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wert und erfordert diese eigentlich auch. Doch es zeichnet sich nicht ab, dass eine sol- che Untersuchung in absehbarer Zeit zustande kommen könnte. Und ehe die Vergangenheit und der gegenwärtige Zustand der „Mitteltrumm“ womöglich in Vergessenheit geraten, erscheint es doch vernünftiger, die Befunde trotz ihrer Män- gel und Lücken hier vorzulegen. Die Vege- tationsaufnahmen wurden in der ersten Junihälfte 2010 erhoben (Größe jeweils ca. 25 m²).

Entwicklung der Flur „Mitteltrumm“ zwischen 1978 und den frühen 1990er Jahren Im Jahr 1978 beabsichtigte der Golfclub „Pfalz“ die Erweiterung seines Platzes auf der Flur „Mitteltrumm“. Dazu wurde der Oberboden abgeschält und am Nordrand der Fläche auf einer Halde gelagert. Zurück Abb. 3: Epipactis helleborine subsp. xzirnsackiana, Einzelblüte, 2.8.2008, Weißelstein NW blieb eine vegetationsfreie „Mondland- Glanbrücken (Pfalz). schaft“. Der Golfclub hatte jedoch keine Genehmi- gung für die Maßnahmen. Sie wurden daher HEINTZ, I. 2001: Limodorum abortivum, der Von der „Mondlandschaft“ durch die Landespflegebehörde gestoppt – Dingel, ein Neufund in der Pfalz. – POLLI- zur Pfeifengraswiese: seit dem Februar 1976 lag bei der damaligen CHIA-Kurier 17(3): 13, Bad Dürkheim. Die Flur „Mitteltrumm“ im Bezirksregierung ein Antrag auf Auswei- HERR-HEIDTKE, D. & HEIDTKE, U.H.J. 2010: Die Naturschutzgebiet sung eines Naturschutzgebiets vor, das die Orchideengattung Ophrys (Ragwurz) und „Lochbusch-Königswiesen“ Flur „Mitteltrumm“ einschließen sollte. In ihre Hybriden im NSG Badstube bei Zweibrü- welchem Zustand sich die „Mitteltrumm“ cken. – POLLICHIA-Kurier 26(4): 10- damals, vor dem Eingriff durch den Golf- 11+53,54, Bad Dürkheim. Zu den floristisch bedeutendsten Feucht- club, befunden hatte, lässt sich nicht mehr PETEREK, M. 2011: Epipactis helleborine (L.) grünlandbeständen der Pfalz zählt die Flur ermitteln. Aufgrund der nachfolgenden CRANTZ subsp. moratoria A. RIECHELMANN & A. „Mitteltrumm“ im Naturschutzgebiet Entwicklungen und des heute noch beste- ZIRNSACK im Süntel / Weserbergland – Nie- „Lochbusch-Königswiesen“, zwischen henden Zustands kleiner Randflächen, auf dersachsen. – Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. Neustadt-Geinsheim, Haßloch und Hanho- denen der Oberboden nicht abgeschält 28(1):122-126, Koblenz. fen im -Schwemmfächer gele- worden war, darf es jedoch als sicher gelten, RIECHELMANN, A. & ZIRNSACK, A. 2008: Epi- gen. Auf der ca. 3 ha großen Fläche siedeln dass sie zumindest zu großen Teilen von pactis helleborine(L.) CRANTZ subsp. morato- derzeit 29 Pflanzenarten der landes- oder artenreichen feuchten Wiesen mit beson- ria A. RIECHELMANN & A. ZIRNSACK, eine neue bundesweiten Roten Liste. Pflanzensoziolo- ders hoher Naturschutzwürdigkeit einge- Epipactis-Unterart aus der Nördlichen Frän- gisch zählt das Grünland in der nördlichen nommen wurde: Am Südrand des Gebiets kischen . –Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid., Gebietshälfte zu den basiphytischen Pfei- befinden sich magere Glatthaferwiesen und 25(1): 57-84, Koblenz. fengraswiesen (Molinion), in der südlichen Fragmente von Pfeifengraswiesen mit zahl- RIECHELMANN, A. 2010: Ergänzungen zur Hälfte besteht eine Tendenz zur bodensau- reichem Vorkommen u.a. des Nordischen Kenntnis von Epipactis helleborine subsp. ren Pfeifengraswiese (Junco-Molinietum) Labkrauts (Galium boreale) und der Küm- moratoria. – Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid., bzw. zu den feuchtegeprägten Zwerg- mel-Silge (Selinum carvifolia, vgl. Tab. 3). Bis 27(1): 222-235, Koblenz. strauchheiden / Borstgrasrasen (Juncion vor wenigen Jahren war dort auch die Sibiri- RIECHELMANN, A. 2010: Erratum Zur Nomen- squarrosi-Fragmente). Von Jahr zu Jahr wird sche Schwertlilie (Iris sibirica) in größeren klatur von Epipactis xzirnsackiana. – Ber. für jene, die erstmals die Wiese zu Gesicht Trupps eingestreut. Am Nordostrand der Arbeitskrs. Heim. Orchid., 27(1):301, bekommen, weniger glaubhaft, auf welche abgeschälten Fläche wuchsen in Wiesenres- Koblenz. Weise sie entstanden ist. ten der Lungen-Enzian (Gentiana pneumo- Die Genese der Wiese in der Flur „Mittel- nanthe, seit ca. 15 Jahren nicht mehr), die Dagmar Herr-Heidtke & Ulrich H. J. Heidtke trumm“, ihr aktueller und – soweit dies Sumpf-Platterbse (Lathyrus palustris) und (Fotos: Dagmar Herr-Heidtke) gegenwärtig noch möglich ist – ihr einstiger die Pracht-Nelke (Dianthus superbus). Zustand sollen nachfolgend kurz charakte- Falsch sind jedenfalls Darstellungen, die risiert werden. Die Darstellung trägt notge- „Mitteltrumm“ sei vor dem Eingriff durch drungen holzschnittartige Züge: Die Fläche den Golfclub größtenteils ein Acker oder wäre eine weit gründlichere Untersuchung eine Ackerbrache gewesen.

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einem halben Meter Tiefe. Diese Flächen können nicht gepflegt werden. Hier entwi- ckelten sich Bestände der Sumpf-Segge und des Rohr-Glanzgrases, in denen vereinzelt seltene Arten wie die Gelbe Wiesenraute (Thalictrum flavum), die Sumpf-Sternmiere (Stellaria palustris) und die Sumpf-Platterb- se wuchsen, als besondere Seltenheit auch das Gräben-Veilchen (Viola persicifolia). Sie kommen im Naturschutzgebiet „Loch- busch-Königswiesen“ wie auch in anderen Naturschutzgebieten des Speyerbach- Schwemmfächers immer wieder in nassen Wiesensenken und in nicht mehr unterhal- tenen Gräben vor. - Ferner wurden hier Kleingewässer zum Amphibienschutz angelegt, in denen sich u.a. die Wasserfeder (Hottonia palustris) angesiedelt hat.

Die „Mitteltrumm“ in den 1990er Jahren Abb. 1: Im zeitigen Frühjahr sind Teile der „Mitteltrumm“ flach überschwemmt. Die Über- Erst im Jahr 1992 erfolgte im Rahmen der schwemmungen sind gegenüber früheren Jahren schwächer geworden. Pflege- und Entwicklungsplanung für schutzwürdige Gebiete, beauftragt vom Am 29. September 1978 erfolgte die einst- Die Herkunft dieser Pionierarten ist nicht damaligen Landesamt für Umweltschutz weilige Sicherstellung. dokumentiert. Möglicherweise war die und Gewerbeaufsicht (heute Landesamt für Durch das Abschälen des humosen Bodens „Mitteltrumm“ von Gräben oder von nas- Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbe- war auf der gesamten, sanft in nördlicher sen Senken durchsetzt, in denen sie vor dem aufsicht), eine vegetationskundliche Richtung abfallenden Fläche humusfreier Eingriff durch den Golfclub vorkamen. Bestandsaufnahme der Flur „Mittel- Sand freigelegt worden. Der Wasserhaus- Durch die Bereitstellung großer offener trumm“. halt war extrem, vor allem im nördlichen Teil, Standorte konnten sie sich explosionsartig Es hat den Anschein, als sei die Sukzession in der gut einen Meter tiefer als der Südteil ausbreiten. diesem Stadium durch die Einwanderung liegt. Im Winter und weit ins Frühjahr stand Allerdings hatten sich unter den konkurrenz - von Pflanzen aus der nahen Umgebung, die Fläche dezimeterhoch und monatelang armen Bedingungen auch Gehölze in gro- d.h. insbesondere aus den mageren feuch- unter Wasser. Im April tönte ein eigenartiges ßer Zahl angesiedelt, in erster Linie Schwarz- ten Wiesen des Naturschutzgebiets „Loch- Blubbern über die Wasserfläche – verur- Erlen (Alnus glutinosa), in geringerer Menge busch-Königswiesen“, geprägt gewesen, sacht von Moorfröschen, die zu Hunderten auch die Grau-Erle (Alnus incana), die Sand- wahrscheinlich auch durch die Aktivierung hier laichten. Birke (Betula pendula) und die Wald-Kiefer im Boden vorhandener Diasporen. Im Sommer wurde die „Mitteltrumm“ (Pinus sylvestris). Obwohl nach wenigen Rund zwei Drittel des Bodens waren von jedoch knochentrocken. Dann bildeten sich Jahren aufwendige Pflegemaßnahmen Pflanzen bedeckt. Die zehn Jahre zuvor auf dem kahlen Sand manchmal sogar begonnen und die Gehölze alljährlich im wertbestimmenden Pionierarten waren auf dünne Kalkkrusten, wenn kalkhaltiges Herbst abgeschnitten wurden, verdichteten einzelne Stellen zurückgegangen, wo sie Grundwasser durch die Verdunstung an die sie sich dank der Stockausschlagfähigkeit allerdings immer noch zahlreich waren. Flä- Oberfläche gesogen wurde und der Kalk der Erlen immer stärker. Im Lauf des Jahres chendeckend waren das Gänse-Finger- ausgefällt wurde. Binnen weniger Jahre ent- stieg ihr Deckungsgrad trotz der Bekämp- kraut (Potentilla anserina) und das Hunds- wickelte sich eine schüttere Decke aus Pio- fung auf stellenweise über 50% an. Mehr- Straußgras (Agrostis canina) vertreten. Es niervegetation, die zwar recht artenarm fach stand bei Abstimmungen zu den durch deutete sich an, dass hier eine Pfeifengras- war, aber außerordentlich seltene Arten in die Bezirksregierung veranlassten Pflege- wiese entstehen könnte: Auf weiten Flä- großer Menge enthielt. An erster Stelle sind maßnahmen zur Diskussion, die weitere chen hatten sich sowohl Kleinseggen (v.a. hier die Salz-Bunge (Samolus valerandi) und Pflege der „Mitteltrumm“ wegen des Hirse-Segge, Carex panicea) als auch typi- das Gottes-Gnadenkraut (Gratiola officina- hohen Aufwands einzustellen. Erfreulicher- sche Arten des Feuchtgrünlands wie Gilb- lis) zu nennen – sie blühten hier zu Tausen- weise siegte jedes Mal die Vernunft – die weiderich (Lysimachia vulgaris), Sumpf- den. Große Bestände bildeten auch der Pflege wurde fortgesetzt. Schafgarbe (Achillea ptarmica) und Pfei- Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris) und das Der abgeschobene Oberboden verblieb als fengras (Molinia caerulea agg.) angesie- Kleine Tausendgüldenkraut (Centaurium meterhoher Wall nördlich der Pionierfläche. delt. Besonders bemerkenswert war das pulchellum). Daneben waren die Grünliche Der Geländestreifen zwischen der Pionier- häufige Vorkommen der Natternzunge Gelbsegge (Carex demissa) und die Kröten- fläche und dem Wall liegt besonders tief und (Ophioglossum vulgatum), der Kriech- Binse (Juncus bufonius) die Hauptbestands- ist dementsprechend nass, zudem hinterlie- Weide (Salix repens) und von Hartmans bildner. ßen die Baufahrzeuge Furchen von über Segge (Carex hartmanii). Die beiden letzt-

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Abb. 2: Das Gottes-Gnadenkraut wuchs in Abb. 3: 1992 war die Natternzunge auf Tei- Abb. 4: Auch Hartmans Segge war bereits den frühen 1980er Jahren in unzählbaren len der „Mitteltrumm“ häufig und deutete in den frühen 1990er Jahren zahlreich ver- Mengen auf der „Mitteltrumm“. das Entwicklungspotential späterer, auf die treten. Im Hintergrund sind unscharf das offenen Pionierstadien folgender Sukzessi- Fleischfarbene Knabenkraut und die onsstadien an. Kriech-Weide zu erkennen. genannten kommen an einigen weiteren kraut (Hypericum maculatum), der Drei- ken war alsbald mit keinem Freischneider Stellen des Naturschutzgebiets „Loch- zahn (Danthonia decumbens) und einige mehr beizukommen. busch-Königswiesen“ vor, von der Nat- weitere Arten mit Schwerpunktvorkom- Daher entschloss sich die Naturschutzver- ternzunge ist hingegen in der Nähe kein men in diesen Gesellschaften waren vertre- waltung Mitte der 1990er Jahre zu einem Fundort bekannt. Nachdem dieser Farn ten. Die meisten Arten waren hier jedoch radikal anmutenden Schritt: Die „Mittel- etliche Jahre unterirdisch lebt, ehe erstmals weit verbreitete Feuchtwiesen-Arten (z.B. trumm“ wurde mit einer Forstfräse bear- Wedel sichtbar werden, könnte er – wie Gilbweiderich und Kuckucks-Lichtnelke) beitet, die aus all den Strünken Kleinholz etwa das Gnadenkraut – zum ursprüngli- neben Arten der mageren Glatthaferwie- machte. Allerdings war auch sonst von der chen Florenbestand der „Mitteltrumm“ sen wie dem Roten Straußgras (Agrostis reichhaltigen Pflanzenwelt nicht mehr viel vor dem Abschälen des Oberbodens capillaris) und dem Rot-Schwingel (Festuca zu sehen: Die Fläche erinnerte eher an ein gezählt und aus Resten regeneriert haben. rubra). Aspektprägend war der Färber- frisch gepflügtes Feld. Sodann wurde sie Von seinerzeit nicht abgeschobenen Wie- Ginster (Genista tinctoria), der zwischen 10 glattgezogen und der neuerlichen Selbst- sen am Südrand der „Mitteltrumm“ hatten und 20 Prozent der Fläche bedeckte. Die begrünung überlassen. Diesmal allerdings sich einzelne Exemplare der Sibirischen Vegetation war hier, im Gegensatz zum tie- wurde die Biotoppflege durch Mahd sofort Schwertlilie und der Kümmel-Silge ange- fer gelegenen Nordteil, ausgesprochen aci- aufgenommen und nicht erst nach Jahren siedelt. Vereinzelt kamen die Weiße Wald- dophytisch. Offensichtlich wurde der der Etablierung für Pioniergehölze. Die Flä- hyazinthe (Platanthera bifolia), die Pracht- Oberboden nicht (mehr?) von aufsteigen- che wurde einem Landwirt aus dem nahen Nelke nur am Ostrand, wo sie an einem dem kalkhaltigem Grundwasser erreicht. Neustadter Ortsteil Geinsheim zur Nut- Gehölzrand den Eingriff durch den Golf- Die Pflege der „Mitteltrumm“ wurde zum zung überlassen, der sie erst im Spätsommer club überlebte), die Sumpf-Sternmiere und immer größeren Problem. Sie war etliche mähen und nicht düngen durfte. das Gräben-Veilchen vor. Die beiden letzt- Jahre lang an den vermeintlich günstigsten In den ersten Jahren nach dem Fräsen wies genannten Arten waren von dem nördlich Bieter vergeben worden – er war der billigs- die „Mitteltrumm“ wieder einen Pioniercha- benachbarten Geländestreifen zum Ober- te, doch nicht der beste: Die Erlen und Bir- rakter auf. Pflanzensoziologisch dokumen- bodenwall her eingewandert. ken waren immer wieder ein gutes Stück tiert ist er nicht. Es gibt aber Einzelbeobach- Der trockenere Südteil mit stärkerem Dich- über dem Boden abgeschnitten worden, tungen. Neben den schon aus der Zeit um teschluss der Vegetation (bis 90%) zeigte wodurch sie zunehmend dicke und harte 1980 bekannten Pionierarten entwickelte erste Tendenzen zum feuchtegeprägten Strünke bildeten. Aus ihnen sprossen reich- sich vor allem die vom Aussterben bedrohte Borstgrasrasen oder zur Binsen-Pfeifen- lich Stockausschläge, so dass von Jahr zu Sand-Binse (Juncus tenageia) in großer Zahl graswiese. Zwar kam das Borstgras nicht Jahr der Deckungsgrad der Gehölze zu- (Mitt. O. Röller). Mit dem neuerlichen Rasen- vor (und fehlt noch heute; es ist in der und nicht abnahm. Der Deckungsgrad des schluss verschwand die konkurrenzschwa- Umgebung selten), aber die Bleich-Segge Gehölzjungwuchses erreichte auf größe- che Art wieder. Doch die Ansätze der Pfeifen- (Carex pallescens), das Gefleckte Johannis- ren Flächen bis 50% und mehr. Den Strün- graswiese regenerierten.

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Galium album +.1 +.1 Lathyrus pratensis +.1 +.1 Ranunculus acris +.1 +.1 Lotus corniculatus 2a.2 Ajuga reptans +.1 Trifolium dubium +.1 Cerastium holosteoides +.1 Plantago lanceolata +.2 Poa pratensis +.1 Rumex acetosa +.1 Stellaria graminea +.2 Begleiter: Pionierarten nasser Standorte Agrostis canina +.1 1.2 2a.1 2b.2 2b.2 3.1 3.2 3.1 2a.1 2b.2 Pulicaria dysenterica 2m.2 +.1 2a.1 1.2 2a.1 1.2 2a.1 1.2 1.1 2m.1 Potentilla anserina 2m.2 1.2 2a.1 +.2 1.2 1.2 1.1 Hydrocotyle vulgaris 2m.2 2b.2 2a.2 2a.1 2a.1 2a.2 Lotus tenuis 1.2 1.2 1.2 2m.1 1.2 1.2 Ranunculus flammula 1.1 1.1 1.1 2m.1 1.1 1.1 Gratiola officinalis 1.2 +.2 1.3 Blackstonia acuminata 1.1 1.1 Carex demissa 1.1 1.1 Juncus articulatus 1.1 +.2 Potentilla reptans 2a.1 1.2 Alisma plantago-aquatica 1.1 Samolus valerandi 1.2 Veronica scutellata 1.1 Centaurium pulchellum +.1 Begleiter: Gehölze Pinus sylvestris juv. +.1 1.1 +.1 +.1 +.1 +.1 1.1 Alnus incana juv. 1.1 +.1 +.1 +.1 +.1 +.1 +.1 Salix caprea juv. +.1 1.1 1.1 +.1 +.1 Betula pendula juv. +.1 1.1 1.1 +.1 Populus tremula juv. 1.1 +.1 +.1 Alnus glutinosa juv. +.1 +.1 +.1 Salix purpurea juv. +.1 +.1 Fraxinus excelsior juv. +.1 Populus alba juv. +.1 Salix viminalis juv. +.1 Salix alba juv. r Begleiter: Sonstige Calamagrostis epigeios 3.1 2m.1 2a.1 2a.1 2a.2 +.1 1.1 1.1 +.1 Potentilla erecta 1.1 2a.1 1.2 2a.1 2a.1 +.1 2a.1 1.1 2a.1 Phragmites australis 1.1 1.1 1.1 Cirsium arvense 1.1 +.1 +.1 Ranunculus repens +.1 r +.2 Symphytum officinale r +.1 +.1 Agrostis tenuis 1.1 2m.1 Hypochoeris radicata 1.1 1.1 Anthoxanthum odoratum +.1 1.1 1.1 Centaurium erythraea 1.1 Eupatorium cannabinum +.2 Rhinanthus angustifolius +.1 Solidago gigantea +.1

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um 1990 durch die Etablierung von Pflanzen aus der näheren Umgebung gekennzeich- net, so wird sie mittlerweile durch Ansied- lungen von Arten über größere Entfernun- gen geprägt. Die Bestände der Pfeifengraswiese haben inzwischen überregionale Bedeutung für den Naturschutz erlangt. Etliche seltene Arten haben sich seit Mitte der 1990er Jahre angesiedelt oder ihre Bestände gegenüber früheren Zeiträumen vergrößert. Besonders auffällig ist das Fleischfarbene Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata). Es hat sich wäh- rend der vergangenen zehn Jahre angesie- delt und prägt inzwischen mit Hunderten von Exemplaren das Erscheinungsbild der „Mitteltrumm“. Das nächstgelegene bekannte Vorkommen befindet sich in der „Haderwiese“ bei Schifferstadt. Gleichzei- tig kam auch die Echte Sumpfwurz (Epi- pactis palustris)auf. Sie ist schwächer vertre- Abb. 5: Mittlerweile ist das Fleischfarbene Abb. 6: Das Gräben-Veilchen hat sich von ten und bleibt auf die nassesten Bereiche im Knabenkraut – hier zusammen mit dem auf angrenzenden Resten des ursprünglichen Norden beschränkt. der „Mitteltrumm“ nur einzeln vorkom- Grünlands auf die „Mitteltrumm“ ausge- Das gemeinsame Vorkommen der beiden menden Helm-Knabenkraut – häufig breitet, ist hier aber nach wie vor selten. Orchideenarten auf wechselfeuchten Roh- geworden. böden ist von einigen anderen Stellen bekannt, z.B. vom Sand- und Tongrubenge- Um das Jahr 2000 wurde mit dem stark ren Süden jene zur bodensauren Pfeifen- biet „Erdekaut“ zwischen Hettenleidelheim gefährdeten Späten Bitterling (Blackstonia graswiese mit Tendenz zum Borstgrasrasen. und Eisenberg sowie in der Umgebung des acuminata) eine weitere seltene Pionierart Heideweihers bei Birkenheide (dort ist das offener, wechselnasser Rohböden gefun- Die basiphytische Pfeifengraswiese Fleischfarbene Knabenkraut wieder erlo- den. In der näheren Umgebung sind keine Die zur basiphytischen Pfeifengraswiese schen). In beiden Gebieten ist bzw. war – Fundorte bekannt; die weitaus meisten tendierenden Bestände sind durch Hirse- anders als in der „Mitteltrumm“ – die Echte Vorkommen liegen in der Rheinniederung Segge, Blau-Segge, Pfeifengras, Kümmel- Sumpfwurz weit zahlreicher als das Fleisch- an Kiesgruben. In der soziologischen Tabel- Silge und Fleischfarbenes Knabenkraut als farbene Knabenkraut. Einzeln wächst in der le ist er wegen des Aufnahmezeitraums besonders stetig vorhandene Arten charak- „Mitteltrumm“ auch die Bienen-Ragwurz unterrepräsentiert. terisiert. Das Erscheinungsbild wird außer- (Ophrys apifera), ebenfalls eine pionierfähi- Ein weiteres Problem in den 90ern neben dem durch verbreitete Feuchtwiesenpflan- ge Orchidee, die auch in der „Erdekaut“ mit dem Gehölzaufwuchs war: Die „Mittel- zen (v.a. Gilbweiderich, Kamm-Segge und dem Fleischfarbenen Knabenkraut und der trumm“ wurde immer trockener. Die frü- Sumpf-Labkraut), Arten der Kriechstrauß- Echten Sumpfwurz vorkommt. hen 1990er Jahre waren von Niederschlags- gras-Rasen (Großes Flohkraut, Gänse-Fin- Gegenüber früheren Jahren sind Hartmans defiziten geprägt, die in weiten Teilen der gerkraut), gemeinsame Arten mit dem Segge, die Kümmel-Silge und die Sibirische Pfalz den Feuchtbiotopen schwer zusetz- Borstgrasrasen (Blutwurz, Dreizahn) sowie Schwertlilie zahlreicher geworden. Auch ten. Für etliche Amphibienarten wurde die Land-Reitgras und nach wie vor aufkom- der Bestand des Gräben-Veilchens in der „Mitteltrumm“ zu einem der letzten menden Gehölzjungwuchs bestimmt. Maß- „Mitteltrumm“ scheint etwas zugenom- Lebensräume, insbesondere für den Moor- geblich am Bestandsaufbau sind auch Hart- men zu haben. Die Bestände der Nattern- frosch, dessen Bestände seinerzeit großflä- mans Segge und das Hunds-Straußgras zunge schwanken von Jahr zu Jahr. In den chig kollabierten. Doch weil auch hier die beteiligt. Nach wie vor ist der Boden nicht drei zurückliegenden Jahren wurden mit Fortpflanzung durch frühzeitige Austrock- vollständig von Pflanzen bedeckt; rund ein dem Bitteren Kreuzblümchen (Polygala nung gefährdet war, wurden an etlichen Fünftel liegt noch offen. Eine nähere pflan- amarella), dem Echten Haarstrang (Peuce- Stellen der „Mitteltrumm“ kleine Abgra- zensoziologische Zuordnung ist gegenwär- danum officinale, 2011 zwei sterile Exempla- bungen von einigen Dezimetern Tiefe vor- tig noch nicht möglich. Tendenzen bestehen re) und der Färberscharte (Serratula tinctoria, genommen. sowohl in Richtung der Veilchen-Brenndol- erstmals von Hartmut Schader, Worms, ent- den-Wiese (Violo-Cnidietum) als auch zur deckt) drei weitere seltene Pflanzenarten der Der heutige Zustand Knollenkratzdistel-Pfeifengraswiese (Cirsio Nass- und Moorwiesen nachgewiesen. Beide der „Mitteltrumm“ tuberosi-Molinietum). Arten wachsen im Naturschutzgebiet „Loch- Im feuchteren Nordteil der „Mitteltrumm“ War die Sukzession der Pflanzendecke busch-Königswiesen“ nur hier; sie müssen hat sich die Entwicklung zur basiphytischen zunächst durch die Entfaltung in situ vor- sich aus einigen Kilometern Entfernung Pfeifengraswiese fortgesetzt, im trockene- handener (Pionier-)Arten und im Zeitraum angesiedelt haben. Gegenüber dem Zustand

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Tab. 2: Vegetationsaufnahmen der Teilfläche mit Entwicklung zur Binsen-Pfeifengraswiese in den frühen 1990er Jahren weitgehend bzw. zum Borstgrasrasen gleichgeblieben sind die Bestandsgrößen der Kriech-Weide und des Wassernabels. Die Nr. 12 13 14 Pracht-Nelke kommt immer noch nur einzeln Gesamtdeckungsgrad 95% 95% 90% am Ostrand der Fläche vor; sie zeigt keinerlei Arten der Pfeifengraswiesen Ausbreitungstendenz. Stachys officinalis +.1 1.1 +.1 Das Nordische Labkraut ist bisher nicht in die Genista tinctoria 2b.2 2a.2 2b.2 Pionierfläche vorgedrungen, obwohl es in Carex nigra 1.2 1.2 den südlich unmittelbar benachbarten Res- Carex panicea 2m.2 1.1 ten der ursprünglichen Wiese sehr zahlreich Dactylorhiza incarnata 2b.2 +.1 wächst. Das dort ebenfalls reich vertretene Selinum carvifolia 1.1 2m.1 Knollige Mädesüß (Filipendula vulgaris) hat Molinia caerulea +.1 +.2 sich erst 2011 mit zwei Exemplaren angesie- Carex hartmanii 1.1 delt. Im selben Jahr wurde vom POLLICHIA- Ophioglossum vulgatum 1.2 Praktikanten Marko Peltzer auch das erste Salix repens 2a.3 Exemplar der Knollen-Kratzdistel (Cirsium Galium verum 1.1 tuberosum) gefunden, eine für die Knollen- Carex flacca +.2 kratzdistel-Pfeifengraswiese besonders Sonstige Arten der Nass- und Feuchtwiesen kennzeichnende Art. Sie wächst im nächsten Achillea ptarmica +.2 1.2 +.2 Umfeld nicht. Die Früchte müssen über eine Galium uliginosum +.2 1.2 1.2 Entfernung von mehr als einem Kilometer Lysimachia vulgaris 1.1 2a.1 eingeweht worden sein. Der nächste Myosotis palustris 1.2 1.2 bekannte Fundort befindet sich im Nordos- Lychnis flos-cuculi 1.1 +.1 ten, im Wiesengebiet „Waldalmen“. Colchicum autumnale +.1 +.1 Trotz Vorkommen in der Nähe haben sich der Cirsium palustre +.1 Haarstrang-Wasserfenchel (Oenanthe peu- Sanguisorba officinalis +.1 cedanifolia) und die Brenndolde (Cnidium Senecio aquaticus +.1 dubium) bislang nicht in der „Mitteltrumm“ Trennarten der Binsen-Pfeifengraswiese: eingestellt. Der Haarstrang-Wasserfenchel Arten der Zwergstrauchheiden und Borstgrasrasen wird seit ca. 15 Jahren in den Wiesen des Festuca filiformis 2b.2 2b.2 1.1 Naturschutzgebiets „Lochbusch-Königswie- Luzula multiflora 2a.2 2a.1 2m.1 sen“ immer häufiger, weshalb eine Ansied- Polygala vulgaris 1.1 1.1 1.1 lung auf der „Mitteltrumm“ im Grunde zu Calluna vulgaris 2b.2 1.2 1.2 erwarten wäre. Die Brenndolde ist im Schutz- Danthonia decumbens 2a.2 2b.2 gebiet auf wenige Bereiche beschränkt; ihr Carex pallescens 1.1 +.1 Aufkommen wäre dennoch nicht überra- Luzula campestre 2m.2 schend, da sie konkurrenzarmen Rohboden Viola riviniana 2m.2 schnell besiedeln und sich hier besonders Rumex acetosella +.1 kräftig entwickeln kann (so am Rand eines Arten des Wirtschaftsgrünlands frischer Standorte Amphibienschutzgewässers in den östlich Plantago lanceolata 1.1 1.1 1.1 des Schutzgebiets liegenden „Waldalmen“; Poa pratensis 1.1 1.1 1.1 es war allerdings inmitten eines Bestands der Centaurea jacea +.1 +.1 1.1 Brenndolde angelegt worden). Chrysanthemum leucanthemum 2m.1 1.1 Zurückgegangen sind das Gnadenkraut, von Lotus corniculatus 1.1 2a.2 dem noch etwa 20 - 40 Exemplare auf weni- Festuca rubra 2a.2 2a.2 ge Stellen konzentriert vorkommen, und die Holcus lanatus 1.1 2a.1 Salz-Bunge. Sie kommt nur mehr einzeln vor. Prunella vulgaris +.1 1.2 Der Rückgang dieser Pionierarten ist ange- Stellaria graminea 1.1 +.1 sichts des langsam zunehmenden Dichte- Rhinanthus minor +.1 1.2 schlusses der Grasnarbe nicht überraschend. Rumex acetosa 1.1 +.1 Der Bitterling scheint noch nicht zurückzuge- Cerastium holosteoides +.1 hen; immer noch gelangen hunderte von Vicia cracca +.1 Exemplaren zur Blüte. Begleiter: Gehölzjungwuchs Gehölzjungwuchs und -ausschläge sind Alnus incana juv. +.1 +.1 nach wie vor auf der gesamten Fläche vor- Betula pendula juv. +.1 1.1 handen. Weil der Boden nicht vollständig Pinus sylvestris juv. +.1 +.1 bewachsen ist, sind stets neue Ansamungen Salix caprea juv. +.1 +.1 möglich. Der Anteil der Gehölze bleibt jedoch gering und kann offensichtlich durch

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Begleiter: Sonstige Die Pflanzendecke ist im Bereich der Binsen- Anthoxanthum odoratum 1.1 +.2 1.1 Pfeifengraswiese weitgehend geschlossen. Potentilla erecta 1.1 1.2 1.1 Dementsprechend ist der Gehölzaufwuchs Agrostis canina 2a.1 2b.2 2a.2 schwächer als in den nassen Bereichen. Das Agrostis tenuis 1.1 2b.1 Erscheinungsbild wird durch niedrige Rasen Pulicaria dysenterica 1.2 2a.2 grasartiger Pflanzen (außer den genannten Hypochoeris radicata 1.1 +.1 charakteristischen Arten auch Dreizahn, Lotus tenuis +.1 1.1 Feld-Hainsimse, Hunds-Straußgras, Rotes Calamagrostis epigeios 1.1 Straußgras und Rot-Schwingel), größere Cirsium arvense +.1 Flecken der Besenheide und Trupps des Fär- Campanula rapunculus +.2 ber-Ginsters bestimmt. Ähnlich war der Hypericum maculatum +.1 Aspekt bereits vor 15 – 20 Jahren gewesen, Solidago gigantea +.2 nur hatte sich die Besenheide seinerzeit noch nicht eingefunden. die gegenwärtige, regelmäßige Extensivnut- bestimmt wird. Hier dürfte ein gewisser zung in Schach gehalten werden. Kalkeinfluss wenige Dezimeter unter der Fazit und Ausblick Oberfläche noch bestehen, die obersten Das Freilegen von wechselfeuchtem oder Die bodensaure Binsen-Pfeifengraswiese Schichten jedoch nicht erreichen. wechselnassem Rohboden führt in der Weniger spektakulär als die basiphytische Kennzeichnende Differentialarten der Rheinebene immer wieder zum Aufkom- Pfeifengraswiese sind die südlich angrenzen- bodensauren Binsen-Pfeifengraswiese in men seltener Pflanzenarten der Pionier- den Flächen mit bodensauren Binsen-Pfei- der „Mitteltrumm“ sind v.a. der Feinblättri- standorte, namentlich von Arten der fengraswiesen (Junco-Molinietum). Beide ge Schwingels (Festuca filiformis), die Viel- Zwergbinsen-Gesellschaften. Die Standor- Vegetationseinheiten gehen fließend inei- blütige Hainsimse (Luzula multiflora), das te entstehen i.d.R. als Nebenprodukt bei nander über, und es ist gewissermaßen eine Kreuzblümchen (Polygala vulgaris) und die der Anlage von Amphibientümpeln. Die fla- pflanzensoziologische Geschmackssache, Besenheide (Calluna vulgaris) als Arten der chen Uferböschungen mit humusarmem wie man die Zuordnung wesentlicher Flä- Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden. Sand werden vor allem dort, wo sie zeitwei- chenanteile vornimmt. Die Binsen-Pfeifen- Kleinere Flächen könnte man wohl auch zu lig überschwemmt sind, immer wieder von graswiese ist ohnehin in der Pflanzensozio- den Nardo-Callunetea stellen (v.a. Aufnah- Raritäten wie der Salz-Bunge oder dem in logie nicht allgemein als Assoziation akzep- me 12 in Tab. 2). der „Mitteltrumm“ nicht gefundenen Pil- tiert. Hartmans Segge, Kriech-Weide, Eine negative Charakterisierung der Bin- lenfarn (Pilularia globulifera) besiedelt. Die ebenso Fleischfarbenes Knabenkraut in sen-Pfeifengraswiese besteht durch das natürliche Weiterentwicklung führt zu Röh- beträchtlicher Anzahl kommen in der „Mit- Fehlen von Pionierarten nasser Standorte; richten, Sumpfseggen-Beständen oder teltrumm“ auch in diesen Beständen vor, von den hier vertretenen Arten kann ledig- Weidengebüschen. Eine kontinuierliche deren sonstige Artenzusammensetzung lich das Hunds-Straußgras zu dieser Grup- Pflege der Ufer erfolgt normalerweise durch Säurezeiger, sogar durch Kalkflieher pe zählen. nicht; vielmehr werden Amphibientümpel typischerweise nach etlichen Jahren der Sukzession wieder ins Pionierstadium zurückversetzt oder es werden neue Tüm- pel angelegt. Die auf der „Mitteltrumm“ erfolgte Weiter- entwicklung wechselfeuchter bis wechsel- nasser Rohboden-Standorte unter dem Ein- fluss jahrzehntelanger Steuerung der Vege- tationsentwicklung durch Gehölzeindäm- mung und Mahd auf großer Fläche ist dem- entsprechend ein Unikat. Sie zeigt das enor- me Potential der Rheinebene für seltene Pflanzen. Anhand der Entwicklungen an Amphibientümpeln ist nicht absehbar, dass im Lauf der Zeit auf den Rohboden-Stand- orten recht typische Pfeifengraswiesen, sogar mit Anklängen an Kalkflachmoor- Wiesen, entstehen können – hierfür sind drei Jahrzehnte ein ausgesprochen kurz erscheinender Zeitraum. Der flächige Ober- bodenabtrag ist offensichtlich ein probates Mittel zur Förderung seltener Artenge- Abb. 7: Ausübung der Jagd im Naturschutzgebiet: Fahrspuren des Jagdpächters quer durch meinschaften, erfordert allerdings auch einen Wuchsort des Fleischfarbenen Knabenkrauts und der Kriech-Weide. eine nachfolgend kontinuierliche Pflege.

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Tab. 3: Vegetationsaufnahmen aus der Wiese am Südrand der „Mitteltrumm“ (ohne Boden- Ein paar Wermutstropfen muss anscheinend abtrag) auch die „Mitteltrumm“ hinnehmen. Das größte Ärgernis ist die Jagd. Mitten im nasses- Nr. 5 10 ten und wertvollsten Abschnitt der Pfeifen- Gesamtdeckungsgrad 100% 100% graswiese hatte der Jagdpächter eine soge- Arten der Pfeifengraswiesen nannte „Kirrung“ angelegt – wohl eher eine Selinum carvifolium 2a.1 2m.1 Futterstelle am Hochsitz. Die vom dar- Stachys officinalis +.2 2a.3 gebotenen Mais angelockten Wildschweine Galium verum +.2 1.2 zerpflügten logischerweise die bedeutend- Vicia tetrasperma 1.1 1.1 sten Pflanzenstandorte. Es dauerte Jahre, bis Gymnadenia conopsea +.2 der Jagdpächter die Futterstelle verlagerte. Iris sibirica +.1 Sie befindet sich immer noch in der Pfeifen- Galium boreale 2a.3 graswiese, doch wenigstens nicht mehr an Filipendula vulgaris 1.2 der bedeutendsten Stelle. Eutrophierungsef- Genista tinctoria +.1 fekte und Wühlschäden durch die Wild- Sonstige Arten der Feucht- und Nasswiesen schweine sind dort jedoch immer noch sicht- Lysimachia vulgaris 2b.2 2m.2 bar. Die massiv beeinträchtigte Fläche misst Colchicum autumnale 2a.1 1.1 rund 1000 m². Offenkundig erfordert die Juncus acutiflorus 1.1 1.1 Hege des Wildes es auch, immer wieder mit Carex disticha 1.1 +.1 dem Auto quer über die Pfeifengraswiese zu Myosotis palustris 1.1 +.1 fahren, um die Futterstelle neu zu bestücken. Sanguisorba officinalis +.1 1.1 Besondere Beachtung erfordert die Späte Deschampsia caespitosa +.1 +.1 Goldrute (Solidago gigantea). An noch weni- Juncus conglomeratus 1.1 gen und auf wenige Quadratmeter begrenz- Equisetum palustre +.1 ten, jedoch zunehmenden Stellen bildet sie in Senecio aquaticus +.1 der Pfeifengraswiese lockere Trupps. Die Lychnis flos-cuculi 1.1 Bodenbildung hat anscheinend ein Stadium Valeriana officinalis agg. +.1 erreicht, das auch der neophytischen Art ent- Arten der Borstgrasrasen gegenkommt, wenngleich die Sprosse noch Luzula multiflora 1.1 2m.2 schwachwüchsig bleiben. Die späte Mahd ist Carex ovalis +.1 nicht geeignet, um die einsetzende Ausbrei- Viola riviniana +.1 tung zu unterbinden. Noch ist es möglich, mit Arten des Wirtschaftsgrünlands frischer Standorte einem Aufwand von einigen Stunden die Holcus lanatus 3.1 2a.2 Sprosse auszureißen; das muss allerdings Festuca rubra 2a.1 3.3 jedes Jahr getan werden. Chrysanthemum leucanthemum 2a.2 1.1 In Einzelfällen werden seltene Pflanzen aus- Poa pratensis 2a.1 2m.1 gegraben. Im Frühjahr 2011 waren etliche Arrhenatherum elatius 1.1 2b.2 Exemplare des Fleischfarbenen Knaben- Lathyrus pratensis 2a.2 1.1 krauts betroffen. Dactylis glomerata 1.1 1.1 Außerdem entwickelt sich die „Mittel- Galium album 1.1 1.2 trumm“ zunehmend zum Ziel des Öko-Tou- Prunella vulgaris +.1 1.1 rismus. Längst sind es nicht mehr nur enga- Rumex acetosa +.1 +.1 gierte Naturschützer oder Naturwissen- Lotus corniculatus 1.2 schaftler, die zur „Mitteltrumm“ pilgern. Rhinanthus alectorolophus 1.2 Zunehmend sind es auch (Halb-)Laien, die – Ajuga reptans +.1 woher auch immer – von den spektakulären Veronica chamaedrys 2a.2 Pflanzenarten erfahren haben und nun Stellaria graminea 1.1 danach streben, diese möglichst ästhetisch Vicia cracca 1.1 auf den Speicherchip zu bannen. Nun sind Begleiter einige der besonderen Raritäten nicht son- Campanula rapunculus 1.2 1.2 derlich auffällig und werden achtlos zertre- Hypericum maculatum 1.1 1.1 ten. Angeblich war die „Mitteltrumm“ vor Calamagrostis epigeios 3.1 ein paar Jahren sogar Ziel einer kompletten Anacamptis pyramidalis 1.2 Reisebus-Besatzung. Daher erschien es auch Cirsium arvense +.1 vertretbar, die „Mitteltrumm“ im POLLICHIA- Eupatorium cannabinum +.1 Kurier zu beschreiben. Agrostis tenuis 2b.2 Allium vineale +.1 Heiko Himmler, Heidelberg (Fotos: H. Himmler)

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