PRESSEMAPPE ERNST VON SIEMENS MUSIKPREIS 2015

INHALT

PRESSEMITTEILUNGEN

Pressemitteilung Mai 2015

ERNST VON SIEMENS MUSIKPREIS 2015

Christoph Eschenbach

x Essay von Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt x Interview mit Thomas Meyer x Biografie x Diskographie

KOMPONISTEN-FÖRDERPREISTRÄGER 2015

x Mark Barden x Birke J. Bertelsmeier x Christian Mason

PORTRÄT-CDs

BILDÜBERSICHT

ARCHIV PRESSEMITTEILUNG Pressemitteilung Mai 2015

Preisverleihung: Ernst von Siemens Musikpreis an Christoph Eschenbach Die Komponisten-Förderpreise gehen an die jungen Komponisten Mark Barden, Birke J. Bertelsmeier und Christian Mason | Die Ernst von Siemens Musikstiftung vergibt erneut 3 Millionen Euro an Preis- und Fördergeldern

Am 31. Mai verleiht die Ernst von Siemens Musikstiftung dem Dirigenten Christoph Eschenbach den internationalen Ernst von Siemens Musikpreis. Michael Krüger, Stiftungsratsvorsitzender und Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, überreicht die mit 250.000 Euro dotierte Auszeichnung bei einem musikalischen Festakt im Herkulessaal der Residenz München. Die Bamberger Symphoniker spielen unter der Leitung von Christoph Eschenbach.

„Preise sind das Tüpfelchen auf dem I für jeden Schaffenden“, der Ernst von Siemens Musikpreis aber habe „einen ganz besonderen Wert und ich bin stolz, diese Ehrung zu erhalten“, erklärte der Dirigent Christoph Eschenbach im Vorfeld der diesjährigen Ernst von Siemens Musikpreisverleihung. Das Kuratorium der Stiftung zeichnet mit Christoph Eschenbach eine künstlerische Ausnahmeerscheinung aus, die es – nicht nur vom Dirigentenpult herab – immer wieder aufs Neue vermag, Orchester, Solisten und das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Er ist ein hochvitaler Dirigent und beeindruckender Orchestererzieher, dessen Größe in einer Art natürlicher Autorität liegt, die Machtgesten und alles Übertriebene, allzu Plakative scheut. Dabei überzeugt Christoph Eschenbach als Dirigent genauso wie als Pianist und Pädagoge. Der 1940 in Breslau geborene Christoph Eschenbach stellte nicht nur sein Leben in den Dienst der Musik, sondern zunächst tat die Musik Dienst an seinem Leben: Eschenbachs Mutter starb bei der Geburt, der Vater nur wenige Jahre später in einem Strafbataillon an der Kriegsfront. Nach dem Krieg erkrankt das Kind in einem Waisenhaus in Mecklenburg an Typhus. Die Adoption durch Wallydore Eschenbach, eine Cousine der leiblichen Mutter, empfindet Eschenbach als „Rettung“. Die Sängerin und Pianistin gibt dem über Leid und Krankheit verstummten Jungen nicht nur die Sprache zurück, als sie ihn fragt, ob er selbst Musik machen wolle und er nach einjährigem Schweigen „ja“ antwortet. Die Musik gab „meinem damals schwindenden Leben den Sinn zurück“, erklärt Christoph Eschenbach dieses entscheidende Erlebnis. „Ich bin deshalb dankbar, ganz in ihrem Dienst zu stehen.“ In den 1950er Jahren nimmt Eschenbach zunächst ein Klavier- nach dem Abitur auch ein Dirigierstudium auf. 1962 gewinnt er den ARD-Musikwettbewerb in München. Bald folgen weitere Preise und zahlreiche Einspielungen. 1967 wird George Szell Eschenbachs Lehrer. 1982 wird er Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Tonhalle Orchesters Zürich, ab 1988 ist er musikalischer Direktor der Houston Symphony, in den 90er Jahren wird er musikalischer Direktor des Ravinia Festivals und künstlerischer Leiter des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Christoph Eschenbach gibt immer wieder Zeugnis von der großen Bandbreite seines Repertoires. Der deutschen Romantik nähert er sich mit derselben Neugier wie Neuer Musik, um die er sich als Dirigent, aber auch als Pianist vielfach verdient gemacht hat. Bis zum heutigen Tag ist er hoch geschätzter Gastdirigent der großen Orchester und Opernhäuser der Welt. Er versieht seit September 2010 die doppelte Leitung des John F. Kennedy Center for the Performing Arts und des National Symphony Orchestra in Washington D.C. Zu den Höhepunkten der laufenden Spielzeit zählen neben Auftritten mit dem National Symphony Orchestra in den USA die Leitung des Leipziger Gewandhausorchesters, der Münchner Philharmoniker, der Staatskapelle Dresden sowie des Deutschen Symphonie-Orchesters . Mit den Wiener Philharmonikern, dem Philharmonic Orchestra und dem Jugendorchester war er auf Europatournee und ist – wie jedes Jahr seit 1999 – Gast des Schleswig-Holstein Musikfestivals. Christoph Eschenbach hat der Welt in seiner nunmehr 50 Jahre andauernden Karriere unzählige Einspielungen beschert, von denen jede einzelne die Neugier des Interpreten auf das Werk erfahrbar macht. Zuletzt wurde Schuberts Winterreise mit dem Bariton Matthias Goerne und Eschenbach am Klavier begeistert von Kritikern und Publikum aufgenommen. Anfang 2014 wurde seine Hindemith-Einspielung mit einem Grammy ausgezeichnet. Die Unterstützung, die Eschenbach durch die beiden großen Persönlichkeiten George Szell und Herbert von Karajan vielfach auf seinem Schaffensweg erfuhr, gehört zu den Schlüsselerlebnissen, die sein Leben bis heute bestimmen: Christoph Eschenbach wird nicht müde, künstlerischen Nachwuchs zu fördern aber auch herauszufordern. Szell und von Karajan „haben mir den Weg für andere gezeigt“. Ganz in diesem Sinne kündigte Eschenbach bereits an, auch große Teile des Preisgeldes für „junge Künstler und deren Karrierebedürfnisse“ zur Verfügung zu stellen. Seine große künstlerische Erfahrung gibt Christoph Eschenbach zudem regelmäßig in Meisterkursen und Orchesterakademien wie der des Schleswig-Holstein Musikfestivals, der Kronberg Academy oder der Manhattan School of Music weiter. Christoph Eschenbach ist Ritter der Légion d'Honneur, Offizier des französischen Nationalverdienstordens, Commandeur des Ordre des Arts et des Lettres, Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes und Gewinner des Leonard Bernstein Preises. Wenn er nicht auf Reisen ist, lebt Eschenbach abwechselnd in den USA und in , denn eines gilt es ihm zu vermeiden, im Leben wie Arbeiten: Routine.

Preisverleihung am 31. Mai 2015 | 19 Uhr im Herkulessaal München Der Ernst von Siemens Musikpreis wird Christoph Eschenbach am 31. Mai 2015 im Herkulessaal der Residenz München bei einem musikalischen Festakt verliehen. Michael Krüger, Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, überreicht die hohe Auszeichnung. Die Bamberger Symphoniker spielen unter seiner Leitung Béla Bartóks Konzert für Orchester (1943) sowie je ein Werk der Komponisten-Förderpreisträger. Mit dem Orchester verbindet Eschenbach eine besondere Beziehung, die vor fast 50 Jahren ihren Anfang nahm. 1965 konzertierte Christoph Eschenbach als Pianist erstmals mit dem Orchester, sein Einstand als Dirigent folgte 1977. Die drei Förderpreise für vielversprechende junge Komponisten gehen 2015 an den in Berlin lebenden US- Amerikaner Mark Barden, die deutsche Birke J. Bertelsmeier und Christian Mason aus Großbritannien. Die Bamberger Symphoniker bringen die Orchesterfassung von Bardens Monoliths I–III (2014/2015) sowie Bertelsmeiers Zimzum (2015) zur Uraufführung. Von Mason spielen sie dessen 2007/2008 entstandenes Orchesterwerk Clear Night. Die Komponisten-Förderpreise sind mit je 35.000 Euro dotiert. Zudem erhalten die jungen Künstler nach ihren individuellen Wünschen beim Wiener Label col legno produzierte Porträt-CDs, die im Herbst 2015 erscheinen werden.

Eine Kooperation der EvS Musikstiftung mit dem Bayerischen Rundfunk ermöglicht es in diesem Jahr erneut, die gesamte Preisverleihung weltweit live auf www.evs-musikstiftung.ch und auf www.br-klassik.de zu übertragen.

Die Ernst von Siemens Musikstiftung vergibt erneut 3 Millionen Euro Insgesamt vergibt die Stiftung 2015 erneut drei Millionen Euro an Preis- und Fördergeldern. Gefördert werden weltweit rund 130 Projekte im zeitgenössischen Musikbereich – von Russland bis Florida, von Island bis Israel. Der größte Anteil der Förderung entfällt auf Kompositionsaufträge, aber auch Festivals, Konzerte, Kinder- und Jugendprojekte sowie Publikationen werden mit Fördergeldern bedacht. Die nächste Antragsfrist läuft noch bis zum 15. September 2015.

Hinweis: Der Ernst von Siemens Musikpreis (EvS Musikpreis) wird seit 1973 von der privaten Ernst von Siemens Musikstiftung (EvS Musikstiftung), die ihren Sitz in der Schweiz hat, alljährlich vergeben. Es ist kein Preis der Siemens AG oder der unternehmensnahen Siemens Stiftung. Bitte achten Sie aus diesem Grund dringend darauf, den Namen der Stiftung und des Preises korrekt wiederzugeben.

Kontakt und Bildmaterial: Imke List | +49/(0)89/63632907 | [email protected] Tanja Pröbstl | +49/(0)89/63632947 | [email protected]

Aktuelles Bildmaterial können Sie noch am Abend der Preisverleihung im Pressebereich unserer Homepage – www.evs-musikstiftung.ch – herunterladen. ERNST VON SIEMENS MUSIKPREIS 2015 ESSAY

Helmut Schmidt, Bundeskanzler a. D. Über Christoph Eschenbach

Ein Essay anlässlich der Verleihung des Ernst von Siemens Musikpreises an Christoph Eschenbach am 31. Mai 2015 im Herkulessaal in München

Musik ist eine Form des Ausdrucks, die von den Menschen in der ganzen Welt verstanden wird. Und beinahe in der ganzen Welt lieben die Menschen die europäische Musik. Die Musik Europas bildet ein großes einmaliges Kontinuum, sie bedarf nicht des komplizierten, national differenzierenden Mediums der Sprache. Sie ermöglicht es deshalb den Musizierenden und ihren Zuhörern, gegebene und gelebte Konflikte nicht auszutragen.

Schon sehr früh, in der Schule wurde meine Liebe zur Musik gefördert. Wahrscheinlich habe ich deshalb im Laufe meines Lebens als Politiker und Privatmann immer großes Interesse daran gehabt, Persönlichkeiten der internationalen Musikgemeinde zu begegnen. Viele haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Erwähnen möchte ich Herbert von Karajan, ein genialer Künstler und gleichzeitig guter Zuhörer, mit dem man über Gott und die Welt reden konnte. Oder Leonard Bernstein, der sowohl Musiker als auch Musikerzieher war. Oder Yehudi Menuhin, der Musiker und gleichzeitig moralische Instanz war. Oder den vor Vitalität strotzenden Kurt Masur, ein wunderbarer Kapellmeister und eine sehr große, auch politische Persönlichkeit. Oder den wunderbaren Dirigenten , der Musiker aus sich feindlich gegenüber stehenden Völkergruppen zusammenführt und sie gemeinsam musizieren lässt. Oder Kent Nagano, der 2016 nach Hamburg kommt. Die Liste ließe sich fortsetzen.

In diese Reihe international geschätzter Musiker und Dirigenten gehört selbstverständlich Christoph Eschenbach. Er besitzt einen erstklassigen Ruf als Pianist und ist gleichzeitig weltweit als erstklassiger Dirigent bekannt und anerkannt. Wohin auch immer ich in der Welt reiste, ich stieß auf den Namen Christoph Eschenbach, weil die Menschen in seinen Konzerten waren und sich begeistert erinnerten. Eschenbach wirkt über die deutschen und europäischen Grenzen hinaus. Ich selbst habe viele bewegende Konzerte, als Pianist von seinen Händen und als Dirigent unter seiner Stabführung, gehört. Ich werde nie vergessen, dass Loki und ich bei einem der Konzerte des Schleswig-Holstein-Musikfestivals in Lübeck in der Marienkirche oder im Dom durch Christoph Eschenbachs Auftritt mit dem Orchester zum ersten Mal Gustav Mahler verstanden und schätzen gelernt haben. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar.

Christoph Eschenbach wurde 1940 in Breslau geboren. Er verlor in ganz jungen Jahren seine Eltern und seine Großmutter und wurde, traumatisiert und deshalb sprachlos, von einer Cousine der Mutter adoptiert, die wie die Eltern Musikerin war. Bei ihr hörte er wieder die ihm seit Geburt vertraute Musik, sie ließ ihn Klavierspielen lernen. So fand er seine Sprache wieder. Eschenbach formulierte es so: „Ihr Haus war wie eine Neugeburt. Sie unterrichtete Klavier. Ich hörte sie abends, wenn sie für sich spielte. Ich hörte, hörte, hörte. Wahrscheinlich war das auch ein Mittel der Genesung.“

Der Klavierunterricht hatte nicht nur heilende Wirkung, der Protagonist war überaus talentiert und gewann bereits als erst Zehnjähriger seinen ersten Preis in einem Wettbewerb für junge Pianisten in Hamburg. Nach dem Abitur 1959 schloss er sein Musikstudium 1963 mit Auszeichnung ab. Bald wurde er zu einem der gefragtesten Pianisten und spielte regelmäßig in Salzburg, wo er mit Herbert von Karajan zusammenarbeitete. 1969 gab er sein Debut in den USA beim Cleveland Orchestra unter Szell. Er liebte die Musik der deutschen Romantiker, aber auch Mozart, Beethoven, Chopin, Bartók. Eschenbach sagte einmal, Vladimir Horowitz sei sein großes Idol. Es muss ihn deshalb sehr gefreut haben, dass selbst sein Vorbild dem Pianisten Eschenbach Bewunderung zollte. Er wurde einer der gefragtesten Pianisten seiner Generation.

Nach überaus erfolgreichen Jahren als Pianist begann er, sich anfangs der 70er Jahre auf das Dirigieren zu konzentrieren. Bereits ab 1967 hatte er sich von George Szell nebenbei im Dirigieren unterrichten lassen. Auf die Frage, warum er seine Solistenkarriere als Pianist aufgegeben habe, antwortete er einmal: „Ich finde das Kommunizieren mit mir selbst – alleine mit einem Werk – nicht interessant. Ich bin doch kein Alleinunterhalter. Das ist vorbei.“

Sein Debüt als Dirigent gab Eschenbach 1972 mit Musik von Anton Bruckner und wurde schnell erfolgreich. Als Gastdirigent leitet er bis heute unzählige Orchester. Nennen möchte ich die Berliner Philharmoniker, die Londoner Symphoniker, das Orchestre National de France, die Sinfonieorchester von Boston, Chicago, Pittsburgh, San Francisco, Toronto und Montreal, das Cleveland Orchestra, das Philadelphia Orchestra und die Wiener Philharmoniker. 2013 schrieb die FAZ: „Es wäre einfacher, unter den großen Orchestern der Welt diejenigen aufzuführen, die Christoph Eschenbach noch nicht dirigiert hat.“

Nach dem ersten Chefdirigat in Ludwigshafen zog es ihn als künstlerischen und musikalischen Leiter des Tonhalle-Orchesters nach Zürich. Anschließend leitete er als Chefdirigent von 1988 bis 1999 in Houston/Texas das Houston Symphony Orchestra, das er in dieser Zeit zu einem der führenden Orchester entwickelte. Zu meiner Freude traf ich ihn während einer meiner Vortragsreisen in Texas in einem Hotel und genoss den Austausch mit dem Freund aus Deutschland.

1998/1999 übernahm Eschenbach die Aufgabe des Chefdirigenten beim NDR-Sinfonieorchester in Hamburg, ab 2000 wurde er für mehrere Jahre musikalischer Leiter des Orchestre de Paris, wo er seine erste komplette Produktion von Wagners Ring der Nibelungen leitete. 2003 folgten fünf Jahre als Musikdirektor des Philadelphia Orchestra. 2010/2011 übernahm Eschenbach die künstlerische Leitung des National Symphony Orchestra Washington. Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass Eschenbach immer noch gelegentlich Liederabende als Pianist gibt.

Eschenbach bezeichnet sich selbst als gnadenlosen Perfektionisten. Er gehört zur ersten Generation von Dirigenten, die sich nicht als Diktatoren am Pult benehmen, sondern das Orchester als Partner begreifen. Das ist in Eschenbachs Augen einer der Gründe, warum die Orchester so viel besser geworden sind als früher. Einen anderen Grund, warum die von ihm geleiteten Orchester so hervorragend musizieren, nannte die Frankfurter Rundschau 1997: „Eschenbachs Dirigat war an Präsenz nicht zu übertreffen. Ohne die Musiker zu gängeln, wachte er über jede Einzelheit des Geschehens.“

In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war ich regelmäßig Gast im Hause des Hamburger Freundes und späteren Bundesbankpräsidenten Karl Klasen, der mit seiner Frau ein offenes Haus führte. Oftmals traten an diesen Abenden Gäste aus dem Musik- und Theaterleben auf. Einmal spielte ein Klavierduo für die Gäste, die Studienfreunde und Pianisten Justus Frantz und Christoph Eschenbach. An diesem Abend begann die nunmehr bereits Jahrzehnte andauernde Freundschaft zu Christoph Eschenbach.

Anfang 1981, ich war noch Regierungschef, baten mich Justus Frantz und Christoph Eschenbach, gemeinsam mit ihnen für eine Plattenaufnahme zu musizieren. Zunächst spielten wir Mozarts Tripelkonzert ein. Mozart hatte das F-Dur-Konzert für drei Klaviere und Orchester KV 242 für zwei Pianisten und einen jugendlichen Klavierspieler geschrieben. Ich war zwar nicht mehr jugendlich von Alter, aber durchaus von meinen eingeschränkten musikalischen Möglichkeiten am Klavier. Am meisten hat mich damals das Tempo überrascht, mit dem Eschenbach vom Flügel aus dirigierte. Ich war seinem Tempo technisch nur mit größter Mühe gewachsen. Trotz dieser Herausforderung hat das gemeinsame Musizieren Spaß gemacht, auch, weil uns das London Symphony Orchestra begleitet hat. Natürlich hatten wir in Hamburg bereits ein paar Stunden geübt, bevor es in die Studios an der Abbey Road ging. Vier Jahre später, 1985, trafen wir uns abermals, Gerhard Opitz kam hinzu und wir spielten Johann Sebastian Bachs Konzert für vier Klaviere ein.

In den achtziger Jahren begann ich, regelmäßig Arbeitsurlaube im Winter einzuplanen. Da Frantz und Eschenbach damals auf Gran Canaria das Casa de los Musicos besaßen, in dem sich sowohl ein Schreibtisch als auch ein Flügel befanden, war dieses der ideale Urlaubsort für mich. Das Haus lag abseits des Strandtrubels, war spanisch reduziert eingerichtet und ermöglichte es mir so, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. In diesem Haus schrieb ich viele Bücher, und es fanden sich meist auch interessante Gesprächspartner ein.

In der ersten Hälfte der achtziger Jahre entstand dort das Konzept für ein Musikfestival in Schleswig-Holstein. In Lübeck wurde 1985 das Schleswig-Holstein-Musikfestival ins Leben gerufen. Frantz als Hauptinitiator war es gelungen, seinen Freund Eschenbach als Kurator, Musiker und Lehrer zu gewinnen. Im Gründungskuratorium saß ich gemeinsam mit Eschenbach neben vielen anderen, anlässlich der Gründungsveranstaltung 1985 spielten beide Mozart und Saint-Saëns – und ich hielt einen Vortrag. Am ersten Festival 1986 wirkte Eschenbach bereits als Dirigent mit. Außerdem gründete er das Jugendorchester des SHMF, weil er sich Zeit seines Lebens als Mentor für junge Musiker sah. Jahre später, von 1999 bis 2002, übernahm Eschenbach als künstlerischer Leiter gemeinsam mit Rolf Beck die Verantwortung für das Festival.

Christoph Eschenbachs und mein Lebensweg haben sich über viele Jahrzehnte immer wieder gekreuzt. Und ich kann sagen, ich habe jede Begegnung als Gewinn betrachtet, weil ich sowohl den Musiker als auch den Menschen immer sehr geschätzt habe. Er ist ein gebildeter Mann, mit dem man über eine Vielzahl von Themen sprechen kann. Natürlich auch über Musik. Uns verbindet zum Beispiel die Liebe zu Bach. Er selbst sagt über sich, er beginne den Tag am liebsten mit einem Stück von Bach, wenn ein Klavier vorhanden ist. Sonst denke er sich das Stück – das finde ich sehr sympathisch und kann es gut nachempfinden.

Christoph Eschenbach ist für mich ein herausragender Musiker, ob als Pianist oder als Dirigent. Aber er ist auch eine große Persönlichkeit, ein Star ganz ohne Allüren, ein Mann der leisen Töne, ein stiller Star – und doch ganz groß. Was für eine Lebensleistung in den ersten 75 Jahren. Glücklicherweise haben wir die Chance, noch viele wunderbare Konzerte von ihm hören. Ad multos annos, Christoph! INTERVIEW

Christoph Eschenbach im Gespräch mit Thomas Meyer am 4. Februar 2015 in Bamberg

Thomas Meyer: Christoph Eschenbach, wenn ich Ihre Musikerlaufbahn knapp zusammenzufassen versuche, dann wäre da zuerst ein junger, brillanter und schon erfolgreicher Pianist, der diesen Weg aber – für viele überraschend – verlässt, um Dirigent zu werden, was ihn wiederum um die ganze Welt führt. Stimmt diese Kürzestbiographie so für Sie? Christoph Eschenbach: Ja, sicherlich. Der Hintergrund dazu ist allerdings vielschichtiger: Als erstes Instrument habe ich natürlich Klavier studiert. Als ich dann mit elf zum ersten Mal ein großes Sinfonieorchester, die Berliner Philharmoniker mit Wilhelm Furtwängler, hörte, war ich davon ganz durcheinandergebracht und hingerissen und sagte: „Ich will Dirigent werden.“ Da meinte meine Adoptivmutter: „Wenn du Dirigent werden möchtest, musst du mindestens ein Orchesterinstrument lernen.“ Und da habe ich die Geige vorgezogen, weil mein Adoptivvater Amateurgeiger und -bratscher war und in meinem Elternhause dauernd Kammermusik gemacht wurde. Nach einer Woche bereits hatte ich Geigenunterricht; das war sehr wichtig für meine spätere Orchesterarbeit. An der Hochschule habe ich weiter Geige studiert, bis es zuviel wurde zusammen mit dem Dirigierstudium, das ich nach dem Abitur mit achtzehn angefangen hatte. Dann kamen der ARD- und der Clara Haskil-Preis in Luzern, Preise, die mich in eine internationale Pianistenkarriere hineinkatapultiert haben. So habe ich mich nach dem Dirigierexamen erst mal dem Klavier gewidmet, ganze sieben Jahre. In dieser Zeit habe ich die Dirigenten, mit denen ich arbeitete, sehr genau beobachtet. Ich reiste deshalb immer früh an, zwei, drei Tage vorher möglichst, um an den Proben teilzunehmen, die der Dirigent für das sinfonische Repertoire vorgesehen hatte. Dabei habe ich sehr sehr viel gelernt; George Szell und Herbert von Karajan wurden damals meine größten Mentoren. Eines Tages entschloss ich mich, das Dirigieren wieder aufzunehmen, diesen Wunsch, den ich immer in meinem Kopf behalten hatte. Das war ja auch ein grundlegender Wandel des Musikmachens. Sie mussten sich musikalisch anders ausdrücken… C. Eschenbach: 1972 machte ich mein Dirigierdebüt, einfach um auszuprobieren, wie es mit einem professionellen Orchester ging. Musikalisch war ich mir sicher, aber natürlich gehört zum Dirigieren mehr, Körpersprache, verbales Kommunizieren etc. Und es ging. Ich musste sehr viel lernen damals, abgesehen vom großen Repertoire, aber ich hatte Vertrauen und ging diesen Weg weiter. Als Dirigent bedarf es einer bestimmten Kommunikationsfähigkeit, die man sich aneignen muss. C. Eschenbach: Und gerade daran war ich hochinteressiert, besonders nach diesen sieben einsamen Klavierjahren. Diese Art des Lebens und des Reisens musste man ja lernen, wo man jeden Abend in einem anderen Hotel sitzt und den Tapetenwechsel manchmal eben nicht verträgt. In den ersten Jahren wohnt man auch nicht gerade in den besten Hotels und hat nicht das beste Ambiente um sich, aber ich habe das gelernt, und nach ein paar Jahren, okay, war es nicht mehr schlimm. Ich habe die Prämisse sogar umgedreht und mir gesagt: Reg dich nicht auf über Mängel in diesem Reiseleben, sondern nimm es als Faktum, wo du neue Menschen kennenlernst, neue Mentalitäten, neue Länder, neue Städte, neue Museen usw. Ich habe es in Interessehunger umgedreht. Und das ging sehr gut. Es wurde geradezu zu einer Bildungsreise… C. Eschenbach: … einer Bildungsreise, ja, einer Lebensbildungsreise.

[…]

Wenn ein Dirigent auch mit seinen Orchestermusikern Kammermusik macht, lernt er sie auf einer ganz anderen Ebene kennen. C. Eschenbach: Genau, man ist nicht nur jemand, der von oben herab etwas sagt und dem die Musiker folgen, sondern man wird primus inter pares am Klavier. Und gleichzeitig lernt der Dirigent eben auch die Psyche der Musiker näher kennen. Er bespricht sich intensiv mit ihnen, geht mit ihnen vielleicht auch einmal nach der Probe aus, es bildet sich also ein engeres Verhältnis. Mein wunderbarer Kollege Barenboim macht das auch, aber es sind halt wenige. Hatten Sie dafür Vorbilder? C. Eschenbach: Von George Szell gibt es sogar Aufnahmen von Mozart- Quartetten mit seinen Musikern aus dem Cleveland Orchestra. Er hat mit ihnen auch Klavierkonzerte aufgeführt. Karajan weniger; doch immerhin hat er Klavier gespielt und mit mir und Justus Frantz das Mozart-Konzert für drei Klaviere öfters gespielt, auch auf Tournee. Das machte ihm sehr Spass. Furtwängler spielte auch. Seine Frau Elisabeth, die übrigens erst vor kurzem gestorben ist, erzählte mir, er habe immer Chopin auf dem Notenpult stehen gehabt. Furtwängler-Chopin, diese Mischung denkt man sich nicht. Ich kann sie mir sehr gut vorstellen, denn für mich ist Chopin auch einer der wunderbarsten Komponisten – neben Bach. Bilden diese drei Dirigenten, die Sie eben erwähnt haben, für Sie eine musikalische Tradition, an der Sie sich orientieren? C. Eschenbach: Furtwängler habe ich ein paar Mal gesehen, da war ich noch ein Kind, elf, zwölf. Ich war dreizehn, als er starb. Näher kennengelernt aber habe ich ihn eigentlich nie. Karajan und Szell haben mich zu Proben eingeladen, wobei es damals sehr ungewöhnlich war, dass junge Leute in Proben saßen. Ich durfte danach mit ihnen über die Proben sprechen und Fragen stellen und sie haben immer Zeit für mich gehabt. Szell zum Beispiel hat mit mir mein gesamtes Klavierrepertoire an zwei Klavieren durchgearbeitet. Zwei Jahre lang, an verschiedenen Orten. Er hat immer den Orchesterpart gespielt, übrigens auswendig und hervorragend. Mindestens zwölf Mozartkonzerte habe ich ihm vorgespielt, alle fünf Beethoven, Schumann, die beiden Brahms, das Zweite von Bartók.… Insofern waren Karajan und Szell die beiden, von denen ich am meisten gelernt habe, indem ich sie in Proben beobachtet und mit ihnen viel gesprochen habe. Das war wahnsinnig wichtig für mich, denn es waren zwei Extreme. Szell war eine ganz andere Art Musiker als Karajan. Beide gingen von derselben Zelle der Musikerkenntnis aus und an die Musik heran, aber die Praxis ging anders vor sich. Szell war ein Sculpteur, ein Zeichner, ein Formulierer von Phrasen, und mit dem Wort Formulierer sage ich auch schon: ein Meister der musikalischen Diktion. Was Harnoncourt später in seinem Buch über die Klangrede sehr gut geäußert hat, habe ich zehn Jahr vorher mit fast ähnlichen Worten von Szell schon gehört. Karajan hingegen schöpfte in der Musik Farben aus, Übergänge, Subtilitäten, die in Farbvaleurs lagen. Das nun war auf einen Nenner zusammenzubringen, dem ich dienen konnte, ohne die beiden je zu kopieren, was immer falsch für einen jungen Dirigenten ist. Sie haben sich in ihren jungen Jahren als Beobchtender und Lernender begriffen. Wenn ich Ihre Homepage anschaue, zieht sich das aber weiter. An verschiedenen Stationen Ihrer Tätigkeit haben Sie stets Neues erfahren: Da war der Aufbau eines Orchesters, die Vermittlung Neuer Musik, die Organisation eines ganzen Musiklebens. Das sind Eigenschaften, die über das bloße Gestalten von Musik hinausgehen. C. Eschenbach: Meine Maxime ist, dass man nie auslernt. Und das macht das Leben interessant. Ich bin voller Neugier auf alles, was ich noch nicht gesehen, was ich noch nicht gelernt und erfahren habe. Eine zentrale Erfahrung war offenbar jene mit dem Houston Symphony Orchestra. Was war das besondere an dieser Situation? C. Eschenbach: Houston war das erste amerikanische Orchester, das ich übernahm, und zwar in einer miserablen Situation, denn es war fast bankrott. Der finanzielle Fonds, das sogenannte Endowment, war wegen der großen Ölkrise im Ölstaat Texas auf quasi Null gesunken. Und so wurde ich gleich mit der Hauptarbeit konfrontiert, die ein amerikanischer Musikdirektor machen muss, nämlich mit dem Fundraising. Ich wusste damals noch nicht, wie man das genau macht, habe mich aber hineingearbeitet. So musste ich an unzähligen Fundraising-Diners teilnehmen, aber dieses Müssen verwandelte sich sehr schnell in ein Wollen. Denn ich wollte das Orchester wieder auf Trab bringen und Geld beschaffen, damit es zuerst überleben und auf sicherer Basis immer besser leben konnte. Das ist mir auch gelungen. Es wurde mit sehr großem Wohlwollen gesehen. Der zweite Punkt war, dass ich ein Orchester formen konnte. Ich musste mit ziemlich starker Hand durchgreifen und Musiker auswechseln, die nicht der Qualität genügten, die ich mir vorstellte. Das waren meine großen Aufgaben dort. Es war sehr anstrengend, aber es gelang so gut, dass nach vier fünf Jahren, als wir unsere erste Europatournee machten, in der WELT vom „Wunder Houston“ geschrieben wurde. Das war vielleicht etwas übertrieben, aber tatsächlich war Houston in die erste Riege der amerikanischen Orchester gerutscht. Und so ging es weiter. Es war eine sehr gute Zeit für mich, wo ich in jeder Beziehung sehr viel sehr schnell lernen musste, dann aber auch die Früchte sah, die diese Arbeit trug. Sie sagten, Sie mussten mit starker Hand arbeiten…. Fiel Ihnen das leicht? C. Eschenbach: Es gehört auch zum Dirigentenberuf. Er besteht aus so vielen verschiedenen Berufen. Sie müssen Vater sein, manchmal auch strenger, Sie müssen Diplomat sein, Sie müssen Arzt sein. Es passierte oft, dass Leute mit Wehwehchen zu mir kamen und bei mir Rat holten. Medizin ist nämlich ein Hobby von mir, ebenso Psychologie. Ich habe immerhin bändeweise C. G. Jung studiert. Sie müssen als Dirigent aber auch Politiker und Wirtschaftsexperte sein, um dem Orchester zu helfen, dazu Kommunikator, hin zum Orchester, zum Publikum, zu bestimmten Publikumsschichten oder zu Geldgebern. Sie haben dort auch ein Kammerensemble gegründet, mit dem Sie auf Tournee gingen. C. Eschenbach: Die Houston Symphony Chamber Players, mit denen ich um die Welt gereist bin, nach Japan, Amerika, Europa. Wir haben auch sehr schöne Schallplatten aufgenommen, zum Beispiel zwei mit Musik der Zweiten Wiener Schule, was zu jener Zeit sehr ungewöhnlich war und heute noch ungewöhnlicher ist. Da war ich dann eben auch wieder sehr fleißig am Klavier tätig, habe Solostücke wie die Berg-Sonate oder die Webern-Variationen eingespielt, vor allem aber Kammermusik wie die Cello- und Violinstücke und das Konzert von Webern etwa oder die Klarinettenstücke von Berg. Sie haben mit sehr vielen Orchestern rund um die Welt gearbeitet. Kann man da immer derselbe sein? C. Eschenbach: Ja, unbedingt. Der Dirigent ist immer die Konstante. Allerdings finden Sie in jedem Orchester andere Gegebenheiten. Nach Houston übernahm ich das NDR Orchester in Hamburg, ein Radioorchester mit völlig anderen Strukturen. Das hat Vorteile: Es ist öffentlich subventioniert, und man kann sich viel mehr Repertoireextravanganzen leisten. So etwas wie das Millenniumskonzert „Sieben Horizonte“, bei dem wir sieben Uraufführungen an einem Tag gemacht haben, geht in Amerika nicht. Und es ist das Schöne, dass ich diese beiden Möglichkeiten hatte, zwischen Houston und Philadelphia auch das Orchestre de Paris und das NDR Orchester als europäische Orchester zu leiten. Insofern ist die Spannweite der Möglichkeiten sehr weit in meinem Dirigentenleben. Welche Rolle spielt die Neue Musik in Ihrem Repertoire? Sie haben früh das Klavierkonzert von Günter Bialas gespielt … C. Eschenbach: … und das Zweite von Hans Werner Henze. Beide, für mich geschrieben, habe ich uraufgeführt – letzteres ist ein sehr schweres, kompliziertes langes Stück, das ich während vier, fünf Jahren immer wieder gespielt habe. Daneben habe ich auch sehr oft die Henze- Klaviersonate gespielt, Takemitsu habe ich in Rezitalprogramme integriert. Schon früh also habe ich mit der Neuen Musik angefangen. Auch als Dirigent: Wir haben in Houston stets einen Composer in Residence gehabt und jedes Jahr ein oder zwei Stücke von ihm uraufgeführt sowie andere, die er vorschlug. In Paris habe ich viel zeitgenössische französische Musik dirigiert: Olivier Messiaen, Henri Dutilleux, Pascal Dusapin, Marc-André Dalbavie … Außerdem verstehen Sie sich ganz zentral auch als Mentor junger Musiker… C. Eschenbach: Auch darin habe ich die beiden großen Vorbilder Karajan und Szell. Zum Beispiel: 1986 hatte ich nach fünf Jahren die Chefdirigentenstelle beim Tonhalle-Orchester Zürich aufgegeben. Das war mein Wunsch, weil mir die Strukturen zu eng und auch zu kompliziert waren, das Orchester bestand eigentlich aus zwei Orchestern, einer Opern- und einer Konzertformation, die sich dann getrennt haben. Beide Orchester waren zu klein und mussten immer mit Zuzügern arbeiten. Das hat mich enerviert, und deshalb habe ich Zürich verlassen. Damals ging ich zu Karajan und fragte ihn um Rat. Er sagte: „Sie haben einen Fehler gemacht, dass Sie von Zürich weggegangen sind. Das ist nicht gut. Sie müssen ein Orchester haben!“ Ich meinte: „Ach nein, ich bin eigentlich ganz froh, für ein paar Jahre frei zu sein und wählen zu können, mit welchem Orchester ich arbeiten will.“ „Nein“, erwiderte er, „Sie brauchen ein ständiges Orchester, ich sehe in Ihnen jemanden, der formt und der ein Erzieher ist. Sie brauchen ein Orchester, das Sie aufbauen und das Sie besser machen.“ Das habe ich irgendwo doch sehr ernst genommen, und nach zwei Jahren habe ich dann Houston übernommen. Da hat er mir handschriftlich einen Glückwunsch geschrieben. Das war wie bei Szell dieses mentorhafte, beratende Element, das ich mir sehr zu Herzen nahm, weil ich mir sagte: „Sowas ist selten, sowas sollte viel mehr sein.“ Bald kamen die ersten jungen Künstler, die ich beriet und förderte, etwa indem ich ihnen Agenten besorgte und sie weiterempfahl: Zum Beispiel Renée Fleming, die ganz unbekannt war, als sie an der Houston Grand Opera als Gräfin im Figaro einsprang. Ich empfahl sie dann zum Vorsingen an die Met, wo sie natürlich erfolgreich war. Damit begann ihre Karriere. Sehr viele Stücke habe ich zum ersten Mal eigens für sie aufgeführt, das Deutsche Requiem, die Missa Solemnis, Exultate jubilate, die Vier letzten Lieder – alles Premieren für sie. Es war sehr wichtig, dass sie da eine Beratung hatte. Zur gleichen Zeit kam Tzimon Barto aufs Podest, der mich faszinierte und immer noch fasziniert. Bei ihm habe ich dasselbe gemacht, ihn an Agenten empfohlen, Konzerte mit ihm gespielt usw. Danach folgte Lang Lang, der immer noch zu mir kommt und Unterricht haben will, und einige weitere junge, Geiger, Cellisten, Pianisten, nicht zu viele, sondern ganz gezielt jene, von denen ich glaube, dass sie ganz Besonderes in der Musik zu sagen haben. Keine Schnell- und Lautspieler – technisch sind sie ja alle fantastisch – sondern solche, die aus der Tiefe schöpfen und darin eben die Musik erkennen. Das und mehr noch aus ihrer eigenen Tiefe weiter herauszufördern, das interessiert mich sehr.

[…]

In jenem Buch, das der Verleger Wolfgang Erk 1990 zu Ihrem 50. Geburtstag im Radius-Verlag herausgegeben hat… C. Eschenbach: … das ist lange her … …erzählt Richard Bächi, der damalige Betriebsdirektor des Tonhalle-Orchesters Zürich, eine berührende Geschichte: Bei einer Japantournee mit dem Orchester seien Sie eines Morgens unauffindbar, am Abend aber für das Konzert wieder zur Stelle gewesen. Sie hätten sich nicht dazu äussern wollen, aber von Ihren japanischen Freunden erfuhr Bächi, dass Sie eine lange Autofahrt auf sich genommen hätten, um in einer Schule für geistig und körperlich behinderte Kinder Mozart zu spielen… C. Eschenbach: Ich bin damals, als ich noch öfter nach Japan ging, bei jeder Tournee in diese Schule für behinderte Kinder gefahren, die eine ganz hervorragende Frau erfunden und mit ihrem eigenen Geld aufgebaut hat: Mariko Miyagi, eine erfolgreiche Filmschauspielerin, die ihren Beruf aufgegeben hat, um sich diesen Kindern zu widmen. Sie hat ihnen zum Beispiel das Malen beigebracht, Ausstellungen gemacht und wunderschöne Bücher mit Malereien herausgegeben, hie und da auch Gedichte, obwohl die Kinder kaum schreiben konnten. Ich habe dort ein Rezital gegeben; die Kinder weinten, weil sie die Musik berührte; mehrere von ihnen haben die Fingerarbeit bewundert, sind dann an eine Schreibmaschine gegangen und haben versucht zu tippen, was mit ihren spastischen Händen sehr, sehr schwierig war, aber es ist ihnen irgendwie doch mithilfe dieser Frau und ihren Helferinnen gelungen, und es kamen wunderschöne Gedichte dabei heraus, inspiriert von der Musik. Das hat mich tief berührt. Ich habe ein bisschen die Verbindung verloren, weil ich so lange nicht mehr in Japan war, aber ich werde sie bestimmt aufnehmen, wenn ich diesen Herbst wieder hinübergehe ... Musik kann etwas Tiefes bei Menschen auslösen. C. Eschenbach: Aber natürlich. Es ist so traurig, dass wir so viele Kriege in dieser Welt haben. Überall kriselt es, überall kriegt es, es wird immer schlimmer, siehe diese furchtbaren Ereignisse in Paris Anfang des Jahres. Weltweit ist kein Frieden in Sicht, und da könnte die Musik sehr viel bieten. Daniel Barenboim versucht es ja, die Palästinenser und die Israelis zusammenzubringen, aber das scheint kaum zu gelingen, wie man in der Politik sieht. Es ist traurig, dass sich die Politik dem Einfluss der Musik sperrt. Sie könnte die Musik viel stärker benutzen, um mehr Frieden in der Welt zu schaffen. Jeder Politiker und jeder Terrorist sollte eine Stunde Bach hören – dann sähe die Welt zumindest etwas anders aus. Die Musik bietet so viele Komponenten, die dazu beitragen könnten. Ich denke da auch an Ihre eigene Biographie. Sie wurden ja in den Zweiten Weltkrieg hineingeboren, mussten flüchten und fanden in der Musik etwas, das Sie befreite … C. Eschenbach: Die Musik hat mir sozusagen mein Leben gegeben. Ich war ja am Dahinschwinden. Sie gab mir die Möglichkeit, dass ich mich ausdrücken konnte. So wurden die Schleusen geöffnet, die mich durch die schlimmen Eindrücke in meinem Innern völlig verschlossen hatten. Es sind aber Millionen, Millionen, die leiden und denen man das Leiden nehmen sollte. Es ist schwierig… Hätte es auch etwas anderes sein können als Musik? C. Eschenbach: Musik ist die direkteste Ausdrucksweise. Ich konnte ja noch nicht schreiben. Und zum Malen hatte ich keine Stifte. Die Musik berührte mich physisch. Als meine Mutter spielte, sang und unterrichtete, hörte ich immer diese Musik, die auf mich eindrang wie ein Balsam. Man sagt ja, dass durch die späteren Wandel im Leben, etwa durch das Schreibenlernen, frühe Erinnerungen verlorengehen. Bis wie weit zurück erinnern Sie sich? C. Eschenbach: Es ist noch sehr, sehr präsent. Ich erinnere mich sehr früh, bis an mein drittes, zweites Lebensjahr – und natürlich auch an die ersten Momente von Musik. Ich wuchs ja bei meiner Großmutter auf. Meine Mutter starb bei meiner Geburt und ihr jüngerer Bruder, der Geige spielte, war mit vierzehn ertrunken. Meine Großmutter machte daraufhin gerade das Falsche: Sie hat sich der Musik gesperrt. Wenn am Radio Musik kam, wurde abgeschaltet. Auf dem Flügel meiner Mutter, der in der Wohnung stand, habe ich als Dreijähriger so ein bisschen rumgetimpert, aber meine Großmutter wollte nicht, dass ich das ausbaute. Erst bei meiner Adoptivmutter eigentlich hörte ich mit sechs Jahren zum ersten Mal Musik, und das hat mich überwältigt. Das war das Schlüsselerlebnis meines Lebens. Sie haben damals offenbar nicht gesprochen. C. Eschenbach: Ich war total zu von den Eindrücken. Meine Großmutter starb ebenfalls auf der Flucht und meine Adoptivmutter, eine Cousine meiner Mutter, fand mich dann unter sehr schwierigen Umständen in einem Flüchtlingslager, an meiner Seite waren während eines Monats sechzig Menschen gestorben. Ich war der letzte Überlebende. Das verschließt einen, da redet man nicht mehr. Meine Adoptivmutter war ganz erschrocken darüber. Sie hat mich Sachen gefragt und ich habe nicht geantwortet. Mit der Musik aber kam die Sprache wieder. Es dauerte lange, aber sie kam. Von diesem Ausgangspunkt aus bedeutet Musik wohl noch etwas anderes. C. Eschenbach: Ja. Und dadurch wird auch der Zugang zur Musik ein sehr persönlicher. Wenn ich heute Musik mache, ist es immer ein sehr persönlicher Ausdruck. Es wird mir oft angekreidet, dass ich Brahms- oder Beethoven-Sinfonien oder was auch immer nicht wie andere dirigiere, sondern neue Sachen herausfinde und auch zeige. Manche Kritiker schätzen das nicht, das Publikum meistens. Das Publikum geht eigentlich immer mit mir. Deshalb bin ich nicht nur geehrt, sondern auch sehr glücklich, dass das Kuratorium des Ernst von Siemens Musikpreises mich dazu erkoren hat, diesen Preis zu bekommen. Nur am Rande haben wir jetzt über Gesang und über Opern gesprochen, von denen sie ja auch viele dirigiert haben. Dabei liegen da zum Teil ebenfalls Ihre Wurzeln. Ihre Adoptivmutter Wallydore Eschenbach war Pianistin und Sängerin… C. Eschenbach: Der Gesang als menschlicher Ausdruck ist der musikalisch direkteste. Das habe ich eben auch bei meiner Adoptivmutter gehört. Ich habe oft beim Unterricht zugehört, was sie sagte. Sie war eine hervorragende Lehrerin in der Art, wie sie Sänger profilierte. Die Oper war ein ganz wichtiger Punkt in meiner Studienzeit, Wilhelm Brückner-Rüggeberg in Hamburg war ein großartiger Lehrer, ein sehr typischer Operndirigent. Mit ihm haben wir fast nur Opern studiert: Von Mozart über Lortzing, Wagner, Verdi, Puccini, alles, was es an Literatur gab, bis zu Wozzeck. Ja, der Gesang ist schon eine eigene Welt. Ich sage ja auch zu jedem jungen Pianisten, er soll auf dem Klavier singen. Und dazu kam die prägende Erfahrung mit Fischer-Dieskau … C. Eschenbach: …die das absolut ergänzt hat. Das Liedrepertoire war eine Spezialität meiner Adoptivmutter. Das Liedrepertoire zu kennen von Schubert, Schumann, Brahms und Wolf, eröffnet einem sehr viel auch in der sinfonischen Literatur. Wer die gegen sechshundert Lieder von Schubert nicht kennt (und ich kenne sie fast alle) oder die etwa dreihundert von Schumann, kann eigentlich nicht wirklich eine Schumann-Sinfonie dirigieren. Das kommt mir sehr zugute, auch das Klavierwerk von Schumann und die vierhändigen Stücke von Schubert. Das sind ja oft verkappte Sinfonien. Es ist schon sehr wichtig in meinem Leben gewesen, das alles zu studieren und zu spielen. Wohin geht die Reise weiter? Was gibt es als nächstes zu entdecken? C. Eschenbach: Viel, wenn man denkt: Das Leben ist ja schon sehr lang gewesen, aber es gibt noch viel Literatur zu erfahren. Zum Beispiel bin ich spät zu Schostakowitsch gekommen und jetzt davon fasziniert. Ich kenne seine Sinfonien alle, habe aber nur fünf dirigiert. Zehn fehlen mir noch. Bei Sibelius ist es ähnlich. Vieles von Britten habe ich nicht dirigiert; jetzt steht auch da bald eine Oper an. Dann will ich immer wieder Neue Musik aufführen. Es gibt großartige Komponisten in der globalen Szene. Allein in Deutschland Komponisten wie Reimann, Rihm und Pintscher, um nur die vielleicht bekanntesten zu nennen – die wiederum hervorragende Schüler haben wie Jörg Widmann. Dann die Franzosen wie Dalbavie und Dusapin und die leider verstorbenen Messiaen und Dutilleux. Oder die Engländer Thomas Adès und James Macmillan. In den USA Augusta Read Thomas, die unterschätzt wird, oder Sean Shepherd – wirklich großartige Leute, die man aufführen müsste – um nur einige zu nennen. Außerdem gibt es eine fleissige Riege von ganz Jungen. Wenn Sie auf die heutige Musikszene schauen, werden Sie da optimistisch oder pessimistisch? C. Eschenbach: Optimistisch. Die jungen Musiker und die jungen Komponisten sind mir eine Garantie, dass die Totsagung der sogenannt klassischen Musik ein völliger Irrtum ist. Es gibt so viele junge Begabungen wie nie zuvor, und sie werden die Musik am Leben erhalten, sie retten! Daran zweifeln Sie nicht? C. Eschenbach: Nein. Die Musik ist zu stark. Sie lässt sich einfach nicht totsagen und totmachen. BIOGRAFIE

Christoph Eschenbach wurde am 20. Februar 1940 in Breslau (Wroclaw, Polen) geboren. Seine Mutter starb bei der Geburt, der Vater Heribert Ringmann nur wenige Jahre später in einem Strafbataillon an der Kriegsfront. Zuvor war der Musikwissenschaftler von der Universität Breslau verwiesen und in die Provinz verbannt worden. Nach dem Krieg erkrankt Eschenbach in einem Waisenhaus in Mecklenburg an Typhus. Die Adoption durch Wallydore Eschenbach, eine Cousine der leiblichen Mutter, empfindet Eschenbach als „Rettung“. Die Sängerin und Pianistin gibt dem über Leid und Krankheit verstummten Kind nicht nur die Sprache zurück, als sie den Jungen fragt, ob er selbst Musik machen wolle und er nach einjährigem Schweigen „ja“ antwortet. Sie schenkt dem Leben Eschenbachs „einen tiefen Sinn und seelischen Frieden“. Im Frühling 1951 beginnt Christoph Eschenbach sein Klavierstudium bei Eliza Hansen in Hamburg, 1955 wird er in die Musikhochschule Köln, Klavierklasse von Hans-Otto Schmidt- Neuhaus, aufgenommen. Nach dem Abitur 1959 beginnt er ein Dirigierstudium bei Wilhelm Brückner-Rüggeberg in Hamburg. 1962 gewinnt er den ARD-Musikwettbewerbettbewerb in München, bald darauf schließt er seinen ersten Schallplattenvertrag als Pianist mit der Deutschen Grammophon Gesellschaft ab. Weitere Preise und zahlreiche Einspielungen folgen. 1967 wird George Szell Eschenbachs Lehrer. Von George Szell und Herbert von Karajan gefördert, war Christoph Eschenbach Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Züricher Tonhalle-Orchesters von 1982 bis 1986, musikalischer Direktor der Houston Symphony von 1988 bis 1999, musikalischer Direktor des Ravinia Festivals von 1994 bis 2003 und künstlerischer Leiter des Schleswig-Holstein Musikfestivals von 1999 bis 2002. Christoph Eschenbach ist Ritter der Légion d'Honneur, Offizier des französischen Nationalverdienstordens, Commandeur des Ordre des Arts et des Lettres, Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes und Gewinner des Leonard Bernstein Preises.

Christoph Eschenbach ist bis zum heutigen Tag hoch geschätzter Gastdirigent der großen Orchester und Opernhäuser der Welt. Er versieht seit September 2010 die doppelte Leitung des John F. Kennedy Center for the Performing Arts sowie des National Symphony Orchestra in Washington D.C. Seit seiner Berufung im Jahre 2008 hat er eine Schlüsselrolle inne bei der Planung der Spielzeiten, der internationalen Festivals und besonderen Projekte für diese beiden renommierten Institutionen.

Zu den Höhepunkten der Spielzeiten 2014 und 2015 gehören Einladungen von Seiten amerikanischer Orchester wie des Chicago Symphony, des Los Angeles Philharmonic, des Philadelphia Orchestra und des Boston Symphony Orchestra. In seiner Eigenschaft als musikalischer Direktor des National Symphony Orchestra in Washington dirigierte Eschenbach eine Vielzahl von Konzertprogrammen im Kennedy Center, darunter den Rosenkavalier mit Renée Fleming im Frühjahr 2014. Mit dem Houston Symphony Orchestra kommt Mahlers 8. Symphonie, die Symphonie der Tausend, zur Aufführung. In Europa steht Eschenbach am Pult des Leipziger Gewandhausorchesters, der Münchner Philharmoniker, der Dresdener Staatskapelle (anlässlich der Salzburger Osterfestspiele) sowie des Deutschen Symphonie- Orchesters Berlin. Neben den Bamberger Symphonikern, dem Orchestre National de France, dem National Spanish Orchestra und dem Orchestra dell’Accademia Nationale di Santa Cecilia in Rom, leitet Eschenbach auch wieder zwei Orchester, deren langjähriger musikalischer Direktor er war (von 1998 bis 2004 bzw. von 2000 bis 2010): das NDR Sinfonieorchester in Hamburg und das Orchestre de Paris. Im Dezember 2014 hatte er das Vergnügen, nach China zurückzukehren, um in Peking das NCPA Orchestra zu dirigieren. Im Opernrepertoire dirigiert Eschenbach die Zauberflöte und Idomeneo an der Wiener Staatsoper und setzt mit Don Giovanni den Da-Ponte-Zyklus fort, den er in der letzten Spielzeit bei den Salzburger Festspielen begonnen hat. Mit den Wiener Philharmonikern, dem London Philharmonic Orchestra und dem Gustav Mahler Jugendorchester war bzw. geht er in dieser Spielzeit auf Europatournee und ist – wie jedes Jahr seit 1999 – Gast des Schleswig-Holstein Musikfestivals. Besonders zu erwähnen ist schließlich, dass Eschenbach dem Shanghai Symphony Orchestra beim Neujahrskonzert in Shanghai sowie den Wiener Philharmonikern beim berühmten Sommernachtskonzert Schönbrunn vorstand.

Die Weitergabe seiner großen künstlerischen Erfahrung liegt Christoph Eschenbach besonders am Herzen; er hält regelmäßig Meisterkurse ab und leitet Orchesterakademien wie die des Schleswig-Holstein Musikfestivals, die Kronberg Academy, die Manhattan School of Music, etc.

Als Pianist setzt Christoph Eschenbach die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Bariton Matthias Goerne fort. Das Duo hat seit 2009 die Liederzyklen Franz Schuberts – Die Schöne Müllerin, Die Winterreise und Schwanengesang – für Harmonia Mundi eingespielt und dafür großen Beifall von Seiten der Kritik geerntet. Bei den Salzburger Festspielen im Sommer 2010 kamen die Zyklen an drei Abenden zur Aufführung. Damals spielte Eschenbach auch Schuberts monumentale B-Dur-Klaviersonate D 960 und dirigierte zwei Konzerte mit den Wiener Philharmonikern. Die Liederzyklen Schuberts wurden danach in der Spielzeit 2011/12 in der Pariser Salle Pleyel aufgeführt sowie beim Wiener Musikverein im darauf folgenden Jahr. 2014 und 2015 setzt das Duo seine Zusammenarbeit fort mit Recitals im Symphony Center, Chicago, im Kennedy Center und in der Carnegie Hall sowie in Baden Baden und Hamburg. Seit über fünf Jahrzehnten hat Christoph Eschenbach eine beeindruckende Anzahl von Musikwerken eingespielt, sowohl als Dirigent wie als Pianist. Seine Diskographie reicht von Werken J. S. Bachs bis zu zeitgenössischer Musik und spiegelt ein Engagement wider, das nicht allein die kanonischen Werke der Musikgeschichte betrifft, sondern ebenso die Musik des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts. Eschenbachs Aufnahmen mit dem Orchestre de Paris erschienen bei Ondine und der Deutschen Grammophon, darüber hinaus gibt es Einspielungen mit dem London Symphony (Sony/BMG), den Wiener Philharmonikern (Decca), dem NDR Sinfonieorchester (BMG/Sony & Warner) und der Houston Symphony (Koch), um nur die wichtigsten zu nennen. In den letzten fünf Jahren hat Ondine sechzehn von der Kritik hochgelobte CDs mit dem Orchestre de Paris und dem Philadelphia Orchestra unter Eschenbachs Leitung herausgebracht, von denen einige besondere Ehrungen erfahren haben wie Disc of the Month des BBC Magazine, Gramophone‘s Editors Choice, den Preis der Deutschen Schallplattenkritik oder den MIDEM Classical Award 2009 in der Kategorie Zeitgenössische Musik (für eine CD mit Werken von Kaija Saariaho, eingespielt mit dem Orchestre de Paris und der Sopranistin Karita Mattila). Seine aktuelle Hindemith-Einspielung mit Midori und dem NDR Sinfonieorchester gewann 2014 den Grammy Award in der Kategorie Best Classical Compen- dium.

Stand: Januar 2015

DISKOGRAFIE

Alben

- – Christoph Eschenbach – Rudolf Koeckert – Oskar Riedl – Josef Merz – Georg Hörtnagel – Forellenquintett – Notturno; Deutsche Grammophon, 1965 - Wolfgang Amadeus Mozart, Christoph Eschenbach, Wilhelm Brückner-Rüggeberg – Klavierkonzert F-Dur, KV 459 / Rondo für Klavier und Orchester D-Dur, KV 382 (LP); Somerset; 1965 - Mozart – Christoph Eschenbach – Sonaten A-Dur KV 331 – C-Dur KV 330 / Rondo D-Dur KV 485 – A-Moll KV 511; Deutsche Grammophon; 1967 - Beethoven – Christoph Eschenbach – Berliner Philharmoniker – Herbert von Karajan – Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur, Deutsche Grammophon; 1967 - Johannes Brahms – Amadeus-Quartett, Christoph Eschenbach – Klavierquintett F-Moll Op.34; Deutsche Grammophon Gesellschaft; 1968 - Harrison Kerr – University Of Oklahoma Chamber Orchestra, The, Donn Mills – Charles Joseph (2) – Christoph Eschenbach – Sinfonietta Da Camera – Sonata For Violin And Piano (LP); Century Records (4); 1968 - Hans Werner Henze, Christoph Eschenbach, London Philharmonic Orchestra, The – 2. Konzert Für Klavier Und Orchester (LP); Deutsche Grammophon Gesellschaft; 1970 - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach – Sonaten A-Moll KV 310 – C-Moll KV 457 – C-Dur KV 545 (Sonata Facile) (LP); Deutsche Grammophon; 1971 - Mozart, Christoph Eschenbach – Sonaten – Gesamtausgabe ; Deutsche Grammophon; 1971 - – Christoph Eschenbach, London Symphony Orchestra, Hans Werner Henze – Klavierkonzert Nr. 3 C-Moll – Piano Concerto No. 3 in C-Moll; Deutsche Grammophon; 1972 - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach, Justus Frantz – Sonate in D-Dur KV 448 für 2 Klaviere / Sonate in C-Dur KV 521 für Klavier zu vier Händen (LP, Album); Deutsche Grammophon; 1972 - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach, Justus Frantz – Klaviermusik zu vier Händen (LP); Deutsche Grammophon; 1973 - Beethoven – Christoph Eschenbach – Boston Symphony Orchestra – Seiji Ozawa – Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur – Klavierkonzert No. 5 in E Dur; Deutsche Grammophon; 1974 - Franz Schubert – Christoph Eschenbach – Sonate B-Dur Op. (LP); Deutsche Grammophon; 1974 - Johannes Brahms – Georg Donderer – Eduard Drolc – Christoph Eschenbach – Karl Leister – Gerd Seifert – Trio Di Trieste – Trios; Deutsche Grammophon; 1975 - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach – Wilhelm Brückner-Rüggeberg – Wolfgnag Amadeus Mozart: Klavierkonzertkonzert No.19 in F, K.459 und No.23 in A, K.488 (LP); Sine Qua Non; 1975 - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach, Justus Frantz – Klaviermusik Zu Vier Händen – Klaviermusik zu vier Händen (LP); Deutsche Grammophon; 1975 - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach – Justus Frantz – Klaviermusik zu vier Händen – Gesamtaufnahme; Deutsche Grammophon; 1975 - Robert Schumann – Dietrich Fischer-Dieskau – Christoph Eschenbach – Robert Schumann: Lieder (Lieder Op. 24 – Aus "Myrthen" Op. 25); Deutsche Grammophon; 1976 - Franz Schubert – Christoph Eschenbach – Impromptus (LP); Deutsche Grammophon; 1976 - Ludwig van Beethoven – Christoph Eschenbach, Amadeus-Quartett – Die Klavierquartette (LP, RE); Deutsche Grammophon; 1976 - Robert Schumann - Christoph Eschenbach – Kinderszenen – Abegg Variationen – Intermezzi – Waldszenen; Deutsche Grammophon Resonance; 1977 - Frédéric Chopin – Christoph Eschenbach – Préludes; Deutsche Grammophon; 1973. - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach – London Philharmonic Orchestra – Mozart Klavierkonzerte Nr. 21 C-Dur KV 467 / Nr. 23 A-Dur KV 488 (LP); EMI; 1978 - Franz Schubert – Christoph Eschenbach – Joachim Kaiser (2) – Justus Frantz – Melodien und Dimensionen – Fantasie in F-Moll (2xLP, Album, Pri); Not On Label; 1978 - Robert Schumann – Julia Varady – Peter Schreier, Dietrich Fischer-Dieskau – Christoph Eschenbach – Vokal-Duette (LP); Deutsche Grammophon; 1980 - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach – London Philharmonic Orchestra – Klavierkonzerte Nr. 19 F-Dur KV 459 – Nr. 12 A-Dur KV 414 (LP); His Master's Voice; 1980 - Robert Schumann – Edith Mathis – Christoph Eschenbach – Frauenliebe und Leben / Lied Der Suleika – Mond, Meiner Seele Liebling (LP); Deutsche Grammophon; 1981 - Ludwig van Beethoven – Christoph Eschenbach – Berliner Philharmoniker – Herbert von Karajan – Klavierkonzert Nr. 1 – Coriolan-Overtüre; Deutsche Grammophon; 1982. - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach – Justus Frantz – Helmut Schmidt – London Philharmonic Orchestra – Konzerte für Zwei & Drei Klaviere; EMI Digital; 1982 - Robert Schumann – Edith Mathis – Christoph Eschenbach – Lieder / Frauenliebe und Leben Op. 42 / Lieder / Lieder / Lieder / Lieder (3xLP); Deutsche Grammophon; 1982 - Richard Strauss – Johannes Brahms / Christoph Eschenbach, Edda Moser – Lieder Von Richard Strauss und Johannes Brahms (LP); EMI, His Master's Voice; 1983 - Johann Sebastian Bach – Christoph Eschenbach – Helmut Schmidt – Justus Frantz – Gerhard Oppitz – Philharmoniker Hamburg – Klavierkonzerte – Klavierkonzerte BWV 1060 – 1061 – 1063 – 1065; Deutsche Grammophon; 1985 - Hector Berlioz – Christoph Eschenbach – Dunja Vejzoviä – Czech Philharmonic Orchestra, The – Symphonie Funèbre Et Triomphale – La Mort De Clèopatre (LP, Album); Supraphon; 1988 - Hector Berlioz – Czech Philharmonic Orchestra – Christoph Eschenbach – Dunja Vejzoviê – La Mort De Cléopâtre / Grande Symphonie Funèbre Et Triomphale, Op.15 (CD); Supraphon; 1988 - Johannes Brahms – Claude Starck – Christoph Eschenbach – Zwei Sonaten für Cello und Klavier (CD); Claves; 1990 - Tobias Picker – Christoph Eschenbach – Houston Symphony, The – The Encantadas (CD); Virgin Classics; 1991 - Johannes Brahms – Amadeus Quartet – Cecil Aronowitz – William Pleeth – Christoph Eschenbach – Piano Quintet Op.34 – String Sextet Op.18 (CD, Album, RM); Deutsche Grammophon; 1994 - Steven Isserlis – Christoph Eschenbach – Deutsche Kammerphilharmonie Bremen – Steven Isserlis Pays Schumann (CD); RCA Red Seal; 1997 - Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms – Houston Symphony – Christoph Eschenbach – Schoenberg Orchestrations (CD, Album); BMG Classics, RCA Victor Red Seal; 1997 - Schumann – Christoph Eschenbach – NDR Sinfonieorchester – The Complete Schumann Symphonies (2xCD, Album); RCA Red Seal; 1999 - Midori – Nobuko Imai – Christoph Eschenbach – NDR-Sinfonieorchester / Mozart – Sinfonia Concertante in E-Dur – Konzert für Violine, Klavier und Orchester in D Major (CD, Album); Sony Classical; 2001 - Hector Berlioz – Orchestre De Paris – Christoph Eschenbach – Symphonie Fantastique (CD, Album); Naïve; 2002 - Antonín Dvoįák, Schumann – Thomas Zehetmair – Philharmonia Orchestra – Christoph Eschenbach – Violin Concertos (CD, RE); Apex; 2003 - Richard Strauss – Renée Fleming, Houston Symphony Orchestra, Christoph Eschenbach – Vier letzte Lieder – Orchesterlieder /Der Rosenkavalier Suite; RCA Victor Red Seal, BMG Classics; 2004 - Anton Bruckner – Orchestre de Paris, Christoph Eschenbach – Symphony No. 4 'Romantic' (CD, Album); Ondine; 2004 - Bela Bartók – Gideon Klein – Bohuslav Martinu – Philadelphia Orchestra, The – Christoph Eschenbach – Béla Bartók: Konzert für Orchester, Bohuslav Martinu: Memorial To Lidice, Gideon Klein: Partita für Streicher; Ondine; 2005 - Lang Lang – Ludwig van Beethoven – Orchestre De Paris – Christoph Eschenbach – Ludwig van Beethoven: Piano Concertos Nos. 1 & 4 (CD, Album + DVD-V, NTSC, Copy Prot.); Deutsche Grammophon; 2007 - Saariaho – Karita Mattila – Anssi Karttunen – Orchestre de Paris – Christoph Eschenbach – Notes On Light – Orion – Mirage (CD, Album); Ondine; 2008 - Pjotr Iljitsch Tchaikovsky – Philadelphia Orchestra, The, Christoph Eschenbach – Symphony No. 6 Pathetique (SACD, Album); Ondine; 2008 - Sviatoslav Richter – Radio-Sinfonieorchester Stuttgart Des SWR, Christoph Eschenbach – Saint-Saëns Gershwin (CD, Album); Hänssler Classic, Musical Heritage Society, Südwestrundfunk; 2010 - Franz Schubert – Matthias Goerne, Christoph Eschenbach – Schwanengesang / Sonate D.960 (2xCD, Album); Harmonia Mundi; 2012 - Sammlung: Anda – Argerich – Askenase – Eschenbach – Kempff – Vásáry – Träumerei (Die Schönsten Romantischen Klavierstücke) (LP, Comp, RP); Deutsche Grammophon - Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert F-Dur (LP); Europa Exquisit; o.J. - Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach – Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, Wilhelm Brückner-Rüggeberg – Klavierkonzert A-Dur KV 488, Fantasie D-Moll KV 397, Rondo D-Dur KV 485 (LP); Europa Klassik: o.J. - Robert Schumann – Dietrich Fischer-Dieskau – Christoph Eschenbach – Dichterliebe Op.48 – Liederkreis Op.39 (LP); Deutsche Grammophon; o.J. - Christoph Eschenbach / Béla Bartók – Werke Von Béla Bartók (LP); Telefunken; o.J.

Singles & EPs

- Christoph Eschenbach – Wührer-Kammer-Orchester – Spiel mit auf dem Klavier – Oberstufe 1 (7"); Deutsche Grammophon; o.J.

Sammelalben

- Wolfgang Amadeus Mozart – Christoph Eschenbach, Justus Frantz – Klaviermusik zu 4 Händen (CD, Comp, RM); Deutsche Grammophon; 1990 - Johannes Brahms – Christoph Eschenbach – Houston Symphony – Symphonie 1-4 – Alto Rhapsody – Academic Festival Overture – Tragic Overture – Haydn Variations; o.J. - Johannes Brahms – Christoph Eschenbach – Houston Symphony – Symphonies 1-4 – Alto Rhapsody – Academic Festival Overture – Tragic Overture – Haydn Variations (4xCD, Comp); Virgin Classics; 2002 - Camille Saint-Saëns – Steven Isserlis – London Symphony Orchestra – Michael Tilson Thomas – NDR Sinfonie-Orchester – Christoph Eschenbach – Cellokonzerte No. 1 & 2 – La Muse Et Le Poète – Suite (CD, Comp, RM); BMG Classics, RCA Red Seal; 2005 - Franz Schubert – Christoph Eschenbach, Justus Frantz – Klaviermusik zu vier Händen (Märsche – Ländler – Tänze) (CD, Comp, RM, RP); EMI, His Master's Voice; o.J. - Mozart, Christoph Eschenbach – The Piano Sonatas (5xCD, Comp + Box); Deutsche Grammophon; o.J.

Video

- Pascal Dusapin – Ian Pace (2), Orchestre De Paris, Christoph Eschenbach – À Quia Études Pour Piano (2xCD, Album, PAL + DVD-V, PAL); Naïve; 2003

Sonstiges

- Franz Schubert – Christoph Eschenbach – Koeckert-Quartett – Pierre Fournier – Jean Fonda – "Forellen-Quintett" – Notturno – Arpeggione-Sonate (CD); Deutsche Grammophon; 1997

Stand: Januar 2015 KOMPONISTEN-FÖRDERPREISTRÄGER 2015 MARK BARDEN

Musik an den Grenzen des Scheiterns: Mark Barden

Mark Bardens Werk inszeniert das Scheitern, das sich unmittelbar an oder jenseits der Grenzen dessen einstellt, was wir hören und physisch umsetzen können, und das als Scheitern selbst stets spürbar ist. Die Klänge seiner Musik sind abwechselnd dicht, körperlich spürbar, fieberhaft; und wie sie dem Interpreten in der Aufführung entgleiten, überträgt sich auf das Hörerlebnis. In solchen Momenten gespiegelter Verletzbarkeit mag sich beim Hörer für Augenblicke ein Empfinden einstellen, sich selbst zu verlieren. Eine Ästhetik des Scheiterns ist der Musik der Gegenwart nicht unbedingt fremd. Kompositionen der sogenannten ‘neuen Komplexität’ [New Complexity] etwa, misst man sie an ihren virtuellen Vorzeichnungen in den Partituren, beruhen vielfach ganz eng auf buchstäblich unreproduzierbaren Klangoberflächen. Ja, das Vergnügen an solcher Musik erwächst vielfach gerade daraus, einem hochvirtuosen Interpreten dabei zuzusehen, wie er sich bemüht gewissenhaft umzusetzen, was von ihm an Unmöglichem verlangt wird, und dabei doch jenseits der Grenzen des Möglichen agiert. Solch ein Scheitern jedoch befremdet, noch dazu, wenn der Mensch auf der Bühne notgedrungen ganz auf sich gestellt ist und sich, wenngleich auch (vielleicht) heldenhaft, abmüht. In Mark Bardens Musik hingegen werden Scheitern und Grenzen des Scheiterns ganz anders erfahrbar. Ihr geht es zum einen überhaupt nicht um heldenhafte Selbstdarstellung und auch nicht um das allgemein modern verstandene Subjekt. Vielmehr sind ‘wir’ gemeint und ‘unsere’ Erfahrung unmittelbar beim Hören und Empfinden dieser Musik. Durch die Komposition a tearing of vision (2012) zieht sich eine statische, sich nicht verändernde Solo-Klavierlinie. In immer gleicher Abfolge des Tonmaterials schreitet sie ohne Veränderung voran, doch wird sie in der eigenen Unveränderlichkeit in einem immer dichter werdenden orchestrales Klanggeflecht dargeboten. Der Hörer nimmt sie dadurch wahr, als würde sie sich verändern, auch wenn sein Verstand ihm sagt, dass dies nicht der Fall ist. In Chamber (2006–2007) dominieren Stimmen die Klangwelt des Stücks, die stets etwas oberhalb ihres Tonumfangs singen. Sie bleiben aber als Klang vernehmbar und lassen eigene Erinnerungen daran wach werden, wenn man beispielsweise in Happy Birthday zu hoch angesetzt hat, dies aber erst merkt, wenn es zu spät ist. Ähnlich hat am Anfang von Die Haut Anderer (2008) der Pianist die Anweisung, die Tasten nur mit einem Finger jeder Hand niederzudrücken, lautlos zu beginnen und Töne erst allmählich klingen zu lassen. Dieses gleichmäßige und mehr oder weniger kraftlose Spiel wird einen jeden, der je eine Klaviatur berührt hat, wieder an das Gefühl erinnern, Tasten anzuschlagen, die keine oder nur ganz unbestimmbare Töne von sich gaben, während ihn zugleich die ganze Tastatur überaus einschüchterte. Dies ist eine Gestik, die man wiedererkennt und in die man sich einfühlen kann, die sich einem mitteilt. Gleichzeitig sind das bewusste Gesten, in all ihrer Fragilität auch elegant, üppig, zuweilen gar verschwenderisch. Zum anderen gestaltet Mark Barden Scheitern in seiner Musik auch, um die Grenze selbst und die Bedingungen des Scheiterns auszumachen. Die Frage ist dabei freilich nicht, was an der Grenze geschieht, noch auch, was die Grenze ist. Es geht vielmehr darum, die Grenzen der Grenze zu erforschen. Wenn Scheitern eine Grenze darstellt, wo liegen die Grenzen des Scheiterns? Bardens Musik stellt sich gleichsam als Metapher für das Abstecken von Grenzen dar und erinnert damit an das Brauchtum in früheren Zeiten vor der allgemeinen Verbreitung von Karten und Katastern, als Dorfgemeinschaften die Ränder ihrer Fluren abschritten. Die materielle Seite der Frage: wie weit reicht die Grenze? wurde dabei sehr dingfest in ein Schlagen der Grenzsteine mit Birken- oder Weideruten übersetzt, und zuweilen gar in den Brauch, die Köpfe der Knaben der Gemeinde an diese Steine zu stoßen. Es überrascht daher kaum, dass solche Steine in Bardens Five Monoliths (2014) thematisch werden. Diese Monolithen haben nicht mehr die modern glasglatten Oberflächen von 2001: A Space Odyssey. Sie sind stattdessen, wie der Name schon nahelegt, massive, urzeitlich anmutende Gebilde wie aus Stein. Das Überwältigend- Erhabene, wie es das 19. Jahrhundert empfand, wird andeutend in Erinnerung gerufen, zugleich aber dadurch unterlaufen, dass die mächtigen Steinsetzungen mit ihren geradezu ertastbaren spröden, bröckelnden, stark strukturierten Oberflächen so nur noch wahrnehmbarer erscheinen. Die Wahrnehmung ist hier das Zentrale, wie beim vierten Monolith, wo unter dem Ensemble ein Herzschlag der Basstrommel tönt, genau am Rand des Vernehmbaren und fast immer in Abständen von sieben bis acht Sekunden, wo es schwer wird, die relative Dauer einzuschätzen, und ebenso schwer zu unterscheiden, was Puls sein mag und was ein Rhythmus, den der Hörer eher ahnen als klar ausmachen kann. Es überrascht dann kaum, dass im dritten Monolith zwei Sinuskurven die Grenzen des Tonhöhenmaterials markieren, welches das Ensemble ausführen, dabei aber mikrotonal und unregelmäßig akzentuiert fluktuieren lassen soll. Dieselben Akzente – das dichte Beieinander der Ereignisse – kehren auf der temporalen Ebene wieder in flesh|veil, wo Instrumentalduos gehalten sind, fast Unisono zu spielen. Dies ahmt den Effekt einer akustischen Rückkopplung nach, die dem Telefonierenden ein Echo seiner Stimme um den Bruchteil einer Sekunde, nach dem er gesprochen hat, wiederhören lässt. Manche Verzögerungen solcher Art können Stotterern helfen; doch andere – von etwa 175-200 Millisekunden – rufen mentale Anspannung hervor, die zuweilen sogar Verstummen induzieren kann. Aus dem Alltag ist solche akustische Rückkopplung von Mobil- oder Satelliten-Telefondiensten vertraut: wiederum erkennt der Hörer, wenngleich hier nur vage, etwas wieder, das er eben als genau ein solches Fast- Verstummen selbst schon erfahren hat. Solche Momente lassen sich aus der Partiturverzeichnung heraus allerdings nie buchstäblich umsetzen: nicht so sehr, weil die Notationen hypervirtuose Anforderungen stellen, sondern noch viel mehr, weil sie unausgesprochen Erwartungen und Bedürfnisse Anderer einbeziehen. Das gemeinsame Scheitern, die Verletzbarkeit, die Ausführende, Hörer und sehr wohl auch Komponisten verbindet – und die Verantwortung, die daraus erwächst – wird inszeniert, dargestellt, gleichsam greifbar gemacht unter den Grenzbedingungen, die Barden beharrlich erforscht.

Martin Iddon Übersetzung ins Deutsche: Hans Walter Gabler

Biografie

Mark Barden wurde 1980 in Cleveland/Ohio geboren. Sein Werk umfasst sowohl Konzertkompositionen wie Live-Installationen im Raum. Es erkundet die Schwellenbereiche der Physis und der Wahrnehmung. Seine Musik inszeniert das Scheitern, das sich unmittelbar an oder jenseits der Grenzen dessen einstellt, was wir hören und als Körpererfahrung umsetzen können, und das als Scheitern selbst stets spürbar ist. Ihre Klänge sind abwechselnd dicht, körperlich spürbar, fieberhaft; und wie sie dem Interpreten in der Aufführung entgleiten, überträgt sich auf das Hörerlebnis. In solchen Momenten gespiegelter Verletzbarkeit mag sich beim Hörer für Augenblicke ein Empfinden einstellen, sich selbst zu verlieren. Barden studierte am Oberlin Conservatory of Music Komposition bei Lewis Nielson und Klavier bei Monique Duphil und, nach einer ausgedehnten privaten Studienzeit bei Rebecca Saunders in Berlin, sodann an der Freiburger Hochschule für Musik Komposition bei Mathias Spahlinger und Jörg Widman. Derzeit schließt er seine Promotion in Komposition an der Goldsmith’s, University of London ab mit einer Arbeit über die Rolle der Körperwahrnehmung beim Spielen und Hören von Musik in der Aufführung. Barden erhielt Kompositionsaufträge unter anderem vom Ensemble intercontemporain, vom ensemble recherche und dem Freiburger Barockorchester, den Wittener Tagen für Neue Kammermusik, den Donaueschinger Musiktagen, den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik, der Akademie der Künste Berlin, und von Radio France. Er hat zahlreiche Preise für seine Arbeit erhalten, so das Thomas J. Watson Fellowship, das Oscar and Vera Ritter Foundation Fellowship, den Stipendienpreis der Darmstädter Kurse für Neue Musik, und ein Aufenthaltstipendium an der Akademie der Künste Berlin. 2010 gewann er den internationalen Kompositionswettbewerb ‘concertare’ gewonnen. Seine Werke sind in Europa, Nordamerika, und zuletzt im Mai 2015 in Israel, von den Vereinigungen Collegium Novum Zürich, Ensemble Nikel, hand werk, ELISION, Ensemble Mosaik, KNM Berlin, Wet Ink, ekmeles, Zafraan Ensemble, dem Mivos Quartet, und anderen aufgeführt worden. Zu derzeitigen Projekten gehören neue Kompositionen für Klangforum Wien, Ensemble Mosaik, das No Borders Orchestra, Ensemble Interface, und die Donaueschinger Musiktage 2015. Er lebt und arbeitet in Berlin.

Werke (Auswahl)

x Gehören (2015), für Kammerorchester, 5' x viscosity (2014), verstärktes Streichtrio mit Volumenpedalen, 15’ x five monoliths (2014), Ensemble (Besetzung flexibel), 10’ x harvest (2013–14), Quartett (Viola, Cello, Kontrabass und Perkussion), 12’ x Nocturne (2012), Streichquartett, 11’30 x a tearing of vision (2012), großes Ensemble, 10’ x puls (2012), solo percussion, 8‘ x witness. (2012), elektrische Gitarre, Sopransaxofon, Perkussion, Klavier und Elektronik, 14’ x flesh|veil (2012), Oktett, 12’30 x — caul — (2011–12), Ensemble, 22’ x Tenebræ (2011), Oktett für modern und Barockinstrumente, 14’ x two masks (2011), Konzeptstücke mit offener Besetzung, 10’ x machine (2011), Konzeptstücke mit offener Besetzung, 3’ x Ϣѧѧѧϟ΃ (Alam [Pain]) (2010), Konzertinstallation für Ensemble & Elektronik, 12’ x anatomy (2010), großes Orchester und Solo-Perkussion, 9’ x viscera (2010), Viola, Cello, Kontrabass, 7’ x gauze II (2010), Nonett (Bassfl, Kl/Basskl, Tenorsax, Klv, Schlzg, Hfe, Vn, Va, Vc), 15’ x personae (2009), Bassflöte und Bassklarinette, 9’ x gauze I (2009), Nonett (Baßfl, Kl/Baßkl, Tenorsax, Klv, Schlzg, Hfe, Vn, Va, Vc), 8’ x die Haut Anderer (2008), for e.h., Klavier solo mit optionalem Videozuspiel, 9’ oder 12’ x looking for a man to love & fuck (2008), eine Performance-Installation für Septett (Sopransax, Kl, e-Gtr, 2 Akk, Vn, Va), Video und Elektronik, 155’ x Unterdruck (2007), präparierte Harfe solo, 9’ x kairos incised (2007), Sextett (Vn, Kl, e-Gtr, Klv, Schlzg (+ Klv II), Kb), 12’ x Chamber (2006-07), drei (unausgebildete) verstärkte Männerstimmen, 12’ x Sonnenstein – Zelle 2 (2006), eine Performance-Installation mit Regisseurin Virginia Preston, für Schauspielerin, Laptop, 2 Lautsprecher, 2 Mikrofone, 13 versteckte Radios, Fenster, Wände und Akkordeon, 45’ BIRKE J. BERTELSMEIER stutzig machen Zur Musik von Birke J. Bertelsmeier

Eine schlichte Melodie, rund und in sich geschlossen, zu spielen „mit innigster Ruhe und wunderschönem Klang“ – und doch scheint irgendetwas mit ihr nicht zu stimmen. Ein Ensemble für zeitgenössische Musik – aber es spielt im Stehen, wie eines aus dem Bereich der Alten Musik. Ein einfaches, beständig wiederholtes rhythmisches Modell – aber seine Regelmäßigkeit droht immer wieder leicht aus dem Lot zu geraten. Solche und ähnliche Irritationen hält die Musik von Birke J. Bertelsmeier in Fülle bereit, ja, sie sucht geradezu danach: Aus ihr spricht die Faszination der Komponistin für das kontrolliert Imperfekte und das kalkulierte Ungefähr. So lässt sie in zu- neigend für Trompete solo, einem Pflichtstück für den Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerb 2015, den Spieler während des Stücks wahlweise um einen Halbton steigen oder fallen. Was unter anderen Umständen einer Katastrophe gleichkäme, das wird hier gerade zur kompositorischen Pointe der ansonsten bewusst schlichten Melodie. Und in folklich (2012), einem Stück, das nicht nur im Titel mit Allusionen an Folk- und Volksmusik spielt, stehen die Musiker auch deshalb, weil sie so ihre solistische Präsenz und die musikalische Energie des Stücks ungleich besser über die Rampe und unter die Hörer bringen können. Dass sie dabei außerdem noch ihre Füße einsetzen, um mit ihnen in der Partitur genau festgelegte Geräusche zu erzeugen, ist ein weiteres hintergründiges Irritationsmoment. Fröhliche Subversion („vergnügt“ ist eine häufig vorkommende Spielanweisung in ihren Partituren!), Lust an Charakteren und Charakterisierungen und eine schon aus den Titeln der Stücke sprechende Liebe zum Doppel- und Hintersinn sind Birke Bertelsmeiers Sache. Doch nicht nur: Ihre kalkulierten Irritationen sollen zwar die Hörer stutzig machen, sie aufhorchen und des Besonderen inne werden lassen. Sie sind jedoch keine didaktischen Maßnahmen, sondern stets zuerst künstlerische Entscheidungen. Das heißt, sie bemessen sich an dem, was sie an kompositorischen Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Und da tun sich neue Horizonte gerade dort auf, wo die Dinge aus dem Ruder zu laufen scheinen, wo nicht mehr Reibungslosigkeit regiert: Fehler, sagt Birke Bertelsmeier, sind eine andere Form von Freiheit. Das Ausscheren aus einem gegebenen Zusammenhang – sei es einer der Zeit- oder der Tonhöhenorganisation – kann alternative Räume und Klangperspektiven eröffnen und verheißt nicht zuletzt auch einen Zuschuss an unberechenbarer Lebendigkeit. Was das musikalisch konkret bedeutet, zeigen einige der jüngsten Werke der Komponistin: die Klavierstücke Amorette I und II, Auftragswerke der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Ihre Besetzung mit 2 Klavieren und vier Pianisten lässt eher Perkussives oder Motorisches erwarten, und wirklich strotzt das zweite, längere der beiden vor Drive und Bewegungsenergie. Wenn aber zuerst der zweite Pianist und dann nach und nach auch die anderen sich aus dem gemeinsamen Grundtempo verabschieden und „unabhängig vom Takt“ (so die Vorschrift in der Partitur) langsamer bzw. schneller werden, dann bekommt das motorische Getriebe des Stücks eine Unwucht und aus der schwebenden Amorette wird ein dahintrudelndes dickes Kind mit Flügeln. Das hat Humor, aber es hat auch eine besondere Bewegungsenergie, die hier durch Temposchwankungen, Phrasierung und Agogik angefacht und von Spieler zu Spieler, von Phrase zu Phrase weitergereicht wird. Eine solche Weitergabe von Bewegung steht schließlich auch im übertragenen Sinn im Zentrum von Birke J. Bertelsmeiers Schaffen: mit der Energie, die in ihren Werken zum Ausdruck kommt, will sie die Hörer am elementaren Impuls ihrer Musik teilhaben lassen.

Markus Böggemann

Biografie

Birke J. Bertelsmeier wurde 1981 in Hilden geboren. Sie erhielt Klavierunterricht bei Barbara Szczepanska, Kompositionsunterricht bei David Graham und studierte Klavier bei Pavel Gililov an der Hochschule für Musik und Tanz Köln (Diplom 2005). Im Anschluss daran nahm sie ein Studium bei Wolfgang Rihm an der Hochschule für Musik Karlsruhe auf (Diplom 2008, Konzertexamen 2011). Zudem schloss sie 2009 ein Studium der Musikwissenschaft mit dem Master ab. Sie war Stipendiatin der Internationalen Ensemble Modern Akademie, der Akademie Musiktheater heute, des Herrenhauses Edenkoben und 2013 der Villa Massimo in Rom. Birke J. Bertelsmeiers umfangreiches Werkverzeichnis umfasst Musiktheater und Filmmusik ebenso wie Orchesterwerke, Kammermusik und Solostücke. Für ihre Kompositionen wurde sie mehrfach ausgezeichnet, so mit dem Karlsruher Kompositionspreis, dem Preis des Yvar Mikhashoff Trust for New Music New York und 2012 mit dem Schneider-Schott-Musikpreis. Sie erhielt Kompositionsaufträge unter anderem vom Festival Heidelberger Frühling, der Münchener Biennale, von der Beijing International Music Competition, der Deutschen Oper Berlin und den Darmstädter Ferienkursen. Ihre Werke werden auf internationalen Festivals und von namhaften Interpreten aufgeführt, beispielsweise dem Arditti Quartett, dem Quatuor Diotima, dem Ensemble Modern und von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker. 2014 kamen an der Deutschen Oper Berlin zwei Musiktheaterwerke – Querelle nach Jean Genet und Die Rose und die Nachtigall nach Oscar Wilde – zur Aufführung. Birke J. Bertelsmeier unterrichtete Komposition in Jugendseminaren des Beethovenhauses Bonn und des Musikrats NRW. An der Hochschule für Musik und Theater Hannover lehrte sie als Stipendiatin des Dorothea-Erxleben-Programms.

Werke (Auswahl)

2014/2015

Zimzum für Orchester (UA: 31. Mai 2015, München)

Amorette I für zwei Klaviere achthändig (UA: 4. Februar 2015, Bayerische Akademie der Schönen Künste, München)

Amorette II für zwei Klaviere achthändig (UA: 4. Februar 2015, Bayerische Akademie der Schönen Künste, München) unstet für Trompete (UA: 18. Januar 2015 im Rahmen des Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Hochschulwettbewerbs, Berlin) zu-neigend für Trompete (UA: 18. Januar 2015 im Rahmen des Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Hochschulwettbewerbs, Berlin)

2013/2014

Querelle (Oper) (UA: 20. Juni 2014, Deutsche Oper Berlin)

Nachtigall (Oper) (UA: 20. Juni 2014, Deutsche Oper Berlin)

2013

Giromaniaco für großes Ensemble (UA: 10. Dezember, Rom (Auditorium), Ensemble Modern) verso di für Klavierquartett (UA: 21. Oktober im Rahmen der Münchener Biennale)

Trio für Klarinette, Akkordeon, Viola, Violoncello (Auftrag der Villa Musica (Mainz) (UA: 4. Mai, Herrenhaus Edenkoben)

2012

WhirliGique für Flöte solo (UA: 18. Oktober in Peking) (Pflichtstück für den 2012 5th Beijing International Music Competition) nichtsdestotrotz für Ensemble (UA: 9. September in Royaumont, Ensemble Modern Akademie)

Der Mann, der sich ins Märchen trommelte Flöte, Klarinette, Harfe, Klavier, Schlagzeug und Cello; Text: Moritz Rinke (UA: 19. Mai in Wolfsburg (Schloß Wolfsburg) im Rahmen des Movimentos Festival) hineidunke für Streichquartett und Gläser (UA: 28. April beim Heidelberger Frühling) hertzlich für sechs Schlagzeuger (UA: 18. März in Karlsruhe (HfG) (mit Isao Nakamura) folklich für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn, Flügelhorn, Schlagzeug, Klavier, Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass (UA: 10. Februar in Hongkong (Ensemble Modern Akademie)

2011

... von der anderen Seite für Klavier (UA: 21. Juni 2011 in Berlin (im Rahmen des Festival Klavierfieber)

... und andere Galanterien, verfertiget ... für Trompete und Tenorsaxophon (UA: 24. März 2011 in der HfG Karlsruhe (großes Studio)

Studie für Klavier (UA: 26. Januar 2011 in Karlsruhe (ZKM Kubus)

Allerleirauh für Sängerin, Klarinette und Klavier (UA: 26. Januar 2011 in Karlsruhe (ZKM Kubus)

Papiersammlung (Filmmusik) für Klarinette, Trompete, Violoncello und Klavier

2010

Tit for Tat für Horn, Posaune und Tuba (UA: 13. November 2010 in Köln (WDR Funkhaus)

... reichen Hall für Orchester (UA: 23. August in Bad Reichenhall (Festival Alpenklassik)

Stück für Barockorchester (UA: 23. Juli 2010 Festival Musikalischer Sommer in Ostfriesland

Sonntag (Musik zu einem Stummfilm) für Saxophon, Kontrabass, Schlagzeug und Klavier (UA: 12. März 2010 im ZKM-Karlsruhe (Stummfilmtage 2010)

Bagatelle sans atonalité für Saxophon und Klavier (UA: 19. Januar 2010 im ZKM-Karlsruhe)

Chimineau für Streichquartett (UA: 27. Mai 2010 im Velte-Saal, Schloss Gottesaue, Karlsruhe (1. Teil)

2009 kurz vor'm für Ensemble (UA: 15. August in Berlin (Konzerthaus)

Im Nu für Orchester (UA: Juli 2009, Acanthes, Metz)

Doppelkopf für Saxophonquartett (UA: Juli 2009, Alicante) sehnlich für Frauenchor" (UA: 22. April 2009, Velte-Saal, Karlsruhe)

2008 per se für Oboe und Klavier (UA: 15. November 2008, Novembermusik Essen)

Trinklied für Bariton und Schlagzeug (UA: 13. September 2008, Royaumont, Paris)

Quartettstück für Streichquartett (UA: 10. Juli 2008, IMD, Darmstadt) si tu l'dis für Blasorchester (UA: 5. Januar 2008, Bruchsaal)

Studie für Ensemble

2007

Pandämonium für Harfe und Violine (UA: 25. Oktober 2007, Lyon)

A Route of Evanescences für Sängerin, Klarinette, Flöte, Harfe, Viola und Violoncello (UA: 8. August 2007 in Davos) dringlich für Kammerorchester (UA: 20. Juli 2007, Acanthes, Metz)

Privatissimae für Violine, Violoncello und Klavier (UA: 28. März 2007, Heidelberger Frühling) CHRISTIAN MASON

Zur Musik Christian Masons

Das Licht, natürlich; der Glanz. Sie leuchten aus Christian Masons Musik und erstrahlen in ihr, wie bei anderen Komponisten, über Gérard Grisey zurück bis zu Guillaume Dufay und zu den anonymen Urhebern gregorianischer Gesänge (um nur einiges Verwandte zu nennen), und dies rührt aus der Art, wie sich Klang und Resonanz verbinden. Licht und strahlender Glanz stellen sich selbst dann ein, wenn Mason – wie die, die ihm musikalisch am nächsten stehen, etwa Scelsi, Radulescu, Stockhausen und auch Grisey – mit komplex hallenden Resonanzen arbeitet: dem Klang von Glocken womöglich, oder dem Geräusch von Wind, der durch reifbedeckte Bäume weht. Solch leuchtender Zusammenklang mag sich bei Mason aus seiner Kenntnis spektraler Musik herleiten, doch wohl ebenso auch aus realer Hörerfahrung und eigenem Erleben. ‘Wenn Du Geige spielst’, sagt er, ‘klingt die leere E-Saite im Ohr wie eine Glocke.’ Es lässt sich beobachten, wie dieses hohe E durch Masons ganzes Schaffen hindurch wiederklingt. Es ist gleich zu Beginn da, schon in der Einleitung zu einem seiner frühesten Werke, dem Klavierstück just as the sun is always… (2006); mehr noch, es gibt den Impuls zu den hellen Harmonien und klaren melodischen Formen des Stücks; das hohe E ist wie ein kristallener Samen fast durchweg gegenwärtig oder zu ahnen, bis es am Ende um eine Oktave in noch höheres Licht transponiert wird. In Masons erstem Stück für die Violine, When Joy Became Mixed With Grief (2007), ist der Klang der leeren E-Saite wichtig, wie auch in seiner jüngsten Geigenkomposition, Learning Self-Modulation (2011). Ihr hoher Ton fokussiert gleichfalls das Orchesterwerk Isolarion (2012-2013), und er leuchtet fast durchgängig aus der warmen Mitte der Years of Light (2013) für großes Ensemble mit zwei Sängerinnen.

Allein schon diese Titel verdeutlichen zwei wichtige Merkmale des Masonschen Werks. Einmal natürlich die Lichtmetaphorik (‘Isolarion’ wohnt ‘solar’ inne)—und sie mag mehr denn nur als Metapher erscheinen, wenn man die Sternschnuppenschauer im Orchesterwerk Clear Night (2007-2008) wahrnimmt, oder das Glimmen aus Noctilucence (2009) für acht Instrumente. Hinzu kommt, dass Mason sich traut, sich auf Gefühle einzulassen—wenngleich niemals in der Musiksprache, der von Dur und Moll, über die sie in der Vergangenheit vermittelt wurden. Die leuchtenden Klangresonanzen in Masons Musik haben sich vom Dreiklang frei gemacht.

Das Ergebnis ist Ausdruck einer besonderen Kraft, die Gefühle in reine Zustände wandelt, in freudige Melancholie oder melancholische Freude, oder in Ekstase, Verwunderung und Überschwang, die allesamt zu den Lichtklängen gehören. Ihre Stärke erzielt die Musik nicht nur, weil sie in ihrer Unmittelbarkeit ihren Weg ohne den Dreiklang findet, sondern weil sie als Ritual verstanden sein will.

Dies ist weit weniger eine Sache der Form als der Einstellung. Mason fügt seine Musik nicht aus getrennten Blöcken, nach Art Messiaens; auch wenn er die Werke in Sätze einteilt, behalten sie einen durchgängigen Puls. Dieser Puls zieht uns als Hörer durchaus in seinen Bann, und doch scheint er einem Bereich jenseits der menschlichen Ordnung zuzugehören. Wir schauen in Ehrfurcht, um eine Analogie aufzugreifen, die Clear Night nahelegt, zu den ungezählten Sternen auf und gewinnen, noch über die Erfahrung des Schönen hinaus, ein anderes Maß für Raum und Zeit. Aber wir können uns dabei nicht vorstellen, dass sie für uns geschaffen sind.

Natürlich hinkt der Vergleich. Masons Musik ist ganz eindeutig für uns gemacht und entzückt das Ohr mit ihren Klängen und Klangverwandlungen. Gleichzeitig aber ruft sie Zustände und Räume auf, durch die wir gleichsam zeremoniell schreiten. Zeremonien haben Gestaltungsmacht über die Zeit, sie lassen sie schweben, sich vorwärts tasten, lassen sie eilen oder, gelegentlich, tanzen, wie beispielsweise im Abschnitt vor dem beunruhigenden Schluss von Noctilucence. Zeremonien hüten auch ihre Momente der Stille.

Mehrere Kompositionen Masons haben Bezug zum Rituellen, zum Transzendenten, das Riten innewohnt oder der gewandelten Befindlichkeit, den ein Ritus herbeiführen kann. Ein Beispiel, wo wir hören und sehen, wie ein Ritus gleichzeitig von und an den Musikern vollzogen wird, ist mit Learning Self-Modulation gegeben, dessen sechs Sätze von synkopierter Erregung zu einem verklärten, hypnotisierend fremden Finale fortschreiten, in dem die Violinistin zu ihrem bebenden Solo (gespielt auf einer umgestimmten, hinter dem Klavier hervorgeholten Geige) eine Vokalise singt, zu der sie der Pianist auf japanischen Schalengongs begleitet.

Mit ‘modulation’ ist hier zunächst eine verändernde Wirkung auf das Selbst gemeint, ein Beruhigen, das womöglich auch die Wachheit steigert. Doch es bedeutet auch Modulation im musikalischen Verständnis, die hier hinführt auf die Offenbarung einer einfachen Modalphrase, die gleichsam schon von Anfang an erklingen wollte. Mason hat eine besondere Gabe, solche Phrasen, wiewohl sie nur aus einigen wenigen Tönen gefügt sind, in seine Musik frisch und fast magisch einzuführen, wie Geschenke aus einer anderen Welt.

Solch eine Phrase tritt, im Gegensatz dazu, in seinem eindrucksvollen Isolarion schon früh auf. Der Werktitel spielt auf Landkarten an, die kleine Gebiete im Detail, die geographische Umgebung aber nur verschwommen zeigen. Das Stück durchmisst Zonen von Majestät und Kraft, von äußerster Zartheit und von Stille unter blauem Himmel: es verbeugt sich zuweilen vor Vivier, doch schreitet es unaufhaltsam voran in der ganz außerordentlichen Vollkommenheit seines musikalischen Satzes, in seiner Einmaligkeit.

In anderen Kompositionen verhilft eine besondere Instrumentierung oder Anordnung auf ähnliche Weise dazu, dem Vertrauten zu entkommen und das der Musik innewohnende Eigene zu entdecken. In Looking for the Land that is Nowhere (2010) wabert ungezügelt das Theremin im und aus dem eng verflochtenen Klangnest der Skordaturen, der umgestimmten Saiten auf den Instrumenten von acht Streichern. Das Werk In Time Entwined/In Space Enlaced (2008) sieht drei getrennte Instrumentaltrios vor, jedes mit einem Schlagzeuger, und dazu sechsunddreißig Harmonika-Spieler, die plötzlich wie genauso viele fremde Vögel erscheinen im Moment, da die Wechselbotschaften der Musiker auf der Bühne ihren Höhepunkt erreichen. Und Harmonikas, wie ebenso räumlich getrennte Spielgruppen, bilden auch wieder das Ensemble von The Years of Light, dessen Musik sich ständig glühend immer wieder neu erfindet: Musik, die langsam pulsiert wie die sich drehende Sonne.

Paul Griffiths Übersetzung: Hans Walter Gabler

Biografie

Der britische Komponist Christian Mason (*1984) erhielt in den vergangenen Jahren zahlreiche Kompositionsaufträge von namhaften Institutionen. Für 2015 steht unter anderem eine zehnminütige Komposition für Sinfonieorchester für das Programm Alla Breve bei Radio France an, die mit dem Orchestre National de France eingespielt werden soll, ferner ein Werk für großes Ensemble, das vom Klangforum Wien eingespielt und von der Tokyo Sinfonietta aufgeführt werden wird, sowie ein Stück zur Aufführung durch das Ensemble intercontemporain anlässlich des 90. Geburtstags von Pierre Boulez auf dem Lucerne Festival. Außerdem erhielt Mason den Auftrag, ein Stück für Percussion-Ensemble zur Eröffnung des neuen Asian Arts Theatre im südkoreanischen Gwangju in der Spielzeit 2015/2016 zu komponieren; das Projekt wird von Unsuk Chin kuratiert.

In den letzten Jahren kamen etliche seiner Werke zur Uraufführung: Somewhere Between Us... für verstärktes Vokalquartett und Paetzold-Kontrabassblockflöte am Genter LOD durch Silbersee und Tom Beets (Dezember 2014), Reunion – eine der im Auftrag der Londoner Opernkompanie Opera Erratica komponierten Opern aus der Triptych-Trilogie – am Londoner Print Room und beim Spitalfields Festival (Juni 2014), und Unseen Seasons für Chor durch den Tokyo Philharmonic Chorus im Konzertsaal von Shizuoka (Februar 2014). Ebenfalls uraufgeführt wurden Isolarion – Rituals of Resonance, das Mason im Rahmen seiner Residency beim Lucerne Festival an der von Pierre Boulez geleiteten Festivalakademie komponierte (September 2013), und das für das Tanglewood Festival of Contemporary Music unter Pierre-Laurent Aimards künstlerischer Leitung komponierte The Years of Light für zwei Sopranstimmen und Ensemble (August 2013).

Zu Masons neueren Stücken zählen zudem das kürzlich überarbeitete, 2013 im Rahmen der Biennale von Venedig aufgeführte Equinoxes of the Infinite für zwei Klaviere und zwei Schlagzeuge, das in London von Joseph Houston uraufgeführte Remembered Resonance für Klavier solo und japanisches Windspiel sowie das 2012 mit dem British Composer Award in der Kategorie Soli/Duette ausgezeichnete Learning Self-Modulation, ein Auftrag des Pariser Auditorium du Louvre, der Londoner Wigmore Hall und des Madrider CDMC.

Im Laufe der Jahre sind Masons Kompositionen von renommierten Musikern und Ensembles wie Midori, Jean-Guihen Queyras, Carolin Widmann, Gergely Mardaras, Elgar Howarth, François- Xavier Roth, Baldur Bronnimann, James MacMillan, Pavel Kotla, Stilian Kirov, dem Ligeti- Quartett, dem Elysian Quartet, der London Sinfonietta, der Britten Sinfonia, dem London Symphony Orchestra und dem BBC Philharmonic aufgeführt worden. Masons Musik wurde im BBC Radio 3, auf France Musique, im schweizerischen SRF 2 Kultur und bei RTS Espaces 2 gesendet, und das Label der London Sinfonietta (In Time Entwined, In Space Enlaced) sowie das „LSO Live“-Label des London Symphony Orchestra (From Bursting Suns Escaping) veröffentlichten sie auf CD.

Weitere Kooperationsprojekte mit Musikern, Choreographen und Theaterregisseuren sind unter anderem die Songs for the Last Slam Door Train mit Barbara Keal, das Transforme-Projekt in Royaumont und die Musik zu Peter Gills Eigeninszenierung seines Stücks Another Door Closed (Bath), zu The Breath of Life von David Hare (Sheffield) und zu Making Noise Quietly von Robert Holman (London).

Christian Mason ist “Composer in Residence” am renommierten Eton College. Darüber hinaus arbeitet er als Kompositionsassistent mit Sir Harrison Birtwistle zusammen und assistiert als Kompositionstutor beim Panufnik Young Composers Project des London Symphony Orchestra. Mason promovierte 2012 am Londoner King's College bei George Benjamin und erhielt im Anschluss daran die 2012er Mendelssohn Scholarship, mit deren Hilfe er bei Frank Denyer weiterstudierte. Zuvor studierte er Musik an der Universität von York und Komposition bei Sinan Savaskan, Nicola LeFanu, Thomas Simaku und Julian Anderson. Außerdem nahm er an Sommerkursen wie den Stockhausen-Kursen in Kürten, der Dartington Summer School, Voix Nouvelles von Royaumont, Centre Acanthes, Festival d'Aix-en-Provence und den Darmstädter Ferienkursen teil und war 2008 Resident Composer beim japanischen Takefu International Festival. Er ist Gründungsmitglied und künstlerischer Co-Leiter des Octandre Ensembles, das mit seinen regelmäßigen Auftritten in ganz Großbritannien zeitgenössische Musik fördert. 2012 erhielt das Ensemble für die Ausrichtung des ersten anglo-französischen Komponistenforums im Londoner St. Luke's, einer Spielstätte des London Symphony Orchestra, eine Finanzbeihilfe von Diaphonique.

Werke (Auswahl)

Orchesterwerke

Sympathetic Resonance (2014/15) [work in progress] für großes Orchester

Isolarion – Rituals of Resonance (2012/13) für großes Orchester

Clear Night! (2007/08) für großes Orchester

…from bursting suns escaping… (2006) für Sinfonieorchester

Aspects of Radiance (2005) für Orchester

Ensemble

Layers of Love (2014/15) [work in progress] für gemischtes Ensemble (13 Interpreten)

The Years of Light (2013) für 2 Stimmen und großes Ensemble (25 Interpreten): Sopran, Mezzosopran, 2 Trompeten, 2 Klarinetten, 12 Mundharmonikas, 3 Flöten, Schlagzeug, Harfe, Klavier/Celesta, 3 Violoncelli

Looking for the Land that is Nowhere (2010) für Theremin und Streichoktett con scordatura

Noctilucence (2009) für Flöte, Klarinette, Glockenspiel, Klavier, Streichquartett In Time Entwined, In Space Enlaced (2008) für drei gemischte Trios und 36 Mundharmonikas im Publikum

Kammermusik

Isolarion II – Brass Quintet (2012) für Blechbläserquintett (2 Trompeten, Horn, Posaune, Tuba)

Sai Ma/Racing Horses (2012) für Streichquartett

Equinoxes of the Infinite (2008) für 2 Klaviere und 2 Schlagzeuge

TRIO: In Space Enlaced (2008/2012) für Flöte, Oboe, Klarinette

TRIO: In Time Entwined (2008) für Bassflöte, Englischhorn, Viola

Soli/Duette

Remembered Resonance (2014) für Klavier solo (und japanisches Windspiel)

Learning Self-Modulation (2011) für Geige (plus Geige con scordatura) und Klavier (plus Klangschüsseln)

Incandescence (2011) für Violoncello solo

Heaven's Chimes Are Slow (2010) für Flöte und Klavier

Efflorescence (2008) für Violine solo

When Joy Became Mixed With Grief (2007) für Violine solo

…just as the sun is always… (2006) für Klavier solo

Vokal-/Chorwerke

Somewhere, between us... (2014) für verstärktes SATB-Vokalquartett und Paetzold-Kontrabassblockflöte in abgedunkeltem Raum Unseen Seasons (2013) für A-cappella-Chor (SSAATTBB)

On Love and Death – 5 Rossetti Songs (2009–2011) für Sopran und Klavier PORTRÄT-CDs

2015 Die Porträt-CDs der diesjährigen Komponisten-Förderpreisträger – Mark Barden, Birke J. Bertelsmeier und Christian Mason – erscheinen im Herbst 2015.

2014

Brigitta Muntendorf Luis Codera Puzo Simone Movio It may be all an illusion Multiplicidad Tuniche

2013

Marko Nikodijevic David Philip Hefti Samy Moussa dark/rooms Changements Cyclus

2012

Luke Bedford: Wonderful Two- Zeynep Gedizlioglu Ulrich Alexander Kreppein Headed Nightingale Kesik Spiel der Schatten

2011

Steven Daverson Hèctor Parra Hans Thomalla Shadow Walker Caressant l’Horizon Fremd

BILDÜBERSICHT 2015 Bildübersicht

Christoph Eschenbach, Ernst von Siemens Musikpreis 2015 Komponisten-Förderpreisträger 2015: Mark Barden, Birke J. Bertelsmeier, Christian Mason

Weitere Informationen, alle Porträts sowie Bilder der Preisverleihung finden Sie ab 1. Juni unter: www.evs-musikstiftung.ch

Kontakt: Imke List | T. +49 / (0)89 / 6 36 3 29 07 | [email protected] Tanja Pröbstl | T. +49 / (0)89 / 6 36 3 29 47 | [email protected]

Christoph Eschenbach © EvS Musikstiftung | Fotos: Manu Theobald

CE 1 CE 2 CE 3 2014 2014 2014

CE 4 CE 5 CE 6 2014 2014 2014

CE 7 CE 8 CE 9 2014 2014 2014

CE 10 CE 11 2014 2014

CE 12 CE 13 2014 2014

Mark Barden © EvS Musikstiftung | Fotos: Manu Theobald

MB 1 MB 2 MB 3 Berlin, 2014 Berlin, 2014 Berlin, 2014

MB 4 MB 5 Berlin, 2014 Berlin, 2014

MB 6 Berlin, 2014

Birke Bertelsmeier © EvS Musikstiftung | Fotos: Manu Theobald

BB 1 BB 2 BB 3 Düsseldorf, 2014 Düsseldorf, 2014 Düsseldorf, 2014

BB 4 BB 5 Düsseldorf, 2014 Düsseldorf, 2014

Christian Mason © EvS Musikstiftung | Fotos: Manu Theobald

CM 1 CM 2 CM 3 London, 2014 London, 2014 London, 2014

CM 4 CM 5 London, 2014 London, 2014

CM 6 London, 2014

ARCHIV Ernst von Siemens Musikpreisträger seit 1974

• Christoph Eschenbach, 2015 • Claudio Abbado, 1994

• Peter Gülke, 2014 • György Ligeti, 1993

• Maris Jansons, 2013 • H.C. Robbins Landon, 1992

• Friedrich Cerha, 2012 • Heinz Holliger, 1991

• Aribert Reimann, 2011 • Hans Werner Henze, 1990

• Michael Gielen, 2010 • Luciano Berio, 1989

• Klaus Huber, 2009 • Peter Schreier, 1988

• Anne-Sophie Mutter, 2008 • Leonard Bernstein, 1987

• Brian Ferneyhough, 2007 • Karlheinz Stockhausen, 1986

• Daniel Barenboim, 2006 • Andrés Segovia, 1985

• Henri Dutilleux, 2005 • Yehudi Menuhin, 1984

• Alfred Brendel, 2004 • Witold Lutoslawski, 1983

• Wolfgang Rihm, 2003 • Gidon Kremer, 1982

• Nikolaus Harnoncourt, 2002 • Elliot Carter, 1981

• Reinhold Brinkmann, 2001 • Dietrich Fischer-Dieskau, 1980

• Mauricio Kagel, 2000 • Pierre Boulez, 1979

• Arditti Quartett, 1999 • Rudolf Serkin, 1978

• György Kurtág, 1998 • Herbert von Karajan, 1977

• Helmut Lachenmann, 1997 • Mstislav Rostropowitsch, 1976

• Maurizio Pollini, 1996 • Olivier Messiaen, 1975

• Sir Harrison Birtwistle, 1995 • Benjamin Britten, 1974

Komponistenpreisträger seit 1990

2015 2003 Mark Barden | Birke J. Bertelsmeier | Chaya Czernowin | Christian Jost | Jörg Christian Mason Widmann

2014 2002 Luis Codera Puzo | Brigitta Muntendorf | Mark Andre | Jan Müller-Wieland | Simone Movio Charlotte Seither

2013 2001 David Philip Hefti | Samy Moussa | Marko Isabel Mundry | André Werner | José María Nikodijevic Sánchez-Verdú

2012 2000 Luke Bedford | Zeynep Gedizlioglu | Ulrich Hanspeter Kyburz | Augusta Read Thomas | Alexander Kreppein Andrea Lorenzo Scartazzini

2011 1999 Steven Daverson | Hèctor Parra | Hans Thomas Adès | Olga Neuwirth Thomalla 1998 2010 Antoine Bonnet | Claus-Steffen Mahnkopf Pierluigi Billone | Arnulf Herrmann | Oliver Schneller 1997 Moritz Eggert | Mauricio Sotelo 2009 Francesco Filidei | Miroslav Srnka | Lin Yan 1996 Volker Nickel | Rebecca Saunders 2008 Dieter Ammann | Márton Illés | Wolfram 1995 Schurig Gerd Kühr | Philippe Hurel

2007 1994 Vykintas Baltakas | Markus Hechtle Hans JC | Marc-André Dalbavie | Luca Francesconi 2006 Jens Joneleit | Alexander Muno | Athanasia 1993 Tzanou Sylvia Fomina | Param Vir

2005 1992 Sebastian Claren | Philipp Maintz | Michel Beat Furrer | Benedict Mason van der Aa 1991 2004 Herbert Willi Fabien Lévy | Enno Poppe | Johannes Maria Staud 1990: Michael Jarrell | George Lopez