Intermezzo 47 A3 08.04.16 12:07 Seite 1
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intermezzo_47_a3 08.04.16 12:07 Seite 1 INFORMATIONEN.SPIELORTE.TERMINE MAI.JUNI.JULI.AUGUST 2016 S.1 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Musikfreunde, eine umjubelte »Rheingold«-Produktion in Minden, stets sehr gut besuchte Abonnementkonzerte in der Region Ostwestfalen-Lippe, Auslandsgastspiele in Modena und Zürich, Utrecht, Den Haag und Amsterdam sowie in Herfords polnischer Partnerstadt Gorzów: Auch in dieser Saison stellen die Musikerinnen und Musiker der Nordwestdeutschen Philharmonie wieder einmal ihre Vielseitigkeit und Leistungsbereitschaft unter Beweis. Auf das Orchester warten in den kommenden Wochen bis zum Saisonende Anfang Juli weitere spannende Herausforderungen. So wird die NWD am 7. Mai im Haller Gerry-Weber-Stadion bei dem Oratorium »The Peacemakers« von Karl Jenkins 1.000 Sängerinnen und Sänger begleiten und beim Pfingstfestival das Publikum in »Russische Nächte« entführen. Mit seinem Chefdirigenten Yves Abel wird das Orchester Anfang Juni in Mailand gastieren; wenig später kann man die NWD bei einer Opern-Gala in Köln erleben. Als wir im Jahr 2011 mit den »LandLuftKonzerten« starteten, ahnten wir nicht, welch großer Erfolg diesem für uns damals neuen Konzert- format beschert sein würde. In diesem Frühsommer erleben wir mit Ihnen, unserem Publikum, auf dem Hof von Laer die sechste Neuauflage der Open Air-Konzerte zwischen Feldern und Wiesen. Freuen Sie sich mit mir auf ein gut gelauntes Orchester unter der Leitung von Yves Abel! Ihr Andreas Kuntze Andreas Kuntze · Intendant intermezzo DAS MAGAZIN DER NORDWESTDEUTSCHEN PHILHARMONIE Asasello-Quartett Saténik Khourdoian Benedict Kloeckner mit Anna Fedorova Frank Beermann EIN »BEST OF« DER RUSSISCHEN MUSIK PFINGSTFESTIVAL MIT WERKEN VON RACHMANINOW UND TSCHAIKOWSKY Nach dem Misserfolg seiner 1. Sinfonie verfiel der ohne- 13. bis zum 16. Mai in Bad Salzuflen mit großen Werken hin zu Schwermütigkeit neigende Sergej Rachmaninow des russischen Orchesterrepertoires auf. »Das gesamte in tiefe Selbstzweifel und Depressionen. Auf Drängen Programm ist ein einziger Höhepunkt, gewissermaßen seiner Verwandtschaft begann er eine Therapie bei dem ein ›Best of‹ der russischen Musik, das an Opulenz kaum Neurologen Nikolai Dahl, der den 28-Jährigen erfolgreich zu überbieten ist«, zeigt sich Frank Beermann, der die mittels Hypnose behandelte. Rachmaninow schrieb NWD seit Anbeginn der erfolgreichen Konzertreihe später darüber: »Ich hörte die gleichen hypnotischen leitet, begeistert. Neben dem 2. Klavierkonzert von Formeln Tag für Tag wiederholt, während ich schlafend Rachmaninow erklingen das Violinkonzert von Peter in Dahls Behandlungszimmer lag. ›Du wirst dein Konzert I. Tschaikowsky mit der in Belgien lebenden Geigerin schreiben... Du wirst mit großer Leichtigkeit arbeiten... Saténik Khourdoian, die berühmten Bilder einer Ausstel- Konzerthalle Bad Salzuflen Das Konzert wird von exzellenter Qualität sein...‹ Auch lung von Modest Mussorgsky, Igor Strawinskys Suite wenn es unglaublich erscheint, diese Therapie half mir Der Feuervogel und die frech-raffinierte 9. Sinfonie von wirklich. Im Sommer begann ich zu komponieren. Das Dmitri Schostakowitsch. Bei den Kammerkonzerten Material wuchs, und neue musikalische Ideen begannen, können sich Musikfreunde auf die Begegnungen mit sich in mir zu regen.« Das so entstandene Werk widme- dem preisgekrönten Asasello-Quartett aus Köln und te der Komponist zum Dank seinem Arzt Nikolai Dahl – dem Cellisten Benedict Kloeckner freuen. es ist das Klavierkonzert Nr. 2 c-moll, das bis heute wegen seiner wirkungsvollen liedhaft-melodiösen Themen eine Das philharmonische Wochenende zu Pfingsten, das im große Popularität genießt. Gespielt wird das im Jahr 1901 kommenden Jahr nach Böhmen führen wird, ist längst uraufgeführte Konzert im Rahmen des NWD-Festivals zu einer festen Größe im Konzertleben der Region Ost- Klassik zu Pfingsten von der Pianistin Anna Fedorova. westfalen-Lippe geworden. Frank Beermann: »Viele Konzertbesucher haben den Termin fest in ihren Kalen- Rachmaninow, Schostakowitsch, Tschaikowsky, Stra- der eingetragen und kommen jedes Jahr wieder. Schö- winsky, Mussorgsky – unter dem Motto »Russische ner als an diesem Ort mit seinem blühenden Park kann Nächte« wartet das diesjährige Pfingstfestival vom man ja auch nicht in den Sommer starten.« Alle Termine auf Seite 8 Fotos: Sandra Kreutzer (Bad Salzuflen), Fotoatelier Baus (Asasello-Quartett), Neda Navaee (Beermann), NWD (Beermann), Neda Navaee Baus (Asasello-Quartett), Fotoatelier (Bad Salzuflen), Kreutzer Sandra Fotos: intermezzo_47_a3 08.04.16 12:07 Seite 2 S.2 MAI.JUNI.JULI.AUGUST 2016 INFORMATIONEN.SPIELORTE.TERMINE Gerd Heinz, Dr. Jutta Hering-Winckler, Frank Philipp Schlößmann Gerd Heinz und Michael Kohlhagen (v.l.) diskutieren das Bühnenbildmodell. »MUSTERBEISPIEL EINER PSYCHOLOGISCHEN ANALYSE« GERD HEINZ INSZENIERT »DIE WALKÜRE« IN MINDEN »Traulich und treu ist's nur in der Tiefe: Falsch und feig der Walküre in einem zeitlich nicht näher bestimmten ist, was dort oben sich freut!« – mit dieser enttäuschten Mittelalter angekommen ist. Eine entscheidende szeni- Klage der Rheintöchter endet Das Rheingold, der Auftakt sche Bedeutung werde dabei dem Schwert Nothung zu- von Richard Wagners »Ring«-Tetralogie. »Diese nega- kommen, das nach Gerd Heinz’ Überzeugung durch tive Ausgangslage ist der Boden für die Fortsetzung. Im nichts zu ersetzen ist: »Von Walküren mit Kalaschni- großen, mythischen Stil geht es nun um das Thema der kows halte ich nichts.« Wagner selbst hat Die Walküre zerrütteten Familie. Lange vor Sigmund Freud und Au- für sein pathetischstes und tragischstes Werk gehalten, gust Strindberg hat Wagner diese Problematik aufge- eine Grundstimmung, die auch in der Mindener Auf- griffen und genial wie kein anderer Dramatiker Philoso- führung dominieren wird. »Wir haben die heitere Welt phie und Psychologie miteinander verknüpft«, sagt Gerd des Rheingoldes verlassen und finden uns jetzt in einer Heinz. Der erfahrene Theatermacher inszeniert im Thea- Ingmar- Bergman- Welt wieder«, so der Regisseur. ter Minden alle Teile des Ring des Nibelungen, der im ver- gangenen Spätsommer mit Rheingold eröffnet wurde Für Frank Beermann, der die Nordwestdeutsche Phil- und auf fünf Jahre angelegt ist. Sein Regiekonzept steht, harmonie dirigieren wird, ist es ein besonderer Glücks- der Bühnenbildentwurf von Frank Philipp Schlößmann fall, wieder dieselben Gesangssolisten gewinnen zu ist fertig, die Sängerinnen und Sänger sind engagiert: können, die schon im Rheingold auf der Bühne gestan- Am 9. September feiert Die Walküre Premiere; bis zum den haben. So sind Thomas Mohr als Siegmund, Rena- 23. September folgen sechs weitere Aufführungen. tus Mészár als Wotan und Kathrin Göring als Fricka zu erleben. Mit Dara Hobbs als Brünnhilde kehrt eine So- Als »Musterbeispiel einer psychologischen Analyse« be- pranistin nach Minden zurück, die dort bereits 2012 als zeichnet Gerd Heinz Wagners Walküre. »Wir erleben den Isolde begeisterte. »Mit der Walküre hat Wagner eine mächtigen Wotan als schwachen, gescheiterten und sehr kompakte, sinfonisch konzipierte Musik geschrie- verzweifelten Menschen, der selbst Gesetze übertritt, es ben«, sagt Beermann, der die NWD für ihre hohe Moti- aber nicht duldet, wenn andere dies ebenfalls tun«, be- vation lobt: »Ein solches Projekt ist nicht nur eine große tont er. Den kompletten »Ring« versteht er als eine logistische Herausforderung, sondern vor allem eine »Comédie humaine durch die Jahrhunderte«, die mit Willenstat.« R16 Karten sind erhältlich über: Express-Ticketservice & mehr Obermarktpassage 26–30, 32423 Minden Telefon: 0571/88277 [email protected] Alle Termine auf Seite 8 Fotos: Christian Becker Fotos: intermezzo_47_a3 08.04.16 12:07 Seite 3 INFORMATIONEN.SPIELORTE.TERMINE MAI.JUNI.JULI.AUGUST 2016 S.3 KÜNSTLERISCHER AUSDRUCK DER WIDERSPRÜCHLICHEN GEGENWART DIE NORDWESTDEUTSCHE PHILHARMONIE SPIELT WERKE VON SCHOSTAKOWITSCH »Die 9. Sinfonie ist eine verrückte Auf Fotos erscheint uns Dmitri Schostakowitsch häufig Komödie, in der ein Scherz unmittelbar in der Pose des Unauffälligen, des Bedrückten, des Stil- auf den nächsten trifft.« len. Seine Musik aber zeigt ihn als den Kraftvollen, den Überwältigenden, den Ironischen. Deshalb ist sie von Leonard Bernstein solcher Bekanntheit und auch Beliebtheit. Trotz ihrer gemäßigten Modernität, die aber niemals Selbstzweck ist, sondern stets im Dienst der musikalischen Intention steht. Zum Durchbruch aber hat der Musik von Schosta- kowitsch verholfen, dass sie den Hörer direkt und un- mittelbar anspricht. Und dass hier ein Künstler seiner Verzweiflung über den Ist-Zustand der Welt eine extrem persönlich gefärbte musikalische Stimme gab. Mit einer Musik, in der Freude und Leid, Unterdrückung und Befreiung sowie Tanz und Trauermarsch so unver- nach Kriegsende müsse eine »Siegessinfonie« zur Feier mittelt aufeinanderprallen wie bei Schostakowitsch, der Überwindung des Faschismus geschrieben werden? kann sich der Hörer des beginnenden 21. Jahrhunderts Doch Schostakowitsch wollte genau dieses nicht. Er wähl- identifizieren. Die Widersprüche der Gegenwart – sie te zwar als Grundtonart Es-Dur, die Tonart der Beetho- finden ihren mehr als adäquaten künstlerischen Aus- venschen Eroica, doch die Themen sind bewusst anti-he- druck in der Sinfonik von Schostakowitsch. Die Nordwest- roisch angelegt. Vieles wirkt musikalisch banal, manches deutsche Philharmonie spielt jetzt die 9. Sinfonie und witzig wie der vierte Satz mit seiner lächerlichen Verbin- das 8. Streichquartett; letzteres in der bewegenden Or- dung von Blechbläserfanfaren