Bestandsdichte Der Wasseramsel (Cinclus Cinclus) an Der Wiese (Südschwarzwald)
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Bestandsdichte der Wasseramsel (Cinclus cinclus) an der Wiese (Südschwarzwald) Erhard Gabler und Karl Kuhn Summary: GABLER, E., & K. KUHN (2003): Population density of the Dipper (Cinclus cinclus) at the river ‘Wiese’ (Southern Black Forest). – Naturschutz südl. Oberrhein 4: 21-28. On a total length of 54 km of the river ‘Wiese’ the average population density of the Dipper reaches a high value with 2 individuals/km. Great differences exist between the upper ‘Wiese’ in the Black Forest with an average of 3 individuals/km and a maximum of 5 to 6 individuals/km and the lower ‘Wiese’ with 1 indi- vidual/km. This is attributed to different habitat conditions. Keywords: Cinclus cinclus, abundance, breeding habitat, river ‘Wiese’, Southern Black Forest. 1. Einleitung teten Wasseramseln in drei Gruppen aufgeteilt: • Einzelne Vögel. Dabei kann es sich sowohl um Die Wiese* ist die zentrale Leitlinie des Südschwarz- unverpaarte Vögel handeln als auch um solche, waldes. Mit einer Länge von 54 km ist sie mit Aus- deren Partner auf dem Nest sitzt oder sich ver- nahme des kurzen, tobelartigen Quellbaches von ih- steckt hält. rem Oberlauf bis zu ihrer Mündung von der Wasser- • Paare mit Revierverhalten, von denen aber ein amsel besiedelt. Es lag nahe, eine Bestandsaufnahme Brutnachweis fehlt. entlang dieser Leitlinie durchzuführen, da bisher nur • Brutpaare. Zu dieser Gruppe zählen wir alle unzureichende Einzeldaten (SCHNEIDER 1985) vorla- Vögel, die wir beim Nestbau, an oder im Nest, mit gen. Da die Wiese auf ihrem Lauf mehrfach ihren Futter im Schnabel oder zusammen mit einem Charakter ändert, lassen sich nicht nur Aussagen Jungvogel beobachtet haben. über Siedlungsdichten, sondern auch über Habitat- Pro Stunde konnte im Durchschnitt ein Abschnitt der anspüche machen. Wiese von etwa einem Kilometer Länge abgegangen Nicht berücksichtigt wurden die Nebenflüsse, die werden. Die Beobachtungen wurden in eine Karte im z.T. bis in große Höhen besiedelt sind. Das Einzugs- Maßstab 1:25 000 eingetragen, die auf das Doppelte gebiet flächendeckend zu kartieren, hätte unsere vergrößert war. Ergänzend wurde ein Feldbuch ge- Kräfte überfordert, da viele der Zuflüsse nur schwer führt. begehbar sind. Die Kartierung der Bestandsdichte an der Schwarz- waldwiese wurde in dem Zeitraum vom 1. Februar bis zum 28. März in den Jahren 2001 und 2002 2. Methode durchgeführt (zur Besetzung der Reviere und Winter- flucht siehe Diskussion). Bei der Erfassung des An der Wiese führen Straßen, Rad- und Wanderwege Brutbestands wurden der Unterlauf der Schwarz- über weite Strecken am Fluss entlang. Im Winter und waldwiese und das Untere Wiesental in den Jahren Frühjahr, bevor das Laub die Sicht verdeckt, kann 2001, 2002 und ergänzend 2003 in den Monaten man den Bach gut übersehen. Nur über kurze Stre- März bis Juni gezielt abgegangen. cken war es notwendig, das Bachbett direkt abzuge- Dank: Wir danken Herrn SCHWEIGERT von der hen, da die Wege zu weit entfernt waren. Innerhalb Gewässerdirektion in Höllstein, der uns mit seinen von Ortschaften und im Bereich von Industrie- Angaben der Flusskilometer und Meereshöhen kanälen war die Wiese nicht immer zugänglich, so wertvolle Daten geliefert hat, die eine differenzierte dass hier die Wasseramseln eventuell nicht vollstän- Auswertung unserer Beobachtungen ermöglicht dig erfasst wurden. haben. Weiterhin sind wir Herrn Karl WESTERMANN Um die Übersicht zu wahren, wurden die beobach- zu Dank verpflichtet, der die Kartenskizzen mit den *Anmerkung: Der Flussname „Wiese“ hat nichts mit der grünen Wiese zu tun, sondern geht auf die indoeuropäische Sprachwurzel *ueis/ *uis „fließen“ zurück (KUNZE 2003). Naturschutz südl. Oberrhein 4 (2003): 21-28 21 Standortangaben digitalisiert und in druckfertige ckenen Sommer 2003 deutlich wurde. „Die geringen Vorlagen umgewandelt hat. Nicht zuletzt bedanken Abflußquoten in den Sommermonaten erschweren wir uns bei Herrn Helmut BOOS, der uns zum Teil den Selbstreinigungsprozess der Wiese, so dass in begleitete und sich beim Beobachten und Zählen der diesen Zeiten die Gewässerverschmutzung rasch kri- Wasseramseln beteiligte. tische Werte erreichen kann. Hinzu kommt die große Zahl an Industriebetrieben im Wiesental, die weniger durch direkte Verschmutzung oder Aufheizung das 3. Untersuchungsgebiet Gewässer belasten als vielmehr durch die oft sehr langen Nutzwasserkanäle dem Fluss die zur Selbst- 3.1 Geographisch/geologischer Überblick reinigung benötigte Wassermenge entziehen“ (Der Die Wiese ist mit 54 km Länge und einem Gewäs- Landkreis Lörrach 1993). Die Wasserqualität wird sereinzugsbereich von 454 km2 der längste und be- der Güteklasse II zugeordnet, kann aber auch die Gü- deutendste Fluss im Landkreis Lörrach. Nur die letz- teklasse III erreichen. Vom Wasserwirtschaftsamt ten 6 km von Lörrach-Stetten bis zur Mündung in wird der Verlauf der gesamten Wiese der Forellen- den Oberrhein bei Kleinhüningen fließt sie auf region zugeordnet. Schweizer Territorium. Die Wiese entspringt am Feldberg beim Hebelhof „Am Zeiger“ auf 1230 m NN und mündet bei 248 m 4. Biotopstrukturen und Siedlungsdichte der NN in den Rhein. Die große Höhendifferenz von Wasseramsel 1000 Metern auf nur 54 km Länge weist die Wiese als einen jungen Fluss des rhenanischen Systems aus. 4.1 Die Schwarzwaldwiese (Abb. 1) Der geologische Untergrund bestimmt sowohl den 4.1.1 Von der Quelle bis Fahl (Kaserne) Verlauf als auch den Flusscharakter der Wiese. Die Wiese entspringt am Feldberg in 1230 m Höhe Überblickt man das gesamte Fluss-System, dann und erreicht nach etwa einem Kilometer Fahl in lassen sich zwei große Abschnitte erkennen, die mit 850 m Höhe. Das mittlere Gefälle beträgt 38,0%. je 27 Kilometern gleich lang sind: Die Schwarz- Aus mehreren kleinen Quellen am Westhang einer waldwiese und das Untere Wiesental (Abb. 1 und 2). Bergwiese tritt das Wasser aus. Die einzelnen Rinn- sale fließen zu einem Gebirgsbach zusammen. Das 3.2 Die Wasserführung Wasser hat sich schluchtartig in das Grundgebirge Die Wasserführung wechselt sehr stark im Laufe aus Gneis eingetieft und stürzt über Kaskaden und eines Jahres. Ihren niedrigsten Wasserstand hat die kleine Wasserfälle zu Tal. Der Gebirgsbach verläuft Wiese in den Spätsommer-Monaten August bis Sep- im Wald, besonnte Stellen fehlen. tember. Der mittlere Niedrigwasser-Abfluss liegt bei Das hohe Gefälle und der schattige Verlauf des 1,1 m3/s. Die Regenfälle von Oktober bis in den Gewässers entsprechen nicht den Habitatansprüchen Dezember lassen die Wasserführung der Wiese rasch der Wasseramsel, die in diesem Flussabschnitt fehlt steigen. Das Maximum wird bei der Schneeschmelze (Abb. 1). im März und April erreicht. Der mittlere Hoch- wasser-Abfluss liegt bei 80,5 m3/s und übersteigt das 4.1.2 Von Fahl (Kaserne) bis Geschwend Niedrigwasser um das 80-fache. Die Spitzenwerte Der Bergbach von Fahl (Flusskilometer 53,0; 850 m der regelmäßig eintreffenden Hochwasser (z.B. April NN) bis Geschwend (Flusskilometer 46,3; 569 m 1983 155 m3/s) können bis auf den doppelten Wert NN) mit einer Strecke von 6,7 km Länge und einer ansteigen (Der Landkreis Lörrach 1993). Höhendifferenz von 281 m hat ein sehr hohes Gefälle mit durchschnittlich 4,2%. 3.3 Wasserqualität Nach der Eiszeit hat sich die Wiese stellenweise Bei mittlerem und hohem Wasserstand ist die klammartig in das Trogtal eingetieft: Engstellen mit Wasserqualität gut. Kläranlagen reinigen die Ab- Wasserfällen und Stromschnellen zwischen Fahl und wässer der Städte und Dörfer. Die Verschmutzung Brandenberg, an der Poche, bei Todtnau sowie zwi- durch die Industrie ist gering. Die Selbstreinigungs- schen Schlechtnau und Geschwend. Ein Teil dieser kraft der Wiese ist groß genug, um eine Wasser- Stromschnellen wird industriell genutzt. In den qualität zu erreichen, die zumindest für die Wasser- klammartigen Bachläufen, die teilweise ganztags be- amsel erträglich ist. Probleme können jedoch in den schattet sind, war die Wasseramsel unregelmäßig Sommermonaten auftreten, wie dies bei dem anzutreffen. ungewöhnlich lang andauernden, warmen und tro- Die klammartigen Abschnitte wechseln mit offenen, 22 E. GABLER & K. KUHN: Bestandsdichte der Wasseramsel 1493m BestandsdichtederWasseramsel km Ind. Ind./km Feldberg Wiese,gesamt 54,0 107 2,0 Schwarzwaldwiese Quelle Quelle-Fahl 1,3 0 0 Fahl Fahl-Geschwend 6,7 14 2,1 km54 1230mNN Geschwend-Mambach 12,6 51 4,0 Mambach-Hausen 6,4 13 2,0 Gesamt 27,0 78 2,9 Poche km51,0 Brutpaar Paar Einzelvogel 710mNN Todtnau Wiese Geschwend Schwarzwald Schönau Mündung Böllenbach km40,0 DieSchwarzwaldwiese 507mNN DieWiesedurchschneidetdaskristallineGrund- gebirgedesSchwarzwaldsvonNordnachSüd. Fröhnd DerFlussfolgteinemTal,dasvoneinerZungedes würmeiszeitlichenFeldberggletschersgeschaffen wurde.NurimoberenTeilwardasEismächtig genug,einTrogtalzuformen,dasbisTodtnau reichte.DerGletscherendetebeiMambach,etwa 5Kilometer,bevordieWiesebeiHausenausdem Grundgebirgeaustritt. NuranwenigenStellendurchschneidetdieWiese schluchtartigdasGrundgebirgeundverläuftüber Mambach StromschnellenundWasserfälle.StarkeHoch- wasserimFrühjahrbringengrobesGeröllund Felsblöckemit.DieUfersindweitgehendnatur- belassenundvonWeidenundErlengesäumt. DurchdenNord-Süd-VerlaufderWiesesindbeide Atzenbach Uferintensivbesonnt.- Fußgänger- Zell EinidealerLebensraumfürdieWasseramsel. brücke km29,9 420mNN 0 1 2 3 4 5 km Abb. 1: Brutverbreitung und Bestandsdichte der Wasseramsel (Cinclus cinclus) an der Schwarzwaldwiese. Grau: Schwarzwald. Weiße Flächen in der Umgebung des Flusses: Talebenen. Vergleiche ausführliche Beschreibungen im Text. Naturschutz südl. Oberrhein 4 (2003): 21-28 23