Dr. rer. nat. Reiner Theunert

Zur Fauna der Hautflügler () des Märchenwaldes im Stadtforst Einbeck

Titelabb.: Buchen-Keulhornblattwespe (Cimbex fagi); tot auf einem Weg gefunden – erster Fund in Niedersachsen.

Bericht erstellt unter finanzieller Förderung durch:

• Allianz Versicherung Thomas Schmidt, Generalvertretung, Neuer Markt 8, D-37574 Einbeck • Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Kreisgruppe Northeim, Zur Höhe 19, D-37181 Hardegsen • Stadt Einbeck, Teichenweg 1, D-37574 Einbeck • Stadtwerke Einbeck GmbH, Grimsehlstraße 17, D-37574 Einbeck • Umweltstiftung Greenpeace, Hongkongstraße 10, D-20457 Hamburg

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Adresse des Verfassers: Umwelt & Planung Dr. Theunert Fachbüro für Umweltplanung seit 1990 Allensteiner Weg 6, D-31249 Hohenhameln Tel.: 05128/95802; 0177/3118854 E-Mail: [email protected] Internet: www.umweltplaner.de

Inhalt Seite 0 Zusammenfassung 2 1 Einleitung 3 2 Untersuchungsgebiet 3 3 Methodik 5 4 Ergebnisse 7 5 Diskussion 9 6 Quellen 15

0 Zusammenfassung

Es wurden 95 Hautflüglerarten bestimmt, die im Einbecker Märchenwald in den Jahren 2015 bis 2019 festgestellt worden waren. Darunter befinden sich mindestens zwei für Niedersachsen neue Arten (Cimbex fagi, Ectemnius nigritarsus) und sechs in Deutschland bestandsbedrohte Arten, soweit sog. Rote Listen vorliegen (Cimbex fagi, Ectemnius nigritarsus, Megachile ligniseca, bipunctula, Tenthredopsis tarsata), bzw. die Bestandsbedrohung aus einer artspezifischen Abhängigkeit zu anderen in Deutschland bestandsbedrohten Arten ableitbar ist (Opheltes glaucopterus).

Die Untersuchung wird fortgesetzt.

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1 Einleitung

Seit 2015 werden unter Einsatz einer nicht-automatischen Lichtanlage Erhebungen zur Fauna der Nachtschmetterlinge im Märchenwald im Stadtforst Einbeck durchgeführt. Sie sind Teil einer Abfolge von Bestandsaufnahmen zur Tier-, Pflanzen- und Pilzwelt dieses Gebietes. Näheres ist dem Internet unter www.maerchenwald-einbeck.de zu entnehmen.

An dieser Anlage erschienen auch gelegentlich nachtaktive Hautflügler, was zu der Überlegung führte, die Bestandsaufnahmen auf die Insektengruppe der Hautflügler insgesamt auszudehnen. In 2019 wurde mit der Erfassung der tagaktiven Arten begonnen.

Hautflügler haben, wie es der Name anzeigt, häutige Flügel. Bei etlichen Arten sind sie allerdings zurückgebildet. Die Rückbildung kann lediglich ein Geschlecht betreffen oder eine Kaste von sich (gewöhnlich) nicht fortpflanzenden Tieren, z. B. die Arbeiterinnen der Ameisen.

Häutige Flügel sind aber kein besonderes Kennzeichen. Es gibt sie auch bei anderen Insektenordnungen. Charakteristischer ist eher, dass die Weibchen ein Legerohr (Ovipositor) ausgebildet haben. Innerhalb der sich holometabol und damit von einer Larve über eine Puppe hin zum Vollinsekt (Imago) entwickelnden Insekten ist ein Legerohr einzigartig. Es ist aber nicht immer sichtbar. Es kann zu einem Wehrstachel umgebildet sein.

Die Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) besteht aus den Unterordnungen der Pflanzen- oder Sägewespen (Symphyta) und der Taillenwespen (Apocrita). Bei letzterer werden die Teilordnungen der Legimmen (Terebrantia), zu der unter anderem die Schlupf-, die Zehr-, die Erz- und die Brackwespen gehören, und die der Wehrimmen unterschieden, auch Stechimmen genannt (Aculeata), zu der unter anderem die Ameisen und die Bienen gehören.

2 Untersuchungsgebiet

Es werden die das Untersuchungsgebiet gut kennzeichnenden Ausführungen aus früheren Berichten über den Einbecker Märchenwald übernommen, ergänzt um einige wenige Hinweise zur Vegetation:

Einbeck liegt im südlichen Niedersachsen, naturräumlich zum Weser-Leine-Bergland gehörend. Zwischen Göttingen und Einbeck erstreckt sich entlang des Leinegrabens eine landwirtschaftlich intensiv genutzte Ebene, die von mehreren kleineren Mittelgebirgen umgeben ist (Abb. 1).

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Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebietes.

Das etwa 24 Hektar große Untersuchungsgebiet ist Teil des Stadtforstes Einbeck, knapp 2 km nordöstlich des Einbecker Marktplatzes auf der Hube (Abb. 2). Die Hube ist ein Höhenzug im niedersächsischen Bergland. Ihre höchste Erhebung ist der Fuchshöhlenberg, der 346,2 m über NN misst. In Ost-West-Richtung erstreckt sich die Hube auf ungefähr 6 km, in Nord-Süd-Richtung auf 5,5 km. Das Untersuchungsgebiet am nördlichen Abhang der höchsten Erhebung wird von den Höhenlinien 315 m und 260 m begrenzt.

Die Nordseite der Hube hat deutlichen Mittelgebirgscharakter, während sich am Südende, auf dem Altendorfer Berg, einer der größten Halbtrockenrasen Niedersachsens befindet. Geologisch prägen den Höhenzug Schichten des Muschelkalkes. Einbeck und die Hube liegen im Regenschatten des bis zu 528 m hohen Sollings. Die Bestockung des Märchenwaldes besteht aus unterschiedlichen Baumarten. Vorherrschend sind Eichen und Buchen, aber auch Hainbuchen, Berg- und Feldahorn, Bergulme, Birke und Esche kommen vor. Randbereiche sind mit Fichte aufgeforstet worden.

Auffallend sind die beträchtlichen Umfänge vieler Bäume. Im Unterwuchs wachsen an einigen Stellen alte Haselsträucher und Weißdornbüsche. Das Totholzangebot ist sehr reichhaltig. An den Wegrändern sind mitunter dichte Bestände an Brom- und Himbeere vorhanden. Auffallend sind hier bisweilen besonders auch Behaarte Karde (Dipsacus pilosus), Wald-Ziest (Stachys sylvatica), Großblütiges Springkraut (Impatiens noli-tangere) und Lianengeflechte aus Gewöhnlicher Waldrebe (Clematis vitalba). Vor dem Laubaustrieb im Frühjahr sind am Boden in Massen zunächst Busch-Windröschen (Anemone nemorosa) und danach Bär-Lauch (Allium ursinum) zu sehen.

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Abb. 2: Untersuchungsgebiet (gelbe Markierung) im Stadtforst Einbeck auf der Nordseite des Höhenzuges Hube.

3 Methodik

In den Jahren 2015 bis 2018 wurde eine nicht-automatische Lichtanlage eingesetzt, bestückt mit zwei Schwarzlichtröhren zu je 18 Watt Leistung. Die Anlage wurde an einem Stativ in etwa eineinhalb Meter Höhe befestigt und aus einer Autobatterie mit Elektrizität versorgt. Über das Stativ wurde ein Gazezylinder gespannt („Leuchtturm“). Auf ihm landeten die vom Licht angelockten Insekten (Abb. 3).

Die Anlage wurde bei weit fortgeschrittener Dämmerung oder erst bei vollständiger Dunkelheit eingeschaltet. Die Abb. 4 zeigt die Stellen, an denen die Anlage aufgebaut war, zum einen an einem Wegrand in einer mulden- bis kerbtalförmigen Vertiefung im nördlichen Teil des Untersuchungsgebietes aufgestellt, zum anderen an einem Wegrand nahe einer Informationstafel am südlichen Gebietsrand.

In 2019 erfolgten tagsüber mehrere Begehungen, während derer besonders entlang von Säumen nach sich dort aufhaltenden Hautflüglern Ausschau gehalten wurde. Gezielt abgesucht wurden blühende Kräuter und Stauden. Aber auch in dichterem Blattwerk können sich Hautflügler aufhalten, so Ameisen oder Schlupfwespen. Die Tiere wurde gekeschert, in ein Glas gegeben und, immer dann, wenn eine Bestimmung am lebenden Objekt vor Ort nicht möglich war, unter Zugabe von Äther getötet. Diese Tiere wurden anschließend getrocknet. Alle anderen wurden freigelassen. Bereits in den Jahren zuvor waren tagsüber einige Exemplare mitgenommen worden. Auch sie sind nachfolgend berücksichtigt, soweit sie bereits bestimmt wurden.

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Abb. 3: Im Märchenwald bei Dämmerung eingeschaltete Lichtanlage.

Abb. 4: Standorte der Lichtanlage (Markierung: rotes Karo; bzw. roter Punkt „Infostand“). 6

Für die Bestimmung kam ein Binokular zum Einsatz. Ein Großteil des gesammelten Materials muss noch bestimmt werden! Zwei Schlupfwespen bestimmte Herr Niklas Johansson (Habo/Schweden). Vielen Dank!

4 Ergebnisse

Bestimmt wurden 95 Arten aus 10 Familien:

A. Unterordnung Symphyta

1. Familie: (Echte Blattwespen); 14 Arten: • Elinora koehleri (KLUG, 1817) • Macorphya carinthiaca (KLUG, 1817) • Macrophya ribis (SCHRANK, 1781) • Siobla sturmii (KLUG, 1817) • Taxonus agrorum (FALLEN, 1808) • Tenthredo bipunctula KLUG, 1817 • Tenthredo campestris LINNAEUS, 1758 • Tenthredo colon KLUG, 1817 • Tenthredo rubricoxis (ENSLIN, 1912) • Tenthredo scrophulariae LINNAEUS, 1758 • Tenthredo velox FABRICIUS, 1798 • Tenthredo vespa RETZIUS, 1783 • Tenthredopsis ornata (SERVILLE, 1823) • Tenthredopsis tarsata (FABRICIUS, 1804)

2. Familie: Cimbicidae (Keulhornblattwespen); 1 Art: • Cimbex fagi ZADDACH, 1863

3. Familie: Pamphilidae (Gespinstblattwespen); 1 Art: • Pamphilius hortorum (KLUG, 1808)

B. Unterordnung Apocrita B.1 Teilordnung Terebrantia

4. Familie: (Schlupfwespen); 22 Arten: • Absyrtus vernalis BAUER, 1961 • Absyrtus vicinator (THUNBERG, 1824) • Amblyteles armatorius (FORSTER, 1771) • Cidaphus atricilla (HALIDAY, 1839) • Diphyus palliatorius (GRAVENHORST, 1829) • Eupalamus wesmaeli (THOMSON, 1886) • Goedartia alboguttata (GRAVENHORST, 1829) • Ichneumon gracilentus WESMAEL, 1845 • Ichneumon melanotis HOLMGREN, 1864 • Ichneumon suspiciosus WESMAEL, 1845 • Itoplectis alternana (GRAVENHORST, 1829) • Netelia melanura (THOMSON, 1888) 7

• Netelia pallescens (SCHMIEDEKNECHT, 1910) • Netelia virgata (GEOFFROY, 1785) • Opheltes glaucopterus (LINNAEUS, 1758) 1 • Ophion costatus RATZEBURG, 1848 • Ophion pteridis KRIECHBAUMER, 1879 1 • Ophion tenuicornis JOHANSSON, 2019 • Pimpla rufipes (MILLER, 1759) • Scambus calobatus (GRAVENHORST, 1829) • Stauropoctonus bombycivorus (GRAVENHORST, 1829) • Therion circumflexum (LINNAEUS, 1758)

B.2 Teilordnung Aculeata

5. Familie: Chrysididae (Goldwespen); 1 Art: • Omalus auratus (LINNAEUS, 1761)

6. Familie: Formicidae (Ameisen); 4 Arten: • Formica fusca LINNAEUS, 1758 • Lasius brunneus (LATREILLE, 1798) • Lasius platythorax SEIFERT, 1991 • Myrmica ruginodis NYLANDER, 1846

7. Familie: Vespidae (Faltenwespen); 7 Arten: • Ancistrocerus trifasciatus (MÜLLER, 1776) • Dolichovespula media (RETZIUS, 1783) • Dolichovespula saxonica (FABRICIUS, 1793) • Symmorphus gracilis (BRULLÉ, 1832) • Vespa crabro LINNAEUS, 1758 • germanica (FABRICIUS, 1793) • Vespula vulgaris (LINNAEUS, 1758)

8. Familie: Pompilidae (Wegwespen); 2 Arten: • Dipogon subintermedius (MAGRETTI, 1886) • Priocnemis perturbator (HARRIS, 1780)

9. Familie: Crabronidae (Grabwespen); 12 Arten: • Argogorytes mystaceus (LINNAEUS, 1761) • Crossocerus barbipes (DAHLBOM, 1845) • Crossocerus binotatus LEPELETIER & BRULLÉ, 1835 • Crossocerus cinxius (DAHLBOM, 1838) • Crossocerus varus LEPELETIER & BRULLÉ, 1835 • Ectemnius cavifrons (THOMSON, 1870) • Ectemnius lituratus (PANZER, 1804) • Ectemnius nigritarsus (HERRICH-SCHÄFFER, 1841) • Nysson spinosus (FORSTER, 1771) • Passaloecus insignis (VANDER LINDEN, 1829) • Pemphredon lugubris (FABRICIUS, 1793) • Trypoxylon minus BEAUMONT, 1945

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10. Familie: Apidae (Bienen): 31 Arten: • Andrena bicolor FABRICIUS, 1775 • Andrena clarkella (KIRBY, 1802) • Andrena fucata SMITH, 1847 • Andrena fulva (MÜLLER, 1766) • Andrena haemorrhoa (FABRICIUS, 1781) • Andrena helvola (LINNAEUS, 1758) • Andrena minutula (KIRBY, 1802) • Andrena nigroaenea (KIRBY, 1802) • Andrena subopaca NYLANDER, 1848 • Anthophora furcata (PANZER, 1798) • Apis mellifera LINNAEUS, 1758 • Bombus hortorum (LINNAEUS, 1761) • Bombus lapidarius (LINNAEUS, 1758) • Bombus pascuorum (SCOPOLI, 1763) • Bombus pratorum (Linnaeus, 1761) • Bombus terrestris (LINNAEUS, 1758) • Chelostoma campanularum (KIRBY, 1802) • Chelostoma florisomne (LINNAEUS, 1758) • Chelostoma rapunculi (LEPELETIER, 1841) • Eucera nigrescens PÉREZ, 1879 • Hylaeus communis NYLANDER, 1852 • Hylaeus confusus NYLANDER, 1852 • Lasioglossum albipes (FABRICIUS, 1781) • Lasioglossum lativentre (SCHENCK, 1853) • Megachile ligniseca (KIRBY, 1802) • Nomada flava PANZER, 1798 • Nomada flavoguttata (KIRBY, 1802) • Nomada ruficornis (LINNAEUS, 1758) • Psithyrus rupestris (FABRICIUS, 1793) • Psithyrus sylvestris (LEPELETIER, 1832) • Sphecodes ephippius (LINNAEUS, 1767)

1 Determination: Niklas Johansson.

5 Diskussion

Das Arteninventar ist bei weitem nicht einmal erfasst. Aus der Vielzahl der verhältnismäßig kleinen Arten in der Teilordnung der Legimmen wurde noch gar kein Beleg mitgenommen (Körperlänge < 1 cm).

Gut erfasst sein dürften bisher nur die Bienen. Es fehlen sicherlich ein paar Arten, doch angesichts dessen, dass sich die Futterquellen (Blüten), die zur Eigenversorgung bzw. zur Verproviantierung des Nachwuchses benötigt werden, vornehmlich entlang der beiden Wege befinden, die den Märchenwald im Westen und Süden begrenzen (Westrand Abteilung 40b, Südrand Abteilung 39a1; vgl. Abb.

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4) und diese bei jedem Aufenthalt im Gebiet abgesucht wurden, werden die meisten vorhandenen Arten auch entdeckt worden sein.

Wahrscheinlich fast ebenso gut erfasst ist das Arteninventar der Blattwespen. Soweit sich deren Larven von Kräutern, Stauden oder Sträuchern ernähren und sich die Aufenthaltsorte der Geschlechtstiere zumindest zeitweise dort befinden, wo die Larven leben, sollten die meisten der Arten gefunden worden sein.

In Abhängigkeit von der Verschiedenartigkeit der Futterquellen gilt sowohl für die Blattwespen als auch für die Bienen, dass deren Artenzahl im Gebiet verhältnismäßig gering ist. So gibt es nur wenige Schmetterlingsblüten- und Korbblütengewächse (Fabaceae und Asteraceae) im Gebiet mit größeren Beständen. Die Futterquellen sind mehr verstreut, hier und da stehend. Da es nur eine ältere blühende Strauchweide gibt, eine Sal-Weide in einer Auflichtung, ist es zwangsläufig, dass viele der Bienenarten fehlen, die im Frühjahr auftreten und dabei vom Angebot an blühenden Weiden abhängig sind. Zu erwähnen sind in erster Linie Arten aus der Gattung Andrena und deren Brutschmarotzer aus der Gattung Nomada.

Hinzukommt, dass manches Blütenangebot von Bienen kaum genutzt wird oder die Blüten als Futterquellen nur einzelnen Arten nützen. So gibt es an mehreren Stellen größere Bestände der Behaarten Karde (Dipsacus pilosa), eine nicht vor dem Monat Juli blühende Staude. Sie wird von Bienen kaum besucht. Auch die Doldenblütengewächse () mit ihren freiliegenden Nektar- und Blütenan- gebot sind nur für einzelne Bienenarten von Bedeutung, und dabei sind es dann auch nicht alle Doldenblütler gleichmäßig. Die Blütenstände vom Giersch (Aegopodium podagraria) beispielsweise weisen kaum mal eine Biene auf, obwohl die Staude in großer Zahl auf Wegsäumen und auch im Waldesinnern vorhanden ist und zur Blüte gelangt. Einzig die kleinen Bienenarten Andrena minutula und Andrena subopaca wurden auf Blüten von Doldenblütlern angetroffen. Hingegen sind auf solchen alle Grabwespen aus der Gattung Ectemnius gefunden worden.

Vor dem Laubaustrieb und auch noch während des Laubaustriebs ist der Waldboden teils dicht von Frühblühern wie Busch-Windröschen (Anemone nemorosa) und Bär- Lauch (Allium ursinum) bedeckt. Von Blüten besuchenden Hautflügler werden sie nur hier und da mal aufgesucht. Das Nektar- und Pollenangebot findet aber bei anderen Insekten Nutzen. Fliegen und Käfer wurden in den Blüten vielfach angetroffen.

Für 13 der 16 nachgewiesenen Blattwespenarten sind Futterpflanzen bekannt, die im Märchenwald vorkommen:

• Elinora koehleri: Schaumkraut – im Gebiet vorhanden u. a. Wiesen- Schaumkraut (Cardamine pratensis), • Macrophya ribis: Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), Roter Holunder (Sambucus racemosa), 10

• Siobla sturmi: Großblütiges Springkraut (Impatiens noli-tangere), • Taxonus agrorum: Himbeere (Rubus idaeus), • Tenthredo bipunctula: Fuchs-Greiskraut (Senecio ovatus), • Tenthredo campestris: Giersch (Aegopodium potagraria), • Tenthredo rubricoxis: Fuchs-Greiskraut (Senecio ovatus), • Tenthredo scrophulariae: Knoten-Braunwurz ( nodosa), • Tenthredo vespa: Esche (), Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum), Wald-Geißblatt (), • Tenthredopsis ornata: Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum), • Tenthredopsis tarsata: Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum), • Cimbex fagi: Rot-Buche (Fagus sylvatica), • Pamphilus hortorum: Himbeere (Rubus idaeus).

Mehrere Bienenarten sind auch an bestimmte Pflanzenarten gebunden. Die Weibchen versorgen ihren Nachwuchs nur mit Futter aus den Blüten einer einzigen Pflanzenart, -gattung oder –familie. Es sind dies:

• Andrena clarkella: Weiden – im Gebiet nur Sal-Weide (Salix caprea), • Anthophora furcata (Abb. 5): Lippenblütengewächse (Lamiaceae) – im Gebiet nur Wald-Ziest (Stachys sylvatica), • Chelostoma campanularum: Glockenblumen – im Gebiet nur Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium), • Chelostoma florisomne: Hahnenfuß (Ranunculus) – im Gebiet verschiedene Arten vorhanden, • Chelostoma rapunculi: Glockenblumen – im Gebiet nur Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium), • Eucera nigrescens: Schmetterlingsblütengewächse (Fabaceae) – im Gebiet offenbar nur Zaun-Wicke (Vicia sepium).

Neben den Hautflüglern, deren Nachwuchs sich rein vegetarisch ernährt, gibt es viele, die auf fleischliche Kost angewiesen sind, unter anderem bei anderen Hautflüglern brutschmarotzende Arten. Eine enge Bindung an das Vorhandensein einer bestimmten Tierart oder weniger Tierarten haben zumindest:

• Opheltes glaucopterus: Keulhornblattwespen (Cimbex) - im Gebiet wohl Cimbex fagi, • Stauropoctonus bombycivorus (Abb. 6): Buchen-Zahnspinner (Stauropus fagi), • Argogorytes mystaceus: Schaumzikade (Philaenus spumarius), • Nysson spinosus: Gorytes- und Argogorytes-Grabwespen – im Gebiet nur Argogorytes mystaceus, • Nomada flavoguttata: Bienen aus der Andrena minutula-Gruppe – im Gebiet Andrena minutula und Andrena subopaca, 11

• Nomada ruficornis: Andrena haemorrhoa, • Psithyrus rupestris: Bombus lapidarius (selten andere Hummelarten), • Psithyrus sylvestris: Bombus pratorum.

Der Nachweis eines Wirtes von Nomada flava im Märchenwald steht noch aus. Es könnte Andrena nitida sein.

Abb. 5: Anthophora furcata – Weibchen.

Mehrere Arten gelten als in Deutschland bestandsbedroht. In den aktuellen Roten Listen, die das Bundesamt für Naturschutz herausgegeben hat, sind vermerkt als

- stark gefährdet: Tenthredo bipunctula, Megachile ligniseca, - gefährdet: Tenthredopsis tarsata, Ectemnius nigritarsus, - mit Gefährdung unbekannten Ausmaßes: Cimbex fagi.

Da allen in Deutschland vorkommenden Cimbex-Arten der Status „Gefährdung unbekannten Ausmaßes“ zugewiesen ist, muss zwangsläufig auch die ausschließlich die Larven von Cimbex-Arten parasitierende Schlupfwespe Opheltes glaucopterus (Abb. 7) in Deutschland mehr oder weniger bestandsbedroht sein. Sicherlich sind weitere Legimmen bestandsbedroht, aber es gibt zu der Gruppe keine „Rote Liste für Deutschland“.

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Abb. 6: Stauropoctonus bombycivorus – Weibchen.

Abb. 7: Opheltes glaucopterus – Weibchen. Sammlungsbeleg.

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Abb. 8: Cimbex fagi – Weibchen. Sammlungsbeleg. Der blaue Pfeil zeigt auf eine schwarze Seitenbrust – bei der sehr ähnlichen Cimbex luteus ist sie überwiegend gelb.

Abb. 9: Ectemnius nigritarsus – Weibchen.

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Neu für Niedersachsen sind Cimbex fagi (Buchen-Keulhornblattwespe; Titelabb., Abb. 8; einem in der Literatur zu findenden Hinweis auf ein Vorkommen vor 1900 liegt ein Fund aus dem Bundesland Bremen zugrunde; persönliche Mitteilung von Herrn Dr. Carsten Ritzau), die Grabwespe Ectemnius nigritarsus (Abb. 9), sprich, innerhalb Niedersachsens sind beide nun erstmals nachgewiesen worden und die erst unlängst als „neue Art“ beschriebene Schlupfwespe Ophion tenuicornis.

Da über die Verbreitung der Legimmen nur wenig bekannt ist und einige der vor Jahrzehnten bereits erschienenen Publikationen nicht vorlagen, kann nur vermutet werden, dass sich auch unter ihnen für Niedersachsen neue Arten befinden, z. B. vielleicht Stauropoctonus bombycivorus. Die Untersuchung wird fortgesetzt!

6 Quellen

6.1 Veröffentlichungen zur Bestimmung der Arten

AMIET, F. (1996): Hymenoptera. Apidae, 1. Teil. Allgemeiner Teil, Gattungsschlüssel, Die Gattungen Apis, Bombus und Psithyrus. – Insecta Helvetica Fauna 12: 98 S. AMIET, F. (1999): Apidae 2. Colletes, Dufourea, Hylaeus, Nomia, Nomioides, Rhophitoides, Rophites, Sphecodes, Systropha. – Fauna Helvetica 4: 219 S. AMIET, F., HERRMANN, M., MÜLLER, A. & NEUMEYER, R. (2001): Apidae 3. Halictus, Lasioglossum. – Fauna Helvetica 6: 208 S. AMIET, F., HERRMANN, M., MÜLLER, A. & NEUMEYER, R. (2004): Apidae 4. Anthidium, Chelostoma, Coelioxys, Dioxys, Heriades, Lithurgus, Megachile, Osmia, Stelis. – Fauna Helvetica 9: 273 S. AMIET, F., HERRMANN, M., MÜLLER, A. & NEUMEYER, R. (2007): Apidae 5. Ammobates, Ammobatoides, Anthophora, Biastes, Ceratina, Dasypoda, Epeoloides, Epeolus, Eucera, Macropis, Melecta, Melitta, Nomada, Pasites, Tetralonia, Thyreus, Xylocopa. – Fauna Helvetica 20: 356 S. AMIET, F., HERRMANN, M., MÜLLER, A. & NEUMEYER, R. (2010): Apidae 6. Andrena, Melitturga, Panurginus, Panurgus. – Fauna Helvetica 26: 317 S. BLANK, S. M. & RITZAU, C. (1998): Die Tenthredopsini Deutschlands (Hymenoptera: Tenthredinidae). In TAEGER, A. & BLANK, S. M. (Hrsg.): Pflanzenwespen Deutschlands (Hymenoptera, Symphyta). Kommentierte Bestandsaufnahme. – Keltern (Goecke & Evers). S. 227-246. BLÜTHGEN, P. (1961): Die Faltenwespen Mitteleuropas (Hymenoptera, Diploptera). – Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Klasse für Chemie, Geologie und Biologie; Jahrgang 1961, Nr. 2: 248 S. FITTON, M. G., SHAW, M. R. & GAULD, I. D. (1988): Pimpline Ichneumon-Flies. Hymenoptera, Ichneumonidae (Pimplinae). – Handbooks for the Identification of British 7/1: 110 S. HILPERT, H. (1992): Zur Systematik der Gattung Ichneumon LINNAEUS, 1758 in der Westpalaearktis (Hymenoptera, Ichneumonidae, Ichneumoninae). – Entomofauna, Supplement 6: 389 S. JACOBS, H.-J. (2007): Die Grabwespen Deutschlands. Bestimmungsschlüssel. – Keltern (Goecke & Evers). 207 S. JOHANSSON, N. & CEDERBERG, B. (2019): Review of the Swedish species of Ophion (Hymenoptera: Ichneumonidae: Ophioninae), with the description of 18 new species and an illustrated key to Swedisch species. – European Journal of Taxonomy 550: 1-136. – Internet: //doi.org/10.5852/ejt.2019.550 LINSENMAIER, W. (1997): Die Goldwespen der Schweiz. – Veröffentlichungen aus dem Natur- Museum Luzern 9: 139 S. 15

MUCHE, W. H. (1967-1970): Die Blattwespen Deutschlands – I. (Hyme- noptera). – Entomologische Abhandlungen, Supplement 36: 236 S. OEHLKE, J. & WOLF, H. (1987): Beiträge zur Insekten-Fauna der DDR: Hymenoptera – Pompilidae. – Beiträge zur Entomologie, Berlin 37: 279-390. PERKINS, J. F. (1959): Hymenoptera Ichneumonoidea, Ichneumonidae, key to subfamilies and Ichneumoninae - I. – Handbooks for the Identification of British Insects 7/2 (ai): 116 S. PERKINS, J. F. (1960): Hymenoptera Ichneumonoidea, Ichneumonidae, subfamilies Ichneumoninae II, Alomyinae, Agriotypinae and Lacorininae. – Handbooks for the Identification of British Insects 7/2 (aii): 213 S. SCHMIEDEKNECHT, O. (1930): Die Hymenopteren Nord- und Mitteleuropas. 2. Auflage. – Jena (Gustav Fischer). 1062 S. SEIFERT, B. (1996): Ameisen beobachten, bestimmen. – Augsburg (Naturbuch). 352 S. TAEGER, A. (1998): Bestimmungsschlüssel der Keulhornblattwespen Deutschlands (Hymenoptera: Cimbicidae). In TAEGER, A. & BLANK, S. M. (Hrsg.): Pflanzenwespen Deutschlands (Hymenoptera, Symphyta). Kommentierte Bestandsaufnahme. – Keltern (Goecke & Evers). S. 193-206. THEUNERT, R. (2002): Schlüssel zur Unterscheidung der Blattschneiderbienen Megachile lagopoda (LINNAEUS, 1761), Megachile ligniseca (KIRBY, 1802), Megachile maritima (KIRBY, 1802) und M. willughbiella (KIRBY, 1802) (Hym., Apidae). – Entomologische Nachrichten und Berichte 46: 91-97.

6.2 Veröffentlichungen zur Biologie und Verbreitung der Arten (soweit nicht unter 6.1 aufgeführt)

BLÖSCH, M. (2000): Die Grabwespen Deutschlands. Lebensweise, Verhalten, Verbreitung. – Keltern (Goecke & Evers). 480 S. DATHE, H. H., TAEGER, A. & BLANK, S. M. (Hrsg.) (2001): Verzeichnis der Hautflügler Deutschlands. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 7: 178 S. TAEGER, A., ALTENHOFER, E., BLANK, S. M., JANSEN, E., KRAUS, M., PSCHORN-WALCHER, H. & RITZAU, C. (1998): Kommentare zur Biologie, Verbreitung und Gefährdung der Pflanzenwespen Deutschlands (Hymenoptera, Symphyta). In TAEGER, A. & BLANK, S. M. (Hrsg.): Pflanzenwespen Deutschlands (Hymenoptera, Symphyta). Kommentierte Bestandsaufnahme. – Keltern (Goecke & Evers). S. 49-136. THEUNERT, R. (2003): Atlas zur Verbreitung der Wildbienen (Hym.: Apidae) in Niedersachsen und Bremen (1973-2002). – Ökologieconsult-Schriften 5: 24-334. THEUNERT, R. (2008): Atlas zur Verbreitung der Grabwespen (Hym.: Sphecidae s. l.) in Niedersachsen und Bremen (1978-2007). – Ökologieconsult-Schriften 6: 98 S. WESTRICH, P. (2018): Die Wildbienen Deutschlands. – Stuttgart (Ulmer). 822 S.

6.3 Veröffentlichungen zur Bestandsbedrohung der Arten in Deutschland

LISTON, A. D., JANSEN, E., BLANK, S. M., KRAUS, M. & TAEGER, A. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Pflanzenwespen (Hymenoptera: Symphyta) Deutschlands. Stand März 2011. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 491-556. SEIFERT, B. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Ameisen (Hymenoptera: Formicidae) Deutschlands. 4. Fassung, Stand 15. November 2006 (Rote Liste) bzw. 31. März 2011 (Gesamtartenliste). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 469-487. SCHMID-EGGER, C. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Wespen Deutschlands. Hymenoptera, Aculeata: Grabwespen (Ampulicidae, Crabronidae, Sphecidae), Wegwespen (Pompilidae), Goldwespen (Chrysididae), Faltenwespen (Vespidae), Spinnenameisen (Mutillidae), Dolchwespen (Scoliidae), Rollwespen (Tiphiidae) und Keulenwespen (Sapygidae). 2. Fassung, Stand Januar 2011. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 419-465. WESTRICH, P., FROMMER, U., MANDERY, K., RIEMANN, H., RUHNKE, H., SAURE, C. & VOITH, J. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Bienen (Hymenoptera, Apidae) Deutschlands. 5. Fassung, Stand Februar 2011. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 373-416.

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Hohenhameln, den 30.1.2020

Dr. rer. nat. Reiner Theunert

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