Der Weißstorch (Ciconia Ciconia) Im Kreis Peine (Niedersachsen, BRD) Im 20
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Beiträge zur Naturkunde Niedersachsens Jahr/Year: 1998 Band/Volume: 51 Autor(en)/Author(s): Oelke Hans, Reither Hans Artikel/Article: Der Weißstorch (Ciconia ciconia) im Kreis Peine (Niedersachsen, BRD) im 20. Jahrhundert 171-238 Beiträge zur Naturkunde Niedersachsens 51 (1998): 171-238 Der Weißstorch (Ciconia ciconia) im Kreis Peine (Niedersachsen, BRD) im 20. Jahrhundert Fortschreibung der Analyse 1907-1960 vonB e r n d t & R e h b e in (1961) von Hans Oelke und Hans Reither gewidmet dem unvergessenen Peiner „Storchenvater“ Fritz Rehbein (*29.7.1909 t 23.7.1986) Drucklegung als S chriftenreihe Nr. 3 des KHB, gefördert aus Mitteln des Kreishei matbundes Peine e.V. und der Peiner Biologischen Arbeitsgemeinschaft von 1953 e.V. 1 Einführung Außer dem Weißstorch(Ciconia ciconia) gibt es keine andere Vogelart im Kreis Pei ne, deren Bestand auf der Basis einer Brutpopulation so lange und so intensiv in die sem Jahrhundert untersucht wurde: 66 Jahre: 1907, 1927, 1930, 1934, 1937-1998. Die Erfassungen der Horste, ab 1937 zusätzlich der Horstpaare mit Jungen (HPm), aller Horstpaare ohne und mit Jungen (HPa), der ausfliegenen Jungen (JZG), schließlich auch die Beringungen der Jungstörche (erstmalig B l a s iu s 1906 [104] in Bortfeld, Wen dezelle; von 1940-1958 Rehbein; 1982-zuletzt 1984 Reither) haben das Grundgerüst der selbst für deutsche Verhältnisse außergewöhnlich langen Storchenerfassung (ver gleichbar z. B. dem Stadtkreis Wolfsburg, L a t z e l 1985 [117]) gelegt. Nur unlängst hat JAN AUS (1998) [115] über 60 Jahre Populationsuntersuchungen in Litauen berichtet. Diese Leistung ist erzielt worden durch den aufopferungsvollen ehrenamtlichen Ein satz des früheren Peiner Kreisheimatpflegers und Kreisstandesbeamten Fritz Rehbein (1909-1986) und nach seinem Tode von Hans Reither. H. Reither nimmt ab 1998 die Funktion des ehrenamtlichen Storchenbetreuers für den Regierungsbezirk Braunschweig wahr (inkl. der Landkreise Helmstedt, Gifhorn, Goslar, Peine, Osterode, Wolfenbüttel, Northeim, Göttingen sowie der kreisfreien Städte Braunschweig, Salzgitter, Wolfsburg). Frühere Weißstorchbetreuer des LK Peine waren bisher F. Rehbein, Peine (1937-1986 Kr. Peine), D. Richter, Braunschweig (1971-1978 Reg.Bez. Braunschweig), H. Reither, Wolfenbüttel (1979-1984 Reg.Bez. Braunschweig), R. Thamm, Gifhorn (1985-1987 Reg.Bez. Braunschweig), P. Riemer, Steinhorst (1987-1997 Reg.Bez. Braunschweig). Die Ergebnisse der Peiner Storchenerfassungen sind niedergelegt in kontinuierlichen Sammelergebnissen (R e h b e in [132]—[142]) und R e it h e r [143]—[153]). Während Reit her etwa ab 1963 aus privatem Interesse Weißstorchvorkommen registrierte (Erfassung und Photodokumentation), übernahm D. Richter die von F. Rehbein gesammelten Da ten für das NEVA Hannover, für die Vogelschutzwarte und für die Vogelschutzstation Braunschweig (Dr. R. Berndt, f 1987). Bedingt durch das große öffentliche Interesse am Weißstorch, haben die Peiner Ta geszeitungen im Laufe der Jahre zahlreiche lokale, kaum noch übersehbare Einzelheiten und -Begebenheiten wie Erstankünfte, Abzugsdaten, Horstanlagen, Horstreparaturen, Horstbegebenheiten (Kämpfe, Jungenaufzucht), Verluste, Verlustursachen, Ringwieder- funde usw. kommentiert (s. Literatur [l]-[97]). 171 Abb. 1: Weißstorch landet zur Nahrungssuche am NSG Wendesser Moor. - Fig. 1. Whi te Stork approaching feeding site in the nature reserve Wendesser Moor/Peine. Photo: Dieter Wittenberg, appr. 1960. Auch einige noch immer verstreute wissenschaftliche Analysen der Peiner Weiß storch-Population liegen vor. An erster Stelle ist die inzwischen schon mehr als 37 Jahre zurückliegende Analyse vonB e r n d t & REHBEIN [103] zu nennen. Nach der Gebiets reform von 1974 veränderte sich der Landkreis Peine größenmäßig von ca. 400 auf nun mehr 600 qkm Fläche. Wichtige frühere Storchenbrutplätze im ehemaligen Nordkreis Peine (s. Dedenhausen, Eltze, Ohof, Hämelerwald und Adolphshof) gingen verloren; die Neueingliederungen, die Gemeinden Wendeburg und Vechelde, die Einzelorte Barbecke (aus Kr. Wolfenbüttel), Harber, Röhrse (aus Kr. Burgdorf) mit ihren z. T. grünlandärme ren Feldmarken boten keinen ausreichenden Ersatz. Die Haupthabitatregion, das Fuhsetal mit seinen Nebengewässem, Feuchtgebieten, Weiden, Wiesen und Mooranteilen zog über das Storchenpaar in Sievershausen (10 km WNW der Kemstadt Peine, ca. 2 km W Außenrand Peine (Röhrse) verstärkt die Auf merksamkeit hannoverscher Storchenbearbeiter auf sich (R e c k [131], L ö h m e r , Ja - STER & RECK [121]). In das Land Niedersachsen sind generell Aspekte der Peiner Stor- chenstatistik integriert und eingearbeitet worden bei HECKENROTH [113] und H e c k e n - ROTH & LASKE [114]. Eine Zusammenstellung der damaligen Situation ist vorgelegt in der Dissertation vonO e l k e [128], Meine damalige Prognose gipfelte in der Aussage: ,Die Tage des Storchs sind im Peiner Land gezählt“ ([128], p. 284). Tatsache ist aber, daß die Weißstörche noch immer zu den konstanten Brutvögeln gehören - allen Umwelt veränderungen, den revolutionären Landwirtschaftsumstellungen, öffentlichen Prophe zeihungen und Unkenrufen zum Trotz. Diese Aussage soll nachfolgend näher bewiesen werden. 172 Arbeitsgemeinschaft fur Naturschutz im Freistaat Braunschweig. Geschäftsstelle: fiahiilmuscum Braunschweig, jM em trr4. Im Einvernehmen mit dem Herrn Volktbildungsminitter wird gebeten, nachstehenden Storch-Fragebogen zu beantworten und der obengenannten, Geschäftsstelle baldmöglichst zuruckzuschicken. 1) Scheune*) SjelKf^WohnhatTs*) Bayai^ (Art desselben?) .............. 2) Auf Ziegeldach*) Strojukttfi*) Rohphf^C*) Holgckräi*) ' ^ 'ht't+r ä 3) Nest-Unterlage künstlich*) vemrem SiesehSlaseh salbstsalbst erbaut»)erbaut») /V h f ^ ^ * 4) Nest seit Jahren bestehend*) 193? erbaut*) 193f?erbajit*r II. Besetzen* des Nestes. 5) -Neat 193fr beaatit {wenn nicht besetzt, aust -4) Mit ainani Paul*) mH einem Eiiizclslmcli*)— 3) Wieviele auefllegeade Störche 1934/ ^ 8) Nest 1934- unbesetzt (wenn Nest 193Vbesetzt, Frage 8 ausstreichen und Frage 9 und 10 unbeachtet lassen.) 9) In diesem Jahr erstmals unbesetzt? Abb. 2: Storch-Fragebogen - Fig. 2: Sample of a prewar white stork questonaire. 2 Methode Basis der Erfassungen waren stets Zählungen der Nester, der Storchenpaare auf den Ne stern, der Jungstörche, was der einfachsten Form einer Vogelerfassung entspricht. Wegen der Höhe der Neststandorte und fehlender technischer Ausrüstungen (Nesteinsicht aus 173 Turmdrehleitem, Teleskop-Spiegelstangen oder Luftaufklärung) war es nur in den we nigsten Fällen möglich, andere Brutparameter (z. B. Eizahlen, Gelegegrößen, Ei- und Jungvogelverluste) systematisch exakt zu bestimmen. Mit fortschreitender Dauer der Zählungen sind weitere Gesichtspunkte wie Nah rungsaufnahme, Beringung, Ringablesung, Habitat, Habitatänderungen, Unfälle, Verlu ste mit in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Gegenüber dem Beginn des Jahrhun derts verbesserte sich die Qualität der Zählungen (s. Motorisierung, Photodokumenta tionen), so daß gegenwärtig bei den Brutpaaren von einer Totalerfassung des Bestandes auszugehen ist. Sicherlich stecken in den Angaben von 1907, 1930 noch beträchtliche Fehlerquoten, die sich nicht mehr rekonstruieren und beheben lassen können. Wahr scheinlich ist der Storchenbestand zu Beginn der Jahrhundertwende unterrepräsentiert. Zu weiteren Fehlerquellen: s. Abschnitt Diskussion, Fehlerquellen. Die Daten vor 1945 sind vielfach über Fragebogen erhoben worden (als Muster s. Abb. 2). Beringungen mit Ringen der Vogelwarte Helgoland, zu Beginn auch mit einzelnen Ringen der neugegründeten Vogelwarte Rossiten, konnten um 1906 (durch R. Blasius, Braunschweig), zwischen 1940-1958 von F. Rehbein, und von 1982-1984 durch Reither eingesetzt werden. Zu den Beringungen war es notwendig, die Horste über Dächer und mit Hilfsmitteln auch über die Schornsteine zu erreichen. Das über viele Jahre über die persönliche Betreuung der Horstbesitzer und ihres Umfeldes gewonnene Vertrauensverhältnis verschaffte zahlreiche Sonderinformationen (s. Ankunft-, Abflugdaten der Störche, Todesfälle, Horstunfälle). 3 Brutbestand 1907-1998 Die Daten zum Weißstorch-Bestand im Landkreis Peine in den Grenzen von 1998 ein schließlich der Orte, die vor der Gebietsreform (1974) noch zum Kreis Peine gehörten (Adolphshof, Dedenhausen, Eltze, Hämelerwald, Ohof) sind in der Tabelle 1 aufgelistet. Hier bedeuten HPa die Anzahl aller Horstpaare, HPm die Anzahl der Horstpaare mit Jungen, HPo die Horstpaare ohne Jungen, HPx die Horstpaare, über deren Nachwuchs nichts bekannt wurde, und HE ist die verbleibende Anzahl der Einzelstörche. Die Zahl der ausfliegenden Jungstörche ist mit JZG bezeichnet. JZa und JZm ist die durchschnitt liche Anzahl der ausfliegenden Jungen je HPa bzw. je HPm. HB1 und HB2 bedeuten die Anzahl der Horste mit einem Horstbesucher bzw. mit zwei Horstbesuchem. Tabelle 1: Weißstorch-Bestand im Landkreis Peine in den Grenzen von 1998. - Table 1: The White Stork population in the county of Peine (within borders of 1998). Jahr HPa HPm HPo HPx HE JZG JZa JZm HB 2 HB1 1900 68 1907 40 3 0 37 10 1929 3 0 0 3 0 1930 6 2 1 3 1 5 0.83 2.50 1931 4 2 1 1 1 6 1.50 3.00 1 1932 5 3 1 1 0 9 1.80 3.00 1933 10 7 2 1 2 19 1.90 2.71 1 1934 16 15 0 1 0 48 3.00 3.20 1 2 1935 9 5 2 2 0 12 1.33 2.40 1 174 Tabelle 1: Fortsetzung Jahr HPa HPm HPo HPx HE JZG JZa JZm HB2 HB1 1936 10 7 2 1 0 20 2.00 2.86 1 1937 22 15 6 1 0 42 1.91 2.80 1938 18