 48), dass in der westlichen Kultur das Komische wenig wertgeschätzt wird. Einen anderen Stellenwert genießen komische Medienpro- dukte beim Publikum und den MedienproduzentInnen selbst. Bereits 50% der erfolgreichsten TV-Formate sind dem Bereich Comedy zuzuordnen (Sayre/King 2003, 76).

29 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

Die Frage nach der Entstehung von Komik und warum uns etwas zum Lachen bringt hat eine lange philosophische Tradition. Schon in der Antike schlug sich das Phänomen der Komik im Denken von Platon und Aristoteles nieder (vgl. Nikomachische Ethik; Politeia). Immanuel Kant und Sigmund Freud schließen sich dieser „Denktradition“ an und führten sie weiter (vgl. Freud 1905; Kant 1790). Die lange Forschungstradition hat zahlreiche Versuche hervorgebracht, die uns einer Klärung der Frage, warum wir lachen, näher bringen sollen. Das Phänomen in allen Facetten ausreichend zu definieren, ist bislang noch nicht geglückt. Auch dieser Arbeit wirft einen eingeschränkten Blick auf die Entstehung von Komik und beleuchtet es aus medienwis- senschaftlicher Perspektive. Je nachdem welche Perspektive man auf den Gegenstand wirft, scheint einmal die eine Theorie besser zu passen, einmal die andere und einmal ihre Kombination (vgl. Christmann 1996, 70f). Auch in diesem Fall bietet sich an, einzelne Theorien zu kombinieren und sie mittels ihrer Ge- meinsamkeiten und Unterschiede zu Überkategorien zusammenzufassen. Lynch (2002, 423) bezieht in seine Kategorisierung nicht nur die Umstände in der Entstehung von Komik, sondern auch die Funktionen von Humor mit ein und nimmt davon ausgehend eine grundsätzliche Unter- teilung in soziologische und psychologische Theorien vor. Die mehr als hundert Humortheorien, die in den letzten drei Jahrtausenden entstanden sind, lassen sich drei übergeordneten theoretischen Ideen zuweisen: Die Überlegenheits- und Ag- gressionstheorien, die Inkongruenztheorien und die Entspannungs- bzw. Abfuhrtheorien (vgl. Knop 2007, 46; Prommer 2012, 9). Diese drei „klassischen“ Humortheorien ordnet Lynch (2002, 423) der individuellen-psychologischen, theoretischen Kategorie zu. Den soziologischen Ansatz spricht er vor allem Studien zur gesellschaftlichen Funktion von Komik und Humor zu. Diese Arbeit schließt sich dieser theoretischen Basis an und legt den Fokus dabei auf die zwei Erkenntnisbereiche „Entstehung von Komik“ und „individuelle und gesellschaftliche Funktion von Humor“. Diese Systematisierung stammt von Räwel (2005, 92ff) und unterscheidet zusätzlich noch zwischen den sogenannten Sach- und Sozialformen des Humors. Ersteres meint komikge- nerierende Mittel wie Ironie, Sarkasmus, Zynismus, Parodie und letzteres bezieht sich auf Situa- tions- und Bühnenkomik.

3.1.1 Überlegenheits- und Aggressionstheorien

Diese Theorien werden auch als „soziale“ Humortheorien bezeichnet, weil hier für die Entste- hung von Komik ein soziales Gegenüber benötigt wird. Wie der Name schon vermuten lässt, be- ziehen sie sich eher auf einen aggressiven Aspekt der Humorgenerierung. Nach dem Motto „Schadenfreude ist die schönste Freude“ entsteht dieser Theorie nach Komik durch die Schwä-

30 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 chen des Gegenübers. Die Überlegenheitstheorien gehen davon aus, dass die Unterlegenheit des anderen den Mensch zum Lachen bringt, indem er gleichzeitig auch Freude an seiner eigenen Überlegenheit hat (vgl. Morreall 1987, 3ff). Auch aggressive Formen von Komik wie „hereinle- gen“ oder „verarschen“ werden dieser Theorie zugeordnet (vgl. Lynch 2002, 426). Die Überlegenheits- und Aggressionstheorien haben eine lange Forschungstradition und lassen sich in ihren Ursprüngen bis auf die griechischen Philosophen Platon und Aristoteles zurückfüh- ren. Die klassische Komödie, wie Platon sie sieht, gilt als verwerflich und steht der tugendhaften Tragödie als negatives Pendant gegenüber. Dies zeigt sich auch in den griechischen Gesetzen, nach denen die ehrlosen Rollen in Komödien nur mit Sklaven besetzt werden durften und nicht mit freien Männern (vgl. Platon o.J., 304f; Die Gesetze 7 1974, 816 d-e, zit.n. Knop 2007, 46). Lachen stellte demnach eine Unart dar, die stets aus einem Überlegenheitsgefühl und Verhöh- nung resultiert und demnach auf schlechte Charaktereigenschaften rückschließen lässt (vgl. Morreall 1987, 10). Aristoteles stimmt Platon in seinen Grundzügen zu, allerdings formuliert er in seinem Buch der Nikomachischen Ethik eine differenziertere Funktion von Humor. Seiner Ansicht nach sollte nicht grundsätzlich auf das Lachen verzichtet werden; er erkennt die entlastende Wirkung von Komik an, die sie auf den Menschen hat, der die Anstrengungen eines tugendhaften Daseins be- wältigen muss. Aristoteles sieht den Humor existenziell als berechtigt, mahnt jedoch zu einem maßvollen Umgang damit, der ethischen Regeln unterworfen sein soll (vgl. Kablitz 2000, 290). Auch namhafte Philosophen wie Cicero und Hobbes lassen sich in diese Theorietradition einrei- hen und haben sie in ihre eigenen Richtungen und Denkweisen weiterentwickelt (vgl. Morreall 1987, 19ff). Auch in Thomas Hobbes 1651 veröffentlichter politikwissenschaftlichen Schrift „Le- viathan“ wird Humor als Mittel zur Demonstration von Macht und Überlegenheit begriffen (vgl. Berger 1998, 2; Prommer 2012, 113). Anders als Platon und Aristoteles, die davon ausgehen, dass Untergebene über die Herrschenden lachen, nimmt Hobbes an, dass sich die Machthaber über die Machtlosen lustig machen. Obwohl diese Wechselbeziehung sowohl auf der individuell- psychologischen, als auch auf der sozialen Ebene stattfindet, wird sie grundsätzlich der ersteren Kategorie nach Lynch (2002) zugeordnet. Diverse empirische Studien haben gezeigt, dass vor allem zwei Aspekte für das Gelingen von Komik im Sinne der Überlegenheitstheorie ausschlag- gebend sind: Je größer der Unterschied zur eigenen Person ist, und je mehr das Opfer den eige- nen Vorurteilen entspricht, desto besser funktioniert der Witz (vgl. Prommer 2012, 114). In einer Studie aus dem Jahr 1998 von Davies hat sich herausgestellt, dass sich innerhalb von Nationen sehr häufig über bestimmte ethnische Gruppen lustig gemacht wird. Die Untersuchung zeigt, dass kulturelle Differenzen nicht nur zwischen Staaten, sondern auch in kleinerem bzw. größe- rem Rahmen betrachtet werden können. In Deutschland werden laut Davies (1998, 2) die Ost-

31 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 friesen als „dumm“ abgestempelt, in den USA interessanterweise Polen und andere Migrations- gruppen, wie zum Beispiel Italiener. Eine wesentlich komplexere Abhandlung des Komikbegriffs findet sich bei Bergson, der eine andere Dimension eröffnet, wie Humor und Komik betrachtet werden können. Als einer der ers- ten Überlegenheitstheoretiker betont er die soziale Komponente des Lachens, die innerhalb einer Gruppe ein bestrafendes, korrigierendes oder auch warnendes Motiv haben kann (vgl. Bergson 1948, 107; Plessner 1961, 109). Die zentrale Funktion von Komik sieht Bergson dabei in der Erhal- tung von sozialen Gruppennormen (vgl. Bergson 1948, 9). Laut Morreall (1987, 117) spielt sich Bergsons Theorie aber nicht nur auf der sozialen, sondern auch auf der kognitiven Ebene ab – eine Perspektive, die Attardo (1994, 47) unter dem Begriff der Inkongruenztheorien zusammen- fasst.

3.1.2 Inkongruenztheorien

Wie bereits angedeutet, geht es in dieser theoretischen Schiene nicht primär um ein soziales Gegenüber, sondern vielmehr um eine kognitive Ebene der Komikgenerierung. „Kognitiv sind sie deshalb, weil zwei nicht miteinander zu vereinbarende, also im Bewusstsein streng voneinander getrennte, Vorstellungsbereiche zusammengezwungen werden und es zu Bedeutungskollisionen kommt.“ (Knop 2007, 53) Das bedeutet, wenn die Beziehung und Zusammensetzung zwischen unterschiedlichen Komponenten eines Objekts, einer Idee, einer sozialen Erwartungshaltung nicht den gewöhnlich zu erwartenden Mustern entsprechen, wird es als inkongruent wahrge- nommen und gilt damit als potenziell komisch. Wenn Ideen, die nicht übereinstimmen, und Dinge, die nicht zusammenpassen, plötzlich aufeinandertreffen, entsteht laut Inkongruenztheorie eine komische Situation. In Immanuel Kants Komiktheorie spielt neben der kognitiven Ebene auch die physische Kompo- nente von Humor eine Rolle. Seine grundlegende Prämisse ist, dass Komik vor allem durch Wi- dersinnigkeit und einer sich plötzlich auflösenden Erwartung entsteht. „So lachen wir, und es macht uns eine herzliche Lust; nicht, weil wir uns klüger finden als diesen Unwissenden, oder sonst über etwas, was uns der Verstand Wohlgefälliges bemerken ließe, sondern unsere Erwar- tung war gespannt und verschwindet plötzlich in nichts.“ (Kant 2001, 229). Wie in diesem Zitat bereits anklingt, bezieht sich auch Kant teilweise auf eine Überlegenheitsbeziehung in einer ko- mischen Situation. Im Gegensatz zu den Vertretern der Überlegenheits- und Aggressionstheo- rien sieht er diese Überlegenheit aber nicht als auslösendes Moment für das Komische, sondern den akuten Bruch mit ihrer Erwartungshaltung. Voraussetzung dafür ist laut Lynch (2002, 428) eine gewisse kognitive bzw. intellektuelle Leistung, um diese Unstimmigkeiten zu erkennen. Ei-

32 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 nen Scherz verstanden zu haben, führt nach Goldstein (1994, 323) zu einem Erleichterungsge- fühl, das unter anderem dann das Lachen auslöst: „Wir gratulieren uns quasi selbst für unsere Cleverness“ (ebd.). Auch dieser Erkenntnisprozess kann auf eine kulturelle Ebene zurückgeführt werden. Das Denken in bestimmten Mustern und Rahmen ist allen Menschen gemein und grund- legend kulturell geprägt. „Hence incongruity humor is a psychologically motivated humor based not on built-up physical needs but rather on a psychological desire for consistency within inter- nal frames and external environment.“ (Lynch 2002, 428). Diese Denkmuster werden im Laufe der Persönlichkeitsentwicklung erlernt, was die Annahme zur Folge hat, dass auch das Verste- hen von Inkongruenzen mit dem Status der kognitiven Entwicklung eines Menschen zusammen- hängt. Das heißt, Kleinkinder lachen noch über sehr einfache Unstimmigkeiten, erst etwa ab dem fünften Lebensjahr können sie selbstständig Sinnbezüge herstellen und Inkongruenzen in Eigen- leistung auflösen (vgl. McGhee 2009). Während zum Beispiel Slapstickhumor vor allem bei Zehn- bis 13-Jährigen punktet, werden von Erwachsenen eher intertextuelle und gesellschaftli- che Bezüge eines Witzes honoriert (vgl. Prommer/Mikos/Schäfer 2003). Schopenhauer begründet den Effekt des Komischen – das Lachen – mit der Inkongruenz zwi- schen abstrakter und anschaulicher Erkenntnis. Das bedeutet, Komik entsteht aus „der plötzlich wahrgenommenen Inkongruenz zwischen einem Begriff und den realen Objekten, die durch ihn, in irgendeiner Beziehung, gedacht worden waren“ (Schopenhauer 1977, 96). Schopenhauer be- tont also neben einem Erwartungsbruch auch das Spiel mit der Täuschung. Phänomene, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, werden plötzlich zusammengefasst, zum Bei- spiel unter einen Begriff. Diese Art der Humorgenerierung bezeichnet Schopenhauer als Witz (vgl. Schopenhauer 1977, 97). Demnach tritt das Komische durch das Aufscheinen einer zuvor unsichtbaren Gemeinsamkeit und der gleichzeitig unbestreitbaren Unterschiedlichkeit zweier Dinge auf. „Jedes Lachen also entsteht auf Anlass einer paradoxen und daher unerwarteten Subsumtion; gleichviel ob dies durch Worte oder Taten sich ausspricht“ (Schopenhauer 1977, 96). Zusätzlich erkennt Schopenhauer einen Kausalzusammenhang in dieser Wirkung: Je stärker die Verbindung einerseits und je größer die Diskrepanz andererseits ist, desto stärker ist der komische Effekt (vgl. ebd.). Grimmelshausen beschreibt bereits 1667 in seinem Buch „Simplicius Simplicissimus“ die Inkon- gruenz als ein Grundprinzip von Komik. Nicht zusammenpassende Elemente werden nebenei- nander gestellt und lösen einen Überraschungseffekt aus (vgl. Carroll 1991, 26). Solche „Inkon- gruenzauslöser“ können beispielsweise das Brechen mit Normen oder Tabus sein, sprachliche Stilmittel wie Übertreibungen, Provokationen und Widersprüchliches. Auch das Auseinanderklaf- fen zweier Kontexte kann einen unterwarteten Effekt, einen humorvollen Moment, zur Folge ha- ben (vgl. Prommer 2012, 135). Wortwitze entstehen beispielsweise oft durch Doppeldeutigkeiten oder der Verwendung in unterschiedlichen Zusammenhängen, die dem Wort unterschiedliche

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Bedeutung verleihen. Versteht man Kontext in diesem Fall als kulturellen Kontext, sind Witze wie der folgendes ein ideales Beispiel:

Ein Chinese, ein Türke, ein Deutscher, ´n Ami und ´n Russe sitzen in einem Zugabteil. Nach ner Weile fängt der Chinese an, massenhaft Reis aus dem Fenster zu schütten. Die anderen gucken sich an... "Wil in China haben so viel Leis, muss alles laus." Sie fahren weiter, nach ner Weile fängt der Russe an, seinen Wodka zum Fenster raus- zukippen. "Wir in Russland chaben soo viel Wooodka, muuus alles wäääg." Kurz drauf steht der Ami auf, schmeißt sein gesamtes Geld zum Fenster raus. "Wir in America haben sou viel Geld, muss alles raus." Guckt der Türke ängstlich zum Deutschen: "Alter, wenn du das machst...!" .

Quelle: witz.de

Jede dieser Nationen hat ihre eigenen Traditionen, ihre Esskultur, ihre Sprache, ihre demogra- phische Beschaffenheit, und so weiter. All das könnte man zusammenfassend als nationale Kul- turen bezeichnen, die sich im angesprochenen Zugabteil begegnen. In diesem Witz treffen aber nicht nur die kulturellen Kontexte der verschiedenen Nationen aufeinander, sondern Inkongruen- zen treten vor allem in der Pointe auf. Hier trifft ein wirtschaftlicher Kontext (Überfluss an Geld und Produkten wie Reis und Wodka) auf einen höchst aktuellen, brisanten gesellschaftspoliti- schen Kontext, nämlich der wachsende türkische Bevölkerungsanteil in Deutschland. Solche Inkongruenzen sind nicht Teil eines komplexen kognitiven Prozesses, sondern unterlie- gen auch dem stetigen Wandel kommunikativer Rahmenbedingungen „Das Komische muss daher die gewünschte erheiternde Destabilisierung mit viel Stabilität umkleiden, um erfolgreich sein zu können; mögliche Welten des Komischen müssen sich auf die uns umgebende Welt beziehen lassen, ihr ähnlich sein.“ (Brock 2013, 258) Brock fasst die ausschlaggebenden Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren für die Entste- hung von Komik im Wort „Institution“ zusammen. Die Definition als „Organisationsform sozialer Beziehungen und stabilisierende Instanz die menschliches Handeln regelt und damit voraussag- bar macht“ schließt alle in dieser Arbeit relevanten Aspekte der Komikerzeugung mit ein – ange- fangen von interpersonellen Faktoren der Mikroebene bis hin zu interkulturellen Parametern auf der Makroebene. Diese zugegeben weite Definition birgt neben ihrer Nachteile einen entschei- denden Vorteil, den auch Brock in seinen Ausführungen erwähnt:

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Durch diese weite Definition kann nämlich gezeigt werden, dass institutionelle Struktu- ren unterschiedlicher Ordnung neben ihren Unterschieden auch eine Reihe von Gemein- samkeiten in Bezug auf das Komische aufweisen: 1. Alle stabilen institutionellen Struktu- ren wirken im Kommunikationsprozess produktions- und rezeptionsleitend. 2. Alle insti- tutionellen Strukturen können gebrochen oder anderweitig manipuliert werden, um ko- mische Effekte zu erzielen. (Brock 2013, 259)

Neben der kognitiven kann allerdings auch die emotionale Dimension von Humor nicht vernach- lässigt werden. Im anschließenden Kapitel werden Freuds Abhandlungen zu Komik aus einer psychoanalytischen Perspektive betrachtet.

3.1.3 Entspannungs- und Abfuhrtheorien

Die Entspannungs- und Abfuhrtheorien (auch: Theorie der Katharsis) stellen den Aspekt des Spannungsabbaus in den Mittelpunkt. Das bedeutet, der Fokus liegt darauf, wie RezipientInnen mit Komik umgehen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Humor eine Bewältigungsfunkti- on inne hat: „So kann die Wahrnehmung von Komik dazu dienen, einen physiologischen Prozess einzuleiten, der sich im zentralen Nervensystem abspielt und zur mentalen, psychischen und physischen Entspannung führt.“ (Knop 2007, 57). Spencer (1860, 395) verwendet dafür den Be- griff der „nervösen Energie“, die durch eine enttäuschte Erwartung und nachlassende Spannung frei wird. Wesentlich komplexer sind im Gegensatz dazu die Analysen zur Funktion und Technik des Wit- zes von Freud. Der alleinige Aspekt des Spannungsabbaus würde in diesem Fall zu kurz greifen, denn seine Untersuchungen haben einen sehr stark psychoanalytischen Charakter und basieren auf der triebhaften Natur des Menschen. „Dem Witz wird in diesem Zusammenhang die Potenz zugeschrieben, die Spannung zwischen Trieb- und Kulturerfordernissen zu regulieren.“ (Knop 2007, 58). Laut Sigmund Freund zwingen die Normen und das Rahmenkonstrukt der Zivilisation den Menschen zur Unterdrückung elementarer Bedürfnisse und Gefühle. Aus diesem Grund müssen „maskierte“ Wege der Konfliktbewältigung und Bedürfnisbefriedigung gefunden werden. Humor stellt sich dabei als einer dieser sozial akzeptierten Wege heraus und auch Medien funk- tionieren auf ähnliche Art und Weise. Tabubrüche können von den ZuschauerInnen ohne Risiko und vom Alltag distanziert begangen werden. Sigmund Freud nimmt im Rahmen der Katharsis- Theorie eine Unterscheidung zwischen zwei Arten des Witzes vor: Der tendenzlose und der ten- denziöse Witz. Ersteren bezeichnet er als eher harmlos und geeignet zum Abbau von Hemmun- gen. Der Zweitere dringt auf eine Ebene des Unterbewusstseins vor, zu denen der tendenzlose

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Witz keinen Zugang hat. Er beinhaltet sexuelle und/oder feindliche Elemente, die einen plötzli- chen Ausbruch von Gelächter erst möglich und „den tendenziösen Witz so unwiderstehlich ma- chen.“ (Freud 2001, 110). Laut Freud hat der Witz die Kraft, die zentralen Triebe des Menschen, den Aggressions- und Sexualtrieb zu befriedigen. Dadurch können kulturelle Barrieren auf eine sozial verträgliche Art und Weise überwunden werden (vgl. ebd., 115). Als Beispiel sei u.a. die Zote – der obszöne Witz – genannt. Dieser erlaubt den Menschen, ihren sexuellen Trieben nachzugehen, ohne dass ihnen dafür gesellschaftliche Sanktionen drohen. Ähnlich verhält es sich mit dem Aggressionstrieb. „Auch hier unterliegen unsere primären aggressiven Triebe einer Reglementierung durch die Kultur“. (Knop 2007, 60). Auch in Freuds Ausführungen lassen sich demnach schon einige Funk- tionen von Humor herausfiltern. Diese sollen nachfolgend genauer erörtert und vor allem im Hinblick auf den telemedialen Kontext dargestellt werden.

Alle drei hier beschriebenen Humortheorien bilden erst in Kombination ein theoretisches Kon- strukt, das eine ausreichende Basis für diese Untersuchung, bzw. für Analysen von Humor all- gemein, bildet. Sie sind nicht klar voneinander abzugrenzen, schließen sich nicht aus, über- schneiden sich an mehreren Punkten und ergänzen sich. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Erklärung, welche Gründe und Funktionen Humor für das Individuum hat, vor allem die hier behandelten psychologischen Humortheorien bieten.

3.1.4 Humorfunktionen

In der Aufarbeitung von Humorfunktionen schließt sich die Autorin dieser Arbeit, wie auch Knop (2007), der Unterscheidung von Rißland (2002, 34ff) an, die verschiedene Funktionen von Hu- mor herausfiltern konnte. Diese bezeichnet sie als aggressive, sexuelle, soziale und intellektuelle Funktionen. Dieselbe Differenzierung wird auch zur späteren Bildung eines Kategoriensystems für die Inhaltsanalyse herangezogen. Die aggressive Funktion liegt vor, wenn Aggressionen durch feindseligen Humor auf gesell- schaftlich akzeptierte Art und Weise ausgelebt werden und damit als Ersatz für körperliche oder verbale Gewalt dient (vgl. Knop 2007, 62). Werden nicht unterdrückte Aggressionen, sondern sexuelle Probleme durch Humor bewältigt, spricht Rißland (2002, 34) von der sexuellen Funkti- on. Hierzu zählt auch das Aufgreifen von Tabuthemen, die sich im Kontext einer komischen Äu- ßerung aus der kulturellen Klammer befreien und dem Vergnügen dienen können (vgl. Freud 2001, 115f). Von sozialer Funktion ist hingegen die Rede, wenn sich durch Komik die soziale Si- tuation im Sinne von Akzeptanz, Status oder Beziehung verändert. Diese Auffassung deckt sich

36 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 stark mit den oben angeführten Ausführungen Bergsons, der dem Humor eine erzieherische Funktion zuschreibt und ihn als ein Mittel zur sozialen Kontrolle in einer Gruppe begreift. Humor kann soziale Interaktion initiieren, vorantreiben und ein verbindendes Element zwischen Men- schen sein (vgl. Knop 2007, 63). Die intellektuelle Funktion von Humor kann vor allem aus Sicht der InkongruenztheoretikerInnen hervorgehoben werden. Damit ist gemeint, dass durch die kog- nitive Leistung, die das Aufbauen bzw. die Dekodierung einer Inkongruenz verlangt, die intellek- tuelle Kompetenz grundsätzlich gesteigert wird (vgl. Rißland 2002, 25). Dies kann positive Aus- wirkungen auf Problemlösungsprozesse in allen Bereichen des Lebens haben (vgl. Knop 2007, 65). Damit wird wiederum eine Verbindung zwischen der psychologischen und soziologischen Kom- ponente von Humortheorien deutlich. Bis zu diesem Abschnitt wurden hauptsächlich die drei klassischen Komiktheorien vorgestellt, die sich in ihren Grundzügen der psychologischen Kate- gorie nach Lynch zuordnen lassen. Im folgenden Teil der Arbeit soll näher auf die sozialen Funk- tionen von Humor eingegangen und theoretische Ansätze behandelt werden, die Lynch als sozio- logische Theorien bezeichnen würde. Lachen, das „Schmiermittel für soziale Interaktion“ (Popp 1994) hat zwischen und auch innerhalb von sozialen Gruppen eine bedeutende Funktion. Eis brechen und Wogen glätten sind nur zwei der bekanntesten Funktionen, die Lachen haben kann. Die Korrektur sozialen Verhaltens, aber auch das Freiwerden aufgestauter Emotionen – ob positiv oder negativ – kann eingliedernde oder ausgrenzende Effekte haben. In Jugendgruppen sind beispielsweise Witze auf Kosten der schwächeren Gruppenmitglieder ein häufig auftretendes Phänomen (vgl. Kotthoff 2003, 58). Humor steht demnach für eine machtvolles Mittel dar, um in einer soziale Situation zu bestehen und sich zu behaupten. Lynch (2002, 432) beschreibt diese Dimension von Humor anhand der Gegensatzpaare „Identifikation und Abgrenzung“ und „Kontrolle und Widerstand“. Studien zeigen beispielsweise, dass bei der Begegnung zweier einander unbekannter Personen häufig Humor eingesetzt wird, um die Situation aufzulockern, sich selbst zu positionieren, Beziehungen aufzu- bauen. Eine weitere soziologische Erkenntnis auf diesem Gebiet ist die gesellige Komponente von Humor. Martin und Gray (1996) fanden heraus, dass Versuchspersonen Komödien dann als lustiger empfinden, wenn sie innerhalb einer Gruppe rezipiert wurden (zit. n. Prommer 2012, 120). Auch Kotthoff (2003, 62) schreibt einer witzigen Person in dem Moment, in dem sie andere zum Lachen bringt, die Situationskontrolle zu. Die Konstitution einer sozialen Rangordnung durch Humor und Scherzkommunikation als Machtbestätigung bestätigt Lynchs Gegensatzpaar von „Kontrolle und Widerstand“. Auch in puncto „Identifikation und Differenzierung“ kann durch Ko- mik eine relativ klare ingroup - outgroup Unterteilung getroffen und moralische Ansprüche und Normen intersubjektiv ausgehandelt werden (ebd. 68).

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Eine wesentliche Voraussetzung, um ausgrenzenden oder Gemeinsamkeit stiftenden Humor zu verstehen, sind folgende Kenntnisse: die Lage der Gesellschaft im Allgemei- nen, die Befindlichkeit der Gruppe, die vorherrschenden Machtstrukturen und die Kultur. (Prommer 2012, 120)

Dies geht sowohl mit der Überlegenheits- als auch mit der Inkongruenztheorie konform. Durch das Zusammenspiel der im Zitat genannten Kenntnisse hat sich in jeder Person, die einer be- stimmten Gruppe angehört, ein bestimmtes Set an Werten und Ideologien manifestiert. Je nach Gruppe unterscheiden sich damit auch die angewandten Humorstile voneinander (vgl. ebd.). Während Kotthoff vor allem Unterschiede zwischen den Geschlechtern analysiert hat, gibt es mittlerweile auch zahlreiche Studien zum unterschiedlichen Verständnis von Komik zwischen Nationalitäten und Religionszugehörigkeiten (vgl. Ziv 1988; Davies 1998). Auch historische Ab- handlungen über Humor fehlen in dieser Forschungstradition nicht. Kotthoff (2003) beleuchtet in diesem Zusammenhang die Wandlung von geschlechterspezifischem Humor im Laufe der Zeit; Le Goff (2004) befasste sich mit Komik im Mittelalter. Dieses großflächige Wirkungsspektrum von Komik impliziert erneut die Relevanz der kulturellen Rahmenbedingungen, in denen Humor zutage tritt. Im Folgenden sollen sich zwei unterschiedli- che Kulturkreise herauskristallisieren, die die Grundlage für die spätere Analyse bilden. Kulturel- le Spezifika und Faktoren im US-amerikanischen und im deutschen Humor, bzw. ihre Einfluss- nahme auf die „Humorkultur“, sollen anhand der Cultural Studies im folgenden Kapitel ein theo- retisches Fundament bekommen.

3.2 Cultural Studies

Im Laufe ihrer Entstehung arbeitet das verhältnismäßig junge Forschungsfeld der Cultural Stu- dies an der wissenschaftlichen Vergleichbarkeit unterschiedlicher Kulturen. Auch in dieser Ar- beit wird in der Analyse vergleichend vorgegangen, was den nachfolgenden Vorstellungen eini- ger theoretischer Analysekonzepte einen hohen praktischen Nutzen verleiht. Um in diese Analy- se eintauchen zu können, ist es zuallererst notwendig, die beiden Vergleichsgegenstände zu kennen und sie beschreiben zu können. Die Komplexität des Phänomens „Kultur“ lässt seine Definition unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte zu einer Herausforderung werden. Eine relativ simpel klingende, aber dafür nichts ausgrenzende Definition wäre Raymond Williams „culture is a whole way of life“ (Williams 1981/1986, 10). Vertreter der Kultursoziologie wie bei-

38 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 spielsweise Geertz (1991), sowie Herdin/Luger (2008) beschreiben die Kultur einer Gruppe oder Klasse als „die gelebte Tradition der Praktiken, durch welche Verständigung erzeugt bzw. aus- gedrückt wird“ (Herdin/Luger 2008, 1). Viele relevante Kulturaspekte werden in dieser Definition bereits angesprochen: die Tradition als historisch, gewachsene Handlungsanleitung und Wert- vorstellungen, die Praktiken als tatsächlich ausgeübte Handlungen und die Verständigung als Output eines erfolgreich abgelaufenen Kommunikationsprozesses. Das Verhalten der Menschen kann demnach als ein Spiegel ihrer Kultur gewertet werden. Fasst man diese Aspekte zusam- men, kann im Allgemeinen von Kultur als einem Bedeutungssystem gesprochen werden. Hall (1986, 39) bezeichnet Kultur als eine Art Wegweiser für menschliches Verhalten, die das Ver- ständnis zwischen den Mitgliedern einer Kultur überhaupt erst ermöglichen und einen Hand- lungsrahmen vorgeben, der sie in ihrer Lebenswelt bestehen und sozial akzeptiert agieren lässt. Habermas spricht von Kultur als die Grundlage des Sinnvorrats, aus dem sich eine Gesellschaft bedient und damit auch die Rahmenbedingungen für soziales Handeln vorgibt (vgl. Habermas 1986, 349). Kultur bietet ein gemeinsames Sinn- und Zeichensystem, sowie eine Art kollektives Wissen, womit die Voraussetzung für einen potenziell gelingenden Kommunikationsprozess zwi- schen den Mitgliedern einer Kultur erfüllt ist (ebd.). „It defines culture as both the meanings and values which arise amongst distinctive social groups and classes, on the basis of their given historical conditions [...]“ (Hall 1986, 39). Diese Bedeutungen und Werte wurden im Laufe der Zivilisation zunehmend institutionalisiert und liegen somit den meisten gesellschaftlichen Orga- nisationen zugrunde. Aus der Perspektive der Semiotik wird Kultur als eine „Welt von Zeichen“ betrachtet, die aufge- baut und gelebt wird (vgl. Rosenmayr 1992, 43). Darüber hinaus geht Rosenmayr mit Freuds Ansicht konform, dass bestimmte Kulturkonzepte gleichzeitig auch eine Enschränkung „psychi- scher, ökonomischer und sozialer Kräfte“ bedeute (vgl. Rosenmayr 1992, 43; Freud 1930). Um diese weitreichenden Definitionen als Grundlage einer kulturvergleichenden Analyse zu verwenden, ist es notwendig, verschiedene Faktoren, die als kulturgenerierend, kulturbeeinflus- send oder als kultureller Ausdruck betrachtet werden können, herauszufiltern. Die alleinige Be- trachtung von Kultur als Welt der Zeichen oder Wegweiser ist dafür nicht ausreichend, da sie den Prozesscharakter dieses Phänomens nicht aufgreifen. Der soziale Wandel und die damit verbundenen Dynamiken sind maßgebend für eine kultur- und gesellschaftswissenschaftliche Analyse eines zeitgeistabhängenden Analysegegenstands wie eines Medienprodukts. Audiovisu- elle Medienprodukte sind ein materieller Ausdruck dominierender Populärkultur, ein Phänomen, das vor allem den jüngeren Teil einer kulturellen Gruppe betrifft (vgl. Hinz 2009). „Die speziellen Ausprägungen von Ethnizität und die geschaffenen Techniken bzw. Produktionsformen bestim- men eine Kultur ebenso wie die materiellen Güter, die eine Gesellschaft hervorbringt.“ (Herdin/Luger 2008, 2).

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Kultur bildet nicht nur ein Bedeutungssystem, sondern auch das Werte- und Normsystem einer Gemeinschaft. Das theoretische und eher abstrakte Prinzip eines Wertesystems findet ihre prak- tischere Anwendung in den normativen Rahmenbedingungen, die aus einem Set an Regeln be- stehen. Die Bereitschaft, diesen Regeln Folge zu leisten, ergibt sich einerseits aus der Reduktion von Komplexität im täglichen Leben und andererseits aus der Verdeutlichung, einer bestimmten Gruppe anzugehören. Der Ausdruck dieser kulturellen Identität ist die gelebte Form des kogniti- ven und emotionalen Einverständnisses untereinander, dem was wir unter „gesundem Men- schenverstand“ verstehen (vgl. Giddens 1984, 334ff). Zusätzlich zum Werte- und Normsystem kann Kultur auch als Rahmen oder Grundlage des jeweiligen Wirtschaftssystems gesehen wer- den. Ökonomische Strukturen, wie beispielsweise Firmenhierarchien sind durch kulturelle Ge- pflogenheiten geprägt und beeinflussen dementsprechend auch die Produkte, also die wirt- schaftlichen Güter einer Kultur. Vor allem das Mediensystem und seine Produkte entstehen in einer Wechselwirkung zwischen Medien und Kultur. Das eine beeinflusst das andere und umgekehrt. Damit ermöglichen Medien- produkte – durch ihre starke gesellschaftliche Relevanz und unter Berücksichtigung rein öko- nomischer und gewinnorientierter Politiken in der Produktentwicklung – Rückschlüsse auf die jeweilige Kultur. Auch der Faktor Kommunikation schreibt dem Mediensystem einer Kultur eine machtvolle Posi- tion zu. Als Steuerungsmechanismus sorgt die Kommunikation für den Austausch bzw. die Ver- mittlung von Bedeutungen, die sowohl interpersonell als auch technisch-medial erfolgen kann (vgl. Herdin/Luger 2008, 4). Herbert Blumer, ein Vertreter des Symbolischen Interaktionismus, formulierte 1969 drei Prinzipien, die das Element „Bedeutung“ im Kommunikationsprozess her- vorheben:

§ Menschen handeln gegenüber Dingen auf der Grundlage der Bedeutungen, die diese Din- ge für sie besitzen. § Die Bedeutung der Dinge entsteht durch soziale Interaktion. § Die Bedeutungen werden durch einen interpretativen Prozess verändert, den die Person in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt. (vgl. Blumer 1969, 2)

Demnach hängt das menschliche Handeln von Bedeutungen ab, die wiederum eng mit einem prozessualen Charakter, Interpretation und Interaktion zusammenhängen. Ob etwas als „bedeu- tungsvoll“ interpretiert wird oder durch den Kontakt bzw. Austausch mit einem Gegenüber Be- deutung erlangt, kann stark vom kulturellen Hintergrund der beteiligten AkteurInnen abhängen.

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Vor allem in der westlichen Welt hat die Medien- und Kulturindustrie durch das Schaffen von Bedeutungen maßgeblich an Macht gewonnen. Neue und bis dato fremde Ideen, Modernisie- rungsentwürfe und Lebenskonzepte werden von den Medien in die Gesellschaft eingepflanzt und damit kulturelle Wandlungsprozesse in Gang gesetzt (Blumer 1969, 2). Es zeichnet sich also ab, dass der Begriff „Kultur“ ein vielschichtiges, prozessuales und mehr- dimensionales Phänomen bezeichnet. Zur Veranschaulichung dieser Komplexität haben Herdin und Luger (2008) auf Basis von Reckwitz (2000, 72ff) acht mögliche Dimensionen von Kultur zusammengefasst:

1. Topical: Culture consists of everything on a list of topics, or categories, such as social organization, religion, or economy 2. Historical: Culture is social heritage, or tradition, that is passed on to future generations 3. Behavioural: Culture is shared, learned human behaviour, a way of life 4. Normative: Culture is ideals, values, or rules for living 5. Functional: Culture is the way humans solve problems of adapting to the environment or living together 6. Mental: Culture is a complex of ideas, or learned habits, that inhibit impulses and distin- guish people from animals 7. Structural: Culture consists of patterned and interrelated ideas, symbols or behaviours 8. Symbolic: Culture is based on arbitrarily assigned meanings that are shared by a society

Diese komplexe Beschaffenheit führt den Versuch, die Kontrolle über eine Kultur zu erlangen ad absurdum, denn das würde bedeuten, ein ganzes System an sich laufend verändernden Regel- werken zu durchschauen und zu überblicken (vgl. Bauman 1999, 235ff). Die Interpretation von Kultur im Sinne Schmidts (1992, 431) als soziales System, dessen Mitgliedern „auf der Basis von sozial erzeugten Wirklichkeitsmodellen handeln und kommunizieren“, ist ebenfall geprägt vom Prozesscharakter des Phänomens. Vice versa können diese Modelle durch soziales Handeln laufend verändert werden (ebd.). Konkret auf das Mediensystem bezogen würde diese für einen starken Einfluss der Medien auf die jeweilige Kultur sprechen. Sie verleihen ihr eine gewisse Dynamik und versuchen, neue Varianten des „Formenprogramms Kultur“ mit kommunikativen Mitteln durchzusetzen (vgl. Herdin/Luger 2008, 3). Die Macht, Bedeutungen zu generieren und die Ausrichtung und Geschwindigkeiten kultureller Wandlungsprozesse zu steuern, ist neben herkömmlichen Zielen der gewinnorientierten Wirtschaft wie zum Beispiel Markthoheit, ein Grund für das Phänomen „Kulturindustrie“ (Adorno/Horkheimer 1969). Dieser Begriff wurde in den 40er-Jahren von den beiden Vertretern der Kritischen Theorie, A- dorno und Horkheimer, geprägt. Sie begreifen den Terminus „Kulturindustrie“ als Massenbetrug.

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Ihre Kritik gilt vor allem der vorgegebenen Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Besonde- rem. Diese ist in Wirklichkeit nicht mehr vorhanden, es herrschen Ähnlichkeit und Gleichheit. Die Beispiele Film, Radio und Magazine bilden alle gemeinsam ein in sich stimmiges System. „Frei- heit in der Wahl der Ideologie, die stets den wirtschaftlichen Zwang zurückstrahlt, erweist sich in allen Sparten als die Freiheit zum Immergleichen“ (Adorno/Horkheimer 1969, 176). Kultur hat sich zweifellos verändert. Technische Weiterentwicklungen müssen nicht zwangsläufig zur Ver- kümmerung der Vorstellungskraft und Spontaneität des Kulturkonsumenten führen (vgl. ebd., 134). Der Film, beispielsweise, lässt sehr viel Spielraum für weiterführende Gedanken. Eine Ka- mera kann niemals den Raum als ganzes einfangen, immer nur Ausschnitte, der Film schafft eine dreidimensionale Illusion, die aber erst in den Köpfen seiner RezipientInnen entsteht. Das bedeutet, die eigene Vorstellungskraft wird für die „erfolgreiche“ Rezeption eines filmischen Produkts unbedingt benötigt. Im Grunde will man nichts Neues mehr schaffen, da die Gefahr viel zu groß ist, damit zu scheitern. Man bleibt lieber bei einer Version des Altbewährten, da das ökonomische Risiko in diesen Fällen relativ gering ist. „Die Wahrheit, dass sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich her- stellen“ (Adorno/Horkheimer 1969, 129). Diese totale Abwertung jeglicher Produktion ist inso- fern zu kritisieren, als dass die beiden Autoren den Menschen als selbstdenkendes, kritisches Wesen völlig ausschließen und die stabilisierende und Sicherheit gebende Funktion dieses Sys- tems außer Acht lassen. Adorno und Horkheimer sehen auf der einen Seite die Kapitalmacht, deren Credo Quantität statt Qualität ist und auf der anderen Seite die Nicht-Kapitaleigner, die ein aufgeklärtes Bild von sich haben, deren wahre Aufklärung sich aber in Grenzen hält. Nach dem Motto „business is business“ wird alles legitim, was im Zuge der ökonomischen Machterweite- rung getan wird. Dies gelingt nicht nur den führenden Konzernen der westlichen Industriestaaten, den etablierten Mediengesellschaften, sondern auch im östlichen Kulturkreis. Das Bestreben der chinesischen Behörden, das Internet einzuschränken und damit kontrollieren zu wollen, lässt auf das hohe Machtpotenzial der Massenmedien schließen. „Wer die Medien beherrscht, reguliert das For- menprogramm, die „software“ der Gesellschaft: Er bestimmt über die gesellschaftliche Entwick- lung und über die Geschwindigkeit der Veränderung von Lebensstrukturen.“ (Giddens 2001, zit. n. Herdin/Luger 2008, 4). Kultur soll in diesem Sinn aber nicht als Gefängnis der Gesellschaft verstanden werden. Obwohl die Rede von Regeln und Normen ist, handelt es sich bei Kultur um Systeme mit sehr offenem und wandlungsfähigem Charakter. Betrachtet man Kultur aus der Sicht von Luhmanns Sys- temtheorie als soziales System, wäre das Kultursystem als reine Kommunikation zu begreifen. Es handelt sich bei Luhmanns Theorie zwar immer um ein in sich geschlossenes System, die sich aber durch „informationelle Offenheit“ ihrer Umwelt gegenüber kennzeichnet. (Vgl. Luh-

42 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 mann 1984) Die im System lebenden Individuen sind dabei nicht als willenlose Marionetten ihrer kulturellen Rahmenbedingungen, sondern als handelnde Akteure zu verstehen, die ihren kulturel- len Kontext beeinflussen, sich mit neuen Positionen auseinandersetzten, diese verinnerlichen oder Widerstand leisten. Neben ihrer Interessensvertretung und Konsumgewohnheiten entwi- ckeln sie auch einen gewissen Eigensinn (vgl. Herdin/Luger 2008, 3). Die Menschen gestalten Lebensstile und machen damit ihre Kultur zur Lebensweise, die laufend ihren Bedürfnissen angepasst und verändert wird. Die Mittel, die der Mensch zur Verfügung hat, um diese Modifikationen vorzunehmen, sind Symbole, Geschmacksurteile und Überzeugungen, Werte und Normen, sowie Lebensentwürfe im Allgemeinen (ebd.). „Kultur wäre daher weniger als festgeschriebenes Modell von Verhalten zu sehen, sondern als veränderbares Modell für Verhalten“ (vgl. Luger 1999, zit. n. Herdin/Luger 2008, 3). Die Anwendung der angeführten Mittel bzw. Kulturtechniken hilft den Menschen, ihr Leben und ihren Alltag zu strukturieren und organi- sieren. Dazu werden unter Berücksichtigung des eigenen ökonomischen, sozialen und bildungs- geprägten Kontexts verschiedene kulturelle Elemente abgewogen, für die eigene Lebensweise als nützlich oder nicht befunden und dann entweder verwendet, adaptiert oder verworfen. Neben kulturellen Elementen auf der individuellen Ebene, gibt es zusätzlich Faktoren, die auf einer übergeordneten Ebene auftreten und funktionieren:

Kulturelle Manifestationen wie Sitten, Glaubenssysteme, die Bedeutungen, welche Dinge für die Mitglieder einer Kultur verstehbar machen, ja ganze Lebensweisen, verändern sich unter dem Einfluss der medialen Inszenierungen. Wie gravierend die Veränderungen ausfallen, hängt von der Existenz eines eigenständigen Kulturprofils ab und von der Fä- higkeit einer Population, mit Kulturtransfer umzugehen. (Herdin/Luger 2008, 4)

Wie es grundsätzlich möglich ist, dass neues Gedankengut, Praktiken und Technologien den Weg in eine Kultur finden, erklärt die Innovationstheorie. Eine funktionierende Implementierung sol- cher Neuerungen setzt zum einen die Verbreitung dieser Ideen und zum anderen den damit her- beigeführten Zwang, sich mit ihnen auseinandersetzen zu müssen, voraus (vgl. Rogers 1983).

Ein wichtiges Stichwort in diesem Kontext ist die Globalisierung. Das Befassen mit anderen Kul- turen rückt immer mehr in den Mittelpunkt der eigenen Lebensführung; und das Auseinanderset- zen mit dem Fremden wird zur Voraussetzung für das eigene erfolgreiche Bestehen in einer globalisierten Welt. Das Phänomen der Globalisierung kann unterschiedliche Erscheinungen an- nehmen, die Appadurai folgendermaßen benennt: § Ethnoscapes (Globalisierungsphänomene durch Tourismus, Migration, Flucht) § Technoscapes (Technologietransfers)

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§ Financescapes (Börsen- und Welthandel) § Ideoscapes (Werte, Religionen, politische Modelle finden weltweit Gefolgschaft) § Mediascapes (Film, Fernsehen etc. agieren den Globus umspannend) (vgl. Appadurai 1990, 296; Herdin/Luger 2008, 4)

Vor allem das letzte Globalisierungsphänomen, die Medien betreffend, spielt in dieser Arbeit eine zentrale Rolle. Unter Mediascapes versteht Appadurai die elektronischen Verbreitungsmöglich- keiten, der immer einfachere Zugang zu medialen Inhalten auf der ganzen Welt und welches Bild dieser Welt von den Medien kreiert wird (vgl. Appadurai 1990, 298f).

3.2.1 Kulturtypologien

Mehreren Autoren ist die Aufstellung eines Kulturkonzepts gelungen, das eine vergleichende Kulturanalyse möglich macht. Diese Konzepte werden auf Basis von empirischen Messungen entwickelt und in Typologien aufgeschlüsselt. Bekannte Beispiele für diese Art von Kulturanaly- se sind die Studien von Hofstede und Hall (1990). Einen sozialpsychologischen Ansatz, welche Kulturdimensionen verglichen werden können, liefert Triandis (1982). Trompenaars (1993) und Adler (1997) hingegen befassen sich mit dem Gegenstand aus sozioökonomischer Sicht. Das Grid-Group-Modell (Douglas 1982, 1ff) ist in der Kultursoziologie beheimatet, eignet sich für die Durchleuchtung sehr komplexer Zusammenhänge. Seine Entwicklerin Mary Douglas sieht in Humor das Bedürfnis, sich religiösen oder gesellschaftlichen Regelwerken zu entziehen. Durch Witze werden Grenzen gesprengt, Hierarchien in Frage gestellt und damit gefährdet, Autoritäten untergraben und mit allgemein geltenden Werten gebrochen (vgl. Douglas 1979, 102). Die Reduktion von Komplexität und das Verallgemeinern von Erkenntnissen, ohne trivial zu wer- den ist der Zweck solcher Typologien. Ein Argument gegen diese Form der Kulturanalyse wäre das gewisse Maß an beliebigem Entscheiden, das an die Erstellung solcher Typologien gebunden ist. Da Messungen oft nur Anhaltspunkte liefern, sind Typologien oft sehr allgemein gehalten und werden nicht spezifisch genug definiert. Aus diesem Grund sind sie eher als Modelle zu verste- hen, die auf das eigene wissenschaftliche Erkenntnisinteresse umgemünzt und weiter ausdiffe- renziert werden können. Die meisten der folgenden Typologien sind ohnehin nur innerhalb des bestimmten kulturellen Systems gültig bzw. anwendbar, für das sie entwickelt wurden und kön- nen nicht auf andere projiziert werden. Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht über die wich- tigsten Kulturkonzepte- und Typologien, die dieser Arbeit zugrunde liegen.

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HALL HOFSTEDE TRIANDIS ADLER TROMPENAARS DOUGLAS

high-context Kollektivismus ingroup Kollektivismus Kollektivismus Group vs. vs. vs. vs. vs. Dimension: low-context Individualismus outgroup Individualismus Individualismus Individualismus vs. Gruppenmit- glied to do to do erreichter vs. vs vs zugeschriebener to be to be Status Machtdistanz Bedeutung von Gleichheit Grid Dimension: Faktoren wie vs. Gleichheit Alter, Ge- Hierarchie vs. schlecht, Klasse Abhängigkeit Dominanz über von Außen vs. Unterwerfung vs. von Innen ge- unter die Natur steuert Ideologismus vs. Universalismus Pragmatismus vs. Partikularis- mus assoziative vs. Analysierend vs. abstrakte The- integrierend menhandhabung Raum- high-contact öffentlicher orientierung vs. Raum vs. low-contact privater Raum monochrones Konfuzianische Vergangenheits-, Vergangen- sequentielles vs. Dynamik Gegenwarts-, heits-, Gegen- vs. polychrones Zukunfts- warts-, Zu- synchrones Zeitverständ- orientierung kunfts- Zeitverständnis nis orientierung Unsicherheits- vermeidung Maskulinität vs. Femininität Aspekte der Selbstachtung Selbst- wahrnehmung Menschheit ist grundsätzlich gut oder schlecht Lebensweltliche Dimensionierungsmöglichkeiten von Kultur im Überblick (vgl. Hasenstab 1999) mit Ergänzungen von Thomas Herdin und Kurt Luger (2008)

Neben Hall (1989), Trompenaars (1993) und Co. stellte Hofstede (1991/2001) eine Typologie auf, die eine solide, theoretische Grundlage für diese Arbeit zur Verfügung stellt. Auf Basis einer Studie, die er in über 70 Ländern durchführte, erstellte er ein Kulturkonzept, das gleichzeitig eine Einordnung der jeweiligen Staaten anhand eines errechneten Indexes ermöglichte (ebd.). Hofstede betrachtet eine Kultur im Hinblick auf die Faktoren Machtdistanz, Unsicherheitsver- meidung, Individualismus/Kollektivismus und Maskulinität/Femininität.

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Eine etwas aktuellere Typologisierung, die ebenfalls auf Hofstedes Kulturdimensionen basiert, wurde im Rahmen des Forschungsprojektes „Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness (GLOBE)“ von Robert House (2001) vorgenommen. Das Projektteam der Wharton School of Management an der University of Pennsylvania entwickelte Hofstedes Dimensionen weiter und fügten neue hinzu. Das Ergebnis dieser Forschungsarbeit hat sich als passendstes Kulturkonzept herausgestellt und soll im Folgenden konkreter erläutert werden. Das Konzept erstreckt sich über die Dimensionen Unsicherheitsvermeidung, Machtdistanz, Kollektivismus I, Kollektivismus II, Geschlechtergleichheit, Bestimmtheit, Zukunftsorientierung, Leistungsorientie- rung, Human-Orientierung (vgl. House/Javidan/Dorfman 2001).

Individualismus/Kollektivismus I + II Diese Dimension spiegelt das Verhältnis wieder, in dem ein Individuum zu ihrer Gesellschaft steht (vgl. Hofstede 2001, 209f). In kollektivistischen Kulturen lässt sich eine relativ starke Ein- bindung vorfinden, ganz im Gegensatz zu den eher individualistischen Kulturen, in denen die Beziehungen zu anderen Mitgliedern der Gesellschaft eher lose sind. Dies hat zur Folge, dass Prioritäten und Ziele in diesem Sinne gesetzt werden. Während in China das Gemeinschaftswohl über allem steht, zählen in den Vereinigten Staaten Unabhängigkeit und Autonomie an erster Stelle. Im Rahmen des Forschungsprojektes GLOBE wurde diese, auf Hofstede basierende Dimension, auf zwei aufgeteilt. Kollektivismus I bezieht sich auf die Verteilung von Ressourcen und wie Or- ganisationen und soziale Institutionen dadurch gemeinsames Handeln begünstigen. Schweden und Japan werden an dieser Stelle als sehr stark kollektivistisch eingestuft, Deutschland hinge- gen als gering. Die zweite Teildimension Kollektivismus II meint das Zugehörigkeitsgefühl eines Individuums zu einer Gruppe. Die Faktoren Stolz und Loyalität stellen hier eine ausschlaggeben- de Größe in der Messung dieser Dimension dar. Fällt das Ergebnis dieser Messung hoch aus, deutet das auf einen starken Zusammenhalt zwischen Familien, beziehungsweise Organisations- systemen jedweder Art hin. Als Beispiel für eine kollektivistisch ausgerichtete Kultur werden Mexiko und Singapur angeführt, ein Gegenteil dazu wäre Neuseeland (vgl. House/Javidan/ Dorfman 2001).

Machtdistanz Die Dimension der Machtdistanz erstreckt sich zwischen den Polen „hoch“ und niedrig“ und soll den Grad der Akzeptanz einer herrschenden Ungleichheit zwischen den Menschen in einer Kul- tur abbilden (vgl. Hofstede 2001, 79). Hofstede untersuchte zur Ermittlung der unten angeführten Indizes die hierarchischen Gefälle am Arbeitsplatz für verschiedene Länder. Herrscht eine hohe Machtdistanz, steht der Chef/die Chefin deutlich über den Angestellten, bei niedriger Machtdis-

46 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 tanz liegt die alleinige Entscheidungsgewalt nicht bei der Führungsperson, sondern alle Mitarbei- terInnen haben Mitspracherecht. House, Javidan und Dorfman (2001) fügen hinzu, dass im Falle eines hohen Machtgefälles die hierarchische Ordnung stark etabliert ist und von Untergegebe- nen kaum hinterfragt, sondern akzeptiert wird. Handelt es sich, wie zum Beispiel in Dänemark, um eine Kultur mit geringer Machtdistanz, werden hierarchische Unterschiede negativ wahrge- nommen. Thailand kann hier als Gegenbeispiel genannt werden. Die Dimension der Machtdistanz erfolgt grundsätzlich aus der Perspektive der niedriger gestellten Mitglieder einer Kultur, bezie- hungsweise den Untergegebenen (vgl. House/Javidan/Dorfman 2001).

Unsicherheitsvermeidung Jede Kultur hat unterschiedliche Regelsysteme und Praktiken, wie mit den Unsicherheiten um- gegangen wird, die durch das Zusammenleben von Individuen und die Unvorhersehbarkeit der Zukunft entstehen. Kulturen, die nach großer Sicherheit streben, schaffen sich verpflichtende Regelwerke, die den Individuen Handlungsanleitungen für unsichere Situationen geben. Am Ar- beitsplatz zeigen sich diese kulturellen Merkmale in einer langen Beschäftigungsdauer, wogegen in Kulturen mit geringerer Unsicherheitsvermeidung häufiger die Arbeitsstelle gewechselt wird. Im erstgenannten Beispiel ist die Toleranzschwelle für Unsicherheit sehr niedrig, was zur Folge hat, dass mit verschiedenen Mitteln dagegen gearbeitet wird. Diese Mittel treten in der Gestalt von Normen, bürokratischen Rahmenbedingungen und Regeln, die Handlungsanleitungen für die unterschiedlichsten Szenarien vorgeben, in Erscheinung. Während in China ein sehr hoher Grad an Unsicherheitsvermeidung zu verzeichnen ist, hat in Argentinien und der Türkei das Streben nach „Sicherheit“ keine hohe Priorität (vgl. House/Javidan/Dorfman 2001).

Maskulinität/Femininität bzw. Geschlechtergleichheit Diese Dimension stellt Hofstede durch eine Werteskala dar. Als maskuline Werte gelten dabei Einkommen, Wettbewerb und das Erklimmen der Karriereleiter, zu den femininen Werten gehört Warmherzigkeit, Fürsorge und Kooperationsfähigkeit. Länder, in denen eine starke Rollenvertei- lung zwischen Mann und Frau herrscht, werden als maskuline Kulturen bezeichnet. In femininen Kulturen herrscht keine trennscharfe Rollenverteilung und es existieren keine Werte, die aus- schließlich einem Geschlecht zugeschrieben werden (vgl. Hofstede 2001). Ein Kritikpunkt an dieser Dimension ist diese von vornherein als männlich oder weiblich titulierte Auflistung von Werten, die stark von Stereotypen geprägt ist. In welcher Beziehung Stereotype zu einer Kultur und in späterer Folge dann auch zur Komikgenerierung in Fernsehsendungen stehen, wird im weiteren Verlauf der Masterarbeit noch eine zentralere Rolle spielen. In der GLOBE-Studie wird diese Dimension als Grad definiert, der darüber Aufschluss gibt, in- wieweit eine Gesellschaft die Gleichberechtigung von Mann und Frau fördert, beziehungsweise

47 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 ablehnt. Traditionelle, maskulin ausgerichtete Geschlechterrollen lassen sich u.a. in der Türkei und in Spanien finden, während beispielsweise in Polen ein bedeutend höherer Grad an Ge- schlechtergleichheit festgestellt wurde (vgl. House/Javidan/Dorfman 2001).

Bestimmtheit Die Dimension der Bestimmtheit stellt die erste kategorische Erweiterung Hofstedes Kulturkon- zepts durch das GLOBE Projekt dar. Innerhalb einer Kultur gibt sie neben der Bestimmtheit auch die Konfliktfreudigkeit und das Aggressionspotenzial in sozialen Beziehungen an. Damit verbun- den werden unter anderem eine sehr direkte Art der Kommunikation sowie ein eher forsches Auftreten, wie es zum Beispiel in den Vereinigten Staaten und Deutschland zu verzeichnen ist. Wenig Konfliktbereitschaft zeigt sich hingegen in Portugal und Japan. (vgl. House/Javidan/ Dorfman 2001)

Zukunftsorientierung Wie vorausschauend eine Gesellschaft lebt, soll laut House, Javidan und Dorfman (2001) die Dimension der Zukunftsorientierung zeigen. Ein wichtiges Stichwort ist hier, wieviel Zeit in ei- ner Kultur dafür aufgewendet wird, um für die Zukunft zu planen. Als Länder mit einem hohen Grad an Zukunftsorientierung können Kanada und die Niederlande bezeichnet werden. Im Ge- gensatz dazu stehen zum Beispiel in Italien Zukunftspläne nicht an so prominenter Stelle (vgl. House/Javidan/Dorfman 2001).

Leistungsorientierung Der Faktor Leistungsorientierung hängt relativ stark mit dem Grad an Individualismus einer Kul- tur zusammen. Welchen Stellenwert individuell erbrachte Leistungen in einer Gesellschaft haben und wie diese wahrgenommen und honoriert werden, soll in dieser Dimension geklärt werden. Gilt die Leistung als grundlegende Antriebsfeder beim Erklimmen der Karriereleiter, spricht das für stark leistungsorientierte Kulturen, wie zum Beispiel Singapur und Neuseeland. In Gesell- schaften, in der Erfolg nicht zwingend durch Leistungsdrang definiert wird, fällt der Wert dem- entsprechend niedrig aus, wie es beispielsweise in Italien der Fall ist. (vgl. House/Javidan/ Dorfman 2001)

Human-Orientierung Die Human-Orientierung lässt sich anders formuliert auch als „Menschlichkeits-Faktor“ be- zeichnen. Wie erstrebenswert es in einer Kultur ist, Zivilcourage, Fairness und Großzügigkeit zu zeigen, soll durch diese Dimension ermittelt werden. Aufmerksamkeit, Mitgefühl und gerechtes Handeln gegenüber seinen Mitmenschen kann durch entsprechende soziale Anerkennung geför-

48 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 dert oder gehemmt werden. In Dänemark und Kanada konnte beispielsweise ein höherer Grad an uneigennützigem Verhalten festgestellt werden als in Deutschland (vgl. House/Javidan/Dorfman 2001).

3.2.2 Vergleich der deutschen und US-amerikanischen Kultur

Das Projekt GLOBE umfasst eine internationale Studie, die in 61 Staaten mit insgesamt 17000 Managern durchgeführt wurde. Das Autorenteam hat eine Vielzahl an Staaten miteinbezogen – darunter auch Deutschland und die USA. Wie hoch welche der eben vorgestellten Kulturdimensi- onen in den beiden Fallbeispielen ausgeprägt sind, zeigt folgende Vergleichsgrafik:

(vgl. House/Javidan/Dorfman 2001)

KULTURDIMENSION DEUTSCHLAND USA

Individualismus/Kollektivismus I 67 91 (Skala von 1-100) Kollektivismus II IST-Wert: 4,02 Punkte IST-Wert: 4,25 Punkte (Skala von 1-7) SOLL-Wert: 5,18 Punkte SOLL-Wert: 5,77 Punkte Machtdistanz 35 40 (Skala von 1-100) Unsicherheitsvermeidung 65 46 (Skala von 1-100) Maskulinität/Femininität bzw. Geschlechtergleichheit 66 62 (Skala von 1-100) Bestimmtheit IST-Wert: 4,55 IST-Wert: 4,55 (Skala von 1-7) SOLL-Wert: 3,09 Punkte SOLL-Wert: 4,32 Punkte

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Zukunftsorientierung 31 29 (Skala von 1-100) Leistungsorientierung IST-Wert: 4,25 IST-Wert: 4,49 (Skala von 1-7) SOLL-Wert: 6,01 Punkte SOLL-Wert: 6,14 Punkte

Human-Orientierung kein Zahlenwert verfügbar kein Zahlenwert verfügbar (siehe Grafik)

Die Tabelle, sowie die daraus entwickelte Vergleichsgrafik zeigen, dass sich die deutsche und die amerikanische Kultur in vielen Bereichen sehr ähnlich sind. Mit einem Wert von 91 auf einer Skala von 0-100 gilt USA als Vorreiter unter individualistischen Kulturen. Werte wie Freiheit, Eigeninitiative und individuelle Herausforderungen werden in den USA hoch geschätzt. Dies zeigt sich beispielsweise auch in der „Hire and Fire“-Arbeitsplatzpolitik, indem häufig wechseln- de Arbeitsplätze und eine damit verbundene Mobilitätsflexibilität üblich sind. Grundsätzlich kann auch ein offenes Auftreten gegenüber Fremden vermerkt werden, solange die Privatsphäre da- bei nicht verletzt wird. Auch Deutschland ist im Vergleich dazu eine eher von Individualismus geprägte Kultur (Wert: 67). Die Werte für ein kollektives Selbstverständnis im Sinne von Stolz, Loyalität und Gruppenzugehörigkeit fallen dementsprechend mittelmäßig aus. Hier haben die Forscher allerdings eine Diskrepanz zwischen dem gemessenem und dem gewünschten Wert (IST-Wert vs. SOLL-Wert) festgestellt. Beide Kulturen wünschen sich offenbar mehr kollektives Verständnis und Gemeinsamkeitsgefühl. Die Messung des Machtgefälles am Arbeitsplatz fällt in Deutschland sowie in den USA ähnlich gering aus. Generell können eher „flache hierarchische Strukturen“ festgestellt werden, die durch die Arbeitsteilung und Differenzierung im Unternehmen entstehen und der Vereinfachung des Arbeitsalltags dienen. Die Beziehung zwischen Führungspersönlichkeiten und MitarbeiterIn- nen ist von gegenseitigem Respekt geprägt, die Kommunikation erfolgt bevorzugt auf direktem und informellem Weg. Erfolgsstreben, damit verbundenes Konkurrenzdenken und materieller Besitz führen zu einer Aufwertung des Individuums. Dies ist nicht nur ein Kennzeichen für Individualismus und Leis- tungsorientierung, sondern auch für eine eher „maskulin geprägt Kultur“. Mit den Werten 62 (USA) und 66 (Deutschland) kann diese Tendenz als bestätigt angesehen werden. Ist die Rede von Leistungsorientierung, fällt auf, dass in beiden Kulturen individuelle Leistungen hoch angesehen und dementsprechend honoriert werden. Diese Tendenz korrespondiert mit dem stark ausgeprägten Individualismus in der US-amerikanischen Kultur. Leicht dahinter, aber dennoch im vorderen Feld, liegt Deutschland mit einem Wert von 4,25 Punkten. Interessant ist, dass die Spanne zwischen dem erwünschten und dem tatsächlichen Wert weiterhin ein starkes

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Streben nach Leistung und Erfolg suggeriert. Mit 6,14 (USA) und 6,01 (Deutschland) Punkten liegen die gewünschten Werte deutlich über den IST-Werten. Eine größere Differenz zwischen Deutschland und den USA lässt sich im Grad der Unsicher- heitsvermeidung feststellen. Mit 65 Punkten wählen die Deutschen im Zweifelsfall eher die si- chere Variante, während in den USA durchaus eine gewissen Risikobereitschaft und Offenheit gegenüber Innovationen und potenziellen Änderungen in der Gesellschaft zu Tage tritt. Unsi- cherheit wird in der amerikanischen Kultur akzeptiert, in der deutschen eher negativ bewertet. Regeln gelten nicht als unumstößliches Gesetz und können bei Bedarf angepasst werden. Im Bereich der Kommunikation kann an dieser Stelle vermerkt werden, dass Emotionalität eher nicht nach außen getragen wird. Das Thema Zukunftsorientierung im Sinne eines langfristigen Denkens scheint in der deutschen, wie auch in der amerikanischen Kultur nicht so groß geschrieben zu sein. Mit 29 (USA) und 31 (Deutschland) Punkten liegt die stärkere Gewichtung deutlich auf „schnellen, kurzfristigen Er- gebnissen und Profit“. Der Grad der Bestimmtheit stellt einen Indikator für die Konfliktfreudigkeit und Aggressivität in sozialen Beziehungen innerhalb einer Kultur dar. In den USA und Deutschland konnten hier die gleichen Werte festgestellt werden (4,55 Punkte), wobei in diesem Fall wiederum eine Diskre- panz zwischen IST- und SOLL-Wert besteht. Hier verläuft die Differenz zwischen dem, was ge- messen und dem, was als wünschenswert angegeben wurde negativ. Beide Nationen würden ein „deutlich geringeres Maß an Bestimmtheit“ bevorzugen.

Um einen Vergleich zur GLOBE Studie herzustellen, werden im Folgenden auch Hofstedes Mes- sungen kurz dargestellt. Die Tabelle zeigt einen Überblick über die ermittelten Indizes seiner Studie, die hier als Grundlage zu verstehen ist. Die weitaus aktuellere Einordnung bestimmter Nationen in die Typologie ist der angeführten GLOBE-Studie (2001) zu entnehmen. Im Hinblick auf die Forschungsfrage der Masterarbeit sind an dieser Stelle vor allem Deutschland und USA von Interesse. Keine so große Kluft zwischen den beiden Ländern lässt sich in puncto Machtdis- tanz feststellen. Mit den Werten 35 und 40 sind Deutschland und USA in dieser Dimension annä- hernd gleichauf. Ähnlich verhält es sich auf der Skala zwischen Maskulinität und Femininität. Der geringe Unterschied zwischen den Werten 66 (D) und 62 (USA) spricht ebenfalls für eine beinah gleiche Ausrichtung. Interessant werden allerdings die Werte im Hinblick auf die Unsi- cherheitsvermeidung und den Grad des Individualismus. Es zeigt sich, dass in Deutschland Si- cherheit noch eine wesentlich größere Rolle spielt als in den Vereinigten Staaten. Die Ausprä- gung des Individualismus ist allerdings in den USA mit einem Wert von 91 deutlich am stärksten. Gemeinsam mit Großbritannien stehen sie an der Spitze individualistischer Kulturen. Dies zeigt

51 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 sich zum Beispiel auch darin, dass die BürgerInnen in Deutschland viel mehr Sozialleistungen des Staates in Anspruch nehmen können als in den USA.

Unsicherheits- Land Machtdistanz Individualismus Maskulinität vermeidung Deutschland 35 65 67 66 USA 40 46 91 62 Quelle: Hofstede (1980, 315)

Für das Forschungsinteresse dieser Arbeit werden die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA laut Hofstede von Bedeutung sein. Hofstedes Kulturkonzept dient als Basis für die Analyse kultureller Manifestationen in Comedy-Serien und gleichzeitig als Ver- gleichsinstrument zwischen deutschen und US-amerikanischen Sitcoms. Wie das Analysesche- ma auf der Grundlage von Hofstedes Typologien und den Kulturdimensionen von House/Javidan/ Dorfman (2001) konkret aussieht, wird anschließend im Methodenkapitel der Masterarbeit vor- gestellt.

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4 METHODIK

Das Methodenspektrum der Kulturanalysen beginnt bei der Alltagskomparatistik und endet in der partizipativen Feldforschung (vgl. Herdin/Luger 2008, 4). Grundsätzlich können zwei Herange- hensweisen in der interkulturellen Forschungspraxis unterschieden werden. Die beiden kombi- nierbaren Ansätze werden mit den, ursprünglich aus der Linguistik stammenden Begriffen, „e- misch“ und „etisch“ bezeichnet und können im Grunde als Insider (emisch)- und Outsider (e- tisch)-Perspektive begriffen werden (vgl. Dworschak 1998, 75f). Herdin bezeichnet die beiden Forschungsansätze als „Kulturerfahrung“ und „Kulturtypologien“ (Herdin/Luger 2008, 4f). In der folgenden Analyse wird vom letzteren Ansatz ausgegangen, der als Basis für ein spezifischeres Analyseschema dient. Dieses Kategoriensystem wird durch die Kombination relevanter Kulturty- pologien mit Elementen der Film- und Medieninhaltsanalyse, sowie die Einbindung spezifischer Aspekte des Forschungsgegenstands „Comedy-Serie“ entwickelt. Die grundlegende, methodische Ausrichtung dieser Forschungsarbeit kann als qualitativ- interpretativ bezeichnet werden. Durch eine inhaltsanalytische Vorgehensweise wird versucht, neue Erkenntnisse über das Medienprodukt „Comedy-Serie“ zu erlangen. Früh (1998, 25) be- schreibt die Methode der Inhaltsanalyse als „eine empirische Methode zur systematischen, in- tersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilun- gen (häufig mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz)“. Diese eher allgemeine Definition einer inhaltsanalytischen Methode wird durch die Spezifizie- rung auf AV-Medien (Film und Fernsehen im Konkreten) zu einem greifbaren und vor allem ope- rationalisierbaren Analyseschema umgeformt. „Den Königsweg der Analyse gibt es nicht“ (Mikos 2008, 41) – vielmehr geht es darum, die möglichen Pfade zu kennen, die über die richtige Kreu- zung zum Ziel führen. So lassen sich auch in der Film- und Fernsehanalyse unterschiedliche Herangehensweisen herausarbeiten, die auf drei primäre Autoren zurückzuführen sind. Faul- stich, Korte und Mikos nähern sich jeweils auf ihre Art an die Thematik an und schlagen ver- schiedene Analysestrategien vor. In dieser Arbeit kommt hauptsächlich das Interpretations- schema von Mikos (2008) zur Anwendung, das mit Elementen aus Kortes Filmanalyse ergänzt wird. Da diese Strategien allerdings eher handlungsanleitenden Charakter haben und weniger ein Analyseinstrument selbst darstellen, wird daraus in weiterer Folge ein Kategoriensystem entwickelt, das die Masterarbeit zu einem relevanten Ergebnis führen soll.

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4.1 Analysedimensionen komischer Strukturen

Palmer (1994, 204) Ausführungen zur Analyse von Humor sind vorwiegend in der Inkongru- enztheorie beheimatet. Er schlägt vor, Medieninhalte auf komische Makrostrukturen in der über- geordneten Narrationsebene und zusätzlich auf Mikrostrukturen, wie einzelne Gags und Witze, zu analysieren (ebd.). Weiters betont Palmer, dass die Einbettung in den sozialen Kontext dabei von großer Wichtigkeit ist. Ein Beispiel dafür ist folgender Witz, der im Rahmen einer Untersu- chung aus dem Jahr 2003, von ungefähr 350.000 Menschen zum Lieblingswitz gekürt wurde.

A couple of New Jersey hunters are out in the woods when one of them falls to the ground. He doesn’t seem to be breathing, his eyes are rolled back in his head. The other guy whips out his cell phone and calls 911. He gasps to the operator, „My friend is dead! What can I do?““ The operator says, „Just take it easy. First, let’s make sure he’s dead.“ There is a silence, then a shot is heard. The guy’s voice comes back on the line. He says, „OK, now what?“ (Sullivan 2003, 28).

Bei dieser Pointe entsteht der komische Effekt aus dem Überlegenheitsgefühl des Publikums. Diese kann das Missverständnis zwischen den beiden telefonierenden Personen als solches entschlüsseln und stellt eine Inkongruenz zwischen der Absicht des Senders hinter dem Satz „Let’s make sure he’s dead“ und seiner Interpretation durch den Empfänger. Da es sich hier um eine intersubjektive Inkongruenz handelt, kann sie ihrem Bezugsrahmen entsprechend als mik- rostrukturelle Komikerzeugung eingestuft werden. Häufig gibt es allerdings auch Fälle, in denen sich die Pointe beiden Ebenen zuordnen lässt. Der Bezug zu Makroebene könnte hier das Spiel mit der Angst vor dem Tod sein (Palmer 1994, zit. n. Prommer 2012, 134ff). Die nachfolgende Vorgangsweise beruft sich auf Palmer und beginnt demnach mit einer Erläute- rung der komischen Mikrostruktur, und erst danach wird auf den größeren dramaturgischen Rahmen eingegangen, der Rückschlüsse auf den sozialen Kontexts ermöglicht.

4.1.1 Komische Mikrostrukturen

Wie oben bereits erwähnt, bilden Unterkategorien wie Witze, Scherze und Gags laut Palmer (1994) die Mikroebene komischer Strukturen. Der Großteil der hier genannten AutorInnen haben sich eingehend mit auslösenden Faktoren für Komik beschäftigt. Palmer (1994), sowie auch Nea- le und Krutnik (1990) definierten eine Vielzahl an Komikmitteln, die auch in der Medienproduktion

54 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 angewandt werden. Diese Techniken werden als Ausgangsbasis für die nachfolgende empiri- sche Analyse der genannten Comedy-Serien dienen. Berger (1998) nennt 45 verschiedene Tech- niken, um Komik zu erzeugen, woraus vier grundsätzliche Kategorien gebildet werden können: „1. Humor involving identity, 2. Humor involving language, 3. Humor involving logic (and a fourth category that I’m not completely satisfied with), 4. Humor involving action or visual phenomena.“ (ebd., 3)

Kategorie Techniken Humor involving identity Vorher/Nachher, die Burleske, Karikatur, Peinlichkeiten Humor involving language allusion (Anspielung), bombast (Prahlerei), definition (Bestim- mung), exaggeration (Übertreibung), facetiousness (Scherz- haftigkeit), insults (Beleidigungen), infantilism (kindische Al- bernheiten), irony (Ironie), misunderstanding (Missverständ- nisse), over literalness (zu wörtlich), puns (Reime), wordplay (Wortspiel), repartee (schlagfertige Antwort), ridicule (Spott), sarcasm (Sarkasmus), satire (Satire) Humor involving logic Absurdität, Unfall, Analogien, Zufall und viele mehr Humor involving action or Verfolgungsjagd, Slapstick, Geschwindigkeit visual phenomena

(vgl. Berger 1998, 3f)

Eine ähnliche Einteilung auf sprachlicher Ebene ist in „ Metzlers Kabarett Lexikon“ von Budzinski und Hippen 1996 aufgeführt. Diese Aufschlüsselung literarisch geprägter Komikmittel kommt aus dem deutschen Kulturraum und ist auch in diesem Rahmen zu verstehen. Der Fokus liegt hier deutlich auf der Analyse, Abgrenzung und Beschreibung der Techniken zur Komikgenerierung.

Komikmittel Definition Witz Kurze Erzählung mit einer Pointe am Ende, die Lachen erzeugt Gag Synonyme Verwendung für Witz/Scherz, bezieht sich meist auf Handlungen, Bezeichnung „Running Gag“, wenn diese Handlung mehrmals wiederholt wird Scherz Vorstufe des Witzes, z.B.: Wortwitz Groteske Vertrautes wird unbekannt und/oder unheimlich dargestellt Ironie „durch Rede, Gestik, Mimik und Haltung das Gegenteil ausdrücken von dem, was Rede, Pose oder Gebärde zu äußern vorgeben und es dadurch in Frage zu stellen

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Spott Verhaltensweise und Erscheinungen werden direkt und offen verhöhnt bzw. lächerlich gemacht Parodie Verzerrende, übertreibende Nachahmung: „als ein bekannt vorausgesetztes literarisches Werk wird in ironischer oder satirischer Absicht unter Beibe- haltung charakteristischer Formmittel, aber mit gegenteiligen Intentionen nachgeahmt“ Satire „Eine Form, mit Mitteln des Komischen als negativ empfundene gesellschaft- liche oder politische Zustände und Konventionen sowie individuelle Handlun- gen und Vorstellungen aggressiv-ironisch zu übertreiben und ihre Unzuläng- lichkeit, Verwerflichkeit und/oder Strafwürdigkeit zu verdeutlichen“

(vgl. Budzinski/Hippen 1996, zit. n. Prommer 2012, 136)

Dem Komikmittel Ironie schreibt Lambernd (1998, 33) zusätzlich eine erhöhte kognitive Leistung auf Seiten der RezipientInnen zu. Für das Publikum muss es möglich sein, den Codecharakter des ironischen Kommunikats zu entschlüsseln. Die Fähigkeit dazu hängt allerdings nicht allein von den kognitiven Fähigkeiten der RezipientInnen, sondern auch von ihrem sozialen Kontext ab. Der Bezugsrahmen, der durch eine ironische Bemerkung durchbrochen werden muss, ist laut Räwel (2005, 114ff) Voraussetzung für das Gelingen des beabsichtigten, komischen Effekts. Meistens wird dieser Bezugsrahmen von der Verwendung eines oder mehrerer Stereotypen konstituiert, der durch die Pointe des Witzes dann auf überraschende Art und Weise variiert wird. Die RezipientInnen müssen demnach mit den gesellschaftlichen Normen und Tabus ver- traut sein, die den besagten Bezugsrahmen, sowie die verwendeten Stereotypen festlegen. Die Variation des Stereotypen offenbart sich im Höhepunkt des Witzes und gibt ihm eine dramaturgi- sche Wendung – die Pointe, die bei einem erfolgreichen Dekodierungsprozess den komischen Effekt und das Lachen auslöst. (Vgl. ebd.) Als Quintessenz all dieser Aufschlüsselungen von komikgenerierenden Mitteln kristallisiert sich heraus, dass ein Witz bzw. Scherz dann erfolgreich ist, wenn Inkongruenzen oder wechselnde und/oder durchbrochene Bezugsrahmen verwendet werden.

4.1.2 Komische Makrostrukturen

Unstimmigkeiten im Sinne von Inkongruenzen spielen auch auf der Makroebene eine der wich- tigsten Rollen in der Komikerzeugung. Vorhaus (2001) betont, dass eine Kluft zwischen „komi- scher und realer Realität“ bestehen muss, damit Komik erzeugt wird. Auch Simon (2001) be- zeichnet diese Diskrepanz als „Grundprinzip des komischen Konflikts“. Komische Makrostruktu-

56 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 ren fallen im Bereich der Produktion von Comedy-Serien in den Bereich der Dramaturgie. Ein dramaturgischer Bogen ist immer die Geschichte eines Konfliktes, der nicht zwingend negativ sein muss, sondern auch komisch sein kann. Vorhaus (2001, 46ff) benennt drei Arten des komi- schen Konflikts:

§ Der Mensch gegen die Natur § Mensch gegen Mensch oder normale gegen komische Figur § Mensch gegen sich selbst (innerer Konflikt) (zit. n. Prommer 2012, 138)

Außerdem betont er die entscheidende Rolle, die das Design einer Figur in der Erzeugung von Komik spielt: Die Figur braucht eine komische Perspektive (besonderer Blick auf das Normale), die übertrieben werden muss, damit die Figur weiter in ihre eigene, komische Welt vordringt. Zieht man zum Beispiel als komische Perspektive die Ängstlichkeit heran, könnte die entspre- chende Übertreibung dazu sein, dass sich Figur vor ihrem eigenen Schatten fürchtet. (Vgl. Prommer 2012, 138) Eine komische Figur braucht Charakterfehler, damit das Publikum amüsiert ist und den Charakter nicht nur bemitleidet. Die komische Perspektive des „Ängstlich-seins“ könnte beispielsweise an den Charakterfehler „Jammerlappen“ gekoppelt sein. Diese Fehler bedingen die komische Weltanschauung des Charakters und umgekehrt (ebd.). Daraus ergibt sich eine wechselseitige Dynamik, in der ein komischer Effekt den nächsten auslöst und so wei- ter. Mast (1979, 5) spricht hier von einer Kettenreaktion an absurden Situationen. Obwohl diese Fehler einerseits eine Trennung vom Publikum schaffen, ist es andererseits wichtig, dass die Figur ihr Identifikationspotenzial nicht verliert. Das heißt, menschliche Züge sind notwendig, damit die Beziehung zu den RezipientInnen erhalten bleibt. Ähnlich verhält es sich in den meis- ten Drehbuch-Regelbüchern: Eine Figur muss die Fähigkeit haben, Sympathie und Empathie beim Publikum auszulösen. Faktoren wie „Übertreibung, unangemessene Reaktionen, komische Gegenpole, Wahrheit, Span- nung vs. Auflösung, Intertextualität, kontextueller Zusammenprall, komische Perspektive, Lüge und Repetition“ gehören zu den über zwanzig Kategorien, die Vorhaus (2001, 82ff) als komiker- zeugende Merkmale einer Figur oder einer Handlung formuliert.

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4.2 Die Methoden der Film- und Fernsehanalyse – ein Überblick

In diesem Kapitel sollen die vier klassischen Ansätze für die Film- und Fernsehanalyse von Faul- stich (2002), Hickethier (2007), Korte und Mikos kurz vorgestellt und verglichen werden. Inwie- weit eine Kombination der Analyseschemata der genannten Autoren für diese Untersuchung sinnvoll ist, soll im Folgenden geklärt werden. Faulstich (2002) wirft einen eher großflächigeren Blick auf die Thematik und inkludiert mehrere Sichtweisen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen (ebd., 159ff). Dabei unterteilt er sein Analyseverfahren in die Kategorien „Bauformen des Erzählens“, „Figuren und Charakte- re“, „Handlung“, sowie „Normen und Werte“. Sein Fokus ist die Untersuchung von Spielfilmen in seinen verschiedensten Ausprägungen und Formen. In Faulstichs „genrespezifischer Filminter- pretation“ (ebd., 200) geht es darum, die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung eines bestimmten Genres zu erforschen. Dieses Erkenntnisinteresse unterscheidet sich maßgeblich von Hi- ckethiers Forschungsabsichten. Im Vordergrund steht hier die Analyse von Schauspiel und die Betrachtung der narrativen Struktur eines Filmes. Er nähert sich dem Film aus interpretativem Blickwinkel und erstellt noch weniger spezifische, dafür grundlegendere Kategorien als Faul- stich. Die drei Analyseebenen von Hickethier (2007) eignen sich gut als Basis für eine weiter- führende filmanalytische Arbeit und lassen sich verschieden adaptieren. Zusammenfassend las- sen sich diese drei Basis-Ebenen als Bildgestaltung, Interpretation und Kontext definieren. In der folgenden Untersuchung wird das Augenmerk vorrangig auf die letzten beiden Ebenen gelegt. Da sich das Forschungsinteresse auf den Einflussfaktor Kultur in der Erzeugung von Komik fokus- siert, können bildgestalterische Elemente und filmische Mittel an dieser Stelle vernachlässigt werden. Die Auswahl relevanter Szenen, sowie die Einbettung in kulturellen Rahmenbedingun- gen entsprechen Hickethiers Kontextebene. Die interpretative Herangehensweise konstituiert sich durch die Frage, in welchem Zusammenhang das komische Potenzial der ausgewählten Szenen mit den kontextuellen Faktoren steht. Ob hier eine wechselseitige Beziehung festgestellt werden kann, ist eine Kernfrage dieser Untersuchung. Wesentlich spezifischere und vor allem systematischere Analysemodelle für audiovisuelle Medi- enprodukte stellen Korte (2004) und Mikos (2008) zur Verfügung. Sie gelten als Standardwerke der Filmanalyse und werden dementsprechend oft für Untersuchungen dieser Art herangezogen. Auch in dieser Arbeit sollen die beiden Autoren ihren berechtigten Platz erhalten. Die Kombina- tion ihrer Analysedimensionen bildet den Ausgangspunkt für die anschließende Entwicklung eines Kategoriensystems. In Anlehnung an die Modelle von Korte und Mikos werden Analysedi-

58 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 mensionen aufgestellt, die speziell auf das hier formulierte Forschungsinteresse abgestimmt sind. Trültzsch (2009) stellt die vier unterschiedlichen Analysemodell der genannten Autoren in tabel- larischer Form gegenüber und ordnet die Kategorien entsprechen zu. Was Korte unter der „Be- zugsrealität“ versteht, nennt Hickethier „Kontextwissen“. Faulstich meint ungefähr dasselbe, wenn er von „Normen und Werten“ spricht, was Mikos kurz und bündig als „Kontexte“ bezeich- net. Als formale, beziehungsweise filmgestalterische Merkmale ordnet Trültzsch (2009) Faul- stichs „Bauformen des Erzählens“, Hickethiers „Bildästhetik“, Kortes „Filmrealität, und Mikos’ Ebene der „Ästhetik und Gestaltung“ ein.

FAULSTICH HICKETHIER KORTE MIKOS

Hermeneutische In- Narration und Handlung Bedingungsrealität terpretation Dramaturgie Figuren und Charak- Figuren und Akteure tere Bauformen des Er- Bildästhetik Filmrealität Ästhetik und Gestaltung zählens Inhalt und

Repräsentation Normen und Werte Kontextwissen Bezugsrealität Kontexte Quelle: Trültzsch (2009, 174)

Neben einer anschaulichen Gegenüberstellung unterschiedlicher Filmanalysemethoden stellt Trültzsch (2009) selbst ein Analyseverfahren vor, dessen Elemente zum Teil auch hier zur An- wendung kommen. Er betont die Notwendigkeit, historische und soziokulturelle Kontexte in eine inhaltsanalytische Untersuchung eines Medienproduktes miteinzubeziehen: „Auf die Gattung oder detaillierter das Genre zugeschnitten, sollten die entscheidenden Aspekte der kulturellen und ideologischen Prägung, sowie die Rezeptionsgewohnheiten etc. umrissen werden.“ (Trültz- sch 2009, 175). In diesem Zusammenhang schreibt Trültzsch vor allem dem Begriff des Diskur- ses eine große Rolle zu.

Eine Medieninhaltsanalyse sozialwissenschaftlicher Prägung kann sich vornehmlich auf den Bereich des (inhaltlichen) Diskurses konzentrieren. In diesem manifestieren sich die Funktionen der strukturellen Kopplung zwischen Gesellschaft und Individuum, der Selbstbeobachtung der Kultur, der Thematisierungsfunktion, etc. (ebd.).

Die angesprochene Kopplung ist insofern relevant für diese Untersuchung, da sie die wechsel- seitige Einflussnahme zwischen Gesellschaft, Individuum, Kultur und im Hinblick auf die Thema-

59 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 tisierungsfunktion dementsprechend auch das Agenda Setting in den Medien betrifft. Konkret bedeutet das für die Analyse zweier Comedy-Serien, dass die Möglichkeit besteht, inhaltliche Themenstrukturen herauszufiltern und daraus Rückschlüsse auf die kontextuellen Rahmenbe- dingungen ihrer Entstehung zu ziehen. Auch wenn es sich hier weder um eine Diskursanalyse, noch um eine kontextualisierte Medieninhaltsanalyse nach Trültzsch handelt, bietet sich trotz- dem ein konkretes Analyseinstrument auch für diese Untersuchung an. Trültzsch (2009, 177) schlägt als erste Arbeitsschritte vor, aus den nachfolgend aufgelisteten Fragen ein System aus Indikatoren abzuleiten, auf dessen Basis dann die fiktionale Welt in der Serie mit einer zuvor angefertigten „Vergleichsfolie“ intersubjektiv nachvollziehbar abgeglichen werden kann:

§ Dispositive Rahmung rekonstruieren § Kultur / Ideologie § Welche soziokulturellen Normen und Werte sind dominant und könnten Einfluss haben? § Welche Rolle spielen religiöse Dogmen oder Ideologien? § Welche gesellschaftlichen Utopien mit welcher Prägekraft sind vorhanden? § Vergegenständlichungen § Wie sehen / sahen die institutionellen, politischen, wirtschaftlichen, technischen Rah- menbedingungen aus? (vgl. Trültzsch 2009, 176)

Die Fragen sind im Rahmen dieser Arbeit als Orienterung und richtungsweisend für die Analyse zu verstehen. Sie bilden keinen Fragenkatalog, der in dieser Form für die Datensammlung bzw. Auswertung herangezogen wurde. Genauso sind auch folgende Dimensionen für die Inhaltsana- lyse zu verstehen:

§ Politische, wirtschaftliche, juristische Einflüsse für Lebensalltag § Gesellschaftliches und politisches Engagement § Berufsarbeit (Beruf, Position, Status, Kollegen) § Qualifikation (beruflich, schulisch etc.) § Lose gesellschaftliche Kontakte § Milieu, Schicht, Klasse § Kunst und Kultur (vgl. Trültzsch 2009, 181)

Auf Basis dieser Fragen und Dimensionen wurde in Kombination mit den Analysemodellen von Mikos und Korte die methodische Vorgangsweise der Untersuchung definiert. Zur besseren Nachvollziehbarkeit des hier angewendeten Schemas, sollen im Folgenden die filmanalytischen Modelle der beiden genannten Autoren etwas näher erörtert werden.

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4.2.1 Film- und Fernsehanalyse nach Lothar Mikos

Mikos (2008) schlägt vor, das eigene Erkenntnisinteresse vorerst in fünf Ebenen zu unterteilen: Inhalt und Repräsentation, Narration und Dramaturgie, Figuren und Akteure, Ästhetik und Gestal- tung, sowie Kontexte. Das Kernelement der Forschungsfrage dieser Arbeit, nämlich der Aspekt des Komischen, kann sich durch jede dieser Ebenen ausdrücken und auf sie wirken. Vorweg darf allerdings gesagt werden, dass der Bereich Narration und Dramaturgie, neben Inhalt und Kontexte eine sehr wichtige Rolle spielen wird, da hier Mikos selbst die Komik als eigenen Un- terpunkt anführt. Im Laufe der Arbeit werden sich die einen Ebenen als wichtiger, die anderen als weniger wichtig herausstellen. Letzteren wird dementsprechend auch weniger Bedeutung zugemessen.

Inhalt und Repräsentation

Film- und Fernsehtexte sind über den Inhalt und die Repräsentation mit gesellschaftli- chen Diskursen verbunden [...] Sie korrespondieren mit gesellschaftlichen Strukturen, darin liegt ihre ideologische Komponente [...] Dadurch werden die Texte selbst zu einem Feld der sozialen Auseinandersetzung. (Mikos 2008, 107)

Die Ebene Inhalt und Repräsentation kann wiederum aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden. Was wird in den Bildern gezeigt, wie wird es gezeigt und welche Bedeutun- gen entstehen zusätzlich durch die Montage? Mikos sieht dabei einen engen Zusammenhang zwischen dem Inhalt und der Repräsentation von Fernsehsendungen und dem lebensweltlichen Kontext, in dem sich das Publikum bewegt. Ähnlich wie auch Hall (1997, 28) unterstreicht er die Korrespondenz zwischen dem audiovisuellen Zeichensystem der Fernsehsendung und dem Re- präsentationssystem der mentalen Konzepte der RezipientInnen (vgl. Hall 1997, 28; zit. n. Mikos 2008, 108). Ein sinnvolle Grundlage für die Bildung eines Kategoriensystems ist weiters noch Mikos Unterteilung der Ebene Inhalt und Repräsentation in die Analysekategorien Plot und Story I, Raum und Zeit, Interaktionsverhältnisse und Situative Rahmungen.

Narration und Dramaturgie Wie oben bereits erwähnt, rückt auf dieser Ebene vor allem der Aspekt der Komik in den Fokus. „Ähnlich wie bei Spannung und Suspense entsteht auch Komik durch Strukturen des Plots, die allerdings nicht nur mit dem narrativen Wissen der Zuschauer korrespondieren, sondern auch mit dem generellen Weltwissen“ (Ohler 1994, 35; zit. n. Mikos 2008, 147). Plotstruktur und Span- nungsaufbau werden in diesem Kapitel ausschließlich unter dem Aspekt der Komikgenerierung

61 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 betrachtet. Im Blickpunkt des Interesses steht nicht der allgemeine Spannungsbogen einer Fern- sehsendung, sondern der Aufbau von Komik. Mikos bezieht sich in seinen Ausführungen auf das komikauslösende Phänomen der Inkongruenz. Wie im Theoriekapitel bereits erörtert, geht es um das Spiel mit Erwartungen des Publikums und das plötzliche Aufeinanderprallen von nicht zu- sammenpassenden Elementen. Damit eine komische Plotstruktur aber auch funktioniert, muss die Ebene der Gestaltung oder der Figur mit ins Boot geholt werden. Je nachdem, um welche Form des Gags (sprachlich, akustisch, musikalisch und visuell/optisch) es sich handelt, spielt sich die komische Situation auf der einen oder anderen Ebene ab (vgl. Mikos 2008, 148f). Was für den sprachlichen Gag der witzige Dialog ist, sind ästhetische Gestaltungsmittel, Kameraarbeit und Montage für den visuellen/optischen Gag. Letzterer bezieht sein komisches Potenzial aller- dings auch durch Inkongruenzen in der Handlung und wirkt somit wiederum auf zwei Ebenen. Überzogene musikalische Pointierungen und akustische Überraschungen im Sounddesign sind die Filmbestandteile, die den auditiven Gagformen ihre entsprechenden Namen geben. Generell gilt für alle diese Formen: „Komik ist grundsätzlich ein Spiel mit dem Wissen der Zuschauer“ (Mikos 2008, 151). Einen Lacher erntet der Film nicht, wenn eine alte Dame das Radio einschaltet und ein klassisches Stück ertönt. Ein potenzieller Lacher ist es allerdings, wenn ein Rocksender eingestellt war und sich die alte Dame in ihrer Wohnung Metallica anhört. Durch ein geschickt gestaltetes Setting, wie beispielsweise einer sehr altmodisch eingerichteten Wohnung, und eine gut konstruierte Figur entstehen in dieser Szene Inkongruenzen auf mehrere Ebenen, die sich schließlich in einer komischen Situation vereinen und dem Publikum im besten Fall ein Lachen entlocken. Damit wären die beiden nächsten Ebenen in Mikos Film- und Fernsehanalyse, Figuren und Akteure, sowie Ästhetik und Gestaltung bereits angesprochen.

Figuren und Akteure Die Figuren sind insofern für jede Art von Film- und Fernsehanalyse zentral, weil sie als Hand- lungsträger die Geschichte vorantreiben. Sie stellen eine Beziehung zum Publikum her, ob nun durch Sympathie oder Antipathie, Identifikation oder Ablehnung (vgl. ebd., 163). Wie die Zu- schauerInnen mit einer Figur umgehen, hängt nicht nur von ihren individuellen Lebenskontexten, sondern auch von der Inszenierung der Figur ab. Dazu zählen ihre narrative und dramaturgische Funktion, sowie auch die filmische Gestaltung durch Kameraarbeit, Lichtsetzung, etc. Neben ihren charakterlichen Eigenschaften wird die Figur dadurch auch mit sozialen Merkmalen aus- gestattet, die gleichzeitig Aufschluss über gesellschaftliche Gegebenheiten des Entstehungskon- textes geben. „Ihre Inszenierung ist gebunden an die in den jeweiligen Gesellschaften zirkulie- renden Bedeutungen, die normativen und moralisch-ethischen Regeln des Zusammenlebens betreffend“ (ebd., 164). Aus diesem Grund erhält auch die Ebene der Figur ihre entsprechenden Kategorien im Analyseschema dieser Arbeit. Als interessanter Aspekt wird sich im Hinblick auf

62 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 die Erzeugung von Komik die Verwendung von Stereotypen in der Figurenkonstellation heraus- stellen.

Ästhetik und Gestaltung Die ästhetischen und gestalterischen Mittel eines Films tragen wesentlich zur Bedeutungskon- struktion des gesehenen Bildes bei. Durch sie gibt es die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit des Publikums zu lenken, beispielsweise Schärfeverlagerungen auf ein bestimmtes Detail oder akus- tische Hinweise auf eine weitere Handlung im nicht sichtbaren Nebenraum (vgl. Mikos 2008, 191). Diese filmästhetischen Mittel kommen sowohl auf inhaltlicher und repräsentativer, als auch auf narrativer und dramaturgischer Ebene zur Anwendung. Zusätzlich wird auch im Charakter- und Sozialitätsdesign von Figuren Wert auf filmästhetische Gestaltung gelegt. Vor allem in der Charakterisierung von Akteuren haben neben Maske und Kostüm auch Kamera- und Lichtde- partment eine breite Palette an Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen Einfluss auf die Inszenie- rung genommen werden kann.

Kontexte „Jeder Film- und Fernsehtext entsteht in diesem Zusammenhang unter spezifischen kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen, die einem historischen Wandel unterliegen“ (Mikos 2008, 259). Eine zentrale Rolle fällt dabei den RezipientInnen zu, denn durch die Integration von Film und Fernsehen in ihre eigene Lebenswelt sind sie eine wichtige Triebfeder in der kulturellen und gesellschaftlichen Dynamik (vgl. ebd.). Der Kontext auf Rezeptionsebene bezieht sich auf die Gegebenheiten bei der Aneignung eines Textes. Soziale Erfahrung, kulturelles und soziales Um- feld, sowie gesellschaftlich verankerte Praktiken bilden die Grundlage eines jeden Rezeptions- prozesses (vgl. Winter 1997, 54). Eine andere Dimension des Kontextbegriffs ist der Produktionskontext des Films oder der Fern- sehsendung (vgl. Mikos 2008, 261). Auf der Seite des Produkts lassen sich mehrere kontextuelle Faktoren herausfiltern, genannt seien hier beispielsweise wirtschaftliche Bedingungen des Pro- duktionsprozesses. Was sich ebenfalls auf die Produktionsseite bezieht, ist der Einfluss von kul- turellen Faktoren auf den Inhalt einer Fernsehsendung, was schließlich auch das Erkenntnisinte- resse dieser Arbeit wiederspiegelt. Ist also im Folgenden von Kontexten die Rede, sind damit ausschließlich kulturelle, soziale und gesellschaftliche – nicht aber ökonomische oder finanzielle – Bedingungen gemeint, es sei denn, letztere stehen in Beziehung zu kulturellen Begrifflichkei- ten wie beispielsweise der Kapitalgesellschaft.

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4.2.2 Filmanalyse nach Helmut Korte

„Da die Zuschauer in lebensweltliche Kontexte und gesellschaftliche Diskurse eingebunden sind, konstruieren sie anhand des symbolischen Materials der Film- und Fernsehtexte unterschiedli- che Bedeutungen.“ (Mikos 2008, 108) Auch Korte betont in seiner Einführung in die systemati- sche Filmanalyse (2004) die Aussagekraft einer „historisch-kulturellen Kontextanalyse als de- taillierte Untersuchung der für Produktion und Rezeption jeweils ausschlaggebenden sozioöko- nomischen und ästhetischen Faktoren“ (ebd., 21). In diesem Zusammenhang verweist er auf Un- tersuchungen, vorwiegend aus dem anglo-amerikanischen Raum, die aus der Perspektive der Cultural Studies durchgeführt wurden. Kontext ist ein sehr vielschichtiger und vor allem mehrdimensionaler Untersuchungsgegenstand, weswegen Korte die dafür notwendigen Aspekte in vier Analysedimensionen zusammengefasst hat:

FILMREALITÄT BEDINGUNGSREALITÄT Immanente Bestandsaufnahme. Warum wird dieser Inhalt, in dieser histori- Inhalt, Form, Handlung. schen Situation, in dieser Form filmisch aktualisiert? FILM

BEZUGSREALITÄT WIRKUNGSREALITÄT In welchem Verhältnis steht die Dominante zeitgenössische Rezeption. filmische Darstellung zur realen Heutige Rezeption. Bedeutung des Probems?

Quelle: Korte (2004, 23)

Dieses Modell spiegelt die vier Realitäten, die mit einem Film zusammenhängen, wider. 1. Die Filmrealität: Diese Dimension steht zum einen für die filmische Welt (Inhalt, Schau- plätze, Figuren und Dramaturgie) und zum anderen für formale und technische Faktoren. Alle auf dieser Ebene ermittelten Daten könnten als eine Art Bestandsaufnahme der In- formationen, die nur das filmische Produkt liefert, bezeichnet werden (ebd., 23). Formale Struktur, technische Eckdaten, filmische Mittel und alle dramaturgischen Merkmale (zum Beispiel Aufbau, Wende- und Höhepunkte) sind hier inkludiert. 2. Die Bedingungsrealität: Diese Realität meint alle kontextuellen Faktoren, die sich auf den Produktionsprozess des Films, bzw. in diesem Fall der Serie, ausgewirkt haben. Techni- scher Fortschritt, gesellschaftliche, politische und ökonomische Rahmenbedingungen stellen die Kernelemente dieser Dimension dar (ebd.). In dieser historischen Perspektive

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steht die Position des Films zur Zeit seiner Entstehung – ob gesellschaftlicher, techni- scher oder ästhetischer Natur – im Mittelpunkt. Die Kernfrage dieser Analysedimension soll lauten: „Warum wird dieser Inhalt, in dieser historischen Situation, in dieser Form filmisch aktualisiert?“ Im Hinblick auf das hier definierte Forschungsinteresse, ist diese Frage von maßgeblicher Bedeutung, da die filmische Verarbeitung gesellschaftlich- relevanten Themen zur Zeit der Entstehung der Serien eindeutig in dieser Dimension zu verorten ist. 3. Die Bezugsrealität: In dieser Dimension vergleicht Korte die im Film dargestellte mit der tatsächlichen Realität. Diese kann eine durch historisch belegte Fakten nachempfundene Welt oder auch die aktuelle Beschaffenheit der momentanen Realität meinen (ebd., 24). Wenn die Filmwelt zeitlich mit der realen Welt übereinstimmt, muss in diesem Fall der Ist-Zustand betrachtet werden und der Blick auf eine bereits vergangene Realität erüb- rigt sich. Handelt es sich aber beispielsweise um einen Historienfilm, ist es notwendig, sich mit den damals herrschenden Lebensbedingungen im Sinne der Bezugsrealität zu befassen. Im Fall dieser Untersuchung stimmt die Zeit, in der die ProtagonistInnen leben, jedoch mit der tatsächlichen Entstehungszeit des Films überein. Dadurch kann zwar nicht gezeigt werden, wie im Nachhinein mit bestimmten gesellschaftlichen Problemati- ken filmisch umgegangen wird, doch die unmittelbare Wahrnehmung dieser Themen aus Sicht der MedienproduzentInnen wird deutlich erkennbar. 4. Die Wirkungsrealität: Zu guter Letzt darf in diesem Modell die Rezeptionsebene nicht ausgespart werden. Präferenzen der ZuseherInnen, die Publikumsstruktur, die Rezepti- onsgewohnheiten zur Zeit der Entstehung des Films und des heutigen Publikums sind einige der relevanten Faktoren in der Analyse dieser Dimension (vgl. Korte 2004, 24). Da es sich hier aber nicht um eine Rezeptions- oder Wirkungsanalyse handelt, wird diese Perspektive bewusst vernachlässigt. Der Vollständigkeit halber bekommt dieser Eckpfei- ler einer systematischen „Allround-Analyse“ auch seinen rechtmäßigen Platz in der Auf- arbeitung der methodischen Vorgangsweise dieser Arbeit. Zentral ist, dass es hier nicht um Medienwirkungen geht, sondern darum, was die Medien aus ihrer Umwelt herausfil- tern, in bestimmter Art und Weise verarbeiten und anschließend verbreiten. Eine inhalts- analytische Herangehensweise, wie es hier der Fall ist, wäre für die Wirkungsforschung nicht ausreichend. Dafür muss die Datenerhebung auf Seiten der RezipientInnen und nicht aus der Analyse des Medienprodukts stattfinden. Methoden wie Befragung, Be- obachtung und Experiment führen hier schon eher zum Ziel (vgl. Atteslander 2006, 65).

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4.3 Methode zur kontextualisierten Analyse

Wie im Kapitel zuvor angemerkt, wird für die Analyse ein Instrument benötigt, das eine Basis für die Rückschlüsse aus den Ergebnissen der Inhaltsanalyse auf den kulturellen Kontext ergmög- licht. Diese Vergleichsfolien nach Trültzsch (2009, 176f) werden im Folgenden für den als „ty- pisch deutsch“ und „typisch amerikanisch“ geltenden Humor erstellt.

4.3.1 Vergleichsfolie Deutscher Humor

„Bis ins 19. Jahrhundert können in Deutschland die komischen Gattungen in der Ästhetik nur schwer Fuß fassen, da ihnen der Unernst wie ein Makel anhaftet“ (Schäfer 1996, 32). Der Schweizer Komiker „Emil“ fasste dies einmal prägnant als „Snobismus des Seriösen“ zusammen (zit. n. ebd.). Schäfer (ebd.) sieht Komik in Deutschland einer „bürgerlich-intellektuellen Zensur“ unterworfen. Der Versuch, deutschen Humor zu charakterisieren und damit eine Vergleichsfolie (vgl. Trültz- sch 2009, 176f) für die nachfolgende Untersuchung zu schaffen, ist ein nicht zu unterschätzen- des Vorhaben. Als Indikatoren für den deutschen Humor werden verschiedene Studien herange- zogen, die sich alle mit dem Humorgehalt medialer Produkte auseinandersetzen. Medien dienen der Vermittlung von Komik und sind die Träger der humorvollen Inhalte. Zudem ermöglicht die verschriftlichte Form eines sonst nicht greifbaren und dementsprechend schwer messbaren Phänomens erst die wissenschaftliche Analysierbarkeit. Der Vergleich der hier generierten Cha- rakteristika für deutschen Humor mit den Analyseergebnissen der untersuchten Comedy-Serien ist zusätzlich durch die Gemeinsamkeit zu rechtfertigen, die Vergleichsfaktoren auf beiden Sei- ten über mediale Humorträger zu ermitteln. Dies können audiovisuelle Medien aber auch Litera- tur jeglicher Art sein. Erst eine Übereinstimmung oder Diskrepanz in der Vergleichsphase soll über die tatsächliche Aussagekraft der gewonnen Charakteristika deutschen Humors entschei- den. Zusammengefasst bedeutet das im ersten Arbeitsschritt eine Aufstellung von „typisch deutschen“ Humor-Charakteristika, die anschließend mit den empirisch gewonnen Daten abge- glichen werden. Das erste bekannte Vorurteil, das einem bei dieser Thematik begegnet, ist die Humorlosigkeit der Deutschen: „Es war, als würde die kulturelle Meinungsführerschaft in Frage stellen und die Selbstimportanz des Hauses gefährden. Im Ausland verstand man das nicht. Über einen Stammautor von Suhrkamp schrieb die New York Review of Books: ‚Handkes Stil ist sogar nach deutschen Maßstäben bemerkenswert humorlos’.“ (zit. n. Raeithel 2005, 11) Dieser Absatz impli-

66 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 ziert bereits einen Unterschied zwischen US-amerikanischem und deutschem Humor – zumin- dest aus der Sicht der Beteiligten. Aus wissenschaftlicher Perspektive ist es notwendig, An- haltspunkte für diese Behauptung zu finden und sie nach Möglichkeit intersubjektiv nachvoll- ziehbar nachzuweisen. „Dass Deutsche ihren sense of humor nicht so offen vor sich hertragen wie ihre amerikanischen Freunde, ist unbestreitbar. Doch muss der Humorforscher, wie ein guter Kriminalist, in alle Richtungen ermitteln“ (Raeithel 2005, 12) Raeithel (ebd.) bezeichnet den deutschen Humor als eine „versteckte Form“ der Komik, als eine Art Denkschablone. Als Beispiele dafür nennt er zahlreiche Lexika und Nachschlagewerke, in denen so manche/r AutorIn eine schelmische Spur zurückließ. Das Wort „Verschlafen“ wird im zwanzigbändigen Lexikon des Deutschen Taschenbuchverlags beispielsweise als „eine mittels Zeiterfassungsgerät heilbare Niedergangsseuche“ definiert (zit. n. Raeithel 2005, 12). Zudem verglich Raeithel eine amerikanische und eine deutsche Studie zum Thema Humor mitei- nander. Er stellte fest, das die amerikanischen Autoren in ihrer Arbeit „The Senses of Humor“ zweihundert Seiten gänzliche ohne Humor zu füllen wussten, während sich in der deutschen Vergleichsstudie einige Passagen mit versteckter Komik feststellen lassen (vgl. Raeithel 2005, 14 und Eichhorn 1973). Darüber hinaus beschreibt Bausinger (2000) den typisch, nach Tiefsinn schürfenden Deutschen als überholt. Ironie, Fröhlichkeit und Lockerheit zählt er zu den Lernerfolgen der jüngeren Gene- ration in Deutschland (ebd.). Stereotype und Klischees über eine Nation werden immer aus der Perspektive der anderen dar- gestellt. Dabei werden einer Gesellschaft, beziehungsweise eine Gruppe von Individuen be- stimmte Eigenheiten und Merkmale von außen zugeschrieben. Im folgenden Beispiel geht es um das Phänomen der Schadenfreude: „Schadenfreude gilt als typisch deutsch. Der Begriff hat als Lehnwort in andere Sprachen Eingang gefunden“ (Raeithel 2005, 139)

Lisa: Dad, do you know what Schadenfreude is? Homer: No, I don't know what "shaden-frawde" is. [sarcastic] Homer: Please tell me, because I'm dying to know. Lisa: It's a German term for "shameful joy", taking pleasure in the suffering of others. Homer: Oh, come on Lisa. I'm just glad to see him fall flat on his butt! [getting mad] Homer: He's usually all happy and comfortable, and surrounded by loved ones, and it makes me feel... What's the opposite of that shameful joy thing of yours? Lisa: Sour grapes. Homer: Boy, those Germans have a word for everything!

(The Simpsons 1991, S03E03)

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Der Beliebtheitsaspekt von „Schadenfreude“ legt die Vermutung nahe, dass in der deutschen Humorkultur die Überlegenheits- und Aggressionstheorie eine dominierende Rolle einnehmen könnte. Ob das tatsächlich so behauptet werden kann, soll sich aber anhand der nachfolgenden Analyse herauskristallisieren. Einer anderen Ebene des Humor, der aufgrund zahlreicher ent- sprechender Anekdoten ebenfalls große Beliebtheit unter den Deutschen nachgesagt wird, ist laut Raeithel (2005, 18) der Fäkalhumor. Alleine die Geschichten von und rund um Till Eulenspie- gel, den der Autor als „Ahnherrn des deutschen Humors“ bezeichnet, liefern eine Vielzahl an fäkalhumorbasierten Pointen. Eine davon soll hier als Beispiel genannt werden: Till Eulenspiegel erleichtert sich in einer Badestube, die den Namen „Haus der Reinlichkeit“ trägt, auf den Boden und erklärt seine Handlung damit, dass es ihm um die innere Reinigung gehe (vgl. Raeithel 2005, 19). Diese Anekdote ist nur eine von vielen dieser Art. Ein weiterer interessanter Aspekt der Eulenspiegel-Figur ist die Herkunft seines Namens: „Der Spiegel steht in der Jägersprache für das Hinterteil. Die Uhle ist ein Federwisch, gefertigt aus dem Flügel einer Eule. „Uhl’n Speegel“ heißt demnach soviel wie „Feg mir den Hintern“.“ (Raeithel 2005, 18). Die Tendenz zu dieser Art von Humor bringt die Frage nach den Gründen bzw. den Entste- hungsumständen mit sich. Eine Erklärung aus der Psychoanalytik bezieht sich auf eine stark stereotypisierte Eigenschaft der deutschen Kultur, nämlich den Hang zur Fäkalkomik, und führt diese auf eine zu strenge Reinlichkeitserziehung zurück (vgl. Raeithel 2005, 18). Auch namhafte Künstler wie zum Beispiel Mozart und Goethe stellen in persönlichen Briefen und auch Werken Bezüge zum menschlichen Stoffwechsel her: Ein junger Mensch ich weiß nicht wie, Starb einst an der Hypochondrie Und ward dann auch begraben. Da kam ein schöner Geist herbei Der hatte seinen Stuhlgang frei, Wie ihn so Leute haben. Der setzt sich nieder auf das Grab, Und legt ein reinlich Häuflein ab, Schaut mit Behagen seinen Dreck, Geht wohl erathmend wieder weg, Und spricht zu sich bedächtiglich: „Der arme Mensch, er dauert mich Wie hat er sich verdorben! Hätt' er geschissen so wie ich, Er wäre nicht gestorben!''

(Goethe, Gedicht: Nicolai auf Werthers Grab 1775)

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Mit diesen Versen widerlegt Goethe die These einer „künstlichen Kluft zwischen einem litera- risch Komischen und lebensweltlich Lächerlichen“ (Schäfer 1996, 34). Das Beispiel zeigt, dass hochgeschätzte Poesie und Fäkalhumor in Deutschland nicht so weit auseinander liegen, wie gemeinhin vermutet werden könnte. Genauso lässt sich umgekehrt im sogenannten Alltagshu- mor der Intellekt in der Komik finden. Dieser ist abhängig von individuellen Interessen, bezie- hungsweise Charakteristika. Es ist nicht gesagt, dass sich ein auf dem Papier hochgebildeter Geschäftsmann ausschließlich des intellektuellen Humors bedient, während sich ein junger, auf der Straße lebender Punkrocker auf einem niedrigeren Niveau der Komik bewegt. Humor ist allen Gesellschaftsschichten zugänglich und Unterschiede können nicht per se an Faktoren wie Einkommen und formalem Bildungsniveau gemessen werden. Für einen diplomierten Ge- schäftsmann könnten Witze auf niedrigerem, intellektuellen Niveau nach einem anstrengenden Arbeitstag der Entspannung dienen, für den Punkrocker ist eine satirische Anspielung auf politi- sche Ereignisse ein Ausdruck seiner Persönlichkeit und Identität. Damit kristallisieren sich laut der hier betrachteten Quellen Schadenfreude, Versteckter Humor, Fäkalhumor und auch subtiler, intellektueller Humor als Kennzeichen der deutschen Komik.

4.3.2 Vergleichsfolie US-amerikanischer Humor

„Among the forms of comedy that have publicly flourished in the United States under the condi- tions that have ermerged since 1945, two general types have come to dominate: stand-up come- dy and situation comedy.“ (Marc 1989, 12) Die lange Comedy-Tradition in den USA hat sich dem- nach in zwei Richtungen aufgespalten. Die stand-up comedy meint eine bühnen-situationsartige Comedy-Show eines oder mehrerer Comedians, die zum Publikum sprechen. Die situation co- medy bzw. Sitcom bezeichnet die fiktive Form einer komisch aufgearbeiteten Geschichte, in mehrere gleich lange Episoden unterteilt. Grundsätzlich kann gesagt werden: „Sitcoms depend on familiarity, identification and redemption of popular beliefs“ (ebd., 24). Dies impliziert bereits den Zusammenhang mit gesellschaftlichen und eventuell sozial- politischen Merkmalen. Wie bereits des Öfteren hier angeführt, bietet die Sitcom eine Plattform, um Themen anzusprechen, die ohne den Deckmantel der Komik eine Normverletzung oder einen Tabubruch mit gesellschaftlichen Konsequenzen darstellen würde. „Significant ideas and issues are addressed in seemengly innocent and trivialised parochial situations, but are engaged with and resolved in a symbolic way trough the mediation of comic exchanges and events.“ (Wells 1998, 181) Diese subtile Art von Macht, die einer Fernsehsendung damit zuteil wird, und die An- passungsfähigkeit an aktuelles gesellschaftspolitisches Geschehen sieht Wells als das Geheim- nis dieser langlebigen Comedy-Tradition. Sie greifen auf, was die Menschen beschäftigt – das

69 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 hält das Genre jung und bewirkt ein sogenanntes „mit der Zeit gehen“. Die Sitcom stellt eine perfekte Plattform dar, um kleine politische und ideologische Botschaften hinein zu transportie- ren, die das Genre aus inhaltlicher Sicht aktuell, dynamisch und damit langlebig halten. Dieser Fortschritt spiegelt sich laut Wells u.a. in Aspekten der Kultur wider: „The American sitcom has progressed in a number of respects, which reflect aspects of change in American culture“ (Wells 1998, 181) Pauls Wells zeigt, dass Sitcoms komische Strukturen schaffen, die den Ausdruck von politischen Agenden legitimieren, und dementsprechend eine Vielzahl an entgegengesetzten Diskursen kre- ieren können. „[T]he comedy as it is played out in these situations masks many of the political dimensions which inform the programmes and which are essentially the chief thematics of the genre.“ (ebd.) Die Sitcom ist aus rein formaler Sicht laut Wells kein sehr progressives Genre, da formale und dramaturgische Strukturen kaum aufgebrochen werden. Auf inhaltlicher Ebene können Sitcoms durchaus als fortschrittlich betrachtet werden, da aktuelle moralische und sozi- o-politische Themen auf komischer Ebene behandelt werden und gleichzeitig damit die soziale Fragmentierung, beziehungsweise kulturelle Destabilisierung ausdrücken (vgl. ebd.). An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass auch formale Kriterien der Sitcoms immer wieder durchbrochen werden. Ein Beispiel wäre die US-amerikanische Serie „Modern Family“, die per definitionem als „mockumentary“ gelten kann. Als Mockumentary bezeichnet man Unterhal- tungssendungen, die dem Publikum den Eindruck vermitteln, als handle es sich um einen Doku- mentarfilm. Das zentrale Element ist demnach die Täuschung der ZuschauerInnen. Im Fall von „Modern Family“ werden Merkmale dieses Genres vor allem dafür genutzt, um zusätzliche komi- sche Effekte zu erzielen und dienen weniger dazu, das Publikum hinters Licht zu führen.

4.4 Analyseschema

Der erste Schritt in der Bildung des Kategoriensystems war eine grundsätzliche Unterscheidung relevanter Inhalte der Comedy-Serien anhand ihrer Größenordnung. Aus diesem Grund wurde zuerst entschieden, ob es sich um Hinweise auf „komische Mikrostrukturen“ oder „komische Makrostrukturen“ handelt. Hinweise auf den kulturellen Kontext der Figur, kulturelle Produktionsbedingungen und der dra- maturgische Rahmen verweisen auf makrostrukturelle Begebenheiten. Der kulturelle Kontext der Figur ist für die Fragestellung dieser Arbeit relevant, weil der Schauplatz der Serien sich immer mit dem Produktionsland deckt. „Modern Family“ wurde in den USA produziert und spielt auch dort. Der kulturelle Kontext der Figur kann demnach Hinweise auf den kulturellen Entstehungs-

70 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 bedingungen der Comedy-Serie selbst geben. Wie ein Produktionsland seine eigene Kultur in einem fiktionalen Unterhaltungsformat darstellt, kann sich als interessanter Aspekt erweisen. Das können Auslöser oder Einflussfaktoren sowohl äußerer als auch innerer Konflikte einer Figur sein. Szenische Elemente, die in direktem Bezug zum dramaturgischen Bogen über eine Episode oder eine komplette Staffel stehen, werden ebenfalls auf makrostruktureller Ebene un- tersucht. In die Analyseebene der Mikrostrukturen fallen zum Beispiel komische Situationen, die nicht dem dramaturgischen „großen Ganzen“ zuzuordnen sind und die Handlung nicht vorantreiben. Dazu gehören beispielsweise jegliche Charakteristika einer witzigen Dialogszene und sprachli- che Raffinessen wie Wortwitze und Wortspiele, sowie Wortmeldungen und Kommentare im All- gemeinen, sofern sie als „humorgenerierend“ eingestuft werden oder zumindest diese Absicht erkennbar wird. Dieses Einstufen ist ein höchst subjektives Auswahlverfahren, was die Erstel- lung einiger objektiver Kriterien notwendig macht, die erfüllt sein müssen, um ein szenisches Element als „humorgenerierend“ zu identifizieren und damit erst für diese Untersuchung heran- zuziehen. Auch körperliche Komik wird auf der mikrostrukturellen Ebene analysiert, es sei denn es lässt sich ein makrostruktureller Bezug herstellen. Um Kriterien festzulegen, die eine annähernd objektive Einstufung als „humorgenerierend“ er- möglichen sollen, wird vorab folgendes Set an Fragen beantwortet, um überhaupt Anhaltspunkte zu haben, was in der jeweiligen Szene das humorgenerierende Element sein könnte.

§ Ist die Aktion/Handlung komisch? § Liegt die Komik in der Sprache? § Entsteht die Komik durch die Figur, den Charakter? § Entsteht die Komik durch die Figurenkonstellation, das Aufeinandertreffen von Cha- rakteren? § Liegt die Komik im Schauspiel, in der Mimik und Gestik?

Der komische Charakter eines jeden ausgewählten szenischen Elements in dieser Untersuchung kann durch eine oder mehrere der folgenden Kriterien begründet werden. Sie wurden aus den oben behandelten Humortheorien abgeleitet.

§ Inkongruenz § Differenzen (kultureller, altersbedingter, schichtspezifischer, etc. Natur) § Stereotyp § Missverständnis § Überraschung, Unerwartetes

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§ Überforderung § Übertreibung § Aggression § Ungewöhnliches § Wahrheit („It’s funny, cause it’s true“) § Doppeldeutigkeit § Tollpatschigkeit § Überlegenheit

Analysebogen (Auswahl der humorvollen Szenen)

Szene Nr. Bild Ton/mikrostrukturelle Humorkriterium Makrostruktur Elemente

Dieser Analysebogen kommt bei den ersten Sichtungen der ausgewählten Comedy-Serien zum Einsatz. Mit seiner Hilfe sollen für die Untersuchung relevante Szenen und Sequenzen heraus- gefiltert, grob beschrieben und einer Strukturebene zugeordnet werden. Letztere meint die Un- terscheidung der ausgewählten Szenen, die sich auf komische Makro- oder Mikrostrukturen beziehen. Zusätzlich soll zugunsten der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit das jeweilige Hu- morkriterium vermerkt werden, das gleichzeitig das Auswahlkriterium für die Analyse darstellt.

Analysebogen (szenische Elemente der Mikrostruktur)

Szenisches Physisch Sprachlich Inkongru- Aggression/ Mimik/Gestik Andere Element enz Überlegenheit

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Ist die Auswahl der relevanten Szenen komplett, folgt der zweite Analyseschritt. In dieser Ar- beitsphase wird die zuvor getroffene Unterteilung in mikro- oder makrostrukturelle Komikgene- rierung in die Praxis übertragen, indem zwei separate Analysebögen für die weitere Vorgangs- weise erstellt wurden. Der für die mikrostrukturell relevanten Szenen vorgesehene Analysebo- gen integriert eine Unterscheidung der zuvor ausgewählten, szenischen Elemente nach physi- scher und sprachlicher Komik und enthält zusätzlich einen Verweise auf das jeweilig vermutete komikauslösende Element. Diese Datenerhebung dient der Organisation des Materials und hat eine vorwiegend unterstützende Funktion. Der Analysebogen für die makrostrukturelle Komikebene ist weitaus relevanter für die Frage- stellung dieser Untersuchung und gestaltet sich nach einem anderen Prinzip (siehe Anhang). Diese Datensammlung soll der Erhebung von Hinweisen auf gesellschaftlich relevante Themen, auf den kulturellen Entstehungskontext der Comedy-Serie und auf den dramaturgischen Rahmen dienen. Letztere sehr grob gehaltene Kategorie wurde zusätzlich noch einmal unterteilt, um auf Anhieb vermerken zu können, in welcher dramaturgischen Dimension sich diese Hinweise be- wegen. Handelt es sich um einen inneren Konflikt, ausgelöst durch eine Diskrepanz zwischen Tradition und Moderne? Handelt es sich um einen Konflikt zwischen zwei Menschen, die sich aufgrund ihrer verschiedenen kulturellen Hintergründe missverstehen? Oder handelt es sich um ein Element, das Aufschluss über das „größere Ganze“ gibt – sei es auf die einzelne Episode oder die übergeordnete Geschichte der gesamten Staffel bezogen, falls diese vorhanden ist. Re- levant werden die letzten beiden Kategorien erst, wenn sie in Beziehung zur jeweiligen „Humor- kultur“ gesetzt werden. Damit kann beispielsweise festgestellt werden, ob es Unterschiede darin gibt, inwieweit Humor dazu eingesetzt wird, die Handlung voranzutreiben. Gibt es eine Tendenz, „komischen Szenen“, ihrem ursprünglichen Zweck gemäß, einfach nur komisch sein zu lassen und ihnen damit eine Existenzberechtigung zu geben, oder haben diese Szenen einen tieferen bzw. höheren, dramaturgischen Sinn.

Analysebogen (szenische Elemente der Makrostruktur)

Szenisches Themenspezifi- Kultureller Dramaturgischer Rahmen Element sche Hinweise Kontext Innere Äußere Dram. Bogen Dram. Bogen Konflikte Konflikte - Episode - Staffel

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Nach der Datensammlung mit Hilfe dieser drei Analysebögen müssen die relevanten Daten auf eine Weise extrahiert werden, die anschließend einen Vergleich der Analysebögen der jeweiligen Comedy-Serien sowie Gegenüberstellung der humorgenerierenden Elemente und ihrer Hinter- gründe ermöglicht. Das bedeutet, es wird festgestellt, in welchem Ausmaß beispielsweise das humorgenerierende Element „Inkongruenz“ angewendet wurde, um einen komischen Effekt zu erzielen. Dadurch soll in der abschließenden Datenauswertung dann gezeigt werden, ob sich in der jeweiligen Humorkultur, in diesem Fall US-amerikanisch und deutsch, Tendenzen in eine bestimmte Richtung bzw. Art von Humor herauskristallisieren. Ist zum Beispiel der deutsche Humor aggressiver? Wird im US-amerikanischen Humor mehr mit Stereotypen gespielt als in Deutschland? Diese und ähnlichen Fragen sollen durch die Gegenüberstellung der Analyseer- gebnisse aus den Bögen beantwortet werden. Eine vollständige, wissenschaftlich begründete Beschreibung von deutschem und US-amerikanischem Humor wäre durch die Vielschichtigkeit des Gegenstands nicht möglich – der Anspruch dieser Arbeit ist vielmehr die Extraktion mehre- rer, aussagekräftiger Kennzeichen der jeweiligen Humorkultur, um auch in Zukunft eine bessere, interkulturelle Vergleichbarkeit unter dem spezifischen Blickwinkel des Humors zu ermöglichen.

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5 DIE ANALYSE

Mikos (2008) zeigt in seinen Ausführungen diverse Betrachtungsweisen eines filmischen Pro- dukts auf, die je nach Erkenntnisinteresse der jeweiligen Forschungsarbeit in ein passendes Kategoriensystem umgewandelt werden konnten. In Verbindung mit den zuvor dargestellten Vergleichsfolien wird versucht, kultur-gesellschaftliche Themenstrukturen in den Comedy- Serien herauszufiltern. Die handlungsanleitende Grundlage für das hier angewandte Kategorien- system bietet seine Ebenen-Unterteilung mit ihren entsprechenden Unterpunkten. Die Datener- hebung wurde den oben dargestellten Analysebögen enstprechend in drei Schritten durchge- führt: 1. Szenenauswahl, 2. Einteilung der Szenen in Mikro- und Makroebene, 3. Zuteilung der kultur-gesellschaftlichen Themenstrukturen (siehe Anhang). Aus der tabellarischen Form ergibt sich im Hinblick auf die Mittel der Komikerzeugung im kulturellen Kontext folgende Analyse. Als Untersuchungsobjekt wird die Auswahl von einem Vergleichspaar, also folglich zwei Come- dy-Serien, als sinnvoll und zielbringend erachtet. Die wichtigsten Auswahlkriterien dafür sind auf inhaltlicher Ebene die Verarbeitung eines oder mehrerer gesellschaftlich relevanter Themen (Immigration, Homosexualität, etc.) und auf formaler Ebene ein ähnliches Setting bzw. eine an- nähernd gleiche Lebenssituation der Figuren. Auf den ersten Blick würden sich für diese Unter- suchung vor allem Adaptionsformate anbieten. Der Vergleich der US-amerikanischen Version der britischen Sendung „The Office“ mit dem deutschen Pendant „Stromberg“, sowie die Serie „Ugly Betty“ und „Verliebt in Berlin“. Bei „Ugly Betty“ handelt es sich zwar ursprünglich um ein lateinamerikanisches Format, doch auch hier gibt es ein US-amerikanisches Pendant. In dieser Analyse wird allerdings bewusst Abstand von Adaptionsformaten genommen, da diese einerseits schon in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung verankert sind und ande- rerseits speziellen formalen und inhaltlichen Vorgaben unterliegen, die den kulturellen Einfluss auf die Serie einschränken. Dies ist insofern wichtig, da sich die Untersuchung auf die Unter- schiede zwischen deutschen und US-amerikanischen Spezifika in der Humorkultur bezieht. Die Serien müssen allerdings vergleichbar bleiben, worauf die Wahl schließlich auf zwei Familiensit- coms fiel. Die deutsche Serie „Türkisch für Anfänger“ und die US-amerikanische Sendung „Mo- dern Family“ haben sich hier als vergleichbare Untersuchungsobjekte angeboten. Wie in der Einleitung angesprochen, steht hier vor allem der Immigrations-Aspekt im Vordergrund, sowie die Verwendung von Klischees und Stereotypen.

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Comedy-Serie Gesellschaftlich Schauplatz Produktions- Häufigkeit relevante Themen land, -jahre Staffel Episoden Modern Family Migration, Bildung, Familie USA 5 113 Homosexualität 2009- Türkisch für Migration, Bildung, Familie Deutschland 3 52 Anfänger Erziehung 2005-2008

5.1 Modern Family

Die US-amerikanische Sitcom „Modern Family“ wurde 2009 das erste Mal ausgestrahlt. Mittler- weile gibt es 5 Staffeln, die sich in 113 Episoden gliedern, es werden aber noch weitere produ- ziert. Bei der Serie handelt es sich um eine sogenannte Mockumentary – einen fiktionalen Do- kumentarfilm. Was dem Publikum zuerst widersprüchlich erscheint, wird bei der Rezeption rasch zur Gewohnheit. Die Blicke in die Kamera, das direkte Ansprechen des Publikums und die interviewähnlichen Zwischensequenzen der Figuren, die das zuvor Gesehene kommentieren, werden schnell akzeptiert und dienen in weiterer Folge auch der Erzeugung von Komik.

5.1.1 Die Figuren – „Modern Family“

Javier Delgado Gloria Pritchett Jay Pritchett DeDe Pritchett Gracie Dunphy Frank Dunphy

Manny Delgado Fulgencio Joseph „Joe“ Pritchett

Merie Tucker Barb Tucker

Cameron Tucker Mitchell Pritchett Claire Dunphy Phil Dunphy

Lily Tucker-Pritchett Haley Dunphy Alex Dunphy Luke Dunphy (lila = kaum in Erscheinung tretende Personen, blau = Teil der fixen Figurenkonstellation)

Das Besondere an der Familien-Comedy-Serie „Modern Family“ ist, wie der Name schon impli- ziert, die Zusammenstellung der ProtagonistInnen der Serie, da jede Figur auf ihre Art und Wei- se Teil dieser Familie ist. Jay Pritchett könnte als das Oberhaupt der Familie bezeichnet werden, 76 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 denn als Großvater laufen die meisten Fäden bei ihm zusammen. Familienoberhaupt meint hier allerdings nicht gleichzeitig eine dementsprechend patriarchalische Machtfunktion. Ein Grund dafür ist seine um einiges jüngere Frau Gloria, die dem Stereotyp einer sexy, leidenschaftlichen und charmant dominanten Latina entspricht. Gloria brachte ihren zwölfjährigen Sohn Manny Delgado mit in diese Ehe. Jays Tochter Claire ist mit Phil Dunphy verheiratet, sein Sohn Mitchell lebt seit acht Jahren in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit Cameron Tucker. Claire und Phils Kinder Haley, Alex und Luke bekommen am Beginn der Serie eine Cousine – Mitchell und Camerons vietnamesische Adoptivtochter Lily Tucker-Pritchett. Aus dieser Patchwork- Familie ergeben sich eine Vielzahl an Konfliktsituationen, die auf verschiedenste Ursachen zu- rückzuführen sind. Altersunterschiede und kulturelle Differenzen, Engstirnigkeit, Eifersucht, Stolz usw. sind nur einige Gründe für potenzielle Konflikte, die sich in humoristischen Szenen – der Sitcom gemäß – ausdrücken.

5.1.2 Die Analyse – „Modern Family“

Die Pilotfolge der Serie beginnt mit einer Frühstücksszene im Hause Dunphy. Die Mutter Claire ruft ihre Kinder und bittet gleichzeitig ihren Ehemann Phil, sie zu wecken (vgl. S01/E01, 00:05). Phil steht eher im Weg, als dass er ihr bei der Zubereitung der Pausenbrote behilflich ist. Nach- einander tauchen die Kinder in der Küche auf. Als Haley – die älteste Schwester – den Raum betritt, äußert sie ihren Unmut gegenüber dem lauten Organ ihrer Mutter, ohne die Augen von ihrem Handy zu wenden: „Just text me“ schlägt der Teenager statt dem „Gebrüll“ vor (S01/E01, 00:20). Der Vorschlag, via Smartphone zu kommunizieren, obwohl man sich im selben Haus befindet, ist der erste Hinweis auf technologisch bedingte Strukturen und Veränderungen in der Kommunikationskultur junger Erwachsener. Was auf den ersten Blick absurd wirkt, und dem/der ZuschauerIn einen Lacher entlockt, ist zugleich eine äußerst realistische Beschreibung dieser Veränderungen; und so gibt schon die erste Szene dem Titel dieser Arbeit „It’s funny, cause it’s true“ Recht. Bereits in diesen ersten Sekunden der Serie wird versucht, Komik aus einer Alltagssituation heraus zu erzeugen, wie wir es in der „westlichen“ Kultur gewöhnt sind. Die meisten Menschen können sich mit diesem Frühstücks-Szenario auf irgendeine Art und Weise identifizieren. Diese stereotype Einführung des ersten Familienteils der „Modern Family“ sorgt durch eine leicht übertriebene Darstellung für ein Schmunzeln auf dem Gesicht der ZuschauerInnen. Für ein La- chen reicht dieses Komikmittel allerdings noch nicht. Der humoristische Höhepunkt der An- fangsszene entsteht durch eine unerwartete Inkongruenz, die zwischen Mutter, Vater und Toch- ter entsteht. Die Mutter weist Haley darauf hin, dass alle wissen, sie sei ein Mädchen und sie das

77 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 durch ihren viel zu kurzen Rock nicht noch beweisen müsse. Anschließend fragt sie ihren Ehe- mann, ob er seiner Tochter denn nichts zu ihrem Rock zu sagen hätte. Phil blickt daraufhin kurz auf, lächelt Haley mit breitem Grinsen an und meint munter: „Oh ja! Sieht echt süß aus, Spätz- chen“. „Danke!“ (S01/E01, 0030) meint Haley glücklich und hopst aus dem Bild. Die eindeutige Inkongruenz zeigt sich durch die Erwartungshaltung, die man dem Vater gegenüber hat und wie sie durch eine völlig unerwartete, positive Reaktion auf den kurzen Rock zerstört wird. Diese Feststellung begründet die Einstufung der Anfangsszene als komisch und rechtfertigt somit die Auswahl für die Analyse. Die nächste Frage, die sich hier stellt, ist, warum diese Inkongruenz überhaupt entstehen kann. Bevor eine Pointe eine Erwartungshaltung zerstören kann, muss diese erst vorhanden und gleichzeitig „aktiviert“ sein. Das Vorhanden sein einer solcher Erwartungshaltung ergibt sich aus dem kulturellen Kontext. In westlichen Kulturen wie der USA ist man daran gewöhnt, dass Väter ihre Töchter beschützen wollen und vor allem im Teenageralter allergisch auf Alles reagieren, was das andere Geschlecht anlocken könnte. Ein Sohn im selben Alter wäre der Held, wenn er eine Freundin mit nach Hause bringen würde – die Tochter bekäme Ausgangssperre. Diese (zu- gegeben übertriebene) Darstellung ist ein Muster in der westlichen Kultur, das nicht geleugnet werden kann. Es ist in den Köpfen der Menschen, dass der Vater etwas gegen diesen kurzen Rock haben muss. Bei Phil in der Serie ist allerdings das Gegenteil der Fall – er scheint seine Tochter sogar noch zu ermutigen, in dem er ihr ein Kompliment macht. Dadurch gibt sich eine kultur-gesellschaftlich basierte Inkongruenz zu erkennen. Da es sich bei „Modern Family“ um eine sogenannte „Mockumentary“ handelt, werden zwischen den herkömmlichen Szenen immer wieder Kommentare der Figuren in einer Art Interviewsitua- tion zwischengeschnitten. Dabei nehmen sie Stellung zur Szene, erklären sich und sprechen über die anderen Figuren. Ein solches Interview folgt auch der eben beschriebenen Frühstücks- szene, in der Claire dem Publikum erklärt, dass sie ihren Job dann gut gemacht hat, wenn die Kinder nicht so sind wie sie selbst in ihrer Jugend. Phil sitzt daneben und wirft nur ein: „...unseren Job“ (S01/E01, 01:02). Phil sieht sich selbst als großer Teilhaber an der Kindererzie- hung, Claire lässt durch ihre Aussage allerdings durchscheinen, dass sie sich großteils dafür verantwortlich sieht. Diesen Gag verstehen die ZuschauerInnen auch nur, wenn ein allgemeines kulturelles Wissen über bestimmte Rollenverteilungen in einer Kultur vorhanden ist. Es handelt sich zwar um eine moderne Familie und keineswegs um einen Vater, der sich als männliches Familienoberhaupt versteht, die Rolle der Mutter als Managerin der Familie ist trotzdem deutlich erkennbar. Dies zeugt auch folgender Kommentar Claires, als die gesamte Patchwork-Familie gegen Ende der Staffel einen Urlaub antritt: „Liebling, ich bin eine Mum, die mit Kindern reist. Für mich ist das kein Urlaub, sondern eine Geschäftsreise.“ (S01/E23, 00:45).

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Das Thema Erziehung zieht sich in ähnlicher Weise durch die gesamte Serie. Die dritte Episode der ersten Staffel beginnt beispielsweise mit der Frage „Was genau macht einen guten Vater aus?“ (S01/E03, 00:03). Die Antworten lauten wie folgt:

Jay: „Schwierige Frage...“ Cameron: „Dass man den Kindern die Freiheit gibt, zu werden, was sie wollen. Ob das nun Produzent ist, Poet, oder Päsident einer Firma... oder eines Landes“ Mitchell: „Geduld.“ Phil: „Dass man ihr Kumpel ist“ Claire (taucht im Hintergrund auf): „Ist das deine Antwort?“ Phil: „und, dass sie in die Schule gehen...“ Claire: „Nein!“ Phil: „und keine Drogen nehmen“ Claire: „Nein...Oh Gott“ Phil: „Dann sag mir die Antwort“ Jay: „Ich überleg noch...“

Ein interessanter Punkt ist, dass trotz einer grundsätzlich noch männerdominierten Umwelt, in Sachen Familie ein unausgesprochener Konsens zu bestehen scheint, der den Frauen die mäch- tigere Rolle zuschreibt. Die fortlaufende Verwertung dieser Form von Familienhierarchien, zeigt, dass dieses Familienbild soziokulturell und gesellschaftlich verankert sein muss und sehr viel Nährboden für die Generierung komischen Materials bietet. Dieses Muster nutzt beispielsweise auch die langjährig höchst erfolgreiche Comedy-Serie „Malcolm Mittendrin“, in der der Vater ähnlich wie in „Modern Family“ auch eher die Rolle eines vierten Kindes annimmt, anstatt die Chefrolle in der Familie zu übernehmen. Die Machtverteilung innerhalb einer Familie führt mich bereits zur nächsten ausgewählten Sze- ne. Sie folgt direkt auf die Morgen-Szene bei den Dunphys und hat den Zweck, den zweiten Fa- milienteil vorzustellen. Dazu springen wir kurzerhand mitten auf ein Fußballfeld, an dessen Sei- tenlinie eine höchst temperamentvolle Frau auf und ab springt und ihren Sohn Manny anfeuert, obwohl dieser augenscheinlich sehr schlecht Fußball spielt (vgl. S01/E01, 01:07). Ihre lateiname- rikanische Herkunft wird sofort durch ihren Akzent verraten. Zusätzlich untermauern die ste- reotypen Figureneigenschaften von Gloria Pritchett, die den ZuseherInnen auf den ersten Blick als eine leidenschaftliche, heißblütige, sehr vollbusige, attraktive Frau präsentiert wird, ihre ko- lumbianischen Wurzeln. Neben ihr am Feldrand sitzt ein älterer Herr in einem Trainingsanzug auf einem Liegestuhl und rät ihr, das Ganze „ein bisschen runterzufahren.“ (S01/E01, 01:19). Es stünde ohnehin schon 6:0 – gegen Mannys Mannschaft.

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Nach einem kurzen impulsiven Wortgefecht mit einer anderen Mutter wird sie von einem allein- erziehenden Vater angesprochen, worauf Jay sich aus dem Liegestuhl zu Wort meldet. Das Missverständnis, es handle sich hier um den Großvater, sowie die anschließende, erstaunlich gelassene Aufklärung von Jay, dass er Glorias Ehemann sei, sorgt hier in Kombination mit der übertriebenen Darstellung des Latina-Temperaments seiner Frau für den komischen Effekt (vgl. S01/E01, 02:14). Die Szene gipfelt darin, dass er, während er seinen Status als Ehemann vertei- digt und betonen möchte, dass man sich nicht vom Alter beirren lassen sollte, nicht aus seinem Stuhl hochkommt. Welcher kulturelle Nährboden wird für die Komikerzeugung in dieser Szene verwendet? Zum ersten die Arbeit mit stereotypen Figuren. Wie eben beschrieben, genügt manchmal bereits das Charakterdesign einer Figur, um einer Szene von Anfang an eine komische Richtung zu verlei- hen. Die zweite Basis, aus der die Komikmittel dieser Szene entstehen, betrifft unser erlerntes Bild einer „normalen“ Beziehung – im Sinne einer normativ anerkannten und hauptsächlich auf- tretenden Form – zwischen Mann und Frau. Während die Norm einen eher geringen Altersunter- schied vorgäbe, handelt es sich hier eindeutig um eine ungewöhnlichere Zusammensetzung. Der um einiges ältere Jay, dessen Tochter Claire ungefähr so alt ist wie seine jetzige Ehefrau, hat mit der jungen Latina Gloria und deren Sohn Manny eine neue Familie gegründet, nachdem seine erste Ehe in die Brüche ging. Diese explosive Mischung ergibt sich einerseits aus dem „Jung vs. Alt“-Konflikt und gleichzeitig aus der unterschiedlichen Herkunft der beiden. Nicht nur geogra- phisch und kulturell, sondern auch die soziale Schicht betreffend, kommen Jay und Gloria aus verschiedenen Positionen. Jay ist ein reicher Geschäftsmann mit einer eigenen Firma, Gloria kommt aus einem armen Viertel in Kolumbien und lebte nach der Trennung von ihrem ersten Mann in einer kleinen Wohnung eines Hispano-Ghettos. Das Vorurteil, Gloria hätte es nur auf Jays Geld abgesehen, wird in späteren Episoden noch einmal aufgegriffen. Auch das ist wiede- rum ein Gedanke, der sich in einer materialistisch, individualistischen Kultur aufdrängt. Das Streben nach mehr individueller Sicherheit und materiellen Gütern sind Merkmale dieser Kultur, die von House/Javidan/Dorfman (2001) auch dem US-amerikanischen Bereich zugordnet wer- den. Aus diesem Grund wirkt das Aufgreifen des Themas nicht befremdlich auf das Publikum, vielmehr wird eher darauf gewartet, dass dieser „Elefant im Raum“ angesprochen wird.

Ein völlig anderes Themenfeld eröffnet die darauffolgende, dritte ausgewählte Szene. Jays Sohn Mitchell sitzt mit einem vietnamesischen Baby auf dem Arm im Flugzeug und unterhält sich mit zwei Passagieren über die Adoption von Lily (vgl. S01/E01, 02:24). In dem Moment, als ein Sitz- nachbar meint, seine Frau müsse sehr glücklich darüber sein, betritt Mitchells Lebenspartner Cameron mit auffallend stereotyper Körpersprache die Szenerie. Die Blicke der Passagiere sprechen Bände und regen Mitchell unheimlich auf. Als eine weitere Passagierin an ihren Sitz-

80 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 plätzen vorbeigeht und zu ihrem Mann sagt, er solle sich doch das niedliche Baby mit den „cream puffs“ ansehen, bringt das Mitchells Fass zum Überlaufen (vgl. S01/E01, 03:25). Der Be- griff „cream puffs“ bezeichnet im US-amerikanische Raum nicht nur eine Süßspeise, sondern wird synonym oft in herabwürdigender Art und Weise für homosexuelle Paare verwendet. Da- raufhin springt Mitchell auf und beschimpft pauschal alle Fluggäste als engstirnige, intolerante Idioten – bis schließlich Cameron es schafft, ihm klarzumachen, dass die Frau tatsächlich nur die süßen Cream-Törtchen, die Lily in ihren Händchen hielt, gemeint hat. Peinlich berührt setzt sich Mitchell wieder. Die Komik entsteht hier ebenfalls durch mehrere Faktoren: 1. Das Missverständnis. 2. Die Dis- kriminierung von homosexuellen Menschen, vor allem in Kombination mit der Adoption eines Kindes – was wiederum auf den gesellschaftlichen Hintergrund des Missverständnisses ver- weist. Es zeigt sich also auch hier, dass aktuell relevante, gesellschaftspolitische Themen in Comedy-Serien nicht bloß aufgegriffen, sondern auch gezielt für die Komikerzeugung genutzt werden. Das Missverständnis zeigt, dass kursierende Vorurteile auch sehr stark im Denken der Betroffenen verankert sind. Mit der Sensibilität auf jegliche Art von Diskriminierung wird in ei- ner weiteren Szene gebrochen. Cameron bietet sich als Ersatz-Schlagzeuger für Dylans Band an, worauf sich folgender Wortwechsel ergibt: „Naja, von mir aus gerne, aber ich weiß nicht, ob wir auf dieselbe Art von Musik stehen.“, Cameron darauf entrüstet: „Wie, weil ich schwul bin kann ich nur Musicals oder was?“. Trocken entgegnet Dylan: „Nein, weil sie alt sind“ „Wow. Das hat noch mehr weh getan.“ (S01/E21, 05:27). Die Komik entsteht hier durch den radikalen Bruch mit der Erwartungshaltung, die sogar von Cameron selbst noch direkt angesprochen wird und den/die ZuschauerIn auf eine falsche Fährte führt. Dadurch ist der komische Effekt, die uner- wartete Wendung, umso wirksamer. Das Thema Homophobie setzt sich in den darauffolgenden Szenen fort. Jay, Goria und Manny fahren vom Fußballspiel nach Hause und unterhalten sich angeregt. Es geht darum, dass Manny in ein Mädchen verliebt ist, das er beeindrucken möchte. Deutlich wird, dass er ein hoffnungslo- ser Romantiker ist, was Jay so überhaupt nicht nachvollziehen kann. Er bezeichnet Mannys Er- oberungs-Ideen als „schwul“ (vgl. S01/E01, 07:03). Selbst sein eigener, homosexueller Sohn verwendet den Begriff im negativen Sinn, als er bei der Ankunft zu Hause ein Wandgemälde ent- deckt, das Cameron über Lilys Gitterbett anbringen hat lassen. Er wolle etwas „weniger Schwu- les“ und keine Freunde mehr, die malen und dabei „André“ heißen, meint er aufgebracht (vgl. S01/E01, 08:53). Kurz darauf begründet er seine schlechte Laune Cameron gegenüber mit dem Geständnis, dass er seiner Familie aus Angst vor ihren verurteilenden Reaktionen noch nicht von ihren Adoptionsplänen erzählt hat.

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Während sich der kleine Manny immer wieder hoffnungslos in andere Mädchen verliebt, nimmt die 15-Jährige Haley Dunphy im Laufe der ersten Folgen ihren ersten Freund mit nach Hause. Nach dem ersten Aufeinandertreffen mit den Eltern nimmt sie Dylan so schnell wie möglich mit nach oben in ihr Zimmer, um ihr weitere Peinlichkeiten zu ersparen (vgl. S01/E01, 10:57). Als Claire daraufhin in der Küche zu backen beginnt, gesellt sich Alex – die kleine Schwester, zu ihr. In beiläufigem Tonfall fängt sie an, über Teenager-Schwangerschaften an ihrer Schule zu plau- dern, während ihre Schwester mit dem Jungen in ihrem Zimmer einen Film schaut (vgl. S01/E01, 14:15). Die Mutter weist Alex zwar zurecht, und meint, es wird ihr nicht gelingen, ihre Schwester in Schwierigkeiten zu bringen. Alex Kommentar lässt ihr – vor allem aufgrund ihrer eigenen Teenager Erfahrungen – aber keine Ruhe mehr. Die Entrüstung über die nachfolgenden Kontrollaktionen Claires ist dementsprechend groß – vor allem, da die neue Regel nun besagt, stets die Tür offen zu lassen. Diese Szene schlägt ein neues Kapitel am Themenhorizont auf. Das Problem steigender Teenie- Schwangerschaften an Schulen ist nicht nur der Mittelpunkt vieler Reality-Shows, Doku-Soaps und Spielfilme wie „Juno“, sondern bietet in seiner Ernsthaftigkeit ebenso großes komisches Potenzial. Neben der massenhaften Verarbeitung des Themas in vorwiegend audiovisuellen Me- dien zeigen auch zahlreiche Statistiken seine Relevanz, wie dem Weltbevölkerungsbericht der UNFPA zu entnehmen ist (zit .n. Spiegel Online 2013, 21.8.2014). Der Boom von Fernsehsendun- gen über Teenager-Schwangerschaften in den letzten Jahren untermauert die Hypothese einer medialen Verarbeitung gesellschaftlich relevanter Themen – vor allem im Unterhaltungsbereich.

Das nächste relativ prominente Thema der Serie offenbart sich vorwiegend in der Familie Jay, Gloria und Manny. Die Immigration der Hispanos beschäftigt die US-amerikanische Politik und Bevölkerung seit geraumer Zeit – dementsprechend spiegelt sich das Thema auch in den Medien wider. Konflikte, die sich durch die Verschiedenheiten zweier Kulturen ergeben, sind einerseits ein wichtiges, seriöses Problem, das es zu lösen gilt, stellt aber gleichzeitig ein Potpourri aus Möglichkeiten zur Verfügung, aus denen Comedy-AutorInnen massenhaft Stoff für äußere wie innere Konflikte einer Dramaturgie schöpfen können – angefangen bei Sprachbarrieren, bis hin zur übertriebenen Auslebung der eigenen kulturellen Wurzeln im Zuge der Charaktereigenschaf- ten einer Figur. Ein Beispiel für ein komikgenerierendes Missverständnis, das auf eine sprachli- che Schwierigkeit zurückgeführt werden kann, ist folgende Szenerie: Die ganze Familie versammelt sich bei Mitchell und Cameron, weil sie zu einer großen Ankündi- gung gerufen wurden. Phil macht Gloria ein Kompliment über ihr Kleid – ihr darauffolgendes „Thank you, Phil!“ ist von einem starken, spanischen Akzent geprägt (S01/E01, 17:48). Als Phil plötzlich die Hand hebt und Anstalten macht, sie auf Glorias Hüfte zu legen, geht Claire dazwi- schen, zieht ihn zur Seite und flüstert: „Thank you, PHIL! – nicht Thank you, feel!“ (S01/E01,

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17:50). Nicht nur der Akzent oder bestimmte Vokabeln sorgen für zahlreiche Gag-Vorlagen, son- dern auch der Klang der Sprache. In der ersten Staffel kommt es zu einer Dialogszene, in der Jay Gloria zuerst beim Telefonieren auf Spanisch zuhört. Entgegen seiner Annahme, dass Gloria gerade mit jemandem gestritten haben muss, erwidert sie: „Nein, ich hab was Nettes gesagt“, worauf Jay antwortet: „Langsam begreife ich, warum es so viele Konflikte auf eurem Kontinent gibt.“ (S01/E07, 07:56) Ein typisches Missverständnis und ein Hauch an Überlegenheit sorgen hier für den komischen Effekt der Szene. Beispielhaft für eine übertriebene Auslebung seiner kulturellen Wurzeln ist, neben Mannys stän- digem, kulturell argumentiertem Kaffeekonsum, sein Auftritt am ersten Schultag: Stolz tritt er am Morgen vor Jay und Gloria in die Küche und präsentiert seinen Poncho (vgl. S01/E02, 01:17). Gloria ist begeistert, dass ihr Sohn seine Persönlichkeit so selbstbewusst auslebt – Jay ist sehr skeptisch, zieht Manny auf und prophezeit ihm, dass es die Kinder in der Schule genauso ma- chen werden. Manny lässt sich allerdings in seiner altklugen, frühreifen Art nicht beirren und geht mit den Worten zum Auto, seine Schulkameraden sollen ruhig wissen, dass er stolz auf seine Herkunft sei. Jay daraufhin zu Gloria: „Fahr ich ihn zur Schule oder reitet er auf seinem Esel?“ (S01/E02, 01:32) Die kolumbianische Lebensart bzw. Traditionen werden hier in leicht herablassender Form für den Gag genutzt. Die Pointe geht auf, was bedeutet, dass das Wissen um die Differenzen zu anderen Kulturen beim Publikum vorhanden sein muss. Das nächste Beispiel bezieht sich einerseits auf den Migrationskontext von Gloria und anderer- seits auf die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Jay soll gemeinsam mit Manny einen Ventilator anbringen, wovon er wenig begeistert ist. „Also in meinem Land sind die Männer stolz darauf, körperlich zu arbeiten“, meint Manny, woraufhin Jay antwortet: „Ich weiß. Darum engagiere ich Arbeiter aus deinem Land“ (S01/E03, 04:13). Gloria lacht und liefert die Retourkutsche: „Du bist lustig. Das muss ich meinem nächsten Mann erzählen, wenn wir all dein Geld verprassen.“ Eine weitere Anspielung auf die Themen Toleranz und Immigration liefert eine Szene, in der ein Missverständnis die Hauptrolle spielt. Cameron unterhält sich über eine Arbeitskollegin von Mit- chell, Gloria geht mit Manny an der Gesprächsrunde vorbei und schnappt nur folgendes auf: „Ich wünschte, die Schnepfe würde zurück zu ihren Drogenfreunden gehen und den kleinen braunen Zwerg mitnehmen.“ (S01/E18, 03:41) Cameron wird daraufhin sofort nervös und versucht mehr schlecht als recht den wahren Zusammenhang der Aussage zu erklären. Als die beiden kurze Zeit später einen gemeinsamen Abend verbringen, passieren ihm durch die immer noch andau- ernde Nervosität, nichts Falsches sagen zu wollen, mehrere Fauxpas. Da Gloria keine Lust auf ein feines Restaurant hat, schlägt sie ihm ein kleines Latino-Lokal vor, in dem sie früher gerne aß. Seine Reaktion darauf lautet: „Das klingt doch fantastisch. Ich bin schon gespannt, wo ihr so esst.“ (S01/E18, 05:05) Erschrocken über seine erneute, unbeabsichtigte Distanzierung von ihr,

83 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 redet er sich immer weiter in Schwierigkeiten. Diese Szene zeigt zwar die Notwendigkeit einer Sensibilisierung der Sprache innerhalb einer durch viele Vorurteile belasteten Beziehung zwi- schen Hispanos und US-AmerikanerInnen, warnt aber gleichzeitig vor einer „Übersensibilisie- rung“, die mehr Konflikte schafft, als sie vermeidet. Ein höchst aktuelles Thema, auf das in der Serie auf humorvolle Art und Weise hingewiesen wird.

In einer weiteren interessanten Szene in puncto Toleranz steht Haleys Freund Dylan im Mittel- punkt. Er unterbricht eine hitzige Diskussion innerhalb der ganzen Familie und hält eine Art An- sprache. Aus inhaltsanalytischer Sicht stellt er die Szenerie auf die Metaebene, indem er die Offenheit und Liebe der Familie für „heiße Ausländerinnen“, „Schwule“ und „vietnamesische Babies“ anpreist – etwas, das er bisher so nicht kannte (vgl. S01/E05, 17:46). Der Autor/die Au- torin war sich beim Schreiben dieses Textes für die Figur Dylan der Aktualität und Brisanz die- ser Themen inklusive ihrer Problematiken offenkundig bewusst, da die beabsichtigte moralische Tendenz in dieser Szene klar erkennbar ist. Gemäß dem Genre Sitcom wird der Moment zwar von einer unerwarteten, komischen Wendung unterbrochen – die Botschaft zuvor allerdings bleibt bestehen. Dies spricht für die bewusste Nutzung aktuell relevanter Themen in der Produk- tion von Comedy-Serien. Das Aufeinandertreffen von traditionellen und modernen Familienkonstruktionen ist das Kern- thema dieser Serie und birgt das meiste Konfliktpotenzial. Das Publikum würde das Familienmo- dell der Dunphys als das traditionellste bezeichnen, die Lebenspartnerschaft zwischen Cameron und Mitchell mit ihrer Adoptivtochter Lily, sowie die Verbindung Pritchett-Delgado scheint hier unkonventioneller zu sein. Mit diesem Familienbild brechen die AutorInnen der Serie, in dem sie in folgender Textzeile des homosexuellen Cameron eine Inkongruenz schaffen: „Wir wollen an- dere Familien nicht verurteilen. Es ist nur so, dass wir eine unheimlich traditionelle Familie sind.“ Mitchell fügt hinzu: „...meinte die behinderte, lesbische Schamanin, die Lilys Zimmer ge- segnet hat auch.“ (S01/E21, 05:54) Der Bruch und damit der komische Effekt entstehen durch die differierende Selbstwahrnehmung seiner Familie von Cameron und der Wahrnehmung des Publikums. Das Bild einer traditionellen Familie in den Köpfen der ZuschauerInnen unterscheidet sich massiv von Camerons Sicht einer traditionellen Familie. Es gibt bestimmte normative „Anforderungen“, die eine Gesellschaft an eine Familie stellt. Dazu gehört unter anderem, dass sich die Familienmitglieder gegenseitig unterstützen. Im Fall der „Modern Family“ bedeutet das beispielsweise, dass alle auf der Tribüne sitzen müssen, wenn Manny und Luke ein Basketballspiel haben. Auch mit dieser gesellschaftlichen Norm wird zu- gunsten der Komikerzeugung auf folgende Art und Weise gebrochen: Alex: „Warum muss ich immer zu so was mitgehen?“ - „Weil du deinen Bruder liebst, Schatz.“ - „Und warum muss er nicht mit zu meinen Orchesterkonzerten kommen?“ - „Weil wir deinen Bruder lieben.“ (S01/E20,

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03:54) Darin steckt nicht nur eine familiäre Norm, sondern auch ein Hinweis, was in der Gesell- schaft überwiegend als „cool“ gilt und was nicht. Sportveranstaltungen sind ein von der breiten Masse anerkanntes Event – Orchesterkonzerte nicht. Ist die Rede von der breiten Masse, stellt sich die Frage nach einer Verarbeitung unterschiedli- cher Gesellschaftsschichten in Comedy-Serien. Im Fall der ausgewählten Szenen geht es nicht vorwiegend um den gesellschaftlichen Status zwischen Einheimischen und Immigranten, son- dern um Unterschiede, die aus dem jeweiligen Bildungsniveau resultieren. Cameron bezeichnet Mitchell des Öfteren als einen Snob, lästert auch über dessen Studien- und Anwaltskollegen (vgl. S01/E03, 02:43). Neben Mitchells Abneigung gegenüber Großhandelskaufhäusern und Diskont- märkten zeigt sich seine Arroganz auch beim Thema Football (vgl. S01/E03, 07:10 und S01/E06). Mitchell interessiert sich im Gegensatz zu seinem Vater und seinem Lebenspartner nicht für Sport. Die Verteilung der Prioritäten dieser beiden ist eine völlig andere. Zur Verdeutlichung sei an dieser Stelle Jays Reaktion auf einen heftigen Streit zwischen Gloria und Claire zitiert: „Sie ist meine Tochter, du bist meine Frau. Vergessen wir nicht, was hier wichtig ist: Heute ist ein Footballspiel!“ (S01/E06, 05:34) Dies ist eine Aussage eines übertrieben stereotyp dargestellten amerikanischen Mannes. Trotzdem birgt der Kommentar ein Minimalmaß an Wahrheit, die den komischen Effekt auslöst. Nachdem American Football die populärste Sportart in den USA ist, entkommt auch Mitchell dem Fan-Dasein nicht. Cameron zuliebe, setzt er sich mit den Regeln des Spiels auseinander: „Wenn Football-Fans das schnallen, wie schwer kann es dann sein?“ (S01/E06, 06:15) Diese Aussage deutet auf schichtspezifische Unterschiede in puncto Intelligenz zwischen höher und niedriger gebildeten AmerikanerInnen hin, was sich Mitchells Ansicht nach in der Ausprägung ihrer Foot- ball-Liebe manifestiert. American Football lässt sich eindeutig der amerikanischen Kultur zu- schreiben und ist als fixer Bestandteil davon nicht mehr wegzudenken. Es begeistert die Men- schen, bringt sie zusammen und sorgt für Traditionen. Dieses Phänomen spricht für ein kollekti- ves Element in einer individualistischen Kultur.

Neben der Tradition des American Football bieten auch jährlich wiederkehrende Feiertage im- mer ein großes Spektrum an komischem Potenzial. Für beinahe jede Comedy-Serie wird ir- gendwann eine Weihnachts- (vgl. S01/E10), eine Thanksgiving-Folge, eine Valentinstags-Folge (vgl. S01/E15) usw. geschrieben. Das Zelebrieren der eigenen Beziehung ist in der individualisti- schen, amerikanischen Kultur sehr stark mit Materialismus und Konkurrenzdenken verbunden. Wer übertrumpft wen mit seinen Geschenken? Um diese Frage geht es zum Beispiel auch am Hochzeitstag der Dunphys als Claire bemerkt, dass sie nicht mit Phils Geschenk mithalten kann. Daraufhin zählt Phil für das Publikum eine Liste an Dingen auf, die er sich alle wünscht, was

85 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 wiederum einen Hinweis auf den hohen Stellenwert materieller Güter darstellt (vgl. S01/E08, 01:35). Neben dem stereotypen Familien-Wahnsinn, der sich an Weihnachten zum Beispiel in der Familie Dunphy in Form von bunten Pullovern und kitschigen, blinkenden Dekorationsartikeln nieder- schlägt, wird im Haushalt Pritchett-Delgado um die Traditionen gekämpft (vgl. S01/E10, 00:01). Da sich das kolumbianische Weihnachtsfest in mehreren Punkten vom US-amerikanischen un- terscheidet, sind Konflikte vorprogrammiert. Weihnachtsmann oder Christkind? Geschenke am Abend oder am Morgen darauf? Jay ist davon überzeugt, dass seine, amerikanische Tradition die richtige ist und untermauert seine Argumentation wie gewöhnlich mit einem Seitenhieb auf Ko- lumbien: „Wie schon das Fehlen der Ziegen auf den Straßen bedeutet, wir sind nicht in Kolumbi- en [...] Von jetzt an machen wir kolumbianische Sachen, wenn wir in Kolumbien sind und ameri- kanische Sachen, wenn wir in Amerika sind.“ (S01/E10, 07:43 und 17:34) Einen Hinweis auf House/Javidan/Dorfmans (2001) Kulturdimension Human-Orientierung liefern in dieser Episode Mitchell und Cameron. Da sie verantwortlich für den Rausschmiss eines im Einkaufszentrum auftretenden Weihnachtsmannes sind, plagt sie das schlechte Gewissen und sie versuchen, es wieder gut zu machen, indem sie den Obdachlosen zum Weihnachtsfest einladen (vgl. S01/E10, 06:45).

Als nächstes gesellschaftlich höchst relevantes Thema in der Serie kann die Gleichberechtigung bzw. die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau herausgefiltert werden. In mehreren Szenen finden sich Hinweise auf ein kulturell gewachsenes Verständnis des weiblichen und männlichen Geschlechts. Als Claire eine ehemalige Arbeitskollegin zum Kaffee treffen möchte, erzählt sie das ihrer Familie (vgl. S01/E14, 00:42). Lukes Reaktion daraufhin sieht folgendermaßen aus: „Ich kann mir nicht vorstellen, wie du arbeitest“– worauf sein Vater ihn mehr oder weniger geschickt zurechtweist: „Luke, das ist wahnsinnig frauenfeindlich. Eure Mutter arbeitet sehr hart. Nur, dass sie jetzt für uns arbeitet.“ (S01/E14, 00:47) Mutterschaft und Haushalt fallen in der westli- chen Kultur nicht unter den herkömmlichen Begriff der „Arbeit“. In materialistisch orientierten Gesellschaften zählen zur „richtigen Arbeit“ nur jene Tätigkeiten, die finanziellen Lohn bringen. Die Fähigkeit, diese Pointe zu verstehen, betont den Zusammenhang zwischen kulturell Erlern- tem und der Erzeugung von Komik. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass auch die AutorInnen innerhalb ihres kulturellen Kontextes agieren. Das Schreiben einer Dialogszene mit einer komischen Absicht zeigt abermals, dass auf Produktions- wie auf Rezeptionsseite ein gemeinsames kulturelles und/oder gesellschaftliches Wissen existieren muss, damit ein erfolg- reicher Kommunikationsprozess im Sinne eines komischen Effekts ablaufen kann. Funktionie- rende En- und Dekodierungsprozesse in der Medienaneignung sind dabei gleichzeitig ein Beleg für die kontextuelle Bedingtheit der Botschaft.

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Auch die zweite Szene kann nur verstanden während, wenn bestimmte Rollenbilder in den Köp- fen des Publikums verankert sind: Da sich Jay und Manny beide vor Achterbahnen fürchten, ist Gloria der Meinung, sie müssten sich dieser Angst stellen. Als sich beide Männer nicht trauen, beschließt Gloria kopfschüttelnd, alleine Achterbahn zu fahren: „Hier, du nimmst meine Mäd- chenhandtasche. Und du meinen Schlapphut. Da drüben ist die Mädchentoilette, falls ihr mal müsst.“ (S01/E16, 13:16) Hier wird eindeutig auf das Klischee angespielt, dass Männer grundsätz- lich mutiger sind und weniger Angst haben als Mädchen. Die Komik entsteht durch den Bruch mit den Stereotypen, die wiederum kulturell begründet sind. Interessant ist, dass sich Gloria in Worten des Klischees bedient, um die beiden zu ärgern und es gleichzeitig durch ihre Aktion ad absurdum führt. Demnach lassen sich zwei Inkongruenzen aus dieser Szene als komikgenerie- rendes Mittel herausfiltern. Das dritte ausgewählte Beispiel handelt von Mannys vermeintlicher Ritterlichkeit. Die Familie entdeckt in dieser Folge sein Talent zum Fechten und besucht einen Wettkampf von ihm. Im Fi- nale soll er gegen ein Mädchen kämpfen (vgl. S01/E07, 08:56). Daraufhin gibt er seinen Degen ab und verweigert das Duell. Seine Ehre verbietet es ihm seiner Ansicht nach, gegen ein Mäd- chen zu kämpfen. Als Gloria die Begründung für sein Aufhören erfährt, fragt sie ihn zornig, ob er denn glaube, dass Mädchen schwächer wären als Jungs, weil er nicht gegen sie kämpfen will und dass er mit einer Kampfverweigerung ihr und allen Frauen zeige, dass er sie nicht respek- tiere (vgl. S01/E07, 09:45). Manny ändert daraufhin seine Perspektive auf die Situation im Sinne der Gleichberechtigung und tritt höchst motiviert zum Kampf an. Beide Elternteile haben in ihrer Überredungskunst seinen Kampfgeist zuvor dermaßen hochgeschaukelt, dass die Retourkutsche umso schlimmer kommt. Während Manny das Mädchen „fertig macht“, erfahren Jay und Gloria, dass seine Gegnerin eine Vollwaise ist und ein tragisches Schicksal erlitten hat (vgl S01/E07, 14:15ff). Manny weiß von alledem nichts und duelliert sich munter weiter. Den Gipfel der Scham erreichen Jay und Gloria, als der Fanclub des Mädchens, bestehend aus lauter Kindern mit psy- chischer oder physischer Behinderung, den Saal betreten bzw. hereingefahren werden. In Zu- sammenhang mit dem Stärkeverhältnis zwischen Mann und Frau werden hier auch andere The- men tangiert. Es ist ein unausgesprochenes Tabu, benachteiligten Menschen nicht mutwillig Schaden zuzufügen. Durch ihren Siegeswillen und Erfolgshunger haben sie Manny gegen einen Menschen aufgehetzt, den sie viel zu wenig kannten, um beurteilen zu können, ob er das verdient hätte. Diese Lektion wird den Eltern mitgegeben, und ist gleichzeitig ein kritischer Hinweis auf das Konkurrenzdenken und Erfolgsstreben in individualistischen Gesellschaften. Auf das ele- mentarste heruntergebrochen, erklärt Jay diese gesellschaftlichen Prioritäten, als Manny ihn um Rat fragt, wie er eine Frau erobern könnte: „[Mädels] stehen auf Macht und Erfolg. Und da du nichts davon hast, musst du der witzige Kerl sein.“ (S01/E09, 03:28) Diese Aussage schreibt neben Macht und Erfolg auch noch der Unterhaltung in unserer Kultur eine wichtige Rolle zu.

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Ein, durch neue Kommunikationstechnologien verursachtes, vieldiskutiertes Thema ist Porno- grafie im Internet. Als Claire auf dem Laptop pornografische Bilder findet, regt sie sich dement- sprechend darüber auf. Sie gibt sofort Phil Bescheid und will Luke von seinem Freund abholen, um mit ihm darüber zu reden (vgl. S01/E12, 01:24). Phil schlägt allerdings vor, dass er die Sache mit Luke allein unter Männern klären möchte. Interessant ist hier, dass die ZuschauerInnen nicht in Frage stellen, warum und wie Luke überhaupt zu solchen Bildern kommt. Dass minderjährige Buben heutzutage problemlosen Zugang zu pornografischen Inhalten im Internet haben, scheint das Publikum bereits hingenommen und akzeptiert zu haben. Dem Zuschauer/der Zuschauerin wird vorweg erklärt, dass die Bilder nicht wirklich von Luke, sondern von einem Arbeitskollegen von Phil stammen. Dieses Wissen erzeugt ein Maß an Überlegenheit beim Publikum, die letztend- lich für die Komik der Szene verantwortlich ist. Neben dem komikerzeugenden Mittel der Über- legenheit, sowie des Missverständnisses, stellt das Thema Pornografie im Internet als Phänomen des Informations- und Kommunikationszeitalters eine breite Basis an komischem Ausgangsma- terial zur Verfügung. Einer, der daraus entstandenen Gags ist eine Dialogzeile von Claire, als sie Phil von ihrem Fund berichtet und Luke sofort zur Rede stellen will: „Ich werd ihm sagen: Immer wenn er sich Pornografie ansieht, tötet Gott einen Welpen.“ (S01/E11, 01:40) Der Humor in dieser Aussage entsteht einerseits durch die Übertreibung in Verbindung mit einer durch Gewaltandro- hung formulierten Aggression, sowie durch eine Inkongruenz zwischen zwei Teilsätzen mit völ- lig unterschiedlichen Bezugsrahmen. Ersterer bezieht sich auf Pornografie – ein Begriff, den man im ersten Moment in der „Erwachsenenwelt“ verorten würde, während Claire im zweiten Teil des Satzes nach einer für Kinder empfänglichen, harten Konsequenz dafür sucht. Ist die Rede von Erziehungsmethoden, kann an dieser Stelle eine Szene zitiert werden, in der das mitt- lere Kind Alex versucht, ihre Geschwister in Schwierigkeiten zu bringen. Die stille Aggression und der Zusammenhang mit einem gesellschaftlichen Tabu innerhalb eines „sicheren, komi- schen“ Settings entlockt dem Publikum ein Lachen auf folgenden Erziehungstipp von Alex für Luke an ihre Mutter: „Sehr viele Eltern schlagen wieder.“ (S01/E11, 08:18) Eine relativ moderne Erscheinung in puncto Erziehung ist das sogenannte „Ferbern“. Dabei soll das Baby lernen durchzuschlafen, beziehungsweise sich selbst zu beruhigen, wenn es weint. Mitchell möchte diese Methode bei Lily anwenden, sein Partner Cameron bringt es allerdings nicht über’s Herz, seine vietnamesische Adoptivtochter ausweinen zu lassen (vgl. S01/E11, 03:52).

Um noch einmal auf das Informations- und Kommunikationszeitalter zurückzukommen, wird in den nächsten Auswahlszenen der Modernisierungs- und Technologisierungswahn der Mensch- heit verarbeitet. In dieser Folge installiert Phil ein neues Heimkinosystem, mit dem seine Frau zu kämpfen hat. Cameron und Mitchell testen ihre neue automatische Sprachsteuerung im Auto und

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Manny erfährt die Risiken des Online-Datings am eigenen Leib. In der Familie Dunphy wird ein hohes Maß an Stereotypisierung und Übertreibung verwendet, um Komik zu erzeugen. Als Phil seiner Frau Claire den Fernseher erklären möchte, ist sie restlos überfordert und hat das Gefühl, Phil kaufe diese technischen Geräte nur, damit er mit ihr wie mit einem kleinen Kind sprechen könne: „Also am besten, du stellst dir unser Heimkinosystem als menschlichen Körper vor. Du kannst dir den Receiver als Gehirn vorstellen und den Fernseher als Gesicht.“ – Claire darauf trocken: „Ich weiß, welcher Teil du bist!“ (S01/E13, 01:14) Obwohl hier mit dem starken Klischee „Frauen und Technik“ gearbeitet wird, ist Claire zu stolz, ihre Überforderung zuzugeben. Nach- dem sogar die hübsche Haley, die in der Familie nicht gerade als Intelligenzbestie gilt, das Heim- kinosystem bedienen kann, holt ihre Mutter sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf: „Du musst mir erklären, wie der Fernseher funktioniert.“ – „Warum kann Dad das nicht machen?“ - „Weil er mein Ehemann ist.“ (S01/E13, 19:30) Die letzte Aussage ist keine rationale Begründung für Ha- leys Frage, und trotzdem sind die ZuschauerInnen zufrieden mit der Antwort – wegen ihrer er- lernten Beziehungsdynamik zwischen Mann und Frau in der westlichen Kultur. Die Scheu davor, die Überlegenheit eines anderen – vor allem des eigenen Partners – in einer bestimmten Sache anzuerkennen, ist sehr groß. Auch wenn Beziehungen oft einer bestimmten Hierarchie folgen, würde das in diesem Fall das Beziehungsgleichgewicht stören. Geprägt sind solche Verbindun- gen sehr oft auch von Wettkampfdenken. Dieses Phänomen wird auch in einer späteren Szene noch einmal aufgegriffen, in der Phil nicht glauben will, dass Claire schneller joggt als er selbst (S01/E02, 16:38). Völlig übertrieben fordert er Claire den ganze Tag über, an dem die Kinder weg sind, zum Wettrennen heraus. Die Insze- nierung ist durch die Übertreibung und das übersteigerte Konkurrenzdenken des Vaters als ko- misch einzustufen. Als Claire plötzlich versteht, dass der erste Schultag nach den Ferien für Phil viel härter als für sie ist, lässt sie ihn gewinnen. Sie meint erklärend zum Publikum, dass der wettkampfbegeisterte Phil einen Sieg gebrauchen konnte, da jetzt die Kinder wieder alle aus dem Haus sind. Claire lässt Phil gewinnen, obwohl auch ihr der Wettkampfgedanke nicht unbe- dingt fremd ist. Ihre Mutter hat ihr jahrelang das Gefühl gegeben, sie genüge ihren Ansprüchen nicht und sie damit unter enormen Druck gestellt: „In unserer Jugend haben wir doch diese Stimme im Kopf, die uns einreden will, dass wir nicht gut genug wären. Meine war außerhalb meines Kopfes und fuhr mich zur Schule.“ (S01/E05, 10:17) Dies könnte als ein Hinweis auf be- stimmte Muster der heutigen „Leistungsgesellschaft“ gewertet werden und wie sich diese auf die Kindererziehung auswirkt. Der Erfolgsdrang und der hohe Stellenwert von individueller Leis- tung zeigt sich auch in folgender Szene: Als Manny sein bereits angesprochenes Fechtturnier bestreitet, freut sich Jay, dass sein Adoptivsohn in „irgendwas der Beste“ ist (vgl. S01/E07, 02:23). Das bringt Claire und Phil zum Nachdenken (ebd.):

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Phil: „Unsere Kinder sind toll.“ Claire: „Die Allertollsten!“ Phil: „Sind wir gesegnet!“ Claire: „Oh ja, aber sind sie in irgendwas echt die Besten? Kein Ahnung, ich muss mal nachdenken...“ Phil: „Naja, Alex ist in allem super, was sie ausprobiert, also sie wird ihre Berufung fin- den.“ Claire: „Ja wird sie...und Haley ist...“ Phil: „Haley ist ein so hübsches Kind!“ Claire: „...hinreißend! Ganz entzückend!“ Phil: „Sie kann mit jemandem zusammen kommen, der in irgendwas der Beste ist.“ Claire: „So ist es.“ Phil: „Und dann hätten wir da noch Luke...“ (Schweigen)

In einer weiteren Folge taucht erneut das Thema neue Technologien auf – allerdings in einem anderen Zusammenhang. In diesem Fall muss Manny lernen, dass manches nicht immer so ist, wie es scheint. Er hat ein Date mit seiner Internet-Freundin, die sich letztendlich als 30-jährige Single-Frau entpuppt, die Probleme hat, den Richtigen zu finden (vgl. S01/E13, 02:22). Die Szene wird als peinliches Missverständnis inszeniert, das einerseits durch das fiktive Charakterdesign von Manny als frühreifen, kleinen Erwachsenen und andererseits durch die realen Risiken des Online Datings entsteht. Auch Claire hat zu diesem Thema eine Meinung, als Phil ihr stolz er- zählt, dass seine Ex-Freundin nun zu seinen insgesamt 447 (vgl. S01/E17, 03:47) Freunden ge- hört, und er mit ihr chattet: „Frauen um die 30 im Internet sind wie Ninjas. In kleinen schwarzen Outfits schleichen sie sich an das männliche Opfer ran.“ (S01/E17, 04:27) Diese Aussage bezieht sich auf gesellschaftliche Strukturen, indem sie ein Bild der typischen Single-Frau um die 30 auf Online-Dating-Portalen nachzeichnet. Einen weiteren Hinweis auf die Technologisierungsprozesse in der Gesellschaft bietet eine Sze- ne, in der Phils Rolle als Technik-Freak in eine Situation eingebettet wird, in der sie völlig aufge- hen kann. Gerade zu seinem Geburtstag soll das neue iPad auf den Markt kommen, woraufhin Phil beschließt, um 5 Uhr morgens aufzustehen, um in der Schlange vor dem Apple Store mög- lichst weit vorne zu stehen: „Das ist, als würden Steve Jobbs und Gott im Chor sagen: Wir lieben dich, Phil!“ (S01/E19, 00:19) Damit spricht er eine hochspannende Veränderung innerhalb gesell- schaftlicher Strukturen an. Überzogen formuliert könnte er mit dem von ihm imaginierten, freundschaftlichen Verhältnis zwischen Gott und Steve Jobbs andeuten, neue Technologien sei- en die Religion der Gegenwart. Der Glaube an die Technik scheint mehr Leute zum frühen Auf-

90 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 stehen zu bewegen als der sonntägliche Kirchgang. Diese Darstellung des Konsumverhaltens ist weniger deshalb komisch, weil es sich um eine Übertreibung handelt, sondern vielmehr, weil es sich in der Realität genauso verhält. Dokumentarische Belege, wie Menschen vor Geschäften anstehen, weil es etwas billiger, gratis oder komplett Neues gibt, sind keine Seltenheit und ein Phänomen einer materialistisch orientiert Gesellschaft, in der die Ebene der Luxusgüter bereits eine konstituierende Rolle spielt. Die Comedy-Version dieses Konsumverhaltens hält den Ver- braucherInnen einen Spiegel vor, in den sie blicken können, ohne beschämt wegzusehen. Ob ein erhobener Zeigefinger hinter der Produktion dieser Szenen steckt, sei dahingestellt. Fakt ist, es ist möglich, die Gesellschaft zu kritisieren und auf die Schippe zu nehmen, solange es in der freien Zone der Comedy geschieht. Als Phil sein iPad schließlich glücklich in Händen hält, kommt es zu einer neuen Pointe, ausgelöst durch ein Missverständnis: Phil (spricht zum iPad): „Ich lie- be dich.“ (S01/E19, 20:22) In diesem Moment taucht Claire im Hintergrund auf und antwortet: „Ich liebe dich auch, Schatz.“ (ebd.) Phil dreht sich daraufhin breit grinsend um und meint: „Oh. Okay.“ Damit wurde die Liebe der heutigen Gesellschaft zu neuen Technologien komödiantisch auf die Spitze getrieben. Der Wohlstand und die Tendenz zum übertriebenen Konsumverhalten in der westlichen Kultur stellen gleichzeitig eine ideale Einleitung zum nächste relevanten Thema in der US- amerikanischen Gesellschaft dar. Die Schere zwischen Fast Food, immer mehr übergewichtige- ren Jugendlichen und dem gleichzeitig herrschenden Fitnesswahn, kommt in der nachfolgend beschriebenen Szenerie zum Ausdruck. Jay liegt in seinem Liegestuhl am Pool und bestellt beim Kellner folgendes: „Ich will den größten Cheeseburger, den Sie haben. Statt Salat will ich Fritten und statt Obst will ich Chili-Fritten.“ (S01/E23, 01:50) Als Gloria kurz darauf aus dem Wasser kommt und ihn fragt, ob er mit ihr Fitness machen wolle, reagiert er mit den Worten: „Ich habe eben einen extra langen Strohhalm geordert, damit ich nicht versehentlich ein Sit-Up mache.“ (S01/E23, 02:55) Erst als Jay von seinem Bruder daran erinnert wird, dass sein Vater in dem Alter an einem Herzinfarkt starb, in dem er selber jetzt ist, kommt er in die Gänge. Es ist eben- falls Jay, der am Beginn der fünften Episode in Staffel 1 gelassen einen Muffin durch einen Apfel in seiner Hand ersetzt, als Gloria im Fitnessoutfit den Raum betritt (S01/E05, 00:04). Eine weitere US-amerikanische Besonderheit im Bezug auf Urlaub wird in einer Flughafenszene auf die Schippe genommen. Als der kleine Manny aufgrund seines spanischen Nachnamens von Beamten verhört wird, verliert Gloria ihre Geduld und es ergibt sich folgendes Wortgefecht: „Madam, Sie scheinen sich damit auszukennen, wie man verbotene Gegenstände an Bord eines Flugzeugs schmuggelt“ - „Ja, ich bin Kolumbianerin!“ (S01/E22, 17:49) Die Finesse und der Witz an dieser Aussage liegen darin, dass sie die amerikanische Flughafenpolitik und ihre Vorurteile kritisiert, in dem sie es selbst anwendet. Das Publikum kann sich mit der Situation identifizieren, da es mittlerweile zum Reiseprozedere gehört, verschärfte und teilweise als übertrieben abge-

91 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 stempelte Sicherheitskontrollen über sich ergehen zu lassen. Die ZuschauerInnen belächeln den Beamten und amüsieren sich über sein Fehlverhalten, einen kleinen Jungen wie einen Kriminel- len zu behandeln. Ein neuer Fall für: „It’s funny, caus it’s true!“

5.2 Türkisch für Anfänger

Die deutsche Fernsehserie „Türkisch für Anfänger“ des öffentlich-rechtlichen Senders ARD wurde in den Jahren 2005 bis 2008 ausgestrahlt. Die insgesamt 52 Folgen verteilen sich auf 3 Staffeln. Die Zuteilung zu einem Genre ist hier weniger klar als bei „Modern Family“. Formale und inhaltliche Strukturen weisen einerseits auf eine Sitcom hin, teilweise stößt man aber auch auf charakteristische Merkmale einer Seifenoper. Die Entwicklung der Figuren erstreckt sich über die Folgen und Staffeln hinaus – es herrscht demnach ein übergeordneter, dramaturgischer Rahmen, was bei einer Sitcom nicht zwingend der Fall ist. Soziale Beziehungen dienen nicht allein der Situationskomik, sondern sollen den/die ZuschauerIn von Folge zu Folge, von Staffel zu Staffel tragen. Dementsprechend langsamer ist auch das Erzähltempo. Während bei „Modern Family“ ein Gag auf den anderen folgt, werden komische Situationen in „Türkisch für Anfänger“ erst aufgebaut. Eine genauere Betrachtung dieses Aufbaus folgt in der nachstehenden Analyse.

5.2.1 Die Figuren – „Türkisch für Anfänger“

Opa Hermi

Metin Öztürk Doris Schneider

Yagmur Öztürk Cem Öztürk Lena Schneider

Die Familienzusammensetzung in der deutschen Fernsehserie „Türkisch für Anfänger“ sorgt für viel Zündstoff. Als die deutsche Therapeutin Doris Schneider mit dem türkischen Kommissar Metin Öztürk zusammenzieht, wohnen fortan nicht nur das Paar, sondern auch ihre Kinder ge- meinsam unter einem Dach. Doris Sohn Nils und ihre Tochter Lena, ein 16-Jähriges Mädchen mit für dieses Alter typischen Problemen, sehen sich mit den in etwa gleichaltrigen Stiefgeschwis- 92 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 tern Cem, dem Paradebeispiel eines Macho und der strenggläubigen Muslimin Yagmur konfron- tiert. Im Laufe der Staffeln werden noch einige weitere Figuren in das Konstrukt eingeführt: zum ei- nen der konservative Großvater (Doris Vater), die konservative Großmutter aus der Türkei, so- wie Doris Schwester Diana.

5.2.2 Die Analyse – „Türkisch für Anfänger“

In der Pilotfolge der Serie „Türkisch für Anfänger“ lernt das Publikum zuallererst die Familie Schneider kennen. Bestehend aus der Hauptfigur Lena, ihrem Bruder Nils und der alleinerzie- henden Mutter Doris. Die Geschichte beginnt damit, dass Lena mit einem auf sich selbst gerich- teten Camcorder durch die Wohnung läuft und für ihre beste Freundin Kathi, die offenbar gerade ein Auslandssemester macht, die aktuellen Ereignissen in ihrem Leben dokumentiert: „Meine Mutter hat sich offensichtlich von diesem albanischen Terroristen getrennt und ist jetzt in ihrer ‚Wir-verarbeiten-die-Trennung-mit-guter-Laune-Phase’!“ (S01/E01, 00:41) Wie der/die Zuschau- erIn durch den Titel der Serie vermuten kann, handelt es sich bei besagtem Freund aber nicht um einen Albaner, geschweige denn einen Terroristen, sondern um einen Türken. Während Me- tin Öztürk keinesfalls dem Klischee eines türkischen Einwanderers entspricht und die deutsche Kultur als seine angenommen hat, sorgt seine Tochter Yagmur beim ersten Treffen zwischen den Familien Öztürk und Schneider für Konfliktpotenzial. Lena begrüßt sie mit den Worten: „Yagmur. Allah sei mit dir.“ – „Wer ist mit mir?“ (S01/E01, 02:15) Ihr Bruder Cem erfüllt weniger das religiöse, sondern vielmehr das Macho-Klischee, das türkischen Männern anhaftet. Vor allem durch seine Aussprache und Ausdrucksformen entspricht er dem Stereotypen eines türkischen Migrationskindes in Deutschland. Seine Schwester Yagmur zeigt den Respekt vor ihrer Herkunft durch strenge Gläubigkeit und viel Disziplin. Aus diesem Grund bestellt sie im China-Restaurant mit der Familie einen neu verpackten Teller, denn auf ihrem alten wird sicherlich irgendwann einmal Schweinefleisch gelegen haben. Nicht nur Yagmur macht sich bemerkbar, als Metin und Doris ihren Familien verkünden, dass sie zusammenziehen wollen. Lena ist der Meinung, ihre neuen türkischen „Mitbewohner“ wären eine Midlife-Crisis-Erscheinung ihrer Mutter, was sie Metin deutlich spüren lässt: „Wär’ meine Mutter ein Mann, wärst du nur ein Porsche.“ (S01/E01, 09:39)

Neben herkömmlichen Familienkonflikten, wie sie auch in „Modern Family“ häufig zu finden sind, spielt hier das Thema der Migration/Integration eine übergeordnete Rolle. Das Aufeinandertref- fen von türkischer und deutscher Kultur ist in Deutschland ein hochaktuelles und viel diskutier-

93 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 tes Thema. Dieser brodelnde Kessel an Konfliktpotenzial bietet durch die Fülle an Stereotypen und Vorurteilen, die er enthält, eine breite Basis an Stoff für die Comedy-AutorInnen von „Tür- kisch für Anfänger“. Der Vorteil ist, dass vor allem die Zielgruppe der Serie, in etwa Jugendliche zwischen 13 und 20 Jahren, mit der Integrationsthematik konfrontiert sind und deswegen gute Identifikationsmöglichkeiten bestehen. Was in Kombination mit dem Integrations- und Toleranzgedanken mittlerweile oft zur Erzeugung von Komik genutzt wird, ist die nationalsozialistische Vergangenheit in Deutschland. Lena gibt Yagmur mehr als einmal zu verstehen, dass sie ihren strengen Gauben nicht nachvollziehen kann und sie für verrückt hält. Ihre türkische Stiefschwester wirft ihr daraufhin nur einen finste- ren Blick zu und faucht: „Nazi!“ (S01/E01, 17:00) Aus objektiver Perspektive liegt das komische Potenzial dieser Aussage im Überraschungseffekt und in einer Inkongruenz, die dadurch ent- steht, dass ein als sehr brav und pflichtbewusst eingeschätztes Mädchen plötzlich eine Be- schimpfung ausspricht, die im Alltag eigentlich tabu ist. In einer späteren Szene wird noch ein- mal aus dem Topf der NS-Vergangenheit geschöpft, als der Großvater zu Besuch kommt und Yagmur im Badezimmer trifft. Dabei ergibt sich folgender Wortwechsel: „Du trägst ein Kopftuch. Hast du was mit dem 11. September zu tun?“ (S01/E11, 13:38) Yagmur entgegnet daraufhin, dass sie einen friedlichen Islam praktiziert und er diese Tatsache akzeptieren soll, damit es nicht zu einer Eskalation zwischen ihnen beiden komme. Dem Großvater gefällt die kleine Ansprache, er lacht und meint: „Hier – kennste nicht wo du herkommst. Nennt man Bonbon.“ Darauf Yagmur: „Dankeschön. Sind Sie ein Nazi?“ (S01/E11, 13:52) Nicht nur kulturelle und religiöse Differenzen sorgen in „Türkisch für Anfänger“ für komische Konflikte. Es stellt sich im Laufe der ersten Staffel heraus, dass im Haushalt Schneider-Öztürk zwei völlig unterschiedliche Erziehungsstile aufeinander treffen. Obwohl Metin nicht die über- mächtige Autoritätsperson, geschweige denn ein Familienoberhaupt, darstellt, gibt er seinem Sohn und seiner Tochter trotzdem Regeln. Doris ist als Therapeutin und Mutter der Meinung, dass ein antiautoritärer Erziehungsstil das Beste für die Kinder sei. Gegenüber Metin spricht sie bwi Lena sogar von einer „autoautoritären“ Erziehung: „Lena hat zum Beispiel eine überdurch- schnittliche Selbstdisziplin entwickelt.“ (S01/E03, 09:00) In dieser Szene wird ein komischer Effekt durch einen überraschenden Umschnitt auf die in der Disco tanzende, hoch alkoholisierte Lena erzeugt. Die entstehende Inkongruenz zwischen der selbstdisziplinierten Tochter in den Augen von Doris und der gleichzeitig woanders ablaufenden Handlung Lenas löst bei den Zuse- herInnen das Lachen aus. Dieser Discobesuch entstand bei dem Versuch Lenas, mit Yagmur etwas zu unternehmen. Im Gegensatz zu ihrer Stiefschwester bedient Lena das Klischee einer typischen 16-Jährigen: Schulferien sind toll, aber langweilig. Der Drang nach Unterhaltung und die Angst vor der Desozialisierung bringen sie dazu, Yagmur zu Freizeitaktivitäten zu überreden. Da Yagmur wie erwartet den Besuch im Freibad bzw. den Auftritt im Badeanzug aus religiösen

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Gründen verneint, will Lena mit ihr in die Disco: „In die Disco gehen – das ist unmoralisch. Das ist verboten.“- „Wo steht’n das in deiner türkischen Bibel? Zeigen!“ (S01/E03, 01:42) Da Yagmur die Gegenargumente ausgehen, wird sie von Lena kurzerhand vor den Kleiderschrank gezerrt, denn es muss ein passendes Outfit her (vgl. S01/E03, 04:33). Die streng gläubige Muslimin sträubt sich zuerst, bis Lena mit schelmischem Grinsen zu ihrer Mutter sagt: „...und außerdem hat Yagmur überhaupt nicht die Figur für ein Disco-Outfit.“ (S01/E03, 04:51) Kann der Glaube noch so streng sein, einen Seitenhieb auf die Figur kann eine Frau nicht auf sich sitzen lassen – zumindest sind dieser Stereotyp und Lenas Überlegenheit der Auslöser für den komischen Ef- fekt in dieser Szene. Während Doris den beiden Mädchen voller Freude beim Styling hilft, sind Metin und Cem weniger begeistert vom Vorhaben der beiden. Metin als überfürsorglicher Vater, der zusätzlich auch noch Polizeikommissar ist, meint: „Jährlich verschwinden bis zu 200 Kinder nach einem Discobesuch und davon sind 40 tot.“ (S01/E03, 07:44) Doris entgegnet daraufhin nur: „Und die, die nicht gegangen sind, bei denen stirbt die Seele.“ (ebd.) Der Spagat zwischen Regeln, Verantwortung und Freiheit ist für Eltern mit Kindern im Teenageralter ein herausfor- dernder Balanceakt. Dieser Bezug zur Realität ist allgegenwärtig und deswegen äußerst beliebt als Basis für eine komische Situation. Cem verkörpert daneben den beschützenden und bevor- mundenden Macho-Bruder und will den Discobesuch verbieten. Als sich die Mädchen nichts vom selbsterklärten Herrn des Hauses sagen lassen, schimpft er in sich hinein: „Fuck ey, kaum zie- hen hier die Deutschen ein, sinkt das Respektniveau.“ (S01/E03, 06:25) Was Cem hier unter Respekt versteht, wird in der deutschen Kultur eher als Unterwürfigkeit bezeichnet. Dies ist aber nicht das einzige Klischee, das die Figur Cem bedient. Die AutorInnen selbst wissen offen- bar um ihr stereotypes Charakterdesign, denn sie lassen es Lena beim ersten Treffen sogar aus- sprechen. Als Cem die ersten Worte in seinem türkisch-deutsch spricht meint sie nur: „Ein Kli- schee – und es lebt!“ (S01/E01, 02:24) Langsam entpuppt sich die Figur allerdings als „guter Kerl“ – zumindest liefert der Ausgang des Discobesuchs einen Hinweis auf Cems gute Seele. In der Disco spielt sich genau das Szenario ab, das vom Publikum erwartet wird. Lena betrinkt sich, tanzt und Yagmur sitzt daneben und versucht, sie davon abzuhalten: „Hey, man kann auch ohne Alkohol Spaß haben.“ – „Was deine Definition von Spaß betrifft – die werden wir jetzt mal nach westeuropäischem Standard updaten.“ (S01/E03, 08:13) Am Ende des Abend werden sie draußen vor dem Lokal von einem jungen Mann belästigt, da taucht plötzlich Cem auf, hilft den beiden und trägt Lena nach Hause. Die Problematik, dass beim Ausgehen viel zu viel Alkohol an Jugendliche ausgeschenkt wird und niemand das tatsächliche Alter der KonsumentInnen kon- trolliert, wird hier zum Thema gemacht. Die betrunkene Lena benimmt sich zwar auf komische Art und Weise, sie baggert sogar Cem an, in dem sie ihm kichernd ans Hinterteil fast – der reale Beigeschmack bleibt allerdings. Szenen dieser Art sind keine Seltenheit im jugendlichen Party- leben. Am nächsten Morgen sprechen Lena und Yagmur über die nächtlichen Vorkommnisse:

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„Und, bist du jetzt zufrieden, dass du die Vernünftigere von uns beiden warst?“ – „Wer Schaden- freude sät, wird Akne ernten – altes muslimisches Sprichwort. Du kannst ja nichts dafür, dass du so modern erzogen worden bist.“ (S01/E03, 13:00) Yagmur fragt Lena, ob sie darüber nach- gedacht hatte, ob Doris nur eine „coole“ Mutter ist oder ob ihr einfach nur egal ist, was mit ihr passiert (ebd.). An Lenas Gesichtsausdruck merkt man die Wirksamkeit dieser Aussage. Yagmur stichelt Lena weiter gegen ihre Mutter auf: „Ich hab mal irgendwo gelesen, dass deutsche Frau- en nach der Geburt ihres Kindes oft das Gefühl haben, dass das Leben irgendwie vorbei ist.“ (S01/E03, 18:58) Hier entsteht der komische Effekt durch die Kombination von Aggression und einer übertrieben Perspektive auf die heutzutage oft auftretende Entscheidungsnotwendigkeit zwischen Karriere und Familie. Nachdem sich Lena sehr schämt, dass ihre eigene Selbstdisziplin offenbar etwas nachgelassen hat, schiebt sie kurzerhand ihrer Mutter die Schuld zu und verlangt lautstark nach Regeln. Yag- mur unterstützt sie dabei: „Sie meint, dass deine Hippie-Erziehung schlecht für sie ist.“ (S01/E03, 14:05) Da Doris sich zuerst weigert, ihre Erziehungsmethoden zu ändern, beschließt Lena, sich ihre Regeln woanders zu holen und versucht es mit dem Judentum (vgl. S01/E03, 15:32). Da sie beim Praktizieren ihres Glaubens aus Mangel an einer Tora Yagmurs Koran ver- wendet, ist der nächste Konflikt entfacht: „Ich will ein eigenes Zimmer, sonst fang ich noch an, Dynamitgürtel zu basteln!“, fordert Yagmur, worauf Lena entgegnet: „Metin, deine Tochter ist antisemitisch.“ (S01/E03, 15:49) Alleine der Begriff „antisemitisch“ lässt den/die ZuschauerIn an dieser Stelle aufhorchen, und die Assoziation mit der deutschen NS-Geschichte drängt sich abermals auf. Anstatt auf die Politik der Vergangenheit bezieht sich die Pointe des nächsten Gags auf politische Geschehnisse der Gegenwart, als Metin versucht, Doris zum Umdenken zu bewegen: „Doris, spring über deinen antiautoritären Schatten. Sonst haben wir da oben bald den Gazastreifen.“ (S01/E03, 16:34) Die Auseinandersetzungen zwischen der islamistischen Hamas und den jüdischen Israeli im Gazastreifen stellen den Bezugsrahmen dieses Witzes dar. Doris ringt sich daraufhin dazu durch, zehn Regeln für Lena aufzustellen, und legt ihr diese vor (vgl. S01/E03, 17:16). Die überschwängliche Freude ihrer Tochter erzeugt Komik, weil eine In- kongruenz zwischen dem erwarteten Verhalten eines Teenagers und der in der Serie dargestell- ten Reaktion auf Regeln besteht. Obwohl Doris dadurch über ihren Schatten gesprungen ist, hält sie Regeln immer noch für kontraproduktiv. Aus diesem Grund gestaltet sie diese so unange- nehm wie möglich für Lena – bis es dieser schließlich reicht: „Weißt du, als ich Regeln meinte, hab ich an irgendwas gedacht, das mir beweist, dass ich dir nicht egal bin. Aber du liebst mich nicht. Ist ganz normal. Ist nichts Schlimmes. Wir leben in der Neuzeit.“ (S01/E03, 20:19) Die Sensibilität eines Menschen auf Lieben und Geliebt werden ist im Teenageralter wohl am größ- ten, aber trotz der Härte dieser Aussage gegenüber der Mutter, erhält die Szene einen komi- schen Twist am Ende. Der Hinweis auf die „moderne Zeit“ scheint hier als Entschuldigung für

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Lieblosigkeit zu gelten. Ein Witz, der verstanden wird, weil die Schnelllebigkeit, die Konsumge- sellschaft, die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, etc. ein Zeitalter schaffen, in der ein Gefühl wie Liebe als weniger notwendig für das persönliche Glück gilt. Von dieser Aussage kann subjektiv gehalten werden, was man möchte – Fakt ist, wenn der Gag richtig de- kodiert wird, kennt das Publikum den Code, der sich in diesem Fall aus den Kennzeichen des eigenen Zeitalters zusammensetzt. Der nächste Bezugsrahmen, der in Comedy-Serien sehr oft genutzt wird, ist Schule, bzw. Bil- dung im Allgemeinen. Wie in „Modern Family“ gibt es auch bei „Türkisch für Anfänger“ eine Epi- sode, die sich um den ersten Schultag nach den Ferien dreht. Der Erwartungshaltung entspre- chend, verschlafen im Hause Schneider-Öztürk alle, damit sich eine komische Szene aus dem morgendlichen Stress und Chaos ergibt. Während Lena widerwillig wie ein Kartoffelsack von ihrer Mutter aus dem Bett gezogen und angekleidet wird, hält sie den Kindern einen Vortrag, aus welche Perspektive man die Schule betrachten müsse, damit sie Spaß macht (vgl. S01/E04, 00:48). Die Komik ergibt sich hier aus dem Hintergrund der Figur (sie ist Psychotherapeutin), den Charaktereigenschaften, die das Publikum den Personen in diesem Berufsbild zuschreibt, und einem frechen Teenager, der keine Lust hat: „Weißt du, wie ich mir die Schule immer vorge- stellt hab? Wie einen Adventskalender – und jeder Tag, an dem ich was gelernt hab, war ein neues Türchen, und das Abitur war der heilige Abend. Das ist das Geheimnis von Bildung [...] und ich bin Therapeutin. Ich habe es geschafft. Willst du es nicht auch schaffen?“ - „Also wenn du mit ‚Ich hab’s geschafft’ zwei Kinder, drei Trennungen und ´ne wilde Ehe mit ´nem Ausländer meinst – Nein Danke!“ (S01/E04, 01:15) Der Widerwillen Lenas entsteht aber nicht allein durch jugendliche Revolution, sondern auch durch die Angst vor der neuen Schule. Durch den Umzug sind sie und Nils gezwungen, auf Cems und Yagmurs Schule zu gehen. Ihre leicht intoleranten „Ausländersprüche“ setzen sich auf dem Schulhof fort: „Mann Cem, hier sind nur Ausländer.“ (S01/E04, 03:28) Aus Cems Antwort darauf entsteht Komik durch eine unerwartete Information, die er dem Publikum gibt: „Ein paar sind Deutsche. Die meisten gehen ins Solarium, damit sie nicht auffallen.“ (ebd.) Erwartet wird eher eine wütende Reaktion Cems auf Lenas diskriminie- renden Kommentar, er gibt ihr aber überraschenderweise Recht und lässt durch die Beiläufigkeit seiner Antwort durchscheinen, dass er es für völlig normal hält, dass sich die deutschen Schüler an seiner Schule anpassen. Diese Bemerkung ist aber nicht nur auf Cems subjektiver Wahrneh- mungsebene, sondern auf mehreren Ebenen als humorerzeugend einzustufen. Eine viel disku- tierte und in den Medien stark präsente Tatsache ist, dass es in Deutschland viele Schulen mit einem sehr hohen Anteil an Migrationskindern gibt und die daraus entstehende Verschärfung der Ghetto-Problematik minimiert werden muss. Der Schulhof oder das Klassenzimmer ist ein idea- les Forschungsfeld für Integrationsfragen, sowie eine vielversprechende Umgebung bei der Su- che nach Stoff für komische Drehbücher. Der erste Schultag verläuft erwartungsgemäß weiter:

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Lena findet keine Freunde, was eher an ihrer eigenen Intoleranz und Arroganz liegt, als an den anderen (vgl. S01/E04, 03:55). Das nächste Klischee, das durch seine übertriebene Darstellung einen komischen Effekt zu erzielen versucht, ist die Angst vor einem erhöhten Kriminalitäts- und Gewaltpotenzial an Schulen mit hohem MigrantInnenanteil, die von den Begrüßungsworten der Lehrerin zum Ausdruck gebracht wird: „Morgen. Erstmal ein Merkblatt vom Direktor: Ab heute sind neben Gaspistolen und Klappmessern auch Nagelfeilen und Schraubenschlüssel im gesam- ten Schulbereich verboten.“ (S01/E04, 04:28) Es gibt allerdings keinerlei Studien, die einen Zu- sammenhang zwischen der Gewaltbereitschaft in einer Schule und ihrem Anteil an SchülerInnen mit Migrationshintergrund nachweisen könnten. Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen wie in diesem Beispiel erinnern das Publikum eher an Flughäfen als an Schulen. Auch das beeindruckende Gedächtnis der Lehrerin, die in einer späteren Szene Lenas Akte in monotonem Tonfall der an einen Roboter erinnert, rezitiert, lässt die Schule eher wie einen Polizeistaat wirken: „Schneider Lena, 11C, Mutter alleinerziehend. Bruder Schneider Nils, 9C. Halbgeschwister Öztürk Cem und Yagmur. Nur 20% negatives Verhalten. Bis jetzt.“ (S01/E05, 11:56)

Einem anderen Thema, das die westlichen, modernen Gesellschaften beschäftigt, wird sich in „Türkisch für Anfänger“ von mehreren Blickwinkeln aus angenähert. Ernährung wird durch die strengen Vorschriften des Islam, der Trend zur Fast Food- und Tiefkühlküche, sowie die Bio- Gegenbewegung thematisiert. Verkörpert werden diese drei Perspektiven von den Figuren Yag- mur, Doris und Lena. Da Yagmur aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch isst, sind bereits zahlreiche Möglichkeiten, Konfliktsituationen zu schaffen, gegeben. Vor allem durch Missver- ständnisse kann hier komisches Potenzial ausgeschöpft werden, wie beispielsweise in folgender Reaktion von Doris, nachdem Yagmur irrtümlich Schweinefleisch verzehrt hatte: „Hilft es ihr, wenn ich ihr sage, dass es Bioschweine waren?“ (S01/E05, 20:06) Die gute, dahinterliegende Absicht korrespondiert mit der Absurdität der Aussage – da es natürlich für eine Glaubensfrage irrelevant ist, ob das Schwein aus einer Massentierhaltung stammt oder nicht. Die Inkongruenz zwischen Yagmurs und Doris Perspektive auf den Fauxpas erzeugen hier den komischen Effekt. Der aktuelle Bio-Trend wird aber nicht nur in Verbindung mit Yagmurs Essensvorschriften the- matisiert, sondern auch mit dem aktuellen Phänomen des Vegetarismus in Beziehung gesetzt. Menschen, die mit dem Gedanken spielen, gänzlich auf Fleischkonsum zugunsten der Tiere zu verzichten, wird der folgende Wortwechsel beim Pausenbrot-Schmieren am Morgen nicht fremd sein: „Ist das vegetarisch?“ (S01/E04, 02:55), will Lena von ihrer Mutter wissen. Diese entgegnet verwundert: „Du hast doch gesagt von glücklichen Hühnern ist okay...“ (ebd.). Überraschend an der Umsetzung der Ernährungs-Thematik ist, dass die alternative Doris, die von ihrem Figuren- design her eher als starke Befürworterin des Bio-bzw. Vegetarismus-Trends eingeschätzt wer- den würde, die Fast Food-Queen der Familie ist. Um die schlechten Kochkünste von Doris zu-

98 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 sätzlich zu untermauern, wurde eine Szene ins Leben gerufen, in der sie der Familie Tiefkühlla- sagne serviert, die in der Mitte noch gefroren ist (vgl. S01/S04, 09:28). Das führt am Tisch zu folgendem Gespräch: „Das muss so sein“, Nils darauf: „Aber auf der Packung war ein Bild und da hat das Essen noch gedampft.“ Doris antwortet auf die Kritik ihres Sohnes: „Ach, das sind doch nur Serviervorschläge.“ (vgl. S01/S04, 09:36) Dieser Konter ist witzig, weil er zum einen unerwartet kommt, und zum anderen den ZuschauerInnen einen vertrauten Gedanken präsen- tiert. Serviervorschläge auf Lebensmittelverpackungen versprechen aus werbetechnischen Gründen in der Regel mehr, als sie am Ende halten können. Diese Alltagserkenntnis verwandeln die AutorInnen der Szene in eine Pointe. Die nächste thematisch verwandte Szene spielt sich im Klassenzimmer zwischen Lena und ihrem Freund Axel ab. Er fragt, ob sie Cola mitgebracht hät- te, und ihre Antwort darauf lautet: „Gab nur noch Erdbeermilch. Aber ich glaube, die ist mit Farbstoffen und die Erdbeeren sind genmanipuliert.“ (S01/E06, 08:15) – womit sie der Erdbeer- milch die Berechtigung gibt, ein chemisch erzeugtes Getränk wie Cola zu ersetzen. Die Komik entsteht hier durch eine Diskrepanz zwischen dem besseren Wissen der beiden und ihrem ge- genteiligen Handeln. Obwohl ihnen klar ist, dass Cola und diese Erdbeermilch ungesund sind, freuen sie sich darüber und nehmen einen großen Schluck. Eine kritische Perspektive auf die Lebensmittelherstellung ist aber nicht der einzige Blickwinkel auf das Thema Ernährung. Wie oben bereits in einem Beispiel geschildert, hat für Yagmur Er- nährung sehr viel mit Religion zu tun. Aus diesem Grund beschließt sie auch, die jährlich Fasten- zeit im Islam, den Ramadan, einzuhalten. Die Regel ist klar: Vor Sonnenuntergang darf nichts gegessen werden. Der erste Konflikt entsteht dadurch mit ihrem Vater, der die Idee des Rama- dan weniger ernst nimmt: „Wieso isst du nichts mehr? Bist du magersüchtig? Nimmst du Dro- gen?“ Doris erklärt ihm darauf: „Nein, sie macht doch dieses Ramadings, äh, Fastenzeit.“ (S01/E04, 08:36) Auch Lena versteht Yagmurs Entschluss nicht und ist damit Auslöser für einen Wortwechsel, der die Sinnhaftigkeit religiöser Tradition mit einem Augenzwinkern sowie einem Funken Wahrheit hinterfragt: „Was hat Allah davon, wenn ihr erst essen dürft, wenn die Sonne untergegangen ist?“ - „Was hat Gott davon, wenn ihr euch gegenseitig zu Weihnachten mit Ge- schenken überschüttet?“ (S01/E05, 00:41) Die Antwort ist zwar schlagfertig, wirft aber vielmehr noch eine zweite Frage auf, als dass sie erstere beantwortet. Auch Metin ist vom Fasten wenig begeistert und meint: „Von mir aus kannst du dir den Sex und das Rauchen sparen. Das ist auch Ramadan.“ Yagmur ist offenbar entrüstet davon, dass ihre Entscheidung nicht respektiert wird: „Ich rauche nicht. Und ich werd auch niemals Sex haben!“ (S01/E04, 09:03) Diese Wortmeldung wieder gibt Doris ein Stichwort für ein wohlwollendes „Oh, sag das nicht, Kleines.“ (ebd.)

Dieser Punkt führt zum nächsten, sehr prominenten Thema der Serie: Sexualität. Sehr viele Szenen und Pointen entstehen dadurch, dass die Mutter Doris zu offen mit Sexualität umgeht –

99 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 zumindest wenn es nach ihren Kindern geht. Zum Beispiel hat sie die Angewohnheit, beim Klop- fen an Lenas Zimmertür vorsichtshalber zu fragen, ob sie „masturbiere“, bevor sie ins Zimmer kommt (vgl. S01/E04, 07:08). Da Doris ihren Kindern das Gefühl geben möchte, sie können mit ihr über alles – vor allem über Sex – sprechen, macht sie es umgekehrt vor und erzählt von ih- ren eigenen Ängsten, Metin sexuell nicht glücklich machen zu können. Besagte Szene handelt aber nicht von tatsächlich ernstzunehmenden Ängsten, sondern spielt sich im Rahmen einer therapeutischen Übung mit ihren Kindern ab, die nach ihrem Kommentar über Metin das Übungsszenario angeekelt verlassen. Den Effekt, dass sich die Kinder ihr anvertrauen, hat es trotzdem, denn als Lena sich davor fürchtet, mit ihrem Freund Axel zu schlafen, erzählt sie ihrer Mutter: „Axel hatte Sex. Viel Sex.“ – „Mit dir?“ – „Ich ignoriere diese Frage.“ – „Er hat mir er- zählt, das mit Ching war gar keine richtige Beziehung. Ja, was war es dann, wenn sie total oft miteinander [peinliche Pause] geschnackselt haben.“ - „Schnackseln ist ein Wort für sehr ver- klemmte Menschen“, belehrt Doris ihre Tochter daraufhin (S01/E09, 10:17). Als Axel Lena kurz darauf zum Zelten einlädt, schwebt das Damoklesschwert des „ersten Mals“ über dem Ausflug. Doris packt Lena Prosecco und Kondome ein, während Metin sich eher Sorgen macht. In Anbe- tracht dessen, dass Cem in ebendiesem Moment alleine mit Ching auf seinem Zimmer ist, meint Doris im Sinne der Gleichberechtigung nur: „Dein Sohn darf. Dann darf meine Tochter auch.“ (S01/E09, 19:49) Aus diesem Grund überrascht es auch, dass Doris plötzlich ein „urdeutsches Blockadegen“ in sich und ihrer Tochter entdeckt, als sie sich nicht auf Metins spontane Verführungsaktion in der Küche einlassen kann: „Sex im Alltag muss doch möglich sein, Doris!“ (S01/E08, 14:49) Lena wirft daraufhin aus dem Hintergrund ein: „Hey wir sind nun mal keine heißen Südländerinnen, okay?“ – „Was hat denn das jetzt damit zu tun?“ - „Naja, vielleicht liegt es ja daran, dass Deut- schen einfach das Gefühl für Sinnlichkeit fehlt.“ (ebd.) Die Komik dieser Sequenz liegt in der auftretenden Inkongruenz der eigentlich sexuell sehr offenen Doris mit der Selbsterkenntnis, doch nicht so unverklemmt zu sein, wie sie dachte. Die Szene gipfelt in einer Pointe mit höchst aktuellem Bezug zum heutigen Organisationszwang in einem gestressten Berufsalltag: „Ich bin auch Businessfrau.“ - „Sag mal, machen wir jetzt einen Termin für Sex?“ - „So, das hätten wir: 23 Uhr, direkt nach den Tagesthemen?“ (S01/E08, 03:52)

Da im vorigen Absatz auch von Gleichberechtigung die Rede war, ist es an der Zeit, die Rolle der Frau in der Serie zu thematisieren. Die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau sind vor allem in den ersten Folgen, als die deutsche Hippie-Mama auf den türkischen Macho-Sohn trifft, Aus- löser für zahlreiche Konfliktsituationen. Doris als Karrierefrau, die ganztags in ihrer eignen Pra- xis arbeitet, nicht kochen kann und vom Wesen her sehr chaotisch ist, entspricht nicht dem Bild, das Cem von einer Mutter hat. Gleich zu Anfang der Serie, ist er verblüfft, als Doris in der Früh

100 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 zur Arbeit aufbricht, ohne Frühstück zu machen. Auf Türkisch beschwert er sich bei seinem Vater: „Wozu ziehen wir mit ihr zusammen, wenn sie uns nichts zu essen macht? [...] Wo bin ich hier?“ – „In Deutschland!“ erwidert sein Vater verärgert (S01/E01, 13:37). Doris, in Cems Augen, Defizite lässt er sie durch viele kleine Feindseligkeiten und Beleidigungen wie „desperate housewife“ (S01/E04, 02:52) ganz offen spüren. Auch gegenüber seinen Schwestern reizt er sein stereotypes Macho-Gehabe aus und versucht, sie herumzukommandieren und vor allem Lena bestimmte Kleidungsstücke zu verbieten (vgl. S01/E01, 12:44). Auch Lenas Freund Axel ist Cem ein Dorn im Auge, weshalb es zu mehreren Auseinandersetzungen kommt. In einem dieser Streite fallen folgende Worte: „Deine scheiß Türkenbruder-Nummer nervt. Und ich sag dir mal was, ja, wenn du wirklich mein Bruder wärst, dann würdest du wollen, dass es mir gut geht!“ (S01/E10, 01:36) Was Lena nicht ahnt, ist, dass Cem die Nummer des „Türkenbruders“ zum Zeit- punkt dieser Aussage bereits abgelegt hat, was er aber aus Stolz noch nicht zugeben kann. Sein Charakter macht während der ersten Staffel wohl die stärkste Entwicklung durch. Die Aggressi- on gegen Axel liegt darin begründet, das er selbst sich in seine Stiefschwester verliebt hat. Do- ris merkt natürlich, dass mit Cem etwas nicht stimmt und fragt ihn, ob er denn Ärger in der Schule hätte oder ihn ein anderer Halbstarker bedrohe: „Mir kann keiner Angst machen.“ - „Ge- fühle können Angst machen“ lautet die vielsagende Antwort der Therapeutin darauf (S01/E09, 06:03). Auch als sie seinen besten Freund Costa fragt, ob Cem wegen eines Mädchens so ge- knickt sei, erwidert der stotternde Grieche nur: „Wir haben keinen Liebeskummer, wir machen Liebeskummer.“ (S01/E09, 06:31) Cems Selbstbild von einem „ganzen Mann“ zeigt sich nicht nur durch sein ständiges Training, sondern auch die plötzlich aufkommende Peinlichkeit, als er sich selbst dabei erwischt, wie er an Lenas T-Shirt riecht: „Alter, bist du peinlich, ey. Reiß dich mal zusammen.“ (S01/E09, 14:10) Doris ist zwar nicht die beste Hausfrau, doch ihrer Selbsteinschätzung nach macht sie ihren Job als Mutter sehr gut. Yagmur teilt diese Ansicht nicht unbedingt und stürzt sich in eine Art Wett- streit mit Doris, in der allerdings sie die einzige Kämpferin ist. Yagmur übernimmt alle Haus- halts- und Mutterpflichten, um Doris zu beweisen, dass sie es besser kann. „Was dir fehlt, ist die Dankbarkeit für die Aufgaben als Hausfrau und Mutter.“ (S01/E10, 14:11) Die Kombination aus Aggression, Übertreibung und Stereotypisierung sorgt hier für den komischen Beigeschmack einer eigentlich bedenklichen Aussage. Doris Antwort auf diesen Vorwurf „So hat mich noch nicht mal mein Vater gedemütigt“ (S01/E10, 14:34) führt zum nächsten Thema, das auch eine Parallele zur Themenstruktur in „Modern Family“ aufweist. Ähnlich wie Claire Dunphy darunter litt, nie gut genug für ihre Mutter zu sein, trägt auch Doris Schneider bis heute Minderwertig- keitskomplexe mit sich herum, die ihr Vater verursacht hat. Auch dieses Phänomen entspricht der heutigen Gesellschaft. Alles ist ein Wettstreit, das Konkurrenzdenken nimmt Überhand und jeder will/muss der Beste in etwas sein. „Modern Family“ hat diesem Merkmal einer individualis-

101 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 tisch-materialistischen Gesellschaft eine ganze Folge gewidmet, in „Türkisch für Anfänger“ zeigt sich diese Mentalität zum Beispiel durch den Leistungsdruck, den der Großvater auf Doris aus- geübt hat. In übertriebener Art aufbereitet, wird das Thema unter anderem durch folgenden Text angeschnitten: „Dieser Mann hat mich im Alter von 10 Jahren dazu gezwungen, einen Buchfüh- rungskurs zu machen. Zusammen mit 24 Anzugträgern.“ (S01/E12, 09:06) Erinnert man sich an die Szene, in der Yagmur Doris unbedingt übertrumpfen will, scheint es so, als würde diese Wettstreit-Philosophie auch auf Menschen, die aus anderen Kulturen kommen, aber in den Wes- ten emigriert sind, überschwappen (vgl. S01/E04, 09:54). Yagmur will Doris beweisen, dass sie die Bessere sei, egal ob es nun um Haushalt oder Kindererziehung gehe (ebd.). Dieses Verhalten ist nicht nur ein Hinweis auf starkes Konkurrenzdenken, sondern spielt in übertriebener, fast provokanter Art und Weise auf das traditionelle Rollenbild der Frau an. Am Ende muss sie aller- dings doch einsehen, dass sie nicht alles alleine bewältigen kann. In diesem Falle handelt es sich allerdings eher um eine Frage von Stolz, der ebenfalls stark kulturell gewachsen ist. Gegenüber ihrem perfekten, erfolgreichen Vater, der sie nie für voll nahm und ihren Beruf als Therapeutin nie als „richtige Arbeit“ ansah, fühlte sich Doris 40 Jahre lang „wie eine Bockwurst in einem Feinkostgeschäft“ (S01/E12, 01:38). Der Großvater bleibt der Serie bis zur dritten Staffel erhalten, wobei sich die meisten Gags, die auf seine Person aufgebaut sind, auf den Bezugsrahmen der deutschen NS-Vergangenheit und damit verbundenen Einstellungen stützen. Ein repräsentatives Beispiel findet sich in der dritten Staffel, als Yagmur sich darüber beschwert, dass Cems Kumpel Costa sie gebeten hat, ihr Kopf- tuch abzunehmen. Opas Reaktion darauf lautete wie folgt: „Das wäre ja, als wenn Eva Braun zu Hitler gesagt hätte, er solle sein Hakenkreuz ablegen.“ (S03/E37, 04:38) Yagmur will sich da- raufhin Rat von einer Freundin holen, die sie als gleichgesinnt einschätzt: religiös, konservativ, traditionell. Sie kommt mit zu Yagmur nach Hause, doch kaum ist ihr Vater aus der Einfahrt ver- schwunden, zieht sie sich aus, worauf unter ihrem Gewand ein knappes Discooutfit zum Vor- schein kommt. Gerade als sie Haarspray auftragen will, entdeckt Yagmur, was unter der Verhül- lung steckte: „Bist du verrückt geworden?“ - „Wieso, der ist FCKW-frei?“ (S03/E42, 12:57) Hier entsteht der komische Effekt aus einer Kombination mehrerer Komikmittel. Eine unerwartete Inkongruenz entsteht durch Bezug zum medial sehr präsenten Umweltthema. Die Reaktion der Freundin eröffnet ein völlig neues Themenfeld, als die Problematik, die Yagmur in ihrem Verhal- ten sieht. Vor allem in den späteren Folgen der Serie wird das Thema Klimawandel vermehrt angesprochen, wie auch im folgenden Beispiel: Lena hat ein Praktikum in der Redaktion eines Berliner Lifestyle-Magazins bekommen und muss jeden Morgen pünktlich zur Arbeit. Als sie einmal ihren Bus verpasst, möchte sie von Doris hingefahren werden, da sie mit dem nächsten Bus eine Viertelstunde zu spät kommen würde. Die Reaktion ihrer Mutter auf diese Bitte lautet: „Wegen 15 Minuten blas ich doch kein CO2 in die Luft. Ich bin doch nicht die USA.“ (S03/E42,

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09:24) Diese Aussage stellt zwei erstrebenswerte Ziele gegenüber und verdeutlicht, dass durch das Erreichen des einen das andere ausgeschlossen wird. Mit der Entscheidung zwischen Pünktlichkeit und Umweltschutz können Informationen über die Prioritätensetzung der beteilig- ten Personen getroffen werden. Zugleich spricht das Aufkommen dieses Konflikts dafür, dass diese Werte bzw. Themen eine Rolle in der jeweiligen Gesellschaft spielen. Eine ebenfalls stark gesellschaftlich orientierte Kulturdimension ist die Human-Orientierung (vgl. House/Javidan/Dorfman 2001). Mitgefühl und soziale Verantwortung für benachteiligte Men- schen sind Merkmale dieser Kategorie. Ein Beispiel aus „Türkisch für Anfänger“ wäre Lenas Entschluss, weiterhin mit Axel befreundet zu bleiben, nachdem sie erfährt, dass er bei ihrer Mut- ter in Therapie ist (S01/E05, 04:33). Das Publikum merkt allerdings, dass es sich hierbei nicht nur um eine Integrationsmaßnahme handelt, sondern tatsächlich um Freundschaft. Ein ähnlicher Fall von Mitgefühl kommmt auf, als Metin beschließt, ebenfalls Ramadan zu halten, damit Yagmur nicht alleine Hunger leidet. Obwohl ihm das Fasten offensichtlich zusetzt, bemüht er sich red- lich. Neben der Human-Orientierung gibt die Religion als gemeinsames Band in diesem Fall vor, was „richtig“ ist. Dies liegt natürlich im Auge des Betrachters, was auch in der feierabendlichen Begrüßung von Doris angedeutet wird. Als Metin durch die Tür kommt, dreht sie sich um und fragt: „Na du Moslem, hast du Hunger?“ (S01/E5, 07:28) Der liebevoll, witizg gemeinte Kommen- tar löst allerdings wenig Begeisterung bei seiner Tochter aus. Ihr Leben ist der Glaube, denn dieser gibt ihr halt und tröstet sie über den Tod ihrer Mutter hinweg. Der eigentlich tragische Hintergrund von Yagmurs Religiösität nimmt durch die wiederholte, komische Aufarbeitung nicht Überhand. Als Lena nach einem Streit mit Axel der Meinung ist, ihr Leben hätte keinen Sinn mehr, versucht Yagmur sie aufzuheitern, indem sie meint, dass das doch die Momente im Leben seien, in denen man zum Islam konvertieren sollte (S01/E04, 23:45). Ihre strikten Ansichten schwächt sie allerdings im späteren Verlauf der Serie etwas ab, da sie sich in Cems Freund Costa verliebt und später auch ihr Kopftuch ablegt (vgl. S03/E42; E43). Ob diese Geste als posi- tives oder negatives Zeichen gewertet wird, sei dahingestellt – Fakt ist, es ist eine integrative Maßnahme aus freien Stücken. Am Ende der dritten Staffel und damit der Serie wird ein Thema aus der Gesellschaft noch ein- mal verstärkt angesprochen. Als Lena herausfindet, dass sie von Cem schwanger ist, zieht sie die Möglichkeit in Betracht, eine Abtreibung vornehmen zu lassen (S03/E49, 16:15). Sie ent- schließt sich allerdings dagegen, woraufhin die Comedy-Richtung der Serie wieder aufgenom- men wird: Cem muss Verantwortung übernehmen, hat aber keinen Schulabschluss und deswe- gen schlechte Jobaussichten. Die Familie möchte ihn deswegen zum Hausmann umerziehen.

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5.3 Vergleichende Analyse im kulturellen Kontext

Nach den beiden Einzelanalysen des Untersuchungspaares „Modern Family“ und „Türkisch für Anfänger“ sollen die herausgefilterten gesellschaftlich-kulturellen Strukturen verglichen und ausgewertet werden. Dies muss vor dem Hintergrund passieren, dass beide Serien zwar den- selben Ausgangspunkt für ihre Konflikte haben – eine Patchwork-Familie, aber die komikgene- rierende Absicht unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Während sich „Modern Family“ als typi- sche Sitcom mit dem Hauptziel, Komik zu erzeugen, präsentiert, lassen sich in „Türkisch für Anfänger“ vermehrt auch Elemente einer Soap Opera finden. Die Weiterentwicklung der Charak- tere, sowie ihres Gefühls- und Beziehungslebens spielen neben der Komikerzeugung eine starke Rolle in der deutschen Fernsehserie. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich Seifenopern wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ bereits am deutschen Fernsehmarkt bewiesen haben, reine Sit- coms haben sich bislang noch nicht in diesem Maße durchgesetzt. Ausgenommen sind hier die eingekauften US-amerikanischen Formate, die sowohl in ihrem Produktionsland als auch inter- national erfolgreich sind. Die folgende Tabelle dient zur Veranschaulichung der festgestellten Indikatoren für die Rolle des kulturellen Kontextes und soll eine kurze Übersicht über ihre Verteilung geben.

Indikatoren der Makrostruktur Modern Family Türkisch für Anfänger Migration/Integration X X Toleranz X X Homosexualität X Sexualität X X Erziehung X X Bildung X Armut X Familienmodelle X X Religion X Teenager-Schwangerschaften X X Gesellschaftsschicht X Umweltschutz X Ernährung X Fitness, Gesund leben X Alkoholkonsum Minderjähriger X Erfolgsstreben/Konkurrenzdenken X X Werte, Normen und Tabus X X Moderne Krankheiten (ADS, Midlife X X Crisis,...) Informations- und Kommunikations- X technologien

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Einige Themenfelder überschneiden sich, wobei die Ausprägungen sehr stark variieren. Wäh- rend Sexualität in „Türkisch für Anfänger“ sehr präsent ist, spielt es in „Modern Family“ eher eine Nebenrolle. Dafür stehen als Teilbereich des Themenfelds „Sexualität“ in der US- amerikanischen Serie Homosexualität und die damit einhergehende Frage nach Toleranz und Diskriminierung stark im Vordergrund. Feststellen lässt sich weiters, dass sich in der Analyse der US-amerikanischen Serie ein Groß- teil der mikrostrukturellen Gestaltungselemente (wie einzelne Wortmeldungen) auch großflächi- gen Themen der Makrostruktur, wie Migration, Homosexualität und unterschiedlichen Familien- modellen zuordnen lassen. Sie bilden einen übergordneten dramturgischen Rahmen, da sie sich über einzelne Gags und auch Episoden hinaus erstrecken. In ähnlicher Art und Weise wird auch in der deutschen Serie vielen Problemen makrostruktureller Ordnung Raum gegeben, zum Bei- spiel dem offenen Umgang mit Sexualität. Wie diese Themen zu Indikatoren für Kultur bzw. für die gesellschaftliche Struktur werden, soll im Folgenden erläutert werden.

5.3.1 Themen und kulturell-gesellschaftliche Strukturen

Migration/Integration Migration ist aus mehreren Gründen als Indikator für Kultur zu betrachten. Die Integrationsfrage hat sehr viel mit dem Verschmelzen von verschiedenen Kulturen und auch mit Angst vor dem Fremden zu tun. Es ist eine kulturelle Frage, ob eine Gesellschaft eher offen für Fremdes ist, oder eingeschüchtert.

Sexualität/Homosexualität Wie offen eine Gesellschaft mit dem Thema Sexualität umgeht, wird aus ihrem Normen- und Wertesystem ersichtlich. Was als Tabu gilt und worüber man sprechen kann und darf, sind kultu- rell gewachsene Regeln, die dem Individuum Orientierung und Sicherheit geben. Werden diese Regeln im Alltag gebrochen, drohen gesellschaftliche Sanktionen – unter dem Deckmantel einer Comedy-Serie sorgt dieser Bruch aber für Inkongruenzen, die letztendlich einen komischen Ef- fekt auslösen.

Erziehung/Bildung Schul- und Bildungssysteme sind in jedem Land verschieden. Dies legt die Vermutung nahe, dass sich auch Erziehungsmethoden dementsprechend unterscheiden können. Diese Annahme ist zwar mit Vorsicht zu genießen, da Erziehungsstile von Familie zu Familie stark differieren

105 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 können, trotzdem lassen sich einige wenige Muster feststellen, die kulturell begründbar erschei- nen.

Religion Da Religion einen Teil der Kultur eines Landes ausmacht und diese beiden Kontexte stark mitei- nander verschmolzen sind, können hier wechselseitige Rückschlüsse gezogen werden.

Familienmodell Familienzusammensetzungen haben sich im Laufe der Zeit stark verändert. Die interessante Frage ist, warum Patchwork-Familien oder Lebenspartnerschaften als „neu“ und „ungewöhn- lich“ wahrgenommen werden. Dies kommt daher, dass die Gesellschaft ein anderes Familienmo- dell gewöhnt ist, weil es in der Vergangenheit so war. Die in westlichen Gesellschaften traditio- nelle Familie „Mutter, Vater, Kind“ verändert sich durch einen Wertewandel, beispielsweise der Ehe gegenüber. Früher wurde einer Heirat höchste Priorität eingeräumt, dieser Status ist nicht mehr derselbe, was auch eine kulturelle Veränderung nach sich zieht.

Jugend (Alkohol, Teenager-Schwangerschaften) Die Jugend ist die Zukunft einer Gesellschaft. Aus diesem Grund kann der Einfluss, den junge Menschen auf ihre Kultur und umgekehrt ihre Kultur auf sie hat, nicht verneint werden. Die Prio- ritätensetzung und Lebenswelten der Jugend, ihr Verhalten und ihre Kommunikationsweise sind Indikatoren für die zukünftige Alltagskultur einer Gesellschaft.

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien Die rasante Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien ist ein maßgebli- cher Einflussfaktor auf die Kultur einer Gesellschaft. Soziale Netzwerke, Smartphones, intelli- gente Fernsehsysteme, etc. sind Entwicklungen, die die Alltagskommunikation beschleunigen, technologisieren und verändern. Da ein Kommunikationsprozess immer im Kontext eines Sys- tems stattfindet, können dementsprechend Rückschlüsse auf bedingende, in diesem Fall kulturel- le, Faktoren gezogen werden.

Materialismus/Erfolgsstreben/Konkurrenzdenken Welche Ziele die individuellen Mitglieder einer Gesellschaft verfolgen, ist sehr aussagekräftig für die führenden Werte einer Kultur. In westlichen, damit sind laut Hofstede und House/Javidan/ Dorfman (2001) individualistisch, materialistisch orientierte Kulturen gemeint, sind Karriere, materialistische Güter, Geld und Macht sehr hoch angesehen und gelten als erstrebenswert. Die

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Einzelkämpfer-Philosophie geht mit dem starken Konkurrenzdenken konform, das sich auch im Bildungssystem und den Erziehungsmethoden einer Kultur widerspiegelt.

5.3.2 Serienvergleich anhand der Themenstruktur

Migration/Integration Für Konflikte in Bezug auf das Integrationsthema sorgt in „Türkisch für Anfänger“ die türkische Migrationsfamilie Öztürk, in „Modern Family“ die kolumbianischen Delgados. In beiden Serien wird sehr stark mit Klischees gearbeitet – so zeigt die Analyse auf der einen Seite einen durch- trainierten, „proletenhaften“ Bruder, dessen deutschtürkischer Akzent seine Machosprüche auf die Spitze treibt, sowie auf der anderen Seite eine temperamentvolle, attraktive Latina, deren spanischer Akzent immer wieder für Missverständnisse sorgt. Laut der Bundeszentrale für poli- tische Bildung Deutschland sind nach dem Stand 2012 die meisten der 15,96 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund türkischstämmig (18,5%). Mit 17% Anteil an der Gesamtbevölkerung stellen die Hispanics die größte ethnische Minderheit in den USA dar. Beide Serien beschäftigen sich demnach mit der Migrantengruppe, die dem potenziellen Publikum am vertrautesten ist. Die ProduzentInnen gehen davon aus, dass die ZuseherInnen dementsprechend auch die jeweiligen Migrationsproblematiken kennen. Dadurch wird ein geteilter Wissensstand rund um dieses The- ma vorausgesetzt, was auf einen gemeinsamen Kontext von Sender und Empfänger schließen lässt. Dies begünstigt einen erfolgreich ablaufenden Kommunikationsprozess, was in diesem Fall zu einer Äußerung der als komisch identifizierten Absicht beim Empfänger in Form eines La- chens, Schmunzelns oder Grinsens führt.

Sexualität/Homosexualität Neben Gloria Delgados Attraktivität, die auch als ein Merkmal für Sexualität interpretiert werden könnte, steht in der US-amerikanischen Serie „Modern Family“ vor allem das Thema Homosexu- alität an prominenter Stelle. Ein gleichgeschlechtliches Paar, Mitchell und Cameron, sind ein fixer Bestandteil der Figurenkonstellation und sind neben den anderen Figuren nach inhaltlichen sowie formalen Gesichtspunkten gleichberechtigt. Vom Publikum werden sie nicht als Nebenrol- len wahrgenommen, von den ProduzentInnen erhalten sie genauso ihren Platz in der Serie wie die traditionell zusammengesetzte Familie Dunphy. In „Türkisch für Anfänger“ wird das Thema Sexualität weniger aus politischer, sondern aus Teenager-Perspektive betrachtet. Zwischen Lena und Cem entwickelt sich mehr als nur Stiefgeschwisterliebe und auch Yagmur und Costa haben mit Konflikten rund um das Thema Sex zu kämpfen. Typisch für eine Serie, die an Jugend- liche adressiert ist, geht es hier um das erste Mal, Aufklärung und die erste große Liebe. Was in

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„Türkisch für Anfänger“ in einer Teenager-Schwangerschaft endet, wird in „Modern Family“ eher als harmlose Schwärmereien ohne ernsthaften Hintergrund verarbeitet. In der ein oder anderen Szene wird zwar mit der Angst der Eltern vor einer schwangeren 16-jährigen Tochter gespielt, die Komik wird aber nie zum Ernstfall. Ähnlich harmlos und humorvoll werden die Ver- liebtheiten des kleinen Manny Delgado dargestellt. Der frühreife Latin Lover hat Charme, einen Hang zur Romantik und wechselt seine Angebeteten regelmäßig. Ein kulturell geprägtes Kli- schee, mit dem durch das junge Alter und die etwas molligere Figur Mannys gebrochen wird. Wiederum handelt es sich hier um einen Bruch, der eine komikerzeugende Inkongruenz nach sich zieht.

Erziehung/Bildung Die Analyse zeigt, dass in „Türkisch für Anfänger“ die Thematisierung verschiedener Erzie- hungsstile relativ beliebt für die Konfliktgenerierung ist. Doris antiautoritäre Erziehung spießt sich mit Metins Beschützerinstinkt, Yagmurs Liebe zu Regeln und den Erziehungsvorstellungen der Großeltern. In „Modern Family“ wird das Thema innerhalb von drei Familien verarbeitet. Manny Delgado kommt neben der Fürsorglichkeit seiner Mutter auch in den Genuss von Jays traditionellen Vorstellungen, wie sich ein Junge seines Alters zu verhalten habe und was er tun sollte. In der Familie Dunphy herrscht eine klare „guter Cop/böser Cop“-Rollenverteilung. Es wird hier eine Familienhierarchie konstruiert, in der die Mutter den Ton angibt und der Vater zustimmt. Die „geheime“ Machtposition der Mutter ist in westlichen Kulturen eine rein familien- interne Angelegenheit und lässt sich weniger auf die makrostrukturelle Frage der Gleichberech- tigung zwischen Mann und Frau in einer Kultur projizieren. Nichtsdestotrotz scheint das Bild dieser Familie und ihre Rollen- und Machtverteilung dem Publikum vertraut zu sein, denn es funktioniert. Das höchste Identifikationspotenzial besteht in der westlichen Kultur auch heute noch mit dem herkömmlichen Familienbild „Mutter, Vater, Kind(er)“.

Religion Vor allem in „Türkisch für Anfänger“ werden die Differenzen zwischen Kulturen, die noch immer sehr religiös geprägt sind, und denen, die Religion keinen so hohen Stellenwert mehr einräumen, behandelt. Der Islam stellt einen bestimmenden Faktor im Normen- und Wertesystem der türki- schen Kultur dar. Der Umgang mit diesen Regeln im Kontext der deutschen Kultur zeigt sich in und rund um die Figur Yagmur. Sie ist streng gläubige Muslimin und stößt in Deutschland immer wieder an ihre Grenzen. Gegenseitiges Verständnis, Toleranz und Offenheit scheinen im Hinblick auf die Aktualität und Brisanz des Themas Integration einleuchtende, moralisch intendierten Bot- schaften der ProduzentInnen zu sein. Deutschland ist zwar von traditionellen, christlichen Wer- ten geprägt, die Religion nimmt aber keine determinierende Rolle im Leben der Menschen ein.

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Gloria Delgado ist wahrscheinlich die gläubigste Figur in „Modern Family“. Dem Stereotyp ent- sprechend wurde sie katholisch erzogen und pflegt zum Leidwesen ihres Ehemannes Jay den sonntäglichen Kirchgang. Hier wird deutlich, dass der Stellenwert von Religion innerhalb einer Kultur stark differieren kann und dass diese Diskrepanzen ein hohes Maß an komischem Poten- zial bieten.

Familienmodell Ein Bruch mit dem traditionellen Familienmodell erfolgt in „Türkisch für Anfänger“ durch das Zusammenwürfeln einer türkischstämmigen mit einer dreiköpfigen, deutschen Familie. Metin ist Witwer und bringt zwei Kinder, Cem und Yagmur, mit in die Patchwork-Familie. Doris ist allein- erziehende Mutter, der Vater ihrer Kinder Lena und Nils ist Ethnologe und weilt im amazoni- schen Dschungel. Diese schon ungewöhnliche Familienzusammensetzung wird von der „Modern Family“ noch einmal übertroffen. Vor allem das homosexuelles Paar mit einer vietnamesischen Adoptivtoch- ter, und die Familie Delgado-Pritchett räumt mit dem traditionellen Bild, wie eine Familie auszu- sehen hat, auf. Die kleinstmögliche Untergruppe einer Gesellschaft, vor dem Individuum, ist die Familie. Die Sitcom impliziert einen Wandel des etablierten Familienmodells, was soziale Konse- quenzen und dementsprechende Änderungen kultur-gesellschaftlicher Strukturen nach sich zieht.

Jugend (Alkohol, Teenager-Schwangerschaften) Das Thema Jugend kommt in beiden Sitcoms auf vielfache Weise zum Ausdruck. Zum ersten natürlich durch die jugendlichen Figuren, die sich (mit Ausnahme von Manny) ihrem Alter ent- sprechend verhalten. Ein konkretes Beispiel für eine Anspielung auf eine medial stärker präsen- te Problematik ist der Alkoholkonsum von Jugendlichen, beziehungsweise Minderjährigen. In „Türkisch für Anfänger“ wird dieser Trend unter Jugendlichen durch eine exzessive Partynacht Lenas in Verbindung mit einem grauenvollen Katermorgen für die Erzeugung von Komik genutzt. Ob frühzeitiger Alkoholkonsum als Teilerscheinung von Jugendkultur gewertet werden kann, sei dahingestellt. Fakt ist, dass das Thema in der Serie aufgegriffen wurde und somit nicht völlig unbeeinflusst seinen Platz dort gefunden hat.

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien Vor allem in Phil Dunphy, dem selbsterklärten Technikfreak in der „Modern Family“, manifestiert sich der Wandel von Informations- und Kommunikationstechnologien. Im Vordergrund steht hier die Veränderung der Kommunikationskultur durch Smartphones, soziale Netzwerke und der Ein- bindung technischer Geräte in das Familienleben. Die Personifizierung technologischer Geräte,

109 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483 kann dazu führen, dass NutzerInnen eine Beziehung zu der Maschine aufbauen. Dies kann ein Ersatz für ein Defizit an sozialen Kontakten, einfach nur Neugier oder auch die Freude an der Technik an sich sein. Im Charakter Phil Dunphy wird die Liebe zur Technologie in übertriebener Art und Weise dargestellt, was für eine Relevanz der Thematik in der realen Welt spricht.

Materialismus/Erfolgsstreben/Konkurrenzdenken Ob nun in der Stiefvater-Sohn-Beziehung zwischen Manny und Jay, in den familiären Wettstreits der Dunphys oder der Vergleich der kleinen Lily mit anderen Kindern – das Konkurrenzdenken und Streben nach Erfolg zieht sich durch den Alltag der Serienfiguren. Interessant ist, dass in beiden Serien eine durch starken Leistungsdruck geprägte Mutter-Tocher-Beziehung, bzw. Va- ter -Tochter-Beziehung, verarbeitet wird. In „Modern Family“ spricht Claire davon, dass sie nie gut genug für ihre Mutter war, in „Türkisch für Anfänger“ äußert sich dieses Minderwertigkeits- gefühl von Doris gegenüber ihrem Vater beinahe komplexartig in ihrem Verhalten. Beide sind überzeugt, auf ihre Kinder keinen Leistungsdruck in dieser Form auszuüben. Während in der US- amerikanischen Serie Claire trotzdem auf Schulleistungen ihrer Kinder achtet, sorgt der über- trieben antiautoritäre Erziehungsstil von Doris in „Türkisch für Anfänger“ für eine starke Polari- sierung des Themas.

5.3.3 Einordnung der Themen in Kulturdimensionen

In der folgenden Tabelle wurde versucht, die herausgefilterten Themen den Kulturdimensionen nach Hofstede und House/Javidan/Dorfman zuzuordnen.

THEMA KULTURDIMENSION Migration/Integration Unsicherheitsvermeidung Sexualität/Homosexualität Geschlechtergleichheit, Human-Orientierung Erziehung/Bildung Zukunftsorientierung, Bestimmtheit, Leistungsori- entierung Religion Kollektivismus I Familienmodell Kollektivismus II, Geschlechtergleichheit, Be- stimmtheit, Machtdistanz Jugend Zukunftsorientierung Neue Informations- und Leistungsorientierung, Zukunftsorientierung Kommunikationstechnologien Materialismus/ Individualismus, Leistungsorientierung, Bestimmt- Erfolgsstreben/Konkurrenzdenken heit

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Das Thema Migration korrespondiert mit der Dimension Unsicherheitsvermeidung, da Integration viel mit Ängsten der Gesellschaft zu tun hat. Toleranz gegenüber dem Fremden und vor allem Offenheit gegenüber der Veränderung kulturell-gesellschaftlicher Strukturen in der eigenen Le- benswelt sind in der deutschen und US-amerikanischen Kultur zwar erwünscht, allerdings noch nicht gegeben. Letztere ist den europäischen Kollegen allerdings etwas voraus.

Der Umgang mit dem Thema Sexualität fällt in den Bereich Geschlechtergleichheit, beziehungs- weise der Tendenz in Richtung maskuline oder feminine Kultur. Welche Werte gelten als männ- lich, welche als weiblich und wie stehen diese in Verbindung zum Thema Sexualität? Dieser Zusammenhang konstituiert sich vorwiegend über die Offenheit gegenüber dem Thema. Als Teilbereich dieses Themenkomplexes steht Homosexualität in starker Verbindung mit dem Grad der Human-Orientierung. Fairness im Sinne von Toleranz und Selbstlosigkeit, als Zurückstellen eigener, normativer Denkweisen, sind Kennzeichen dieser Dimension und spielen in der Aner- kennung gleichgeschlechtlicher Paare eine große Rolle.

Puncto Erziehung und Bildung können Aussagen über die Zukunftsorientierung einer Gesell- schaft, die Leistungsorientierung, sowie über den Grad der Bestimmtheit getroffen werden. Langfristiges Denken zeigt sich eher im Stellenwert, den Ausbildung in den beiden Kulturen ha- ben. Die Jugend spürt den Leistungsdruck, der durch Schule und teilweise die Eltern auferlegt ist. Phänomene wie „Komasaufen“ oder „Teenager-Schwangerschaften“ könnten mit der starken

Leistungsorientierung der westlichen Kulturen zusammenhängen (vgl. Die Presse 2007, 21.8. 2014). Prinzipiell haben schnelle, kurzfristige Lösungen Priorität gegenüber vorausschauenden. Dies zeigt sich zum Beispiel auch in angesprochenen Problematiken wie dem Klimawandel. Die Schnelllebigkeit in den individualistischen Kulturen wird neben dem Erfolgsdruck aber auch durch die Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien begünstigt. Diese technologischen Neuerungen stehen wiederum in Wechselwirkung mit der Leistungsorientiert- heit und stehen durch ständige Innovationen für ein kurzfristiges Lösungsdenken. Ein Beispiel dafür wäre der US-amerikanische Apple-Konzern, der in regelmäßigen Abständen neue Versio- nen seiner Geräte auf den Markt bringt.

In diesem Zusammenhang bietet es sich an, gleichzeitig auch das in den Serien relativ präsente Konkurrenzdenken und Erfolgsstreben, sowie den Stellenwert materialistischer Güter ebenfalls der Dimension Leistungsorientierung, sowie dem Individualismus und der Bestimmtheit zuzu- ordnen. Bestimmtheit meint in diesem Fall Durchsetzungsvermögenn um die erstrebenswerten Ziele in der Gesellschaft zu erreichen. Der dadurch stark individualistisch geprägte Lebensweg verdeutlicht die Verbindung zu dieser Dimension.

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Besonderen Stellenwert in dieser Untersuchung hat das Thema Familie. Es ist im Sinne Hofste- des der Dimension Individualismus vs. Kollektivismus, in House/Javidan/Dorfmans Typologie dem Kollektivismus II zuzuordnen. Der Zusammenhalt der Familienmitglieder in „Modern Family“ und „Türkisch für Anfänger“ würde eher für eine kollektivistische Kultur sprechen. Dieser Ein- druck korreliert mit der Einordnung der USA und Deutschland im Rahmen der GLOBE-Studie. Eine Erklärung könnte sein, dass das medial vermittelte Bild der Familie einem SOLL-Zustand, einer erstrebenswerten Norm entspricht. Im Vergleich mit viel stärker kollektivistisch ausge- prägten Ländern, wie beispielsweise China, spielt Loyalität gegenüber einer Gruppe eine eher geringe Rolle.

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6 FAZIT UND AUSBLICK

Was haben nun diese Themen und ihre Einordnung in Kulturdimensionen mit der Entstehung von Komik zu tun? Die vorliegende Analyse zeigt deutlich, dass eine Vielzahl an Themen in Comedy-Serien verar- beitet wird, die Rückschlüsse über kulturell-gesellschaftliche Strukturen zulassen. Der kulturelle Entstehungskontext einer Comedy-Serie stellt sich in dieser Untersuchung als maßgeblicher Einflussfaktor heraus. Vor allem in Bezug auf die Generierung von Komik durch plötzlich auftre- tende Inkongruenzen werden kultur-gesellschaftliche Phänomene der Makroebene herangezo- gen. Auf der Mikroebene lassen sich komikauslösende Mittel wie Inkongruenzen, Übertreibung, usw. vor allem im zwischenmenschlichen Kontakt herausfiltern. Komische Szenen haben oft einen engen und einen weiten Bezugsrahmen – ganz im Sinne des Verständnisses mikro- bzw. makrostruktureller Elemente. Komik entsteht hier auf die vielfältigste Art und Weise, meistens durch die Kombination mehrerer humorerzeugender Mittel. Die Annahme, die dieser Arbeit zugrunde liegt, kann insofern bestätigt werden, als dass ein Zu- sammenhang zwischen der Erzeugung von Komik in Comedy-Serien und kulturell- gesellschaftlichen Strukturen festgestellt werden konnte. Die Erzeuger von Komik, in diesem Fall die ProduzentInnen von „Modern Family“ und „Türkisch für Anfänger“, bedienen sich aus einem unerschöpflichen Topf an Inhalten, zu denen das Publikum eine Beziehung hat. Was sich allerdings nicht bestätigt, sind die humortypischen Spezifika in Deutschland bzw. den USA laut der erstellten Vergleichsfolie. Es wurde in der deutschen Comedy-Serie kein überwie- gender Anteil an komischen Effekten, die aus einer Überlegenheit oder Aggression entstehen, festgestellt. Genauso wenig lässt sich eine Tendenz zum Fäkalhumor erkennen. Vielmehr ist es so, dass durch die besondere Familiensituation eine politische Dimension des Humors zu Tage tritt. Politischer Humor ist zwar laut den Vergleichsfolien ein Kennzeichen für amerikanische Komik, durch die Konzeption der Serie „Türkisch für Anfänger“ jedoch zieht sich der politische Bezug zu Integrationsfragen in Deutschland durch alle Episoden. Politischer Humor kommt aber auch in der US-amerikanischen Serie „Modern Family“ nicht zu kurz, was in diesem Fall der Vergleichsfolie entspricht. Komische Situationen werden hier vermehrt rund um Diskriminie- rungserscheinungen aufgebaut. Dies verweist allerdings nicht zwingend auf eine Dominanz von aggressionsbedingtem Humor in den USA. Im US-amerikanischen Humor lässt sich, neben der Verwendung von Stereotypen, vor allem ein starker Hang zu Inkongruenzen als komikgenerie- renden Mechanismen feststellen. Im Vergleich dazu wird in der deutschen Serie häufiger mit

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Klischees und dem Komikmittel der Übertreibung gearbeitet. Inkongruenzen stechen in „Türkisch für Anfänger“ nicht so dominant hervor wie in „Modern Family“. Es handelt sich hierbei um eine inhaltsanalytische Untersuchung eines audiovisuellen Medien- produkts, das heißt, es können keinerlei Schlüsse über die Rezeption und Nutzungsweisen der ZuseherInnen gezogen werden. Eine Rezeptionsstudie, die den Dekodierungsprozess einer ko- mischen Botschaft in den Fokus rückt, könnte Ausgangpunkt einer weiterführenden Untersu- chung in diesem Bereich sein. Komische Intentionen auf Produktionsseite bedeuten noch lange nicht, dass diese auf der Empfänger-Seite des Kommunikationsprozesses mit einem Lachen honoriert werden. Die hier dargestellte Analyse zeigt, dass ähnliche oder gemeinsame Kontexte beider Seiten den Erfolg dieses Prozesses ermöglichen und begünstigen – einen Beweis dafür kann allerdings nur eine Rezeptionsstudie liefern. Ob die Botschaft so ankommt, wie gewollt, ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht nur für die Medienunternehmen relevant, sondern stellt nach wie vor eine grundlegende Ausgangproblematik in der kommunikationswissenschaftlichen For- schung dar.

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121 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

8 FILMOGRAPHIE

8.1 Modern Family

S01/E01 (2009): Pilot S01/E02 (2009): The Bicycle Thief S01/E03 (2009): Come fly with me S01/E04 (2009): The incident S01/E05 (2009): S01/E06 (2009): Run for your wife S01/E07 (2009): S01/E08 (2009): Great expectations S01/E09 (2009): S01/E10 (2009): S01/E11 (2010): Up all night S01/E12 (2010): S01/E13 (2010): S01/E14 (2010): Moon landing S01/E15 (2010): S01/E16 (2010): Fears S01/E17 (2010): Truth be told S01/E18 (2010): Starry night S01/E19 (2010): Game changer S01/E20 (2010): S01/E21 (2010): Travels with scout S01/E22 (2010): S01/E23 (2010): Hawaii S01/E24 (2010): Family Portrait

122 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

8.2 Türkisch für Anfänger

S01/E01 (2006): Die, in der ich meine Freiheit verliere S01/E02 (2006): Die, in der ich keine Schwester will S01/E03 (2006): Die, in der ich abstürze S01/E04 (2006): Die, in der ich keine Freunde finde S01/E05 (2006): Die, in der sich Axel in meine Familie verliebt S01/E06 (2006): Die, mit den Geheimnissen S01/E07 (2006): Die, in der ich leider erwachsen werde S01/E08 (2006): Die, in der ich keine Gefühle habe S01/E09 (2006): Die, in der Axel ständig grün ist S01/E10 (2006): Die, in der ich echt voll okay bin S01/E11 (2006): Die, in der mich der Wolf kriegt S01/E12 (2006): Die, in der es nur einen geben kann S03/E37 (2008): Die, in der es total beschissen weitergeht S03/E42 (2008): Die, in der ich wieder 17 bin S03/E49 (2008): Die, in der der Papagei kommt

8.3 Diverse

The Big Bang Theory/S02/E22 (2008): Online unter: https://www.youtube.com/watch?v=sPnGC1__Xqg, 19.8.2014.

The Simpsons S03E03 (1991): Online unter http://www.imdb.com/title/tt0763042/quotes, 22.8.2014.

123 Masterarbeit SS 2014 Kathrin Brandstetter | 0820483

9 ANHANG

Modern Family – Analysebogen (szenische Elemente der Makrostruktur) 125 Modern Family – Analysebogen (Auswahl der humorvollen Szenen) 132

Türkisch für Anfänger – Analysebogen (szenische Elemente der Makrostruktur) 138 Türkisch für Anfänger – Analysebogen (Auswahl der humorvollen Szenen) 145

124

Modern Family – Analysebogen (szenische Elemente der Makrostruktur) Masterarbeit

Szenisches Element Themenspezifische Hinweise Kultureller Kontext Dramaturgischer Rahmen Innere Konflikte Äußere Konflikte Dram. Bogen - Episo- Dram. Bogen - Staffel de Frühstück, „normal chaoti- Grundkonflikt „Jugend vs. Alter“ und Familienmodell, Vaterrolle, - Outfit-Diskussion, „Just Vorstellung der Vorstellung der scher“ Morgen bei den Dun- „Cooler Vater vs. strenge Mutter“ Mutterrolle text me“, „meine Pflicht – Figuren (Haley, Phil, Figuren (Haley, Phil, phys unsere Pflicht“ Claire) Claire)

Manny spielt (sehr schlecht) Temperamentvolle Latina, gelassener Grundkonflikt „Leidenschaft vs. Manny winkt eher einem Hitzige Diskussion zwi- Vorstellung der Vorstellung der Fußball, Gloria feuert ihn lei- älterer Herr im Jogginganzug Gelassenheit“, Grundkonflikt Mädchen, als dem Ball schen Gloria und einer Figuren (Manny, Fguren (Manny, denschaftlich an, gerät in eine „Erfolgreicher Businessman nachzulaufen anderen Mutter Gloria, Jay) Gloria, Jay) hitzige Diskussion mit einer höheren Alters vs. leiden- anderen Mutter, Jay sitzt gelas- schaftliche Kolumbianerin mit sen daneben hitzigem Temperament“, Mitchell und Cameron bringen „schwangere Lesbe“, „cream puffs“ Traditionelles Familienbild Ärger über Intoleranz Mitchell legt sich mit allen Vorstellung der Vorstellung der ihre vietnamesische Adoptiv- Camerons Körpersprache, „Cream Fluggästen an Figuren (Cameron, Figuren (Cameron, tochter in die USA puffs“ Mitchell) Mitchell), Lily wird eingeführt

SS 2014

Der coole Dad Wtf – „why the face“ statt Wtf = „what Erziehungsmaßnahmen - „Cooler Dad“ gegen Vorstellung der Vorstellung der the fuck“, „Strenge Mum“ Figuren (Phil, Claire) Figuren (Phil, Claire) „auf Luke schießen im Kalender“

Der verliebte Manny Hinweis auf homophobe Züge von Wie sollte ein Junge in Mannys - Manny gegen Jay = Vorstellung der Vorstellung der Jay Alter sein? „Sportler vs. Romanti- Fguren (Manny, Fguren (Manny, ker“, „Echter Mann vs. Gloria, Jay) Gloria, Jay) Weichei“

Wandgemälde Homosexualität Stereotyp Mitchell hat Probleme, zu Er verlangt von Cameron Vorstellung der Vorstellung der seiner Homosexualität zu „etwas weniger Schwu- Figuren (Cameron, Figuren (Cameron,

stehen, vor allem vor les“ als Wandgemälde Mitchell) Mitchell) Kathrin Brandstetter | 0820483 seinem Vater

Gespräch Küche zwischen Alex Alex fängt an , über Teenager- Jugend (Teenager- Vertrauen vs. Verantwor- - Vorstellung der Vorstellung der und Mutter Schwangerschaften zu sprechen, Schwangerschaft) tung für die Tochter Figuren Figuren während ihre Schwester mit einem Jungen in ihrem Zimmer einen Film schaut 125

Spielzeugwaffe Luke soll abgeschossen werden, Erziehungsmethoden, Waffen in Phil: Erzieherische Maß- Phil zielt auf ängstlichen Haley ist sauer, weil Auslöser dafür, dass damit er eine Lektion erhält, („Warum Amerika, Anspielung auf das nahme, die bedeutet, dem Luke, sagt es mache ihm ihr Vater ihren Dylan immer etwas Masterarbeit grinst du?“) Spielzeugpistole geht „Aug’ um Aug’, Zahn um Zahn“ eigenen Kind, weh tun zu auch keinen Spaß. „Wa- Freund attackiert Angst hat vor Phil von allein los und trifft letztendlich Prinzip müssen rum grinst du dann?“ – (wenngleich unbeab- auch den Freund der Tochter Phil fühlt sich ertappt sichtigt)

Mitchells Ansprache, zum „Phil“ = „Feel“, „Lion King“, „Turn it „Modern Family vs. Traditional Freude an der Nachricht, - Mitchells Angst Zusammenhalt der ersten Mal sitzt die gesamte off“, „Gesicht spucken, in den Rücken Family“ aber Angst vor den Reak- scheint vorher bestä- Familie wird gezeigt, Familie beisammen blasen“ tionen tigt zu werden, als Lily wird liebevoll in Cameron Lily präsen- die Familie aufge- tiert erweisen sie nommen sich aber als unbe- gründet Erster Schultag: Manny trägt „Schulkameraden sollen wissen, dass Heimatverbundenheit, Immigra- Sorge um Manny vs. Jay versteht nicht, wa- Mission der Folge: Gewöhnung des Poncho ich stolz auf meine Herkunft bin“ – tion, Stolz Persönlichkeitsbildung rum man Manny sich Manny den Poncho, Publikums an Mannys „Fahr ich ihn zur Schule oder reitet aktiv zum Mobbing-Opfer vor allem die Panflöte Kulturbewusstsein er auf seinem Esel“ macht auszureden

Mitchell ist ein Snob und mit Differenzen werden angesprochen, Konflikt zwischen Schichten Akademiker kaufen nicht Cameron diskutiert mit Mitchell muss beim Kennenlernen von Cameron als „Farmerjunge“ kommen aber nicht wirklich zum in Diskont- bzw. Groß- Mitchell über Klassenun- Einkaufen seine Mitchell zusammen Tragen... (Großhandelkaufhaus) handelskaufhäusern terschiede Meinung revidieren

SS 2014 Gespräch Gloria und Alex über Mode, Alex soll ein Kleid anziehen Kleidungsstil Oberflächlichkeit vs. Die freche, altkluge Alex Alex kauft sich Kennenlernen von Kleidung, Persönlichkeit unterhält sich mit Gloria schlussendlich doch Alex, sie entwickelt

ein Kleid sich

Jay kann Phil nicht sage, dass Das Reden über Gefühle fällt Jay Offenheit vs. Tabus, worüber Männlicher Stolz vs. Jay vs. Claire, Phil und Jay sagt Phil, dass er Jay macht eine posi- er ihn gernhat offenkundig schwer kannd/darf/wird gesprochen Gefühle zeigen Gloria ihn gern hat tive Entwicklung durch

Manny wird auf einer Pyja- Puncto Poncho Szene inkl. Panflöte: Anders vs. Normal, Mobbing, Stolz vs. Anpassung Was ist cool, was ist Manny’s Position in Manny etabliert sich maparty ein Bart aufgemalt Aggression, Überlegenheit, Unerwar- Kinder, Schule normal? der Klasse/unter immer mehr als (Hinweis – auch Poncho und tetes/Überraschung seinen Freunden „bewusster“ Kolum-

Panflöte am ersten Schultag bianer Kathrin Brandstetter | 0820483 waren ein potenzieller Mob- bingauslöser) Großmutter kommt zu Besuch Sexuelle Tabuthemen, schräg vs. Tabuthemen Offenheit vs Tabuthema Eltern vs. Kinder Großmutter liefert Großmutter als eine normal vs Scham den Grundkonflikt der Art „Phantom“ Episode 126

Dylans Ansprache über Familie Offen für „heiße Ausländerin- Harte Schale vs. weicher Vorurteil gegenüber „Moral“ der Episode Dylan als akzeptierter nen“, „Schwule“ Kern Dylan, rührende Anspra- Freund von Haley Masterarbeit che

Frühstück. Jay will Sport „Warum trinkst du Kaffee?“ –„Ich bin Kulturelle Gepflogenheiten Eigensinn vs. Familien- Jay vs. Gloria und Manny Anfangskonflikt der Sportbegeisterter schauen während Gloria sich Kolumbianer, das gehört zu meiner sinn Folge, der Rest baut Jay, Gloria und Man- mit Freundinnen trifft. Manny Kultur“ darauf auf ny haben sehr viel trinkt Kaffee weil das seiner Familiensinn kolumbianischen Kultur ent- spricht Claire hat Streit mit Gloria – Es „Sie ist meine Tochter, du bist meine Prioritätensetzung Stolz vs. Realität Wer hat den „besseren“ Tragende Handlungs- Position der Söhne geht um ihre Söhne. Die beiden Frau“...Vergessen wir nicht, was hier Sohn? ebene der Episode bei den Müttern ist Frauen bereden den Vorfall im wichtig ist. Heute ist ein Footballspiel sehr wichtig Nachhinein mit ihren Ehemän- nern im Auto Mitchell bildet sich Cameron „Wenn Football Fans das schnallen, Anspielung auf unterschiedli- Liebe vs. Eigeninteresse Situation entstand aus Mitchell versucht sich - zuliebe im Football wie schwer kann es dann sein?“ che Gesellschaftsschicht einem Konflikt zwischen dadurch auch bei Cameron und Mitchell seinem Vater beliebt zu machen

Goldgräberin zu Anfang verdächtigte Claire Gloria, Toleranz, Konflikte: Jung vs. Beschützerinstinkt vs. Claire wetteifer mit Gloria Dramaturgischer Wiederkehrendes SS 2014 sie sei nur hinter dem Geld ihres Alt, Arm vs. Reich Eifersucht vs. Liebe vs. Rahmen der Episode Hickhack zwischen Vaters her Toleranz Claire und Gloria

Der Beste in Irgendwas sein! Siegeswille, Erfolgsstreben und die Normen/Tabus vs. Strebsam- Gentleman vs. Siegeswil- Manny’s konservative Ziel der Episode Familie Pritchett- Manny soll gegen ein Mädchen Anfeuerungen der Familie keit/Ehrgeiz/Siegeswillen, len Ansichten gegen seine Delgado wächst fechten westliches Konkurrenzdenken emanzipierte, starke näher zusammen Mutter

Gloria telefoniert auf Spanisch. Aggressiver Tonfall beim Telefonat „nein, ich hab was Nettes - - Stolz auf den Sohn Glorias Sprache Es hört sich eigentlich aggres- gesagt“ – Langsam begreife (immer wiederkeh- siv an ich, warum es so viele Konflikte render Komikauslö- auf eurem Kontinent gibt ser)

Kathrin Brandstetter | 0820483 Manny will aufhören zu Fech- „gegen ein Mädchen kämpfen, würde Traditionsgedanke, Emanzipati- Stolz vs. Gentleman vs. Manny vs. Jay und Gloria Wendepunkt in der Prioritäten von Man- ten – Diskussion mit Gloria und meine Ehre beflecken“ – „Warum, on Erfolgsdruck Serie ny Jay weil Männer Frauen so überlegen sind?“ 127

Hintergrund Mädchen, gegen „politisch korrekt“ Mitgefühl vs. individuelles - „Pointe“, gleichzeitig Erfolgsstreben, aber das Manny fechten soll: Waise, Erfolgsstreben vs. Moral der Episode hohes Bewusstsein Masterarbeit Fanclub aus Rollstuhlfahrern Nächstenliebe für Normen

Jay gibt Manny Tipps, wie er Macht, Erfolg... oder: Witzig Welche Werte haben welchen - - Mannys Ziel der Manny etabliert sich ein Mädchen beeindrucken Stellenwert Episode als Frauenheld kann

Weihnachten, Streiche von „Wie schon das Fehlen der Ziegen auf Weihnachten in Amerika und Tradition vs. Eigensinn Amerikanische vs. Ko- Tragender Konflikt Immer wiederkehren- Manny den Straßen bedeutet, wir sind nicht Kolumbien vs. Entgegenkommen lumbianische Wiehnach- der Episode de, kulturelle Diffe- in Kolumbien“ Christkind vs. Weihnachtsmann, ten (= Jay vs. Gloria und renzen Geschenke am nächsten Manny)

Cameron und Mitchell wollen Laden den Obdachlosen zum Essen Fehler müssen wieder gut Gewissen vs. Egoismus Cameron und Jay be- „Fehler“ und gute Tat Mitchell und Cameron einen Fehler wieder gut ma- ein, der wegen ihnen seinen Job als gemacht werden schweren sich über den der Episode, „Moral“ wissen im Endeffekt, chen Weihnachtsmann verloren hat Weihnachtsmann was „richtig“ ist

Gloria und Manny präsentieren „Von jetzt an machen wir kolumbiani- Kultur Eigenes nicht aufgeben Kulturelle Differenzen Wiederkehrendes Jay ein traditionelles kolumbia- sche Sachen wenn wir in Kolumbien wollen, sich den Men- Element: unterschie-

nisches Weihnachtsgericht sind und amerikanische Sachen, schen, die man liebt, liche Kulturen SS 2014 wenn wir in Amerika sind“ anpassen

Claire Feuerwehrmänner Attraktivität der Feuerwehrmänner, Was zählt als attraktiv? Liebe zum Ehemann vs. Claire vs. Phil, Ehefrau Nicht tragen für die Claire und Phil freuen Claire möchte gut aussehen Bestätigung für die eige- gegen Ehemann Episode, komischer sich immer wieder ne Attraktivität Nebeneffekt über Bestätigung

Erziehungsmethoden, Cameron Ferbern Kindererziehung Liebe für das Baby vs. Cameron’s Methode Nebenhandlung der Cameron, der Sensib- und Mitchell, Baby in Schlaf Mitgefühl vs. Erziehung gegen Mitchells Episode le; Mitchell, der weinen lassen Strenge

Phils Kartentricks im Kranken- Sich selbst beweisen, Bestätigung Individualismus – Bestätigung Liebe zur Ehefrau vs. Phil vs. Claire Wendepunkt und Muster: Phil immer

haus des eigenen Selbstwerts Selbstbestätigung Pointe in der Episode wieder anfällig für Kathrin Brandstetter | 0820483 attraktive Frauen

Claire findet ein Bild eines Pin- „Ich werd ihm sagen: Immer wenn er Pornografie ist tabu - Claire gegen Luke Treibender Konlfikt Phil kommt immer Up Girls auf dem Computer sich Pornographie ansieht, tötet Gott der Episode wieder unbeabsich- einen Welpen“ tigt in Schwierigkei- ten 128

Cameron zeigt Mitgefühl für Traurigen Menschen hilft man Mitgefühl vs. Pünktlich- Mitchell vs. Cameron Nicht tragend Charakterbildend für weinenden Gärtner, Mitchell keit Mitchell und Cameron Masterarbeit nicht – will pünktlich zum Marionettentheater

Alex versucht Luke in was „Sehr viele Eltern schlagen ihre Erziehungsmethoden - Alex vs. Haley Nicht tragend Alex keine besonders reinzureiten Kinder wieder“ sympathische Figur

Phil hat ein Heimkino System „Stell dir vor, das System wäre ein Neue Technologien Belehrend vs. Respekt vs. Phil vs. Claire Andauernder Konflikt Etablierung Phil als gekauft, das für Probleme sorgt Mensch. Der Receiver ist das Gehirn, Technikinteresse Technikfreak der Bildschirm das Gesicht“ – „Gut, ich weiß, welcher Teil du bist“

Gloria und Manny erfahren die Nichts ist so wie es scheint Selbstdarstellung vs. Realität Wirkung nach außen - Andauernd Manny als Frauenheld Überraschungen von Online Dating

Claire weckt Haylie spät nachts „Hailey, du musst mir erklären wie Neue Technologien Belehrend vs. Respekt vs. Phil vs. Claire Weiterer Komikeffekt Wettstreit Phil – auf der Fernseher funktioniert.“ – „Wa- Technikinteresse der Episode Claire, Technikfreak

rum kann Dad das nicht machen?“ - SS 2014 „Weil er mein Ehemann ist“

Claire trifft sich mit einer „Ich kann mir nicht vorstellen, wie du Rollenverteilung - - Tragend Claire als Hausfrau ehemaligen Arbeitskollegin arbeitest“ – „Luke, das ist wahnsinnig frauenfeindlich. Eure Mutter arbeitet sehr hart. Nur, dass sie jetzt für uns arbeitet.“

Dylan schenkt Claire eine Rose „Alle Frauen sollten so knackig Schenktradition vs. Übertrump- Freude über die Auf- Claire vs. Dylan Auslöser für Wett- - zum Valentinstag aussehen wie sie, wenn sie alt sind“ fen vs. Altern merksamkeit, Hinweis auf kampfdenken der – „Danke und Arsch“ Alter Episode

Haleys Reaktion auf Dylans „Oh mein Gott, juhu, es ist groß“ Konsumverhalten vs. Egoismus - - Komischer Nebenef- Haleys Prioritäten

Valentins-Geschenk fekt Kathrin Brandstetter | 0820483

Gloria will Jay und Manny auf „Hier, du nimmst meine Mädchen- Rollenverteilung Angst vs. männlicher Gloria vs. Manny und Jay Ein Ziel der Episode Charakterbildung die Achterbahn kriegen. Sie handtasche. Und du meinen Schlapp- Stolz weigern sich. hut. Da drüben ist die Mädchentoilet- te, falls ihr mal müsst“ 129

Phil und seine Exfreundin sind „Eine von meinen 447 Freun- Neue Informations- und Kom- - Phil vs. Claire Auslöser eines Kon- Verhaltensnorm Facebook Freunde den...Jeder will ein Stückchen Phil“ munikationstechnologien flikts zwischen Ehe- Ehemann Masterarbeit frau und Exfrau

Claire diskutiert mit Phil über „Frauen um die 30 im Internet sind Neue Informations- und Kom- Phils Freiraum vs. eheli- Phil vs. Claire Trägt die Handlung Phil unbeabsichtigt in das Treffen mit seiner Exfreun- wie Ninjas. In kleinen schwarzen munikationstechnologien che Treue weiter misslicher Lage din, die seit kurzem geschieden Outfits schleichen sie sich an das ist männliche Opfer ran“

Cameron schimpft über Mit- „Ich wünschte die Schnepfe würde Schichtunterschiede - Mitchell vs. Cameron Nicht tragend Position von Cameron chells Elite-Uni-Kollegen zurück zu ihren Drogenfreunden und Mitchell gehen und den kleinen braunen Zwerg mitnehmen

Gloria hat keine Lust auf das „Ich bin gespannt, wo ihr so esst“ Kulturelle Unterschiede, Migra- Toleranz, Norm, politisch Camerin vs. Gloria Tragend Camerons Charakter feine Restaurant, das Cameron tion, Integration korrekt wird betont ausgewählt hat für ihren Abend zu zweit

Phil hat Geburtstag und „Das ist als würden Steve Jobbs und Neue Informations- und Kom- - Claire vs. alle anderen Ziel der Episode Phil, der Technikfreak wünscht sich das neue iPad Gott im Chor sagen: Wir lieben dich munikationstechnologien

Phil“ SS 2014

Phil sitzt mit seinem iPad auf Phil (zum iPad)„Ich liebe dich“...Claire Neue Informations- und Kom- Liebe zur Technik vs. Claire vs. Phil Nebeneffekt des Phil, der Technikfreak der Couch und streicht mit taucht im Hintergrund auf „Ich liebe munikationstechnologien Liebe zu seiner Frau komischen Konflikts seinen Fingern darüber dich auch Schatz“...Phil (dreht sich der Episode erschrocken um): „Oh. Okay“

Luke und Manny haben ein Alex: „Warum muss ich immer zu so Kollektiv vs. Individuell, Familie - Alex vs. Eltern Nebeneffekt des Alex, als genervter Basketballspiel. Der Trainer ist was mitgehen?“ „Weil du deinen vs. Eigensinn komischen Konflikts Teenager fies (Jay findet das gut und Bruder liebst, Schatz.“ „Und warum der Episode motivierend, Gloria nicht) muss er nicht mit zu meinen Orches- terkonzerten kommen?“ „Weil wir deinen Bruder lieben“

Der Drummer von Dylans Band „Naja von mir aus gerne, aber ich Jugendkultur vs. Alter Dylan: Coolness vs. Dylan vs. Cameron Ausgangsproblematik Cameron entpuppt Kathrin Brandstetter | 0820483 steigt kurz vor einem Gig aus. weiß nicht, ob wir auf dieselbe Art Höflichkeit vs. Alter der Episode sich als Rockmusiker Cameron bietet sich als Ersatz von Musik stehen.“ „Wie, weil ich an schwul bin kann ich nur Musicals oder was?“ „Nein, weil sie alt sind“ „Wow. Das hat noch mehr weh getan“ 130

Cameron über sein früheres „Wir wollen andere Familien nicht Traditionelles Familienmodell - - Nebeneffekt des Cameron erzählt Musiklehrerdasein und die verurteilen. Es ist nur so, dass wir komischen Konflikts etwas über sich Masterarbeit Entscheidung, zu Hause bei Lily eine unheimlich traditionelle Familie der Episode zu bleiben sind“ Mitchell: „...meinte die behin- derte, lesbische Schamanin, die Lilys

Zimmer gesegnet hat auch“ Manny wird am Flughafen „Sie scheinen sich damit auszuken- Kulturelle Differenzen - Gloria gegen Vorurteile, Höhepunkt der Flug- Gegen Ende der verhört. Gloria ist aufgebracht nen, wie man verbotene Gegenstände verkörpert durch den hafen-Episode Staffel, Klischees und streitet mit dem Beamten. an Bord eines Flugzeugs schmug- Flughafen-Officer werden weiterhin gelt.“ „Ja ich bin Kolumbianerin“ stark verarbeitet

Phil will die nie erlebten Flit- „Liebling, ich bin eine Mum, die mit Rollenverteilung - Phil vs. Claire Phils Ziel in der Familienzusammen- terwochen nachholen Kindern reist. Für mich ist das kein Epsiode wird klar halt Urlaub sondern eine Geschäftsreise.“

Jay liegt am Pool in Hawaii und „Ich will den größten Cheeseburger, Ernährungsgewohnheiten Faulheit/Entspannung vs. Gloria vs. Jay Nebeneffekt des - bestellt den Sie haben. Statt Salat will ich Fitness/Disziplin komischen Konflikts Fritten und statt Obst will ich Chili der Episode Fritten.“

Gloria fragt Jay, ob er mit in „Ich habe eben einen extra langen Lifestyle, Ernährung, Fitness Faulheit/Entspannung vs. Gloria vs. Jay Nebeneffekt des -

den Fitnessraum kommen Strohhalm geordert, damit ich nicht Fitness/Disziplin komischen Konflikts SS 2014 möchte. versehentlich ein Sit-Up mache“ der Episode

Jays Bruder erinnert ihn daran, „Ich werde nicht so enden, wie mein Lifestyle, Ernährung, Fitness, Faulheit/Entspannung vs. - „Moral“ Jay wahrt den dass sein Vater im selben Alter Vater. Obwohl er bei seiner Lieb- Gesundheit Fitness/Disziplin vs. Schein, bleibt aber starb, dieser sich immer unge- lingsbeschäftigung starb. Er verwei- Gesundheit vs. Genuss ein Genussmensch sund ernährt und keinen Sport gerte, Hippies zu bedienen, die in gemacht hat sein Geschäft kamen

Kathrin Brandstetter | 0820483

131

Modern Family – Analysebogen (Auswahl der humorvollen Szenen) Masterarbeit

Szene Nr. Bild Ton/mikrostrukturelle Elemente Humorkriterium Makrostruktur 1 Frühstück, „normal chaotischer“ Morgen bei Outfit Teenager-Tochter (Reaktion Mutter/Vater) Inkongruenz, Differenzen, Grundkonflikt „Jugend vs. Alter“ und „Coo- den Dunphys Beeilung Stereotyp ler Vater vs. strenge Mutter“ „Just text me“ 2 Manny spielt (sehr schlecht) Fußball, Gloria Hinweis auf sprachliche Hürden zwischen Englisch und Spanisch Stereotyp, Überra- Grundkonflikt „Leidenschaft vs. Gelassen- feuert ihn leidenschaftlich an, gerät in eine Jay will aufstehen, als ein Fußballvater seine Frau anspricht – kommt schung/Unerwartetes, heit“, Grundkonflikt „Erfolgreicher Busi- hitzige Diskussion mit einer anderen Mutter, aber nur sehr beschwerlich hoch, Manny winkt eher einem Mädchen Aggression nessman höheren Alters vs. leidenschaftli- Jay sitzt gelassen daneben zu, als dem Ball nachzulaufen. che Kolumbianerin mit hitzigem Tempera- „murders“ ment“, Grundkonflikt: „Alter vs. Jugend“ 3 Mitchell und Cameron bringen ihre vietnamesi- „schwangere Lesbe“, „cream puffs“ Stereotyp, Missverständnis Tolernaz, Diskriminierung, Homosexualität sche Adoptivtochter in die USA 4 Der coole Dad Wtf – „why the face“ Inkongruenz, Missver- „Jugend vs. Alter“ „auf Luke schießen im Kalender“ ständnis, Überraschen- des/Unerwartetes 5 Der verliebte Manny „quit soccer“, möchte einer 16-Jährigen seine Liebe gestehen, Seiten- Inkongruenz, Übertreibung „Sportler vs. Romantiker“, „Echter Mann vs. hieb/Vergleich auf Altersunterscheid in der Beziehung seiner Mutter, Weichei“

Hinweis auf homophobe Züge von Jay SS 2014 6 Wandgemälde „etwas weniger Schwules“, Mitchell hat Probleme zu seiner Homose- Stereotyp, Übertreibung Homosexualität xualität zu stehen, vor allem vor seinem Vater

7 Gespräch Küche zwischen Alex und Mutter Alex fängt an , über Teenager-Schwangerschaften zu sprechen, wäh- Aggression Teenager-Schwangerschaften rend ihre Schwester mit einem Jungen in ihrem Zimmer einen Film schaut

8 Spielzeugwaffe Luke soll abgeschossen werden, damit er eine Lektion erhält, Spiel- Tollpatschigkeit Waffen in Amerika zeugpistole geht von allein los und trifft letztendlich auch den Freund der Tochter, „Warum grinst du“ 9 Mitschells Ansprache, zum ersten Mal sitzt die „Phil“ = „Feel“, „Lion King“, „Turn it off“, „Gesicht spucken, in den Stereotyp, Übertreibung, „Modern Family vs. Traditional Family“ gesamte Familie beisammen Rücken blasen“ Missverständnis

Kathrin Brandstetter | 0820483 10 Erster Schultag: Manny trägt Poncho „Schulkameraden sollen wissen, dass ich stolz auf meine Herkunft bin“ Übertreibung, Überra- Heimatverbundenheit, Immigration – „Fahr ich ihn zur Schule oder reitet er auf seinem Esel“ schung/Unerwartetes, Überlegenheit 11 Mitchell ist ein Snob und mit Cameron als Differenzen werden angesprochen, kommen aber nicht wirklich zum Differenzen Konflikt zwischen Schichten „Farmerjunge“ zusammen Tragen 12 Gespräch Gloria und Alex über Kleidung, Unerwartetes/Über- Oberflächlichkeit vs. Persönlichkeit raschung, Überlegenheit 132

13 Jay kann keine Gefühle „aussprechen“ Unerwarte- Offenheit vs. Tabus, worüber tes/Überraschung, Inkon- kannd/darf/wird gesprochen Masterarbeit gruenz 14 Manny wird auf einer Pyjamaparty ein Bart Puncto Poncho Szene inkl. Anders vs. Normal, Mobbing, Kinder, Schule aufgemalt (Hinweis – auch Poncho und Panflö- Panflöte: Aggression, te am ersten Schultag waren ein potenzieller Überlegenheit, Unerwarte- Mobbingauslöser) tes/Üb 15 Großmutter kommt zu Besuch Inkongruenzen, Übertrei- Sexuelle Tabuthemen, schräg vs. normal bung, Aggression 16 Dylans Ansprache über Familie Offen für „heiße Ausländerinnen“, „Schwule“ Überraschung Offenheit, Familie 17 Frühstück. Jay will Sport schauen während „Warum trinkst du Kaffee?“ –„Ich bin Kolumbianer, das gehört zu mei- Inkongruenz, Stereotyp Kulturelle Gepflogenheiten Gloria sich mit Freundinnen trifft. Manny trinkt ner Kultur“ Kaffee weil das seiner kolumbianischen Kultur entspricht 18 Claire hat Streit mit Gloria – Es geht um ihre „Sie ist meine Tochter, du bist meine Frau“...Vergessen wir nicht, was Überra- Prioritäten Söhne. Die beiden Frauen bereden den Vorfall hier wichtig ist. Heute ist ein Footballspiel schung/Unerwartetes, im Nachhinein mit ihren Ehemännern im Auto Stereotypen 19 Mitchell bildet sich Cameron zuliebe im Foot- „Wenn Football Fans das schnallen, wie schwer kann es dann sein?“ Überlegenheit Anspielung auf unterschiedliche Gesell- ball schaftsschicht

SS 2014 20 Goldgräberin Claire hält Gloria für eine Goldgräberin, weil sie glaubt, sie wäre nur Aggression, Missverständ- Toleranz, Konflikte: Jung vs. Alt, Arm vs. hinter dem Geld ihres Vaters her nis Reich

21 Der Beste in irgendwas sein! Manny soll gegen Inkongruenz, Überraschung Normen/Tabus vs. Strebsam- ein Mädchen fechten keit/Ehrgeiz/Siegeswillen, westliches Konkurrenzdenken

22 Gloria telefoniert auf Spanisch. Es hört sich „nein, ich hab was Nettes gesagt“ – Langsam begreife ich, warum es so Missverständnis eigentlich aggressiv an viele Konflikte auf eurem Kontinent gibt

23 Manny will aufhören zu Fechten – Diskussion „gegen ein Mädchen kämpfen, würde meine Ehre beflecken“ – „Warum, Übertreibung Traditionsgedanke, Emanzipation mit Gloria und Jay weil Männer Frauen so überlegen sind?“ 24 Hintergrund Mädchen, gegen das Manny fech- Inkongruenz, Übertreibung „politisch korrekt“

ten soll: Waise, Fanclub aus Rollstuhlfahrern Kathrin Brandstetter | 0820483 25 Jay gibt Manny Tipps, wie er ein Mädchen Macht, Erfolg... oder: Witzig beeindrucken kann 26 Weihnachten, Streiche von Manny „Wie schon das Fehlen der Ziegen auf den Straßen bedeutet, wir sind Stereotyp, Übertreibung Weihnachten in Amerika und Kolumbien nicht in Kolumbien“ Christkind vs. Weihnachtsmann, Geschenke am nächsten Morgen oder um Mitternacht 27 Cameron und Mitchell wollen einen Fehler Laden den Obdachlosen zum Essen ein, der wegen ihnen seinen Job - Normen und Werte wieder gut machen als Weihnachtsmann verloren hat 133

28 Gloria un Manny präsentieren Jay ein traditio- „Con jetzt an machen wir kolumbianische Sachen wenn wir in Kolum- Inkongruenzen, Kultur vs. Kultur nelles kolumbianisches Weihnachtsgericht bien sind und amerikanische Sachen wenn wir in Amerika sind“ Masterarbeit 29 Claire Feuerwehrmänner Stereotypen Attraktivität 30 Erziehungsmethoden, Cameron und Mitchell, Überforderung Erziehung

Baby in Schlaf weinen lassen 31 Phils Kartentricks im Krankenhaus Stereotypen Attraktivität 32 Claire findet ein Bild eines Pin-Up Girls auf „Ich werd ihm sagen: Immer wenn er sich Pornographie ansieht, tötet Übertreibung, Missver- Normen, Werte, Tabus dem Computer Gott einen Welpen“ ständnis, Inkongruenz 33 Cameron zeigt Mitgefühl für weinenden Gärt- Übertreibung Normen, Mitgefühl ner, Mitchell nicht – will pünktlich zum Mario- nettentheater 34 Gloria und Jay streiten über Deko im Haus „unheilige Mischung aus Mensch und Bestie“, „Kissen auf dem Bett Übertreibung, Stereotyp Sinn für Ästhetik, Kunst, Dekoration (Hundebutler vs. Zierkissen) 35 Alex versucht Luke in was reinzureiten „Sehr viele Eltern schlagen ihre Kinder wieder“ Inkongruenz, Aggression Erziehungsmethoden 36 Jay bringt den Hundebutler zu Mitchell „Hast du gesagt, dass jemand heiraten will?“ Missverständnis Liebe zu Ding/Mensch, Materialismus 37 Phil hat ein Heimkino System gekauft, das für „Stell dir vor das System wäre ein Mensch. Der Receiver ist das Ge- Stereotyp, Übertreibung, Neue Technologien, Modernisierungsdrang, Probleme sorgt hirn, der Bildschirm das Gesicht“ – „Gut, ich weiß, welcher Teil du bist“ Überforderung der Beste sein wollen

SS 2014 38 Cameron und Mitchell kämpfen mit der auto- Aggression, Überforderung Neue Technologien, Modernisierungsdrang matischen Sprachsteuerung in ihrem Wagen

39 Gloria und Manny erfahren die Überraschun- Überraschung, Übertrei- Neue Technologien, Modernisierungsdrang gen von Online Dating bung

40 Mitchell erzählt Jay ein Freund von ihm wäre Missverständnis Homosexualtiät, Toleranz homosexuell. Jay will es nicht glauben. Dia- logszene zwischen Jay und Freund – Jay redet von Homosexualität, Freund von Verschuldung

41 Claire weckt Haylie spät nachts auf „Hailey, du musst mir erklären wie der Fernseher funktioniert.“ – Überlegenheit Beziehung, Ehe „Warum kann Dad das nicht machen?“ - „Weil er mein Ehemann ist“

42 Claire trifft sich mit einer ehemaligen Arbeits- „Ich kann mir nicht vorstellen, wie du arbeitest“ – „Luke, das ist wahn- Wahrheit Gleichberechtigung

kollegin sinnig frauenfeindlich. Eure Mutter arbeitet sehr hart. Nur, dass sie Kathrin Brandstetter | 0820483 jetzt für uns arbeitet.“

43 Mitchell hilft Gloria bei der Stellungnahme zu „Sie ist eine miese Autofahrerin, sie verträgt keine Kritik“ „Einmal hat Übertreibung Autofahrerkonflikte einem Autounfall sie eine alte Frau so lange angehupt, bis die Hupe alle war“ 44 Streitgespräch Jay und Cameron beim Sport „Ja stimmt, wenn man schwul ist, rennt man rum und stupst alle mit Stereotyp, Übertreibung Homosexualität, Toleranz dem Hintern an. Hey das ist kein High Five, sondern ein LowTwo“ 45 Treffen von Claire mit Freundin Aggression Karrierefrau vs. Mutter 1 34

46 Mitchell versucht, mit Gloria zu klären, dass sie „Da wo ich herkomme, gibt man immer dem Latino Fahrer die Schuld“ Übertreibung, Aggression Immigranten vs. Einheimische Schuld war – „Da wo du herkommst, sind da nicht alle Latino Fahrer?“ Masterarbeit 47 Valentinstagsgeschenke werden ausgetauscht Glorie zu Jay: „Das ist mein Lieblingstag in Amerika“ Stereotyp (weil Gloria Brauch wird als Episode verwertet (wie „Wer ist Johnny Carson?“ Comedian-Tradition in Amerika, Gloria steht Schmuck bekommt) Weihnachten) auf „Holzhammer-Humor“

48 Dylan schenkt Claire eine Rose zum Valentins- „Alle Frauen sollten so knackig aussehen wie sie, wenn sie alt sind“ – Inkongruenz, Überra- Älter werden, Fitness, Schönheitsideal tag „Danke und Arsch“ schung, Aggression 49 Haylies Reaktion auf Dylans Valentins- „Oh mein Gott, juhu, es ist groß“ Übertreibung, Stereotyp Materialismus Geschenk 50 Claire und Phil machen ein Rollenspiel, in dem Übertreibung Inkongruenz, Tabu: Nacktheit in der Öffentlichkeit Claire unter ihrem Mantel nichts mehr trägt, Tollpatschigkeit mit dem sie dann in der Rolltreppe hängen bleibt. Plötzlich kommen lauter ihnen bekannte Menschen vorbei, die sie so nicht sehen sollten 51 Mitchell findet eine Puppe „von Olivia und Janis“ – „ganz schön kitschig, wenn man bedenkt dass Inkongruenz, Stereotyp Homosexualität die von denen ist“ – „weil sie Lesben sind? Das ist ein beleidigendes Klischee findest du nicht?“ – „Haben die unsere Kaffeemaschine wieder zurückgebracht?“ Nein die ist zu groß – sie waren mit dem Motorrad

hier SS 2014 52 Lily’s erstes Wort ist Mama Cameron befürchtet, es fehlt ihr die weibliche Energie Übertreibung Herkömmliches Familienbild, Mutter-Vater- Kind

53 Gloria will Jay und Manny auf die Achterbahn „Hier, du nimmst meine Mädchenhandtasche. Und du meinen Schlapp- Stereotyp, Inkongruenz Geschlechterrollen kriegen. Sie weigern sich. hut. Da drüben ist die Mädchentoilette, falls ihr mal müsst“

54 Lilys Ärzten ist zu Besuch, sie unterhalten „Meine Mutter wäre nur glücklich, wenn ich sämtliche asiatische Kli- Stereotyp, Inkongruenz Toleranz, kulturelle Differenzen sich, dann fährt sie die Mülltonnen nieder und schees erfüllen würde“ das Auto an

55 Phil und seine Exfreundin sind Facebook „Eine von meinen 447 Freunden...Jeder will ein Stückchen Phil“ Inkongruenz, Übertreibung Neue Technologien, Modernisierungsdrang Freunde

56 Claire diskutiert mit Phil über das Treffen mit „Frauen um die 30 im Internet sind wie Ninjas. In kleinen schwarzen Übertreibung, Wahrheit Neue Technologien, Modernisierungsdrang,

seiner Exfreundin, die seit kurzem geschieden Outfits schleichen sie sich an das männliche Opfer ran“ Frauenbild Kathrin Brandstetter | 0820483 ist

57 Mannys Schildkröte stirbt „Du lügst. Ich bin Kolumbianerin. Ich erkenne einen gefaketen Tatort Überlegenheit, Klischee Kriminalität, Migration auf den ersten Blick“ 58 Mitchell kündigt seinen Job Prioritätensetzung – Arbeit oder Familie? Finanzielle Sicherheit - Risiko 59 Cameron schimpft über Mitchells Elite-Uni- „Ich wünschte die Schnäpfe würde zurück zu ihren Drogenfreunden Missverständnis Toleranz, Schichtunterschiede Kollegen gehen und den kleinen braunen Zwerg mitnehmen 135

60 Gloria hat keine Lust auf das feine Restaurant, „Ich bin gespannt, wo ihr so esst“ Missverständnis, Überle- Immigration, Toleranz, Kennenlernen ande- das Cameron ausgewählt hat für ihren Abend genheit rer KUlturen Masterarbeit zu zweit 61 Gloria und Cameron gehen im Hispano Viertel Aggression, Überra- Immigration, Schichtunterschiede, Krimina- spazieren – Glorias alter Wohngegend. Sie schung/Unerwartetes, lität, Ghettobildung kommen zum Auto – die Reifen fehlen, sind Stereotyp gestohlen 62 Luke und Phil zeigen ADHS Symptome Überlegenheit, Inkongruenz Konzentrationsschwäche 63 Haylie stellt sich beim Cupcake Backen dumm Überra- Erziehung, Beziehung Eltern – Kinder, an, damit ihre Mutter das für sie übernimmt. schung/Unerwartetes Zutrauen/Vertrauen/Respekt Nachdem sie Lukes Erfolg sieht, wirft sie alle Cupcakes in den Müll und Haylie muss die Cakes alleine backen 64 Gespäch zwischen Manny und Mitchell Übertreibung Mobbing in der Schule 65 Phil hat Geburtstag und wünscht sich das neue „Das ist als würden Steve Jobbs und Gott im Chor sagen: Wir lieben Übertreibung Materialismus, Technik-Verliebtheit iPad dich Phil“ 66 Jay will Manny Schach beibringen. Gloria „Ich bring ihm richtiges Schach bei. Nicht kolumbianisches. Wir benut- Übertreibung, Klischee, Familienoberhaupt kann nicht verlieren, befiehlt Manny, Jay gewinnen zu lassen, weil zen die Figuren um zu spielen, nicht um Drogen zu schmuggeln.“ Inkongruenz Erfolgsdrang er ein schlechter Verlierer ist

SS 2014 67 Mitchell hört eine Männerstimme im Babyphon Stereotyp Männlichkeit, Beschützerinstinkt, der Mann und gerät in Panik. Cameron stürmt mit einem muss seine Familie beschützen

Baseballschläger ins Zimmer. 68 Cameron hört am Babyphon den Alltag der Stereotyp, Übertreibung Klatsch und Tratsch Nachbarn mit

69 Gloria spielt Schach gegen Jay und verliert „Ich bin eine gute Schachspielerin. Aber eine bessere Ehefrau.“ Überlegenheit Konkurrenzdenken, Aufopferung, Nächsten- absichtlich, bzw. beendet das Spiel auf seinen liebe, Normen und Werte Vorschlag hin vorzeitig

70 Phil sitzt mit seinem iPad auf der Couch und Phil (zum iPad)„Ich liebe dich“...Claire taucht im Hintergrund auf „Ich Übertreibung, Stereotyp, Materialismus, Technik-Verliebtheit streicht mit seinen Fingern darüber liebe dich auch Schatz“...Phil (dreht sich erschrocken um): „Oh. Okay“ Missverständnis

71 Mitchell hat Cameron versprochen, eine Aus- „Ich bin nicht geschaffen als Vater und Hausmann“ Übertreibung, Stereotyp, Karriere vs Familie Kathrin Brandstetter | 0820483 zeit zu nehmen, hätte aber einen tollen Job in Überlegenheit Aussicht

72 Cameron ist gleichzeitig unglücklich weil er „Ich bin in einer düsteren Verfassung“ „Ich darf Mitchell keinen Druck Übertreibung, Stereotyp, Karriere vs. Familie arbeiten muss und von Lily getrennt ist machen“ „Aber ich wünsch mir nur, dass er schnell einen Job annimmt, Überlegenheit damit ich wieder Hausmann und Vater / Vorzeigefrau sei kann“ 73 Luke und Manny haben ein Basketballspiel. Der Alex: „Warum muss ich immer zu so was mitgehen?“ „Weil du deinen Inkongruenz, Überra- Normen und Werte, vor allem innerhalb Trainer ist fies (Jay findet das gut und motivie- Bruder liebst, Schatz.“ „Und warum muss er nicht mit zu meinen Or- schung, Aggression einer Familie rend, Gloria nicht) chesterkonzerten kommen?“ „Weil wir deinen Bruder lieben“ 136

74 Mitchell und Cameron sind im Hause eines „Sie könnten sich ihren Job aussucht, stattdessen haben Sie sich für - Umweltschutz Mannes, der eventuell einen Job für Mitchell Umweltrecht entschieden – bis letzten Monat. Wieso haben Sie aufge- Masterarbeit hat hört?“ 75 Claire ist deprimiert weil sie Alex peinlich ist. „Oh Alex Schätzchen. Wenn du durch die Stadt tingelst würd ich dir Inkongruenz, Überra- Erziehung, Entwicklung, Beziehung Eltern Alex entschuldigt sich rührend im Auto und wärmstens einen Sport-BH empfehlen. Ich weiß, noch brauchst du schung/Unerwartetes Kind bittet dann um 20 Dollar um mit ihren Freun- keinen, aber bald werden deinen kleinen Möpschen sprieße. Mami hat den ins Kino zu können. Claire gibt ihr 40 und dich lieb, Kätzchen“ (zu sich) „Von der lass ich mich nicht verarschen“ blamiert sie anschließend. 76 Der Drummer von Dylans Band steigt kurz vor „Naja von mir aus gerne, aber ich weiß nicht, ob wir auf dieselbe Art Stereotyp, Unerwarte- Homosexualität, Vorurteile, Toleranz einem Gig aus. Cameron bietet sich als Ersatz von Musik stehen.“ „Wie, weil ich schwul bin kann ich nur Musicals tes/Überraschung, Miss- an oder was?“ „Nein, weil sie alt sind“ „Wow. Das hat noch mehr weh verständnis, Inkongruenz getan“ 77 Cameron über sein früheres Musiklehrerdasein „Wir wollen andere Familien nicht verurteilen. Es ist nur so, dass wir Inkongruenz Tradition, Familie und die Entscheidung, zu Hause bei Lily zu eine unheimlich traditionelle Familie sind“ Mitchell: „...meinte die behin- bleiben derte, lesbische Schamanin, die Lilys Zimmer gesegnet hat auch“ 78 Caire hört Phils Vater weinen. Phil ist der „Nein würde er nicht. Weil ihr Männer nie über irgendwas redet.“ Stereotyp Meinung, wenn was nicht stimmt, würde er es ihm erzählen. 79 Cameron braucht Abwechslung „Ich hab das Gefühl mit fällt die Decke auf den Kopf. Sieh dir das Haus Inkongruenz Selbstverwicklichung

an. Immer wenn ich mit Anstreichen fertig bin, fang ich wieder an. Es SS 2014 ist wie die Golden Gate Bridge. 80 Auf dem Rockkonzert „Mir taten Menschen mit einem emotional distanzierten Vater immer Überraschung Erziehung Leid. Aber jetzt weiß ich, dass ich selber ein bin.“

81 Manny wird am Flughafen verhört. Gloria ist „Sie scheinen sich damit auszukennen, wie man verbotene Gegenstän- Inkongruenz, Übertreibung, Kriminalität, Diskriminierung aufgebracht und streitet mit dem Beamten. de an Bord eines Flugzeugs schmuggelt.“ „Ja ich bin Kolumbianerin“ Stereotyp

82 Phil will die nie erlebten Flitterwochen nach- „Liebling, ich bin eine Mum, die mit Kindern reist. Für mich ist das kein Übertreibung, Inkongruenz Erziehung holen Urlaub sondern eine Geschäftsreise.“

83 Jay liegt am Pool in Hawaii und bestellt „Ich will den größten Cheeseburger, den Sie haben. Statt Salat will ich Übertreibung Ernährung und Gesundheit Fritten und statt Obst will ich Chili Fritten.“

84 Gloria fragt Jay, ob er mit in den Fitnessraum „Ich habe eben einen extra langen Strohhalm geordert, damit ich nicht Übertreibung Ernährung und Gesundheit

kommen möchte. versehentlich ein Sit-Up mache“ Kathrin Brandstetter | 0820483 85 Jays Bruder erinnert ihn daran, dass sein „Ich werde nicht so enden, wie mein Vater. Obwohl er bei seiner Lieb- Übertreibung Ernährung und Gesundheit Vater im selben Alter starb, dieser sich immer lingsbeschäftigung starb. Er verweigerte, Hippies zu bedienen, die in ungesund ernährt und keinen Sport gemacht sein Geschäft kamen hat 86 Urlaub: Mitchell will ständig Dinge unterneh- Inkongruenz, Übertreibung Ruhe vs. Rastlosigkeit men, Cameron am Pool liegen

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Türkisch für Anfänger – Analysebogen (szenische Elemente der Makrostruktur) Masterarbeit

Szenisches Element Themenspezifische Hinweise Kultureller Kontext Dramaturgischer Rahmen Innere Konflikte Äußere Kon- Dram. Bogen Dram. Bogen - flikte - Episode Staffel Lena nimmt eine Videonachricht für ihre „Ich hoffe, es sind Demokraten“ „Ausländer“- - - Auslöser Vorstellung Lena Freundin Kathi auf, die ein Auslandssemester „ Meine Mutter hat sich offensichtlich von diesem albanischen Klischee Konflikt wird in den USA macht Terroristen getrennt und ist jetzt in ihrer „Wir verarbeiten die angeteasered Trennung mit guter Laune Phase“ – „Großfamilie“ – gibt’s was Schlimmeres Aufeinander Treffen Familie Schneider und „Ich versuch, mich gar nicht erst an Mamas Liebhaber zu gewöh- Familie, Migration Altbewährtes vs. Lena vs. die Vorstellung Öztürk nen. Dann wird der Abschied nicht so schwer.“ Neues Fremdes Öztürks Figuren „Ich bin Yagmur. Allah sei mit dir“ – „Wer ist mit mir?“ Cem spricht stereotyp pur – „Ein Klischee – und es lebt“

Yagmur will einen frisch verpackten Teller im „Ich bin Moslem. Das ist eine Religion“ Religion - Yagmur vs. Vertiefende China Restaurant, da auf ihrem sicher schon Lena Einführung Yag- einmal Schweinefleisch serviert wurde mur

Ängste Ritual Ich habe Angst, dass ich Metin nicht glücklich machen kann... auch Offenheit gegen- - Lena und Nils Komischer Thema Sexualität SS 2014 sexuell nicht über Sexualität vs. Doris Nebeneffekt setzt sich fort Boah Mama

Midlife Crisis Wäre meine Mutter ein Mann, wärst du nur ein Porsche „Wohlstandskrank- Eifersucht, Angst Lena vs. Komischer Lenas Rivalität heiten“ vor Neuem Metin Nebeneffekt gegenüber Metin

Lenas Kleidungsstil missfällt Cem „Ziehen Sie sich was Ordentliches an Fräulein, sonst wird Onkel Kulturelle Dif- - Cem vs. Lena Komischer Konfliktpotenzial Öztürk sauer“ fernenzen (zu freizügig) Nebeneffekt wird öfter genutzt

Kathrin Brandstetter | 0820483

Doris Schneider versucht sich in der traditi- Rollenverteilung Innerer Stolz, Doris vs. Cem Tragender Konfliktpotenzial onellen Mutter und Hausfrau Rolle Bestätigung, Konflikt der wird öfter genutzt Liebe, Aufopfe- Episode rung 138

Lena und Yagmur besuchen gemeinsam die „Nazi“ Geschichtlicher Auflehnung, Lena vs. Aufhänger Bemühungen, muslimische Gebetsschule Hintergrund, Ras- Stolz, Selbstdar- Yagmur der Episode eine andere Masterarbeit sismus stelllung Kultur kennenzu- lernen

Lena und Yagmur sitzen auf der Couch. Lena „In die Disco gehen – das ist unmoralisch. Das ist verboten“ Religion, Jugend- Jugendlichkeit vs. Lena vs. Aufhänger Lenas Integrati- will mit Yagmur in die Disco „Wo steht’n das in deiner türkischen Bibel? Zeigen!“ kultur religiöse Vor- Yagmur der Episode onsversuche und schriften Wunsch nach Spaß

Erziehungsstile prallen aufeinander Laissez „Wir leben in einem antiautoritären Haushalt“ Erziehung Freiheit vs. Re- Doris vs. Erziehungs- Erziehung ist Faire und Autorität geln Metin Konflikt der immer wieder ein Folge Thema

Lena und Yagmur suchen Discooutfits „..und außerdem hat Yagmur überhaupt nicht die Figur für ein Mode, Jugendkultur Attraktivität vs. Lena und Komischer Kleidungsthema Disco Outfit“ – daraufhin sucht sie auch Religiöse Vor- Doris vs. Nebeneffekt kommt öfter auf schriften Yagmur

Cem will Yagmur aufhalten, doch sie lässt ihn „Fuck, kaum ziehen hier die Deutschen ein, sinkt das Respektniv- Kulturelle Differen- Tradition, Regeln Cem vs Auflehnung, Yagmur setzt sich nicht au“ zen, Mann vs. Frau vs. Eigensinn und Yagmur Moral öfter durch,

Freiheit Entwicklung SS 2014

Metin und Doris unterhalten sich über den „Jährlich verschwinden bis zu 200 Kinder nach einem Discobe- Erziehung, Sorge, Verantwortung Metin vs. Nicht tragend Charakterisiert Discobesuch ihrer Tochter such und davon sind 40 tot. Und die, die nicht gegangen sind, bei Schutz, Verantwor- vs. Sorge vs. Doris Metin und Doris denen stirbt die Seele“ tung Freiheit vs. Spaß

Yagmur und Lena sitzen mit einem Typen in „Man kann auch ohne Alkohol Spaß haben.“ Spaßgesellschaft, Verantwortungs- Lena vs. Nicht tragend Nicht wiederkeh- der Disco, der ihnen Alkohol ausschenkt „Was deine Definition von Spaß betrifft – die werden wir jetzt mal Jugendkultur gefühl, Beschüt- Yagmur rend nach westeuropäischem Standard updaten“ zerinstinkt

Lena und Yagmur in der Disco. Lena wird Autoautoritärer Erziehungsstil: „Lena hat zum Beispiel eine über- Erziehung Sorge vs. Freiheit Doris vs. Tragend Wiederkehrend

immer betrunkener, Doris und Metin liegen durchschnittliche Selbstdisziplin entwickelt“ – Umschnitt auf die vs. Schutz vs. Metin Kathrin Brandstetter | 0820483 im Bett und lesen Erziehungsratgeber tanzende betrunkene Lena Kontrolle

Lena und Yagmur unterhalten sich im Bad „Wer Schadenfreude sät, wird Akne ernten – altes muslimisches Religion, Moral, Schlechtes Ge- Lena und Tragend Setzt sich über über die nächtlichen Vorkommnisse Sprichwort“ Erziehung wissen Yagmur vs. mehrere Episo- „Du kannst ja nichts dafür, dass du so modern erzogen worden Doris den fort bist“ „Der Koran ist streng, aber er hat Regeln, die mich beschützen“ 139

„Was willst du mir jetzt damit sagen?“ „Ist deine Mutter einfach nur cool, oder ist ihr einfach nur egal, was mit dir passiert?“ Masterarbeit Lena gibt dem Erziehungsstil ihrer Mutter die „Sie meint, dass deine Hippie Erziehung schlecht für sie ist“ Erziehung Schlechtes Ge- Lena und tragend Setzt sich über Schuld an den Ereignissen „Ich will Regeln“ wissen Yagmur vs. mehrere Episo- Doris den fort

Lena beschließt, sich ihre Regeln aus dem „Ich will ein eigenes Zimmer, sonst fang ich noch an Dynamitgürtel Erziehung, Rassis- Schlechtes Ge- Lena vs tragend Setzt sich über Judentum zu holen zu basteln“ „Metin, deine Tochter ist antisemitisch“ mus, Regelwerk wissen, Wunsch Yagmur vs. mehrere Episo- nach Liebe Doris den fort

Metin und Doris reden über Lenas Aktion „Manchmal weiß ich nicht, wer von euch beiden der Teenager ist.“ Erziehung, Politik Stolz, Glaube an Doris vs. tragend Setzt sich über „.Wollen wir was zu Essen bestellen?“ „Doris, spring über deinen richtige Erzie- Metin mehrere Episo- antiautoritären Schatten. Sonst haben wir da oben bald den Gaza- hungsmethode, den fort streifen.“ Überwindung

Doris legt Lena einen Zettel mit 10 Regeln vor „10 Regeln? Du gibst mir Vorschriften? Mama das ist der schönste Erziehung Stolz, Glaube an Doris vs. tragend Setzt sich über die Nase Tag in meinem Leben“ – „Ich hasse dich dafür“ richtige Erzie- Lena mehrere Episo- hungsmethode, den fort Überwindung

Die Familie sitzt am Frühstückstisch. Doris „Lena räumt ab. Und dann machst du Hausaufgaben“ „Es sind Erziehung Stolz, Überwin- Doris vs. Komischer Setzt sich über SS 2014 will Lena die Regeln so unangenehm wie Ferien“ „Ist mir egal. Um 7 bist du im Bett“ dung, Trotz, Lena Nebeneffekt mehrere Episo- möglich machen Übertreibung den fort

Yagmur und Lena im Zimmer – Lena räumt „Ich hab mal gelesen, dass deutsche Frauen nach der Geburt ihres Erziehung, Liebe, Liebe vs. Sorge Doris vs. Stichelei, die Setzt sich über auf Kindes oft das Gefühl haben, dass das Leben irgendwie vorbei ist“ Familie vs. Freiheiten Lena und den Konflikt mehrere Episo- Yagmur intensiviert den fort

Lena und Doris sitzen auf der Treppe und „Weißt du, als ich Regeln meinte, hab ich an irgendwas gedacht, Erziehung, Liebe, Liebe vs. Sorge Doris vs. - Setzt sich über unterhalten sich über die Regeln das mir beweist, dass ich dir nicht egal bin. Aber du liebst mich Familie vs. Freiheiten Lena mehrere Episo- nicht. Ist ganz normal. Ist nichts Schlimmes. Wir leben in der Neu- den fort zeit.“

Kathrin Brandstetter | 0820483

Erster Schultag, alle verschlafen. Doris zieht „Weißt du wie ich mir die Schule immer vorgestellt hab? Wie einen Bildung, Erziehung, - Doris vs. Ausgangs- Charakteristi- die widerwillige Lena an Adventskalender und jeder Tag an dem ich was Gelernt hab, war Erfoglsstreben Lena szene für die scher Startpunkt ein neues Türchen und das Abitur war der heilige Abend. Das ist Episode für Lenas Schul- das Geheimnis von Bildung“ zeit in der Staffel „Siehst du! Und ich bin Therapeutin. Ich habe es geschafft. Willst du es nicht auch schaffen?“ „Also wenn du mit „Ich hab’s geschafft“: Zwei Kinder, drei Tren- nungen und ne wilde Ehe mit nem Ausländer meinst – Nein Danke!“ 140

Doris verteilt Pausenbrote „Hau rein, Desperate Housewife“ Rollenverteilung, - Cem vs. Doris - Erster Hinweis „Ist das vegetarisch?“ „Du hast doch gesagt von glücklichen Hüh- Respekt, Ernährung Ernährungsthema Masterarbeit nern ist okay“

Lena kommt auf die neue Schule und will „Mann Cem, hier sind nur Ausländer.“ „Ein paar sind Deutsche. Die Migration, Feind- Angst vs. Stolz Lena vs. alle Hauptkonflikt Lena versucht, sich Freunde suchen, trifft Cem am Schulhof meisten gehen ins Solarium, damit sie nicht auffallen“ lichkeit, Toleranz SchülerInnen der Episode Freunde zu Lena geht durch die Sitzplätze und stempelt finden alle Schulkollegen als einen Stereotyp ab (Nerd, Prolet, Arzttochter, Rassist, etc.) Die Lehrerin betritt den Klassenraum „Morgen. Erstmal ein Merkblatt vom Direktor. Ab heute sind neben Migration, Vorurteil, - Lehrerin Komischer - Gaspistolen und Klappmessern auch Nagelfeilen und Schrauben- Gewalt gegen Schü- Nebeneffekt schlüssel im gesamten Schulbereich verboten.“ ler

Yagmur erinnert Doris daran, dass sie gerade „Wieso isst du nichts mehr? Bist du magersüchtig? Nimmst du Ernährung, Religi- Menschliche - Starpunkt Thema Ramadan nichts isst. Metin stoßt dazu Drogen?“ „Nein sie macht doch dieses Ramadings. Äh Fastenzeit“ on, Toleranz Bedürfnisse vs. Handlung fortlaufend Religiösität

In der Küche wird über Ramadan diskutiert „Von mir aus kannst du dir den Sex und das Rauchen sparen. Das Offenheit Sexuali- Menschliche Doris und Komischer Yagmur in Ver- ist auch Ramadan.“ „Ich rauche nicht. Und ich werd auch niemals tät, Religion Bedürfnisse vs. Metin vs. Nebeneffekt bindung mit

Sex haben“ „Oh sag das nicht Kleines.“ Religiösität Yagmur Thema Sexualität SS 2014

Doris tischt Lena Nils und Metin eine Fertig- „Das muss so sein“ Ernährung, Fas Mutterrolle vs. - Komischer Ernährungsthema lasagne auf, die in der Mitte noch gefroren ist „Aber auf der Packung war ein Bild und da hat das Essen noch Food Karrierefrau Nebeneffekt immer präsent gedampft“ „Ach, das sind doch nur Serviervorschläge“

Doris glaubt, Lena geht am Abend zu ihrer „Metin, müssen wir uns vor anderen Eltern profilieren? Nein!“ Erfoglsstreben Gute Beispiel sein - Komischer Konkurrenz Freundin Annika und will, dass sie etwas Umschnitt auf Doris wie sie für Lena einen Mitbringselkorb ein- vs. Konkurrenz- Nebeneffekt wiederkehrendes mitnimmt. räumt denken Thema

Yagmur versucht Lena zu trösten, nachdem „Manchmal sind die Moment, in denen wir nicht weiter wissen, Religion - Yagmur vs. Yagmur und Figuren entwi-

die rausfindet, dass Axel ein Patient ihrer genau die Moment im Leben, in denen wir zum Islam konvertieren Lena Lena nähern ckeln sich deut- Kathrin Brandstetter | 0820483 Mutter ist sollten“ sich an lich weiter

Diskussion zwischen Lena und Yagmur über „Was hat Allah davon, wenn ihr erst Essen dürft, wenn die Sonne Ernährung, Religi- Menschliche Christentum Lena vs. Thema Ramadan Religion untergegangen ist?“ „Was hat Gott davon, wenn ihr euch gegensei- on, Toleranz Bedürfnisse vs. vs. Islam Yagmur fortlaufend tig zu Weihnachten mit Geschenken überschüttet“ „Nächstenliebe Religiösität Yagmur, Nächstenliebe“ 141

Axel sieht versehentlich eine Videoaufnahme „Ich mein ja nur. Es ist ja irgendwie meine Aufgabe als gesunder Integration, Tole- - Diskriminie- Lena va. Axel Axels psychische von Lena, in der sie Kathi Nebenstehendes Mensch, einen psychisch verwirrten Typen wie Axel zu integrie- ranz rung, Integra- Erkrankung ist Masterarbeit erzählt ren“ tion öfter Thema

Metin kommt nach Hause (er hat beschlossen „Na du Moslem. Hast du Hunger?“ – „Hunger? Schmerzen!“ Ernährung, Religi- Menschliche - Komischer Thema Ramadan mit Yagmur Ramadan zu halten, damit sie on, Toleranz Bedürfnisse vs. Nebeneffekt fortlaufend nicht alleine ist) und setzt sich zu Doris auf Religiösität die Couch

Lehrerin fixiert Lena, nachdem sie die Schuld „Schneider Lena 11C, Mutter alleinerziehend. Bruder Schneider Bildung, Erziehung - Lehrerin Wendepunkt: Lena entwickelt für den kaputten Spiegel auf sich nimmt Nils, 9C. Halbgeschwister Öztürk Cem und Yagmur. Nur 20% gegen Lena Lena opfert sich weiter, tut negatives Verhalten. Bis jetzt.“ sich für Axel das Richtige

Yagmur ist verzweifelt weil sie irrtümlich „Hilft es ihr, wenn ich ihr sage, dass es Bioschweine waren?“ Ernährung, Religi- Menschliche Yagmur vs. Höhepunkt Thema Ramadan Schweinefleisch gegessen hat on, Toleranz Bedürfnisse vs. Doris der Episode fortlaufend Religiösität

Lena und Axel im Klassenzimmer „Hast du Cola mitgebracht?“ Ernährung Menschliche - Komischer Fortlaufendes „Hier - Gab nur noch Erdbeermilch. Aber ich glaube, die ist mit Bedürfnisse vs. Nebeneffekt Thema Ernährung

Farbstoffen und die Erdbeeren sind genmanipuliert“ Bequemlichkeit SS 2014

Als Metin Doris in der Küche näher kommen „Ich bin auch Businessfrau“ „Sag mal machen wir jetzt einen Offenheit Sexuali- - Metin vs. Ausgangs- Fortlaufendes will, zückt sie ihr Handy und checkt, ob der Termin für Sex?“ „So das hätten wir, 23 Uhr – direkt nach den tät, Planen Doris konflikt für Thema Sexualität Abend noch frei ist Tagesthemen?“ die Episode

Doris und Metin diskutieren in der Küche „Sex im Alltag muss doch möglich sein, Doris!“ Lena aus dem Offenheit Sexuali- Offenheit, Ver- Metin vs. Ausgangs- Fortlaufendes über ihre Sexualität Hintergrund „Hey wir sind nun mal keine heißen Südländerinnen tät, Planen klemmtheit Doris konflikt für Thema Sexualität okay?“ „Was hat denn das jetzt damit zu tun?“ „Naja, vielleicht liegt die Episode es ja daran, dass Deutschen einfach das Gefühl für Besinnlichkeit fehlt“

Doris will mit Cem darüber reden, warum er „Mir kann keiner Angst machen.“ „Gefühle können Angst machen“ Umgang mit Gefüh- Traditionelle Doris vs. Cem Nicht tragend, Cem zeigt Gefüh-

so geknickt ist len, Männerrolle Männerrolle vs. aber ein le => Entwicklung Kathrin Brandstetter | 0820483 Gefühle zeigen Hinweis

Doris fragt Costa, was mit Cem los ist und ob „Wir haben keinen Liebeskummer, wir machen Liebeskummer“ Umgang mit Gefüh- Traditionelle Doris vs. Cem Nicht tragend, Cem zeigt Gefüh- er Liebeskummer hat len, Männerrolle Männerrolle vs. und Costa aber ein le => Entwicklung Gefühle zeigen Hinweis 142

Lena findet raus, dass Axel schon mit Ching „Axel hatte Sex. Viel Sex“ – „Mit dir?“ – „Ich ignoriere diese Frage“ Offenheit Sexuali- Offenheit, Ver- Lena vs. Thema: Das Fortlaufendes Sex hatte und redet mit ihrer Mutter darüber – „Er hat mir erzählt, das mit Ching war gar keine richtige Bezie- tät, Planen klemmtheit Doris erste Mal Thema Sexualität Masterarbeit hung. Ja, was war es dann, wenn sie total oft miteinan- Jugendlicher der...geschnackselt haben.“ „Schnackseln ist ein Wort für sehr verklemmte Menschen“

Cem legt sich auf Lenas Bett und riecht an „Alter bist du peinlich ey. Reiß dich mal zusammen“ Umgang mit Gefüh- Traditionelle - Starker Cem zeigt Gefüh- ihrem T-Shirt len, Männerrolle Männerrolle vs. Hinweis le => Entwicklung Gefühle zeigen

Lena geht mit Axel zelten. Doris gibt ihr „Dein Sohn darf. Dann darf meine Tochter auch.“ Offenheit Sexuali- Offenheit, Ver- - Thema: Das Fortlaufendes Kondome mit, Metin sieht ihr besorgt nach tät, Gleichberechti- klemmtheit erste Mal Thema Sexualität gung Jugendlicher

Axel ruft Lena an und will mit ihr reden. Sie „Deine Scheiß Türkenbruder Nummer nervt. Und ich sag dir mal Männerrolle Liebe vs. Eifer- Lena vs. Cem Höhepunkt Cem ist in Lena läuft aus dem Haus, Cem ihr nach was ja, wenn du wirklich mein Bruder wärst, dann würdest du sucht vs. männli- des Konflikts verliebt - fortlau- wollen, dass es mir gut geht“ cher Stolz fend

Lena will Axel etwas zu trinken holen, er „Kleiner Wettstreit mit Doris“ Konkurrenz- Selbstdarstellung, Doris vs. Ausgangs- Hickhack zwi- kommt in die Küche nach – darin sind Kisten denken, Erfolgs- Konkurrenz Yagmur konflikt der schen Doris und

und Lebensmittelverpackungen gestapelt und streben Episode Yagmur wieder- SS 2014 Yagmur kocht holt sich

Yagmur übernimmt eine Mutterrolle. Doris „Yagmur. Kindererziehung hat mit Haushalt nichts zu tun.“ Konkurrenz- Selbstdarstellung, Doris vs. Ausgangs- Hickhack zwi- findet das nicht besonders gut. „Stimmt. Aber das kann ich auch besser“ denken, Erfolgs- Konkurrenz Yagmur konflikt der schen Doris und „Da kannst du noch was lernen, Doris“ streben Episode Yagmur wieder- holt sich

Yagmur will ihr Gesicht nicht verlieren und „Was dir fehlt ist die Dankbarkeit für die Aufgaben als Hausfrau Konkurrenz- Selbstdarstellung, Doris vs. Ausgangs- Hickhack zwi- versucht, das Chaos in der Küche zu ver- und Mutter“ denken, Erfolgs- Konkurrenz Yagmur konflikt der schen Doris und heimlichen streben Episode Yagmur wieder- „So hat mich noch nicht mal mein Vater gedemütigt“ holt sich

Yagmur trifft auf Großvater „Du trägst ein Kopftuch. Hast du was mit dem 11. September zu Rassismus, Migra- - Yagmur vs. Aufhänger Einführung einer

tun?“ „Hier – kennste nicht wo du herkommst. Nennt man Bonbon“ tion, geschichtli- Großvater der Episode neuen Figur: Der Kathrin Brandstetter | 0820483 „Dankeschön. Sind Sie ein Nazi?“ „Neiiiin. Aber ich hätte den Krieg cher Hintergrund Großvater ganz gern gewonnen. Hab selber mitgekämpft. Aber die verdamm- ten Russen haben mich glatt zum Linksfüßer gemacht“ „Weißt du, was mir an Knöpfen so gefällt? Sie machen, dass alles sitzt. Machste zu und es sitzt!“ „Putzt du schon lange für meine Tochter? Habt ihr keine Probleme mit dem Jugendamt oder bist du schon 18?“ 143

Doris versucht, Metin zu erklären, warum sie „Ich kam mir 40 Jahre lang vor wie eine Bockwurst in einem Erziehung, Erfolgs- Versagensangst, Doris vs. tragend Verhältnis Doris vor ihrem Vater keine Fehler zugeben kann Feinkostgeschäft“ druck Enttäuschung, Großvater zu ihrem Vater ist Masterarbeit Minderwertig- weiterhin Thema keitskomplex

Doris findet heraus, dass ihr Vater pleite ist „Dieser Mann hat mich im Alter von 10 Jahren dazu gezwungen, Erziehung, Erfolgs- Versagensangst, Doris vs. tragend Verhältnis Doris und es aus Stolz aber nicht zugeben kann einen Buchführungskurs zu machen. Zusammen mit 24 Anzugträ- druck Enttäuschung, Großvater zu ihrem Vater ist gern.“ (09:10) Minderwertig- weiterhin Thema „Er ist alt. Er hat sein Bein im Krieg verloren“ keitskomplex „Er hatte nen Autounfall, er war überhaupt nie im Krieg“ Großmutter saugt Staub Wenn nicht alles sauber ist, verdrecken Kinder. Auch im Herzen. Erziehung, Rollen- Religion, Tradition Großmutter Zusammen- Vorstellung der verteilung gegen den Rest gegen die fassung der Großmutter Familie Episode

SS 2014

Kathrin Brandstetter | 0820483

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Türkisch für Anfänger – Analysebogen (Auswahl der humorvollen Szenen) Masterarbeit

Szene Bild Ton/Mikrostrukturelle Elemente Humorkriterium Makrostruktur Nr.

1 Lena nimmt eine Videonachricht für ihre „Ich hoffe, es sind Demokraten“ Übertreibung Freundin Kathi auf, die ein Auslandsse- „ Meine Mutter hat sich offensichtlich von diesem albanischen Terroristen getrennt mester in den USA macht und ist jetzt in ihrer „Wir verarbeiten die Trennung mit guter Laune Phase“ – „Groß- familie“ – gibt’s was Schlimmeres 2 Aufeinander Treffen Familie Schneider „Ich versuch mich gar nicht erst an Mamas Liebhaber zu gewöhnen. Dann wird der Aggression Kontext Migration und Öztürk Abschied nicht so schwer.“ „Ich bin Yagmur. Allah sei mit dir“ – „Wer ist mit mir?“ Cem spricht stereotyp pur – „Ein Klischee – und es lebt“ 3 Yagmur will einen frisch verpackten Teller „Ich bin Moslem. Das ist eine Religion“ Überlegenheit, Übertreibung Kontext Religion im China Restaurant, da auf ihrem sicher schon einmal Schweinefleisch serviert wurde 4 Ängste Ritual Ich habe Angst, dass ich Metin nicht glücklich machen kann... auch sexuell nicht Überraschung, Inkongruenz Tabus und Offenheit Boah Mama

5 Der Einzug Vorurteil: Alle Türken haben Haare auf dem Rücken Übertreibung Stereotyp SS 2014 6 Midlife Crisis Wer meine Mutter ein Mann, wärst du nur ein Porsche Übertreibung, Wahrheit „Moderne Krankheiten“

7 Lenas Kleidungsstil missfällt Cem Modern vs. Tradition Kontext Tradition 8 Doris Schneider versucht sich in der Überforderung, Übertreibung Kontext Rollenv-erteilung traditionellen Mutter und Hausfrau Rolle

9 Lena und Yagmur besuchen gemeinsam „Nazi“ Aggression, Vorurteil, Übertrei- Kontext Religion, Tole- die muslimische Gebetsschule bung ranz

10 Cem und Ching beim Nudelmachen „Kochen ist Frauensache“ Vorurteil, Übertreibung Kontext Rollen-verteilung

11 De Nudelinstallation „Was is’n das hier? Eine Nudelinstallation?“ – „Grüne Nudeln – beziehungsweise eine Überforderung, Übertreibung Rollen-verteilung große grüne Nudel.“

Cem versucht einen Liebesbrief an Ching Stereotyp, Übertreibung Kontext Selbstbild vom Kathrin Brandstetter | 0820483 zu schreiben. Sein Vater gibt ihm dafür Mann eine Celine Dion Cd. Allerdings wird er von Costa gestört, es ist ihm peinlich, er schiebt den Brief auf seinen Vater 12 Lena verkörpert ein typisches jugendliches Mädchen in Deutschland – Schwimmbad, Disco, Freizeitbeschäftigung. Yagmur steht dem gegenüber 145

13 Lena und Yagmur sitzen auf der Couch. „In die Disco gehen – das ist unmoralisch. Das ist verboten“ Überlegenheit Kontext: Religion Lena will mit Yagmur in die Disco „Wo steht’n das in deiner türkischen Bibel? Zeigen!“ Masterarbeit 14 Erziehungsstile prallen aufeinander Lais- „Wir leben in einem antiautoritären Haushalt“ Übertreibung Kontext: Erziehung sez Faire und Autorität

15 Lena und Yagmur suchen Discooutfits „..und außerdem hat Yagmur überhaupt nicht die Figur für ein Disco Outfit“ – darauf- Stereotyp, Übertreibung Kontext: Mode hin sucht sie auch 16 Cem will Yagmur aufhalten, doch sie lässt „Fuck, kaum ziehen hier die Deutschen ein, sinkt das Respektnivau“ Stereotyp Migration, Toleranz ihn nicht 17 Metin und Doris unterhalten sich über den „Jährlich verschwinden bis zu 200 Kinder nach einem Discobesuch und davon sind Übertreibung Erziehungsmethode Discobesuch ihrer Tochter 40 tot. Und die, die nicht gegangen sind, bei denen stirbt die Seele“ 18 Yagmur und Lena sitzen mit einem Typen „Man kann auch ohne Alkohol Spaß haben.“ Übertreibung Kulturelle Unterschiede in der Disco, der ihnen Alkohol ausschenkt „Was deine Definition von Spaß betrifft – die werden wir jetzt mal nach westeuropäi- schem Standard updaten“ 19 Lena und Yagmur in der Disco. Lena wird Autoautoritärer Erziehungsstil: „Lena hat zum Beispiel eine überdurchschnittliche Inkongruenz Erziehungsmethode immer betrunkener, Doris und Metin liegen Selbstdisziplin entwickelt“ – Umschnitt auf die tanzende betrunkene Lena im Bett und lesen Erziehungsratgeber 20 Doris macht ihr Handy aus „Meine Kinder sollen sich auf keinen Fall von mir kontrolliert fühlen“. Inkongruenz, Übertreibung Erziehungsmethode 21 Lena wird total betrunken von Cem nach „Ich weiß noch wie ich das erste Mal in der Disco war (...) wir waren alle sowas von Inkongruenz

SS 2014 Hause gebracht. Beim Frühstückstisch dicht!“ kommen Kommentare dazu Metin: „Sag mal ist das alles, was du dazu sagst?“

22 Lena und Yagmur unterhalten sich im Bad „Wer Schadenfreude sät, wird Akne ernten – altes muslimisches Sprichwort“ Übertreibung Religion, Erziehungsme- über die nächtlichen Vorkommnisse „Du kannst ja nichts dafür, dass du so modern erzogen worden bist“ thode „Der Koran ist streng, aber er hat Regeln, die mich beschützen“ „Was willst du mir jetzt damit sagen?“ „Ist deine Mutter einfach nur cool, oder ist ihr einfach nur egal, was mit dir passiert?“

23 Lena gibt dem Erziehungsstil ihrer Mutter „Sie meint, dass deine Hippie Erziehung schlecht für sie ist“ Inkongruenz Erziehungsmethoden die Schuld an den Ereignissen „Ich will Regeln“

24 Lena beschließt, sich ihre Regeln aus dem „Ich will ein eigenes Zimmer, sonst fang ich noch an Dynamitgürtel zu basteln“ Übertreibung, Stereotyp Religion, Vorurteile Judentum zu holen „Metin, deine Tochter ist antisemitisch“

25 Metin und Doris reden über Lenas Aktion „Manchmal weiß ich nicht, wer von euch beiden der Teenager ist.“ „.Wollen wir was Inkongruenz Jugend, Erziehung Kathrin Brandstetter | 0820483 zu Essen bestellen?“ „Doris, spring über deinen antiautoritären Schatten. Sonst haben wir da oben bald den Gazastreifen.“ 26 Doris legt Lena einen Zettel mit 10 Regeln „10 Regeln? Du gibst mir Vorschriften? Mama das ist der schönste Tag in meinem Inkongruenz Erziehung vor die Nase Leben“ – „Ich hasse dich dafür“ 27 Die Familie sitzt am Frühstückstisch. Doris „Lena räumt ab. Und dann machst du Hausaufgaben“ „Es sind Ferien“ „Ist mir egal. Übertreibung, Aggression Erziehung will Lena die Regeln so unangenehm wie Um 7 bist du im Bett“ möglich machen 146

28 Yagmur und Lena im Zimmer – Lena räumt „Ich hab mal gelesen, dass deutsche Frauen nach der Geburt ihres Kindes oft das Übertreibung, Aggression Erziehung auf Gefühl haben, dass das Leben irgendwie vorbei ist“ Masterarbeit 29 Lena und Doris sitzen auf der Treppe und „Weißt du, als ich Regeln meinte, hab ich an irgendwas gedacht, das mir beweist, Übertreibung Erziehung unterhalten sich über die Regeln dass ich dir nicht egal bin. Aber du liebst mich nicht. Ist ganz normal. Ist nichts Schlimmes. Wir leben in der Neuzeit.“

30 Lena und Doris diskutieren in der Küche „Weil ich will, dass du mir die Wahrheit sagen kannst...und weil normale Mütter - Erziehung über ihre Beziehung irgendwann nicht mehr gebraucht werden“ 31 Lena und Doris kommen aus der Küche, „Sagst du Metin bitte, dass du gern unabhängig bist.“ „Mama, ich hasse dich“ „Den Inkongruenz Erziehung Metin sitzt auf der Couch und blickt sie Satz habe ich vermisst.“ „Du hast dir Sorgen gemacht. Warum hast du das nicht erwartungsvoll an zugegeben?“ 32 Erster Schultag, alle verschlafen. Doris „Weißt du wie ich mir die Schule immer vorgestellt hab? Wie einen Adventskalender Übertreibung Bildung zieht die widerwillige Lena an und jeder Tag an dem ich was Gelernt hab, war ein neues Türchen und das Abitur war der heilige Abend. Das ist das Geheimnis von Bildung“ „Siehst du! Und ich bin Therapeutin. Ich habe es geschafft. Willst du es nicht auch schaffen?“ „Also wenn du mit „Ich hab’s geschafft“: Zwei Kinder, drei Trennungen und ne wilde Ehe mit nem Ausländer meinst – Nein Danke!“ 33 Doris verteilt Pausenbrote „Hau rein, Desperate Housewife“ Aggression Rollenverteilung, Ernäh- „Ist das vegetarisch?“ „Du hast doch gesagt von glücklichen Hühner ist okay“ rung

34 Lena kommt auf die neue Schule und will „Mann Cem, hier sind nur Ausländer.“ „Ein paar sind Deutsche. Die meisten gehen Aggression Migration, Integration, SS 2014 sich Freunde suchen, trifft Cem am Schul- ins Solarium, damit sie nicht auffallen“ Bildung hof

35 Lena geht durch die Sitzplätze und stem- Aggression, Inkongruenz Klischee, Toleranz pelt alle Schulkollegen als einen Stereotyp ab (Nerd, Prolet, Arzttochter, Rassist, etc.)

36 Die Lehrerin betritt den Klassenraum „Morgen. Erstmal ein Merkblatt vom Direktor. Ab heute sind neben Gaspistolen und Aggression, Übertreibung Gewalt an Schulen, Klappmessern auch Nagelfeilen und Schraubenschlüssel im gesamten Schulbereich Klischee verboten.“ 37 „Sei nicht so pessimistisch, Gürkchen. Wenn du mit einem Lächeln durch die Welt Übertreibung Optimismus, Offenheit gehst, lächelt die Welt auch zurück“ zur Sexualität „Lena, kann ich reinkommen oder masturbierst du?“ Inkongruenz

Kathrin Brandstetter | 0820483 38 Yagmur erinnert Doris daran, dass sie „Wieso isst du nichts mehr? Bist du magersüchtig? Nimmst du Drogen?“ „Nein sie Übertreibung Ernährung, Religion gerade nichts isst. Metin stoßt dazu macht doch dieses Ramadings. Äh Fastenzeit“ 39 In der Küche wird über Ramadan diskutiert „Von mir aus kannst du dir den Sex und das Rauchen sparen. Das ist auch Ramadan.“ Übertreibung Religion, Jugendkultur „Ich rauche nicht. Und ich werd auch niemals Sex haben“ „Oh sag das nicht Kleines.“ 40 Yagmur meint zu ihrem Vater, nachdem er „Komm ich deutsch rüber?“ Inkongruenz Tradition, Herkunft, Stolz ihr den Ramadan verbietet, sie lasse sich von einem Deutschen gar nichts befehlen 147

41 Doris tischt Lena Nils und Metin eine „Das muss so sein“ Stereotyp, Inkongruenz, Übertrei- Ernährung, Gesundheit Fertiglasagne auf, die in der Mitte noch „Aber auf der Packung war ein Bild und da hat das Essen noch gedampft“ bung Masterarbeit gefroren ist „Ach, das sind doch nur Serviervorschläge“ 42 Doris glaubt, Lena geht am Abend zu ihrer „Metin, müssen wir uns vor anderen Eltern profilieren? Nein!“ Übertreibung, Inkongruenz Konkurrenzdenken, Freundin Annika und will, dass sie etwas Umschnitt auf Doris wie sie für Lena einen Mitbringselkorb einräumt Erfolgsstreben mitnimmt. 43 Doris erzählt Lena was bei ihr als sie 16 „Die Ulrike, die konnte küssen. Damals dacht ich ja ich sei lesbisch“ Übertreibung, Inkongruenz Offenheit gegenüber war beim Flaschendrehen so passiert ist. Sexualität Metin sieht etwas verstört drein 44 Cem sieht Lena mit Obdachlosen abhän- „Ey Doris. Wieviel Taschengeld kriegt Lena? Würd ich mal drüber nachdenken. Ja ich Überraschung - gen, weil sie nicht zugeben kann, dass sie mein, wenn wer sieht, dass sie bettelt, dann sind wir irgendwann nur noch voll die nicht bei einer Freundin ist Bettlerfamily 45 Obdachlose unterhalten sich mit Doris „Ich bin kein Penner – ich hab nur ein vorübergehendes Cash Flow Problem „ Überlegenheit/Aggression Armutsproblematik 46 Doris und Axel bei der Therapie. Axel soll „...sonst verweis ich dich an die Jugendamt Therapeutin und bei der gibt’s bestimmt Überlegenheit Arbeitsverhältnis nicht nach Doris Privatleben fragen keine Kekse“ 47 Axel fährt zu Lena nach Hause „Bist du ein Stasi Spitzel oder was?“ „Nö, mein Opa war einer“ Aggression Geschichte 48 Yagmur sitzt abends allein in der Küche „Man kann nicht sagen, dass du gegen ihre kulturelle Isolation vorgehst.“ Übertreibung, Inkongruenz Kulturelle Differenzen und isst

SS 2014 49 Yagmur versucht Lena zu trösten, nach- „Manchmal sind die Momente, in denen wir nicht weiter wissen, genau die Momente Übertreibung, Überraschung Religion dem die rausfindet, dass Axel ein Patient im Leben, in denen wir zum Islam konvertieren sollten“ ihrer Mutter ist

50 Diskussion zwischen Lena und Yagmur „Was hat Allah davon, wenn ihr erst Essen dürft, wenn die Sonne untergegangen Übertreibung, Aggression Religion, Konsumverhal- über Religion ist?“ „Was hat Gott davon, wenn ihr euch gegenseitig zu Weihnachten mit Geschen- ten ken überschüttet“ „Nächstenliebe Yagmur, Nächstenliebe“

51 Axel sieht versehentlich eine Videoauf- „Ich mein ja nur. Es ist ja irgendwie meine Aufgabe als gesunder Mensch, einen Übertreibung/Aggression, Über- Integration nahme von Lena, in der sie Kathi Neben- psychisch verwirrten Typen wie Axel zu integrieren“ raschung stehendes erzählt

52 Metin kommt nach Hause (er hat beschlos- „Na du Moslem. Hast du Hunger?“ – „Hunger? Schmerzen!“ Übertreibung Religion sen mit Yagmur Ramadan zu halten, damit

sie nicht alleine ist) und setzt sich zu Doris Kathrin Brandstetter | 0820483 auf die Couch

53 Lehrerin fixiert Lena, nachdem sie die „Schneider Lena 11C, Mutter alleinerziehend. Bruder Schneider Nils, 9C. Halbge- Übertreibung, Aggression Bildung, Erziehung Schuld für den kaputten Spiegel auf sich schwister Öztürk Cem und Yagmur. Nur 20% negatives Verhalten. Bis jetzt.“ nimmt 54 Yagmur ist verzweifelt weil sie irrtümlich „Hilft es ihr, wenn ich ihr sage, dass es Bioschweine waren?“ Inkongruenz, Missverständnis, Ernährung, Gesundheit, Schweinefleisch gegessen hat Überraschung Religion 55 Lena wacht vom Lärm im Wohnzimmer auf „Mann wie soll man da schlafen. Scheiß Türken.“ Aggression Toleranz 148

56 Doris will, dass Yagmur ihre negativen Hör auf damit, das macht man nicht.“ „Ach was man macht und was man nicht Aggression, Überraschung, Normen, Regeln Gefühle rauslässt in dem sie schreit und macht, was man darf und was man nicht darf – das entscheidest du selbst!“ „Doris, Inkongruenz Masterarbeit Geschirr zerdeppert erst hab ich dich gehasst. Aber jetzt hab ich Angst vor dir“ 57 Lena und Axel im Klassenzimmer „Hast du Cola mitgebracht?“ Übertreibung Ernährung, Gesundheit „Hier - Gab nur noch Erdbeermilch. Aber ich glaube, die ist mit Farbstoffen und die Erdbeeren sind genmanipuliert“ 58 Lena redet mit Nils über Axel „Freundschaft ist halt nicht alles was ein Mann so braucht“ „Versuchst du mir grad Überraschung Jugend, Männlichkeit zu erzählen, dass Axel Sex braucht? 59 Siehe oben „Rein theoretisch könnt er ja eine Freundin haben und trotzdem mit der befreundet Inkongruenz Jugend, Männlichkeit sein“ „Du bist so naiv Nils. So naiv“ 60 Szene am Frühstückstisch, Lena im Ge- „Wer so darauf pocht erwachsen zu sein wie du, der ist es vielleicht noch nicht“ Wahrheit Erwachsen werden spräch mit ihrer Mutter 61 Doris gelingt es, dass Yagmur wieder in Ein bisschen hart bist du schon zu meiner Mutter. Immerhin hast du es ihr zu ver- Aggression, Inkongruenz Religion, Familie, Nächs- die Bibelschule darf und von ihren Freun- danken dass du wieder bescheuert aussiehst. tenliebe dinnen akzeptiert wird „Die respektiert mich doch nicht wirklich“ 62 Lena bittet ihre Mutter, Axel wegzuschi- Du bist doch jetzt erwachsen, da löst man seine Probleme lieber selber Wahrheit Jugendkultur, Regeln cken, weil sie nicht mit ihm reden will 63 Axel steht mit Rose im Mund und Gitarre „Die 60er sind vorbei Mama. Man empfindet nicht, man ist verknallt!“ Aggression, Inkongruenz Sprachentwicklung

vor der Tür und singt „Love is in the Air“ Jugend SS 2014 64 Als Metin Doris in der Küche näher kom- „Ich bin auch Businessfrau“ „Sag mal machen wir jetzt einen Termin für Sex?“ „So Inkongruenz, Übertreibung Offenheit gegenüber men will, zückt sie ihr Handy und checkt, das hätten wir, 23 Uhr – direkt nach den Tagesthemen?“ Sexualität

ob der Abend noch frei ist

65 Cem klebt Lena an den Fersen, als sie über „Ich will das sehen wenn du ihn abschießt.“ „Mann, mit Deutschen kann man echt Aggression, Übertreibung, Stere- Deutscher Humor den Schulhof geht, um Axel zu sagen, dass keinen Spaß haben“ otyp sie ihn nicht liebt

66 Axel will wissen, wie lange es dauert, bis „So in 22,5 Stunden“ Übertreibung Pünktlichkeit als Norm Lena weiß was sie will

67 Geschwister wollen Lena beim Schluss „3 Worte Lena! Ey du Spacken, vergiss es“ Yagmur: „Das waren 5 Cem“ Übertreibung, Inkongruenz - machen helfen

68 Es ist an der Zeit für Metins und Doris „Heute passt es mir leider gar nicht. Ich hab ganz vergessen, dass ich noch ein Übertreibung - Kathrin Brandstetter | 0820483 „Sex-Verabredung“. Metin scheint sauer. Meeting mit meinen Socken hab“

69 Doris und Metin diskutieren in der Küche „Sex im Alltag muss doch möglich sein, Doris!“ Lena aus dem Hintergrund „Hey wir Überraschung Offenheit gegenüber über ihre Sexualität sind nun mal keine heißen Südländerinnen okay?“ „Was hat denn das jetzt damit zu Sexualität tun?“ „Naja, vielleicht liegt es ja daran, dass Deutschen einfach das Gefühl für Be- sinnlichkeit fehlt“ 70 Lena redet mit Doris in der Küche, sie „Du hast ein Herz. Du spürst es nur nicht“ – „Wenn wir dieses urdeutsche Blockade- Übertreibung, Inkongruenz Normen und Regeln, essen Schokolade gen in uns tragen – dann müssen wir es knacken“ Tabus 149

71 Doris führt mit Lena eine psychologisch Übertreibung Offenheit gegenüber therapeutische Übung durch, um die innere Sexualität Masterarbeit Blockade zu durchbrechen 72 Lena und Axel kommen sich näher, roman- „Ich kann euch eh nicht hören, ich hab Ohropax drin“ Überraschung, Aggression Offenheit gegenüber tische Musik. Plötzlich Umschnitt zur Sexualität finster dreinschauenden Yagmur 73 Cem kann gegenüber Costa nicht zugeben, „Ich mach Hausaufgaben“ Inkongruenz Männerbild dass er traurig wegen Lena ist 74 Ching bekommt für eine Spendenaktion „Mann ich bin Ausländer – ich hab selber keine Kohle Mann Überraschung, Übertreibung Vorurteile, Migration noch 30 Euro von Costa 75 Lena geht Axel aus dem Weg weil sie „Gürkchen, sei doch nicht so amerikanisch“ Inkongruenz Offenheit gegenüber glaubt, er möchte mit ihr schlafen Sexualität 76 Doris will mit Cem darüber reden, warum „Mir kann keiner Angst machen.“ „Gefühle können Angst machen“ Inkongruenz, Übertreibung Männerbild er so geknickt ist 77 Doris fragt Costa, was mit Cem los ist und „Wir haben keinen Liebeskummer, wir machen Liebeskummer“ Inkongruenz, Übertreibung Männerbild ob er Liebeskummer hat 78 Costa und Cem prügeln sich, weil Ching „Echt, das ist wie im Asylantenheim hier. Manchmal prügeln sie sich die ganze Übertreibung, Aggression Migration, Integration kommt und ihre 30 Euro will. Costa will sie Nacht. Einfach nur so zum Spaß“

ihr aus irgendeinem Grund nicht geben, SS 2014 Lena und Axel unterhalten sich während- „Dritte Welt Costa. Das sind Spenden für deine Heimat“ dessen im Bad

79 Lena findet raus, dass Axel schon mit „Axel hatte Sex. Viel Sex“ – „Mit dir?“ – „Ich ignoriere diese Frage“ – „Er hat mir Inkongruenz Offenheit gegenüber Ching Sex hatte und redet mit ihrer Mutter erzählt, das mit Ching war gar keine richtige Beziehung. Ja, was war es dann, wenn Sexualität, Jugend darüber sie total oft miteinander...geschnackselt haben.“ „Schnackseln ist ein Wort für sehr verklemmte Menschen“ 80 Cem legt sich auf Lenas Bett und riecht an „Alter bist du peinlich ey. Reiß dich mal zusammen“ Inkongruenz, Übertreibung Männerbild ihrem T-Shirt

81 Cem sitzt mit Ching auf dem Bett. Sie „Sooo. Deine Wäsche.“ Übertreibung - küssen sich – Doris kommt grinsend in’s Zimmer

Kathrin Brandstetter | 0820483 82 Lena geht mit Axel zelten. Doris gibt ihr „Dein Sohn darf. Dann darf meine Tochter auch.“ Inkongruenz, Wahrheit, Klischee Geschlechterrollen Kondome mit, Metin sieht ihr besorgt nach

83 Ching versucht Cem zu verführen, er “Ching hör zu. Du bist echt sexy und du hast den krassen Ausländerbonus, aber Stereotyp Attraktivität wendet sich ab ich...“ 84 Axel ruft Lena an und will mit ihr reden. „Deine scheiß Türkenbruder-Nummer nervt. Und ich sag dir mal was ja, wenn du Übertreibung/Aggression, Miss- Geschlechterrollen, Sie läuft aus dem Haus, Cem läuft ihr wirklich mein Bruder wärst, dann würdest du wollen, dass es mir gut geht“ verständnis kulturelle Differenzen hinterher 150

85 Die Familie isst Doris verkohlte Jubilä- „Früher hat sie doch den ganzen Haushalt geschmissen“ Übertreibung/Aggression Geschlechterrollen, umsente „Hallo – kein Türkisch in Konfliktsituationen“ kulturelle Differenzen Masterarbeit 86 Lena will Axel etwas zu trinken holen, er „Kleiner Wettstreit mit Doris“ Übertreibung, Inkongruenz, Geschlechterrollen, kommt in die Küche nach – darin sind Aggression kulturelle Differenzen, Kisten und Lebensmittelverpackungen Konkurrenzdenken gestapelt und Yagmur kocht 87 Axel fragt Lena warum sie ihn nur zu 50% „Ich mag halt keinen Streit“ „Okay vielleicht sind das die 40%, die fehlen. Du be- Aggression Männerbild liebt. Mindestens 60% erwidert sie. nimmst dich immer wie ein Feigling“ 88 Yagmur übernimmt eine Mutterrolle. Doris „Yagmur. Kindererziehung hat mit Haushalt nichts zu tun.“ „Stimmt. Aber das kann Inkongruenz, Übertreibung Erziehung, Konkurrenz- findet das nicht besonders gut. ich auch besser“ denken „Da kannst du noch was lernen, Doris“ 89 Yagmur will ihr Gesicht nicht verlieren und „Was dir fehlt ist die Dankbarkeit für die Aufgaben als Hausfrau und Mutter“ Inkongruenz, Übertreibung Geschlechterrollen, versucht, das Chaos in der Küche zu Erziehung, Konkurrenz- verheimlichen „So hat mich noch nicht mal mein Vater gedemütigt“ denken 90 Lena stürmt in Cems Zimmer und pöbelt „Der Typ ist ein Weichei und genau das ist’s was dich nervt, wenn du mal ehrlich - Männerbild ihn an, warum er Axel einschüchtert wärst“ 91 Lena spricht mit Cem über Axel „Wenn er dich echt lieben würde, dann würde er auch um dich kämpfen. Er würde Aggression, Missverständnis Werte, Normen nicht weinen sondern BAFF mir voll eine aufs Maul hauen“ „Cem das ist sowas von prollig und dämlich und überholt“ (sie verlässt den Raum) „...und romantisch“

SS 2014 92 Yagmur will die Toilette putzen, Doris „Wer hat hier schon wieder nicht gespült?“ „Sag einfach nur: Du hast Recht, Doris – Überlegenheit/Aggression, Über- Konkurrenzdenken, kommt ins Badezimmer es ist nicht einfach, das alles hinzukriegen“ forderung Siegeswille

93 Axel hat Angst vor Cem und gibt das auch „Ich Tarzen, er Jane“ Übertreibung, Inkongruenz Männerbild vor Lena zu

94 Axel legt sich für Lena mit Cem an. Sie Übertreibung Männerbild prügeln sich. Lena gefällt das

95 Rückblende: Cem und Lena auf der Couch. „Es ist total offensichtlich, dass er in mich verliebt ist. Ich bin ihm wichtiger als Übertreibung Männerbild Cem fragt sie, ob sie etwas anderes als Istanbuls (Fußballmannschaft)“ Fußball schauen will 96 Der Großvater kommt zu Besuch. Er res- „Andere Kinder lernen einen Beruf, auf den ihre Eltern stolz sein können“ Aggression, Übertreibung Erziehung, Konkurrenz-

pektiert Doris nicht, gibt ihr immer das denken Kathrin Brandstetter | 0820483 Gefühl, minderwertig zu sein

97 Doris versucht, ihrem Vater beizubringen, „Sind die Türken jetzt schon bei der Polizei? Na jetzt ist Polen offen“ Aggression, Übertreibung Geschichte dass sie mit einem Türken zusammen ist 98 Yagmur trifft auf Großvater „Du trägst ein Kopftuch. Hast du was mit dem 11. September zu tun?“ „Hier – kennste Aggression, Übertreibung, Miss- Geschichte, kulturelle nicht wo du herkommst. Nennt man Bonbon“ „Dankeschön. Sind Sie ein Nazi?“ verständnis, Überlegenheit Differenzen, Integration, „Neiiiin. Aber ich hätte den Krieg ganz gern gewonnen. Hab selber mitgekämpft. Aber Diskriminierung die verdammten Russen haben mich glatt zum Linksfüßer gemacht“ „Weißt du, was mir an Knöpfen so gefällt? Sie machen, dass alles sitzt. Machste zu und es sitzt!“ 151

„Putzt du schon lange für meine Tochter? Habt ihr keine Probleme mit dem Jugend- amt oder bist du schon 18?“ Masterarbeit 99 Cem liest auf der Kinderkrebsstation vor. Cem erzählt „Rotkäppchen und der Wolf“ in seiner Version und seiner Sprache - - Lena ist gerührt und sieht eine andere Seite in ihm

100 Doris versucht, Metin zu erklären, warum „Ich kam mir 40 Jahre lang vor wie eine Bockwurst in einem Feinkostgeschäft“ Übertreibung, Wahrheit Erziehung, Erfolgsdruck sie vor ihrem Vater keine Fehler zugeben kann 101 Doris findet heraus, dass ihr Vater pleite „Dieser Mann hat mich im Alter von 10 Jahren dazu gezwungen, einen Buchfüh- Übertreibung, Wahrheit Erziehung, Erfolgsdruck ist und es aus Stolz aber nicht zugeben rungskurs zu machen. Zusammen mit 24 Anzugträgern.“ (09:10) kann „Er ist alt. Er hat sein Bein im Krieg verloren“ „Er hatte nen Autounfall, er war überhaupt nie im Krieg“ 102 Lena und Cem kommen sich näher und „Du Scheiß Türke.“ Inkongruenz, Aggression, Über- Rassismus küssen sich „Du dämliche Deutsche“ treibung 103 Einem Suizidgefährdeten gibt man keinen - Normen und Werte Grund – auch wenn es einen selbst un- glücklich macht 104 Doris sagt Metin, er solle nicht immer so „Nimm nicht soviel Zucker – du wirst immer dicker“ Übertreibung, Aggression Ernährung, Gesundheit viel Zucker nehmen. Daraufhin schaufelt

er trotzig noch mehr in seine Kaffeetasse. SS 2014 Als die türkische Großmutter dasselbe zu ihm sagt, lässt er sofort den Löffel fallen

105 Yagmur und Costa streiten sich. Er möchte Ich glaube, hier in Westeuropa macht man das so. Man besäuft sich und dann bumst Stereotyp, Übertreibung, Über- Normen und Werte, mehr als Händchen halten, ihr reicht es, man in irgendeiner schäbigen Ecke in einer Kneipe mit jemandem, der einen gar forderung kulturelle Differenzen sie rastet aus, beginnt Wodka zu trinken nicht wirklich liebt“ und sich auszuziehen 106 Großmutter saugt Staub Wenn nicht alles sauber ist, verdrecken Kinder. Auch im Herzen. Inkongruenz, Übertreibung, Erziehung, Rolle der Frau, Aggression kulturelle Differenzen

Kathrin Brandstetter | 0820483 152