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Hoamatland, Hoamatland, di han i so gern! Wiar a Kinderl sein Muader, a Hünderl sein Herrn. Duri‘s Tal bin i glafn, afn Hügl bin i glegn, und dein Sunn hat mi trickert, wann mi gnetzt hat dein Regn. Dahoam is dahoam, wannst net fort mua t, so bleib. Denn die Hoamat is ehnter, der zweit Muader- leib. Hoamatland,HEIMATBLÄTTER Hoamatland, di han i Beiträge zur Oö. Landeskultur - 73. Jahrgang - 2020 so gern! Wiar a Kinderl sein Mua- der, a Hünderl sein Herrn. Duri‘s Tal bin i glafn, afn Hügl bin i glegn, und dein Sunn hat mi trickert, wann mi gnetzt hat dein Regn. Dahoam is dahoam, wannst net fort mua t, so bleib. Denn die Hoamat is ehnter, der zweit Muaderleib. Hoamatland, Hoamat- land, di han i so gern! Wiar a Kinderl sein Muader, a Hünderl sein Herrn. Duri‘s Tal bin i glafn, afn Hügl bin IMPRESSUM Medieninhaber: Land Oberösterreich Herausgeber: Amt der Oö. Landesregierung Direktion Kultur und Gesellschaft, Abteilung Kultur, Promenade 37, 4021 Linz Leitung: Mag.a Margot Nazzal Redaktion: Dr. Elisabeth Mayr-Kern, Dietmar Leitner Layout: Nadine Tschautscher Titelbild: Welterbeblick © Salzwelten

Die Textbeiträge und das Fotomaterial wurden von den jeweiligen Autor/innen zur Verfügung gestellt. Alle Beitrage sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung , Wiedergabe, etc. (auch nur auszugsweise) sind ausschließlich nur mit ausdrücklicher Genehmigung des oben genannten Herausgebers gestattet. Hoamat- land, Hoa- matland, di MEMORANDUM FÜR EIN EUROPÄISCHES NETZWERK  han i so "Historische Anlagen des Salzbergbaues und historische Land- schaften des Salzbergbaues in ihrer Transformation und ihrem Reichtum an historischen Kulturlandschaftselementen samt gern! Wiar dem archäologischen bzw. geologischen Erbe"(1) a Kin- von Univ.-Lektor HR DI Dr. Hans Peter Jeschke 4 derl sein „DISTANCE-GUIDING“ STATT Muader, „LANGE NACHT DER KIRCHEN“  a Hünderl von Karlheinz Sandner 58 sein Herrn. WUNDERWELT DER MUSTER UND MOTIVE Du- SIEBENBÜRGISCH-SÄCHSISCHE LEINENSTICKEREI IM MUSEUM DER HEIMAT ri‘s Tal bin IN VÖCKLABRUCK  i glafn, afn von Erwin Horst Schuller 60 Hügl bin i BEWEGUNGSMUSTER DER glegn, und HEIMATFORSCHUNG. SELBE SCHRITTE, ANDERE DREHUNG  dein Sunn von Siegfried Kristöfl 68 hat mi tri- ckert, wann mi gnetzt hat dein Regn. INHALT Dahoam is dahoam, Hoamat- MEMORANDUM FÜR EIN land, Hoa- EUROPÄISCHES NETZWERK "Historische Anlagen des Salzbergbaues und historische Land- schaften des Salzbergbaues in ihrer Transformation und ihrem matland, di Reichtum an historischen Kulturlandschaftselementen samt dem archäologischen bzw. geologischen Erbe"(1) han i so von Univ.-Lektor HR DI Dr. Hans Peter Jeschke gern! Wiar Auftrag, Thesen, Visionen im Zusammenhang mit dem Span- a Kin- nungsverhältnis zwischen Grundlagenforschung, Archivwesen bzw. Quellensicherung (Archive, Museen, Bibliotheken, wis- derl sein senschaftliche Sammlungen etc.) durch staatliche bzw. nicht- staatliche Institutionen und der Gestaltung der Zukunft der his- torischen Kulturlandschaften, die mit der Montangeschichte Muader, verknüpft sind. a Hünderl sein Herrn. Du-

ri‘s Tal bin Logo ECHY 2018 © Europäische Union i glafn, afn INHALT Ausgangslage und Zusammenfassung A Memorandum für ein europäisches 5. Landschaftskonvention des Euro- Hügl bin i Netzwerk „Historische Anlagen des Salz- parates bergbaues und historische Landschaften des Salzbergbaues in ihrer Transformati- (II) Das Spannungsverhältnis zwischen on und ihrem Reichtum an historischen Grundlagenforschung, Archivwesen glegn, und Kulturlandschaftselementen samt dem bzw. Quellensicherung durch staatli- archäologischen bzw. geologischen che bzw. nichtstaatliche Institutionen Erbe“ und der Gestaltung der Zukunft der historischen Kulturlandschaften, die (I) Ausgewählte Dokumente und Strate- mit der Montangeschichte verknüpft dein Sunn giefelder für ein europäisches Netz- sind - Auftrag und Thesen. werk (III) Visionen - neue Möglichkeiten, Platt- 1. Vom Europäischen Jahres des formen und Instrumente für eine hat mi tri- Denkmalschutz 1975 und dem zukünftige Vertiefung der Inwertset- Council of Europe Colloquy 1988 zung Unter Bezug auf die oben ge- zum „spatial turn“ des Denkmal- nannten Hinweise und Erwägungen schutzes: Der Paradigmenwechsel ist es unverzichtbar neue Möglich- ckert, wann des vom Objekt zur Landschaft; keiten, Plattformen und Instrumente für eine zukünftige Vertiefung der 2. Kulturlandschaften und Stadtland- Inwertsetzung der „Historischen An- schaften im Welterbe; lagen und historischen Landschaften mi gnetzt hat 3. “European Strategy for the Promo- des Salzbergbaues“ zu begründen tion of the Industrial Heritage”; B Anhang: 4. Rahmenkonvention des Europara- „Bilder einer Ausstellung“ - Das Album tes vom 13. Oktober 2005 über den „Kulturlandschaft “ als ein dein Regn. „Wert des Kulturerbes für die Ge- spezifisches landschaftliches “Porträt”

SALZBERGBAU sellschaft“ (Faro-Konvention) und zur Präsentation für das vorgeschlagene

Dahoam is 4 dahoam, europäische Netzwerk - Teil der Prä- 11. Assoziative Bedeutungen der histori- 19. Die historischen Kulturlandschaft sentation für das vorgeschlagene eu- schen Kulturlandschaft „Salzkammer- „Salzkammergut- Dachstein / Salz- ropäische Netzwerk „Historische Anla- gut- Dachstein/Salzkammergut“ und kammergut“ - ausgewählte museale gen des Salzbergbaues und historische die zugehörigen immaterielle Wer- Brennpunkte Landschaften des Salzbergbaues in ihrer te, die kausal mit der Kulturlandschaft Transformation und ihrem Reichtum an verbunden sind, sind Teil des Kultur- 20. Die Zukunft der Landwirtschaft - das historischen Kulturlandschaftselementen landschaftskonzeptes der UNESCO. Projekt „Kulturlandschafts-Sicherung samt dem archäologischen bzw. geolo- Salzkammergut gischen Erbe“ 12. Inventare, Kartierungen und Bewer- tungsgrundlagen für Vielfalt, Eigen- 21. 21 Sozioökonomische Dynamik in art, Schönheit von Landschaften, der Kulturlandschaft - Hinweise zur 6. Zwei grundlegende Komponenten sozioökonomischen Dynamik in der der Europäischen Landschaftskon- Orts- und Landschaftsbildern - aus- gewählte Hinweise Kulturlandschaft, Grundlage einer vention des Europarats (ELK) - Kultur- problemorientierten Analyse und landschaftspolitik und das Konzept 13. Identifizierung und Inventarisie- zum Befund "Verdichtungsgebiet" „Landschaft“ als formelles System - rung der Erholungseignung von als Rahmen für die Präsentation des Landschaften, der Vielfalt, Eigenart, 22. Schutz, Pflege und Entwicklung Salzkammerguts für das vorgeschla- Schönheit von Landschaften, Orts- gene europäische Netzwerk 23. Wir lernen in der Landschaft wie und Landschaftsbildern bzw. zu in einem Erinnerungsalbum oder 7. “Wahrnehmung” von Landschaft, Naturhaushalt, Biodiversität - ausge- Geschichtsbuch zu blättern und zu Kulturlandschaft und kulturellem wählte Hinweise lesen - Fachinformationen für Tou- Erbe durch die Bevölkerung – eine 14. Der Klimaatlas im Rahmen der Oö. risten, Schüler und Lehrer (Aktion erste Einführung Naturraumpotentialkartierung „Welterbe-aktiv“ des Tourismusver- bandes Hallstatt) 8. Landschaft, Kulturlandschaft und 15. Das Georisiko/Naturraumrisiko im kulturelles Erbe – Hinweise zu der Rahmen der Oö. Naturraumpotenti- 24. Alfred Sighartners „Salzkammergut- Notwendigkeit einer hierarchisierten alkartierung planung“ als erste Regionalplanung Inventarisation Österreichs zur Sicherung des Roh- 16. Ausgewählte prägende Elemente stoffes „Schönheit der Landschaft“ 9. Landschaft, Kulturlandschaft und kul- in den Landschaften, der Vielfalt, Ei- turelles Erbe – Bezugssysteme zur genart, Schönheit von Landschaften, C Ausgewählte Literaturhinweise Identifizierung in Europa, Österreich Orts- und Landschaftsbildern - aus- und Oberösterreich gewählte Hinweise 10. Das Salzkammergut, seine Vielfalt, 17. Herausragende historischen Kultur- Charakteristik, Eigenart, Schönheit landschaftselemente: Almen im Salz- der Landschaften und die Miniatur im kammergut Waldbuch (!) des Salzamtes Gmun- den 1630-1634 (Die „Vier Hauptstü- 18. Herausragende historischen Kultur- cke des ganzen Salzwesens“) als ein landschaftselemente: Die techni- zentraler Ausgangspunkt schen Denkmale im Salzkammergut

Ausgangslage und Zusammenfassung

Das mit dem Motto „Salzbergbau, prähistori- • Salzburger Landesarchiv, scher Bergbau, Salzwirtschaft, Salz als Kurmittel • Steiermärkisches Landesarchiv, und Kulturlandschaft“ – Archive, Sammlungen • Tiroler Landesarchiv, und Bibliotheksbestände in Österreich“ einge- • Stiftsarchiv Admont, brachte Konzept und die Organisation für die • Oberösterreichisches Landesmuseum (Bib- Tagung des Montanhistorischen Vereins Öster- liothek, Salzkammergut, Auswahl besonders reich in (21./ 22. Juni 2016) durch den relevanter Objekte), Autor hat ein besonders aktuelles Spannungs- • Naturhistorisches Museum Wien/ Prähistori- verhältnis zwischen Grundlagenforschung, Ar- schen Abteilung, Archiv, Sammlung Prähisto- chivwesen bzw. Quellensicherung durch staat- rischer Bergbau, liche bzw. nichtstaatliche Institutionen und der • Kammerhofmuseum , Gestaltung der Zukunft der historischen Kultur- • „Offenes Archiv“ Kulturzentrum: „Salzbergbau, landschaften auf, die mit der Montangeschichte Salz als Kurmittel und das Archiv der Saline“ verknüpft sind, aufgegriffen. In die repräsentati- an seinem geplanten Präsentationsstandort ve österreichweite Vorstellung waren folgende in Lauffen/Bad Ischl, Archive, Sammlungen und Bibliotheksbestände • Geologische Bundesanstalt Wien, Biblio- in Österreich eingebunden: thek-Archiv, Sammlung, • Archiv der Saline/Salinenmaler und • Hofkammerarchiv Wien, • Kammerhofmuseum der Stadt . • Oberösterreichisches Landesarchiv,

5 Zur Verdeutlichung des Konzeptes einer wis- ropäischen Idee und andererseits die (Rück-) senschaftliche Netzwerkbildung und Verknüp- Besinnung auf das vielfältige kulturelle Erbe als fung montanhistorischer Grundlagenforschung wesentlicher Bestandteil unserer gemeinsamen mit dem Erbe der historischen Montanland- europäischen, nationalen, regionalen sowie schaft in der rezenten Kulturlandschaft wurden lokalen Identität. In diesem Jahr sind nicht nur exemplarisch für die Praxis durch zwei Beiträge Initiativen von staatlichen oder wissenschaftli- ausgewählt: chen Institutionen gefragt gewesen - alle wa- ren eingeladen. Schon in der Vorbereitungs- • „Montanistische Archivalien aus dem Hof- phase, ab 2015, waren die Zielsetzungen dieser kammer- und Finanzarchiv Wien - Die An- EU-Initiative(4) ausgearbeitet, die eine Orientie- wendung historischen Wissens auf rezente rung für das Konzept der erwähnten Tagung, Problemstellungen“ und die Vorschläge für ein „Netzwerk“ und diesen Beitrag, der die Auszeichnung als einen Beitrag • Mittelalterliche Salzwirtschaft im Ausseerland für das EU-Kulturerbejahr 2018 erhielt, bildeten. – Die Entwicklung der Industrielandschaft ab 1147 und ihre Relikte in der rezenten Kul- Ausgewählte grundlegende Dokumente und turlandschaft. Das Konzept „Erbe der histori- Strategiefelder seien im Zusammenhang mit schen Montanlandschaft im Spiegel interna- dem Themenkreis „Salzbergbauarchive auf tionaler Strategien“ wurde durch den Beitrag der Bundes- und Landesebene, Archiv „Prä- Montanhistorische Grundlagenforschung historischer Bergbau“ des NHM Wien, salzwirt- und das Erbe der historischen Montanland- schaftsrelevante sowie salzkulturlandschaftsre- schaften - Principles for the Conservation of levante Sammlungen und Bibliotheksbestände Industrial Heritage Sites, Structures, Areas and - Das kulturelle Erbe und die Kulturlandschaften Landscapes (Kulturlandschaftspflegewerke des Salzwesens in Österreich“ zur Einleitung für historische Kultur- und Stadtlandschaften hervorgehoben. Unter Bezug auf Konzepte von herausragender Bedeutung) vorgestellt.(2) des Europarates, aktuelle methodische Ansät- ze, Definitionen des „Industrial Heritage“, Kon- Es führte zum Vorschlag bzw. zur Vorstellung zepte der Welterbenominierung von linearen eines geplanten Netzwerkes „Salzbergbau, oder netzförmigen seriellen Verknüpfungen prähistorischer Bergbau, Salzwirtschaft, Salz und flächendeckenden oder raumgreifenden als Kurmittel und die rezente Kulturlandschaft“ Einheiten erfolgt eine hinweisartige Punktation – Archive, Sammlungen und Bibliotheksbe- wesentlicher Inhalte internationaler Empfeh- stände in Österreich“ und zum folgenden Me- lungen. Danach folgen ausgewählte weiter- morandum „Die Archive, Museen, Bibliotheken führender Erwägungen, die die Grundlage für bzw. wissenschaftliche Sammlungen – in ihrer zukunftsorientierte Thesen und nachhaltige Vi- Gesamtheit das „Gedächtnis Österreichs“ - und sionen bilden können. die historischen Anlagen bzw. Landschaften des Salzbergbaues in ihrer Transformation – Zusammenfassend werden die Vorschläge für Teil des materiellen und immateriellen industri- ein „Netzwerk „Historische Anlagen des Salzbe- ellen Erbes Österreichs und Europas“. rgbaues und historische Landschaften des Salz- bergbaues in ihrer Transformation und ihrem Die Europäische Union hat für das Jahr 2018 ein Reichtum an historischen Kulturlandschaftsele- „Europäisches Kulturerbejahr (ECHY) in Wieder- menten samt dem archäologischen Erbe bzw. aufnahme der Initiative des Europarats „Europä- geologischen Erbe“ als Präsentation „Bilder isches Denkmalschutzjahr 1975“(3) ausgerufen. einer Ausstellung“ im vorgeschlagenen Netz- Wesenskern des Konzeptes für dieses Kulturer- werk vorgelegt. Zumindest in Europa ist der bejahr 2018 ist einerseits die Stärkung der eu- Naturraum bis auf kleine Reste durch die For-

6 mung des Menschen (Interaktion von Mensch minimum – it determines the landsca- und Naturraum) zur Kulturlandschaft geworden pe.”………“Four Austrian examples: • 1 ist. Die UNESCO zählt deshalb die Kulturland- The region of the Styrian "Erzberg". • 2 schaften neben Einzeldenkmalen und Denk- The iron- ore mountain of Hüttenberg / malgebieten seit 1992 zum Kulturerbe. Da man Carinthia. • 3 The former coal-mine of Landschaften vielfach nur mit Schönheit und Fohnsdorf / Styria. • 4 The lead mining ökologischer Vielfalt des Naturraumes verbin- region of Bleiberg /Carinthia.” det, will diese Präsentation „Bilder einer Ausstel- (Council of Europe (1989)). lung“ neben anderen Aspekten vor allem auch die Geschichtlichkeit der Landschaft zeigen, 2. Kulturlandschaften und Stadtlandschaf- damit wir lernen in der Landschaft wie in ei- ten im Welterbe nem Erinnerungsalbum oder Geschichtsbuch In Weiterführung der bereits etablierte zu blättern und zu lesen. Konzepte der Welterbenominierung von linearen oder netzförmigen seri- (I) Ausgewählte Dokumente und Strategie- ellen Verknüpfungen und flächende- felder für ein europäisches Netzwerk ckenden bzw. raumgreifenden Einhei- ten ergänzt und verdeutlicht die im 1. Vom Europäischen Jahr des Denkmal- November 2011 von der UNESCO-Kom- schutzes 1975 und dem Council of Eu- mission verabschiedete neue Richtlinie rope Colloquy 1988 zum „spatial turn“ zum Erhalt historischer Stadtlandschaf- des Denkmalschutzes auf europäischer ten(6) das Konzept „UNESCO-Kulturland- Ebene: Der Paradigmenwechsel vom schaft“ in umfassender Weise. In dem Objekt zur Landschaft gegebenen Zusammenhang sind hier Aufbauend auf Konzepte des vom Eu- vor allem die Methoden, Instrumen- roparat ausgerufenen „Europäischen te und die Strategien für die Inventa- Denkmalschutzjahr 1975“ bzw. in dessen risierung, den Schutz, die Pflege bzw. Weiterführung wurde 1988 von Manfred Entwicklung der Kultur- und Stadtland- Wehdorn ein Paradigmenwechsel kon- schaft im Welterbe für alle herausra- zipiert - vom Objekt zur Landschaft. (5) genden Seiten von grundlegendem Interesse. “THE MINING ENGINEERING LANDSCA- PE - A NEW CATEGORY OF MONU- 3. “European Strategy for the Promotion MENTS (Four Austrian examples) by of the Industrial Heritage” und die Defi- Manfred WEHDORN ()” nition des industriellen Erbes Das Dokument “European Strategy for “This paper is not a national report on the Promotion of the Industrial Herita- mining engineering monuments in Aus- ge” steckt ein neues Verständnis und tria in the usual sense. It presents four einen aktuellen Rahmen für Definitio- Austrian examples to show the import- nen des industriellen Erbes ab. ance of the historical mining heritage as a new category of monuments: the in- “Due to this long-standing industrial his- dustrial landscape. In the classical way, tory and the experienced changes of we differentiate in the protection of: production patterns over time, Euro- • monuments and • sites. pe is nowadays the continent with the Industrial work only created a new ca- most profound tangible and intangible tegory: the monument is not part of the industrial heritage in the world”. . landscape, it is the landscape or - as a “The industrial heritage, as under-

7 stood by the supporters, consists of gesetzblatt eine zentrale Schlüsselpo- sites, structures, complexes, areas and sition im gegebenen Zusammenhang landscapes as well as the related ma- ein. Die spezifischen Verpflichtungen chinery, objects or documents that des Rahmenübereinkommens für Ös- provide evidence of past or ongoing terreich werden in Abschnitt II (Beitrag industrial processes of production, the des Kulturerbes zur Gesellschaft und extraction of raw materials, their trans- menschlichen Entwicklung) sowie Ab- formation into goods, and the related schnitt III (Gemeinsame Verantwortung energy and transport infrastructures. für das Kulturerbe und Beteiligung der It includes both material assets – immo- Öffentlichkeit) dargelegt. Zum Beitrag vable and movable –, and intangible di- des Kulturerbes für die Gesellschaft mensions such as technical know-how, und die Entwicklung der Menschen ge- the organisation of work and workers, hört die Ermutigung des Dialoges zwi- and the complex social and cultural schen verschiedenen Gemeinschaften, legacy that shaped the life of commu- die nachhaltige Nutzung aller Aspekte nities and brought major organizatio- des Kulturerbes und der kulturellen Um- nal changes to entire societies and the welt sowie die Ausschöpfung des wirt- world in general. Valuable parts of this schaftlichen Potenzials des Kulturerbes heritage are to be preserved. Preserva- unter Wahrung seiner Integrität. Bei der tion can be achieved by sensitive reu- gemeinsamen Verantwortung für das tilization”.(7) Kulturerbe werden die Verpflichtungen der öffentlichen Hand im Umgang mit 4. Rahmenkonvention des Europarates dem Kulturerbe und Maßnahmen zur vom 13. Oktober 2005 über den „Wert Gewährung des Zuganges zum Kultu- des Kulturerbes für die Gesellschaft“ rerbe und die Ermöglichung einer de- (Faro-Konvention)(8) mokratischen Teilhabe ausgeführt. Die Rahmenkonvention dient als integ- rale Klammer für die bereits bestehen- 5. Landschaftskonvention des Europarates den Instrumente, Empfehlungen und Der Europarat hat als zwischenstaat- Konventionen des Europarates im Be- liche Einrichtung Europas mit 46 Mit- reich des Kulturerbes. Der Europarat hat gliedstaaten die Europäische Land- damit die Grundlage für die Entwick- schaftskonvention (Europarat, 2000) im lung eines umfassenden und mit dem Rahmen der Kampagne „Europa, ein Prinzip der nachhaltigen Entwicklung gemeinsames Erbe“ am 20. Oktober verknüpften Kulturerbeschutzes ge- 2000 in Florenz zur Unterzeichnung schaffen. Zu diesem Zweck statuiert die vorgelegt, die als erstes internationales Rahmenkonvention ein Recht auf kultu- Abkommen dem Prinzip der nachhalti- relles Erbe als Teilbereich des Rechts auf gen Entwicklung folgend auch die kul- Teilnahme am kulturellen Leben (Art. 27 turelle Dimension einschließt und Teil UNO-Menschenrechtserklärung, Art. 15 der Aktivitäten ist, die der Europarat in UNO-Pakt I; SR 0.103.1) und unterstreicht das Natur- und Kulturerbe, die Raum- den Wert und das Potenzial des kultu- planung, die Umwelt und die kommu- rellen Erbes als Ressource für die nach- nale Selbstverwaltung investiert. Abbild haltige Entwicklung. Da die Republik Ös- dieses Paradigmen-Wechsel sind eine terreich mit Beschluss vom Nationalrat europaweite Neubewertung unseres vom 20.11.2014 die Konvention ratifiziert Lebensraum und neue Perspektive für hat, nimmt das diesbezügliche Bundes- die europäische Landschaften. Ziel der

8 Konvention ist dabei, Schutz, Pflege “2013 (Suggestions for the further de- und Planung der europäischen Land- velopment and implementation of the schaft zu fördern und in landschaftspo- resolution 1924 (2013) “Industrial Herita- litischen Sachfragen eine europäische ge in Europe” adopted by the Standing Zusammenarbeit zu koordinieren Da Committee of the Council of Europe die genannte Konvention darüber hi- acting on behalf of the Assembly, on 8 naus bereits zu einem internationalen March 2013)(11) fachlichen Bezugssystem geworden, • auf die Rahmenkonvention des Europa- wurden bereits eine große Anzahl von rates vom 13. Okt. 2005 über den „Wert nationalen Seminaren und Workshops des Kulturerbes in der Gesellschaft“ (Fa- zur Umsetzung der Konvention abge- ro-Konvention), welche Österreich mit halten. Beschluss vom 20.11.2014 im Nationalrat ratifiziert hat; (II) Das Spannungsverhältnis zwischen • auf die Bedeutung des UNESCO-Welter- Grundlagenforschung, Archivwesen bes – d. h. des materiellen und immate- bzw. Quellensicherung durch staatliche riellen Kultur- sowie des Naturerbes; bzw. nichtstaatliche Institutionen und der • auf die Empfehlung der UNESCO vom Gestaltung der Zukunft der historischen 10. November 2011 über historische Kulturlandschaften, die mit der Montan- Stadtlandschaften, geschichte verknüpft sind - Auftrag und • auf die Mitteilung der Kommission vom Thesen. 22. Juli 2014 mit dem Titel „Für ein inte- Die folgenden Texte in diesem Kapitel sind griertes Konzept für das kulturelle Erbe in zusammenfassender Verdeutlichung Europas“ (COM(2014)0477), wichtiger Dokumente und Vorschläge in • auf den internationalen Tourismusethik Form eines Memorandum verfasst. – Code: „Der Tourismus als Nutzer und Erhalter des Kulturerbes. Neben der Na- Unter Hinweis tur sind auch kulturelle Stätten ein Teil • auf die Präambel des Vertrags über des gemeinsamen Erbes der Mensch- die Europäische Union, insbesondere heit und sollen als solche geschützt und auf Artikel 3 Absatz 3, wonach die un- gepflegt werden, um für zukünftige Ge- terzeichnenden Parteien „aus dem kul- nerationen erhalten zu bleiben“ (Global turellen, religiösen und humanistischen Code of Ethics for Tourism/ Artikel 4)(12) Erbe Europas“ schöpfen, • auf das vom Europarat ausgerufene Jahr und in der Erwägung, dass des Denkmalschutz 1975 mit dem Kon- • das Kulturerbe stummer Zeuge unserer zept „Integrated Conservation“ (Council jahrhundertelangen Geschichte, un- of Europe)(9) serer Kreativität und unserer Anstren- • auf die Ergebnisse der Europarattagung gungen bzw. einer der Grundpfeiler „Mining engineering monuments as a der europäischen Kultur und unseres cultural heritage“ (Bochum): “Industrial gemeinsamen Vermächtnisses für die work only created a new category: the künftigen Generationen ist; monument is not part of the landscape, • Europa heute der Kontinent mit dem it is the landscape or - as a minimum – it bedeutendsten materiellen und imma- determines the landscape”(10) teriellen industriellen Erbe ist und dass • unter Hinweis auf die Definitionen des die wertvollen Teile dieses Erbes erhal- industriellen Erbes “European Strategy ten werden müssen; for Promotion of Industrial Heritage • es im Interesse der gesamten EU und

9 der Republik Österreich liegt, ihren Bür- nachhaltiger und schonender sind und gern diese bedeutenden kulturellen einen höheren Mehrwert erbringen, Werte als Nutzern und Besuchern zu er- wobei der Tourismus in lokale und regi- schließen; onale Entwicklungsstrategien und Rau- • dem kulturellen Erbe sowohl materiell mordnungskonzepte eingebettet wird. als auch immateriell eine wesentliche • es im Interesse der gesamten EU und Rolle bei der Schaffung, dem Erhalt und der Republik Österreich liegt, das Erbe der Förderung der europäischen Kul- der Archive (Bundes- , Landes- und Ge- tur und europäischer Werte sowie der meindeebene etc.), Sammlungen und nationalen, regionalen, lokalen und in- Museen mit dem Bezug zu diesen be- dividuellen Identität, aber auch der zeit- deutenden kulturellen Werten als Kul- genössischen Identität der Bevölkerung turgut an sich in den Tourismusstrategi- Europas zukommt; en in Österreich (Bundes- , Landes- und • eines der Ziele der EU darin besteht, Gemeindeebene etc.) neue Strategien städtische und ländliche Räume wieder- für eine Zusammenarbeit „Materielles zubeleben, zu pflegen und schützen, in und immaterielles industrielles Erbe – denen Strukturen, Stätten und Flächen Historische Anlagen des Salzbergbaues des industriellen Erbes neue und krea- und historische Landschaften des Salz- tive Nutzungsmöglichkeiten („Materiel- bergbaues in ihrer Transformation und les und immaterielles industrielles Erbe, ihrem Reichtum an historischen Kultur- Salzbergbauten, Transportrouten („Salz- landschaftselementen samt dem ar- straßen“) und sonstige Transporteinrich- chäologischen Erbe“ zu entwickeln; tungen (Wasserstraßen mit ihren histo- • es im Interesse der gesamten EU und rischen Einrichtungen etc.), historische der Republik Österreich liegt, ihren Bür- Landschaften des Salzbergbaues und gern das Erbe der Archive (Bundes- , ihrer Transformation samt zugehörigem Landes- und Gemeindeebene etc.), der archäologischen Erbe, historische Land- sonstigen Sammlungen (Wiss. Instituti- schaften der Kurstädte und Modebäder onen, Forschungseinrichtungen, Muse- mit dem Kurmittel Salz - weitertradiert en, Bibliotheken, nichtstaatliche Vereini- werden können; gungen etc.) mit dem Bezug zu diesem • in der Charta von Venedig, im Überein- bedeutenden kulturellen Werte als Kul- kommen von Granada und im Überein- turgut an sich und als Basis für Grund- kommen von Valletta klare, international lagenforschung, Inventarisation, Pflege anerkannte Normen für die Restaurie- und Schutz Nutzern und Besuchern ver- rung von Kulturgütern und archäologi- bessert zugänglich zu machen; schen Werken festgelegt wurden(13); • es im Interesse der gesamten EU und • der Kulturtourismus, der 40 % des euro- der Republik Österreich liegt, das Erbe päischen Fremdenverkehrs ausmacht, der Archive (Bundes-, Landes- und Ge- vom Wachstums- und Beschäftigungs- meindeebene etc.), sonstigen Samm- potenzial her ein eminent wichtiger lungen (Wiss. Institutionen, Forschungs- Wirtschaftszweig ist und dessen Aus- einrichtungen, Museen, Bibliotheken, bau durch den Einsatz neuer Technolo- nichtstaatliche Vereinigungen im allge- gien weiter gestärkt werden sollte; meinen und wissenschaftliche Vereine/ • im Rahmen des Kulturtourismus das kul- Verbände etc.) mit dem Bezug zu die- turelle und landschaftliche Erbe Europas sen bedeutenden kulturellen Werten erhalten werden muss, indem Formen als Kulturgut an sich in der Öffentlichkeit des Tourismus gefördert werden, die bzw. bei den Entscheidungsträgern Ös-

10 terreichs neu, gesamthaft und integrativ ausragenden Landschaften durch Kul- inwertzusetzen. Dazu kommt noch ge- turlandschaftspflegepläne mit Ansatz mäß der Faro-Konvention die nachhalti- der Historischen Geographie zu sichern, ge Förderung. die sich auf drei grundlegenden „Säu- len“ (- Sicherung durch Inventarisation (III) Visionen und Grundlagenforschung; - Sicherung Unter Bezug auf die oben genannten Hin- durch Schutz; - Sicherung durch Förde- weise und Erwägungen ist es unverzicht- rung) stützen und 10 Grundelemente bar neue Möglichkeiten, Plattformen und enthalten.(15) Instrumente für eine zukünftige Vertie- • dass Bund und Länder die erforderli- fung der Inwertsetzung der „Historischen chen Maßnahmen für die Umsetzung Anlagen und historischen Landschaften der Alpenkonvention bereitstellen und des Salzbergbaues“ zu begründen und inwertsetzen. daher (III) a • im Rahmen der genannten Hinweise Unter Bezug auf die oben genannten Hin- und Erwägungen ein neues „Netzwerk“ weise und Erwägungen ist es unverzicht- „Historische Anlagen und historische bar im Zuge des hier vorgeschlagenen, Landschaften des Salzbergbaues in neuen „Netzwerkes“ ihrer Transformation und ihrem Reich- tum an historischen Kulturlandschafts- • im Rahmen der genannten Grundla- elementen samt dem archäologischen gendokumenten der „European Stra- Erbe bzw. geologischen Erbe“ einzu- tegy for the promotion of the industrial richten. heritage“ neuen integrative Strategien • die Archive, Museen, Bibliotheken bzw. in Österreich für den Schutz, Pflege und wissenschaftliche Sammlungen – in ih- Entwicklung des genannten kulturellen rer Gesamtheit als das „Gedächtnis Ös- Erbes zu entwickeln und umzusetzten. terreichs“ neu inwertzusetzen. Elemente dieser integrativen Strategi- • die Archive, Museen, Bibliotheken en sind besondere die Sicherung und bzw. wissenschaftliche Sammlungen Erschliessung des relevanten Bestan- hinsichtlich ihrer Existenz, Personal- des der Archive auf Bundes- Landes-, ausstattung, Finanzresourcen, wissen- und Gemeindeebene, der Museen und schaftlichen Grundlagenforschung und sonstiger Sammlungen, die Inventarisie- Kompetenz nachhaltig zu sichern und rung und Identifizierung von Landschaf- auszubauen. ten bzw. von Kulturlandschaftswerken • die Archive, Museen, Bibliotheken bzw. für Kulturlandschaften und Stadtland- wissenschaftliche Sammlungen nach- schaften(16) des Salzwesens in Öster- haltig im Sinne der Gemeinwohl-, Sozi- reich. eine Zusammenarbeit eine in- al- und Kulturfunktion als Teil der hoheit- formelle Plattform aller staatlichen und lichen Aufgaben des österreichischen nichtstaatlichen Akteure einzurichten, Staatswesens zu sichern. die die genannten Ziele in Österreich • den Schutz, die Pflege und Entwick- unterstützen hilft; lung der Kulturlandschaften durch die • im Rahmen der genannten neuen Stra- Erstellung von Landschaftsplänen/ tegien für eine Zusammenarbeit eine Landschaftsrahmenplänen („Land- informelle Plattform aller staatlichen und schaftqualitätsziele“ (Europäische nichtstaatlichen Akteure einzurichten, Landschaftskonvention(14)) und bei her- die die genannten Ziele in Österreich

11 unterstützen hilft; Archive und Sammlungen etc. können • die verfügbaren Mittel der öffentlichen in einzigartiger Weise wissenschaftli- Hand und privater Sponsoren für die chen und historischen Grundlagen hier- Unterstützung, Aufwertung und Förde- für bereitstellen und inwertsetzen; rung des genannten Kulturerbes auf der Grundlage eines integrierten Konzepts (III) b im Rahmen dieser informellen Plattform Unter Bezug auf die oben genannten Hin- in Österreich anzusprechen; weise und Erwägungen ist es unverzicht- • dass Studien, Forschungs- und Pilot- bar im Zuge des hier vorgeschlagenen, projekte mit eigens dafür bereitgestell- neuen „Netzwerkes“ im regionalen Rah- ten Mitteln, die ausdrücklich folgenden men Zwecken dienen, erstellt werden: Ana- lyse der Auswirkungen von Förder- • dass das „Offenes Archiv/Kulturzentrum maßnahmen für das Kulturerbe, der Er- Bad Ischl“ als neues herausragendes mittlung genauer und kontextbasierter Präsentationszentrum für das „Erbe der Indikatoren für den direkten und indi- Salzwirtschaft“ bzw. das „Kurmittel Salz“ rekten Beitrag des Kulturerbes zur wirt- in Bad Ischl eingerichtet wird; schaftlichen und sozialen Entwicklung • dass das herausragende Präsentati- sowie der unmittelbaren Unterstützung onszentrum in für das kultureller und sozialer Innovation in „Erbe der Salzwirtschaft“ (Archäologie/ Gegenden, in denen das Kulturerbe ein Hallstattzeit, frühe Salzwirtschaft der Entwicklungsmotor sein und einen Bei- Klöster) und Zentrum der Gegenrefor- trag zur Verbesserung der Lebensquali- mation im Salzkammergut) weiter aus- tät der Menschen leisten kann; gebaut wird; • dass die Europäische Kommission, Bund • dass die europäische Inwertsetzung und Länder die erforderlichen Maßnah- der historischen Transportrouten - Salz- men für die Förderung und Unterstüt- straßen in Europa und in Österreich - zung des Austauschs bewährter Lösun- länderübergreifend als „europäisches gen für die Grundlagenforschung, die Kulturgut“ vorangetrieben werden; Arbeit der Archive und Sammlungen • dass die europäische Inwertsetzung der etc. in Österreich entwickeln. Grund- Pferdeeisenbahn Budweis – Gmunden lage hierfür bilden Basisstudien/Über- als erste kontinentale Eisenbahn in Eu- sichten über die Bestände; ropa als lineares historische Kulturland- • dass der Kulturtourismus durch die ge- schaftszone mit den noch vorhande- nannten Grundlagen bzw. Basisstudien/ nen Geländedenkmalen (historischen Übersichten über die Bestände eine Trassen), der erhaltenen historische In- wesentliche Hilfe erhält; frastruktur (Bahnhöfe, Wachthäuser etc.) • dass die Europäische Kommission, Bund und Museen länderübergreifend als und Länder die erforderlichen Maßnah- „europäisches Kulturgut“ vorangetrie- men für die Förderung und Unterstüt- ben wird. zung des Austauschs bewährter Lösun- • dass die UNESCO-Schutzgebiete Teil gen für das staatliche und nichtstaatliche des Systems des öo. Landesrechtes Management, den Erhalt und die Pflege durch die Aufnahme in das Öo. Lan- sowie die neue Nutzung des europäi- desraumordnungsprogramm oder ein schen industriellen Erbes samt Finanzie- regionales Raumordnungsprogramm rungsmodellen entwickeln; (Kulturland- (Verordnungen der Oö. Landesregie- schaftspflegewerke). Die genannten rung) werden („… die UNESCO-Schutz-

12 gebiete sind Schutzgebiete nach dem ben wird und Landschaft als Lebens- Oö. ROG i.d.g.F.“).(17) raum zu einem Objekt des erweiterten • dass die Inventarisierung, Schutz, Pflege, ethischen Verantwortungsbereiches und Entwicklung der Kulturlandschaft wird(22). Eine Ethik der Raumordnung z. des gesamten Salzkammerguts in Wei- B. ist im deutschsprachigen Raum in ers- terführung des ideengeschichtlich her- ten Annäherungen umrissen (LENDI et ausragenden Konzeptes der „Salzkam- al. 2004). Eine Auseinandersetzung mit mergutplanung“ (1947-1949)(18) Alfred Landschaft und Kulturlandschaft als Ge- Sighartners und in Erfüllung der jetzt samtsystem steht noch aus. Das oben rechtswirksamen und verbindlichen „Al- angesprochene Prinzip des Verant- penkonvention“(19) länderübergreifend wortlichseins des Menschen in seiner mit einem historisch-geographischen existentiellen Situation (V. Frankl) weist Ansatz in Form eines „Kulturlandschaft- auf sechs Grundprinzipien der europä- pflegewerkes“ vorangetrieben wird. In ischen Staatslehre, einer Politik der ge- der Nachkriegszeit – einer Periode der sellschaftlichen Organisation hin, die für Armut, Mangelwirtschaft und des Rin- die Lebensraum- und Kulturlandschafts- gens um den Wiederaufbau , in der die gestaltung von großer Bedeutung sind. geeigneten Rechtsgrundlagen, Identi- Im Rahmen dieses Dokuments wird ein fizierung der Verantwortungsbereiche „Konzept einer politischen Ethik“ für die zur Landschafts- und Raumordnung weitere Umsetzung der Europäischen und die fachliche Ausformung der Rau- Landschaftskonvention skizzenhaft her- mordnung in Österreich noch fehlte, ausgearbeitet, welches die genannten entwickelte Alfred Sighartner ein völ- Komponenten zu einem Ganzen formt: lig neues Konzept, ein in der heutigen - Personalitätsprinzip, - Gemeinwohlprin- wissenschaftlichen Diskussion ideenge- zip, - Subsidiaritätsprinzip (Zuständig- schichtlich wieder höchst aktuelles Mo- keits- und Funktionsprinzip bzw. Prinzip dell. Er verknüpfte Landschaftsschutz, des hilfreichen Beistandes), - Solidari- Denkmalschutz und Raumordnung(20) zu tätsprinzip (Prinzip der gegenseitigen einer „landschaftlichen Raumordnung“ Verantwortung), - Gerechtigkeitsprinzip und einem evolutiven Entwicklungsan- und - Prinzip der Nachhaltigkeit. Indivi- satz für die „Kulturlandschaft“ des Salz- dualität und soziale Gebundenheit sind kammerguts. Die Regionalplanung mit die maßgeblichen Komponenten der ihrer kartographischen Darstellung im Personalität. Die grundlegenden Leitlini- Maßstab 1: 20.000 (Verordnungen der en des Subsidiaritätsprinzips sind ohne Oö. Landesregierung) sollte dabei ei- den Blick auf den Menschen als Träger, nen überörtlichen Ordnungsrahmen Schöpfer und das Ziel aller gesellschaft- für die parzellenscharfen Pläne (Verord- lichen Einrichtungen nicht denkbar. Der nungen) der Gemeinde vorgeben. Mensch ist Ziel jeder Politik. Der Mensch • dass die Ratifizierung der Europäische bzw. das Personalitätsprinzip ist daher Landschaftskonvention (ECL) und damit auch der zentrale Ausgangspunkt ei- die Erstellung von „Landschaftqualitäts- ner nachhaltigen Landschafts- und Um- ziele“ für alle Regionen Europas und da- weltpolitik. Bei der Sicherung, Pflege her auch für Österreich vorangetrieben und Entwicklung einer lebenswerten wird. Umwelt und Landschaft, die den Men- • dass das „Konzept einer politischen Ethik schen umgeben, die auf ihn bezogen für die Umsetzung der Europäischen und auch Grundlage seiner Existenz Landschaftskonvention“(21) vorangetrie- sind, geht es auch um das Verhältnis

13 zwischen Mensch und Natur. Die ge- Präambel und der Artikel 1, 5 bzw. 6. Im nannten Politikbereiche bilden somit Ordnungsgrundsatz der Subsidiarität eine Voraussetzung bei der Existenz- kommt die hohe Einschätzung der Be- sicherung unserer Gesellschaft für die deutung der kleineren Gesellschaften Gegenwart und die Zukunft. Die Euro- zum Ausdruck. päische Landschaftskonvention fokus- siert auf dieses Verantwortungsprin- zip für die Landschaft als Lebensraum besonders in den Bestimmungen der

B Anhang Bilder einer Ausstellung »Kulturlandschaft Salzkammergut« Bilder einer Präsentation für das vorgeschlagene europäische Netzwerk „Historische Anla- gen des Salzbergbaues und historische Landschaften des Salzbergbaues in ihrer Transfor- mation und ihrem Reichtum an historischen Kulturlandschaftselementen samt dem archäo- logischen bzw. geologischen Erbe“

In diesem Kapitel „Bilder einer Ausstellung“ (23) der Methodik, Inventare, topographischen Kar- soll die „Kulturlandschaft Salzkammergut“ tierungen und Schutz- bzw. Pflegeinstrumente – Landschaften, Landschaftsbereiche und ausgewählte Beispiele und Bewertungsmate- kulturelles Erbe – in ihrer „Vielfalt, Eigenart, rialien präsentiert werden. Besonders darf u.a. Schönheit von Lebens- oder Erscheinungs- die Kulturgüterinventarisation in Bad Ischl und formen und dem Erholungswert“ dieses das gesamte Salzkammergut – in dieser Form Lebensraumes präsentiert werden. Um in Alleinstellung in Österreich – durch Franz Fe- Kulturlandschaften als solche zu erkennen, derspiel (vgl. Abb. 6,18 und 30) und die Ergeb- evaluieren und zu inventarisieren ist es not- nisse der Oö. Naturraumpotentialkartierung wendig, einen fachlichen und wissenschaft- hingewiesen werden (topographische Identi- lichen Rahmen abzustecken, weil jede fikation (Inventar) der „vorherrschenden Land- Fachdisziplin Landschaft anders definiert. schaftstypen“ der landschaftsbedingte Erho- Viele Disziplinen haben sich dem "Denken lungs- und Tourismuseignung; der Teileignung in Landschaften" angenähert, nicht jedoch für Routen- und Besichtigungsverkehr; der Teil- der Prozesshaftigkeit und der Querschnitts- eignung für Sommerurlaubsaufenthalte – Land- aufgabe. Vor dem methodischen Hinter- schaftsbedingte Erholungs- und Tourismuseig- grund der UNESCO – Weltkultur- und Na- nung) erwähnt werden (vgl. Abb. 19 -22). turerbekonvention (Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt Gleiches gilt für die schon erwähnte seit den (BGBl. Nr. 60/1993), Alpenschutzkonven- Jahren 1947 - 1949 vorliegende Konzeption zur tion, Europäische Landschaftskonvention Sicherung des Rohstoffes „Landschaft“ im Salz- (ELC), des Landesgesetzes über die Erhal- kammergut (Entwurf einer Regionalplanungs- tung und Pflege der Natur (Oö. Natur- und verordnung „Salzkammergutplanung“ unter Landschaftsschutzgesetz 2001 - Oö. NSchG Landesbaudirektor Dipl.-Ing. A. Sighartner). 2001)(24) und der Oö. Raumordnungsge- setzgebung sollen durch die anschauliche systematische Präsentation und Erklärung

14 Abb. 1: Das Salzkammergut – Reliefkarte der kulturgeographischen Region (Merian- Hefte Nr. 1/78. Hofmann und Campe. S. 141., Foto © Jeschke

6. Zwei grundlegende Komponenten der 3. attainment of these objectives by pro- Europäischen Landschaftskonvention des tection, management and planning over a Europarats (ELC) - Kulturlandschaftspolitik period of time, 4. monitoring of changes, und das Konzept „Landschaft“ als formel- evaluation of the effects of policies, possib- les System - als Rahmen für die Präsenta- le redefinition of choices (Guidelines, II.2.). tion des Salzkammerguts für das vorge- schlagene europäische Netzwerk Als „main categories of instruments“ (beste- hende und mögliche Instrumente) können ge- Die „Guidelines for the Implementation nannt werden: • landscape planning: landsca- of the European Landscape Convention“ pe study plans included in spatial planning, • (2008) enthalten ausführliche Hinweise zu inclusion of the landscapes in sectoral poli- einer instrumentellen Umsetzung der Ziele cies and instruments, • shared charters, cont- der ELK. So wird „landscape action“ als eine racts, strategic plans, • impact and landscape Kombination von „Schutz, Management studies, • evaluations of the effects of opera- und Planung“ gesehen. Unter dem Unter- tions on landscape not subject to an impact punkt „Kriterien und Instrumente der Land- study, • protected sites and landscapes, • re- schaftspolitik“ benennen die Guidelines lationship between landscape and regulations die fundamentalen Arbeitsschritte (stages): concerning the cultural and historic heritage; 1. knowledge of the landscape: identifica- resources and finances, • landscape awards. tion, description and assessment, 2. de- finition of landscape quality objectives,

15 Im Explanatory Report wird darüber hinaus die ein genereller Planungs- und Entwick- Bedeutung der wissenschaftlichen Erfassung und lungsprozess (general planning and de- Bewertung der Landschaft als Grundlage für zu- velopment process) definiert, der den drei künftige Entwicklungen betont. Es werden daher Komponenten der europäischen Land- Forschung und Studien zur Erfassung der Cha- schaftspolitik („landscape action“) „pro- rakteristika, der Dynamiken sowie des Verände- tection, management and planning“ von rungsdruckes (pressures), der auf Landschaften Landschaften dient. „Landscape action“ lastet, eingefordert. Der Prozess der „identification“ wird als eine Kombination von „Schutz, im Sinne der ELK entspricht damit einem Prozess Management und Planung“ gesehen. der „Identifizierung, Beschreibung und Einschät- zung“, der die natürlichen und kulturellen Merk- Wichtig ist aber auch, dass Landschafts- male der Landschaft sowie deren Entwicklung belange im Rahmen des systematischen und die hier erkennbaren Wirkfaktoren erfasst. „landscape planning process“, angepasst an die verschiedenen administrativen Der Begriff „landscape unit“ betont die Wich- Ebenen, definiert werden. Im Zuge der tigkeit systematischer Bewertung eines Land- Vorbereitungsarbeiten für die oa. Ta- schaftsabschnitts aus dem Blickwinkel der gung in Bad Ischl erfolgte eine spezifische Landschaft als ganzer. Es wäre unzureichend, Grundlagenforschung und –sammlung nur einzelne Aspekte zu analysieren (wie im Hinblick auf das vorgeschlagene eu- z.B. den ökologischen, geographischen, his- ropäische Netzwerk. Zusammenfassend torischen oder optisch evidenten Aspekt). werden nun für ein spezifisches “Porträt” ausgewählte Methoden der Inventarisati- Zu den Landschaftsqualitätszielen: „Landscape on und Bewertung, Kartierungen, Materi- quality objectives“ werden im Artikel 1(c) defi- alien, Strategien der Pflege bzw. Schutzes niert: „’Landscape quality objective‘ means, for a zur Identifizierung und Inwertsetzung der specific landscape, the formulation by the com- Vielfalt, Charakteristik, Eigenart, Schönheit petent public authorities of the aspirations of the der Landschaften und Landschaftsberei- public with regard to the landscape features of che des Salzkammerguts als eine „Perle“ their surroundings“. Diese „landscape quality ob- im europäischen Netzwerk vorgestellt. jectives“ („Landschaftsqualitätsziele“) sollten auf den identifizierten Charakteristika, Qualitäten der Landschaft bzw. ihren Problemen und Potenzi- alen sowie der jeweiligen Wahrnehmung der 7. „Wahrnehmung” von Landschaft, Kultur- Landschaften durch die Bevölkerung aufbauen. landschaft und kulturellem Erbe durch die Bevölkerung – eine erste Einführung Ein zentrales Element der ELK ist das Monito- ring der Landschaftsveränderungen und der Abb. 2: Unsere Lebensräume und die Um- Effektivität der Maßnahmen. „It is essential to welt, wie sie im allgemeinen wahrgenom- have a means of monitoring landscape chan- menen werden. Ist das Kulturlandschaft? ges and the effectiveness of operations. This Die Graphik 1 (Abb. 2 links), stellt sehr an- should help in the process of reviewing and schaulich die im Allgemeinen wahrgenom- reformulating landscape quality objectives and menen Lebensräume dar. Der unmittelbare of redefining all phases of landscape policy Wohnraum des Einzelnen, der Bestandteil and its resources on a periodical basis.“ „At- von bebauten Gebieten mit unterschiedli- tainment of Landscape objectives by protec- cher Dichte in Dorf und Stadt ist. Beide Le- tion, management, planning and monitoring“: bensräume sind in der vereinfachenden Die Umsetzung der Landschaftspolitik wird als Graphik in eine Landschaft eingebettet, die

16 durch Landwirtschaft und sonstige Freiraum- nutzungen besonders und mehrheitlich ge- prägt ist. Sind all diese Lebensräume Kulturland- schaft? Unsere Lebensräume sind „alltägliche“ Umwelt und werden vielfach erst mit den Themen wie Landschaftserlebnis im Urlaub, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Umweltschutz, Klimawandel, Ressourcenknappheit, Baulan- dentwicklung, Zersiedlung, Zerstörung des Bo- dens etc. in den Vordergrund unserer Aufmerk- Abb. 2: Unsere Lebensräume und die Umwelt, wie sie im samkeit geschoben. Graphik 2 (Abb. 2 rechts): allgemeinen wahrgenommenen werden. Foto Autor: Cover von Jeschke: Die Betrachtungsebenen unserer Lebensräu- „Problem Umweltgestaltung“ (1982). Österreichisches Institut für Agrarpolitik und Agrarsoziologie. Linz, me, der Kulturlandschaft und ihrer Elemente (Krause 1986). Die von C. L. Krause gestaltete Skizze Abb. 2b, rechts, verdeutlicht die Not- wendigkeit der Betrachtung, Visualisierung und der Inventarisierung der Kulturlandschaft samt ihrer Teilelemente auf verschiedenen Ebenen. Nicht nur Einzelobjekte, Ensemble, historische Dorf- und Stadtgebiete auch größere Land- schaftsteile und Kulturlandschaftseinheiten und – Regionen lassen im geographischen, histori- schen und naturräumlichen Kontext betrachtet, die Charakteristik – die „Invidualität“ - von öster- reichischen Kulturlandschaften erkennen. Jede Inventarisierung und Klassifizierung setzt je- doch eine Spezifizierung der Maßstabsebene und der Zielsetzungen voraus. Das „Kulturland- schaftsinventar Österreich“® (Abb. 13) auf natio- Abb. 3: Kulturgütererhebung leicht gemacht; Fotos © Jeschke naler Ebene mit seinen Kulturlandschaftseinhei- ten und – regionen macht die Vielfalt sichtbar. Definition von Kulturlandschaft als ein von Men- Auf regionaler Ebene erfolgt die Identifizierung schen nach ihren Bedürfnissen eingerichteten der Kulturlandschaft bzw. ihrer historischen Kul- und angepassten Naturraum, der im Laufe der turlandschaftselemente z.B. im Rahmen eines Zeit mit einer zunehmenden Dynamik entstan- Kulturgüter- bzw. Kulturlandschaftsinformati- den ist und ständiger Veränderung unterliegt, onssystems. Das landschaftliche Erbe zählt da- leicht verständlich.(25) her auch zu den Kulturgütern, für das sich in Eu- ropa der Begriff der Kulturlandschaft etabliert Abb. 3: Kulturgütererhebung leicht gemacht – hat. Die Kulturlandschaft umfasst sowohl städ- Bilder aus einer Arbeitshilfe für ehrenamtliche tische als auch ländliche Bereiche und setzt Aktivisten (Kulturgüterdokumentation(26). Pilot- ein geschichtliches Verständnis des Raumes projekt des Europarates unter der persönlichen voraus. Sie entsteht in einer fortlaufenden Ent- Patronanz des Europarat - Generalsekretärs Dr. wicklung, die bis in die Gegenwart andauert Karasek). (1) Die Ansicht einer Marktsiedlung mit und hineinwirkt. Erst das Verständnis für dieses zwei Ortskernen, Gleisanschluß mit Bahnhof und Wirkgefüge ermöglicht es, die eigene Gegen- neuen Wohngebieten etc. als Graphik soll die wart zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. alltägliche Wahrnehmung „unserer Lebenswelt“ Damit wird auch historisch-geographischen verdeutlichen. (2) Der historisch-geographische

17 und denkmalplegerische „Blick“ beim Inven- tarisieren erkennt sofort zwei historische Orts- kerne (rot), historische Gärten (grün), Bahn- hofsviertel mit „Gründerzeitviertel“ (braun), Wallfahrtkirche und – kapelle mit Umge- bungszone (grün), Industriegebiet (violett), neuzeitliche Wohngebiete (beige) etc.. (3) Die gezeigten Gebiete und Objekte werden markiert und in einem Inventar beschrieben. Die Graphik (4) zeigt die topographische Dar- stellung des Inventars („spatial turn“) und der Ausschnitt einer Gemeinderaumplanungs- verordnung. (5) zeigt die Integration in die In- strumente der Raumordnung bzw. Umwelt- gestaltung mit verschiedenen Bauland- und Grünlandkategorien bzw. z. B. Grünlandwid- mung für Umgebungsschutzzonen.

8. Landschaft, Kulturlandschaft und kulturel- les Erbe – Hinweise zu der Notwendigkeit einer hierarchisierten Inventarisation

Abb. 4: Attersee Europarat-Ausstellung, Fotos © Jeschke Abb. 4: Eine Kulturgüterinventarisation und deren Integration in der kommunalen Pla- Abrantes. In: Ministerium für französische Kul- nung nach dem Schlüsselgrundsatz des Eu- tur, 1977. Europarat-Ausstellungskatalogs „Eine roparates „Integrated Conservation“ (1975) Zukunft für unsere Vergangenheit – Das bau- – ein Beispiel aus Oberösterreich. (1 links. liche Erbe Europas“. Die Ausstellung (mit der oben): „Umfassende Kulturgüterkarte Atter- Kulturgüterkarte Attersee) wurde in Amster- see“ (Ausschnitt) mit der Ortbildschutzzone dam (1975), Brüssel, Straßburg, Lissabon (1976), Attersee, Umgebungsschutzzone (3 links, Porto (1977) bzw. Abrantes gezeigt und gab unten) im Zusammenhang mit der Wall- einen interdisziplinären Überblick über exem- fahrtskirche Attersee und archäologischen plarische Aktivitäten zur Pflege, Schutz und Resten der karolingischen Pfalz sowie ge- Entwicklung des architektonschen Erbes in Eu- schützte Einzelobjekte und Pfahlbauzonen ropa (Ministerium für französische Kultur, 1977). etc. (2 rechts, oben): „Abgestimmte“ Festle- gung der Bau- und Grünflächen (z. B. Umge- Abb. 5: Einführende Hinweise zur ebenspe- bungsschutzzone im Zusammenhang mit zifischen Identifizierung von Landschaften, der Wallfahrtskirche Attersee) in der Flächen- Landschaftsbereichen, Landschaftsbildern und widmungsverordnung der Gemeinde. (4 -elementen am Beispiel des Landschaftsberei- rechts, unten): Gesamtansicht der Hauptortes ches des Markt Hallstatt. (1) Die Kulturlandschaft Attersee. Ausstellungstafel Attersee (Auszug) „Salzkammergut“ im Netz der Kulturlandschafts- der Europarat-Ausstellung „Eine Zukunft für gliederung Österreich (7 Kulturlandschaftsregi- unsere Vergangenheit – Das bauliche Erbe onen und 141 Kulturlandschaftseinheiten), (2) Europas 1975“ in Amsterdam (1975), Brüssel, Die Kulturlandschaftseinheiten, die zum „Salz- Straßburg, Lissabon (1976), Porto (1977) bzw. kammergut“ gehören, im regionalen Kontext,

18 Abb. 5: Landschaftsbilder und -elemente am Beispiel des Landschaftsbereiches des Abb. 7: Typenreihen österreichischer Kulturlandschaften, Foto © Jeschke Markt Hallstatt; Fotos © Jeschke, Federspiel, Oö. Musealverein

(3) Die „Salzkammergutplanung“ unter Landes- kulturellen Erbes der Stadt Bad Ischl im Rah- baudirektor Dipl.-Ing. A. Sighartner - Sicherung men eines Europarat – Pilotprojektes(27). (2) des Rohstoffes „Landschaft“ (Ausschnitt / Im Rahmen einer UNESCO – Bewerbung Steeg und Nordufer Hallstätter See, (4) Die „Great Spas of Europe“(28) wurde linien- und Schutzzone der UNESCO - Weltkulturerbekul- flächenhaften Strukturen, die Teil des Welt- turlandschaft Hallstatt - Dachstein/Dachstein, kulturerbes sein sollten, inventarisiert. (3) (5) Die Kulturgüterkarte Hallstatt in einer Über- Das Bild gibt einen Ausschnitt aus dem Gar- sicht, (6) Die Kulturgüterkarte Hallstatt mit 3 tenpflegewerk für den Historischen Garten Landschaftsbereichen, (7) Die Kulturgüterkarte „Kaiser Villa“ wieder. Hallstatt mit städtebaulich historischer Zonie- rung, (8) Detailinformationen zum „Amtshaus Hallstatt“. Bildnachweis: Autor, Federspiel, Oö. Musealverein. 9. Landschaft, Kulturlandschaft und kulturelles Erbe – Bezugssysteme zur Identifizierung in Europa, Österreich und Oberösterreich Abb. 6: Kulturgüterkataster Bad Ischl. (1) Für die Stadtgemeinde Bad Ischl hat Franz Federspiel Abb. 7: Typenreihen österreichischer Kul- in ehrenamtlicher Position 1988 den „Kulturgü- turlandschaften. Der ökologische Ansatz terkataster Bad Ischl“ erstellt, ein Inventar des zur Identifizierung von Kulturlandschaften

Abb. 6: Kulturgüterkataster Bad Ischl, Fotos © Jeschke, Stadtgemeinde Ischl

19 auf nationaler Ebene. Die Autoren(29) verfolg- ten einen landschaftsökologischen Ansatz um Raumtypen, die auf Grund ihrer Gestaltmerk- male mehrmals im österreichischen Bundesge- biet angetroffen werden können, zu identifizie- ren.

Abb. 8: Der kulturgeographische Ansatz zur Identifizierung von Kulturlandschaften auf nati- onaler Ebene. Das Salzkammergut im Netz der Kulturlandschaftsgliederung Österreichs mit den 7 Kulturlandschaftsregionen und 141 Kultur- landschaftseinheiten (Maurer 2001) Österreichs Abb. 8: Kulturgeographischer Ansatz, Foto © Jeschke, Hrsg. 2001 im Kulturlandschaftsinventar Österreichs.

Abb. 9: Der geomorphologische Ansatz zur Identifizierung von Kulturlandschaften auf Landesebene als Grundlage (H. Kohl). Bild- nachweis: Atlas von Oberösterreich (Erläute- rungsband und zu den Kartenblätter. Veröffent- lichungen zum Atlas von Oberösterreich/GBA.

Abb. 10: (1) Das Bezugssystem NALA der Oö. Naturschutzbehörde. (2) Der kulturgeographi- sche Ansatz zur Identifizierung von Kulturland- schaften. Die Kulturlandschaft „Salzkammergut“ Abb. 9: Geomorphologische Ansatz, Foto © Jeschke im Netz der Kulturlandschaftsgliederung Ober- österreich (nach Maurer). - Kulturlandschaftsin- ventar Österreich®

Abb. 11: Kulturlandschaftsregion Salzkammer- gut – Anteile landschaftsökologischer Kul- turlandschaften (Wrbka) an der Kulturland-

Abb. 10: Bezugssystem NALA, Foto © NALA; Jeschke, Hrsg. 2001 schaftsregion Salzkammergut (Maurer). Die ausgewählt Darstellung weist am Beispiel der Kulturlandschaftsregionen Salzkammergut (nach Maurer) auf die Möglichkeiten der Be- schreibung, Analyse und Bewertung im Zusam- men-hang mit der landschaftsökologischen Kulturlandschaftstypenreihe (nach Wrbka et al.) hin. Bearbeitung H. Kutzenberger. Kulturland- schaftsinventar Österreich - KLIÖ.

Abb. 11: Kulturlandschaftsregion Salzkammergut, Foto © Jeschke

20 10. Das Salzkammergut, seine Vielfalt, Charak- › Umfassende sozioökonomische Abschot- teristik, Eigenart, Schönheit der Landschaf- tung, rechtliche und fiskalische Sonderstellung ten und die Miniatur im Waldbuch (!) des bewirken „besonderen“ Charakter des Kam- Salzamtes Gmunden 1630-1634 (Die „Vier mergutes und seiner Kulturlandschaft, Hauptstücke des ganzen Salzwesens“) als › Landnutzungssystem auf „absolute Salz- ein zentraler Ausgangspunkt wirtschaft“ ausgerichtet,

„Vier Hauptstücke des ganzen Salzwesens“ - Das System der „absoluten Salzwirtschaft“ im Gestützt auf die Abbildungen Nr. 11 - 13 wird Salzkammergut - weitere Hinweise zu histori- nun versucht, im Sinne einer Einführung schen Kulturlandschaftselementen und –spuren schlaglichtartig das Salzkammergut und Wegen der Jahrhunderte langen Dominanz damit auch im Zusammenhang das Welt- des Salzwesens im Salzkammergut und kulturerbelandschaftsgebiet mit ausge- dessen großräumige verschiedene Wirt- wählten wichtigen historischen Kulturland- schaftsregionen (Salzkammergut als Pro- schaftselementen zu skizzieren, wobei im duktionraum und Südböhmen als Abneh- Text soweit wie möglich ein direkter Bezug merregion) erfassende Vernetzung bei den zu den Abbildungen im Waldbuch gesucht Habsburgern ist es notwendig, die Spurensu- wird. Es wird damit einer der wichtigste che so zu gestalten, dass das System der „ab- Gesichtspunkte zur regionalen Einordnung soluten Salzwirtschaft“ durch die folgenden der Vielfalt, Charakteristik, Eigenart, Schön- Elemente verdeutlicht wird: Bauten der • Pro- heit der Landschaften vorgestellt, der sich duktion (Untertageanlagen, Sudhäuser etc.), aus der Miniatur („Vier Hauptstücke des der • Verwaltung (Sitz des Salzamtmannes ganzen Salzwesens“) im Waldbuch (!) des und der Kammergutsverwaltung in Gmun- Salzamtes Gmunden 1630-1634 auch im den, Amthäuser etc), des • Handels (Auf der Hinblick auf die Geschichtlichkeit der Land- Spurensuche nach den Bauten des Handels schaft ableiten läßt. verlassen wir das Salzkammergut und ver- folgen das unter dem Sammelnamen „Gm- Erst durch den Gesamtbezug zur Geschich- undner Salz“ auf dem Markt kommende Salz te und dem historischen Landschafts- bis zu den Ladestätten Oberösterreichs (St. nutzungssystem wird die Eigenart des Peter/Zizlau, Linz, Enns, Enghaben, Markthau- Salzkammergutes und des UNESCO-Welt- sen, Freistadt) und Niederösterreichs (13 Salz- kulturerbelandschaftsgebietes verdeutlicht. ladestätten) , von wo es dann in den Fern- Die historische Entwicklung kann mit fol- handel, vornehmlich in Richtung Böhmen genden Stichworten schlagwortartig mar- gelangte) und des • Transportes (> Bauten kiert werden. und Routen für Holz-, Sole- und Salztransport. >Anlagen für den Holztransport (Holztrift) – - Vom Pachtsystem und erblichen Rechten Riesen, Klausen und Rechen; >Seewasserbe- von Privatpersonen bei der Salzgewin- wirtschaftung und Schifffahrt – Die Hallstätter nung zum einheitlich organisierten Wirt- Seeklause in Steeg; >Soleleitung ; > Verkehrs- schaftsraum und „Salzwirtschaftsstaat“ wege des Salztransportes (Transport des • Der Begriff „Salzkammergut“ ein feudal- Salzes aus den Sudstätten Hallstatt, Ischl und rechtlicher Begriff, führte mit Schiffen und Flössen über › Landesfürstliche Verordnungen (Li- den Wasserweg (, ) bis nach belle) und Waldordnungen, Linz bzw. Mauthausen sowie mit Pferdefuhr- › Ein „verstaatlichtes“ Salzwesen und werk bis zum Hauptsalzstapelplatz Budweis der „Salzwirtschaftsstaat“ (A. Hoff- in Böhmen (um 1800 ca. 18.000 zweispännige mann), Pferdefuhren für ca. 320.000 Salzfässer). Die

21 weitere Spurensuche führt daher zur Salz- Detail aus. Durch den aufkeimenden Touris- schifffahrt auf der Traun). mus wuchs das allgemeine Interesse an Land- schaftsbildern, die zu beliebten Andenkenar- - Kurmittel aus dem Salzberg als Auslöser des tikeln wurden. Es gab Einzelblätter und ganze Tourismus im 19. Jahrhundert und einer weiteren Serien nach Zeichnungen z.B. des Salzbergzu- Überformung der Kulturlandschaft sehers Joseph Laimer (Sohn der Maria Susanna • Salz als neues Kurmittel, Laimer), des Michael Edlinger und des Kanzlis- • Ischl im Biedermeier: Die Heilkräfte der ten im Salzoberamt Carl Ritter. Die Technik des Sole und der Aufstieg zum Modebad. Steindruckes (Lithographie) ermöglichte an- sprechende Vervielfältigungen. In den meisten - Die Epoche der Gründerzeit und des 29 Reisebeschreibungen des ausgehenden Historismus: 18. Jahrhunderts und beginnenden 19. Jahr- • Ischl - Sommerdomizil des Kaiser Franz Josef, hunderts sind daher Illustrationen der Salinen- • Die europäische Stilepoche des Historis- zeichner zu finden – in dem schon erwähnten mus hält Einzug in das Salzkammergut. Werk von Schultes 1809 z.B. auch in Delabor- des „Voyage pittoresque“ (1821) und bei Satori Die Salinenzeichner - Vorläufer der biedermei- „Die Österreichische Schweiz oder malerische erlichen „Landschaftskunst“ und Mitwirkende Schilderung des Salzkammergutes in Öster- bei den Reise- und Ausflugsbeschreibungen, reich ob der Enns“ (1813). Die Salinenzeichner Wegbereiter des Salzkammerguttourismus waren damit die Vorläufer der biedermeierli- chen „Landschaftskunst“ und Mitwirkende bei In dem 1809 in Tübingen erschienenen Reise- den Reise- und Ausflugsbeschreibungen, Weg- beschreibung „Reisen durch Oberösterreich bereiter des Salzkammerguttourismus in den Jahren 1794, 1795, 1802, 1803, 1804 und 1808“ waren fünf Kupferstiche von Salzkam- Abb. 12: Die „Vier Hauptstücke des ganzen Salz- mergutansichten enthalten, die von der Ischler kammerguts“. Ein Einblick in das System der mit- Zeichnerin Maria Susanna Laimer (1797 - 1827), telalterlichen Salzgewinnung als eine der prä- der überaus begabten Tochter des ebenfalls genden Kräfte: (1) Das Cover der einschlägigen als Zeichner und Kupferstecher bekannten Publikation des Oö. Musealvereins zeigt eine Mini- Ischler Bergmeisters Daniel Kessler, stammten. atur aus dem Waldbuch des Gmundner Salzam- Beide gehörten zu der ca. 12 Personen umfas- tes (1630-1634), in der wir rund um das Medaillon senden Gruppe der „Salinenzeichner“, die zwi- mit dem Bild Kaiser Ferdinand II die Systemkom- schen 1780 und 1825 wirkten und wegen ihrer Verbundenheit mit dem Salzwesen bzw. we- gen des Dienstverhältnisses als solche bezeich- net wurden (Prillinger, 1978). Besonders können hier etwa die Ansichten aus der Gegend um Hallstatt zwischen 1780 und 1790 von Johann Engleitner, ein dem Lauf der Traun zwischen Hallstatt und Gmunden darstellenden Panora- ma von Michael Kefer oder die vielen Vedou- ten und Ortsansichten (Aussee, Hallstatt, Gosau, Gosauzwang, Goisern, Lauffen, Ischl, Ebensee und Gmunden) von Matthaus Baumgartner er- wähnt werden. Ihre Werke, intensiv rezipiert, zeichneten sich durch die Genauigkeit in der topographischen Darstellung und Treue zum Abb. 12: Vier Hauptstücke des ganzen Salzkammerguts, Foto © Oö. Musealverein

22 Abb. 13: Übersichtskarte der „Region Salzkammergut“, Foto © Oö. Musealverein Abb. 14: Kulturlandschaftsregionen und -einheiten, Foto © Jeschke ponenten finden: (2) oben links Hallstatt („Salz- (Landgericht Wildenegg), und • (V) dem „Salz- berg“); oben rechts Gosaumühle („Waldwesen“) burgischen Salzkammergut“, bestehend aus den und Steeg; unten links Langbath-Ebensee („Pfann- Gemeindegebieten von Strobl, Zinkenbach, St. hauswesen“ – Sieden der Sole) und unten rechts Gilgen und Fuschl. [Anmerkung des Verfassers: Gmunden („Salzverschleiß zu Wasser und Land“) Fuschl hatte früher keinerlei Beziehung zum Salz- (vgl. Marchetti/Hufnagl, 1992). kammergut].

Abb. 13: Übersichtskarte der „Region Salzkam- Abb. 14: Kulturlandschaftsregionen und -ein- mergut“ nach A. Hoffmann und Franz C. Lipp (F. C. heiten® – Die Landschaftsgliederung Salz- Lipp, 1981) mit Hinweisen zu den Pfleggerichten. kammergut im Kulturlandschaftsinventar Ös- Die beiden Autoren unterteilen das Salzkammer- terreich® (Jeschke Hrsg. 2001). Hingewiesen gut in zwei, heute weitgehend integrierte Kultur- wird auf die Einheiten 014 Oberer Attergau und landschaftszonen: Das östliche Salzkammergut Mondseeland, 015 Äußeres Salzkammergut, mit • (I) dem „inneren“, das ist mit dem historischen 016 Inneres Salzkammergut sowie ST 1 Ausseer alten Salzkammergut, identisch mit dem histori- Land. Die Grenzziehung zwischen den Einhei- schen „Ischlland“ = Pfleggericht Wildenstein, • (Ia) ten – eigentlich Landschaftssäume – sind im das Gosautal nimmt durch seine engen hist. Be- Hinblick auf die Gemeindegrenzen Österreichs ziehungen zu eine gewisse Sonderstel- generalisiert dargestellt. (Maurer, 2001). Damit lung ein. Gemeindegrenzen punktiert. • (II) dem können auch statistische Daten (Bevölkerung, „Steirischen Salzkammergut“, bestehend aus dem Wirtschaft etc.) für die Beschreibung und Ana- Pfleggericht Pflindsberg (Ausseer Land) und dem lyse (vgl. Abb. 38) verwendet werden (Kultur- Pfleggericht Hinterberg (IIa), • (III) dem „Äußeren landschaftsinventar Österreich®. Jeschke Hrsg. Salzkammergut“, bestehend aus der alten „Graf- 2001 schaft Ort“, der „Viechtau“ und der „Hofmark“ (IIIa, „Widmungsbezirke“) und dem Almtal (Pflegge- richt , IIIb) Widmungswaldgebiet. Das westliche Salzkammergut, bestehend aus • (IV) Mondseeland und Attergau, mit (Iva) dem zum Mondseeland gehörigen, aber geographisch getrennten Gemeindegebiet von St. Wolfgang

23 11. Assoziative Bedeutungen der historischen Aspekte seien herausgegriffen: • Franz von Kulturlandschaft „Salzkammergut- Dach- Hauer (1822–1899) legte einen Grundstein zur stein/Salzkammergut“ und die zugehöri- paläontologischen Forschung in den alpinen gen immateriellen Werte, die kausal mit Gebirgen Eurasiens. • Edmund Mojsisovics von der Kulturlandschaft verbunden sind, sind Mojsvár (1839–1907) schuf mit seinen Monogra- Teil des Kulturlandschaftkonzeptes der phien der Hallstätter Ammoniten eine Grundla- UNESCO. ge der heute international gültigen Gliederung der Triaszeit. • August Emanuel Reuss (1811– In der Welterbekonvention 1972 (UNESCO, 1873): Erstbeschreibung zahlreicher Gosau-Fos- 1972 und Republik Österreich, 1993) bzw. silien und Mitbegründer der Mikropaläontolo- den weiterführenden Richtlinien sind, wie gie. • Erich Spengler (1886–1962): Grundlagen schon erwähnt, im Rahmen der Schutzka- zu den Grundprinzipien der Deckentektonik. tegorie „Kulturlandschaft“ drei große Kate- • Friedrich Simony (1813–1896) betrat 1840 als gorien angeführt. Das genannte Konzept erster Wissenschaftler und späterer Gründer umschließt damit auch immaterielle Werte, des Lehrstuhls für Geographie (1851–1885) in die assoziativen Bedeutungen, die kausal Österreich erstmals das Karls-Eisfeld des Dach- mit der Kulturlandschaft verbunden sind. steingletschers. Damit begann eine 50jähri-

Abb. 15: Die assoziative Bedeutung der UNESCO-Weltkulturerbelandschaft Hall- statt-Dachstein/Salzkammergut. (1-2) Fer- dinand Georg Waldmüller (1793–1865), Maler, Professor an der Wiener Akademie und Kunstschriftsteller bzw. Franz Steinfeld (1787–1868), Jakob Alt, Rudolf von Alt, Fried- rich Gauermann und Franz Steinfeld stehen für den Beginn der romantischen „Land- schaftskunst“. Das „Kammergut“ verkörper- te ein Ideal des neuen Zuganges zur Natur, deren Abbilder wurden Ikonen des neuen Weltbildes. (3) Das Salzkammergut als „Ide- al“ der Landschaftsliteratur von Weltbedeu- tung. Adalbert Stifter (1805–1868) hat die reine Natur als Wurzel menschlichen Seins poetisch vorgestellt. (4-8) Das Dachsteinge- biet, weltweit namengebend für wichtige Gesteine des Erdmittelalters. Die frühe Be- achtung durch Naturforscher bzw. „Geog- nosten“ verdankt das Dachsteingebiet dem Salzabbau sowie dem Fossilreichtum in der Umgebung des Hallstätter Salzbergs und in der Gosau. Dazu kommen auch seine weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte landschaftliche Formenvielfalt und Schön- heit sowie der große Reichtum an Gesteins- schichten bzw. deren Vielfalt am Anteil der Abb. 15: Assoziative Bedeutung der UNESCO-Weltkulturerbelandschaft, nördlichen Kalkalpen. Folgende Personen/ Foto © Oö. Musealverein

24 ge wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Analogie zu „Stadt als Gesamtbauwerk“. dem Phänomen „Alpen und Gletscher“ bzw. (12) Hallstatt, namengebend für die be- der Gletscher- und Eiszeitforschung in Europa. herrschende Kultur(30) Mitteleuropas in (9) Die erste Überlandbahn des europäischen der frühen Eisenzeit - Das chronologische Festlandes in einem Mittelgebirge – Das Na- System für die europäische Prähistorie turraumpotential Salz als Schrittmacher des mit zwei Großbereichen der Hallstattkul- kontinentalen Eisenbahnwesens. Aus der Not- tur (Westhallstattkreis und Osthallstattkreis). wendigkeit, den Transport auf beschwerlichen Der Fundplatz Hallstatt widerspiegelt Kul- Salzstraßen zwischen der Traun/Donau und turmerkmale und Formen beider Kreise Moldau/Böhmen (Hauptsalzstapelplatz Bud- (Bildnachweis Angeli, 1981). weis) durch ein modernes Verkehrsmittel zu ersetzen, erwuchs die erste Bahnlinie Ober- österreichs und damit die erste Überlandbahn des europäischen Festlandes in einem Mittel- 12. Inventare, Kartierungen und Bewertungs- gebirge mit der Schmalspurweite von 1106 mm grundlagen für Vielfalt, Eigenart, Schönheit (Linz–Budweis (1832) und 1836 bis Gmunden) von Landschaften, Orts- und Landschafts- zur Verbindung zweier Regionen. (10) Peter bildern - ausgewählte Hinweise Ritter von Rittinger´s (1811–1872). Erfindung des Thermokompressionsverfahrens zur Salzge- Abb. 16: Die Vielfalt der Landschaftsbilder winnung und damit auch erstmalige techni- (I) – Hinweise zu Schutzzonierungen für sche Anwendung des Prinzips der Wärme- charakteristische Orts- und Landschaftsbil- pumpen, die aus dem heutigen Alltag weltweit der. (1) Kulturgüterkarte (Teil I): Schutzge- nicht mehr wegzudenken sind. Darüber hinaus biete des Marktes Hallstatt (Arbeitsgruppe eröffnete das Verfahren einen neuen Weg der Alpen-Adria(31) und Amt der Oö. Landesre- Salzgewinnung, weg von der waldbedrohen- gierung. Oö. Raumordnungskataster/Teilbe- den hin zur umweltfreundlichen Industrie. (11) reich Kulturgüter- und Ortsbildkataster (1985)). Sicherung des Rohstoffes „Landschaft“ durch (2) Kulturgüterkarte (Teil I): Historischer Kultur- die „Salzkammergutplanung“. Alfred Sighart- landschaftsschutzbereich ‘Seeklause Steeg ner (1882–1965), erster Landesbaudirektor von am Hallstätter See’ (Jeschke 2020). (3) Kulturgü- Oberösterreich nach dem Zweiten Weltkrieg terkarte Stadt Gmunden (Teil I): Schutzzonen und Pionier der Raumplanung entwickelte im der Stadt Gmunden (Amt der Oö. Landesre- Zuge der „Salzkammergutplanung“ (erste ös- gierung. 2. Raumordnungsbericht. Oö. Kultur- terreichische Regionalplanung in den Jahren güterinformationssystem. Schriftenreihe 1980). 1947–1949) ein Modell zur Sicherung des Roh- stoffes „Landschaft“ mit dem methodischen Abb. 17: Die Vielfalt der Landschaftsbilder (II) – Konzept „Landschaft als Gesamtbauwerk“ in Marktgemeinde Hallstatt (1) Kulturgüterkarte

Abb. 16: Vielfalt der Landschaftsbilder (I), Foto © Jeschke

25 Abb. 17: Vielfalt der Landschaftsbilder (II), Foto © Federspiel, NHM Reschreiter

Übersicht. (2) Inventarisierungzonen. (3) Schutz- der Flächenbundesländer Österreichs Allein- zonen des Kernbereiches. (4) Gebäudenut- stellung. In der Abbildung ist ein Auszug für die zung, (5) Gebäusezustand. (6) Baualter und (7) technische Denkmalanlage „Seeklause Steeg“ Genese des historischen Wegenetzes (Feder- (Marktgemeinde Bad Goisern) mit den beiden spiel, „Kulturgüter-Datenbank Salzkammergut“). Anlageteilen „Polster“ der Klause Steeg und (8) Archäologische, prähistorische Fundgebie- Klauswärterhaus (2 - 3) wiedergegeben. Dieses te (NHM Reschreiter). Denkmal hat für das Salzkammergut und we- gen seiner Größe und erhaltenen Funktionsfä- Abb. 18: Franz Federspiel´s „Kulturgüter-Da- higkeit für Europa eine Alleinstellung. tenbank Salzkammergut“. Die „Kulturgüter-Da- tenbank Salzkammergut“ (1) von Franz Fe- derspiel(32) ist eine, in ehrenamtlicher Position erstellte EDV-basierte Erweiterung der 1988 im Rahmen einer abgeschlossenen/überge- benen Kulturgüter-Erhebung für die Stadtge- meinde Bad Ischl (Pilotprojekt des Europarates unter der persönlichen Patronanz des Euro- parat - Generalsekretärs Dr. Karasek (Träger: Projektgruppe Raumordnung im Oö.VBW) auf das gesamte Salzkammergut. Der „Kulturgüter- kataster Bad Ischl“ hat unter den Gemeinden Oberösterreichs und die „Kulturgüter-Daten- bank Salzkammergut“ hat unter allen Bezirken Abb. 18: Kulturgüter-Datenbank Salzkammergut, Foto © Federspiel

26 13. Inventarisierung der Naturraumpotentiale Die Grundlagenforschung lieferte die systema- von Landschaften und Identifizierung der tische Basis für eine nachhaltige und ökologisch Vielfalt, Eigenart, Schönheit von Landschaf- orientierte Raumordnungs-, Umweltplanungs- ten, Orts- und Landschaftsbildern bzw. der und Kulturlandschaftspolitik. Folgende Kom- Biodiversität, Erholungseignung etc. - aus- ponenten wurden erfasst: • Biotisches Ertrags- gewählte Hinweise zu Ergebnissen der Oö. potential (Bodenkartierung / Bundesanstalt für Naturraumpotentialkartierung als Grundla- Bodenwirtschaft und Waldfunktionen der Wal- genforschung für Landschafts- und Land- dentwicklungspläne); • Biotisches Regenera- schaftsrahmenplanung in Oberösterreich tionspotential/ Naturschutzpotential (Inventar der schützens- und schonenswerten Naturob- Auf nationaler Ebene wurde die österrei- jekte samt Oö. Naturschutzbuch und Ergebnisse chische Naturraumpotentialforschung als der Landschaftsplanung); • Landschaftsbeding- Grundlage für die Identifizierung der Land- tes Erholungspotential; • Klima (Oö. Klimakatas- schaftsfunktionen 1986 fixiert. Nach dem ter / Oö. Klimaatlas + Oö. Klimatographie (Auer, Konzept zur „Erfassung und Bewertung des I. et al. (1998): Klimatographie und Klimaatlas Naturraumpotentials zur objektiven Festle- von Oberösterreich (Bd. 2) und Klimaatlas (Bd. gung prioritärer Nutzungen“ (Beschluss der 3) Oö. Musealverein – Beiträge zur Landeskun- Bundesregierung vom 8.8.1986, Bundesmi- de von Oberösterreich. Naturwissenschaftliche nisterium für Handel, Gewerbe und Indust- Reihe II (Projektleitung Rudel, E. und Jeschke, rie, Wien) wurden in einer Bund-Länder-Ar- H. P.)) und Oö. Windenergiekarte), • Baugrund- beitsgruppe „Empfehlungen zur Erstellung risiko und • Geogenes Rohstoffpotential. Aus von Naturraumpotentialkarten“ (Vorsitz: K. den die genannten Aspekte umfassenden, in Wagner (Vertreter des Bundes) und H. P. verschiedenen Maßstabsebenen realisierten Jeschke (Vertreter der Länder)) im Rahmen Darstellungen der Landschaftsfunktionen, sei der Österreichischen Raumordnungskon- die landesweite digitale Oö. Geologische Kar- ferenz (ÖROK) am 7. 4. 1988 beschlossen te im Maßstab 1: 20.000 (!), die Kartierung der (Jeschke 1989 und Jeschke, Hrsg. 1997). Für Bodenbonitätsstufen durch das Bundesamt für Oberösterreich bildete der Beschluß der Bodenwirtschaft (M.: 1: 200.000 und 20.000) so- Bundesregierung den Anlass für die Kon- wie die Kartierung der landschaftsbedingten zeption der flächendeckenden “Oö. Na- Erholungseignung in verschiedenen Teilkom- turraumpotentialkartierung“ (Jeschke 1988 ponenten im M.:1:200.000 (Bernt und Pauer und 1998) im Rahmen des Oö. Raumord- 1985) besonders herausgehoben). nungskatasters(33). Dabei wurde das Kon- zept eines umfassenden Kulturlandschafts- Die Naturraumpotentialkartierungen lieferte katasters (Landschaftsfunktionen nach dem daher insbesondere Grundlagendaten für die Naturraumpotentialansatz in Verknüpfung damals beginnende Landschaftsplanung und mit den kulturgeographischen bzw. his- Landschaftsrahmenplanung in Oberösterreich torisch-geographischen sowie kulturgü- und gleichzeitig auch die Datenbasis für Bewer- terbezogene Kartierungen) flächende- tungsmodelle des Oö. Rohstoffsicherungskon- ckend für Oberösterreich und damit das zeptes (Jeschke, H. P. (1992): Strategie der Roh- Salzkammergut verfolgt. Die Abfragen stoffsicherung, Hinweise im Zusammenhang durch Planungsträger, Ziviltechniker und mit Raumordnung und Raumforschung. - Sand sonstige Interessenten gemäß dem ge- und Kies aktuell, H. 11/92, Wien, S. 1 3). Für das setzlichen Auftrag (Oö. Raumordnungsge- Salzkammergut liegen unter anderem daher setz) erreichten bereits vor Einführung der folgende Unterlagen vor: • Kutzberger, H. und GIS-Technologie bis zum Jahr 1995 rund Kutzenberger, G. (1998): Grundzüge eines Land- 57.000 Daten- und Materialausgaben. schaftsrahmenplanes als landschaftsplaneri-

27 scher Beitrag zu einem Pflegewerk für die His- schaftstypen“ der (ÖIR). In der Karte „Vorherr- torische Kulturlandschaft „Hallstatt - Dachstein / schende Landschaftstypen“ werden folgende Salzkammergut“ – Naturraumpotential. (Büro für Typen als räumliches Bezugsystem identifiziert: Ökologie und Landschaftsplanung / Bibliothek). • Agrarlandschaft mit geringem Anteil an Wald- • Kutzberger, H. (1998): Ein Landschaftsrahmen- und Wiesenflächen, • Wiesenlandschaften, • plan als Teil eines Kulturlandschaftspflegewer- Wald-Wiesenlandschaften, • Aulandschaften, • kes. In: Jeschke, H. P. (2002): Das Salzkammergut Waldlandschaften und Forste in ebener Lage, und die Weltkulturerbelandschaft Hallstatt-Dach- • Waldlandschaften im Berg- und Hügelland, stein/Salzkammergut - Grundlagenforschung, • Hochgebirgslandschaft, • Steilwände bzw. Kulturlandschaftspflegewerk und Monitoring. -abfälle, • Gletscher, • stehende Gewässer, • Musealverein Linz. S. 339 – 358. geschlossene Ortschaften, • ausgewähltes Flußnetz, • Tallandschaften bzw. • bedeuten- Abb. 19: Landschaftsbedingte Erholungs- und dere Engtäler, Klammtäler. Die Landschaftsty- Tourismuseignung: Oö. Naturraumpotenti- pen sind durch die jeweils dominierende alkartierung – Karte „Vorherrschende Land- landschaftsbestimmenden Flächennutzung sowie morphologische Gestaltung charakteri- siert. In den weiteren Arbeitsschritten erfolgte die Landschaftsbewertung durch zahlenmä- ßige Einschätzung (Wertestufen) der touristi- schen Bedeutung der jeweiligen Kombination Landschaftselement (Relief, Klima, Gewässer, Nutzungsarten, Wald, Siedlung) und wich- tige Nachfrageform des Tourismus (Erho- lungsaufenthalte im Sommer, Sommersport, Erholungsaufenthalt im Winter, Wintersport. Autotourismus, kulturelles Interesse, Besichti- gungen). Die hier erfaßten Landschaftsberei- che und damit fachspezisch in Wert gesetz- ten Raum- bzw. Landschaftskategorien sind für Abb. 19: Oö. Naturraumpotentialkartierung – Karte „Vorherrschende Land- schaftstypen", Foto © Fachbibliothek ÖIR Wien. den Schutz der Erholungseignung unabding- bar. Die Ergebnisse der Gesamtbewertung der Tourismuseignung wurden in einer Kar- te mit einer 9-stufigen Zonierung, mit Einstu- fung der einzelnen Teilgebiete entsprechend der erreichten Gesamtpunktezahl, dargestellt.

Abb. 20: Landschaftsbedingte Erholungs- und Tourismuseignung: Teileignung für Routen- und Besichtigungsverkehr. In der topographische Karte/ Inventar sind • „allgemeine Attraktivität, • besonders sehenswerte Naturobjekte und Ge- biete mit spezieller landschaftlicher Erholungs- eignung bzw. • besonders sehenswerte Orts- bilder und Bauten in detaillierten Spezifikationen (vgl. Legende) in ihrer Bedeutungsabstufung ausgewiesen und topographisch bewertet (Oö. Abb. 20: Landschaftsbedingte Erholungs- und Tourismuseignung, Foto © Fachbibliothek ÖIR Wien Naturraumpotentialkartierung – Landschaftsbe-

28 dingte Erholungs- und Tourismuseignung: Teil- 14. Der Klimaatlas im Rahmen der Oö. Natur- eignung für Routen- und Besichtigungsverkehr. raumpotentialkartierung

Abb. 21: Landschaftsbedingte Erholungs- und Abb. 22: Der Oö. Klimaatlas. Mit den 2 Bänden Tourismuseignung: Teileignung für Sommerur- „Klimatographie und Klimaatlas von Ober- laubsaufenthalte. Oö. Naturraumpotentialkar- österreich“ (Oö. Musealverein (Beiträge zur tierung – Landschaftsbedingte Erholungs- und Landeskunde) und Zentralanstalt für Meteo- Tourismuseignung. In der topographische Kar- rologie und Geodynamik) wurde die erste te sind • Gebiete und Regionen mit der Eignung systematische und vollständige Bearbeitung für nicht wassergebundene Sommergrundakti- des Klimas von Oberösterreich seit 1923 als vitäten, • Gebiete und Regionen mit der Eig- ein Markstein der Rohstoff- und Naturraum- nung für wassergebundene Sommergrundak- potentialforschung der Bund-Bundesländer tivitäten an den größeren Seen, • Gebiete und –Kooperation vorgelegt. In dem Band „Kli- Regionen mit der Eignung für spezielle wasser- matographie“ (1) wurden folgende Themen gebundene Aktivitäten bzw. • Sonstiges: Orte bearbeitet: 1 Lufttemperatur- Bodentempe- in reizvoller Lage (vgl. Legende) in ihrer Bedeu- ratur - Wassertemperatur. 2 Luftfeuchte. 3 tungsabstufung ausgewiesen. Bildnachweis: Bewölkung - Nebel. 4 Niederschlag. 5 Neu- Fachbibliothek ÖIR Wien.14 Der Klimaatlas im schnee und Schneedecke. 6 Verdunstung. Rahmen der Oö. Naturraumpotentialkartierung. 7 Luftdruck. 8 Wind. 9 Sonnenscheindauer und Globalstrahlung. 10 Phänologie. (2) Aus dem Band „Klimaatlas“ ist eine der phänolo- gischen Karten „Süßkirsche: Beginn der Blü- te (1983 – 1996)“ (Ausschnitt Salzkammergut) wiedergegeben. Die Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wie- derkehrenden Entwicklungserscheinungen in der Natur im Kontext der Ökologie und Biogeographie. Die Eintrittszeiten charakte- ristischer Erscheinungen werden in einem „phänologischen Kalender“ festgehalten. Dieser unterteilt das „phänologische Jahr“ in physiologisch-biologisch begründe- te zehn „phänologische Jahreszeiten“ und orientiert sich an charakteristischen Ent- Abb. 21: Landschaftsbedingte Erholungs- und Tourismuseignung, Sommeraufenthalte,, Foto © Fachbibliothek ÖIR Wien wicklungsstadien typischer Pflanzen (phä- nologischer Zeigerpflanzen) und an dem Verhalten der Tiere. Die Phänologie ist im Besonderen ein leistungsfähiges Eichwerk- zeug für Klima- und Wettermodelle und Klimawandelforschung. Von den zahlrei- chen phänologischen Zeigerpflanzen aus dem Bereich der Nutzpflanzen (Landwirt- schaft und Obstbau) ist hier die Kartierung der Süßkirschenblüte wiedergegeben.

Abb. 22: Der Oö. Klimaatlas, Foto © Jeschke

29 15. Das Georisiko/Naturraumrisiko im Rahmen der Oö. Naturraumpotentialkartierung

Abb. 23: Das Georisiko im Rahmen der Oö. Naturraumpotentialkartierung. Im Rah- men der Oö. Naturraumpotentialkartierung wurde auch das Georisiko erhoben(34) und eine Alarmkartei für Gemeinden Oberös- terreichs (H. Pirkl) entwickelt, eine Basis für die Baugrundrisikokarten im M 1: 20.000 für Oberösterreich. (23a): Darstellung des Na- turraumrisikos in Österreich – Vorläufige Klassifizierung der Gemeinden (H. Pirkl). Im Abb. 23a: Darstellung des Naturraumrisikos in Österreich – Vorläufige Klassifizierung Bereich des Salzkammerguts sind folgende der Gemeinden, Foto © Archiv H. Pirkl /Oö. Musealverein Kategorien in der Darstellung: „Bergsturzri- siko und Böschungsausgleitungen“ (gelb), „Bergsturz- und hohes Rutschungsrisiko“ (violett mit waagrechter Schraffur) und „Ho- hes Bergsturz- und hohes Rutschungsrisiko“ (dunkelviolett) zu finden. (23b): Anschät- zung des potentiellen Oberflächenabflus- ses bei Starkregen im Inneren Salzkammer- gut (H. Pirkl).

16. Ausgewählte prägende Elemente in den

Landschaften, der Vielfalt, Eigenart, Schön- Abb. 23b: Anschätzung des potentiellen Oberflächenabflusses bei Starkregen im heit von Landschaften, Orts- und Land- Inneren Salzkammergut, Foto © Archiv H. Pirkl /Oö. Musealverein schaftsbildern - ausgewählte Hinweise

Abb. 24: „Amtshäuser“ - die Bauten der salz- seit 1600 ein eigenes Amtshaus, das bis 1878 wirtschaftlichen und obrigkeitlichen Ver- Sitz des Verwesamtes blieb und heute als Hei- waltung. (1) Gmunden. Als Sitz des Salzamt- mat- und Zeitgeschichtsmuseum dient. (5) Das mannes und der Kammergutsverwaltung barocke Amtshaus von Hallstatt wurde nach konnte sich Gmunden bis in das 19. Jahr- dem Marktbrand in den Jahren 1751/52 als hundert als erster Ort des Salzkammergu- mächtige, dreigeschossige Anlage mit Mans- tes behaupten. Der sogenannte Kammer- ardwalmdach errichtet. (6) Das Amtshaus in hof (1) an der Traunbrücke aus der Zeit der Bad Ischl ist als monumentaler Neubau der Jah- Spätgotik, 1850-1868/69 k. u. k. Salinen- und re 1840/41 in der Wirerstraße erhalten. Forstdirektion für Oberösterreich und nach der umfassenden Renovierung seit 1971 Mu- Abb. 25: Schlösser und Villen im Salzkammer- seum und Kulturzentrum (2), gehört daher gut (I). Viele Bauwerke, insbesondere auch zu den bedeutendsten Denkmalen dieses Villenbauten, Schlösser und städtebauliche Bereiches. (3) Der im Kern mittelalterliche Maßnahmen im Stil der "Gründerzeit" bzw. His- und heute als Museum adaptierte Kam- torismus überformten in einem bedeutenden merhof in Bad Aussee. (4) Ebensee besaß Maße die Kulturlandschaft des Salzkammer-

30 gutes. Stellvertretend können unter anderem genannt werden: (1) Die Kaiservilla in Bad Ischl, das Sommerdomizil von Kaiser Franz Josef I. (2) Schloß Grub am Hallstättersee in . (3) Villa Toscana in Gmunden. (4) Schloß Traun- see in Altmünster und (5) Schloß Cumberland in Gmunden, jeweils mit einer Gartenanlage im Stil eines englischen Landschaftsparks.

Abb. 26: Schlösser und Villen im Salzkammer- gut (II) - das Jagdschloss Gosau. Ernst Emanuel Graf Silva-Tarouca (1), der letzte Agrarminister der k. u. k. Monarchie, ließ in den Jahren 1909 bis 1912 ein Jagdschloss samt Gartenanlage im Stil eines englischen Landschaftsgartens in be- herrschender landschaftlicher Lage in Gosau (Hausnummer 138) errichten. Der über recht- eckigem Grundriss zweigeschossig und in sei-

Abb. 24: Amtshäuser, Foto © Wikipedia ner Hauptfront siebenachsige Bau dokumen- tierte eine stilistisch seltene Verschmelzung von Historismus („Neubarock“) und Jugend- stil. Die Bilder (2 – 4) zeigen das Jagdschloß und die historische Gartenanlage, das Objekt in späterer Hotelnutzung (5) und das Areal (6) nach dem Abbruch der Gesamtanlage.

Abb. 27: Das Salzkammergut, das „Land der Kalvarienberganlagen“. Das Kloster Traunkir- chen (1) war unter anderem Zentrum der Ge- genreformation(35) im Salzkammergut. Im Jahr

Abb. 25: Schlösser und Villen im Salzkammergut (I), Foto © Wikipedia 1621 übergab der Passauer Bischof das Kloster-

Abb. 26: Schlösser und Villen im Salzkammergut (II), Foto © A. Ringer/GosauNet

31 gebäude dem Orden der Jesuiten. In der weite- Stifter, des Hallstätter Hofschreiber- und ren Folge wurden dem Wesen der Volksfröm- Salzfertigerehepaares Franz Georg und migkeit und der evangelischen Christologie Maria von Sumating, das Kirchlein für die Sa- („Kreuzestheologie“(36)) entgegenkommend, im line sein. (5) Gosau. Die Gosauer Kalvarien- gesamten Salzkammergut und darüberhinaus berganlage, die der Hallstätter Salzfertiger Kalvarienberganlagen errichtet und versucht, Johann Sollinger 1775 errichten ließ, beginnt durch die Darstellung der Leidensstationen im unweit der katholischen Pfarrkirche und be- Sinne eines steinernen „theatrum sacrum“ (Han- steht aus vier kleinen Bildstöcken und der nes Etzelstorfer) die glaubensmäßige Gemein- Kalvarienbergkirche samt östlichem Dach- samkeit in Christus Jesus deutlich zu machen. reiter mit Doppelzwiebelhelm. Im Chor der Gleiches gilt für die Fronleichnamsprozessio- tonnengewölbten Kalvarienbergkirche be- nen(37) - eucharistische Seeprozessionen - am findet sich eine barocke Kreuzigungsgrup- Hallstätter- und Traunsee. Die Abbildung zeigt pe. (6) Ebensee, (7) Gmunden. (8) Bad Go- folgende Kalvarienberganlagen: (2) In der Kal- isern. (9) Altmünster und (10) Bad Aussee. varienberganlage Traunkirchen erreicht man über viele im Jahr 1739 verlegte Steinstufen nach vier Andachtskapellen die Hauptkapelle auf dem zentral gelegenen Kalvarienberg. In 17. Almen im Salzkammergut - Herausragende dieser 1699 fertiggestellten und somit ältesten historischen Kulturlandschaftselemente Anlage des Salzkammergutes, befindet sich eine barocke Kreuzigungsgruppe und Wand- Abb. 28: Das Einforstungswesen im Salz- gemälde, bei deren Betrachtung auffällt, daß kammergut und die herausragende histo- die Darstellung des „Himmlischen Jerusalems“ rischen Landschaftsbereiche der Almen als der Bibel in die Landschaft des Salzkammer- Teil der Zwei-Stufen-Landwirtschaft – das gutes verlegte wurde. (3) und (4) Die Kalvari- Beispiel Hallstatt: Durchgangsalm und Klau- enbergkirche Hallstatt, ein Zentralbau mit einer salm. Die Grundlagen zur Bewertung der Kreuzigungsgruppe aus dem Meinrad-Gug- Almen als historisches Kulturlandschafts- genbichler-Kreis, sollte nach dem Willen der element sind einerseits in dem archäo- logischen Befund der 4000 Jahre langen

Abb. 27: Land der Kalvarienberganlagen, Foto © Wikipedia

32 Geschichte der hochalpinen Weide- und Alm- Salzkammergutes (Durchgangsalm und wirtschaft im Dachsteinplateau(38) und ande- Klausalm (2 und 3) bilden mit dem damit rerseits in der „absoluten Salzwirtschaft“ zu verbundenen Brauchtum wegen ihrer ganz suchen, in der die Energieresource Holz und spezifischen eigentumsrechtlichen Ausprä- damit Wald den absoluten Vorrang hatte. Unter gung einen integrierenden Teil des gesam- bestimmten Ausnahmen im Rahmen des „Ein- ten kulturellen Erbes im UNESCO-Gebiet. forstungsrechtes“ wurden zur Sicherung der Ihre Sicherung und Entwicklung ist dar- Nahrungsmittelproduktion Waldflächen Alma- über hinaus ein unabdingbarer Bestand- reale. (1) Kulturgüterinventar Hallstatt mit den teil einer nachhaltigen Politik im Sinne der historischen Bereichen der Alm- und Weide- Alpenschutz- bzw. Welterbekonvention. wirtschaft (rote Linien) – F. Federspiel) als Teil einer Zwei-Stufen-Landwirtschaft entzogen. Durch dieses Rechtsinstrument bzw. Nutzungs- system war der Wald geschützt und blieb er- 18. Technische Denkmale im Salzkammergut - halten, der Alm- und Weidewirtschaft waren Technische Denkmale des Triftwesens (z. B. jedoch frühzeitig Grenzen für die Entwicklung Chorinsky-Klause), des Soletransports, der gesetzt. Unter „Einforstungsrechten“ versteht Wasserbewirtschaftung des Hallstättersees man die mit dem Besitz einer Liegenschaft und der Traun (Seeklause (1511/1573) in Steeg verbundenen Rechte zum Bezug von Holz, am Nordufer des Hallstätter Sees, die das sonstigen Forstprodukten (Streu) aus fremdem Seewasser zur Sicherung der Schiffbarkeit Wald und das Recht zur Viehweide auf frem- der Traun aufgestaut hat) sind prominente dem Grund sowie sonstige auf Waldgrund Zeugen des Systems der Salzwirtschaft. lastende Feldservitute mit Ausnahme des We- gerechts. Untertanen, die also keinen eigenen Abb. 29: Technische Denkmale in der Kul- Wald oder Weide besaßen, waren mit ihrem turlandschaft des Salzkammerguts (I). (1) Holz-, Streu- und Weidebedarf bzw. Wasserbe- Der herausragende historische Kulturland- zugsrecht „eingeforstet“. Sie hatten damit Nut- schaftsbereich ‘Seeklause Steeg“ in seiner zungsrechte auf fremden Boden der ärarische Eintragung in das Örtliche Entwicklungs- Grundbesitzer bzw. deren Rechtsnachfolger konzept (ÖEK) Nr. 2 und mit der Festle- (Österreichische Bundesforste). Die heute noch gung „Landschaftliche Vorrangzone: Ö: bewirtschafteten Almen (vgl. Almkataster der von besonderer ökologischer Bedeutung Agrarbezirksbehörde Gmunden), die neben und LB: von besonderer Bedeutung für das dem Wald einen wichtigen Anteil an der Kul- Landschaftsbild“, eine Verordnung der Ge- turlandschaft haben, bergen als Spiegel der so- meinde Bad Goisern (Jeschke (2020): Kul- zialen und landwirtschaftlichen Entwicklung im turgüterkarte (Teil I): Landschaftsbereich Kammergut noch vereinzelt prächtige Zeugen ‘Seeklause Steeg am Hallstätter See’). (2) der Almwirtschaft. Die "grünen Dächer" des Der herausragende Landschaftsbereich

Abb. 28: Einforstungswesen, Foto © Federspiel und Wikipedia

33 Steeg“: Der Anlageteil Klause Steeg mit dem „landschaftlichen Vorranggebiet“ im Hin- tergrund. Das jetzige Landschaftsbild ist auch wegen seiner Eigenart als „historische Land- schaftszone“ (UNESCO) zu bezeichnen und schützenswert, weil es das Bild der „ursprüng- lich“ vorhandenen geringe Bebauung zur Ent- Abb. 29: Technische Denkmale in der Kulturlandschaft des Salzkammerguts (I), Foto © Jeschke, Wikipedia stehungszeit der Anlage in der „absoluten Salzwirtschaft“ „authentisch“ wiederspiegelt. „Seeklause Steeg“: Die Brücke über die Traun, (Photonachweis: Konzeptstudie Klause Steeg - der Anlageteil „Polster“ der Klause Steeg und Abschlussbericht für das Amt der Oö. Landes- mittig das Klauswärterhaus (Photonachweis: regierung – Gewässerbezirk). (3): Der herausra- Jeschke, Wikipedia) gende Landschaftsbereich ‘Seeklause Steeg“: Der Anlageteil Klause Steeg mit Blick auf die Abb. 30: Technische Denkmale in der Kultur- westliche Uferzone (Photonachweis: Wikipe- landschaft des Salzkammerguts (II). (1): Die dia). ( 4): Der herausragende Landschaftsbe- von Thomas Seeauer 1573 errichtete Seeklau- reich ‘Seeklause Steeg“: Das Klauswärterhaus se(39) bestand aus der eigentlichen, 110 Meter im Bereich der westliche Uferzone (Photonach- langen Steinkastenklause mit 11 Klaustoren di- weis: Wikipedia). (5): Die Klausmeisterin Leopol- rekt neben der heutigen Traunbrücke, sowie diner Trausner in ihrem „Element“. aus dem „Gegenpolster“ zur Aufstauung des Seewassers und damit Schiffbarmachung der Abb. 31: Technische Denkmale in der Kul- Traun. Abb. 26a: Der Anlageteil Klause Steeg turlandschaft des Salzkammerguts (III). Trift- (Detail) mit Durchblick auf die östliche Ufer- bauten, Soleleitung und „Gosauzwang“ bei zone (Photonachweis: Wikipedia). (2): Der he- Steeg. (1) „Gefährdete Triftbauten“. Franz Fe- rausragende Landschaftsbereich ‘Seeklause derspiel und Friedrich Idam). (2) Neben der

Abb. 30: Technische Denkmale in der Kulturlandschaft des Salzkammerguts (II), Foto © Traunspiegel

Abb. 31: Technische Denkmale in der Kulturlandschaft des Salzkammerguts (III), Foto © Federspiel, Wikipedia

34 Holzbringung und der Traunregulierung Vom Salz konserviert, gibt es zahlreiche erforderte der Transport der Salzsole vom Reste von Werkzeugen (bronzene Lappen- Bergbau in die Sudhäuser eigene techni- pickel mit spezieller Knieholzschäftung), sche Bauten. Das bekannteste davon ist die Kleidung (Kleidung aus Wolle (z.T. gemus- zwischen 1596 und 1607 von Hallstatt nach terte Stoffe) und Leder (Mützen aus Fell), Ebensee angelegte 40 km lange Soleleitung Schuhe) und Geräten (flache Kienspäne als – der „Sulzstrehn“, zu deren Bau rund 13.000 Leuchtspäne für die Arbeit der prähistori- Baumstämme verarbeitet wurden. Das auf- schen Bergleute und Tragsäcke aus Tierfell, fälligste Bauwerk dieser Leitung ist der so- wobei das Fell in einem Stück, ohne Bauch- genannte „Gosauzwang“ bei Steeg, die schnitt abgezogen wurde), aber auch spe- Überwindung des Gosaubachtales in den ziell gestaltete technischen Hilfsmitteln, die Jahren 1775 bis 1778 durch das imposante eine detaillierte Rekonstruktion der Arbeits- Brückenbauwerk mit über 30 Meter Höhe. abläufe im prähistorischen Bergbau er- möglichen. Gleiches gilt für die über 3000 Jahre alten Holzstiege aus dem Hallstätter Salzbergwerk. (1) Das Gebäude des Natur- 19. Die historischen Kulturlandschaft „Salzkam- historischen Museums in Wien, das Werk mergut- Dachstein/Salzkammergut“ - aus- der Architekten Gottfried Semper und Carl gewählte museale Brennpunkte Hasenauer, zählt zu den kennzeichnends- ten Schöpfungen des Historismus in Öster- Abb. 32: Das Naturhistorische Museum reich. (2) Einblick in den großen Schauraum- Wien mit seiner Prähistorischen Abteilung, bereich der prähistorischen Abteilung, Säle internationales Zentrum der Hallstattfor- 11-13. (3) Tragsack für ein Füllgewicht von ca. schung und erste Adresse für eine Entde- 30 kg aus Fell und Leder mit spezifischer ckungsreise. Der Fundort Hallstatt wird von Tragvorrichtung und einem Knüppel, der der Prähistorischen Abteilung des NHM seit das Entleeren wesentlich durch Kippen des über 100 Jahren erforscht. Neben dem Grä- Sackes erleichterte bzw. beschleunigte. (4) berfeld mit seinen außergewöhnlich rei- Übersicht über die archäologischen Fund- chen Grabbeigaben sind inzwischen auch gebiete: • grün: Bergbau der Bronzezeit. die Funde aus den prähistorischen Berg- • hellgrün: Bronzezeitliche Fleischindustrie. werken weltweit bekannt. Im Jahr 1960 be- • rot: Bergbau der Hallstattzeit. gann die Prähistorische Abteilung mit der Untersuchung der archäologischen Berg- werksanlagen. Fast 4 Jahrzehnte arbeitete der ehemalige Direktor der Abteilung und Pionier der österreichischen Bergbau-Ar- chäologie Fritz Ekart Barth in den Tiefen des Salzberges und schuf damit die Basis für die heutige Bergbauforschung. Erfasst wurden bislang vorwiegend Spuren des hallstattzeit- lichen und des bronzezeitlichen Bergbaus, die uns einen außergewöhnlichen Einblick in die Lebens- und Arbeitswelt der prähis- torischen Menschen erlauben. Unter der Leitung von Mag. Hans Reschreiter wer- den Organisation und Abbautechnik un- Abb. 32: Naturhistorische Museum Wien, tersucht, die sich unter Tage fassen lassen. Foto © NHM Wien, Dominic Groebner und Hans Reschreiter NHM Wien

35 Abb. 33: Museum Hallstatt, Foto © Museum Hallstatt

Abb. 34: Freilichtmuseum Paarhof Gosau Foto © Dimt, Janu, Oö. Musealverein, Federspiel und Jeschke

• braun: Gräberfeld der Hallstattzeit. • dunkelb- aus Ramsauers Grabungsprotokoll. Aquarell 1b. lau: Bergbau der Latènezeit. • hellblau: Siedlung |Beispiel für die Arbeitsweise und die Art der der Latènezeit. • violett: Siedlung und Friedhof Dokumentation bei den „Protokollen“ des Aus- der Römischen Kaiserzeit. (5) Ein Einblick in die gräbers. Dargestellt sind reiche Brandgräber auf Grund der vielen Funde authentisch rekon- mit sogenannten Tonwannen. (3) Gehängefi- struierte Arbeitswelt der prähistorischen Men- bel aus Bronze (Grab 239). 600 - 400 v. Chr. schen. Abb. 34: Das bäuerliche Kulturerbe in der UNES- Abb. 33: Museum Hallstatt. (1) Mit 26 The- CO Weltkulturerbelandschaftszone „Hallstatt – menschwerpunkten werden die Besucher Dachstein / Salzkammergut“ – das Freilichtmu- durch das Museum geführt, von den jungstein- seum Paarhof Gosau in Hintertal Gosau. (1) Der zeitlichen Entwicklungen über den prähistori- Dauersiedlungsraum des weitläufigen Gosauer schen Salzbergbau zu den Kelten und Römern Trogtales mit der kartographischen Darstellung und das Mittelalter in die Neuzeit und Gegen- der Grenzen der historischen Güterverteilung wart. Bedeutende Forscher (Ramsauer, Simony, bis 1665 mit heutigen, aktuellen Hausnummern. Engl und Morton) finden ebenso ihren Platz wie (2).Der Paarhof „Breining“ (Wohnhaus links und die reichen Funde aus den Gräberfeldern. Die Stallscheune rechts) vor der Kulisse des Gosau- historische Entwicklung Hallstatts, volkskundli- kammes. Die Aufnahme macht die noch 1940 che Themen, Arbeit und Handwerk, aber auch vorhandene dominante Prägung der bäuer- die Entwicklung der protestantischen Glau- lichen Kulturlandschaft des Gosautales durch bensgemeinschaft werden gezeigt. (2) Auszug Gehöfte deutlich (Dokumentation: G. Dimt). (3)

36 Abb. 35: Wandern in die Welt der Dinos, Foto © Wikipedia, NHM Wien Luckeneder und (4) Der Gosauer Paarhof „Schmiedbauer“ gerbauer“) vor dem Abbruch (G. Dimt). (10) Das am Originalstandort (Photo: 1975, G. Dimt). Das Gosautal mit dem . Eine vielfältige Wohnhaus, links, und die Stallscheune, rechts, und für Gosau spezifische Siedlungsstruktur zeigen die klare Trennung von der Funktion Paarhöfe (Wohnhaus und große Stallscheune), in ein „Feuer“- und Futterhaus, die für diese kleine Wohnhäuser, Gewerbe-, Handwerker- Hauslandschaft charakteristisch ist, ebenso die und Holzarbeiterhäuser, Steinhauer - und Stein- Zweigeschossigkeit der Hauptgebäude. Der schleiferhäuser etc.) prägen auch heute noch Rossstall ist häufig, hier aber nachträglich, an Teile des weitläufigen Trogtales, das erst im das Wohnhaus angefügt - sowohl das Wohn- 15. Jahrhundert endgültig aus dem Erzbistum haus als auch die Stallscheune sind in Blockbau- Salzburg in das österreichische Salzkammergut weise errichtet. (5) und (6) Der „Schmiedbau- eingegliedert wurde und dessen Hauptachse er“ bzw. dessen Hausstock mit angebautem zu der weltberühmten (erdgeschichtlich be- Roßstall und ein Nachbau einer Stallscheune sonders bedeutenden) Landschaftskulisse des bilden nach der Gesamtplanung (5), welche Gosausees (10) mit dem Gosaukamm (Verstei- von einem National Trust-Team(40) (England) nertes Korallenriff aus dem Trias) führt. Für das im Rahmen des National Trust-Projektes „Con- Freilichtmuseum liegen Planungen für Besu- servation Co-Operation in Europa“ gutächtlich cherzentren für einen vorgeschlagenen UNES- evaluiert wurde, nun den Kern des Freilichtmu- CO Geopark und das Natura 2000- und Vogel- seums Paarhof Gosau in Hintertal. Dieses En- schutzgebiet Dachstein (Größe 13.300 Hektar) semble wird durch kleinere Bauten aus Land-, durch den Autor vor. Forstwirtschaft und Handwerk im Freilichtmu- seumsgelände ergänzt, die auf die wichtigsten Abb. 35: Das Naturhistorische Museum Wien Wirtschaftszweige des Tales Bezug nehmen mit seiner Sammlung Mesozoikum in der (Falmbergstube (vorgesehen), Steinhauer- und Geologisch-Paläontologischen Abteilung, in- Steinschleiferhütte (9) sowie Holz-, Bienen- und ternationales Zentrum der Forschung und Girchtenhütte) und gibt zusammen mit dem erste Adresse für eine Entdeckungsreise in denkmalgeschützten Hausstock des Rüppler den vorgeschlagenen UNESCO Global Geo- Gütl am Originalstandort außerhalb des Muse- park(41) „Dachstein/ Gosau/ Salzkammergut“ ums quasi „en miniature“ einen Überblick über - quasi en miniature. Das Dachsteingebiet(42) ist das bäuerliche Kulturerbe des Tales. (7) und (8) weltweit namengebend für wichtige Gestei- Die letzte verfügbare und ebenfalls für das Mu- ne des Erdmittelalters und die Systematik des seum vorgesehene Originalstallscheune („Jä- erdgeschichtlichen Erbes aus der Profilstrecke

37 Abb. 36: Traunschifffahrt, Foto © Traunspi Wikipedia, Schifferleutmuseum in Stadl-Paura, Oö. Schiffahrtsmuseum Grein mit reichen Fossilvorkommen. Die Versteine- Forststrasse wurde beim Finstergrabenwandl in rungen der weltberühmten Fauna findet man Gosau eine Sandsteinbank gesprengt, die sich hier, schöner und zahlreicher als anderswo in als überaus fossilreich erwies: über 100 Am- den Ostalpen, denn das Gosaubecken war, moniten – darunter der Riesenammonit, mehr abgeschirmt von Korallenriffen, die heute als als 2000 Muscheln, dazu Schnecken, Krabben, Gosaukamm das Tal im Westen begrenzen, in Korallen etc. konnten geborgen werden. Im der Zeit der Oberkreide (vor rund 130 Millionen Saal 8 des Naturhistorischen Museums hat der Jahren) eine Art Lagune mit reichem Tierleben. Gosauer Riese mit ein Gesamtgewicht von 180 Jeder Geologe kennt die „Gosauschichten“, Kilo und einem Durchmesser von etwa 95 cm die sich durch ihre Zusammensetzung und ihre einen Stammplatz bekommen. Versteinerungen deutlich von den früher ent- standenen alpinen Gesteinsserien unterschei- Abb. 36: Die Traunschifffahrt und ihre musea- den und bei der Gebirgsbildung der Ostalpen le Präsentation. (1) Das Schifferleutmuseum in eine große Rolle spielten. Die Forschungser- Stadl-Paura wurde im Jahre 1979 eröffnet und gebnisse der Geologisch-Paläontologischen präsentiert die Schifffahrt für das Hallstätter Abteilung des Naturhistorischen Museum Wien Salz und die Traun als deren wichtigsten Trans- und der vieler Experten(43) belegen diese Be- portweg durch viele Jahrhunderte. In der sehr deutung. Ammoniten gehören zu den bekann- umfangreichen Präsentation im Museum findet testen fossilen Meerestieren. Vor 400 Millionen man neben vielen sehr instruktiven und großen Jahren - im Zeitalter des Devons - entstanden, Modellen, Seile, Pferdegeschirre, Ausrüstungs- erlebten diese Weichtiere erst im Erdmittelalter gegenstände und Bekleidungsstücke der Ge- zwischen 252 bis 66 Millionen Jahren vor un- genzugreiter. Darüber hinaus finden man ein serer Zeitrechung ihre Blütezeit. Von mehr als anschauliches, fünf Meter langes Modell des 11.000 bekannten Arten an Kopffüßlern stellen fahrbaren Kanals am Traunfall, ein 4m2 großes die Ammoniten mit 7000 Arten den Löwenan- Modell des Schifferortes Stadl (2) mit seinen teil. Vor 66 Millionen Jahren verschwanden sie Salzstadeln in der Traun, viele Schiffsmodel- gemeinsam mit den Dinosauriern durch ein le und Ausrüstungsgegenstände der Schiffe. katastrophales Ereignis von der Erde. (1) Das (3) Das Oö. Schiffahrtsmuseum Grein des Oö. Gebäude des Naturhistorischen Museums in Landesmuseums ist in der architekturhistorisch Wien, das Werk der Architekten Gottfried Sem- bedeutenden Greinburg eingerichtet. Gezeigt per und Carl Hasenauer, zählt zu den kenn- werden Schifffahrt und Flößerei auf der Donau zeichnendsten Schöpfungen des Historismus sowie der Verkehr auf ihren Nebenflüssen, vor- in Österreich. (2) Einblick in den großen Schau- wiegend auf der Traun und der Enns anhand raumbereich der Geologisch-Paläontologische von Plan- und Skizzenmaterial, Modellen (4) Abteilung, Säle 6-10. (3) Der Riesenammonit von und historischen Originalobjekten, die fast aus- Gosau, Parapuzosia seppenradensis, aus dem schließlich aus Beständen des Oberösterreichi- Ausstellungsbereich der Gosaufossilien im Na- schen Landesmuseums stammen. turhistorischen Museum. Beim Anlegen einer

38 Die Darstellung und Präsentation der histori- Bad Goisern“ enthält einerseits: • die Darstel- schen Schifffahrt auf den Flussläufen Ober- lung der Wertigkeit Grünland: • geringwertig, österreichs basiert auf der weitreichenden • geringwertig bis mittelwertig, • mittelwertig, Forschungstätigkeit von E. Neweklowsky • mittelwertig bis hochwertig und • hochwer- tig (landwirtschaftliche Bodenwerte nach Ös- terr. Bodenkartierung). • Andererseits bewertet das Konzept und gibt auch aus landwirtschaft- licher Sicht die Festlegung der Verordnung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes die Darstellung von 1) „Landschaftliches Vorrang- gebiet“, 2) Landwirtschaftlichen Vorrangge- bieten und 3) Landwirtschaftlichen Gebieten wieder – also auch hier in diesem Fachkon- zept ist der Begutachtungsbereich des öst- lichen Bereiches des Seeufers „Obersee“ als

Abb. 37: Naturraumpotential Gmunden, Foto © Agrarische Rundschau. Neue Strategien für die ländlich geprägten Räume Österreichs

20. Die Zukunft der Landwirtschaft - das Pro- jekt „Kulturlandschafts-Sicherung Salzkam- mergut“

Abb. 37: Kartierung der landwirtschaftli- chen Bodenbonitätsstufen durch das Bun- desamt für Bodenwirtschaft (M.: 1: 20.000) – das Beispiel für den Bereich Gmunden. Die Oö. Naturraumpotentialkartierungen waren insbesondere auch eine Basis für die damals beginnende Landschaftspla- nung und Landschaftsrahmenplanung im Bundesland Oberösterreich.

Abb. 38: Das REGIS – Projekt „Kulturland- schafts-Sicherung Salzkammergut – LE- BENSRAUM BAD GOISERN 2020“. (1): „Kul- turlandschafts-Sicherung Salzkammergut – LEBENSRAUM BAD GOISERN. Vorstel- lung der Bearbeiter. (2): Das REGIS – Pro- jekt „Kulturlandschafts-Sicherung Salzkam- mergut – LEBENSRAUM BAD GOISERN Abb. 38: REGIS – Projekt „Kulturlandschafts-Sicherung Salzkammergut – 2020“. Die „Zustandsanalyse Landwirtschaft LEBENSRAUM BAD GOISERN 2020

39 „landschaftliches Vorranggebiet“ festge- der Veränderung verdeutlicht werden. Die fol- schrieben. genden Abbildungen geben Hinweise. (I) Die Kulturlandschaftsregion Salzkammergut mit der Darstellung des Dauersiedlungsraumes als Grundlage einer problemorientierten Analyse 21. Sozioökonomische Dynamik in der Kul- (Kautz, 2001) und (2) Bevölkerungs- und Tou- turlandschaft - Hinweise zur sozioökono- rismusdichte 1999 (Kautz, 2001). In den vergan- mischen Dynamik in der Kulturlandschaft, genen Jahren haben sich Raumordnungs- und Grundlage einer problemorientierten Ana- Tourismuspolitik in Österreich in zunehmendem lyse und zum Befund "Verdichtungsgebiet" Maße mit dem Problembereich "Nutzungs- intensität und Landschaftsbeanspruchung" Abb. 39: Das Salzkammergut im Kulturland- auseinandergesetzt. Die Nutzungsintensität schaftsinventar Österreich - KLIÖ. (1) Die wird jedoch nicht allein durch die Bevölke- Kulturlandschaftsregion Salzkammergut mit rung verursacht, über längere Perioden im der Darstellung des Dauersiedlungsraumes Jahr trägt auch der Tourismus wesentlich zur und den KL-Einheiten 014 Oberer Attergau „Verdichtung“ dieses Problems bei. In vielen und Mondseeland, 015 Äußeres Salzkam- Gebieten Österreichs übersteigt die Zahl der mergut, 016 Inneres Salzkammergut sowie logierenden Touristen die Zahl der dort woh- ST 1 Ausseer Land (H. Kautz, 2001). (2) Be- nenden Bevölkerung. Vor allem im alpinen völkerungs- und Tourismusdichte 1999 (H. Raum, der auch Hauptzielgebiet im Tourismus Kautz, 2001). In: Jeschke, H. P. (Hrsg. 2001): ist, kommt es dabei im Dauersiedlungsraum KLIÖ (2001 Wien/Linz). Bildnachweis: Autor. oft zu Dichtewerten, die jenen städtischer Räu- Ein Großteil der im Kulturlandschaftsinven- me entsprechen. Auch die Inanspruchnahme tar Österreich vorhandenen Indikatoren hat der Flächen durch Baumaßnahmen, die allei- Gemeindebezug. Damit können Ergebnis- ne dem Tourismus dienen, war und ist groß. se der amtlichen Statistik bzw. weitere sozi- Gerade in diesen Gebieten sind vonseiten oöko-nomische Analysen mit direkt kultur- der Raumplanung Maßnahmen zur Beruhi- landschaftsrelevanten Angaben korreliert gung der Nachfrage nach weiteren Flächen werden und erste Hinweise zur Dynamik und somit der Zersiedelung einerseits und zur Hintanhaltung der Landschaftsbeanspru- chung andererseits zu setzen (H. Kautz, 2001).

Abb. 39: Salzkammergut im Kulturlandschaftsinventar Österreich - KLIÖ Abb. 40: Weltkulturerbelandschaftszone „Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut, Foto © Jeschke Foto © Jeschke, 1998

40 22. Schutz, Pflege und Entwicklung

Abb. 40: Die Weltkulturerbelandschafts- zone „Hallstatt-Dachstein/Salzkammer- gut“ umfassende Panoramakarte von Hans Oberbacher mit der Blickrichtung nach Sü- den.

Abb. 41: Weltkulturerbelandschaftszone „Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut“ mit der Darstellung der Kulturlandschaftsein- heiten und der Topographie der Öster- reichkarte (Kernzone und Pufferzone). Der Autor war UNESCO-Coordinator (Depart- ment/ Upper Austrian Government /Linz) für Schutz, Pflege und Entwicklung der His-

Abb. 41: Weltkulturerbelandschaftszone „Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut“ torischen UNESCO - Weltkulturerbeland- Foto © Jeschke schaftszone “Hallstatt/Dachstein – Salzkam- mergut” und hat im Zuge der Abfassung des UNESCO- Einreichungdokument im Entwurf 1995 den Namen der UNESCO-Zo- ne mit den Begriffen • „Hallstatt“ als Symbol für das baukulturelle Erbe und archäologi- sche Erbe des Salzwesens, • „Dachstein“ als Symbol für den außergewöhnlichen Naturraum und das herausragende erdge- schichtliche Erbe sowie • „Salzkammergut“ als kulturgeographische Klammer bzw. als

Abb. 42: UNESCO - Kulturlandschaftskategorien, Foto © Aitchison, 1993. S. 274 Symbol des kulturlandschaftlichen Erbes eines Landnutzungssystems einer absolu- ten Salzwirtschaft sowie dessen Weiterent- wicklung in seiner Gesamtheit festgelegt.

Abb. 42: UNESCO – Kulturlandschaftskate- gorien – der konzeptionelle Rahmen. Die UNESCO hat 1992 in Detaillierung des Ter- minus Stätte bzw. ihres Kulturlandschafts- konzeptes drei Hauptkategorien für die Erscheinungsformen der (historischen) Kul- turlandschaft als Schutzgut definiert – ein Paradigmenwechsel von globaler Bedeu- tung: >> vom Menschen entworfene und gestaltete Landschaften wie z.B. Gärten und Parks. >> Organisch entwickelte Land- schaften [Landschaften, die sich organisch entwickelt haben (Entwicklung in Wechsel- Abb. 43: Grenzen des Alpenschutzkonventionsgebietes, Foto © Alpenschutzkonvention. Alps-Maps. Photo Autor wirkung zwischen Mensch und natürlicher

41 Umwelt), haben zwei Untereinheiten „Fossile“ Landschaften und fortbestehende Landschaf- ten (Fortbestehende Landschaften werden nach wie vor von einer Kultur geprägt, die ihre traditionelle Lebensweise fortführt: Evolutive Prozesse zwischen Kultur und Landschaft lau- fen auch zurzeit noch ab)) und >> Assoziative Landschaften (Assoziative Landschaften sind Landschaften, mit denen der Mensch religiöse, künstlerische, historische oder kulturelle Impli- kationen verbindet).

Abb. 43: Grenzen des Alpenschutzkonventi- onsgebietes mit den UNESCO World Heitage. Abb. 44: Seeuferschutzzonierung, Foto © Jeschke Die Alpenkonvention mit dem Protokoll „Na- turschutz und Landschaftspflege“ ist ein eu- ropäisches Übereinkommen zum Schutz des Alpenraumes aller Alpenstaaten und der EU (1991), welches am 6. März 1995 mit dem BGBl. 477/1995 i.d.g.F. ratifiziert wurde. Im Protokoll „Naturschutz und Landschaftspflege“ ist die Verpflichtung zur Erstellung von Landschafts- plänen festgehalten.

Abb. 44: Seeuferschutzzonierung nach dem Oö. NSchG 2001 - Anlage 1 zur Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der Ausnahmen von den naturschutzbehördlichen Bewilligungs- und Anzeigepflichten im Bereich des Hallstätter- sees festgelegt werden (Hallstättersee-Seeufer- Abb. 45: Landschaftsbereich ‘Seeklause Steeg“, schutz-Ausnahmeverordnung 2020). Foto © Marktgemeinde Bad Goisern

Abb. 45: Der herausragende Landschaftsbe- reich „Seeklause Steeg“ im Örtlichen Entwick- lungskonzept (ÖEK) Nr. 2, eine Raumordnungs- verordnung der Gemeinde Bad Goisern, mit der Festlegung „Landschaftliche Vorrangzo- ne: Ö: von besonderer ökologischer Bedeu- tung und LB: von besonderer Bedeutung für das Landschaftsbild“ (Gemeinde Bad Goisern (2020).

Abb. 46: Teilregion Bad Ischl – Entwurf zum re- gionalen Raumordnungskonzept 1982: Räumli- ches Grundkonzept Naturraum (Ausschnitt im Originalmaßstab 1 : 100.000 (Winkler et al., 1982). Abb. 46: Teilregion Bad IschlFoto © Fachbibliothek ÖIR Wien Für den Schutz des Naturraumes wurden ua.

42 Abb. 47: Fachspezifische Informationen für den Tourismus: „Handbuch zum „Umfassenden Kulturgüter- und Ortsbildkataster. (2 Bände/Öo. Landesmuseum/Bibliothek), „Das Salzkammergut und die Welterbekulturlandschaft Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut“ des Oö. Musealvereins, die „Welterbe-Aktiv“-Information des Tourismusverban- des Hallstatt und ein „Lehrerbrief“ zum Thema. Foto © Jeschke

Landschaftspflegerische Begleitpläne für Landschaft, und damit lernen wir in der Land- vom Fremdenverkehr besonders belas- schaft wie in einem Erinnerungsalbum oder tete Landschaftsteile v.a. Landschaftsrah- Geschichtsbuch zu blättern und zu lesen. Das menkonzepte vorgeschlagen. Das Gebiet reichbebilderte Porträt ist einerseits für jeden er- Obersee ist als geschützter Landschaftsbe- wachsenen Bewohner bzw. Besucher des Salz- reich ausgewiesen. kammergutes von Interesse. Auf der Grundlage eines neuen gesteigerten Umweltbewusstseins hat jedoch auch die Jugend ein besonderes 23. Wir lernen in der Landschaft wie in einem Interesse für ökologische und kulturelle Fragen Erinnerungsalbum oder Geschichtsbuch zu entwickelt. Das Porträt der UNESCO-Weltkultu- blättern und zu lesen - Fachinformationen rerbelandschaft mit der Darstellung der land- für Touristen, Schüler und Lehrer (Aktion schaftsprägenden Ideen, historischen Landnut- „Welterbe-aktiv“ des Tourismusverbandes zungssystemen, z.B. der absoluten Salzwirtschaft Hallstatt) mit ihren noch existierenden Spuren in der Landschaft unserer Tage und der vielfältigen as- Abb. 47: Der Tourismusverband Hallstatt soziativen Bedeutungen des Salzkammergutes, hat für Touristen, Schüler und Lehrer abseits wird deshalb auch für Zwecke der Aktion „Wel- vom touristischen Marketing fachspezifi- terbe für junge Menschen“ mit einem speziel- sche Informationen aufbereiten lassen, da len pädagogischen Teil und einer Literatur bzw. man Landschaften vielfach nur mit Schön- Quellenzusammenstellung für den Projektunter- heit und ökologischer Vielfalt des Natur- richt in den Schulen, ergänzt.(46) Die Basis dieser raumes verbindet. Man vergisst dabei, neuen Führer bilden Daten des „Umfassenden dass zumindest in Europa der Naturraum Kulturgüter- und Ortsbildkatasters“(47) (2 Bände) bis auf kleine Reste durch die Formung des für Oberösterreich (1) und die Publikation(48) des Menschen (Interaktion von Mensch und Oö. Musealvereins (2). Ein Lehrerbrief (5) er- Naturraum) zur Kulturlandschaft geworden gänzt die Hilfestellung für Schüler und Lehrer. ist. Die UNESCO zählt deshalb die Kultur- Für die Zukunft gilt es, die Kulturlandschaft „Hall- landschaften neben Einzeldenkmalen und statt-Dachstein / Salzkammergut“ im Interesse Denkmalgebieten seit 1992 zum Kulturerbe. der gesamten Menschheit zu erhalten, zu pfle- Diese neuen Führer (3)(44) und (4)(45) durch gen und eine umfassende Bewusstseinsbildung das Salzkammergut und das Welterbekul- für die Vielfalt des eigenen Kulturerbes und des- turerbegebiet zeigen neben anderen As- sen Bedeutung bei den Bewohnern, Besuchern pekten vor allem die Geschichtlichkeit der und auch bei der Jugend zu vertiefen. Da der

43 vorliegende Band die für das Gebiet vor- ein in der heutigen wissenschaftlichen Dis- liegenden Materialien ergänzt und nach kussion ideengeschichtlich wieder höchst dem UNESCO-Kulturlandschaftsmodell aktuelles Modell. Er verknüpfte Landschafts- eine völlig neue Überschau der Geschich- schutz, Denkmalschutz und Raumordnung te und Charakteristik des gesamten öster- zu einer „landschaftlichen Raumordnung“ reichischen Salzkammergutes gibt, ist die- und einem evolutiven Entwicklungsansatz ser neue Führer durch das Salzkammergut für die „Kulturlandschaft“ als Basisressource hervorragend geeignet, auch das Engage- (landschaftsbedingtes Erholungspotential) ment von Kindern und Jugendlichen für für das Salzkammergut, seine Bewohner und das kulturelle Erbe zu stärken und damit die Besucher. Angesichts des internationalen Idee der Welterbekonvention zu verbreiten. Trends des „Bauens in der Landschaft“ in der Zwischenkriegszeit, der „Wochenendbewe- gung“ (Wochenendhaus im Umkreis größe- rer Städte) und des großen Siedlungsdrucks 24. Alfred Sighartners „Salzkammergutplanung“ auf herausragende Landschaften erkannte als erste Regionalplanung Österreichs zur A. Sighartner die dringliche Verpflichtung Sicherung des Rohstoffes „Schönheit der für nachhaltige Schutz- und Entwicklungs- Landschaft“ - Das herausragende und ide- strategien durch Raumplanungsinstrumente. engeschichtlich bedeutendenste Fachkon- Alfred Sighartner beschrieb 1947 in seinem zept der überörtlichen Raumordnung für Landesüberblick die strategischen Raum- das „Salzkammergut“ planungsinitiativen. „Die Salzkammergutpla- nung verfolgt den Zweck, das unter diesem • Die Sicherung des Rohstoffes „Land- Namen bekannte Seengebiet unter dem schaft“ durch Verknüpfung von Land- Gesichtswinkel der wirtschaftlichen Vorherr- schaftsschutz, Denkmalschutz und schaft des Fremdenverkehrs einer einheit- Raumordnung im Wege einer „land- lichen, dessen Bedürfnisse besonders be- schaftlichen Raumordnung“. rücksichtigenden Planung zu unterziehen. Alfred Sighartner (1882-1965), erster Lan- Es stellt ja in Hinsicht auf den Fremdenver- desbaudirektor von Oberösterreich nach kehr ein einheitliches Wirtschaftsgebiet dar, dem Zweiten Weltkrieg und Pionier der das über drei wichtige Rohstoffvorkommen Raumplanung (1937 erstes Raumord- verfügt: Salz, Holz und seine Naturschön- nungsgesetz für ein Flächenbundesland heiten. Diese im Interesse des Fremdenver- im deutschsprachigen Raum) entwickel- kehrs vor störenden oder schädigenden te im Zuge der „Salzkammergutplanung“ Eingriffen zu schützen und ihre Nutzbarma- (erste österreichische Regionalplanung chung im Dienste der Allgemeinheit planvoll in den Jahren 1947 - 1950) ein Modell zur zu gestalten, gehört mit zu den wichtigs- Sicherung des Rohstoffes „Landschaft“ ten Aufgaben der Salzkammergutplanung.“ mit dem methodischen Konzept „Land- schaft als Gesamtbauwerk“ in Analogie • Konzeption und Motive A. Sighartners für zu „Stadt als Gesamtbauwerk“. In einer die „Salzkammergutplanung“– Textauszug Nachkriegszeit, in der die geeigneten aus dem Vortrag A. Sighartners anläßlich Rechtsgrundlagen in heutigen Sinn, Iden- einer Landesbaudirektorenkonferenz in tifizierung der Verantwortungsbereiche Bad Ischl 1948 zur Landschafts- und Raumordnung und „Über die Salzkammergutplanung werde die fachliche Ausformung der Raumord- ich im folgenden noch nähere Mitteilungen nung in Österreich noch fehlte,entwi- machen. Sie erstreckt sich auf das gesamte ckelte er somit ein völlig neues Konzept, oberösterreichische Seengebiet, das heute

44 unter dem Namen Salzkammergut bekannt ist. vorkommens bezeichnet werden, dessen Vor- Sie umfaßt daher sowohl das frühere “Kam- handensein die grundlegende Voraussetzung mergut“, das als Salzkammergut im engeren für den Fremdenverkehr dieses Gebietes bildet. Sinne des Wortes zu bezeichnen ist, als auch das Gebiet des Attersees, des Mondsees und Das wichtigste Ziel unserer Salzkammergutpla- des St. Wolfgangsees, welche Gebiete früher nung habe ich bereits herausgestellt; es ist der dem historischen Kammergut nicht angehört Inbegriff aller jener Maßnahmen raumordnungs- hatten, sich aber unter dem Wirtschaftsprima- mäßiger Art, die erforderlich sind, um den Frem- te des Fremdenverkehrs in der neuen Zeit zu denverkehr wieder in Gang zu bringen und einem mehr oder weniger einheitlichen Wirt- seine weitere Entwicklung zu fördern. War die schaftsgebiete zusammengeschlossen haben. naturgegebene Grundlage der Wirtschaftskraft des alten Kammergutes das Salz, so ist es, wie Hiebei gingen wir von der grundlegenden Er- bereits erwähnt, im neuen, erweiterten Wirt- kenntnis aus, daß die Anziehungskraft für den schaftsraum des jetzigen Salzkammergutes die Fremdenverkehr in den landschaftlichen Schön- Schönheit seiner Landschaftsbilder. Gegenüber heiten des Salzkammergutes gelegen ist und den einschlägigen Verhältnissen des alten Kam- daß diese auf ihrer ästhetischen wirkungberu- mergutes zeigt jedoch der neue Wirtschaftsfak- hende Wirtschaftsquelle genau so vorsorgend tor Fremdenverkehr einen wesentlichen Unter- zu behandeln und zu pflegen ist, wie ein Roh- schied. Während nämlich beim Salinenwesen stoffvorkommen materieller Art eines anderen des Kammergutes die Planung und Betriebsfüh- Gebietes oder wie etwa das Salzvorkommen rung sämtlicher Belange in einer Hand gelegen des alten Kammergutes selbst. Die Vorsorgen, war, greift beim Fremdenverkehr eine überaus die uns in dieser Hinsicht bei den Rohstoffvor- große Vielheit von Komponenten verschiedens- kommen materieller Art selbstverständlich sind ter Art zusammen, die nicht so ohne weiteres und auch allgemein als notwendig empfunden durch eine gemeinsame Lenkung zu einer Re- werden, müssen daher auch im Falle des Roh- sultierenden vereinigt werden können. Um stoffes der Naturschönheiten getroffen werden. nun bei der Salzkammergutplanung alle diese Das heißt, diese Naturschönheiten müssen in verschiedenen Verhältnisse und Erfordernisse ihrem Bestande möglichst erhalten, vor jedem möglichst real, also in ihrer tatsächlichen Gege- Raubbau sowie vor vermeidbaren technischen benheit, zu erfassen, um nicht vom grünen Tisch Eingriffen und vor spekulativer Ausnützung ge- aus gewissermaßen in den luftleeren Raum hin- schützt und als ein naturgegebener Schatz so ein zu planen, wurde von Haus aus eine tunlichst behandelt und verwaltet werden, daß aus ih- weitgehende Mitarbeit aller einschlägigen Ver- nen die Allgemeinheit und nicht bloß, wie dies waltungsstellen, Körperschaften und maßge- bisher vielfach der Fall war, eine kleine Zahl be- benden Persönlichkeiten des Planungsraumes vorzugter einzelner den größten Nutzen zieht. ins Auge gefasst (Jeschke 2002, S.240 ). Dieser Nutzen ist nicht nur wirtschaftlich zu ver- stehen; auch der ästhetische Genuß der Land- Abb. 48: Salzkammergutplanung 1949 (I). Aus- schaftsbilder und die sportlichen Möglichkeiten schnitte (1) Attersee – Nord, (2) Ebensee, (3) Bad sollen allen naturfreudigen und erholungsbe- Ischl, (4) Wolfgangsee, (5) Mondsee, (6) Traun- dürftigen Besuchern des Salzkammergutes of- see, (7) Attersee, (8) Irsee und (9) Ausschnitt des fen stehen. Damit ist eigentlich das wichtigste Kartenteiles Marktgemeinde Bad Goisern (zent- Ziel der Salzkammergutplanung bereits um- rales Siedlungsgebiet und Steeg Gosau). Teilbe- schrieben. Es kann kurz als die Abstimmung al- reich Kranl, F. J. (1949): Teilgebiet II: Hallstättersee les räumlichen Geschehens seines Bereiches und Gosausee. Originalmaßstab: M. 1:20.000. In: auf die Erhaltung der Schönheit seiner Land- Ister, W. et al. (1949) a.a.O.. schaften, also auf die Erhaltung jenes Rohstoff-

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49 (Hrsg. 1996): Kulturelles Erbe und architekto- Der Autor, Univ.-Lektor HR DI Dr. Hans Peter nisches Erbe. Glossar ausgewählter Begriffe Jeschke, ist Dozent im Studiengang „Schutz im Zusammenhang mit Raumordnung, Städ- europäischer Kulturgüter“ der Europa-Univer- tebau und Kulturlandschaft (VST. 2965/3 vom sität Viadrina Frankfurt/Oder - Professur für 2.8 1996), Wien. Denkmalkunde (Frankfurt/Oder und Collegium Polonicum/ Słubice), Leiter der ICOMOS Aus- - VEREINIGUNG DER LANDESDENKMALPFLE- tria - AG "Kulturlandschaft, Raumordnung und GER IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND Städtebau" und unter anderem Mitglied vom (2001): Denkmalpflege und historische Kultur- ARKUM - Arbeitskreis für historische Kulturland- landschaft. Erarbeitet von der Arbeitsgrup- schaftsforschung in Mitteleuropa e.V. (Bonn) pe „Städtebauliche Denkmalpflege“ (Text: T. etc.. Er war Leiter des Oö. Raumordnungskata- Gunzelmann und J. Vierbrock). sters (Spatial Informationsystem ), des Oö. Kulturgüterinformationssystems (Cul- - Wrbka, T.; Reiter, R. & Fussenegger, F. (2001): tural Heritage Informationsystem Upper Aust- Die landschaftsökologischen Kulturland- ria), der “Naturraumpotentialkartierung Ober- schaftstypen. Beitrag im „Kulturlandschaftsin- österreich” (Mapping Natural Resources and ventar Österreich“, a.a.O., S. 59-72. Green Infrastructure Upper Austria) und der Rohstoffkoordinierungstelle Oberösterreich. - Wrbka, T., Szerencsits, E. & Reiter. K. (1997): Der Autor war UNESCO-Coordinator (Depart- Classification of Austrian Cultural Landscapes ment/ Upper Austrian Government /Linz) für for Nature Conservation and Sustainable De- die Historische Weltkulturerbelandschaftszone velopment. Proc. of the II. international Conf. “Hallstatt/Dachstein – Salzkammergut”, UNES- on Culture & Environment. Banska Stiavnica: CO-Coordinator Austria of the application for UNESCO-Chair for Ecological Awareness. the site “Limes Austria” (2002 – 2005) und Of- ficial Austrian Expert for the Council of Europe - WRBKA, T.; REITER, R. & FUSSENEGGER, F. (2001): Campaigns (Brussels): • “Countryside” and • „Eu- Hemerobie österreichischer Landschaften. ropa, our common heritage“.• Der Autor hat fol- Beitrag im „Kulturlandschaftsinventar Öster- gende Ausstellungen kuratiert bzw. gestaltet: • reich“, a.a.O., S. 94-100. Ministerium für französische Kultur (Amsterdam (1975). Die Ausstellung (mit der Kulturgüterkarte - WRBKA, T.; REITER, R.; SZERENCSITS, E.; BEISS- Attersee) wurde in Amsterdam (1975), Brüssel, MANN, H.; MANDL, P.; BARTEL, A.; SCHNEIDER, Strasbourg, Lissabon (1976), Porto (1977) bzw. W. und SUPPAN, F. (2001): Landscape structure Abrantes gezeigt. • Visitor Center of the Maut- derived from satellite images as indicator for hausen Memorial (Gemeinde Mauthausen): sustainable landuse. Beitrag im „Kulturland- Gedenklandschaft Mauthausen, Gusen and St. schaftsinventar Österreich“, a.a.O., S. 73-87. Georgen" (Module 4), part of the opening exhi- bitions for the Visitor Center of the Mauthau- sen Memorial (Bundesministerium für Inneres) in 2003 with the duration from 2003 to 2017. • Freilichtmuseum Gosau (Gemeinde Gosau): “Das bäuerliche Kulturerbe in der Kulturland- schaft der Gemeinde Gosau” (Cultural Heritage Landscape Hallstatt - Dachstein/Salzkammer- gut). Freilichtmuseum Gosau. • Ausstellung des Heimatvereins Attersee (Gemeinde Attersee): Rohstoff „Landschaft“ als eine Basisresource für die Entwicklung des Salzkammerguts – Die

50 Visionen des Alfred Sighartner zur Sicherung Stein-Gesellschaft. S. 1-2 und Ausstellungstafeln des Rohstoffes „Landschaft“ mit Hilfe der„Salz- • Historisches „NS-Funktionsdreieck 14f13“« (Ta- kammergutplanung“. Ausstellung des Heimat- fel 3 und 4. • Art installation: “Zettwing (Cetvi- vereins Attersee. Attersee 2016. • Historisches ny), the "invisible" border town in the network „NS-Funktionsdreieck 14f13 in Oberdonau/ KL "Iron Curtain Sites" in Europe” - An art project on Hauptlager Dachau, Mauthausen und Hartheim“ the occasion of the restoration of human rights (Linz, Wien und Innsbruck). Ausstellung und Ka- across Europe, an art project for cooperation in talog zur Wanderausstellung "Die Welt steht in the , a network "Sites of the Iron Flammen. Spiritualität und Widerstand in der NS Curtain" in Europe and the connection between Zeit" anlässlich des Gedenkjahres 1945 - 2015 nature and culture in the Europe-wide cultural und des Jahres des „Geweihten Lebens“. Trä- landscape strip "Green Belt and Iron Curtain". gerinnen der Ausstellung: Teresianischer Kar- 2020. Linz (EuroJournal Oberösterreich. Heft 1. mel in Österreich, die Superiorenkonferenz der S. 4-9. 26. Jhg. 2020). männlichen Orden Osterreichs und die Edith

(1) Die Europäische Union hat für das Jahr 2018 ein „Europä- des Salzamtes. Ernst Gaisbauer, Ebensee: Mittelalterliche isches Kulturerbejahr (ECHY) in Wiederaufnahme der Eu- Salzwirtschaft im Ausseerland - Die Entwicklung der In- roparatinitiative „Europäisches Denkmalschutzjahr 1975“ dustrielandschaft ab 1147 und ihre Relikte in der rezenten ausgerufen. Dieser Beitrag hat die Auszeichnung „Beitrag Kulturlandschaft. Hans Peter Jeschke, Bildquellen zur his- für das Europäisches Kulturerbejahr 2018“ erhalten. torischen Topographie des Salzkammergutes – Hinweise (2) Hans Reschreiter und Kerstin Kowarik, Wien: Viele Archive zu kulturhistorisch relevanten Sammlungsbeständen im - ein Ziel: 7000 Jahre Salz. Herbert Hutterer, Wien: Akten-, Oö. Landesmuseum (Bibliothek und ‚Grafische Samm- Handschriften- und Kartenbestände des Österreichischen lung‘) und zum Werk der „Salinenzeichner“. Günter Dinho- Staatsarchivs zum Thema Salzbergbau. Friedrich Idam, bl, Historisch-topographische Grundlagenforschung und Hallstatt: Montanistische Archivalien aus dem Hofkammer- internationale Netzwerkbildung für die Sicherung ausge- und Finanzarchiv Wien - Die Anwendung historischen wählter Kulturlandschaftselemente in Gosau-Steeg. Franz Wissens auf rezente Problemstellung. Hans Peter Jeschke, Federspiel, Bad Ischl: Salzbergbau und Salz als Kurmittel Montanhistorische Grundlagenforschung, das Erbe der - ein neuer regionaler Präsentationsstandort in Lauffen historischen Montanlandschaften und das Netzwerk „Salz- bei Ischl (Projekt). Thomas Hofmann, Wien : Geologische bergbau, prähistorischer Bergbau, Salzwirtschaft, Salz als Bundesanstalt - Bestände, Möglichkeit der Online-Abfra- Kurmittel und Kulturlandschaft“ - Principles for the Conser- ge und Verfügbarkeit von Karten und Publikationen mit vation of Industrial Heritage Sites, Structures, Areas and Schwerpunkt Salzbergbau. Hans Peter Jeschke, Die Archi- Landscapes. Josef Weichenberger, Linz: Du kannst dich ve, Museen, Bibliotheken bzw. wissenschaftliche Samm- beim Salzamt beschweren! Im Oö. Landesarchiv ver- lungen – in ihrer Gesamtheit das „Gedächtnis Österreichs“ wahrte Bestände der Salinenverwaltung. Christoph Hai- - und die historischen Anlagen bzw. Landschaften des dacher, Innsbruck: Quellen zum Salzbergbau im Tiroler Salzbergbaues in ihrer Transformation – Teil des mate- Landesarchiv. Alfred Höck, Salzburg: Archivbestände zum riellen und immateriellen industriellen Erbes Österreichs Salzbergbau und Salzhandel im Salzburger Landesarchiv. und Europas. Ein Teil der Vorträge ist im Heft: „Salz und Franz Mittermüller, Graz, Steiermärkisches Landesarchiv: Archive“ des Montanhistorischen Vereins Österreich („res Bestände zum Salzwesen im Steiermärkischen Landesar- montanarum“ Nr. 57 (2017)) publiziert. chiv. Josef Hasitschka, Admont: Das Admonter Stiftsarchiv (3) Falser, M. und Lipp, W (2015): Eine Zukunft für unsere Ver- als "Salzquelle". Ingrid Spitzbart und Thomas Weidinger, gangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denk- Gmunden: Zur Salzmanipulation am Gmundner Rathaus- malschutzjahres (1975 – 2015). platz zu Mitte des 19. Jahrhunderts, kurz vor der Auflösung (4) Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (2017): Eu-

51 ropäisches Kulturerbejahr 2018. Informationen zum Pro- Studies, No. 15 Strasbourg 1989) – M. Wehdorn/ Auszug S. jektstand. Berlin. 39. (5) Council of Europe (1989): Mining engineering monuments (12) SHIFT X European Strategy: Common Understanding: “The as a cultural heritage - A Council of Europe Colloquy orga- industrial heritage, as understood by the supporters, con- nised in co-operation with the Deutsches Bergbau-Muse- sists of sites, structures, complexes, areas and landscapes um Bochum (Federal Republic of Germany), 5-8 Septem- as well as the related machinery, objects or documents ber 1988 (Architectural heritage Reports and Studies, No. that provide evidence of past or ongoing industrial pro- 15 Strasbourg 1989) - Auszug S. 39. cesses of production, the extraction of raw materials, their (6) UNESCO (2011): Recommendation on the Historic Urban transformation into goods, and the related energy and Landscape, Paris( HUL-Paper).Vgl. auch: • UNESCO (1972a): transport infrastructures. It includes both material assets Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der – immovable and movable – and intangible dimensions Welt. Paris. • UNESCO (1972b): Empfehlung zum Schutz such as technical know-how, the organisation of work and des Kultur- und Naturerbes der Welt auf nationaler Ebene workers, and the complex social and cultural legacy that vom 16.11.1972. Paris. sowie •OERS, van R. (2010): Managing shaped the life of communities and brought major orga- cities and the historic urban landscape initiave – an intro- nizational changes to entire societies and the world in ge- duction. In: UNESCO (Hrsg. 2010): Managing Historic Cities. neral. Valuable parts of this heritage are to be preserved. World Heritage Paper 27 UNESCO. Paris, 7-17 Preservation can be achieved by sensitive reutilization”. (7) Suggestions for the further development and implemen- (Adopted in Genk (Belgium) in October 2014) tation of the resolution 1924 (2013) “Industrial Heritage in Eu- (13) Global Code of Ethics for Tourism/ Artikel 4:„Der Tourismus rope” adopted by the Standing Committee of the Council als Nutzer und Erhalter des Kulturerbes. Neben der Natur of Europe acting on behalf of the Assembly, on 8 March sind auch kulturelle Stätten ein Teil des gemeinsamen Er- 2013. Elaborated by the partnership of the Central Europe bes der Menschheit und sollen als solche geschützt und project SHIFT-X with support of European networks and gepflegt werden, um für zukünftige Generationen erhal- stakeholders Adopted in Genk (Belgium) in October 2014. ten zu bleiben. Zu den wichtigen Maßnahmen zählen: SC. (im Originalauszug). •Schutz von Denkmälern, Museen und archäologischen, (8) Vgl. Resolution 1924 (2013) “Industrial Heritage in Europe” historischen und religiösen Stätten. • Öffnung der Stätten by the Council of Europe - adopted by the Standing Com- für den Tourismus und Verwendung der Eintrittsgelder zu mittee of the Council of Europe, acting on behalf of the deren Erhaltung. ….“. Assembly, on 8 March 2013. (14) Die Charta von Venedig über die Erhaltung und Restauri- (9) Vom Ministerkomitee des Europarates am 13. Oktober erung der Denkmäler und Kulturstätten wurde 1965 vom 2005 angenommen, den Mitgliedstaaten am 27. Oktober Internationalen Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) verab- 2005 in Faro (Portugal) zur Unterzeichnung aufgelegt, am 1. schiedet. Der Europarat verabschiedete das Übereinkom- Juni 2011 in Kraft getreten. Die Faro-Konvention wurde von men von Granada zum Schutz des architektonischen Er- Österreich mit Beschluss vom Nationalrat vom 20.11.2014 bes Europas im Jahr 1985 und das Übereinkommen von ratifiziert. Valletta zum Schutz des archäologischen Erbes im Jahr (10) Council of Europe (1977): Past in Future. Volume published 1992. Gleiches gilt für die Europäische Landschaftskonven- on the occasion of the European Conference of Ministers tion des Europarates. responsible for the Preservation of the Cultural Architectu- (15) Jeschke, H. P. (2016): Die Europäische Landschaftskonven- ral Heritage. Brussel: Council of Europe. tion (ELK) und Österreich. In: Bund Heimat Umwelt (2016): (11) Council of Europe (1989): “Mining engineering monu- Konventionen zur Kulturlandschaft. Bonn. S. 91 – 152. ments as a cultural heritage” - A Council of Europe Col- (16) Die zehn Grundbestandteile eines Kulturlandschaftspfle- loquy organised in co-operation with the Deutsches Ber- gewerkes sind: • 1. Regionale Regierung(en) mit haupt- gbau-Museum Bochum (Federal Republic of Germany), verantwortlichem Regierungsmitglied; • 2. Regionales 5-8 September 1988 (Architectural heritage Reports and Konzept; • 3. UNESCO-Site-Managementstelle samt wis-

52 senschaftlichen Beirat / Koordinierung, Konzeption, Schutz ihre Protokolle Instrumente zu einer nachhaltigen Entwick- und Entwicklung durch eine zentrale Fachdienststelle; • lung des Alpenraums dar. Dazu gehört mit herausragen- 4. Forum Weltkulturerbe; • 5. Nationales und weltweites der Bedeutung die Erhaltung der Vielfalt von Natur und Monitoring; • 6. Managementmechanismus; • 7. Sicherung Kultur. und substanzerhaltende Entwicklung durch Subventions- (21) Vgl. Jeschke, H. P. (2002): Zur Geschichte der kommuna- instrumente (Umsetzungsstrategie und Kriterien für die len und regionalen Raumplanung im o. ö. Salzkammergut Förderung auf Objektebene); • 8. Sicherung durch Schut- unter besonderer Berücksichtigung der „Salzkammergut- zinstrumente. Kulturlandschaftspflegeplan (Management- planung“ von Landesbaudirektor Dipl.-Ing. A. Sighartner. plan im engeren Sinn) Schutz, Pflege und bewahrende In: Ders. (Hrsg. 2002): Das Salzkammergut und die Welt- Entwicklung; • 9. Sicherung durch Grundlagenforschung kulturerbelandschaft Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut. und Inventarisation sowie • 10. Öffenlichkeitsarbeit, Bür- Linz, S. 205-297. gerbeteiligung und Kommunikation. (22) Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) Bundes- (17) Jeschke, H. P. (2014): Ein Kulturlandschaftspflegewerk© verband für Natur- und Denkmalschutz, Landschafts- und für die Kulturlandschaft der Stadt Salzburg und den Wel- Brauchtumspflege e. V. Adenauerallee 68, 53113 Bonn. Te- terbe-Nukleus Salzburger Altstadt - Arbeitsschritte für ein lefon: +49 228 224091. Fax: +49 228 215503. Internet: www. umfassendes staatliches Schutz-, Pflege- und Entwick- bhu.de E-Mail: [email protected]. Der Bund Heimat und Um- lungssystem für das baukulturelle, bauhistorische und welt (BHU) erfährt die finanzielle Unterstützung des Bun- landschaftskulturelle Erbe der Stadt Salzburg. In: Luger, K. desbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) / Bonn. & Ferch, C. (Hrsg. 2014): a. a. O. S. 279 - 321. (23) Hans Peter Jeschke: Die Europäische Landschaftskonven- (18) Österreich ist der Weltnatur- und Kulturerbekonvention tion (ELK) und Österreich. In: Bund Heimat Umwelt (2016): 1993 beigetreten und ist mit zehn Stätten auf der Welter- Konventionen zur Kulturlandschaft. Bonn. S. 97 ff. beliste vertreten, davon 3 in Oberösterreich (Pfahlbauten (24) Der Titel „Bilder einer Ausstellung“ ist der Bezeichnung des am Mondsee und Attersee (Teil des seriellen Kulturgutes Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ entlehnt – einer „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“), Historische Komposition von Modest Mussorgski aus dem Jahr 1874. Kulturlandschaft „Hallstatt-Dachstein / Salzkammergut“ Die einzelnen Sätze des Klavierzyklus beschreiben Gemäl- (länderübergreifendes Schutzgebiet in Oberösterreich, de und Zeichnungen seines im Jahr zuvor gestorbenen Steiermark bzw. Salzburg) und „Alte Buchenwälder“/Na- Freundes Viktor Hartmann, die Mussorgski auf einer Ge- tionalpark Kalkalpen (Teil des seriellen Naturerbes „Bu- dächtnisausstellung gesehen hatte. chenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Euro- (25) Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 i.d.g.F. Lan- pas“)). desgesetz über die Erhaltung und Pflege der Natur (Oö. (19) Alfred Sighartner (1882-1965), erster Landesbaudirektor Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 - Oö. NSchG von Oberösterreich nach dem Zweiten Weltkrieg und Pio- 2001) • § 1 Zielsetzungen und Aufgaben: (1) Dieses Landes- nier der Raumplanung (1937 erstes Raumordnungsgesetz gesetz hat zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft für ein Flächenbundesland im deutschsprachigen Raum) in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie entwickelte im Zuge der „Salzkammergutplanung“ (erste zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen österreichische Regionalplanung in den Jahren 1947-1949) eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage ein Modell zur Sicherung der „Landschaft“ mit dem me- zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Land- thodischen Konzept „Landschaft als Gesamtbauwerk“ in schaftsschutz). (2) Durch dieses Landesgesetz werden ins- Analogie zu „Stadt als Gesamtbauwerk“. besondere geschützt: 1. das ungestörte Wirkungsgefüge (20) Die Alpenkonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag mit des Naturhaushaltes (Ablauf natürlicher Entwicklungen); Durchführungsprotokollen (acht Bereiche, darunter u. a. 2. der Artenreichtum der heimischen Pflanzen-, Pilz- und „Raumplanung und nachhaltige Entwicklung“. und eine Tierwelt (Artenschutz) sowie deren natürliche Lebensräu- Ministerdeklaration „Bevölkerung und Kultur“ (Ratifizierung me und Lebensgrundlagen (Biotopschutz); 3. die Vielfalt, 27. 03. 2000)). Im Kern stellen die Alpenkonvention und Eigenart, Schönheit und der Erholungswert der Land-

53 schaft; 4. Mineralien und Fossilien; Naturhöhlen . der Nachhaltigkeit“. Wien. Wrbka, T., Szerencsits, E. & Rei- (26) Die Kulturlandschaft ist das Ergebnis der Wechselwir- ter. K. (1997): Classification of Austrian Cultural Landscapes kungen zwischen naturräumlichen Gegebenheiten und for Nature Conservation and Sustainable Development. menschlicher Einflussnahme im Laufe der Geschichte. Proc. of the II. international Conf. on Culture & Environ- Die Historische Kulturlandschaft ist Träger materieller ge- ment. Banska Stiavnica: UNESCO-Chair for Ecological Awa- schichtlicher Überlieferung und kann im Einzelfall eine reness. eigene Wertigkeit im Sinne einer Denkmalbedeutung ent- (31) Der Tradition der Urgeschichtsforschung, Fundgruppen falten. Die Historische Kulturlandschaft ist ein Ausschnitt gleichen Gepräges zu „Kulturen“ zusammenzufassen bzw. aus der aktuellen Kulturlandschaft, der durch historische, mit dem Namen eines bedeutenden Fundortes zu benen- archäologische, kunsthistorische oder kulturhistorische nen, folgend, schlug der Kulturhistoriker Hans Hildebrand Elemente und Strukturen geprägt wird. Wesentlich dafür (1842–1903), Reichsantiquar in Schweden, beim Internatio- sind ablesbare und substanziell greifbare Elemente und nalen Kongress für Anthropologie und prähistorische Ar- Strukturen in der Landschaft, welchen man geschichtliche chäologie 1874 in Stockholm u.a. vor, die Epoche der mit- Bedeutung zumisst, ohne dass sie selbst denkmalwürdig teleuropäischen Funde der frühen Eisenzeit nach Hallstatt sein müssen. Die Historische Kulturlandschaft ist zugleich zu benennen. Nach ersten Studien (1905) für ein Chrono- das Umfeld einzelner historischer Kulturlandschaftsele- logieschema zum heutigen Begriff „Hallstattkultur“ von mente oder Denkmale. Die Erhaltung einer historischen Moritz Hoernes (Prähistorische Abteilung des Naturhisto- Kulturlandschaft oder Teilen davon liegt in beiden Fällen rischen Museums in Wien) legt Paul Reinecke (1842–1958), im öffentlichen Interesse“ (Kultusministerkonferenz, 2003, Hauptkonservator am Bayerischen Landesamt für Denk- 1). malpflege in München, 1911 ein chronologisches System (27) Jeschke, Hans Peter - Ernst Pitschmann: Orts- und Stadt- für die europäische Prähistorie vor, das bis heute, wenn bild- Dokumentation. Warum? Womit? Wie? Wozu?. 1983 auch den jeweiligen lokalen Gegebenheiten angepasst, (Pilotprojekt des Europarates unter der persönlichen Pat- zur internationalen Verständigung benutzt wird. ronanz des Europarat - Generalsekretärs Dr. Karasek). (32) Jeschke, H. P. (1985): Kulturgüterkarte Hallstatt (Teil I). In: (28) Der „Kulturgüterkataster Bad Ischl“ wurde im Rahmen des Arbeitsgemeinschaft Alpen-Adria (Baryna, Bayern, Burgen- Europarat – Pilotprojektes „Orts- und Stadtbilddokumenta- land, Friuli Venezia-Giulia, Györ-Moson-Sopron, Hrvatska, tion“ bzw. „Kulturgüterdokumentation“ unter der persön- Kärnten, Lombardia, Oberösterreich, Salzburg, Slovenija, lichen Patronanz von Dr. Franz Karasek, Generalsekretär Somogy, Steiermark, Steimark, Ticino, Trentino-Südtirol, des Europarats erstellt (Franz Federspiel (1988): Kulturgü- Vas, Veneto, Zala): “Centri storici”. Erster gemeinsamer Be- terkataster Bad Ischl - Arbeitsberichte der PGRO. Nr. 10. richt über Historische Zentren (“Centri storici”). ARGE Al- Hrsg.: Projektgruppe Raumordnung. Blütenstraße 13/1/40, pen Adria. Ljubljana. 1985. 4040 Linz). Der „Kulturgüterkataster Bad Ischl“ wurde 1988 (33) Der „Kulturgüterkataster Bad Ischl“ wurde im Rahmen des dem Bürgermeister von Bad Ischl, Karl Salla, im Rahmen Europarat – Pilotprojektes „Orts- und Stadtbilddokumenta- einer Feierstunde übergeben. Vgl. auch Franz Federspiel tion“ bzw. „Kulturgüterdokumentation“ unter der persön- und Gerhard Größwang (2014): Ischler Denkmalführer. Bad lichen Patronanz von Dr. Franz Karasek, Generalsekretär Ischl. des Europarats erstellt (Federspiel, F. (1988): Kulturgüter- (29) Jeschke, H. P. und Federspiel, F. (2015): Summary of the kataster Bad Ischl - Arbeitsberichte der PGRO Nr. 10. Hrsg.: justification of Bad Ischl as a spa to be part of a serial no- Projektgruppe Raumordnung im Oö.VBW. Blütenstraße mination of the Great Spas of Europe and inscribed as a 13/1/40, 4040 Linz) World Heritage Site. (11th November 2015). (34) Für die „Oö. Naturraumpotentialkartierung“ vergleiche (30) Wrbka, T. (Hrsg. 2002): Die Kulturlandschaftstypen als den Gesamtbericht mit allen Kartierungen und Projek- räumliche Grundlage der ökologischen Nachhaltigkeits- ten: Jeschke, H. P. (1998): Das Forschungsprojekt „Oö. bewertung. In: Endbericht des Forschungsprojektes SINUS Naturraumpotentialkartierung“ 1978-1996. Bausteine einer „Landschaftsökologische Strukturmerkmale als Indikatoren Grundlagenforschung für eine nachhaltige und ökolo-

54 gisch orientierte Raumordnungs-, Umweltplanungs- und das „Jus reformandi”, das Reformationsrecht (später zu- Kulturlandschaftspolitik. In: Auer, I; et al. (1998): Klimatogra- sammengefasst als „cuius regio, eius religio“, lateinisch für: phie und Klimaatlas von Oberösterreich, Oö. Musealver- „wessen Gebiet, dessen Religion“; „Herrschaft bestimmt ein und Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, das Bekenntnis“). Demzufolge hatten die Landesherren Linz/Wien, S. 565-600. das Recht, die Konfession der ansässigen Bevölkerung zu (35) Jeschke, H. P. (Projektleitung und Hrsg. 2001): Vorsorge- bestimmen. Gleichzeitig wurde auch das „Jus emigrandi“, strategien zur Minderung des Risikos in Gebieten mit er- das Auswanderungsrecht eingeführt, das es Personen höhtem flächenhaften geogenen Risiko in Oberösterreich einer jeweils anderen Konfession ermöglichte, auszu- aus der Sicht der Raumplanung. Amt der Oö. Landesre- wandern. Für viele Protestanten im Salzkammergut bzw. gierung, RS. Landesarchiv/Bibliothek). in Gemeinden in den heutigen Bezirken Eferding, Gries- (36) Die „Gegenreformation im Salzkammergut“ muß auch vor kirchen, Vöcklabruck und darüberhinaus, bedeutete dies dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis anstatt des Katholischwerdens oder der äußeren Emigra- 1648) gesehen werden, der ein Konflikt um die Hegemo- tion die innere Emigration zu wählen und ihre Konfession nie im Heiligen Römischen Reich und in Europa war, der im Geheimen weiterzuleben (Geheimprotestantismus). als Religionskonflikt begann und - in Verschärfung der Kon- Im 18. Jahrhundert wurden rund 600 Evangelische aus fliktlage und im Verfall der politischen Ordnung im Reich dem inneren Salzkammergut deportiert. Hundertschaf- - als Stände- und Staatenkrieg endete. Insgesamt folgten ten von Arbeiterfamilien ziehen aus dem Salzkammergut in den 30 Jahren vier Konflikte - 4 Phasen - aufeinander, in den Osten der Monarchie. Im Gegensatz zu den so die von der Geschichtswissenschaft nach den jeweiligen genannten Landlern, die aus Glaubensgründen zwangs- Gegnern des Kaisers und der Habsburger Mächte als weise verschickt wurden, wanderten die übrigen Grup- Böhmisch-Pfälzischer, Dänisch-Niedersächsischer, Schwe- pen von Migranten freiwillig aus. Sie erhofften sich in der discher und Schwedisch-Französischer Krieg bezeichnet Fremde eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage werden. In diesem Krieg, entluden sich auf europäischer (Quelle: Heimat- und Zeitgeschichtsmuseum Ebensee). Ebene der habsburgisch-französische Gegensatz und auf So entstanden die Salzkammergut-Kolonien: • Grossau Reichsebene der Gegensatz zwischen dem Kaiser und und Neppendorf, heute Rumänien (Siebenbürgen) • der Katholischen Liga einerseits und der Protestantischen Deutsch-Mokra, heute Ukraine • Franzdorf und Steierdorf, Union (Deutschland, Dänemark und Schweden) ande- heute Rumänien (Banat). • Eine Vielzahl evangelischer Kir- rerseits. Österreichs Gebiete waren 1618-20, 1645/46 und chen zeigen zentral meist ein Kreuz, vielfach ohne Corpus. 1647 betroffen. Der Gegensatz zwischen protestantischer • Im Zentrum evangelischer Theologie steht die Rechtfer- Union und katholischer Liga seit 1608/09 war eine der Ur- tigungslehre: „Gott spricht den Sünder gerecht allein aus sachen, der Aufstand der böhmischen Stände gegen die Gnade, allein auf Grund des Glaubens, allein um Christi Habsburger der Anlass. Im Zuge der ersten Phase, dem willen“ … „ Die Botschaft von Jesus Christus: Jesus Christus Böhmischen Krieg (1618-20) und nach dessen Abschluss ist für uns gekreuzigt worden. Er ist auferstanden und lebt. kam es schon zu großangelegte Enteignungen in Böhmen, Tod und Teufel hat er unterworfen. Als Lamm Gottes ist er Mähren und teilweise auch in Österreich, die Vergabe in der Gemeinschaft der Glaubenden, besonders in der großer Besitzungen an kaisertreue Hochadelige, die Fort- Feier des Heiligen Abendmahls gegenwärtig.“ (Merz, G. setzung der Gegenreformation sowie die Einführung des (2010): Fröhliche Auferstehung. Von der Reformation ge- Absolutismus. Nach der ersten Phase der Reformation, die prägte Grabdenkmäler in Oberösterreich. Evangelisches Deutschland konfessionell gespalten hatte, versuchten die Museum Oberösterreich. S. 14/16). Vgl. auch • Eichmeyer, katholischen und protestantischen Landesherren zunächst K. (1982): Volkskirche und Glaubenskirche. Bad Goisern; • eine für beide Seiten akzeptable Verfassungsordnung Lodiol, N. (2010): Renaissance in Oberösterreich. Kultur- und ein Mächtegleichgewicht zwischen den Konfessio- führer zu den Denkmälern des konfessionellen Zeitalters nen im Reich zu finden. Im „Augsburger Religionsfrieden” (1517-1648). Weitra. vom 25. September 1555 einigten sie sich schließlich auf (37) Die Fronleichnamsprozession am Traunsee hat als eine

55 ucharistische Prozession oder Sakramentsprozession des gen seiner Eigenart für das gesamte Salzkammergut zu Christentums den Charakter einer feierlichen Prozession, den herausragendsten Landschaften bezeichnet werden bei der das Allerheiligste mitgeführt wird. In religions- kann. Der Gutachter Günter Dinhobl spricht daher von wissenschaftlicher Sicht ist es eine theophore Form der der ‘Seeklause Steeg am Hallstätter See’ als Zentrum der Gottesverehrung, bei der die Eucharestie, Christus in Real- Präsentation eines technisches Denkmal der Technologie präsenz der Hostie, vorgezeigt und verehrt wird. In Traun- der Bewirtschaftung des Hallstättersees und damit der kirchen wird das Fest “Fronleichnam“ seit dem zweiten zentralen Transportroute zwischen zwei historischen Wirt- Brand 1632 als eucharistische Seeprozession abgehalten. schaftsregionen – Salzkammergut und Südböhmen. Nach der Heiligen Messe in der Pfarrkirche verlässt die (40) Der Autor war österreichischer Fokus im Rahmen des Eu- Prozession unter den Klängen noch aus der Jesuitenzeit ropäischen Austauschprogrammes National Trust, Lon- stammender Melodien das Gotteshaus und bewegt sich don, und leitete eine Seminar-Woche zum „Vergleich zum Seetor des einstigen Klosters. Unter einem gelben, Kulturlandschaftsmanagement National Trust/Salzkam- rot bestickten Baldachin, dem „Himmel“, den vier Männer mergut“ in Gosau. tragen, schreitet der Priester mit dem Allerheiligsten. Dem (41) Ein UNESCO-Global-Geopark ist eine geologische Stätte „Himmel“ folgen Zunft- bzw. Bruderschaftsfahnen und Bu- oder Landschaft von internationaler geowissenschaftli- ben und Mädchen, mit Fahnen in den Farben der Kirche cher Bedeutung nach der Kriterien der UNESCO. UNES- (gelb-weiß) und Oberösterreichs (weiß-rot). Die Glocken CO-Global-Geoparks sind somit nach den Welterbestät- kündigen den Beginn der Prozession an, und die Ortsmu- ten und den Biosphärenreservaten die dritte Kategorie sik spielt den eucharistischen Hymnus „Pange lingua“. Der von Stätten des UNESCO-Kultur- und -Naturerbes, die 2015 Kurs der Fronleichnamsflotte, bestehend aus Hauptschiff, eingerichtet wurde - mit Stand April 2018 gibt es 140 Geo- der „Himmelsfuhre“, der Gegenfuhre, und zahlreichen parks in 38 Staaten. Booten, begibt sich danach unter Gesang und Gebet zu (42) Geologische Bundesanstalt: Geologische Karte der Repu- den vier Stationen der Prozession in der Winkelbucht, auf blik Österreich 1:50.000, Blatt 96 Bad Ischl. der Höhe des Klosters, südlich des Johannesberges und (43) • Lobitzer, H. (Red.), unter Mitarbeit von Brands, M.; Draxler, beim Kriegerdenkmal. Bei jeder Station verkündigt der I.; Grabner, M.; Kowarik, K.; Mayr, M.; Pavuza, R.; Reiter, R.; Priester das Evangelium und erteilt den Segen. Reschreiter, H.; Schindlbauer, G.; Schubert, G.; Stummer, (38) Cerwinka, G. und Mandl, F. (1996): Dachstein. Vier Jahrtau- G. & Weidinger, J. T. (2013): Rund um den Hallstätter See. sende Almen im Hochgebirge. 4000 Jahre Geschichte Salzkammergut. Oberösterreich.- Geologische Spazier- der hochalpinen Weide- und Almwirtschaft im östlichen gänge, 141 S., reich illustriert, Wien (Geologische Bundes- Dachsteinplateau. Band 1. ANISA Gröbming. anstalt). • Lukeneder, A. (2020): Wandern in die Welt der (39) Für die Bewertung, Beschreibung und Begründung der Dinos. Wien (Wanderungen zur Parapuzosia Fundstelle, Bedeutung bzw. Schutzwürdigkeit wird auf ein auf eu- Gosau, Geschliefgraben, Hallstatt etc.). • Ders. (2006): Der ropäischer Ebene angesiedeltes Gutachten von der TIC- Dachstein: eine vielfältige Urlandschaft. — Traunspiegel 11 CIH-Austria verwiesen (Günter Dinhobl (TICCIH-Austri- (119): 16-19. • Ders. (2007): Ein Geologen-Paradies von welt- a):„World Heritage in Use – the case of the weir system weiter Bedeutung. — Traunspiegel 12 (125): 12-13. • Ders. »Seeklause Steeg am Hallstätter See«“ - Gutachten des (2007): Der Hallstätter Mühlbach – romantisch und wild. TICCIH-Austria (The International Committee for the Con- — Traunspiegel 12 (129): 20-21. • Ders. (2007): Der Koppen- servation of the Industrial Heritage)), welches von einer winkel, die Koppenbrüllerhöhle und die Talebene von singulären Alleinstellung des technischen Denkmals ‘See- Obertraun. — Traunspiegel 12 (131): 26-27. • Ders. (2008): klause Steeg am Hallstätter See’ samt seinen zwei Anla- Die Urgeschichte der Traun. — Traunspiegel 13 (142): 16 geteilen, dem Klauswärterhaus und seinem Umfeld in und 18-19. • Ders. (2008): Die Traun vom Hallstätter See bis Europa spricht. Damit ist eines der zentralen Kriterien für Gmunden. — Traunspiegel 13 (143): 22-25. • Ders. (2009): den Schutz des Landschaftsbereiches ‘Seeklause Steeg Ein Geologie-Schatz: UNESCO-Welterbegebiet. — Traun- am Hallstätter See’ international belegt, der daher we- spiegel 14 (148): 24-25. • Ders. (2009): Warum Berge zer-

56 bröseln. Der Sandling-Bergsturz von 1920. — Traunspiegel ster". 2 Bände. (Bibliotheksexemplare im Oö. Landesmuse- 14 (149): 22-25. • Ders. (2009): Die Katrin: schöne Aussichten. um, Oö. Landesarchiv, der Technischen Universität Wien — Traunspiegel 14 (155): 24. • Ders. (2010): Rieseneishöhle und in der Landesbibliothek in Linz). in Obertraun. — Traunspiegel 15 (167): 18-19. • LOBITZER, (48) Ders. (Hrsg. 2002): Das Salzkammergut und die Weltkul- H. & GAMSJÄGER (2007): Der Ebenalm-"Gletschergarten" turerbelandschaft „Hallstatt - Dachstein/ Salzkammergut“. in Gosau. — Traunspiegel 12 (133): 24-25. • LOBITZER H. & Grundlagenforschung, Kulturlandschaftspflegewerk und R. REITER (2006): Ein fast vergessenes Paradies: das Echern- Monitoring; Oö. Musealverein, Historische Reihe, Band 1, tal. — Traunspiegel 11 (120): 16-19. • LOBITZER, H. & REITER Linz. R. (2006): Eine Gosauseen-Wanderung. — Traunspiegel 11 (121): 26-27. • LOBITZER, H. & REITER, R.(2008): Vereinsausflug nach Gosau: Schleifsteinbruch, Löckermoos und Wildfrau- enloch. — Verein für Höhlenkunde Hallstatt – Obertraun, Höhlenkundl. Vereinsinform. 27: 39-41. • LOBITZER H. & N. VÁVRA (2007): Fossilien und "Steine" im Volksglauben des Salzkammergutes. — Traunspiegel 13 (138): 20-21. • LOBIT- ZER, H., REITER, R. & GAMSJÄGER, S. (2008b): Sonderaus- gabe zur Landesausstellung 2008, Löckernmoos / Schleif- steinbrüche.— Der Gosauer Schwarzreiter 21 (2): 9-32. • LOBITZER, H., REITER, R. & GAMSJÄGER, S. unter Mitarbeit von MANDL, G. W. & SCHUBERT, S. (2009): Die Gosauseen. Eine naturkundliche Wanderung vom Vorderen zum Hin- teren Gosausee. — Der Gosauer Schwarzreiter 22 (2): 1-32. (44) Jeschke, H. P. (2006): Der Kern des Inneren Salzkammergu- tes in der „Arche Noah“ der Kulturdenkmäler und Naturpa- radiese der Welt von Morgen©. (Kurzführer). In: Jeschke & Mandl , Hrsg. (2013): Eine Zukunft für die Landschaften Eu- ropas und die Europäische Landschaftskonvention a.a.O. (http://geo.aau.at/kgs28). (45) Ders. (2006): Der Kern des Inneren Salzkammergutes in der „Arche Noah“ der Kulturdenkmäler und Naturpara- diese der Welt von Morgen. Der umfassende „Welterbe. aktiv-Führer“© durch das Inneren Salzkammergut mit 151 Seiten und 131 Abbildungen/ Spezialausgabe für www. welterbe.aktiv.at/ Welterbe.aktiv“- Ausgabe/ Hallstatt. Hrsg.: Verein Regis (Regionalentwicklung Inneres Salz- kammergut / Hallstatt) Salzbergstraße 21, Hallstatt/Linz. (46) Vgl. das Vorwort für den „Welterbe-Aktiv-Führer“ von Univ. Prof. Dr. Bernd von Droste zu Hülshoff, Gründungsdirektor des UNESCO-Welterbezentrums in Paris, Evaluations-Ex- perte der Europäischen Union und Berater der UNESCO für das Kultur- und Naturerbe. (47) • Ders. (1981): Erster "Umfassender Kulturgüter- und Orts- bildkataster" Österreichs. In: Amtliche Linzer Zeitung. 1981. • Ders. (1981): "Umfassender Kulturgüter- und Ortsbildkata-

57 Hoamat- „DISTANCE-GUIDING“ land, Hoa- STATT „LANGE NACHT DER KIRCHEN“ matland, di von Karlheinz Sandner han i so

Vielfältig wären am 5. Juni 2020 in vielen Pfarren die Angebote für gern! Wiar die „Lange Nacht der Kirchen“ gewesen, doch das Coronavirus vereitelte die Umsetzung aller spirituellen und kunsthistorischen a Kin- Entdeckungsreisen. Schade, denn es hätte vieles in unseren Gotteshäusern zu entdecken gegeben, vor allem in jenen, wo derl sein eine künstlerische Weiterentwicklung stattfand, so wie in der an der Gotikstraße gelegenen Pfarrkirche St. Oswald bei Freistadt. Muader, Deshalb konnte „Distance-Guiding“ ein wenig Ersatz sein. Die Kunstgeschichte hat dort (einer Florianer-Pfarre) dem Augus- a Hünderl tiner Chorherrn Josef Friesenecker bereits einen beachtlichen kunsthistorischen Reichtum hinterlassen, den dieser kunstsin- sein Herrn. nige Priester, aus Windhaag bei Freistadt stammend, als Pfar- rer von 1967 bis 2011 mit Liebe zum Alten, aber Mut zu Neuem pflegte und stetig vermehrte – und davon vieles selber stiftete. Du- Vor allem öffnete er, wie selten wo, zeitgenössischen Kunst- schaffenden das Tor in sein ab 1450 von fast allen Stilepochen ri‘s Tal bin geprägtes Gotteshaus, was dem Neuen einen stimmungsvol- len, ehrwürdigen Rahmen gibt. i glafn, afn Tritt man durch eines der zwei herrlichen vom Leon- Hügl bin i dinger Bildhauer Jakob Kopp (1930-2019) modellierten glegn, und Bronzetore – Christus- und Oswaldertor (1989 bzw. 1992) – , wird man gleichsam von dein Sunn der hl. Monika, der Mutter des hl. Augustinus, begrüßt, hat mi tri- eine von Christoph Raffet- seder aus Gallneukirchen im Jahre 1997 geschnitzten und „Tod des hl. Oswald“ – Motiv am Bronzetor ckert, wann Foto © Reinhard Weidl gefassten Statue. Der Or- densvater Augustinus fand bereits 1876 in der Hauptnische des mi gnetzt hat neugotischen Hochaltars zusammen mit dem hl. Florian Platz. In diesen drei Heiligenfiguren könnte man gleichsam die Ordens- dein Regn. familie des Florianer Augustiner-Chorherrn Josef Friesenecker

DISTANCE-GUIDING sehen. Mit Überlegung, ist nahe der Kanzel, die ebenso vom

Dahoam is 58 dahoam, Gallneukirchener 1993 gemeinsam matpflege bei den vielen Restauri- mit seinem Vater Leopold (1927- erungen in und um der Kirche, wo- 2007) geschnitzte Statue „Christus, bei u. a. das ehemalige Bürgerspital der Lehrer“ platziert. (1614), das Kirchenhäusl, zu einem schmucken Museum umgebaut Die Blicke zieht auch der wunder- wurde. Man könnte eigentlich das schöne 2,18 Meter hohe und aus Ton gesamte Pfarrgebiet als erweitertes gebrannte Osterleuchter (1998) auf Gotteshaus betrachten: In allen Ort- sich, ein Werk von Robert Himmel- schaften erfreuen stilvoll restaurier- bauer aus Hirschbach bei Freistadt. te Kleindenkmäler und Kapellen die Der bekannte vielseitige Künstler gläubigen Menschen. schuf u.a. die Weihnachtskrippe in der Wallfahrtskirche am Pöstling- Nicht genug damit: Der auch für Hei- berg, war bereits mit Tonkrippen bei matforschung, Radiästesie und As- den Weltausstellungen in Verona, tronomie interessierte Pfarrer fand Paris, Köln und Innsbruck vertreten noch Zeit für die Herausgabe des und baute im Auftrag der UNESCO Bilderbandes „Lichter vom Licht“ eine Krippe für das Krippenmuseum sowie einiger Broschüren, darun- in Bethlehem. ter „Herbergsuche – ein Brauch für die stille Zeit“, „Die religiösen Klein- Nach Goethes Worten „Warum in denkmäler in Pfarre und Gemeinde“ die Ferne schweifen, wenn das sowie der ausgezeichnete Kirchen- Gute liegt so nah?“ vertraute Pfar- führer „Pfarrkirche zum hl. Oswald“. rer Friesenecker die Malereien am Marienaltar Schulrätin Wilhelmine Der nun im Alten- und Pflegeheim Herzog an, wovon „Geburt Christi“ der Kreuzschwestern in Linz woh- (1989) im Schrein besondere Schön- nende emeritierte Pfarrer, noch im- heit ausstrahlt. Auch die Disposition mer Freud und Leid seiner Gläubi- der Humer-Orgel (1997) stammt gen mit tiefer Empathie mitlebend, vom einheimischen Organisten feierte am 12. Juli 2020 die Vollen- Franz Kolmbauer und aus dem na- dung seines 90. Lebensjahres. hen Steinbruch in Gunersdorf der granitene Ambo (1986). Die fünf Barocken Festtagsbilder (1791) im Presbyterium fand der Pfar- rer 1969 zufällig beim Entrümpeln des Pfarrhofdachbodens, während der Volksaltar (1969) aus Teilen der neugotischen Einrichtung errichtet werden konnte.

Große Liebe zum Alten zeigte der Konsulent für Volksbildung und Hei-

„Osterleuchter“ von Robert Himmelbauer Foto © Karlheinz Sandner

„Christi Geburt“ von Wilhelmine Herzog Foto © Reinhard Weidl

59 Hoamat- WUNDERWELT DER MUSTER UND MOTIVE land, Hoa- SIEBENBÜRGISCH-SÄCHSISCHE LEINENSTICKEREI IM MUSEUM DER HEIMAT IN VÖCKLABRUCK  matland, di von Erwin Horst Schuller han i so

Mitte des 12. Jahrhunderts rief der ungarische König Geisa II. gern! Wiar (1141-1162) deutsche Siedler in den Karpatenraum, um das dünn- besiedelte Gebiet zu kultvieren und die Grenzen des Reiches a Kin- nach Osten abzusichern. Die „Siebenbürger Sachsen“ rode- ten und bebauten das Land, gründeten Dörfer und Städte und derl sein vollbrachten beispielhafte wirtschaftliche und kulturelle Leis- tungen. Sie lebten dort 850 Jahre lang unter ungarischer, os- manischer, habsburgischer, erneut ungarischer und schließlich Muader, rumänischer Hoheit. a Hünderl sein Herrn. Du- ri‘s Tal bin i glafn, afn Hügl bin i glegn, und dein Sunn Abb. 1: Der Vogel war für die Siebenbürger Sachsen ein Symbol der Freiheit und die Ackerscholle Grundlage ihres Lebens; Foto © Schuller hat mi tri- Die Geschichte der Siebenbürger Sachsen endete infolge der ckert, wann politischen Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg. Ein Teil der Menschen flüchtete im Herbst 1944 nach Westen, viele ver- ließen das Land während der kommunistischen Diktatur, der mi gnetzt hat Großteil folgte nach der politischen Wende des Jahres 1989. In Oberösterreich leben heute ca. 24.000 Personen in Familien mit dein Regn. siebenbürgischer Herkunft. Sie sind die Nachkommen der im

LEINENSTICKEREI Herbst 1944 vorwiegend aus Nord-Siebenbürgen Geflüchteten.

Dahoam is 60 dahoam, Die österreichischen Siebenbürger Sachsen sind inzwischen in ihrer neuen Heimat in Ge- sellschaft und Wirtschaft integriert. Nach alter Gepflogenheit gründeten sie Nachbarschaften und einen übergeordneten Landesverband. In diesem Rahmen pflegen sie ihr altes Brauch- tum, tragen bei besonderer Gelegenheit die schönen Trachten und stellen in Heimatstuben und kleinen Museen die qualitätsvollen Leinen- stickereien zur Schau. Ein Teilgebiet dieser be- deutenden Volkskunst, die Muster und Motive der Leinenstickerei, wird in dem vorliegenden Beitrag betrachtet und in Erinnerung gerufen.

Volkskunst und Leinenstickerei In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts er- kannten die Fachkundigen den Wert der Volks- kunst. Der Wiener Kunsthistoriker Alois Riegl(1) (1858-1905) verwies im Jahr 1894 in seinem Buch „Volkskunst, Hausfleiß und Hausindustrie) auf die Bedeutung der Volkskunst im Karpaten- raum, die dort „im Verborgenen blüht“.

Emil Sigerus(2) (1854-1947), Pionier der Volks- Abb. 2: Wandbehang: Eichenlaubbordüre, achtstrahliger Stern, Tulpen und Granatäpfel, Zopfstich, altrosa Stickgarn, Rusina Kuales 1885; Foto © Schuller kundeforschung in Siebenbürgen, erfasste als erster in einer Sammlung die Muster der Lei- nenstickerei(3). Die Mappe ist heute noch ein Standardwerk auf dem Gebiet der Volkskunde. Durch seine Aufklärungsarbeit wurde den Sie- benbürger Sachsen die Tradition ihrer Volks- kunst bewusst und die Leinenstickerei erlebte in den folgenden Jahrzehnten eine Blütezeit. Einige der damals entstandenen Heimtextilien sind in unserem Museum zu bewundern.

Den Wandbehang (Abb. 2) aus dem Jahr 1885 rahmen Eichenlaub- und Blumenbordüren. Als Zentralmotiv wurde der Sigerus-Stern gewählt. Die Stickerei besteht aus altrosa Garn, einer Far- Abb. 3 - Polsterbezug: Falkenritter, Landzuteiler des ungarischen Königs in der Einwanderungszeit der deutschen Siedler ab 1150; Foto © Schuller be, die seinerzeit aus pflanzlichen Substanzen gewonnen wurde. Die Künstlerin des Werkes Rusina Kuales verewigte sich mit Namen und Jahreszahl.

Das Bild auf dem Titelblatt (Seite 60) ist ein Mo- tiv mit viel Symbolgehalt: Aus den Schollen des

61 Ackerbodens sprießt ein Blumenbäumchen (Lebensbaum) hervor, auf dem ein Vogelpaar schaukelt. Für die Siebenbürger Sachsen war der Vogel Symbol der Freiheit und die Acker- scholle Grundlage ihres Lebens (Abb. 1).

Tradition und Eigenheiten von Hans Wühr (1891-1982), Kunsthistoriker(4) „Fast alle unsere alten Muster sind nicht etwa von unseren Frauen im Dorf erfunden, sondern sie sind wie wanderndes Märchengut über- nommen und weitererzählt worden. Gleich- Abb. 4 - Polsterbezug: Prinzessin im Schlossgarten, Kreuzstich, Garn mehrfärbig; Foto © Schuller wohl erhielten sie in der Umwelt der Frauen ihre Bedeutung und zugleich ihre Lesbarkeit. Eine Sammlung von alten Mustern der Leinensticke- rei ist im Tiefsten eine Sammlung von Märchen und Weistümern, die man sich einst erzählt hat und die nun verschollen sind. (Abb. 4)

Die Schönheit der meisten hier abgebildeten Muster ist gegründet in dem Strahlungsver- mögen von Symmetrie und Reihung, das ihren Gebilden und Bildern innewohnt. Symmetrie ist die urhafteste und ursprünglichste Art, wie Gottvater es am ersten Schöpfungstag tat, das Chaos der Welt zu ordnen und eine Mitte zu setzen, die Licht und Finsternis scheidet, rechts und links verteilt, oben und unten, Cherub und Abb. 5 – Bettdecke: Feldblumen-Bordüre: Kornblumen, Weizenähren; Luzifer. Foto © Schuller

Eine andere Art feierlich zu ordnen ist die Rei- hung, die gleichmäßige rhythmische Fügung der Dinge zu einer unendlichen Prozession oder zu einem nach allen Seiten fortlaufenden Rapport. Wie ein endloser fröhlicher Kehrreim folgen Geburt, Hochzeit und Grab. So gleich- mäßig verlaufen in einer Borte die Muster.“

„Als die deutschen Siedler, vom ungarischen König Geisa II. (1141-1161) gerufen, ins Land ka- men, wurden sie planmäßig vom Beauftragten der Krone in die einzelnen Siedlungsgebiete eingewiesen“ schrieb Adolf Schullerus(5) (Volks- kunde 1926). Der Falkenritter deutet auf den Anfang der deutschen Siedlungsgeschichte in Abb. 6 – Bettdecke: Gartenblumen-Bordüre: Rosen, Passionsblume Siebenbürgen. (Abb.3) Foto © Schuller

62 Blumen als Stickmotiv Die Naturverbundenheit der Menschen in ih- ren Dörfern zeigt sich in vielfältiger Weise in der Gestaltung der Leinenstickarbeiten. Für die Frauen war vor allem die Blumenfülle in den Gärten Vorbild und Inspiration. Rosen, Tulpen und Nelken waren beliebte Motive, ebenso Sonnenblumen, die Passionsblume und viele andere. Von den Früchten sind Eicheln, Wein- trauben und der Granatapfel zu erwähnen. Letzterer wegen seines Fruchtbarkeitssymbols.

Abb. 7 - Tischdecke: Blumenbordüre, Zopf- und Kreuzstich, dunkelrotes Garn, Die Blumendarstellungen sind oft extrem stili- Ausstellung-bereich des Museums in Vöcklabruck; Foto © Schuller siert, so dass eine Zuordnung oft nicht exakt erfolgen kann. An den Tisch- und Bettdecken sowie Wandbehängen sind die Bordüren Hauptelemente. Die Blumen werden in Reihen aneinandergefügt und durch Stiel- oder Blatt- werk verbunden. Die Abgrenzung zwischen den Streifen erfolgt durch Blatt-, Zahn- oder S-Bänder. Letztere erinnern an frisch aufgewor- fene Ackerschollen.

Nebenstehende Ausschnitte aus Bordüren las- sen sich wie folgt deuten: Die obere dreirei- hige Abbildung könnte eine Komposition aus Feldblumen mit Kornblumen, Weizenähren und Halmen sein. Die untere Darstellung besteht aus Gartenblumen, einer Passionsblumen-Folge im Abb. 8 - Zierpolster: Gestickte und gewebte Motive, rotes u. schwarzes Garn, mittleren Feld, zu beiden Seiten mit Rosenran- Mustervielfalt; Foto © Schuller ken begrenzt. Bordüren können auch nur aus Blattwerk bestehen, beispielsweise aus Eichen- laub. (Abb. 2, 5, 6)

Zentralmotive in Leinenstickarbeiten sind kreis- runde, meist achtstrahlige Sterne (Abb. 10), ova- le Blumensträuße (Abb. 7) oder Lebensbäume (Abb. 11), in deren Geäst Früchte und Blumen eingebettet sind. Die Farbwahl ist in aller Re- gel monochrom, wobei das rote Stickgarn am meisten verwendet wurde. Große Verdienste hat sich Emil Sigerus mit der Sammlung der Muster und Motive erworben.

Abb. 9 - Zierpolster: Gestickte und gewebte Motive, rotes u. schwarzes Garn, Mustervielfalt; Foto © Schuller

63 Gute Stube und hohes Bett Der Hauptraum im siebenbürgisch-sächsischen Bauernhaus, genannt „Gute Stube“, beeindruck- te durch die schmucke Ausstattung mit bemal- ten Kästen, Truhen, Tischen und Stühlen, die reichhaltige Zierkeramik auf Krügelleisten an den Wänden, den grünen Kachelofen aus De- korkacheln und die überschwänglichen Fülle an Leinenstickerei. Viele Gegenstände trugen als Schmuck Blumen- und Pflanzenmotive. Viel- fach wurde auch die Tierwelt einbezogen.

Ein Blickfang im Raum war das „Hohe Bett“, wel- ches vor allem zur Repräsentation diente. Bett- köpfe und Bettseiten waren mit bunten Blumen auf olivgrünem oder dunkelblauem Grund be- malt. Über dem Bett lag eine gestickte Decke, die Wand hinter dem Bett schmückte eine hüb- sche Leinenstickerei und auf dem Bett türmten sich in mehreren Lagen bestickte Pölster.

Zu den wertvollsten Stücken im Raum zähl- Abb. 10 - Zierpolster: Sonnenmotiv, achtstrahlige Rosette, Pinienzapfen und Blumen, rotes Garn; Foto © Schuller te die Tischdecke. Ein Original wird heute im Museum der Heimat behütet und zu beson- deren Anlässen verwendet. Es zeigt Stickkunst in Vollendung. Dreibahnige Längsstreifen aus Blumenketten und einbahnige aus Tulpen glie- dern das Tuch. Die auf diese Art gebildeten quadratischen Teilflächen sind mit Rosetten aus Tulpen oder Rosen belegt. (Abb. 7)

Eine Anhäufung an Mustern und Motiven bie- ten die Polsterstapel am Hohen Bett. An diesen Schaustücken sind jedoch nur die sichtbaren Stirnflächen mit gewebten oder gestickten Or- namenten geschmückt. Eine Besonderheit ist der schwarze Polsterkopf in der vorletzten Rei- he. Er wurde aus steifem Ziegenhaar gewebt. (Abb. 8 und 9)

Abb. 11 - Bettdecke: Blumenbaum und Rosen-Bordüre mit Passionsblumenranke; Foto © Schuller

64 Siebenbürgische Bauernstickerei von Trude Nussbächer

Mit Händen braun und rau wie Wurzelstrunk Führt sie die Nadel und den Faden, Uraltes Muster lebt aus der Erinnerung, Und unter ihren alten Händen wird es jung.

Die Hirsche wandeln steif auf hohen Beinen, Geweih verästelt sich in kleinen Treppen, Schwarz oder Rot steht es auf mattem Leinen, Und fingergroße Frauen ziehen ihre Schleppen. Abb. 13 - Rad mit Speichen-Muster, helle Leinwand, braunes Stickgarn; Foto © Schuller

Von Nelken, Enzian und Winden, Siebenbürgisch-sächsisches Volkslied Von Truthahn, Pfau und anderem Getier Kannst Bild und Spur du finden, Et såß e kli wäld Vijeltchen Auf schwerem Ross erhebt ein Reiter sein Panier. af enem gränen Nastchen. et sång de gånz Wänjternächt So lebt vom Alltag bis zum seltenen Ereignis de Stämm dä moßt äm klängen. In dieser Arbeit rauer Frauenhände Sänj ta mer mi, sänj ta mer mi, Des Stammes Wirken als ein Gleichnis ta klenet, wäldet Vijetchen! Und mit der Einzelnen geht’s nicht zu Ende. Ech wäll der schreiwen af dehje Flijel mät gielem Güld uch gräner Segd. Denn wenn die alte Frauenhand erstarrt, Hålt ta de Güld, hålt ta denj Segd, So nimmt die Junge auf den Faden, ech wäll der nemi sänjen. Und längst Verklungenes wird wieder Gegenwart Ech bän e kli wäld Vijeltchen, Im Aneinanderreihen vieler Nahten. und nemest kå mich zwänjen. Gånk ta eruow äm defen Duof, Und wieder schreiten Hirsch und Pfau, der Reif wird dech uch dräcken. Und wieder ranken Blumen auf dem Leinen, Dräckt mech der Reif, der Reif äs kalt. Und wieder klingt im stillen Tun der Frau Fra Sann wird mech erwäcken! Des Stammes Leben auf in stummen Reimen. Es saß ein klein wild Vögelein auf einem grünen Ästchen. Es sang die ganze Winternacht, die Stimme mußt ihm klingen. Sing du mir mehr, sing du mir mehr, du kleines wildes Vögelein! Ich will um deine Federlein dir Gold und Seide winden. Behalt dein Gold, behalt dein Seid’, ich will dir nimmer singen. Ich bin ein klein wild Vögelein, und niemand kann mich zwingen. Komm du herauf aus tiefem Tal, der Reif wird auch dich drücken! Drückt mich der Reif so kalt, Abb. 12 - Wandbehang: Wildpferde im Siebenbürgischen Hochland, existieren heute noch, Zopf- und Kreuzstich, rotes Stickgarn; Foto © Schuller Frau Sonn wird mich erquicken.

65 In jedem Haushalt stand ein kleiner Webstuhl. Da mit diesen Geräten nur Leinwandbahnen mit begrenzter Breite hergestellt werden konn- ten, mussten für größere Textilien, wie Bett- decken, Wandbehänge und Tischtücher, die Bahnen aneinandergeheftet werden. Vielfach wurde ein Verbindungsstreifen mit besonde- ren Mustern eingesetzt, um die erforderliche Breite zu erreichen.

Den Hauptanteil an der Produktion hatte die schlichte naturbelassene Leinwand. Je nach verwendeter Hanfsorte wurde gröbere oder feinere Leinwand erzeugt, die entsprechend der Verwendungsart eingesetzt wurde. Als Dekoration wurden die Gewebebahnen mit geometrischen Ornamenten geschmückt. Die Muster waren Streifen mit unterschiedlicher Breite, Linien, Zahnreihen, Kreuz-, Punkt- und Strichfolgen. Die bevorzugte Farbe war Rot in unterschiedlichen Tönungen. In besonderen Fällen konnten auch gefärbte Wollfäden ver- Abb. 14 - Verbindung der Bahnen durch Verflechtung, gestickter Blattschmuck wendet werden. Foto © Schuller

Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um einen alten Wandbehang (Abb. 14 und 15), bezeichnet mit Anna Kraft und der Jahres- zahl 1825. Ein Stangentuch (Abb. 16) aus dem Jahr 1882 enthält im mittleren Feld Vögel unter Baumkronen und das Granatapfelmotiv als Bor- düre. Eine gewebte Bettdecke zeigt die Mög- lichkeiten der Anwendung der geometrischen Formen in ihrer Vielfalt. (Abb. 17)

Schlussbetrachtungen

Abb. 15 - Wandbehang: Gewebte Bahnen durch Verflechtung verbunden, 1825 Das Sticken der Muster und Motive war der Ab- Foto © Schuller schluss einer Folge von Arbeitsgängen, die von jeder Hausgemeinschaft im Dorf geleistet wur- den. Die Aktivitäten begannen mit dem Anbau Dekoratives Weben und der Ernte der Pflanzen am Feld. Es folgte Dekorativ gewebte Heimtextilien spielten in die vielschichtige Aufbereitung der Rohstoff- der Ausstattung der Wohnräume eine wichtige bündel zu Fasern. Mit viel Geschick und Emsig- Rolle. Die alte Herstellungstechnik wurde be- keit übernahmen die Frauen in den Wintermo- reits von den ersten Siedlern in Siebenbürgen naten das Spinnen und Weben. angewendet. Als Rohmaterial dienten Flachs- oder Hanffasern aus der eigenen Landwirt- Die Stickarbeit erforderte Geduld, Übung und schaft. Kunstfertigkeit. Vorbilder für die Stickmotive

66 bot die Natur in unerschöpflicher Fülle, wobei die Blumen den größten Anteil stellten. Tier- welt und Fabelwesen waren ebenfalls beliebte Beispiele. Die Objekte der Natur wurden durch vereinfachte Darstellungen in das Stickwerk übertragen. Geometrische Muster gehörten zu den ältesten Formen. Sie eigneten sich für das dekorative Gewebe.

Viele Muster folgen einer jahrhundertealten Tradition. Auffallendes Merkmal der Leinensti- ckerei ist die Ordnung auf der Stickfläche. Diese wurde durch Symmetrie und Reihung der Mo- tive erreicht. Monochrome Garnfarben waren die Regel. Die Farbe Rot wurde am häufigsten gewählt. Schwarz, Blau, Braun und Gelb hatten regionale Schwerpunkte.

Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf einen kleinen Bereich der Volkskunst in Sieben- Abb. 16 - Stangentuch: Vögel auf der Wiese, Blumenreihen, Granatapfel-Borte, bürgen. Der Bogen spannte sich jedoch viel rote Webefäden; Foto © Schuller weiter, von den Haustextilien zu den präch- tigen Festtrachten und von der Zierkeramik zur Schreinermalerei. Nach der Flucht der Sie- benbürger Sachsen aus Nordsiebenbürgen im Herbst 1944 wurde die Stickarbeit von den Frauen in Österreich noch jahrzehntelang wei- ter ausgeübt, bis sie schließlich versiegte. In Zu- kunft werden die Museen an die Tradition der Volkskunst aus Siebenbürgen erinnern.

Abb. 17 - Stangentuch: Streifen, Linien, Zahnreihen, Kreuzreihe, rotes Garn Foto © Schuller

FUSSNOTEN WEITERFÜHRENDE LITERATUR (1) Alois Riegl: Volkskultur, Hausfleiß und Hausindustrie. - Klusch, Horst (Konzept und Koordination): Aus der Volks- Berlin, 1891, Seite 42f kunde der Siebenbürger Sachsen, Hermannstadt 2003 (2) Emil Sigerus war Ehrenmitglied des Museums für Volks- - Riegl, Alois: Volkskunst, Hausfleiß und Hausindustrie, Berlin 1994 kunde in Wien - Schmid, Rose, Förderreuther, Werner: Siebenbürgische (3) Emil Sigerus: Siebenbürgisch-sächsische Leinenstickereien Haustextilien als Wohnraumschmuck, München 2001 mit Vorwort von Hans Wühr, Innsbruck 1961, 2. Auflage - Schullerus, Adolf: Siebenbürgisch-sächsische Volkskunde (4) Vorwort zur Sammelmappe des Emil Sigerus im Umriss, Leipzig 1926, Reprint: Augsburg 1998 (5) Adolf Schullerus: Siebenb.sächs. Volkskunde - Sigerus, Emil: Leinenstickereien mit 42 Tafeln und einem Vorwort von Hans Wühr, 1. Auflage, München 1961

67 Hoamat- BEWEGUNGSMUSTER DER HEIMATFORSCHUNG. land, Hoa- SELBE SCHRITTE, ANDERE DREHUNG  matland, di von Siegfried Kristöfl han i so Abstract: Dieser Artikel vermittelt einen akzentuierten Überblick, was gern! Wiar Heimatforscher antreibt und was die Heimatforschung in den letzten hundert Jahren bewegt hat. Denn in Oberösterreich a Kin- entstanden vor allem in den 1920er Jahren einige öffentlich- keitswirksame Impulse. Bei allen Entwicklungen und Veräste- derl sein lungen bleibt als Kern dieser Beschäftigung nicht die Reflexion des „Heimat“-Begriffs, sondern die Beziehung zum kulturellen Erbe. Daher plädiert der Autor für einen bewussten ‚Interpre- Muader, tation Turn‘ in der Heimatforschung, um deren Potential in der zeitgemäßen Kulturvermittlung zu entfalten. a Hünderl Ähnelt Heimatforschen einem Graben oder einem Heran- und sein Herrn. Vorwärts-Tasten? Ist es ein Suchen nach Wurzeln und Anfängen oder ein Verweilen an den Quellen? Gleicht es der Bewegung einer Fliege oder dem Treiben in einer Strömung? Erlebt man Du- Genuss oder Mühe? Was motiviert zu diesem Tun, was zeichnet es aus? ri‘s Tal bin Zumindest was Heimatforscher an ihren Kollegen schätzen, bleibt in deren Nachrufen verewigt:(1) Es ist neben ihrer Freund- i glafn, afn lichkeit vor allem der Fleiß, der Eifer, die Arbeitslust - selbige war meist „rastlos“ oder „unerschöpflich“. Und diese Charak- Hügl bin i tereigenschaften bleiben durch die Jahrzehnte ein Maß. Me- thoden, Themen, Hilfsmittel der Forschenden ändern sich, ihre glegn, und disziplinierten Grundeinstellungen bleiben. Mit ihren Soft Skills passen sie vom 19. Jahrhundert an in eine effiziente Leistungs- gesellschaft. In nichts unterscheidet sich die Arbeitshaltung von dein Sunn Heimatforschern vom bürgerlichen Arbeitsethos; was nicht überrascht, denn hatten sie doch auch stets eine bürgerliche hat mi tri- Karriere. Heimatforschen wird ja meist ehrenamtlich ausgeführt – ist also eher Ausdruck einer überdurchschnittlichen Leistungs- ckert, wann bereitschaft denn ein Hinweis auf Müßiggang und entspannter Gelassenheit. mi gnetzt hat Wer konnte es sich in den 1920er Jahre leisten, Heimatkunde zu betreiben, sei es kraft eines Amtes, sei es als Muse in einer dein Regn. Freizeit? Es wäre falsch zu behaupten, dass sich auf die Heimat-

HEIMATFORSCHUNG forschung allein klerikale Hände legten, aber es liegt nahe, dass

Dahoam is 68 dahoam, sie in diesen Händen besonders gut gedieh. Es Vertreter sind umfassend gebildet und versiert waren sozial abgesicherte Menschen, es waren in vielerlei Fragen. Respektspersonen – neben Priestern vor allem Lehrer, Beamte, Handwerkermeister oder Frei- Als Historiker galt es, eine Nähe zu historischem berufler wie Ärzte und Juristen. Menschen aus Quellenmaterial herzustellen. Man musste le- der Arbeiter- oder Landwirtschaft war die ak- sen, verstehen, dokumentieren und beschrei- tive Beschäftigung mit Vergangenem schwer ben. Es ist daher naheliegend, sich einen Hei- zugänglich. matforscher des 19. Jahrhunderts als Archivar oder Bibliothekar vorzustellen. Und wirklich Neben dieser gepflegten Arbeitshaltung kann verstand sich der erste Archivar des Oberöster- man weitere wissensgeschichtliche Bewe- reichischen Landesarchivs als solcher. Ferdin- gungsmuster beobachten, die die Heimatfor- and Krackowizer, studierter Jurist und einfacher schung auslöst und Heimatforscher antreibt. Ein Konzeptsbeamter, hatte sich diese Position in Rückblick in deren Geschichte, ein Sprung von den 1870er durch die Abfassung einer „Hei- hundert Jahren, zurück ins 20. Jahrhundert, in mats(!)kunde von Oberösterreich“ erschrie- die bewegten 1920er Jahre, erschließt, wieviel ben.(2) Als er 1903 von einem ausgebildeten von dem schon seinerzeit vorhanden war, was Historiker und jungen Absolventen des elitä- Heimatforschung leistet. ren Instituts für Geschichtsforschung in Wien abgelöst wurde, erfuhr er die Strenge, die Wenn Heimatforscher auf die Heimatfor- mittlerweile in die akademische Historiogra- schung von damals zurückblicken, tun sie es phenwelt eingezogen war. Ignaz Zibermayr so wie Bauern auf die Arbeit ihrer Vorfahren ignorierte den bisherigen Weg, bezeichnete rund um die Höfe blicken. Sie sehen dasselbe seinen Vorgänger als Sammlernatur und lob- Land, denselben Boden. Es ist dieselbe Arbeit, te ihn lediglich für seine zierliche Handschrift die sie beschäftigt, ausgeführt mit anderen Mit- auf den Aktenbänden. Zunftbewusst richtete er teln und Möglichkeiten, mit anderen Erträgen das Archiv als erste Instanz für landeskundliche – aber mit derselben Verantwortung: Heimat- Forschungen ein und als zentrale Anlaufstel- forschung betrieb man immer schon auch für le für historische Forschungen. Mit ihm setzte die nächste Generation, immer mit dem Blick im Land die Abgrenzung zwischen Historio- auf eine gewisse Nachhaltigkeit. graphie und Heimatkunde ein. Diese Grenz- linie wurde eben nicht von Heimatforschern Grundschritte der Heimatforschung gezogen, dafür sind sie, wie erwähnt, in ihren Heimatforschung wird landläufig am ehesten Interessen zu unscharf und zu breit aufgestellt. mit Geschichte in Verbindung gebracht, wenn Es war der akademische Habitus, der die Linie man nach ihrer Nähe zu akademischen Diszi- zu den Dilettanten oder Amateuren definierte. plinen fragt. Das ist richtig, weil sich ihr Blick Grenzziehung ist der Anspruch von Disziplinen auf Vergangenes, auf Entstehung und Herkunft und ihren Exekutoren. Laissez-faire wiederum richtet. Im Grunde tangieren ihre Interessen gehört zum Basisverständnis von Heimatfor- aber mehrere verschiedene Wissenschaften. schung. Zum widersprüchlichen Verhältnis for- Heimatforschung – um es einmal mit einer mulierte zeitgenössisch Franz Berger, ein aka- sportlichen Bewegungsmetapher zu versinn- demisch ausgebildeter Lehrer und gleichzeitig bildlichen – gleicht einem Art Mehrkampf. Die prononcierter Förderer heimatforscherischer Rekorde in den einzelnen Disziplinen halten die Ambitionen im Land, 1918, noch während des Spezialisten, in diesem Bewerb sind Allroundfä- Krieges, einen dynamischen Kompromiss: Hei- higkeiten gefragt, um die volle Leistungsbreite matforschung wächst und arbeitet von unten, abzudecken. Die Heimatforscher stehen immer von oben herab agieren die Hochschulen. Das am Rande der Spezialdisziplin, aber ihre besten Ziel für beide wäre es, die Kluft zwischen ge-

69 lehrten und ungelehrten Schichten im Volk zu Führen von Pfarrchroniken und das Anlegen überwinden, um gemeinsam „am Turm der von Gemeindechroniken wurden gegen Ende deutschen Bildung“ zu bauen.(3) des 19. Jahrhunderts vom Bischof und von der Landesregierung in Auftrag gegeben. Für die- Wie und wann überhaupt Heimatforschung se Sammlung lokal eingegrenzter Geschichten entstand - sei es in Oberösterreich oder sonst recherchierten motivierte Chronisten auch ver- wo - ist hier nicht die Frage. Eine Antwort da- gangene Ereignisse und versuchten Auskunft rauf dürfte es sowieso nur literarisch geben. zu geben über zeitlich weiter zurückliegende Sasa Stanisic reflektiert in seinem Dorfroman Geschehnisse: Man erarbeitete sich Geschich- „Vor dem Fest“ treffend darüber: „Wer schreibt te - Stein für Stein, Seite um Seite. die alten Geschichten? (…) Einer. Einer schreibt. Einer hat es immer geschafft“.(4) In jeder Gesell- Der Heimatforscher als Chronist sieht sich selbst schaft gäbe es eine Person, die sich herausge- als neutraler Beobachter, idealistisch als Hüter fordert und gleichzeitig fähig fühlt, Geschehe- an der Schwelle des Vergessens. Er protokol- nes zu protokollieren. liert, er notiert, er bewahrt. Immer beschreibt er dabei auch seine eigene Lebenswelt. Sein Der Moment des Weitergebens in der Heimat- Platz ist mitten in einer Gemeinde, in die er forschung hat seinen Ursprung in der Geste auch selbst eingebunden ist, ausgestattet mit des Erzählens im persönlichen Umkreis: Von dem Privileg, auszuwählen, belohnt mit dem Vorfahren und Vorfällen, Geschichten, in de- Vorteil, über vieles Bescheid zu wissen. Er hat nen Warnungen und Ermunterungen stecken, das verantwortungsvolle Mandat, die laufen- Erklärungen von Zusammenhängen oder An- den Ereignisse für die Nachwelt festzuhalten. deutungen von Kausalitäten Daher erlebt sich der heimat- – allesamt wichtige Informa- Heimatforscher als forschende Dokumentarist tionen, die im Wechselspiel Chronisten haben das als Vertreter einer älteren, im von Zuhören und Erzählen Privileg auszuwählen Grunde weiseren Genera- weitergegeben werden. Das tion, die einer jüngeren ein ist übrigens ‚Storytelling‘ in Reinkultur. grundlegendes Wissen bereitstellt. Diese Jün- geren sind es, die lernen müssen von den Er- Die diesem erzählbaren Wissen vorausgehen- fahrungen und Erlebnissen der Vorfahren und de ursprüngliche Suchbewegung in der Hei- Vorgänger. matforschung hat der Nobelpreisträger José Saramago literarisch - in einem Roman über Dieses noch junge Verlangen nach einer chro- den Weg des ersten Elefanten durch Euro- nikalischen Dokumentation wurde im Ersten pa - fixiert: „Die Vergangenheit ist eine riesige Weltkrieg verstärkt. Johann Sigl, Pfarrer von Steinwüste, die viele am liebsten wie auf einer Kleinzell und treibender Heimatforscher im Autobahn durchqueren, während andere ge- Oberen Mühlviertel, appellierte 1916 an die Be- duldig von Stein zu Stein wandern und jeden völkerung: „Schreibt Familien- und Ortschroni- einzelnen hochheben, weil sie wissen müssen, ken“! Der Sinn wäre offensichtlich: „Wahrlich, was sich darunter befindet.“ (5) ein großes Versäumnis wäre es, wenn man von der jetzigen so großen und wohltuenden Das Eine wie das Andere wurde bereits vor 1900 vaterländischen Begeisterung und allgemei- bewusst gepflegt und gefördert: Den Stein nen Opferwilligkeit den späteren Haus- und aufzuheben als auch mitschreiben zu wollen. Ortsbewohnern keine Kunde zurücklassen Diese Bedürfnisse entfalteten sich vor hundert würde (…)“.(6) Er war überzeugt, dass die jet- Jahren nicht nur als persönliche Sehnsucht, son- zigen Kriegsaufzeichnungen in Zukunft ihren dern wurden auch institutionell verlangt. Das Wert bekommen würden, allein schon, um die

70 Begeisterung fortdauern zu lassen. heimatkundliche Beiträge – für sogenannte Ka- lender, Wochenendbeilagen, Tageszeitungen Gleichzeitig suchten Zeitungen in jenen Krisen- und Fachzeitschriften. jahren nach heimatforscherischen Ergebnissen, die patriotische Gefühle stützen und als Vor- Der Heimatforscher als Publizist bewegte sich bild aus der Geschichte dienen konnten für die nicht länger gelehrt im stummen Dialog mit Berechtigung der kriegerischen Handlungen. seinem Quellenmaterial und der Fachliteratur, Der redaktionelle Gestus der Berichterstattung sondern wurde herausgefordert durch die unterstützte die Kriegsmoral der Bevölkerung Form und Regeln der Publikation. Er verfasste stärker als leidenschaftliche Propaganda. Die „Il- Artikel, füllte Seiten, bot sein Material Redakti- lustrierte Kriegsbeilage des Linzer Volksblatts“ onen an, wollte einem Publikum gefallen, ge- etwa druckte lange Artikelserien über Kriege staltete Lesestoff, verwertete das Gefundene. in Oberösterreich, über Feldherren oder über Für die Richtigkeit der Darstellung bürgte er als Beziehungen zu den aktuellen militärischen Autor selbst. Feinden ab. Verfasser war ein junger Kaplan im Mühlviertel namens Michael Kaltenbrunner, der Die 1920er Jahre – Bewegung in der sich seit diesen Tagen bis an sein Lebensende Öffentlichkeit damit beschäftigte, lokale heimatkundliche Bei- In den 1920er Jahren blickte man zurück auf träge zu recherchieren und zu publizieren.(7) eine Pionier-Zeit der Heimatforschung im 19. Jahrhundert, die Standardwerke der Landes- Der Verlauf und der Ausgang des Ersten Welt- kunde und gewichtige Beiträge zur vaterländi- kriegs bildeten keine Zäsur für die Heimatfor- schen Geschichte hervorgebracht hat. Diverse schung. Die Heimatforscher-Szene beklagte Monographien und Stadtgeschichten wurden keine Verluste. Das Gros der Aktiven hat den selbstverständlich noch als wertvolle Hilfsmit- Weltkrieg körperlich unversehrt überstanden. tel benutzt, aber die zeitgenössischen Exper- ten wussten, dass ihr Publikum bereit für neue Die patriotische Aufgeschlossenheit der Kriegs- Publikationen war. Das Standardwerk des Lin- jahre gegenüber Geschichten aus der Ge- zer k.k. Gymnasialprofessors Ludwig Edlbacher schichte und das latente Dokumentationsbe- zur Landeskunde von Oberösterreich(8) und die wusstsein haben in den 1920er Jahren einen Beiträge im Band 6 des sogenannten ‚Kronprin- Hang zu lokalpatriotischen Ortsgeschichten zenwerks‘(9) waren Geschichte. geschaffen. Das Jahrzehnt wird zu einer Phase der Popularisierung und Verbreiterung. Die Hei- Die Zeit nach dem Krieg verlangte eine ad- matforscher wurden mehr und die Nachfrage äquate Darstellung des Geschehenen. Wenn nach ihren Erkenntnissen größer. Sie bekamen darunter auch bloß eine neue Knapp- und die Chance, an die Öffentlichkeit zu treten. Ihr Nüchternheit zu verstehen war, wie sie z.B. in Wissen blieb nicht länger – wie in den Chroni- einer Ortsgeschichte von Thanstetten zu finden ken – gut verwahrt für die Nachwelt, sondern ist: „1914-1918. Weltkrieg. Dieser Krieg ist noch in wollte schon in der Gegenwart genützt wer- aller Erinnerung. (…) Kriegsschauplätze gegen den. Beiträge zur Geschichte der Gemeinde, die Russen waren in Galizien, Polen, Karpathen der Region oder des Landes – mittlerweile (…). Viele Heimatsöhne liegen dort begraben. auch friedlich - wurden beliebter Lesestoff. Für (…) Die Kriegsschauplätze gegen Italien lagen die Heimatforscher eröffneten sich neue Spiel- meist in den südlichen Kalkalpen (…). Unsere räume: Sie arbeiteten nicht mehr für den einen Heimatsöhne kämpften auch in Serbien (…). großen Wurf, investierten ihre Energie nicht Im Frieden von San(!) Germaine wird Öster- mehr für die vollständige Bearbeitung eines reich-Ungarn vollständig zertrümmert.“ (10) Forschungsgegenstandes, sondern lieferten

71 Und auch die Republik bedurfte zeitgemäßer dern, die den deutsch-österreichischen Staat Präsentationen ihrer Vergangenheit. Die Hei- bilden. Mit diesem Selbstbewusstsein, einer matforscher boten dafür Beiträge zur Steige- Mischung aus föderalem Triumph und jovialem rung des Landesbewusstseins. Sie appellierten Provinzialismus, gehen die Heimatforscher zu an die Heimatliebe und förderten mit ihren Werk. Sie wissen sich mit ihrem bereit gestell- Darstellungen eine oberösterreichische Identi- ten Wissen respektiert und gleichzeitig wissen tät. Was sie nicht leisteten, war eine Stärkung sie, die Ambitionen von örtlichen Tourismusver- und Unterfütterung der neuen demokratischen einen zu unterstützen, indem sie zu Streifzügen Einrichtungen mit historischen Erzählungen. durch die Regionen, Viertel und Täler animie- Kulturgeschichte war angesagt, nicht politische ren. Heimatforschung verbreitete Optimismus. Bildung. Die Schönheit und Besonderheit des Landes wurden herausgearbeitet, nicht soziale In Bewegung versetzten Heimatforscher ihr Pu- Konfliktmomente und politische Lösungsmo- blikum in den 1920er Jahren auch als Teil des delle beschrieben. ‚Heimatschutzes‘, wenn sie - territorial orga- nisiert in ‚Gauen‘ - sogenannte ‚Heimattagun- Die Heimatforscher bedauerten keineswegs gen‘ organisierten und zu einem programma- den Verlust des Status eines imperialen Kron- tischen Wochenende voller Fachvorträge in landes und sie sicherten auch nicht restaurativ eine Grenzstadt des Landes einluden. Dabei die monarchischen Reste und Traditionen. Sie bewegten sie die Menge vor allem im Sinne waren positiv zukunftsorientiert und erkannten von ‚mobilisieren‘ und ‚aufrütteln‘. Denn sie begeistert Chancen. Sie betonten unisono den unterstützten dadurch auf ihre Weise – in ei- kulturellen Reichtum des Landes. Nicht ungern ner „machtvollen Kundgebung“(13) – politische sprachen sie sogar von einer Tendenzen eines staatlichen „geschichtlichen Sendung“ Heimatforscher erkannten Anschlusses an Deutschland. des Landes. In einem pa- Chancen im kulturellen Der Inn war kein trennen- thetischen Vorwort im Band Reichtum des Landes der Grenzfluss, sondern die „Ober-Österreich“ aus dem Verbindung zweier Ufer mit Jahr 1926 wird diese Phrase erklärt: Die Heimat deutschsprachiger Bevölkerung und deutscher sei eine Trägerin „köstlicher Kulturgüter“ auf ei- Kultur. Bei diesen Treffen – etwa in Braunau ner „altgeheiligten Stätte“ und „gesegnet durch 1920, Passau 1921 und Linz 1925 – war von Stam- eine Landschaft von einzigartiger Schönheit“.(11) mesbrüdern die Rede und von einem gemein- samen Kulturraum. Die internationalen, akade- Ein Jahr davor bemerkte in einer ähnlich ge- mischen Referenten stellten Rassentheorien wichtigen Anthologie ein Heimatforscher wort- genauso vor wie kunstgeschichtliche Objekte wörtlich: „Uns armen Österreichern, denen ein oder regionalgeschichtliche und geographi- geruhsamer Aufenthalt im vielfach bunteren sche Besonderheiten. Heimatforscher konn- Ausland größtenteils wirtschaftlich verschlos- ten auf Versammlungen mit ihren Vorträgen sen ist, hat sich ein – bis vor dem Weltkrieg Stimmungen entfachen, politische Tendenzen noch viel zu wenig gepflogenes – Genuss- unterfüttern und gesellschaftspolitische Sehn- und Arbeitsgebiet in immer mehr steigen- süchte zumindest temporär erfüllen. dem Ausmaße aufgetan, an dem sich jeder, der Schlichte wie der Hochgelehrte, arm und Auf diesen Heimattagungen wurden auch in- reich, jung und alt gleich innig beteiligen kann: haltliche Debatten geführt und fachliche Leit- die Erschließung der Heimat.“ (12) linien für die Heimatforschung präsentiert. Durch den Abdruck der Reden wurden diese Dieses Oberösterreich ist seit 1918 wichtiger programmatischen Überlegungen verbreitet. geworden; es ist eines von nur mehr neun Län- In Braunau 1920 definierte Franz Berger: „Das Er-

72 forschen des längst Vergangenen in der Natur- dung zu volkskundlichen Themen. Wenn man und Menschheitsgeschichte bezeichnen wir wollte, könnte man von einem ‚Hoamat-Turn‘ als Heimatkunde, das Wort im weitesten Sinn sprechen. Auch diese Akzentuierung steht, gefasst (…) zerfällt in Landschaftskunde (…), in neben der fortschreitenden Entwicklung der Heimatgeschichte, Volkskunde und Kunstge- Museen als Sammlungsorte, in Verbindung schichte.“(14) mit dem entsprechenden Engagement von Persönlichkeiten. Vor allem der studierte Ger- Alle programmatischen Ideen blieben bloß manist Adalbert Depiny in seiner Funktion als Empfehlungen und motivierten Kollegen zur staatlicher Volksbildungsreferent für Oberös- Qualitätssteigerung bei ihrer Arbeit. Zu einer terreich war dafür verantwortlich. Er redigier- Vorschrift wurde keine, weil Heimatforschung te die Zeitschrift „Heimatgaue. Zeitschrift für weiterhin ungeregelt, frei und ohne Zugangs- oberösterreichische Geschichte, Landes- und beschränkung blieb. Volkskunde“ und bot darin Platz für viele volks- kundliche Beiträge, wenn es mitunter auch nur Dieser Franz Berger war als Pädagoge, später Beobachtungen und erste Notizen waren. Es sollte er zum Landesschulinspektor und Hof- ging um Tänze, Sagen, Lieder, Bräuche, Haus- rat aufsteigen, bestens geeignet, Heimatfor- formen, Trachten, Feste. Die Dokumentationen schung als Unterrichtsprinzip an Schulen zu jener Zeit bildeten die Basis für die Wertschät- etablieren. Er widmete auch viele Jahre seiner zung des immateriellen Kulturerbes heute. aktiven Karriere diesem pädagogischen An- liegen. In diesem Zusammenhang prägte sich Adalbert Depiny und Franz Berger waren die auch die Verwendung des Begriffs ‚Heimatkun- zwei wichtigsten Protagonisten in der ober- de‘ aus. Das mindeste Ergebnis dieses Engage- österreichischen Heimatforschung jener Zeit. ments war die Begeisterung von Lehrern für Sie gaben das Tempo vor, sie förderten und heimatforscherische Aktivitäten, die inspiriert ermöglichten, erreichten Aufmerksamkeit, Ein- neue Lehrmittelsammlungen anlegten und mit fluss und Öffentlichkeit. Ihr mittlerweile verges- ihren Schülern Wanderungen und Exkursionen senes umfangreiches Werk und die Etappen organisierten.(15) ihrer Karriere sollen an einer anderen Stelle einmal ausführlich dargestellt werden. Selbst- Als Vordenker galt der sudetendeutsche Päd- verständlich gelang es beiden, ihren Einsatz für agoge Josef Blau, der 1919, am Ende des Welt- die Sache auch in ihrer eigenen beruflichen kriegs, prophezeite: „Die Erziehung wird sich Entwicklung zu verwerten. demokratisieren, sich den innerlichen Bedürf- nissen der Schüler nähern (…). Der unselige Ihr persönliches Verhältnis war rivalisierend. Je- Spuk der Autoritätsschule mit ihren an der Spit- der wollte das Beste für die Heimatforschung ze aller Lehren stehenden nackten Dogmen, und jeder wusste, was das war. Innerhalb der ihren für das praktische Leben wertlosen (…) Szene gab es Konfliktlinien, die sich aus persön- Lehrstoffen (…) soll (…) verschwinden; ebenso lichen Animositäten genauso ergeben konnten die so liebreich gepflegten Herrscheranek- wie aus Neid auf Möglichkeiten oder aus Über- doten und Geschichtslügen, welche unsere schneidungen im Beschäftigungsfeld. Heimat- hilflose Jugend zum patriotischen Rausche al- forscher und Harmonie ist diesbezüglich nicht koholisierten und mit falschen Phrasen blende- mehr als eine Alliteration. Die Fehden, um es so ten und ertäubten.“(16) zu nennen, wurden mit feinen Klingen geführt. Um auch solche Bewegungsmuster zu entde- Parallel zu diesem ‚Heimatkunde-Turn‘ entwi- cken, sei als Beispiel die unterkühlte Rezensi- ckelte sich in der oberösterreichischen Heimat- on Depinys auf eine Publikation Bergers zitiert. forschung in jener Zeit eine verstärkte Wen- 1925 erschien das Buch „Oberösterreich“, das

73 man als Meilenstein der damaligen Heimatfor- Private Züge schung im Land ansehen kann. Franz Berger Neben dieser öffentlichen Seite und den öf- hat es angeregt und als Herausgeber organi- fentlichkeitswirksamen Aktivitäten von Heimat- siert. An die 50 Kollegen hat er eingeladen, da- forschern – Beteiligung an Heimattagungen für Beiträge zu verfassen. Es war eine aktuelle und an Heimatkunde-Fortbildungen, Redaktion Summe der heimatforscherischen Bemühun- und Publikation in Fachjournalen, Sammel- und gen und zeigte die Bandbreite des heimatfor- Kuratorentätigkeiten für Heimatmuseen – erfüllt scherischen Spektrums. Konzipiert war es als Heimatforschung weiterhin immer private An- Lesebuch mit abwechslungsreichen Artikeln sprüche und stillt ganz persönliche Sehnsüch- zu den unterschiedlichsten Themen. Dieses te. Neben allen Aufforderungen, sich einzubrin- Werk war selbstverständlich auch für die Zeit- gen in den gesellschaftlichen Diskurs, schafft schrift „Heimatgaue“ unignorierbar und Depiny Heimatforschen Nischen und bietet die Mög- kommentierte es darin selbst mit den knappen lichkeit, sich zurückzuziehen. Das beginnt beim Worten: „Dr. Bergers Heimatbuch wird sicher Anlegen von Zettelsammlungen, beim Ordnen die ihm gestellte Aufgabe erfüllen und weite von Namen, geht über in Wanderungen und Verbreitung in Schule und Haus finden.“(17) So- Reisen durchs Land, die jeder für sich plante, zusagen die Revanche holte sich Berger fol- und endet beim ungestörten Durchführen von gendermaßen: selbst gewählten Forschungsprojekten. Hei- matforschen ist Kontemplation, gleichzeitig Im selben Jahr fand in Linz eine große Heimatta- Kompensation. Unbesprochen blieben seiner- gung statt, die Berger organisierte. Stolz auf das zeit die Chancen, sich als Heimatforscher quer- Gelingen, erwähnt er den Konflikt mit Depiny, zustellen. ohne dessen Namen zu nen- nen: „Hiebei hatte ich über Heimatforschern droht Claudio Magris erspürt sensi- alle heimlichen Widerstände die Gefahr sich bel, angesichts des Oeuvres gesiegt, die sich mir von eini- zu verirren eines oberösterreichischen gen Seiten entgegenstellten. Donau-Forschers, mögliche Und gerade diese Stellen waren gezwungen innere Kämpfe: Droht unterm agilen Forscher- mitzutun, wenn auch mit süßsauren Mienen.“(18) geist nicht vielleicht Leere und Angst? Angst vor dem Überrolltwerden, vor der Unordnung, Hinter diesem persönlichen Antagonismus „vor dem vernichtenden Wissen um ihren steckt auch eine Rivalität zwischen kollegial Mangel an Leben und Werten“?(19) kooperierenden heimatforscherischen Verei- nen und Gruppen im Innviertel und diversen Und wenn sich Schriftsteller bildlich wie Pelzjä- zentralen Landesorganisationen in Linz. Ihr ger bewegen - „(…) Sie verschwinden für Mo- Zugriff auf die Regionen ging auf Kosten der nate oder gar Jahre in den nördlichen Wäldern, Bezirksstädte. In den Augen von deren selbst- tauchen manchmal nie wieder auf, ergeben bewusstem Bürgertum waren diese Kommu- sich der Verzweiflung dort (…) oder geraten nen nicht weniger wert und ansehnlich als die mit dem Bein in die eigene Falle und verbluten Hauptstadt, steckte in ihnen nicht weniger Kul- leise im Schnee“(20) – so besteht bei Heimatfor- tur und Vergangenheit. Und immer schimmert schern immer die Gefahr, dass sie sich wie Spa- auch ein politischer Hintergrund durch; darf ziergeher beim Schwammerlsuchen im Wald man doch davon ausgehen, dass gerade in verirren. den Anfängen der Ersten Republik die Beset- zung jeder Position von öffentlichem Interesse Unbesprochen blieben die Chancen, sich als und mit medialem Potential einen politischen Heimatforscher querzustellen. Die Wahrneh- Schatten mit sich führte. mung, dass das Ziel jeder historischen For-

74 schung, hin zu den Quellen, eine Bewegung Inhaltlich gab es in der zweiten Hälfte des 20. gegen den Strom der Zeit und damit potentiell Jahrhunderts eine mehr oder weniger schlei- auch gegen den Zeitgeist darstellt, blieb von chende Drehung. Die volkskundlichen Ambitio- den Vordenkern unbeachtet. Den Lauf der Din- nen auf breiter Basis sanken, dafür nahmen ge- ge zu unterstützen, wurde gutgeheißen. nealogische bzw. biographische Projekte zu.

Diese Haltung und die bislang skizzierten Be- Die Beschäftigung mit Ahnenforschung ent- wegungsmuster der 1920er Jahre bestimmten wickelte sich von einem nationalen Stigma den Einfluss und die Wirkung der Heimatfor- weltweit zu einem Markt und die Fähigkeit, schung in den folgenden Jahrzehnten. Was die alte abgekommene Kurrent-Handschrift sich im 20. Jahrhundert daraus als wesentli- zu entziffern, erweist sich plötzlich als Nutzen che institutionelle Entwicklung ergab, war ihre und Vorteil. Auch dabei erleichtern digitale Zu- Verankerung in der offiziellen Volkskultur, die gangsmöglichkeiten (‚Matricula Online‘) zu den Unterstützung durch die Kulturdirektion des Kirchenbüchern der Diözese Linz und der Evan- Landes Oberösterreich und die Ausfaltung als gelischen Kirche A.B. des Landes die Arbeit der Erwachsenenbildungsangebots. Immerhin bie- Heimatforsche bzw. ermöglichen überhaupt tet die ‚Akademie der Volkskultur‘ in Linz jährlich erst die Beschäftigung. einen ‚Ausbildungslehrgang Heimatforschung‘ und Kurse für Fortgeschrittene an. Im ländlichen Raum ergänzen sich die meist privaten Rekonstruktionen von Ahnentafeln Die augenfälligsten Resultate einer populären, oder Familienstammbäumen mit Recherchen als selbstverständlich angenommenen Heimat- und Darstellungen einer Haus- und Hofge- forschung bleiben publizierte Ortsgeschichten, schichte. Daten zu Besitzübergaben werden Heimatbücher und Erinnerungs- bzw. Memoi- mit den Ergebnissen genealogischer Forschun- renbände, die eine Verlagsszene im Schwung gen verschränkt und ambitioniert mit der Auf- halten und ein Kauf- und Lesepublikum finden. zeichnung von biographischen Erinnerungen gekoppelt. Diese Printprodukte haben sich durch tech- nisch-digitale Fortschritte enorm entwickelt. Heimatforschen – und das blieb unverändert Die Redaktions- und Sammeltechniken erreich- als intrinsisches Bewegungsmuster – bedeutet ten ein ungeahntes Level. Die beliebige Kom- weiterhin, ständig zu lauern oder zumindest in bination von Medien (Texte, Dokumente, Fotos einer agilen, aktiven Suchbewegung zu sein. etc.) wurde qualitativer Standard. Die digitalen Trotz aller Digitalisierung imaginiert es das be- Möglichkeiten erleichtern die Produktion und harrliche Ausüben eines alten Handwerks, geht Verteilung und auch die Forschungsarbeit der also einher mit Vorstellungen von Solidität und Heimatforscher. Ihre Suchbewegungen wer- rechtem Maß, von der Atmosphäre einer Werk- den schneller und unabhängiger von Raum statt, dem Ausführen von Handgriffen, die sit- und Zeit. Die Einrichtung großer Datenbanken zen, weil man sie geübt hat, mit der Anwen- - so die ‚ANNO‘-Bibliothek historischer Zeitun- dung von Werkzeugen, die man sich im Laufe gen und Zeitschriften der Österreichischen Na- seines Lebens erworben hat. tionalbibliothek, in Oberösterreich die digitale Landesbibliothek mit vergessenen „Obderenn- In der Selbstwahrnehmung ist das Tun trotz- sia“ oder das Landesarchiv mit haus- und be- dem kein Konstruieren und Basteln. Heimatfor- sitzgeschichtlichen Basisdaten - ermöglichen scher fühlen sich mehr der vergehenden Zeit Zugänge zu Beständen, wie man es sich vor verpflichtet: Heimatforschen ist für sie selbst zu- hundert Jahren wohl nicht zu träumen gewagt allererst ein Zurückschauen. Ihr Sammeln und hätte. Notieren dient dem Bewahren. Nicht jedem

75 Anfänger gelingt dabei ein Systematisieren, ein Gleichzeitig soll man Heimat schwerelos defi- Verknüpfen und ein deutlicher Überblick. nieren als Welt in unmittelbarer Reichweite, als Umgebung, in der man sich engagiert. Darü- Die sicher wirkungsvollste Reaktion, die Heimat- ber Bescheid zu wissen und davon erzählen zu forscher mit ihrer Arbeit bei Menschen – seien können, ist daher eine praktikable Definition von es Leser, Zuhörer oder Geführte – auslösen Heimatforschung. können, ist zu überraschen und zum Staunen zu bringen – also sie zu bewegen oder gar „Was hat das mit mir zu tun“, wird zur neuen zu begeistern. Begeisterung ist eine viel em- Leitfrage, die Heimatforscher bewegen und pathischere, den Phänomenen zugeneigtere antreiben darf. So eine simple Frage? Defensiv Haltung als ein passives Bewundern. Sein Fach- verwendet wirkt sie brüsk und ignorant. Bloß rhe- wissen detailreich auszubreiten, um damit Be- torisch angewendet würde sie eine blanke Na- wunderung zu ernten, ist ein zu billiger Erfolg. belschau rechtfertigen. Aber als Triebfeder eines Pures Faktenwissen, so wie es in den 1920er ehrlichen Interesses bedingt sie die Beziehung Jahren erarbeitet und weitergegeben wurde, zum Gegenüber, dem man seine Zeit widmen ist antiquiert. Wissen ist nützlich, sofern es In- möchte, vermisst die Nähe zu einem Objekt, das dividuen stärkt. Nicht die Menge an Informa- Aufmerksamkeit erregt, sucht sie den verbindli- tionen und Details machen mächtig, sondern chen Dialog. Diese Haltung, die man sich von Be- die Möglichkeit, sich zu öffnen, die Welt zu er- suchern in Museen genauso erwarten darf, wie schließen und mit ihr zu verbinden. Aktiv und von Zeitgenossen gegenüber Phänomenen des neugierig suchen und sich und andere anste- kulturellen Erbes oder von Menschen gegenüber cken mit der Begeisterung für Dinge, die eine ihrer Vergangenheit, ist schlicht ein Ausdruck von kleine Welt bereithält – wenn Resonanz. Besagten Paradig- das Heimatforscher können, Heimatforschung menwechsel könnte man als haben sie viel erreicht und erschließt die Welt ‚Kulturvermittlungsdreh‘ be- wenig falsch gemacht! zeichnen, noch besser wäre der Ausdruck ‚Interpretation Turn‘. Das Neue - der Interpretation Turn Dieses kurze Plädoyer beschreibt auch schon ‚Heritage interpretation‘ ist ein Konzept der Bil- den erstrebenswerten Paradigmenwechsel dungsarbeit, das seine Wurzeln in den Natio- oder ‚turn‘ in der Heimatforschung im 21. Jahr- nalparks der USA hat. Dementsprechend zielt hundert. Er hat sich aufgebaut durch die Pers- es auf die Bewahrung des Naturerbes genau- pektive der Erwachsenenbildung, in der es um so wie auf die Vermittlung des kulturellen Ver- ‚Lebenslanges Lernen‘ geht. Er hat sich ange- mächtnisses. Diese Methode entstand in den kündigt durch das Konzept der kulturellen Bil- 1920er Jahren, also zeitgleich zu den eingangs dung, durch die Betonung der Notwendigkeit beschriebenen heimatforscherischen Initiati- von Teilhabe und dem Ideal eines individuell ven, die in Oberösterreich pulsierten. Das wich- geglückten Lebens. Er ist Teil der Lösung, den tigste Medium dabei sind nicht Publikationen, Begriff Heimat ohne Renationalisierung zu den- sondern persönliche Führungen - das direkte ken. Erleben. Wesentlich sind vier Qualitäten, die entsprechend ausgebildete Vermittler in Ex- Heimatforschen verhilft zur Selbstverantwor- kursionen erreichen können: Der Austausch mit tung und zur Selbstreflexion, gibt Sach- und ihren Gästen, das emotionale Erleben von Phä- Orientierungswissen, stärkt Handlungs- und nomenen, die Wertschätzung des Kulturerbes emotionale Kompetenzen. Durch die Weckung und das Enthüllen von tieferen Wahrheiten. Der dieses Potentials erreicht diese Disziplin die Kernsatz von Tilden Freeman, der diese Metho- Höhe der Zeit. de 1957 schriftlich fixierte, lautet: „Interpretation

76 is the revelation of a larger truth that lies be- Abgesehen vom zentralen Aspekt der Kultur- hind any statement of fact.“(21) vermittlung und den sich selbst aufgelegten Qualitätsanspruch geht es im 21. Jahrhundert Mittlerweile wird Interpretation seit Jahrzehn- um die Bedeutung des Begriffs ‚Kulturerbe‘ als ten weltweit gelehrt, in Form von kurzen Wei- Forschungsobjekt. terbildungen in Kursen bis hin zum kompletten Hochschulstudium. In Österreich ist das Netz Heimatforschung bewegt zur Beschäftigung an Absolventen im Vergleich zu einigen seiner mit Geschichte. Sie hilft Menschen, dem Kul- Nachbarstaaten noch dünn gestrickt. Dass Hei- turerbe einen Sinn zu geben, und fördert den matforschung sich mit den Zielen der Heritage ernsthaften Austausch darüber, was von Be- Interpretation überkreuzt, ist eine mögliche und deutung ist. Dieser Dialog ist nicht nur zur Be- fruchtbare Entwicklung des 21. Jahrhunderts. wahrung von Objekten wichtig, sondern auch für den Zusammenhalt in einer Gesellschaft. Im Grunde waren diese Züge schon in den Vergangenheit, Geschichte und Kultur sind als 1920er Jahren vorhanden. Die Heimatforschung offene Ressource zu begreifen, die bewahrt, zielte ja auch damals auf den Akt der Vermitt- genutzt und weitergegeben wird. lung und auf die Präsentation des kulturellen Er- bes. Aber man war gesellschaftlich noch nicht Die breiteste Definition von Kulturerbe umfasst so weit, die persönlichkeitsstärkende Dimensi- alles, was frühere Generationen hinterlassen on und den positiven Einfluss auf die individu- haben, und gleichzeitig das, was für künftige elle Entwicklung zu benennen. Die Kompeten- Generationen bewahrt werden soll. Die Wich- zen und Chancen waren bereits angelegt, aber tigkeit der Pflege des kulturellen Erbes ist auf noch nicht ausbuchstabiert. Die gesellschaftli- europäischer Eben in der sogenannten „Faro chen Klammern waren noch zu eng und die Convention“ (2005) festgeschrieben. Global tieferliegenden Wahrheiten des Beforschten definiert und schützt die UNESCO das Weltkul- waren noch überlagt von nationalen Deutun- turerbe – materiell wie immateriell. gen, absoluten religiösen Antworten oder par- teipolitischen Prioritäten. Nicht die persönliche Ja, es ist die Heimatforschung, die sich eigent- Resonanz wurde gesucht und gefördert, son- lich wie selbstverständlich um das kulturelle dern eine Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Erbe kümmert. In all ihren beschriebenen Be- wegungsmustern steckt ein Ansatz für dessen Erinnern wir uns an die Rezension Depinys von Bewahrung. Die Heimatforscher bilden eine Bergers „Oberösterreich“ 1925, in der durchaus wesentliche Gruppe (‚community‘), die auf die Bedeutung erkannt wurde, die Leser „zu lokaler Ebene die Beschäftigung damit unter- näherer Beschäftigung“ anzuregen, sie also mit stützt und beeinflusst. Sie stellen nicht nur Fach- der Auswahl an Texten zu berühren, aber da- wissen parat, sondern schaffen eine emotiona- mals eben noch nicht orientiert auf die indivi- le Verbindung. duelle Frage „was geht mich das an“, sondern noch mit dem Ziel, das nationale Kollektiv „Volk Heimatforschen hieße dementsprechend, sein und Heimat“ zu erkennen - und diesem zuzu- kulturelles Erbe anzutreten (indem man es – stimmen. klassisch – erwirbt, um es zu besitzen) bzw. sein kulturelles Erbe antreten, bedeute umge- Heimatforschung im 21. Jahrhundert darf sich kehrt, zum Heimatforscher zu werden. von jeglichem territorialen Zwang lösen. Sie er- zählt zuerst Geschichten von Menschen nicht Als weitere Vision für die nächsten Jahrzehnte von Ländern und schon gar nicht mehr von sollte die Heimatforschung Initiativen forcieren, Völkern. die jüngeren Generationen aktiv teilhaben zu

77 lassen. Die ältesten Millennials gehen schon Jugendliche ein Gespür dafür, was wichtig ist auf die 40 zu und alle Zwanzigjährigen haben für die Zukunft, und Respekt dafür, was einmal keine 19 mehr in ihrem Geburtsjahr stehen. Die besonders war. Heimatforschung ist herausgefordert, deren Potential zu entfalten und deren Perspektive zu Entdecken, erkennen, erzählen – das ist es, was entdecken. Heimatforschung in der alltäglichen Praxis heut- zutage bedeutet. Der theoretische Überbau Junge Menschen zu Heimatforschern zu ‚ma- dazu heißt zeitgemäße Kulturvermittlung mit chen‘, bedeutet nicht, sie mit formalem Wis- Partizipation, kulturelle Bildung im ländlichen sen auszustatten, sondern die Beziehung zu und städtischen Raum und daraus resultierend ihrer umliegenden Region, ihrem Wohnort, die Entwicklung eines Selbstbewusstseins und ihrer Heimat-Gemeinde zu vertiefen, ihnen die Stärkung einer regionalen Identität. Geschichten aus deren Entwicklung bereitzu- stellen, die sie auch überzeugt weitererzählen Heimat braucht Menschen, die sie kennen, können, weil sie sie selbst erschlossen haben. die sie mögen und die sie gestalten. Den Weg Heimatforschung ist ein Bildungsprozess, kein dorthin zu weisen, nennen wir – und das sei Wissenspool mehr. Sie enthält Chancen auf ein das bodenständige und gleichzeitig zukunfts- erfülltes Leben und weist nicht ein ins normier- fähige Bewegungsmuster – Heimatforschung. te Mittelmaß. Idealerweise gewinnen dabei

(1) Vgl. dazu Kristöfl, Siegfried: Heimatforschung. – In: Mitteilun- (12) Berger, Franz (Hg.): Oberösterreich. Ein Heimatbuch für gen des Oberösterreichischen Landesarchivs, Nr. 23, S. 145-172 Schule und Haus. 1925, S. 251 (2) Krackowizer, Ferdinand: Heimatskunde von Oberöster- (13) Neue Warte am Inn, 20.8.1920, S. 4 zur Heimattagung in reich. 1872 Braunau, 15.-18.8.1920 (3) Berger, Franz: Vortrag bei der Hauptversammlung des (14) Berger, Franz: Die Heimattagung in Braunau am Inn vom Museal-Vereins Alt-Braunau am 17.2.1918, S. 37 15. bis 18. August 1920. Separat-Abdruck aus der “Neue (4) Stanisic, Sasa: Vor dem Fest. 2014, S. 222, 227 Warte am Inn”, S. 1 (5) Saramago, José: Die Reise des Elefanten. 2010, S. 31 (15) Vgl. dazu Kristöfl, Siegfried: Heimatforschen – ein unmögli- (6) Sigl, Johann: Kurze Mitteilungen. – In: Beiträge zur Landes- ches Tun. Ein wissenschaftsgeschichtlicher Blick auf die Hei- und Volkskunde des Mühlviertels, Bd. 6, S. 1-2 matforschung in Oberösterreich. – In: Tagungsband zum (7) Kristöfl, Siegfried: Pfarrer Michael Kaltenbrunner. Ein Hei- Symposium für Heimatforschung, Wunsiedel 2019, S. 18-23 matforscher. – In: Walter Fehlinger (Hg.): Schiedlberger (16) Blau, Josef: Heimat und Volkstum. Gedanken und Vor- Chronik. 2017, S. 29-50 schläge zur Erneuerung unseres Schulwesens. 1919, S. 2 (8) Edlbacher, Ludwig: Landeskunde von Oberösterreich. (17) Heimatgaue, Bd. 6., 1925, S. 237 Handbuch für Leser aller Stände. 1883 (18) OÖLA, Nachlass Franz Berger, Sch. 1. Größlhuber, Kreszen- (9) Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, zia: Zum Lebensbild Hofrat Dr. Franz Berger, S. 46 Bd. 6, Oberösterreich und Salzburg. 1889 (19) Magris, Claudio: Donau. Biographie eines Flusses. 1991, S. 72 (10) Kaltenbrunner, Michael: Geschichte der Pfarre Thanstet- (20) Eugenides, Jeffrey: Ich tanze, also bin ich wer. – In: The ten. 1929, S. 74 New York Times 2016 (11) Ober-Oesterreich. Land und Volk. Herausgegeben unter (21) Tilden, Freeman: Interpreting Our Heritage. 1957 Mitwirkung hervorragender Oberösterreicher.1926, S. XIV

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